Ja, ... was schreibe ich dir nun dazu?
Vielleicht erzähle ich dir ein bisschen von meiner Mutter...
Mein eigener Vater starb 1984 mit 53 an einem Herzinfarkt und ich war damals knapp 16.
Meine Mutter und ich schlossen uns eng zusammen in unserer Trauer, doch in den folgenden Jahren versäumte sie es, mich wieder los zu lassen. Ich war deshalb dabei, mich zu einem richtigen Mauerblümchen zu entwickeln und traute mich kaum, allein... Show more
Ja, ... was schreibe ich dir nun dazu?
Vielleicht erzähle ich dir ein bisschen von meiner Mutter...
Mein eigener Vater starb 1984 mit 53 an einem Herzinfarkt und ich war damals knapp 16.
Meine Mutter und ich schlossen uns eng zusammen in unserer Trauer, doch in den folgenden Jahren versäumte sie es, mich wieder los zu lassen. Ich war deshalb dabei, mich zu einem richtigen Mauerblümchen zu entwickeln und traute mich kaum, allein in einen Laden zu gehen.
Als ich meinen späteren Mann kennenlernte war ich 23, und als ich das erste Mal spät nachts von ihm zurückkehrte, fand ich eine filmreife Szene vor: Meine Mutter lag auf dem Sofa, das Wohnzimmer hell erleuchtet, zerknüllte Taschentücher auf dem Boden und dazwischen ein Fläschchen Nitroglyzerin...
Leider war sie eingeschlafen, sodass die Szene von der sorgenden Mutter, die vor Aufregung über den Verbleib der Tochter einen Herzanfall erlitten hat, etwas unglaubwürdig wurde und wir sprachen dann auch nicht darüber, sondern gingen einfach zu Bett.
Nach meiner Heirat und der Geburt unseres zweiten Kindes, überlegten wir ein eigenes Haus zu bauen und damit kam ein Ungewitter über mich, das ich so nie erwartet hätte.
Ich wurde dermaßen beschimpft und angeschrien, dass ich mir ernsthaft überlegte, aus dem Leben zu gehen.
Mein Mann unterstützte mich zwar, wo er konnte, aber sobald er morgends aus dem Haus war, ging es los, bis er abends zurückkam.
Undankbar sei ich war der Hauptvorwurf. Da hätten meine Eltern nun so ein gutes festes Haus gebaut und ich wisse es nicht zu schätzen.
Wir boten an, im neuen Haus eine Einliegerwohnung einzuplanen, doch das wurde rigoros abgelehnt.
Dann beging ich den Fehler und wurde ein 3. Mal schwanger.
Die Reaktion meiner Mutter darauf war: "Dann wird ja unser Zaun dieses Jahr wieder nicht gestrichen."
Toll, oder?
Nach keiner meiner drei Geburten hat sie auch nur ein einziges Mal gefragt, wie es für mich war.
Ihre Haltung sagte immer nur - Du wolltest es so, nun sieh auch zu, wie Du klarkommst.
Paradoxerweise ist unsere Jüngste heute ihr liebstes Enkelkind.
Noch ein bisschen mehr habe ich in meiner Geschichte "Altlasten" geschrieben, für hier reicht es wohl jetzt.
Ich wollte damit nur sagen, keiner kann sich seine Eltern aussuchen, und auch wenn wir ihnen dankbar sein müssen, für das, was sie für uns tun, dürfen wir nicht vergessen, dass auch sie nur Menschen sind, geprägt von ihrem eigenen Leben und ihrer eigenen Erziehung. Sie schleppen ihre eigenen Macken mit sich herum und geben sie oft genug an uns weiter.
Und die Liebe zu unseren Eltern soll nicht so weit gehen, dass schlimme Dinge oder schlechte Erfahrungen die wir mit ihnen machen damit bemäntelt werden, dass man seine Eltern nicht kritisieren darf.
Ich liebe meine Mutter auch, aber ich bin nicht blind für ihre Schwächen.
Es hat mir weh getan, wie sie zu mir stand, aber ich habe eingesehen, dass es sich um einen status quo handelt, den ich nicht mehr ändern werde, auch wenn wir heute ganz gut miteinander auskommen.
Ich kann nur versuchen, ihre Fehler nicht bei meinen eigenen Kindern zu wiederholen, so wie Du es mit Deinem Sohn auch gemacht hast.
LG, Adorabelle
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