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VATERTAG ist TODESTAG

von Mitzi Mog


© alle Rechte bleiben bei mir



Seltsam wie die Zeit verrinnt. Fast jeder kennt eine Geschichte, in der verschiedene Familien sich zusammen fügen und zur so genannten „PACHWORK-FAMILIE“ zusammen kommen. Heut zu Tage ist es keine Seltenheit mehr. Meistens werden Kinder dann der Mutter zugesprochen und Väter werden pö, a pö aus der Verantwortung für ihre Lieben entlassen. Nur zu gerne, werden die Gefühle der Kinder - dabei außer Acht gelassen.

Bei mir, war das vor 43 Jahren ganz anders verlaufen!

Mein Vater, tat alles nur Menschen mögliche - mich meiner Mutter zu nehmen. Ich war noch zu klein um das alles zu verstehen. Habe auch nichts vermisst,
denn was man nicht kennt, kann einem auch nicht fehlen.

Wie in meinen anderen Werken versuche ich, durch mein schreiben - das eine oder andere schwierige Kapitel meines Lebens auf zu arbeiten. Wird es gelingen? Werdet ihr mir dabei helfen? Was für Fragen?

Diese Fragen stellen sich mir aber leider immer öfters.

Es ist mir bekannt dieses ungute Gefühl, es kommt mindestens einmal im Jahr. Meistens in den Monaten April – Mai. Der Vatertag näher rückt.

Mein ganz großes Desaster begab sich am 16.1.2002 es war der 52. Geburtstag meiner Mutter. Noch bevor die Gäste kamen zerstritt ich mich mit meinem Vater auf das Äußerste. Vor Wut schäumend und außer mir, bat ich meinen Mann mit unserem Sohn bei meiner Mutter zu bleiben. Ich wollte nicht, dass sie unter dieser immer wieder kehrenden Debatte, die mein Vater und ich zum X-ten Male hatten –an ihrem Ehrentag zu leiden hatte. Ich konnte das angeschrien werden nicht ertragen. Dachte mir immer wieder wenn es passierte, dass darf ich mir nicht mehr gefallen lassen – es ist auch nicht gut für meinen Sohn, wenn er es erleben muss. Ich wollte nicht, dass er so aufwächst, schreien gehört in unserem eigenen Zuhause nicht zum Alltag!

In all den Jahren der Erziehung meines Sohnes, habe ich immer zum Ausdruck gebracht, dass man über alles reden kann. Reden, damit meine ich – mit ruhigem Ton zu erklären was meine Beweggründe sind, Entscheidungen zu treffen. Gerne lasse ich mich mit den richtigen Argumenten auch von einer anderen Meinung überzeugen. Aber schreien, NEIN SCHREIEN – das geht gar nicht! Darauf reagiere ich allergisch. Mit zunehmendem Alter meinerseits wurde es auch immer schlimmer. Sobald jemand die Stimme erhob und gegen mich los polterte, hebe ich zuerst die Augenbrauen, dann rümpfe ich die Nasenwurzel nach oben und hoffe im ersten Augenblick, dass ich meine Gefühle im Zaum halten kann und nicht sofort los heule.

Aus Hormonellen Gründen ist mir dies oft nicht möglich. Wenn ich spüre, dass mich diese Panik- Attacke ergreifen will, stürme ich schon meistens aus dem Raum aus Angst mich zu blamieren. Mein Mann geht dann nämlich ab wie Schmidts – Katze. Er kann es nicht ertragen wenn ich weine, schon gar nicht wenn mein Vater dafür verantwortlich ist. Wie also schon beschrieben, bat ich ihn an diesem besonderen Tag zu Ehren meiner Mutter mit unserem Sohn beim Fest zu bleiben. Ich ging in die Küche um meiner Mutter zu erklären was schon wieder los ist und das es heute einfach nicht geht. Ich es meinem Vater nicht mehr durch gehen lassen kann.

Sie verstand natürlich wie immer nichts, sei doch nicht so schlimm gewesen – sagte sie!

Es war mir gleich, was sie dachte oder versuchte herunter zu spielen. Bei mir war das Fass voll, schwappte eben an diesem Tag einfach über!

Meine letzten Worte, an meinen Vater gewandt waren:

„Du hast genug geschrien – ich komme erst wieder, wenn du dich (a) entschuldigst und (b) lernst das du dich mir gegenüber so nie wieder zu verhalten hast – schon gar nicht vor meinem Sohn“!

Dann trat ich den Heimweg an.

Die Zeit verstrich, ich hielt mich wacker. Noch nie zuvor habe ich es so lange ausgehalten von meinem Elternhaus fern zu bleiben. Meistens habe ich meines Sohnes wegen den Rücktritt angetreten und den Streit geschlichtet, nach gegeben! Er sollte nicht im Familienstreit aufwachsen. Es sollte eine „Heile Welt“ haben, mit allen Familienangehörigen aufwachsen dürfen.

Doch zu welchem Preis?

Immer wieder das Selbe, immer wieder die gleichen Fragen. Diskussionen die nicht enden, ein Paar Wochen eingehaltener Frieden, der dann beim nächsten Ausraster nicht weniger schlimm wurde. Dechavue!

Es vergingen Wochen, dann Monate. Täglich keimte die Hoffnung, bald – bald wird Vater sich melden. Er hat Geburtstag, ohne seinen Enkel kann so ein Fest nicht statt finden. Ohne mich, ja ohne mich schon. Ohne seinen Schwiegersohn, schwierig denn sie sind Freunde, aber ohne mich – ja ohne mich ginge es schon! Von Tag zu Tag wurde ich trauriger über diese Erkenntnis.

Wieder kamen diese Fragen in mir auf – warum hat er mich eigentlich unbedingt auf „Biegen und Brechen“ von meiner leiblichen Mutter fern gehalten? Er schreit mich ja doch immer nur an. Keine Gelegenheit ließ er aus, um mir zu sagen - was für eine Enttäuschung ich für ihn sei!

Ich konnte es nie Recht machen – nichts war ordentlich genug, was ich kochte war grade mal so, zu genießen. Das sein Enkel mir gelungen war scheint seinen Genen beizumessen. Liebe Leserinnen und Leser, ihr seht bestimmt auf was ich hinaus will? Ich konnte es einfach gar nicht schaffen, ihm etwas zu seiner Zufriedenheit geschehen zu lassen!

Der Geburtstag meines Vaters im April fand also ohne mich, dafür mit meinem Sohn statt. Ich brachte es einfach nicht über mein Herz ihm seinen Enkel vor zu enthalten. Ich beschloss also: Mein Sohn, du wirst meine Friedenstaube sein. Ich besorgte eine schöne Karte. Fast jeder kennt das Bild der 3 sitzenden Affen: Der erste hält sich die Augen zu, der zweite hält sich den Mund zu und der dritte Affe umschließt sich die Ohren.

Auf dieser Karte stand in schöner Schrift geschrieben:

Lieber Papa, wie du weist kann ich heute leider nicht zu deinem Wiegenfeste kommen. Weil es uns beiden nicht möglich ist über unseren eigenen Schatten zu springen.

Doch ich will jetzt nicht jammern, irgendwann wird es uns möglich sein - wie Erwachsene Menschen es für gewöhnlich tun, miteinander um zu gehen.

Ich hege keinen groll gegen dich und nur weil ich dich nicht sehen will heißt es nicht, dass ich dich nicht Liebe. Auch wenn ich dich momentan nicht hören will, heißt es nicht, dass ich dich nicht Liebe und auch wenn ich momentan nicht mit dir sprechen kann, heißt das auch nicht, dass ich dich nicht Liebe.

Aber ich habe Angst, dir weiterhin zu erlauben mich zu behandeln, als wäre ich nicht dein Kind!

Jeder Mensch sollte den anderen Achten und wenn man ihn mag auch Lieben. Weil ich dich Achte, muss ich diesen Weg gehen um die Achtung nicht vor dir zu verlieren. Und weil ich dich als meinen Vater Lieben will musste ich gehen, weil ich Angst davor habe mich zu entlieben!

Ich wünsche dir alles von Herzen Gute für dein neues Lebensjahr und hoffe auf die kommenden Jahre in denen du hoffentlich verstehst wie wertvoll und wichtig du mir bist und ich dich respektieren möchte. Es ist mir eine Ehre deine Tochter zu sein – in Liebe deine Mitzi :-)

Es gab auch auf diese Karte, keine Resonanz – leider!

Wieder verging die Zeit, Tage und Wochen des auf ein Zeichen Wartens. Nichts!

Mein Terminkalender zeigte mir, dass der Vatertag immer näher rückte. Es machte mir wieder Angst, denn ich hatte keinen „Blauen Schimmer“, wie ich mich dieses Mal verhalten sollte.

Was erwartete er von mir? Gespräche mit meinem Mann brachten auch nicht den gewünschten Effekt, da fing ich einfach damit an den Vatertag für meinen Mann zu planen. Frei nach dem Motto: Kommt Zeit kommt Rat!

Eine Schiffsreise sollte es in diesem Jahr werden. Unser Sohn, mein Mann und ich gingen im Karlsruher Rheinhafen an Bord eines Ausflugschiffes, den ganzen Tag über durften wir auf dem Rhein in schönem Ambiente das Wasser von seiner schönsten Seite erleben. In Straßburg erlebten wir einen tollen Tag mit vielen netten und angenehmen Menschen aller Altersklassen. Besichtigten die wunderschöne Kirche und liebten das Leben. Bei leckerem Essen ein bisschen lè lè un petit hmmm hm, ja - so lebt nur Gott in Fronkreisch!

Spät am Nachmittag mussten dann alle wieder an Bord und freuten sich auf den Musikalischen Ausklang des Tages und die Stimmungsband die zum Tanzbein schwingen aufforderte. Eine etwas zu starke Schorle „rot-süß“ half mir dann dabei die Entscheidung zu Treffen:

Uiuiui, ich muss ja noch Papa anrufen – Dank dem Zeitalter des Handys ist das ja überall möglich und so tat ich was ein Vater von seinem Kind erhofft – ich ließ es durchklingeln. Fast schon etwas zu lang, aber gerade noch im richtigen Moment nahm er dann das Gespräch an und da er ja auf dem Display auch sah das ich am anderen Ende war, plapperte er gleich darauf los um seine eigene Unsicherheit zu überspielen:

„Jetzt aber hallooo – was verschafft mir diese Ehre“?

Hörte ich ihn sagen – seine Stimme klang ruhig und gefasst, als habe er damit gerechnet das wir uns heute noch hören würden. Ich gratulierte ihm zu seinem Ehrentag und erkundigte mich nach dem Befinden, was er heute gemacht habe und sprach an das wir uns hoffentlich auch bald einmal wieder sehen sollten.

Das Gespräch verlief zufrieden stellend und ließ Raum für Gute Gedanken!

Meine beiden Männer tanzen abwechselnd von Straßburg bis Karlsruhe mit mir als wäre Muttertag und so freute ich mich seit langem auch einmal wieder auf den Rest der Familie. Die Rückfahrt verlief ohne Stau und somit hatten alle einen entspannten, lange in Erinnerung gebliebenen Tag.

Nur ich, ich habe diesen Tag bis heute nicht vergessen, denn es war der letzte Tag an dem ich mit meinem Vater gesprochen habe. Er starb ein Paar Tage später am Sekundentod mit gerade einmal 55 Jahren.

Bald jährt sich dieser Tag und ich werde zunehmend unruhiger wenn ich an meinen Vater und diesen Tag denke, denn wenn er wüsste, dass die ganze Familie sich seit diesem Tag immer mehr von mir entfernt, dann würde er sich im Grabe rumdrehen!



IN GEDENKEN
an meinen schreienden –
dennoch führsorglichen Vater!

Zum VATERTAG!


Imprint

Text: (C) alle Rechte bleiben bei mir Mitzi Mog
Publication Date: 05-11-2011

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Dedication:
IN GEDENKEN AN MEINEN VATER

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