Lemmy,
mein Geschmack suhlt sich mit Wonne in der Fülle Deines grandios geglückten Textes. Ein Zitat von Heißenbüttel: „dass Literatur nicht aus Vorstellungen, Bildern, Empfindungen, Meinungen, Thesen, Streitobjekten, geistigen Gebrauchgegenständen usw. besteht, sondern aus Sprache, dass sie mit nichts anderem als mit Sprache zu tun hat.“ (In Akzente, 1966, 78/79) Genau dieser These ist Dein Text musterhaft gerecht geworden.... Show more
Lemmy,
mein Geschmack suhlt sich mit Wonne in der Fülle Deines grandios geglückten Textes. Ein Zitat von Heißenbüttel: „dass Literatur nicht aus Vorstellungen, Bildern, Empfindungen, Meinungen, Thesen, Streitobjekten, geistigen Gebrauchgegenständen usw. besteht, sondern aus Sprache, dass sie mit nichts anderem als mit Sprache zu tun hat.“ (In Akzente, 1966, 78/79) Genau dieser These ist Dein Text musterhaft gerecht geworden. Worte, Sprache, Satzformationen werden zum Inhalt, befreit von der Funktion, der treffenden Darstellung eines herkömmlich verstandenen Inhalts zu dienen. „Steinelige geheimnisskennendeweisslinge äonenerprobte spärenanhängsel henseln und greteln gegrimmte Wolfzahngelitten verbal.“ Mögen auch in den Wortbildungen Assoziationen an bekannte Erzählungen geweckt werden, die Einzelbruchstücke der Kollage runden sich nicht zu einer herkömmlichen Erzählung. Es genügt ihnen, vollendete Sprache zu sein.
Ein zweiter Gesichtspunkt Deines Textes imponiert mir. Das assoziative Schreiben steht – gleich der abstrakten Malerei – immer vor dem Problem, wann „steht“ der Text, wann ist er „rund“, vollendet. Solch abstraktes Schreiben ist beileibe kein möglichst ausgefallenes Wortgeblödel. Schon die Anfänge bei den Dadaisten, wie Schwitters oder Ball, waren nicht so gemeint. Das obige Zitat zeigt Deine Kunst: Der Satz enthält kein Wort zu viel, keines zu wenig.
So fügen sich in Deinem Text die Klänge Deiner Wortschöpfungen zu einer ganz eigenen, ästhetisch vollkommenen Melodie.
Gruß
Josef