Ja, sie ist fern, aber so ganz fremd ist sie mir dann doch nicht. Anhand von vielen kleinen Details werden die frühen fünfziger Jahre wieder lebendig, von denen ich damals gerade noch einen Abglanz erblicken konnte: Schichtunterricht und Bohnerwachs, Kriegsruinen und Höhensonne - so ganz geheuer kommt mir diese Zeit zwischen Zerstörung und Wiederaufbau nicht vor. Merkwürdig inkonsequent auch die Tatsache, dass nach Geschlechtern getrennt erzogen wurde, aber dann wieder Mädel und Bub fast nackt auf eine Pritsche gepackt wurden. Diese erste Geschichte bringt unter der Höhensonne noch etwas Zeitunabhängiges ans Licht, meine ich: das natürliche Schamgefühl, das in jenem Alter noch größer ist als die erste Zuneigung. - Die zweite Geschichte bringt mich als Nichtkatholiken etwas ins Grübeln: Wie beurteilt denn die Amtskirche solche Laienhandlungen? Und wie hat deine Mutter den Bericht über den Verlauf dieser Geburtstagsfeier aufgenommen? Das Schlafzimmer und die liturgische Szene in ihm sind in der Tat sehr merkwürdig. So etwas vergisst man nicht. Wie gesagt, es war keine normale Zeit damals. Aber wann ist eine Zeit schon normal? Die Frage würde mich in Verlegenheit bringen. - Arno Abendschön -