Anna kniff misstrauisch die Augen zusammen. Sie glaubte nicht, was sie gehört hatte.
»Doch, doch. Du hast heute nach der Frühübergabe frei! Darfst schon ins Wochenende gehen. Haben wir heimlich ausgemacht!« Elsbeth, die resolute und immer etwas schwer auftretende Stationsschwester, wühlte mit den Armen im Spind. »Moment, ich hab da noch was!« Anna sah eine große Flasche Kirschlikör auf sich zuschweben. Sie hasste jeglichen Likör.
»Oh, äh, Dankeschön!«, brachte sie zögernd heraus.
»Alles Gute zum Geburtstag! Du darfst auch gleich ne Runde schmeißen!« Elsbeths Worte hatten einen bedrohlichen Unterton. Anna sah, wie sich die kleine Frau über die Lippen leckte. Widerstand würde tödlich sein.
»Ich hol die Tassen aus der Kaffeeküche!«, lenkte sie ein. Die Stationsschwester nickte zufrieden und stampfte mit Annas Geburtstagsgeschenk Richtung Besprechungszimmer.
Der alte Geschirrschrank barg ein Sammelsurium von bunten Bechern. Anna griff mit den Fingern hinein und versuchte, so viele Henkel wie möglich zu angeln. ›Na, einen schaff ich noch locker!‹, sprach die Stimme in ihrem Kopf. Die Tasse, die an ihrem kleinen Finger baumelte, war tief und bauchig, mit einem kitschigen Schaf, das fröhliche Ostern wünschte. Jeder auf der chirurgischen Station des Krankenhauses kannte diese Tasse.
Es war Elsbeths heiliger Gral, der wie in Zeitlupe von Annas Fingerkuppe rutschte und in äußerster Anmut Richtung Spüle segelte. Das Klirren war spitz und laut. Kleine Perlen bildeten sich auf Annas Stirn und ihr rechtes Augenlid zuckte nervös.
»Wo bleibst du denn?«, schallte es vom Besprechungszimmer.
Anna fluchte lautlos. Keine Chance, sie musste die verräterischen Spuren zurücklassen. Mit dem restlichen Geschirr fest an ihre Brust gepresst, balancierte sie durch die Glastür zu ihren Kolleginnen. Die Tassen wurden ihr aus den Armen gerissen und der Kirschlikör machte die Runde. Anna schaute mit leeren Händen zu. »Dann … könnte ich ja schon aufbrechen?«, warf sie in den Raum. Elsbeth war immer noch mit der Flasche unterwegs, sie hatte noch nicht allen eingegossen. »Dann … bin ich jetzt mal weg.« Anna legte mit leisen Schritten den Rückwärtsgang ein.
Sobald sie außer Sicht war, steuerte sie zu den Schwesternumkleiden. Der kleine Spindschlüssel klemmte. Schon wieder spürte sie die kühlen Tropfen am Haaransatz. ›Kleine miese Tür!‹ Endlich drehte sich der Schlüssel.
»Wo. Ist. Meine. Tasse.« Die Worte hallten wie kleine Schwerthiebe zu ihr. ›Okay, das könnte jetzt ein bisschen eng werden! Ruhig Blut, Anna, du schaffst es noch rechtzeitig …‹ Stampfende Schritte näherten sich. ›Okay, du schaffst es doch nicht!‹ Anna griff nur die Jacke mit ihren Wertsachen. Für alles andere war keine Zeit. Die Spindtür knallte und sie war schon im Stationsflur.
»Woaaa. Das gibt Tote! Das gibt richtig Tote!«, heulte es aus der Kaffeeküche. Das Treppenhaus erschien Anna jetzt wie das Tor zur Glückseligkeit. Ein Sprung, und ihre Hand zog am großen Griff. Dann war sie draußen und hechtete die Stufen hinab.
Ihre weißen Sandalen schmatzten auf dem Gehweg. Es war ein schwüler Junitag und der nächtliche Regen hatte kaum für Abkühlung gesorgt. Anna hielt die Windjacke fest zusammen, damit nicht jeder Passant ihre Schwesternkluft sah. Wenigstens war der Weg zur Wohnung ihres Freundes nicht weit. Der Gedanke, dass sie mit Tim heute Essen gehen könnte, munterte sie auf. Als sie die Stufen der Treppe erklomm, war sie schon wieder bester Laune. Der ganze Tag lag noch vor ihr. Das hieß Füße hochlegen, im Lieblingsbuch schmökern, vielleicht auch ganz faul nur fernsehen.
Sie seufzte wohlig, als sie an der Tür hantierte. Diese ging sofort auf. ›Nicht abgeschlossen? Er ist doch immer so gewissenhaft! Na, wenigstens hat er jetzt auch mal was vergessen.‹
Anna schob sich durch die Tür, ließ die Jacke in die Ecke fallen und schlüpfte aus den nassen Sandalen. Aufräumen kam später. Der Schlüssel flog in ein Kästchen auf der Anrichte im Flur. Sie wollte gerade im Klo verschwinden, als sie ein Geräusch vernahm. Ein leises Geräusch, aber in der Stille war es gut hörbar. Anna war sich sicher: Es war die Kühlschranktür. Und gerade das zarte Schließen des großen Gerätes irritierte sie. Ihr Freund schmiss normalerweise die Tür, dass das halbe Innenleben einen Herzinfarkt bekam!
Langsam setzte sie ihre Socken voreinander, bis sie zum Eingang der Küche gelangte. Ihr Herz pochte, als sie ihre Nase vorsichtig in die Türöffnung schob.
In der Küche stand jemand an der Frühstücksbar und setzte die volle Orangensaftflasche an den Mund. Anna konnte nur die Rückansicht sehen, aber die war vollkommen aussagekräftig.
Lange blonde Haare, darunter ein weißes Hemd, das auf den wohlgerundeten Hüften aufsetzte und zur Hälfte einen nackten Hintern zeigte, für den Anna ihre geliebte Großmutter verschachert hätte. Die elfengleiche Erscheinung drehte sich zur Seite und gab eine atemberaubende Silhouette frei. Brüste wie aus Porzellan gegossen drückten sich durch den Stoff. Anna blieb fast das Herz stehen. Gegen das Wesen in der Küche sah sie aus wie ein Junge. Flachbusen, keine Hüfte und Schrumpfbeine. Nur Eines war gleich: Das schicke Hemd hatte sie auch schon getragen. Es war das Hemd ihres Freundes.
Annas Puls begann zu hämmern. Die Küche hatte einen zweiten Durchgang, und der führte direkt ins Wohnzimmer. Das hübsche Mädchen setzte dahin ihre langen Beine in Bewegung. Anna gab ihr Vorsprung, dann schlich sie hinterher. Sie presste sich neben der Öffnung flach an die Wand. Erst mal lauschen.
Leises, helles Kichern. Darauf antwortete ein dreckiges Lachen. Die tiefe Stimme kannte sie gut, vor allem vom Anschreien, wenn sie Streit hatten. Plötzlich wurde es verdächtig ruhig. Und dann ein langes, gedehntes Stöhnen. Anna konnte nicht mehr ruhig stehen. Wie von selbst schob sich ihren Kopf um die Ecke. ›Das kann nicht wahr sein. Die kleine Hexe muss sich das Knie gestoßen haben. Oder irgendwas anderes. Es muss so sein! Es darf nicht …‹
Voller Blick ins Wohnzimmer. In der Mitte sah sie den Rücken des großen Sessels. Über ihm stachen zwei schlanke Beine in die Luft, mit weit gespreizten Zehen. Und zwischen diesen Beinen hing Tim, die Augen fest geschlossen, und ackerte wie ein brunftiger Hirsch. ›Wohl doch nicht … das Knie gestoßen?‹ Ihr Freund grunzte und unter ihm antwortete das gedehnte Stöhnen. ›Wohl eher entspanntes Fremdvögeln, während ich bei der Arbeit bin!‹ Anna schnaufte heftig, aber das war bei dem Lärm nicht zu hören. Plötzlich wollte sie einfach nur weg. Raus aus der Wohnung. Raus aus diesem verlogenen Leben.
Sie wirbelte herum, rannte durch die Küche und fegte dabei die Orangensaftflasche vom Tisch. Stolpernd kam sie in den Flur und schlitterte auf den Fliesen bis vor die Tür. Ein Griff nach ihrer Jacke, die Füße fanden in die Sandalen und sie kam zitternd auf die Beine. Hinter sich hörte sie ihren Namen. ›Lass mich raten: Es ist nicht so, wie du denkst.‹ Ihre Hand war schon an der Klinke. »Anna! Warte! Es ist nicht so, wie du denkst!« Ohne sich umzudrehen, knallte sie die Tür hinter sich zu.
Der Regen hatte wieder eingesetzt. Anna schob die Jacke wie eine Kapuze über den Kopf und lief einfach geradeaus. Sie blickte gar nicht auf, in ihren Gedanken spielte immer wieder der gleiche Film: in den Himmel zeigende Beine und die geschlossenen Augen ihres Freundes. Komprimierte Hölle in Endlosschleife. Wie schnell sie auch rannte, die Bilder verhakten sich in ihrem Kopf. Irgendwann schmerzten ihre Lungen vor Anstrengung.
Der Teer des Gehwegs wechselte mit Gras, sie sprang über Bordsteine und kratzte sich an struppigen Sträuchern die Waden auf. Dann traten ihre Sohlen auf eine große Asphaltfläche mit vielen weißen Markierungsstreifen. Anna blickte endlich nach oben. Auf dem Parkplatz stand direkt vor ihr ein riesiger Reisebus, dessen Motor brummte. Sie sah an der Karosserie entlang. Der Slogan eines Reiseunternehmens prangte in breitem Schriftzug unter den Fenstern. Hinten war eine Schwenktür noch auf. Die schmale Öffnung schien Anna zu locken. ›Das verlogene Leben hinter sich lassen!‹ Sie machte ein paar Schritte nach vorne.
Plötzlich tauchte ein faltiges Gesicht in der Öffnung auf. »Kommen Sie wegen unseres Patienten? Dann mal z-z, zimlisch zügisch!« Anna starrte den Opa mit großen Augen an. Der Bus gab Standgas. Sie schüttelte vehement den Kopf, aber ihre Beine steuerten zur Tür. Fünf Schritte, und sie erklomm die engen, aber hohen Stufen. Dabei blieb sie an der obersten Kante hängen – ›Kleine miese Stufe!‹ – und stolperte in das Innere des Busses. Sie wusste, dass sie in diesem Moment eine Entscheidung getroffen hatte.
Eine Entscheidung für ein neues Leben.
Im Bus war es düster. Der alte Mann schien der Reiseleiter zu sein. Er fuchtelte wild mit den Armen und lotste sie durch den Mittelgang. Annas rechtes Augenlid begann wieder zu zucken. ›Was um Himmels willen hast du hier verloren, Anna?‹ Überall drehten sich Köpfe nach ihr um. Hauptsächlich Frauen im Rentenalter.
»Hier ist er. Schauen Sie sich ihn nur an. Ich glaube, der ist ohnmächtisch geworden!«
Anna folgte dem Blick des Alten und sah einen jungen Mann, vielleicht etwas älter als sie, wie schlafend im Sitz hängen. Er hatte pechschwarze Haare und eine blasse, fast durchsichtig wirkende Haut. Das sah tatsächlich nicht gesund aus. Seine Stirn presste sich an die Scheibe.
»Nun schreiten Sie schon zur Tat! Er hat sie doch angerufen!«
»Angerufen? Mich?« Anna stutze. Doch der prüfende Blick des Reiseleiters ließ sie schnell nicken. Sie beugte sich über den leeren Sitz zu ihrem Patienten. Er trug ein akkurates weißes Hemd mit einem komischen Stehkragen. ›Wenn er jetzt aufwacht, wirst du hochkant rausgeschmissen …‹ Vorsichtig stupste sie ihn an der Schulter. Seine Augen schlugen auf.
Anna zuckte instinktiv zurück. Dieses tiefe Grün, dieses warme Funkeln hatte sie nicht erwartet. Im Gegensatz zu seinem blassen, ungesunden Teint strahlten die Augen so voller Leben, dass Anna sich wie ertappt fühlte. Der Blick des sonderbaren Mannes tauchte in sie, berührte, tastete vorsichtig und ließ Wärme in ihrem Inneren zurück.
»Sie möchten mir etwas sagen?« Die Stimme war sanft, mit einem kleinen Kratzen, das seinen Worten eine eigene Schwingung gab. Es war köstlich, ihr zu lauschen. ›Sprich einfach weiter, mir egal, was du sagst …‹ Annas Mund stand offen. Die smaragdfarbenen Augen fingen sie wieder ein.
»Sie wollten doch zu mir, nicht wahr?«
›Oh, diese Stimme!‹ Anna riss sich zusammen. Sie spürte den Atem des Reiseleiters in ihrem Nacken. »Sie haben mich gerufen … äh, weil Sie doch krank … sind?«
Anna setzte einen so flehenden Blick auf, dass der junge Mann zu lächeln begann. »In der Tat war mir nicht wohl. Ich muss eingeschlafen sein.«
Hinter ihr brummte es. »Was ist jetzt? Können Sie ihn verarzten? Wir müssen losfahren, und zwar zimlisch zügisch!« Annas Blick irrte nervös hin und her. Sie beugte sich noch tiefer zu ihrem Patienten, hin zu seinem Ohr. »Bitte, nehmen Sie mich mit! Bitte!« Die Worte schossen wispernd aus ihr heraus. Es war reiner Unsinn, den sie da plapperte.
Der junge Mann richtete sich im Sitz auf. Seine leuchtenden Augen fühlten vor. »Haben Sie meine Medikamente dabei?«, sprach er ganz langsam. Anna klopfte wie geistesabwesend ihre Taschen ab. Neben Portemonnaie und Handy stieß sie auf ihre Lutschpastillen, die sie morgens brauchte, um in den muffigen Patientenzimmern wach zu werden. Sie krallte die aufgerissene Packung mit der ganzen Hand.
»Aber natürlich, hier sind hoch dosierte Tabletten gegen ihre akute Kinetose!«, haspelte sie.
»Das ist Rettung in letzter Minute«, lächelte er.
»Sie … haben mich ja angerufen.«
»Und wie immer ist auf Sie Verlass, Schwester …«
Der Reiseleiter drängte sich plötzlich vor. »Das ist doch hier keine Sprechstunde! Wir müssten schon längst auf der Autobahn sein!« Annas Herz sank in die Hose. Enttäuscht richtete sie sich wieder auf. Da griff eine kühle Hand nach der ihren.
»Sie ist meine persönliche medizinische Betreuung. Ich buche für Sie nach.«
Der Alte kräuselte sein Gesicht. »Das geht doch nicht!«
»Wollen Sie, dass ich dem Regens berichte, dass sie auf meine angeschlagene Gesundheit keine Rücksicht genommen hätten? Das würde sich sehr negativ auf künftige Buchungen auswirken.«
Anna sah, wie die Rede dem Reiseleiter Respekt einflößte. »Wenn Sie es wünschen … wir haben ja noch einen Platz durch eine Absage frei …«
»Ich bestehe darauf«, erklang wieder die köstlich angeraute Stimme. »Sie können jetzt fahren. Alles andere klären wir später.«
Die Hand zog sie sanft auf den freien Sitz. Der Reiseleiter rief etwas nach vorne und sofort setzte sich der Bus in Bewegung. Ein erleichtertes Raunen ging durch die Reihen. Anna pochte das Herz. Sie blickte auf ihre Finger, die vor Aufregung zitterten. Die Hand berührte ihren Arm. »Sie können sich jetzt entspannen, Schwester …«
»Anna. Einfach nur Anna.« Sie hob den Kopf und versank in einem See aus funkelnden Smaragden.
Der Bus schoss durch die Stadt und bog rumpelnd auf die Autobahn. Sobald er vom Zubringer auf die Mehrspur bog, knackste es in den Lautsprechern. »Verehrte Exkursionsteilnehmer, isch begrüße sie nochmals ganz herzlisch zu unserem dreitägigen Bildungsurlaub Toskana und die Kunstwerke der Frührenässonze.« Knacks-Knacks »Leider liegen wir etwas hinter unserem Zeitplan zurück«, ein Murren ging durch die Reihen, »aber wir versuchen, die Verzögerungen natürlich zimlisch zügisch aufzuholen. Erst um 13 Uhr gibt es eine Pippi-Pause!«
Anna spürte von den gegenüberliegenden Sitzen böse Blicke. Dann spürte sie einen Blick von der anderen Seite, warm und intensiv. Sie wendete langsam den Kopf und tauchte wieder in das Leuchtfeuer seiner Augen.
»Anna?«
›In der Stimme will ich baden!‹ »Ja?«
»Samuel.«
»Was?«
»Ich heiße Samuel. Schön, dich kennenzulernen.« Er reichte ihr die Hand.
»Okay, Samuel, und jetzt willst du bestimmt wissen, warum ich überhaupt hier bin«, seufzte Anna.
»Nein, ich wollte dir eigentlich ein wenig Reiselektüre zukommen lassen. Ich vermute mal, dass du dich noch nicht mit dem Reiseziel vertraut gemacht hast? Nach deinem heftigen Noteinsatz?« Sein rechter Mundwinkel zuckte nach oben. Anna bekam einen Bildband in die Hand geschoben. Firenze stand in großen Lettern auf dem Umschlag. Darunter war eine komische Kirche inmitten alter italienischer Häuser abgebildet. Sie stöhnte auf. »Ich hab es nicht so mit Kirchendingens.«
»Es geht um eine ganze Stadt.«
»Das klingt … sehr verheißungsvoll. Schöne … Stadt.« Annas Augenbrauen näherten sich einander an.
»Eine der schönsten Städte der Welt.«
»Kann man da gut shoppen?«, warf sie ein.
Ein leises Lachen, das ihr wie Honig hinunterlief. »Das weiß ich ehrlich gesagt nicht. Vom Shoppen habe ich nicht die geringste Ahnung.«
Sie blickte ihn ungläubig an. »Das schicke Designerhemd hast du dir wohl kaum selbst gestrickt?«
»Das ist ein Kollarhemd.«
»Den Designer kenn ich nicht. Aber das Hemd hat dir doch bestimmt deine Freundin geholt!«
Es klang wieder nach Honiglachen. Anna konnte nur wenige Leute zum Lachen bringen, aber Samuel schien wirklich interessiert an ihr zu sein. Doch schnell wurde er ernst und rieb sich sein ansehnliches Kinn mit dem kleinen Grübchen.
»Anna, ich habe keine Freundin, ich …« ›bin schwul!‹, vollendete sie in Gedanken.
Er räusperte sich und schenkte ihr einen Seitenblick, der Gletscher schmelzen würde.
»Anna, ich bin Priesteramtskandidat.«
»Du bist Präsidentschaftskandidat?«
Er lachte wieder. »Priester. Ich möchte ein geweihter Priester werden.«
Annas Augen wurden groß. »Aber du bist doch so …«, ›hübsch!‹, »äh, sympathisch!«
»Dürfen Priester nicht sympathisch sein?«, schmunzelte er.
Jemand beugte sich zu ihnen. Es war ein korpulenter Mann in Samuels Alter. Über einem blütenweißen Hemd trug er einen nachtschwarzen Pullunder. »Samuel?« Der Mann tat so, als wäre Anna überhaupt nicht vorhanden. Seine Stimme war kreidig. »Samuel, wir halten hinten ein kleines Kolloquium über die Zimmervergabe. Könntest du dich einbringen?« Er blickte gekonnt an ihr vorbei. »Es wäre wichtig!« Damit verschwand er wieder nach hinten. Anna schaute ihm hinterher wie einem Geist. Er hatte einen merkwürdigen Gang. Es war kein Gehen, es war ein würdevolles Gleiten.
Sie wandte sich wieder ihrem Sitznachbarn zu. »Ein Freund von dir?«
Samuel schwieg einen Moment. »Er ist der beste Alumnus meines Seminars.«
Anna lachte einen Vogellaut: »Herrlich! Ich versteh nur Chinesisch!« Sie sah, wie er nachdachte. »Man könnte es auch Haussprecher nennen. Während des Studiums wohnen wir alle zusammen in einem Heim, dem Priesterseminar.«
»Okay, egal was für ein Abakus er ist, er war jedenfalls sehr unhöflich«, erwiderte sie ungerührt. Samuel senkte die Stimme: »Er gehört zu den Erzkonservativen. Frauen sind für ihn …«, sie sah, dass er nach dem richtigen Wort suchte, »Laien. Sie kommen im alten Ritus einfach nicht vor.«
Anna sog laut die Luft ein. »Ich werde ihm mal eintrichtern, dass ich durchaus vorkomme. Mit bleibendem Eindruck.« Doch die blasse Hand hielt sie fest. Samuel schüttelte nur leise den Kopf. Seine Augen brannten sich in ihre. Anna sank wieder in den Sitz zurück.
Sie hörte plötzlich eine kleine Melodie, ein Anfang von einem Kirchenlied, aber es kam ihr nicht in den Kopf. Samuel beugte sich in den Fußraum und wühlte dort in einem Rucksack. Er förderte sein Smartphone zutage. Anna beobachtete, wie er konzentriert auf dem Display wischte und dann etwas eingab. Seine Miene war angespannt, als ob er Schmerzen hätte.
»Schlechte Nachrichten?«, fragte sie.
Der Ausdruck auf Samuels Gesicht verschwand sofort. »Ich habe ihm geschrieben, dass ich eine medizinische Betreuung bei mir habe. Er war erst skeptisch, aber hat es dann akzeptiert.«
»Er?«
»Mein Mäzen.« Samuel schien ihren leeren Blick zu deuten und fügte hinzu: »Mein Fürsorger und Förderer.« Er verstaute das Telefon wieder sorgsam in seinem Rucksack. Dann wandte er sich ganz zu Anna. »Ich bin ein Waisenkind. Ein wohlhabender Unbekannter nahm sich mir an und steckte mich in ein kirchliches Kinderheim. Ich habe ihn noch nie richtig zu Gesicht bekommen. Aber er kommt für alles in meinem Leben auf, wofür ich ihm natürlich sehr dankbar bin. Sein Wille ist mir Befehl. Und er wünschte sich, dass ich eine klerikale Laufbahn einschlage. Das Kollarhemd darf ich auch nur seinetwegen tragen – als Auszeichnung für meine guten Leistungen.« Anna hörte ihm zu. Sie genoss seine angenehme Stimme. »Ich führe ein Leben ohne Mangel, wenn auch nicht im Luxus. Die Kirche gibt mir Geborgenheit und innere Einkehr.«
›Geborgenheit! Danach sehne ich mich auch‹, dachte Anna und ließ den Kopf in den Nacken fallen. Ihre Eltern hatten in ihrer Kindheit mit ihr die großen Kathedralen besucht. Religion interessierte sie nicht die Bohne, aber das Licht in den hohen Gewölben war mystisch gewesen – wie aus einer anderen Welt.
»Das heißt, dass der Mäzen die Kosten der Reise übernimmt«, schloss Samuel. »Auch für dich. Ist das nicht äußerst zuvorkommend?«
Anna errötete. »Das ist wirklich nett, aber ich kann das nicht annehmen …«
»Du musst!« Samuels Stimme wurde eindringlich. Dann, fast nur ein Flüstern: »Ich brauche wirklich … medizinische Unterstützung.« Anna bemerkte, wie sein Gesicht wieder bleicher wurde.
Ein lautes Knacksen kam aus den Lautsprechern. »Auf mehrfachen Wunsch fahren wir jetzt doch einen Rasthof an. Ich möchte sie daran erinnern, dass wir nur eine halbe Stunde für das dringliche Bedürfnis einplanen. Erscheinen sie pünktlich zurück!« Der Bus wurde langsamer und bog in eine Ausfahrt ein. Es regnete wieder stärker.
Anna zog verdrossen die Jacke über und stapfte in das miese Wetter. Ihre Blase duldete keinen Aufschub, und so steuerte sie zielsicher das Hauptgebäude an. Ihre Waden brannten von der Anstrengung des Tages. Sie stürzte durch die großen Türen und bog gleich zur Treppe nach unten ab.
Im Toilettentrakt schaute sie in den Spiegel. Ihre aschbraunen Haare klebten wie Spaghetti in ihrer Stirn. Der Kittel war schmutzig und ihre Sandalen quollen langsam auf. Ein Bild zum Heulen. Und das an ihrem Geburtstag! Deprimiert schloss sie sich in einer Kabine ein. Beim Pinkeln kontrollierte sie ihr Handy. Zwanzig Nachrichten. Alle von Tim. Sie löschte sie ungelesen und drückte den Aus-Knopf.
Als sie die Stufen wieder nach oben stieg, besorgte sie sich die notwendigsten Hygieneartikel und hielt dann im Speisesaal Ausschau nach Samuel. Sie fand ihn bei drei anderen jungen Männern. Alles Pullunderträger. Der eine, den sie schon kannte, schien leidenschaftlich auf Samuel einzureden. Anna stellte sich zur Schlange des Buffets und wählte ein kleines Frühstück. Mit dem Tablett schlurfte sie wie zufällig in die Nähe der Priesterstudenten und setzte sich ganz leise an einen Nachbartisch.
»Wie stellst du dir das vor?«, erklang es erregt in ihrem Rücken. Sie erkannte die kreidige Stimme. »Willst du mit ihr durch die Straßen ziehen? Was für ein Bild würde das abgeben!«
»Ich denke ein ganz normales Bild: Zwei Teilnehmer einer Exkursion erkunden die Stadt.« Diese Stimme klang wie eine tiefe Glocke mit einem köstlichen kleinen Sprung. Anna schloss kurz die Augen und seufzte.
»Und was ist, wenn es der Regens, unser Leiter, erfährt? Du wirst dann zur Aussprache gebeten!« Benjamin redete sich in Rage.
»Ich stehe dem Regens jederzeit zu einem Gespräch zur Verfügung. Ich pflege Kontakt zu meinen Mitmenschen. Das ist ein priesterliches Gebot. Und dazu gehören auch Frauen.«
»Du solltest eher deinen Kontakt zu Gott pflegen! Er ist es, dem deine ganze Aufmerksamkeit zusteht!«
»Ein Priester braucht auch menschliche Reife, nicht nur spirituelle Kompetenz.«
Sie hörte Benjamin schnauben. »Denke immer daran, Samuel: Jetzt wird der Weg für deine Karriere gepflastert. Das Seminar ist eine ständige Eignungsprüfung!«
»Ich danke dir für deine Erläuterungen. Ich brauche jetzt Zeit für Einkehr und Gebet.«
Ein Stuhl wurde gerückt. Dann hörte Anna nur noch verärgertes Tuscheln.
Sie nahm einen tiefen Schluck von dem ekligen Automatenkaffee und schob ihr Geschirr zusammen. Mit einem unschuldigen Blick über die Schulter stand sie auf. Die drei Pullunderträger steckten die Köpfe zusammen und diskutierten heftig. Sie nahmen ihre Umgebung überhaupt nicht wahr.
Als Anna den Tablettwagen gefunden hatte, suchte sie durch die Reihen. Samuel war nirgends zu finden. Er hatte vom Beten gesprochen. Dazu brauchte man ein ruhiges Plätzchen. Annas Blick blieb an einer modernen Freitreppe hängen, die auf eine Galerie führte. Ein Schild mit einem Spielplatz-Symbol war dort angebracht.
Mit schmerzenden Füßen erklomm sie die Stufen. Oben gab es ein kleines Krabbelparadies mit Bällebad und Klettergerüst. Kein Mensch war zu dieser frühen Zeit zu sehen. Ganz hinten an der Wand waren Bänke für die Eltern aufgestellt. Anna ging auf sie zu.
Samuel saß auf der letzten Bank. Er hatte seine Hände in den Schoß gelegt, die Finger ineinandergeschoben. Durfte sie ihn so in sich versunken überhaupt stören? Anna blieb stehen. Sie betrachtete sein blasses Gesicht. Er schien konzentriert nachzudenken. ›Wahrscheinlich, wie er mich schleunigst wieder loswerden kann, nachdem ich seine Karriere gefährde …‹ Anna setzte einen Fuß zurück. Dabei trat sie auf einen kleinen Plastikball, ihr Fuß kippte und sie verlor das Gleichgewicht.
Mit einem Schrei kam sie schmerzhaft auf dem Hintern auf. ›Kleines mieses Bällchen!‹ Schnell raffte sie sich auf und humpelte zu den Bänken. Samuels Augen warteten schon auf sie. Das tiefe Grün war voller Sorge.
»Alles in Ordnung?«
Anna rieb sich immer noch die Stelle. »Geht schon. Ich wollte dich nicht stören … so beim Beten oder was du tust.«
»Ich versuche gerade, meine Seele zu waschen.«
»Und, sauber und trocken?« Anna ließ sich neben ihm nieder.
Samuel lächelte. »Die gröbsten Flecken sind zumindest rausgegangen.«
»Kannst du mir das Waschmittel empfehlen?«, gluckste sie.
»Ich denke, den lieben Gott kennst du schon.«
»Joa, hab schon von ihm gehört.« Anna rutschte auf der Sitzfläche herum. Kam jetzt ein Bekehrungsversuch? Doch Samuel blickte nur an ihren Beinen herab. »Du brauchst unbedingt eine neue Uniform. Das ist für eine medizinische Assistentin nicht standesgemäß. Wir sollten die nächste Möglichkeit ergreifen und dich neu einkleiden.«
»Normale Klamotten würden mir schon reichen«, seufzte sie.
»Natürlich gehört das auch zu deinen Spesen. Alle Kosten werden übernommen.«
Annas Wangen liefen schon wieder an. Dann wurden ihre Augen schmal. »Du willst mich weiterhin mitschleppen? Ich hatte das Gefühl …«, sie räusperte sich deutlich, »dass deine Freunde davon nicht begeistert sind.«
Samuel schien sofort zu verstehen. »Das sind nicht meine Freunde. Es sind Kommilitonen.«
»Aber …«, setzte Anna erneut an, »bekommst du nicht … äh, Probleme?«
Er atmete tief ein. »Der Weg zur Weihe ist mit kantigen Steinen gesät. Da kann ich einen netten Gesprächspartner gut gebrauchen.« Sein Seitenblick erhöhte die Hitze in ihrem Gesicht. Samuel richtete sich plötzlich auf. »Aber, wenn wir uns jetzt nicht beeilen, wird der Reiseleiter ohne uns fahren. Ich kenne ihn, er ist ein Prinzipienmensch.« Anna sah in Gedanken den Alten mit den Armen wedeln.
Samuel hielt ihr seine Hand entgegen. Mit klopfendem Herzen nahm Anna sie an. Die Berührung war wie ein kleiner Schauer – und viel zu schnell vorbei. Hastig liefen sie die Treppe hinab zum Ausgang.
Der Bus wartete schon mit laufendem Motor. Als sie nur noch zehn Meter von der Tür entfernt waren, gab der Fahrer wiederholt Standgas. Anna öffnete aufgebracht die Lippen. Hintereinander erklommen sie die schmalen Stufen und kämpften sich wieder zu ihren Sitzplätzen vor. Das eklige Knacksen begrüßte sie: »Nachdem nun auch die letzten Mitglieder unserer Exkursion eingetrottet sind, können wir endlisch unsere Reise fortsetzen. Sie wissen, dass das alles von ihrer Zeit abgeht!« Wieder ein Knacksen, das ringsum von einem heftigen Murren begleitet wurde. Anna schaute trotzig auf ihre Knie. Das Ziehen in ihren Beinen wollte nicht aufhören. Sie stöhnte leise und rieb sich die Waden.
Der Bus kam ruckelnd in die Gänge. Leise Wohlfühlmusik erklang aus den Lautsprechern.
»Immer noch Schmerzen von deinem Ausrutscher?« Samuels Stimme war leise und sanft.
»Nee, ich bin heute einfach zu viel gelaufen. Das … bringt der Job so mit sich.« Anna wehrte sich gegen die Bilder, die in ihrem Kopf aufflackerten. Sie wollte Tim aus ihrem Gedächtnis löschen. Zumindest für die nächsten drei Tage.
»Willst du deine Beine hochlegen?«
Anna blickte auf. In seinem Gesicht las sie reine Hilfsbereitschaft. Sie räusperte sich: »Wie meinst du das, äh … wo soll ich sie denn verstauen?«
Samuel klopfte mit der Hand auf seinen Schoß. Anna schaute erst auf die Hand und dann wieder in sein Gesicht. »Ich glaube nicht, dass ich dir das zumuten darf. Ich laufe seit frühem Morgen in diesen Socken«, stotterte sie.
Samuel machte ein ernstes Gesicht. »Ein Priester ist zum Dienst am Menschen verpflichtet. Auch, wenn dafür etwaige …«, er suchte nach dem Wort, »Unannehmlichkeiten zu ertragen sind.« Anna sah ihn genau an. Da war doch ein Zucken um seine Mundwinkel!
Langsam schlüpfte sie aus ihren ausgetretenen Sandalen. Sie drehte sich im Sitz und hob jeden Fuß einzeln, als handelte es sich um einen explosiven Gegenstand. Dabei studierte sie seine Miene, bereit, die Füße bei der geringsten Regung wieder einzuziehen. Samuel saß wie eine Salzsäule.
»Ist es zu schlimm?«, forschte sie.
»Kaum auszuhalten.« Aber er lachte und hielt ihre Beine fest.
»Du bist gemein, ich hatte dich gewarnt!«, protestierte sie. Als Antwort griff er nach dem Reiseführer und nahm ihre Schienbeine als Auflage. »Willst du etwas von der Stadt erfahren, die wir besuchen?«
Während sie andächtig seiner Stimme lauschte, konnte sie zum ersten Mal an diesem Tag entspannen. Bleierne Müdigkeit rauschte in ihr hoch. Samuels Worte umschmeichelten sie mit warm-rauem Klang und wickelten sie in einen weichen Kokon, in dem sie für alle Zeit schlummern wollte. Sie fiel in einen Traum.
Anna war wieder in Tims Wohnung. Sie hörte das Geräusch seines Schlüssels. Ein Blick auf den Wecker zeigte ihr, dass es wieder nach Mitternacht war. Sie zog sich die Decke enger um den Körper und hörte, wie die Garderobenbügel klapperten. Er war wieder mit seinen Kumpels irgendwo hängengeblieben, wie so oft.
Schwere Schritte näherten sich und die Tür schwang auf. Anna stellte sich schlafend. Leises Lachen, dann ein Schluckauf – er war voll betankt. Sie wusste, was das bedeutete: Er wollte sich ihr vor dem Schlaf noch zuwenden.
Sein Gürtel klapperte, Kleidung schabte über Haut. Dann bewegte sich die Matratze. »Naa? Du schläfst doch noch gar nicht, oder?« Die Bierfahne hätte sie aus dem Koma gerissen. Anna drehte sich geräuschvoll weg, aber er kam ihr nach und tauchte unter die Decke. Tim war nackt – und sie konnte spüren, was er wollte.
»Naa?«, kam es dicht an ihrem Ohr. Er presste sich an ihren Rücken und stupste sein Becken an ihrem Po. »Ich bin müde!«, zischte sie. Eine Hand schob ihren Slip nach unten. Er lachte heiser und machte sich daran, ihn über ihre Knie zu bekommen, obwohl sie die Beine verschränkte. Es stachelte ihn nur an.
Endlich hatte er es geschafft. Sie hörte, wie das Stück Stoff den Fernseher traf. Stöhnend drängte er sich an sie. Anna hielt die Schenkel zusammen. »Na komm schon, nur kurz. Ich brauch das jetzt.« Ihr Nachthemd wurde nach oben geschoben und sie spürte seine Finger die Lage erkunden. »Bitte Anna, sei lieb, nur ein wenig, ich bin auch gleich fertig.« Doch Anna ließ ihn nicht zu sich. Frustriert fing er an, sich an ihrem Hintern zu reiben. Er grunzte und nebelte sie mit seinem schlechten Atem ein. Ein paar Momente und sein hohles Röcheln zeigte, dass es vorbei war. Sofort ließ er von ihr ab und drehte sich weg. Kurz darauf hörte sie ihn schnarchen.
Annas Seele war leer. Das Bett begann sich zu drehen, es schrumpfte, bis nur noch sie darin liegen konnte. Auch das Zimmer verformte sich. Es war jetzt lang gestreckt und karg. Sie richtete sich auf, schlug die Decke weg und sah sich um. Ein einfacher Schreibtisch, ein großes Bücherregal und über der Tür hing ein kleines Kruzifix. Sie wusste plötzlich, wessen Zimmer es war.
Anna blickte schnell an sich runter. Sie trug immer noch ihr Nachthemd, immer noch ohne Slip. Ihr Herz begann laut zu pochen. Als sich die Klinke bewegte, war sie nicht überrascht. Er schloss leise die Tür und kam ins Zimmer. Sein weißes, hochgeschlossenes Hemd leuchtete im Halbdunkeln. Ruhigen Schrittes ging er zum Bett und blieb vor ihr stehen.
»Du weißt, dass es Sünde ist, Anna. Du verstehst sehr gut, es darf nicht sein.«
Anna lauschte der sanft reibenden Stimme. Sie hörte nicht auf seine Worte, nur auf deren Klang, der sie wie eine süße Verlockung verzauberte. Sie drehte sich zu ihm, stemmte ihre Arme nach hinten und setzte ihre Fersen auf die Bettkante.
»Wir können nur wie Bruder und Schwester sein.«
Anna schüttelte vehement den Kopf. Dann fesselte sie ihn mit festem Blick und begann langsam ihre Beine zu spreizen.
»Ich werde vom rechten Weg nicht abweichen. Meine Berufung ist tief verankert.«
Anna ließ sich nach hinten sinken. Ihre Hand fand den vertrauten Weg, hin zu ihrem Schoß, und schenkte ihr vor seinem Angesicht die ersehnten Liebkosungen. Sie stöhnte klagvoll auf und warf ihren Kopf hin und her: »Samuel … ich verrate dich nicht, ich werde schweigen, bestimmt! Samuel … komm zu mir!«, flehte sie heiser.
Da, eine Berührung! Ihre Schenkel wurden noch weiter gespreizt, bis an den Rand des Schmerzes. Dann spürte sie ihn, er teilte sie, erst langsam, dann drang er weiter vor und füllte sie schließlich komplett aus. Anna presste die Luft aus ihren Lungen.
Endlich begann er. Sie verbiss sich ein Schluchzen, als er sie nahm, wie sie noch nie genommen worden war. Eine Leidenschaft überrollte sie und ließ sie vollkommen haltlos der Ekstase entgegentreiben. Sie rauschte dahin, in einem nie endenden Sturzbach, bis die Wellen sie verschlangen und sie vollkommen leblos ans Ufer trieb.
Etwas rüttelte vorsichtig ihre Schulter. »Anna, wir haben Padua erreicht. Anna wach auf, wir haben drei Stunden Aufenthalt.« Stille. Anna weigerte sich, vollends aufzuwachen. Sie sehnte sich zurück in ihren köstlichen Traum. Genussvoll seufzte sie vor sich hin.
Jemand rüttelte sie erneut, diesmal heftiger. »Anna …«, dann stockte die schöne Stimme und bekam einen rauen, neckenden Klang: »Wir könnten Shoppen gehen …«
Sofort war sie hellwach.
Samuel stand vor ihr im Mittelgang und begrüßte sie kopfüber mit grünem Funkeln. Anna bemerkte erst jetzt, dass sie über beide Sitze lag, die Knie an die kühle Scheibe gepresst. In der hinteren Sitzreihe äugte ihr ein Rentner auf den höher gerutschten Kittel. Sofort wurden ihre Beine lebendig und sie kam nach oben. Samuel wartete schon mit geschultertem Rucksack.
»Beeilung, Gott hilft den Fleißigen!«, lachte er. Anna wurde schon wieder rot. Wie lange hatte sie in dieser Position geschlafen? Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass es Mittag geworden war. Fast alle Passagiere waren schon dem Bus entflohen. Zusammen stiegen sie mit den letzten nach draußen.
Der Himmel leuchtete in wolkenlos-warmem Blau und milde Sommerluft streichelte ihre Wange. Alle Sorgen waren in diesem Moment vergessen. Selbst der verknitterte Kittel war ihr gleichgültig. Sie fühlte südliche Lebenslust – es roch sogar nach Italien!
Anna schaute zu Samuel und grinste übers ganze Gesicht. »Weißt du, wo es die besten Läden gibt?« Samuel zuckte nur vergnügt mit den Schultern. Sie widerstand gerade noch, nach seiner Hand zu greifen. ›Ups, war wohl immer noch in meinem Traum!‹ Gemeinsam gingen sie vom Parkplatz Richtung Innenstadt.
Padua war ein hübsches, verträumtes Städtchen, dessen enge Straßen sich überraschend zu weiten Plätzen öffneten, die alle mit bunten Marktständen gefüllt waren. Samuel trat unter einen der großen Schirme und begutachtete die Auslage. Eine alte Marktfrau, das Gesicht voll gelebter Täler, glühte ihn sofort an: »Per piacere, Monsignore?«
Anna sah, wie Samuel lächelte und in eine Kiste mit sonnengelben Zitronen zeigte. »Un paio di limoni, per favore.« Die rüstige Dame nickte nur ergeben und füllte ihm eine Tüte.
Samuel bezahlte und bekam noch überschwängliche Glückwünsche nachgerufen. Anna schielte neugierig auf seinen Einkauf. Er reichte ihr eine der Früchte. »Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn?« Es klang wie ein Gedicht. Anna lachte und wich zurück. »Anscheinend Italien, aber ich will trotzdem nicht in das saure Ding beißen!«
Samuel holte begeistert ein Klappmesser aus dem Rucksack. »Du unterschätzt die hiesige Sonne«, entgegnete er und hielt ihr den glänzenden Anschnitt vor die Nase. Plötzlich wurde seine Miene ganz ernst. »Willst du mir vertrauen?« Seine Worte klangen irgendwie komisch. Es war eine neue Harmonie in seiner Stimme, ganz unterschwellig und fein. Es klang wie … Verletzlichkeit. Sie schenkte ihm einen langen Blick. Dann biss sie todesmutig in das saftige Fleisch.
Es war, als hätte jemand sämtliche bekannte Früchte gemischt und daraus den perfekten Geschmack entworfen. Die Zitrone war süß, herzhaft und auch erfrischend sauer. Anna glaubte, zum ersten Mal die Sonne zu schmecken. Der Genuss rann wie ein Schauer durch ihren Körper und ließ die Härchen auf ihren Armen gerade stehen. Doch es war noch mehr. Ein Hunger höhlte plötzlich ihren Bauch, der nicht durch Essen gestillt werden konnte. Sie leckte sich über die Lippen.
Samuel beobachtete sie argwöhnisch. »Habe ich zu viel versprochen?«
Anna atmete tief ein. »Es hat etwas in mir berührt. Eine Sehnsucht nach dem Unbekannten. Nach dem … Unerlaubten.«
Samuels Blick veränderte sich und wurde nachdenklich. »Die Wege des Herrn sind unergründlich.« Er blieb einige Sekunden unentschlossen, dann zeigte er auf ein Straßenschild. »Doch unser Weg führt uns jetzt in die Via Umberto! Und ich hoffe, dass wir dort fündig werden.«
Die breitgepflasterte Straße war zu beiden Seiten von hübschen Säulengängen gerahmt. Darunter versteckt lagen kleine Läden und exquisite Geschäfte. Überhaupt schien diese Straße zu den guten Adressen von Padua zu gehören. Überall flanierten schick gekleidete Signoras. Perfekt frisiert und mit putzigen Sonnenbrillen bewaffnet, führten sie ihre Designerkleider aus, als wäre es ihre Alltagskluft. Anna erinnerte dies an romantische Spielfilme, die sie als Kind mit ihrer Mutter anschauen musste. Ihr wurde ganz mulmig zumute. Ob sie überhaupt in eine der Edelboutiquen Eintritt erhielt?
Vor einem besonders kleinen Schaufenster blieb Samuel stehen. Sie hörte wieder die Kirchenmelodie und sah, wie er schnell sein Smartphone zückte. Abermals versteinerte sich sein Gesicht. Dem Wischen folgte hektisches Tippen.
»Alles in Ordnung?«, fragte sie vorsichtig. Sofort entspannte er sich. »Nur eine Statusmeldung.« Er verstaute schnell das Telefon und las den Schriftzug des Ladens, vor dem sie standen. »Warum schauen wir hier nicht kurz rein?«, lächelte er sie an.
Sie schüttelte den Kopf. »Oh nein, das sieht teuer aus! Die werden mich rauswerfen, wenn ich mit meinen Sandalen da reinstapfe.« Samuel zwinkerte nur. »Ich beschütze dich!«
Als sie immer noch zögerte, zog er sie an der Hand. Seine angenehme Haut elektrisierte sie sofort. Folgsam stieg sie die zwei kleinen Stufen hoch und trat unter einem kleinen Bimmeln in das Geschäft.
»Sì per favore?« Absätze klackerten hinter einem Kleiderständer. Die Dame, die ihnen entgegenkam, hatte große dunkle Augen und einen akkurat geschnittenen Bob. Eine glitzernde Lesebrille hing ihr vor der Brust. Sie maß Anna einmal von unten nach oben und runzelte die Stirn. Dann blickte sie zur Seite auf Samuel. »Oh, Monsignore lei?«
Anna war beeindruckt. Wo sie auch hinkamen, schien er sofort als Mann der Kirche erkannt zu werden.
Sofort wurde das Gesicht der Verkäuferin ehrerbietig. Die beiden parlierten kurz in Italienisch. Es klang nach einem Problem, für das die Frau die perfekte Lösung hatte. Sie sprach fast nur mit den Händen: Ihre Finger malten große Kreise in die Luft, fuhren zum Kinn, wischten sich imaginär den Schweiß von der Stirn und gaben am Ende sogar Küsse. Schließlich wandte sie sich zu Anna, mit einem Lächeln, das man kleinen Kindern schenkte. »Seguimi passo passo, bella Signora!« Sie winkte mit der Hand, ihr zu folgen.
Der hintere Teil des Ladens war mit großen, offenen Schränken bestückt, in denen sich Traumkleider eng auf der Stange drückten. »Si sentono come a casa!« Die Verkäuferin machte eine ausholende Bewegung zu den Kostbarkeiten und zog sich mit einer kleinen Verbeugung zurück.
Anna blickte irritiert zu Samuel, der leise gefolgt war. »Du sollst dich wie zuhause fühlen«, übersetzte er. »Ahahaha«, kam es aus Anna. Sie wagte einen Blick auf die teuren Stoffe. »Ich befürchte, ich nehme einen Gürtel, mehr kann ich mir nicht leisten.«
»Du vergisst, dass dies deine neue Berufskleidung wird. Die Kosten werden übernommen. Also bitte keine Bescheidenheit.«
»Bescheidenheit ist hier kaum möglich.«
»Die Bekleidung muss höchsten Ansprüchen genügen!«
»Zum Beispiel Eis essen gehen oder einen Kaffee trinken?«, gluckste Anna.
»Auch für Besuche von Kirchen und Museen sollte sie tauglich sein …«
»Ich werde das in die Entscheidung einfließen lassen«, versicherte sie.
Samuel nickte mit wichtiger Miene.
»Aber«, fügte sie schmunzelnd hinzu, »bei einer persönlichen Assistentin sollte der Chef ein Wort mitreden!«
In Samuels Gesicht stand plötzlich blanke Hilflosigkeit. Es war lustig, ihn so unsicher zu sehen. Nachdem sie ihn eine Weile hatte zappeln lassen, drehte sie sich um und zog das erstbeste Kleid hervor. Es war in sattes Rot getaucht, mit ultrakurzem Rock und weitem Ausschnitt. »Wäre das ein Anfang?«, säuselte sie vergnügt.
»Rot ist die Farbe der Sünde!«, entgegnete er entrüstet. Anna zog gespielt eine Schnute. ›Wie schade, Rot steht mir so gut!‹ Sie schob frustriert die Bügel. »Okay, welche Farbe ist erlaubt?«, fragte sie über die Schulter. Seine Schuhe knirschten hin und her. Dann ein Räuspern.
»Etwas Schlichtes. Einfache Farben, wie … weiß.«
Anna musste sich fast an der Kleiderstange festhalten. Sie prustete in die vorgehaltene Hand. »Weiß ist doch keine Farbe! Du meinst eher Sand, Beige, Ecru?«
Seine Stimme klang verschnupft: »Zumindest nicht bunt!«
»Aber das macht mich noch blasser! Willst du, dass ich wie eine Wasserleiche aussehe?«
»Gott hat den Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen. Wie kann blass also hässlich sein?«
Sie drehte sich zu ihm und blickte ihn an. »Du … hast recht. Blass kann durchaus zauberhaft wirken.« Seine grünen Augen tauchten in ihre und schienen zu suchen. Annas Beine wurden ganz weich. Schnell wandte sie sich wieder um.
Sie kaute auf die Unterlippe. ›Wenn ich mich rausputze, dann nur für ihn‹, seufzte sie in Gedanken. Schließlich legten ihre Hände einen Traum in heller Baumwolle frei. Das Kleid hatte eine einfache, fast geometrische Form. Breite Schulterträger mündeten in einen rechteckigen Ausschnitt. Der Rock war dezent vom Brustteil abgesetzt, mit sanften Falten und etwa knielang. Es war ein schlichter Entwurf, mit atemberaubender Eleganz. Es war wie für sie gemacht, Anna spürte es sofort.
Sie zog es von der Stange, wirbelte herum und hielt es sich vor den Körper.
»Treffer?«, strahlte sie.
»Treffer«, kam es zurück.
Anna suchte nach der Größe. »Es könnte sogar passen … wo kann ich es anprobieren?« Wie von Geisterhand stand die Verkäuferin plötzlich neben ihr. »Vogliono provarlo su?« Anna schaute hilfesuchend zu Samuel. Er nickte nur. Die Verkäuferin zeigte auf einen Vorhang, der eine leere Ecke kaschierte. Er war so unscheinbar, dass Anna ihn bisher nicht bemerkt hatte. Sie zeigte mit dem Finger auf Samuel: »Nicht weglaufen, du musst es gleich beurteilen!«
Die Kabine war angenehm geräumig. Es gab sogar eine gepolsterte Bank und auf der Gegenseite einen riesigen Standspiegel, natürlich mit üppigem Goldrahmen. Alles atmete hier das ›dolce far niente‹, das süße italienische Nichtstun, und Anna begann sich darin zu verlieben.
Sie streifte sich die abgetragene Schwesternkleidung ab, auch die Sandalen und ihre Socken kamen aus. Dann schlüpfte sie barfuß in das duftende Kleid. ›Bitte, lieber kitschiger Kirchengott, mit Rauschebart und Römertoga, der du auf einer Wolke aus Wasserdampf stehen kannst: Mach, dass es passt!‹ Sie schob die Träger zitternd über die Schulter. Und jauchzte laut auf.
Im Spiegel begrüßte sie ein elegantes Mädchen, in Blässe getaucht, mit einem Kleid, in dem sie wie eine berühmte Modejournalistin wirkte. Selbst ihre straßenköterbraunen Haare schienen wie für das Kleid gefärbt. Es war einfach perfekt!
Sie trat vor den Vorhang und drehte sich einmal um die Achse.
Stille. »Ich könnte mir keine angenehmere Begleitung vorstellen …« Seine Stimme war ganz warm. Hitze schoß in ihre Wangen. »Hinten gibt es noch einen kleinen Reißverschluss … würdest du?« Sie drehte ihm vielsagend den Rücken zu.
Anna hielt ganz still, als er vorsichtig an dem Stoff nestelte. Sie stellte sich vor, dass sie zusammen wären. Verliebt und ausgelassen, mit Schmetterlingen im Bauch. Wie sehr ersehnte sie seine Umarmung – und eigentlich noch viel mehr. ›Aber es darf ja nicht sein!‹
Als sie sich wieder zu ihm drehte, wischte sie die Tränen aus ihren Augen.
»Alles in Ordnung?« Er stand immer noch dicht bei ihr.
Sie nickte nur und starrte auf ihre nackten Füße. Irgendwann folgte er ihrem Blick und räusperte sich entschuldigend. »Du könntest bestimmt noch gutes Schuhwerk gebrauchen?« Es klang, als spräche er von Wanderstiefeln.
»Äh, was auch immer du mit Schuhwerk meinst …«
Sie sah seine Bedenken. »Wir müssen viel laufen …«
»Man kann auch in schönen Schuhen viel laufen.«
»Was schwebt dir denn vor?«
Wieder nahm sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Die Verkäuferin schien aus dem Boden zu wachsen und trat lautlos hinter Samuel. In den Händen hielt sie ein Paar graziler Riemchensandaletten in Haselnussbraun, mit kleinen goldenen Pailletten verziert. Anna sog hörbar die Luft ein. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und zeigte an Samuel vorbei. »Das … schwebt mir vor!«
Die dunkeläugige Italienerin musste einen siebten Sinn haben. Oder gutes Einschätzungsvermögen. Als Anna in die grazilen Schuhe schlüpfte, saßen auch die wie eine Eins. Die halbhohen Absätze veränderten auf Anhieb ihre Körperhaltung. Sie tat ein paar Schritte und fühlte sich wie im Himmel. Ein Blick zu Samuel zeigte, dass auch er beeindruckt war. Ohne Worte nickten sie beide.
Samuel folgte der Verkäuferin zur Kasse. Anna wurde ganz unruhig. Das Kleid musste ein Vermögen kosten, und die Schuhe waren von feinstem Leder. Sie linste vorsichtig über Samuels Schulter und erstarrte, als sie die Zahl im Display las. Noch nie hatte sie so etwas Teures besessen, geschweige denn für den Alltag getragen.
Auf dem Verkaufstresen lagen noch allerlei Sachen. Eine kleine hübsche Tasche und eine modische Sonnenbrille stachen Anna ins Auge. Plötzlich entspann sich ein Streit zwischen Samuel und der kleinen Frau. Die Italienerin schüttelte den Kopf und winkte energisch ab, während Samuel ernst auf sie einredete. Annas rechtes Augenlid begann nervös zu zucken. ›Er hat seine Karte überzogen, kein Zweifel. Und jetzt wirft sie uns hochkant raus!‹ Ihr Blick suchte ängstlich die Umkleidekabine. Wie schnell könnte sie aus dem Kleid kommen, bevor die Carabinieri eintrafen?
Schließlich schienen sich die Wogen zu glätten. Samuel streckte beschwichtigend die Hände aus. Anna wagte sich vorsichtig näher. »Sie besteht darauf«, er zeigte auf die hübsche Handtasche und die Sonnenbrille, »dass wir dies als gute Kunden umsonst erhalten. Das … wäre bei ihr so üblich. Keine italienische Dame verlässt ein Gebäude ohne Handtasche und Sonnengläser.«
Anna hustete. »Äh, na ja, wenn sie darauf besteht … ich meine, wir können sie doch nicht beleidigen …« Sie schenkte der Verkäuferin ihr liebstes Lächeln. »Grazie.« Das war das einzige Wort, das sie auf Italienisch konnte. Ein erleichtertes Seufzen ging über das Gesicht der kleinen Frau.
Samuel öffnete die Ladentür. Das helle Glöckchen war für Anna wie eine Verkündung. Sie setzte die Sonnenbrille auf, hängte sich das Täschchen über und stolzierte die Stufen hinab. Kein Zweifel, sie war in Italien!
Sie streiften weiter durch die Altstadt, tauchten unter die Kolonnaden und blinzelten in die bunten Schaufenster. Es
Publisher: BookRix GmbH & Co. KG
Text: Katharina Klimt
Images: Katharina Klimt, Fotoqelle: fotolia
Publication Date: 05-23-2017
ISBN: 978-3-7438-1433-2
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