Erinnerungskultur - das Wort kannte ich nicht - für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Damit assoziiert man Künstliches. Etwas, was geschaffen wird, wo es unter normalen Umständen nicht gedeihen könnte. Wie Pilz- oder Bakterienkulturen in keimfreien Laboratorien, zum Beispiel. Oder Geschichtsmusen, in die man nur geht, wenn der Inhalt adrett und unterhaltsam aufbereitet ist. Oder Denkmäler. Das mit den Denkmälern ist gut.... Show more
Erinnerungskultur - das Wort kannte ich nicht - für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Damit assoziiert man Künstliches. Etwas, was geschaffen wird, wo es unter normalen Umständen nicht gedeihen könnte. Wie Pilz- oder Bakterienkulturen in keimfreien Laboratorien, zum Beispiel. Oder Geschichtsmusen, in die man nur geht, wenn der Inhalt adrett und unterhaltsam aufbereitet ist. Oder Denkmäler. Das mit den Denkmälern ist gut. In jedem, aber auch wirklich jedem französischen Dorf gibt es ein Denkmal für die Gefallenen des Grossen Krieges. Auf allen sind die Namen jener eingraviert, die nicht auf dem Friedhof nebenan, sondern auf einem Schlachtfeld liegen. „Im Angedenken unserer gefallenen Söhne“, heißt es. Damit wir nicht vergessen. Vergessen was? Kaum einer „weiß“ es noch, wenige nehmen heute Notiz von dem Mal, das zum Denken gedacht ist, zumal sein ästhetischer Unterhaltungswert für Einheimische und Touristen gleich null ist. Es gibt auch keinen mehr, der sich, sagen wir, leibhaftig erinnern könnte. Der allerletzte Veteran aus dem Ersten Weltkrieg ist dieses Jahr verstorben. Und viele atmen tief durch. Endlich ablegen können ins gedankenlose Vergessen. Und was die Kinder und Kindeskinder angeht, geht es sie nichts mehr an. Wir werden sie doch nicht mit der Last des Vergangenen beladen! Was zählt, ist die Zukunft, aber bitte schön unbeschwert. Der Blick nach vorn ist gefragt, nicht zurück. Denn der Blick zurück versperrt uns die Sicht auf die wahren Aufgaben: Mali zum Beispiel, Syrien, und überhaupt der ganze Nahost. Warum nicht gleich ganz Afrika? Es gibt noch so viel und so viele, das und die es zu befrieden gälte. Auch das kurbelt die Wachstumsrate an. Rüstung schafft westliches Wohlergehen. Zum Teufel mit den Denkmälern und dem Erinnern an das Gestern. Wir brauchen keinen Blick für das Vergangene, wir verlassen uns blind auf die Augen der anderen. Die werden schon wissen, wo’s lang geht, wenn’s auch nur eine Mauer ist, gegen die man fährt.
LG
Lothar