Ein ungewöhnlicher Text, fast in der sprachlichen Gewandtheit eines Heinrich von Kleist, welcher vermittels seines ungewöhnlichen Stils in Form eines vielfach gebrochenen Duktus sehr viel Handlung aber auch Charaktere der Protagnisten auf dichten Raum zu vereinen vermag, so dass wieder einmal die Rezeptionsfähigkeit des Lesens enorm beansprucht wird, um die komprimierten Aussagen in seiner ganzen Tiefe zu erfassen. Aber nicht... Show more
Ein ungewöhnlicher Text, fast in der sprachlichen Gewandtheit eines Heinrich von Kleist, welcher vermittels seines ungewöhnlichen Stils in Form eines vielfach gebrochenen Duktus sehr viel Handlung aber auch Charaktere der Protagnisten auf dichten Raum zu vereinen vermag, so dass wieder einmal die Rezeptionsfähigkeit des Lesens enorm beansprucht wird, um die komprimierten Aussagen in seiner ganzen Tiefe zu erfassen. Aber nicht nur mit seiner linguistischen Billianz besticht das Werk: darüber hinaus kommt die ganze Amoralität gesellschaftlicher Konventionen in einem Zynismus zum Ausdruck, welche bei jedem Leser unweigerlich Abscheu erzeugen muss. So dient die sogenannte Läuterung letztlich nur der Befriedigung des eigenen Egoismus, welche aufgrund der vorgetragenene Biederkeit der Protagonisten umso beeindruckender zum Tragen kommen, je pervertierter sie sind. Sei es nun in der ersten Indiskretion, wo zweillos sexuelle Pervesionen dominieren, oder in der zweiten, wo der rührend fürgliche Wirtschaftsprüfer und Ehemann nach dem Geständnis seiner Untreue und seiner Trennungsabsicht alles Erdenkliche unternimmt, um seiner verstoßenen Ehefrau ehrerbietig zu helfen, doch sie letztlich mit dieser Hilfe in den Tod treibt und das alles nach außen hin unter dem biederen Anschein einer unabwendbaren Schicksalhaftigkeit, woran auch noch alle Welt glauben mag. Aber genau so ist das Leben. Dennoch bleibt für mich die Frage nach der Wertigkeit der Moral offen. Der Autor provoziert und prangert an, und das in den vorgenannten Fällen durchaus zu recht, wie sich zeigt, denn nur allzuoft werden wir Zeuge und Opfer der alltäglichen Doppelmoral, der sich (leider) alles unterordnet. Und doch weiß ich nicht, ob es ohne dem gehen kann. Vielleicht ist der Mensch so konzipiert, dass er gar nicht anders leben kann, als im steten Selbstbetrug zu leben und hierin letztliche seine Erfüllung unjd Bestimmung zu finden? (siehe Wulff als aktuelles Beispiel?). So bitter es klingen mag, aber alles andere bleibt ein Ideal, wofür der Mensch in seiner Fehlbarkeit nun mal nicht geschaffen ist. Herr Herden, Sie provozieren überspitzt und zeigen einen Defätismus auf, der auf seine Weise abstoßend und faszinierend zugleich ist.