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Vorwort

Ich widme

Prolog

 Lautlos schlich sie sich von hinten heran, versteckte sich im Schatten einer großen Eiche und behielt den Mann vor sich, den Youkai, genau im Blick. Nicht die kleinste Bewegung seines schwerfälligen Körpers, entging ihren geübten Augen. Jede Regung seinerseits, prägte sich in ihren Kopf ein, ließ sie alles andere ausschalten, jeden klaren Gedanken vergessen.
Ihr Puls war ruhig, ihr Blick und ihr Gehör konzentriert. Jedes noch so leise Geräusch, klang wie Donnergrollen in ihren Ohren, verursachte ihr leichte Schmerzen. Sie sah auf ihre Hände runter in denen sich ein langes Schwert und ein Dolch befanden.
Sie würde töten. Wieder einmal.
Es war schon ganz normal und diese Bastarde verdienten es nicht zu leben.
Nicht alle jedenfalls.

Langsam trat sie aus dem Schatten heraus in das grelle Licht eine Straßenlaterne. Ihr Opfer, ein kleiner, dicker Mann Ende der Vierzig, bemerkte sie nicht.
Sein Herzschlag war vollkommen normal, wenn nicht sogar etwas zu niedrig und gleich würde er ganz aussetzen. Nur noch eine kleine Weile, ein Stück näher noch.
Gleich wäre es soweit und sie fühlte schon die wachsende Erregung in sich aufsteigen.
Es war schon seit einer Weile pures Entzücken für die Braunhaarige, wenn sie einen von ihnen das nichtssagende Leben nahm. Dabei zusah, wie alles aus ihm wich und sein Blut den Boden benetzte.

Die junge Frau, mit den braunen Haaren und den glühend grünen Augen, ging ihm nach, immer darauf bedacht, keinen Ton von sich zu geben. Ihre Schritte waren leise, klein, lautlos. Und doch kam sie schnell voran, bewegte sich mit den leisen, vom Wind getragenen, Geräuschen der kalten Sommernacht.

Nun steigerte sich ihr Puls. Wenn er sie bemerken würde, bevor sie direkt hinter ihm war, hätte sie auch gleich ihre Ankunft laut heraus schreien können.
Nein, sie musste leise sein, fast schon unsichtbar.

Sie ging immer weiter zu dem Mann, der sie noch immer nicht zu bemerken schien.
Nur noch ein paar Schritte, ging es ihr durch den Kopf. Ihr Pulsschlag war nun so hoch, als hätte sie einen Marathon hinter sich gebracht. Er musste es einfach hören…
Und er tat es! Schnell drehte er sich zu ihr herum, die Augen von plötzlicher Erkenntnis weit aufgerissen.

So schnell sie konnte, stach sie den langen, silbernen Dolch direkt in das fettige Fleisch seines beleibten Körpers. Sie musste nur das Herz richtig treffen. Vor allem aber schnell!
Sein Mund öffnete sich und ein kreischender Schrei entwich seiner Kehle. Dampf stieg aus seinem Munde, vernebelte ihre Sinne und betäubte kurz ihre sonst so geschärften Sinne.

Ein Giftyoukai...

Die Frau taumelte leicht und versuchte sich auf den Beinen zu halten. Der Schrei tat in ihrem Kopf so höllisch weh, als würde ein Lastwagen darüber fahren und schlussendlich darauf stehen bleiben. Ihre Schläfe begann schmerzhaft zu pochen.
Der Dampf lichtete sich und sie spürte die Anwesenheit weiterer Männer, weiterer Youkais um genau zu sein, die ihren stählernen Blick fest auf den Fremdling, sie, gerichtet hatten.

„Dreckig, menschliche Hure“, hörte sie hinter sich sagen. Seine Stimme war kratzig und nuschelnd.  Noch während er sprach, wurde ihr extrem übel. Sein Atem stand nach Zigaretten und Bier. Und nach abgestandenen Blut. Menschliches Blut, wie ihr sofort klar wurde.
Auch bemerkte sie erst jetzt, wo sie sich befand: im Dämonengebiet. Ihr Herz raste nur noch mehr, sie sah schon die Bilder vor ihrem inneren Auge vorbei ziehen.

Nur nicht durchdrehen, ermahnte sie sich selbst und holte tief Luft. Wieder stieg Ekel in ihr auf, da die Luft abgestanden und modrig war.
Der Gestand ächzte sich in ihre Schleimhäute, ließ Tränen in ihre klaren Augen treten.
Der Würgereiz wurde schier übermächtig und mühsam drängte sie das das Brötchen von vorhin wieder runter.

Sie musste dringend hier weg, schoss es ihr durch den Kopf.
Flink zog sie den scharfen Dolch wieder aus dem fetten Kerl, sodass der leblose Körper des Youkais in sich zusammen sackte. Tot war er auf jeden Fall!
Und in einem genauso schnellen Tempo, drehte sie sich herum und enthauptete den Sprecher von eben mit einer fließenden Handbewegung. Das lange Samuraischwert aus dem 17.Jahrhundert, glitt sekundenschnell durch das straffe Fleisch seines Halses.
Sein Kopf, mit den roten, strubbeligen Haaren, rollte vor ihre Füße. Die Augen, ein tiefdunkles Grün, waren weit aufgerissen, vor Überraschung oder Schreck, wusste sie nicht genau zu sagen.

„Holt sie euch!“, brüllte einer von weiter hinten und alle, in etwa Zwanzig Männer soweit sie es beurteilen konnte, stürmten auf sie zu.
Mit einem kräftigen Anstoß, sprang sie in die Luft und lief auf den Köpfen der Anwesenden in die Richtung, aus der sie gekommen war.
Sie folgten ihr, doch die braunhaarige Schönheit, war flink und gewitzt. Immer wieder schlug sie eine andere Richtung ein, die doch zu ihrem Ziel führte.
Vor ihr sah sie schon die Grenze, die das Youkaigebiet von den normalen Menschen trennte.
Würde sie es schaffen?
Sie musste es einfach…

Kurz vor der Grenze, wurde sie plötzlich fest an den Haaren nach hinten gezogen und gegen eine kalte Backsteinmauer geschleudert.
Ein stechender Schmerz jagte durch die schmalen Glieder der Braunhaarigen, ihre Sicht verschwamm.
„Haben wir dich endlich!“ Wieder diese Stimme.
Ein Schauer glitt über ihren Rücken, als der Kerl, sie an den Haaren nach oben zog. Seine Hand legte sich um ihren langen Hals und drückte leicht zu.
Die Luft drückte sich in ihren Lungen fest und wieder kam das Würgegefühl an die Oberfläche.
„Was machen wir mit ihr?“, fragte ein anderer. Sie zwang sich ihre grünen Augen zu öffnen und dem Sprecher an zu sehen.
Er war ein magerer Bursche, vielleicht Anfang zwanzig, mit schwarzen Haaren, die ihm bis zum Gesäß reichten. Er fixierte sie mit seinen rötlichen Augen und sein Blick bohrte sich in ihren.
„Töten wir sie!“
„Nein, erst Foltern zur Abschreckung der anderen Jäger!“
Sie konnten sich einfach nicht einig werden. Gut so, dachte die Braunhaarige und überlegte sich einen Plan. Von dem Griff konnte sie sich mit einiger Mühe befreien, dann musste sie nur schnell sein!

„RUHE!“, herrschte ihr Angreifer die anderen an und kam ihrem Gesicht mit dem seinen sehr nahe.
Der Geruch, die von ihm ausging und sie fast dazu brachte sich zu übergeben, verbreitete sich erneut und die tiefe Abscheu gegen diese Dämonen wurde schier übermächtig.
„Was soll ich mit dir machen, meine Schöne? Soll ich dich sofort töten, deinen mickrigen Leben ein schnelles Ende bereiten? Oder lieber auf die alte Art?“
Er lockerte seinen Griff um eine Antwort zu bekommen, was schlussendlich sein Verderben wurde.
Geschickt riss sie ihr Bein nach oben und traf sein Kinn. Dabei hatte sie einen Mechanismus ausgelöst, der einen Dolch aus ihrer Stiefelspitze hervor treten ließ. Diese stecke nun in seinem Kinn und seine Augen weiteten sich ebenfalls entsetzt. Der Dolch verhinderte, dass er auch nur noch ein Wort über die Lippen bringen konnte. Sein Körper viel nach vorne, direkt in ihre Arme. Sie kam seinem Ohr ganz nah.

„Ich bevorzuge die alte Art“, raunte sie ihm zu, zog den Dolch zurück und drückte den schweren Körper von sich.

Noch bevor die anderen überhaupt reagieren konnten, hatte sie sich aus dem kleinen Kreis befreit und rannte bis zur Grenze.

Sie wollte schon erleichtert ausatmen, als ein jäher Schmerz ihren Rücken durchbohrte und ihr den Atem raubte. Ihre Augen weiteten sich bei der Erkenntnis was geschehen sein musste.
Keuchend sah die Braunhaarige nach unten und sah eine Klaue, die aus ihrem Körper heraus trat und an der ihr Blut klebte, wie ein süßlicher Wein, der sich langsam abperlte von seiner seidenen Haut.

Sie drehte ihren Kopf vorsichtig herum und starrte in ein paar goldener Augen, die sie zu verspotten schienen und dennoch etwas tröstliches an sich hatten. Die Braunhaarige wusste genau, wer Er war. Und was er präsentierte.

Sesshomaru...

Noch einmal atmete sie tief ein und musste dabei sofort husten und Blut spuken.
"Die Schuld dieser Sünde...wird dich auf Ewig...verfolgen. Bald schon wirst du Buße tun", hauchte sie flüsternd, ehe ihr schmaler Körper in sich zusammen fiel und sie ihren letzten Atemzug tat. Mit einen Wort.

"Yasmina..."

Kapitel 1 ~ 15 Jahre später~

 "Immer wieder glauben wir zu wissen, wie unser Leben aussehen könnte.
Wir wissen genau, was wir wollen, wie es vielleicht klappen könnte und wann es soweit sein könnte.
Nur leider lässt sich das Schicksal nicht mal Ansatzweise voraussehen.
Menschen versuchen immer wieder zu verstehen, was das Leben einzigartig und kostbar macht. Warum sie leben. Warum sie tun, was sie tun.
Nur die wenigstens von uns werden auf all die Antworten zu den Fragen kommen.
Und wer dies tut, kann sich meistens glücklich schätzen.
Wenn man jedoch ganz genau weiß, wann man sterben wird, durch eine Krankheit oder dergleichen, ist es nicht dasselbe. Man kann sich nicht darüber freuen.
Doch wenn man einfach so aus dem Leben gerissen wird, ist es noch um einiges unverständlicher.
Es kann nicht im voraus geplant werden, wann man was machen möchte.
Vermutlich hat man zu dem Zeitpunkt nicht einmal die Hälfte dessen geschafft, was man sich erhofft hat.
Man hinterlässt vielleicht eine Familie. Einen Mann, eine Frau, Kinder.
Sie trauern um uns, bewahren uns in ihrem Herzen auf. Und sie lassen uns unsterblich werden.
Noch viel bedeutender, als es etwas anderes sein könnte.
Kann man also sterben, oder ist es vielmehr so, das man nur aufhört, auf dieser Welt zu existieren?
Da war ich mir noch nie ganz sicher, Yasmina."

Die Schwarzhaarige sah aus dem Fenster des Flugzeuges, zu dem Flügel, und seufzte. Warum dachte sie gerade jetzt an diese Erinnerung?
Sie war auf dem Weg nach Detroit, zu einen angeblichen Bekannten ihrer Mutter. Angeblich daher, das sie nur wenige Erinnerungen an ihre Vergangenheit hatte, seitdem sie mit fünf Jahren bei einem Unfall schwer verletzt wurde.
Danach lag sie fast sieben Monate im Koma und niemand war zu Besuch gekommen, jedenfalls nach Aussage der Ärzte und Schwestern im Krankenhaus.
Als sie dann endlich doch noch erwacht war, kam sie zu einer Pflegefamilie und zur nächsten, und wieder nächsten.
Nie war sie irgendwo lange geblieben und mit Achtzehn dann vollkommen selbstständig geworden.
Jedoch war eine Erinnerung immer wieder aufgetaucht.
Eine schöne Frau, dessen Gesicht Yasmina nicht erkennen konnte, sprach Worte zu ihr, die sie bisher ihr ganzes Leben lang begleitet hatten.
"Nein, ich muss diese Gedanken verbannen", nuschelte sie nun als die Stadt in Sichtweite kam.
Die Lichter der Stadt, sie leuchteten strahlend hell, wie ein Stern, der immer näher kam und doch schien eine unendliche Traurigkeit hier zu schlummern.

Mutter...

Yasmina versuchte sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Zum Beispiel auf diesen fetten Kerl, der schon seit fast ganzen drei Stunden neben ihr schnarchte und so unangenehm roch, das ihr fast das unausstehliche Essen hier an Bord wieder hoch kam.
Oder die alte Dame direkt vor ihr, die bei der leichtesten Turbulenz sofort anfing sich zu bekreuzigen und zu allen möglichen Göttern betete. Vermutlich wusste sie selbst nicht einmal, welcher Gott zu welcher Kultur gehörte.
Der kleine Junge, drei Sitze hinter ihr, der seine kindliche Begeisterung ständig zum Ausdruck brachte, indem er fröhlich rief, wie es ihm gefiel und dabei so glücklich lachte, als hätte er ein ganz besonderes Geschenk bekommen.
Und dann war da auch noch dieser eine arrogante Kerl, fast ganz Vorne in der Reihe, der immer wieder den Gang entlang kam und sie dabei so anzüglich angrinste, das sie beim letzten Mal schon entnervt die grünen Augen verdreht hatte, wohlwissend, das es ihm nicht verborgen blieb. Rasch hatte er sich entfernt, doch nun stand er abermals bei ihr und sah ihr in die Augen. Nur sein Ausdruck war jetzt irgendwie anders. Als wollte er ihr sagen ~ Dich bekomme ich auch noch~, was eigentlich ziemlich erschreckend hätte sein müssen, wäre es nicht auch so lächerlich erschienen.
Yasmina seufzte leise, wandte den Blick zum Fenster und versuchte den aufdringlichen Kerl einfach zu ignorieren. Zu ihrer Erleichterung verzog er sich keine fünf Sekunden später und kehrte so schnell nicht zurück.

"In Kürze werden wir landen. Bitte schalten sie alle elektronischen Geräte ab, stellen sie ihren Sitz in eine aufrechte Position und schnallen sie sich an. Wir erreichen den Flughafen Detroit ganz wie geplant um 20: 30 Uhr. Sobald wir gänzlich stehen, können Sie sich erheben und durch die ausgezeichneten Türen das Flugzeug verlassen. Vielen Dank, das sie mit uns geflogen sind."
Wie aus weiter Ferne hörte sie die klare Stimme der jungen Frau mit den blonden Haaren. Sie zuckte leicht zusammen und tat wie die andere gesagt hatte.
Nur wenige Minuten später spürte die Schwarzhaarige, wie die kleinen Räder auf dem Boden aufsetzten und das Flugzeug stetig an Geschwindigkeit verlor. Sie seufzte.
Endlich angekommen!
Vielleicht konnte sie nun endlich hier alle Antworten bekommen, die sie schon so viele Jahre unerbittlich quälten. Nun ja, vielleicht würde auch erst einmal eine einzige Antwort reichen.

Wo war ihre Mutter?!

Dies war die wichtigste Frage von allen. Lebte sie noch? War sie tot?
Yasmina wusste rein gar nichts von der Frau, der sie ihr Leben verdankte.  Selbst dann, wenn ihre Mutter sie ganz einfach nicht gewollt hatte, so wollte sie selbst doch mehr heraus finden als das wenige, nämlich ihre DNA, was sie wusste.

Yasmina beeilte sich aus zu steigen, ihr Gepäck zu holen und dann so schnell es ging in ihr Hotel einzuchecken. Sie wollte sich einfach nur den ganzen widerlichen Gestank ihre Sitznachbarn abwaschen. Und endlich schlafen. Seit gestern früh war sie nun schon auf den Beinen, die Arbeit ließ halt nicht auf sich warten, und der neue Abend war auch in vollem Gange. Wenn sie nicht bald eine Mütze voll Schlaf bekam, konnte es sehr leicht passieren, das sie mitten beim gehen einschlief.
Vor dem Flughafen war natürlich noch reger Verkehr und ein Taxi zu bekommen, schien schier unmöglich. Sollte sie es wagen und den Bus nehmen? Als sie die Menschentraube davor sah, graute es ihr schon jetzt, aber eine andere Möglichkeit schien ihr nicht zu bleiben. Jedenfalls dann nicht, wenn sie nicht hier schlafen wollte.
Sie sah zu beiden Seite der Straße und setzte einen Fuß auf die vermeintliche freie Fahrbahn, als ein schnittiger Sportwagen mit quietschenden Reifen zum stehen kam. Seine Stoßstange berührte ihr Bein leicht und sie zuckte vor Schreck zusammen. Mit klopfen Herzen drehte sie such zu dem Wagen herum und ihr stockte der Atem als der Fahrer ausstieg. Was für ein schöner Mann!
Seine Augen leuchteten wie flüssiges Silber und wirkten unnatürlich schön.  Dann kam er auf sie sie, geschmeidig wie eine Raubkatze. Dabei lächelte er spöttisch.
"Sie sehen eigentlich nicht wie jemand aus, der sich umbringen möchte", meinte er leichthin und fixierte sie regelrecht.
Zuerst wusste sie gar nicht, was er gesagt hatte, doch dann drang die Bedeutung seiner Worte in ihren Kopf.
Umbringen? Wie kam er denn auf so etwas?
"Natürlich nicht! Ich will mich ja auch nicht umbringen! Wie kommen Sie darauf?" Unwillkürlich lächelte Yasmina und legte den Kopf ganz leicht schräg.
"Nun ja, Sie wollten einfach so hier die Straße überqueren, obwohl ein paar Meter weiter auch ein Zebrastreifen ist", erklärte er charmant lächelnd und streckte die Hand zu ihr aus.
"Aiden. Mit wem habe ich das Vergnügen? "
Sie nahm seine Hand und schüttelte diese dann kurz.
"Yasmina, aber meine Freunde nennen mich nur Yasi. Das reicht auch vollkommen." Hätte sie nicht genau hingesehen, wäre ihr sicherlich sein leichtes zusammen zucken entgangen.
"Yasmina also. Ein wirklich schöner Name und nicht sehr oft vertreten."  Er lächelte weiterhin und drängte sie auf den Bürgersteig zurück. Nun, das war ihr ganz recht. Auf der Straße zu stehen hatte nicht besonders viele Vorteile.
"Richtig. Aiden ist aber auch ein sehr schöner Name. Und tut mir wirklich leid, das Sie wegen mir fast einen Unfall gebaut haben." Nun lächelte sie ebenso. Sie wollte gerne noch etwas hinzufügen,  hörte dann jedoch den Bus abfahren und fluchte leise.
Aiden folgte ihrem blick, sah dann die mitfühlend an und überlegte nur kurz.
"Kann ich Sie vielleicht irgendwohin mitnehmen? Ihr Bus scheint soeben abgefahren zu sein und ein Taxi sehe ich hier auch nirgends. Und bevor Sie damit anfangen, es macht mir keine Umstände." Genau dies hatte sie grade erwidern wollen. Sie seufzte leise.
"Sind Sie sicher? Sie wollten bestimmt auch jemanden abholen..." Er lachte leise und zwinkerte ihr zu.
"Nein keine Sorge, ich bin noch etwas zu früh dran. Derjenige den ich eigentlich abholen sollte, hat mir vor kurzem erst geschrieben, dass sein Flug sich verspäten wird", erklärte er lächelnd und deutete auf sein Auto.
"Also darf ich sie vielleicht irgendwo hinbringen als Entschädigung dafür, dass sie ihren Bus verpasst haben?"
Yasmina musste zugeben dass dieses Angebot wirklich reizvoll klang. Allerdings wusste sie rein gar nichts über diesen gut aussehenden Mann vor sich und so zögerte sie sichtlich. Dies bemerkte er jedoch sofort und lächelte ihr aufmunternd zu.
"Falls Sie zögern sollten, weil wir uns noch nicht kennen, so können wir das natürlich jederzeit ändern. Ich bin gerne bereit Ihre Bekanntschaft zu machen."
Sofort wurde Yasmina rot und wich seinem Blick aus. Woher wusste er, dass sie genau das zu gerne getan hätte? Es war schon viel zu lange her, dass sie ein Date hatte. Und er sah wirklich verteufelt gut aus. Viel zu gut, um ganz genau zu sein. Daher zögerte sie auch weiterhin. Er schien es gelassen zu nehmen und wartete geduldig auf ihre Entscheidung.

Aiden sah die junge Frau vor sich ganz genau an. Nicht nur weil sie wirklich verdammt hübsch war mit ihrem schwarzen Haar und den strahlend grünen Augen, sondern auch, wegen ihrem Namen. Er war sich ziemlich sicher, dass dieser Name tatsächlich nicht allzu oft verwendet wurde. Jasmin gab es oft, aber Yasmina,  der Anfang wie schas gesprochen, nein, das konnte er sich nicht wirklich vorstellen. Innerlich seufzte er, als sie so lange zögerte.  Gleichzeitig bewunderte er sie jedoch auch dafür.
Yasi sah ihn wieder an, nickte leicht und er lächelte noch viel mehr. Damit war ihr Schicksal besiegelt, doch in welche Richtung wurde es sie führen?

Kapitel 2

 Schon nach wenigen Minuten musste Yasmina feststelllen, das ihre Entscheidung richtig gewesen war, denn so war es viel angenehmer als im Bus zu sitzen und auch besser als in einem Taxi. Zumindest wenn es um die Klimaanlage ging und den sehr viel besseren Komfort.
Sie sah lächelnd aus dem Fenster und beobachtete die vorbeirauschenden Lichter, die sich gegenseitig zu überstrahlen schienen.
"Das ist doch besser, oder?", merkte ihr charmanter Fahrer an und sie kam nicht ohnehin, ihn anzulächeln.
"Ja, sehr viel besser", stimmte sie ohne zu zögern zu und sah wieder nach draußen.
"Du musst mir nur noch den Namen deines Hotel verraten." Nach einem kurzen Gespräch waren sie einfach zum du übergegangen, da es einfacher war und sie sich in seiner Gegenwart wirklich wohl fühlte. Und das war verrückt! Er war ein vollkommen Fremder, kam ihr aber aus irgendeinen Grund so seltsam vertraut vor.
"Es heißt 'La Charotte'", teilte Yasmina ihm mit, wobei sie hoffte, es wäre nicht allzu schäbig, dafür das es so preiswert war. Tja, man durfe eben nicht sehr wählerisch sein, wenn man nicht so viel Geld hatte. Jedoch störte es die Schwarzhaarige auch nicht. Geld hatte noch nie eine große Rolle in ihrem Leben gespielt. Und das würde es wohl auch nie.
"Ah, das kenne ich sogar. Nicht so ganz mein Stil, aber es ist okay. Und vor allem recht sauber für diese Preisklasse." Erneut sah sie ihn an. Dem Auto nach zu urteilen war er nicht grade arm. Und doch kannte er sich damit aus? Nun war ihre Neugierde geweckt.
"Was arbeitest du denn?", wollte sie wissen und behielt ihren Blick bei ihm. Jede Regung könnte ihr eine Geschichte erzählte, die sie sonst nicht von ihm erfahren hätte. Er schwieg eine Weile, als wolle er Ihr nicht antworten , drehte den Kopf dann aber doch noch kurz zu ihr. Und lächelte sogar flüchtig.
"Man könnte sagen, ich bin Polizist", wich er der Frage ein wenig aus, was sie nur noch neugieriger machte. Yasmina wollte immer alles genau wissen, einfach wegen ihrer fehlenden Erinnerungen. Daher taxierte sie ihn regelrecht mit ihrem Blick, ehe sie noch mehr lächelte, denn von seinem Fenster aus konnte man nun die wunderschöne Skyline sehen. Von dieser Schönheit konnte man doch nur beeindruckt sein. Sie zumindest war es.
Das er Polizist war erklärte noch lange nicht, warum er sich mit Hotels auskannte... aber nun wollte sie erstmal diesen Anblick genießen. Wer wusste schon, wie lange sie hier bleiben würde. Es könnte ein Tag sein, eine Woche... lieber genoss sie jede Sekunde so weit es ihr möglich war.
"Oh mein Gott, wie wunderschön!", hauchte Yasi begeistert und kurz folgte er ihrem Blick um dann frech zu grinsen.
"Hier im Auto ist etwas viel schöneres. Und vor allen um einiges interessanter." Sofort wurde Yasmina rot und senkte hastig den Blick.
"Nun, diesbezüglich kann ich mir wohl kein Urteil erlauben. Vermutlich wäre ich voreingenommen."
"Ich glaube nicht, das du eingebildet oder zu eitel bist, Yasi. Also kann ich mir nicht vorstellen, dass du überhaupt zustimmen würdest", lachte Aiden rau. Und er hatte auch nicht gelogen, sie gefiel ihm tatsächlich! Und DAS war dann doch ein wenig ungewöhnlich. Sie war eigentlich so gar nicht sein Typ. Zumal sie so unschuldig wirkte. Und ganz sicher war sie das auch noch. Also vollkommen tabu für ihn. Innerlich seufzte er darüber. Seine Gedanken nahmen eine gefährliche Richtung ein, die er sich nicht erlauben durfte. Unter keinerlei Umständen.
"Du hast recht. Ich würde dem unter keinen Umständen zustimmen", lachte sie leise und lehnte sich in den Sitz zurück. Ja, sie fühlte sich wohl. Und sicher, was sie ungemein irritierte. In ihrem ganzen bisherigen Leben gab es keinen Ort an dem sie sich wirklich sicher fühlte. Woher sollte ein solcher Ort auch kommen, dachte sie resigniert und sah wieder aus dem Fenster ihrer Seite. Von ein Heim und Pflegefamilie zum nächsten geschickt zu werden weckte nicht besonders das Gefühl von Sicherheit. Oder das man willkommen war.
"Was ungemein schade ist. Du bist doch wirklich eine schöne Frau." Sie drehte erneut den Kopf zu Aiden.
"Findest du das wirklich?" Er nickte und grinste breit. Und genau dieses Grinsen, so vollkommen ehrlich, ließ ihn so sympathisch erscheinen. Vermutlich kam daher dieses Gefühl der Sicherheit.
"Dann muss ich jetzt also ganz lieb und brav Danke sagen. Also, vielen Dank für das Kompliment", lachte sie und lehnte sich entspannt zurück. Das fing ja alles schon ziemlich gut an, dachte sie belustigt.

Wenige Minuten später hielt der schnittige Sportwagen vor dem Eingang eines kleinen Hotels. Aiden stieg aus, ging um den Wagen herum und öffnete ganz galant die Tür für Yasmina. Lächelnd stieg sie aus und sah sich ein wenig um.
Okay, die Gegend wirkte sauber und annehmbar. Aiden hatte wohl die Wahrheit gesagt, als er davon sprach, das es hier sauber war. Hoffentlich im Hotel selbst auch. Sie drehte sich zu ihm und lächelte breit.
"Vielen Dank fürs fahren. Mit Taxi oder Bus wäre es wohl nur halb so interessant geworden."
Auch sein Lächeln wurde nun breiter.
"Nun, es muss nicht die einzige Fahrt gewesen sein. Ich konnte dir ab morgen ein wenig die Stadt zeigen, wenn du möchtest." Und wie sie das wollte!!!
Aber konnte sie einfach so ja sagen? Vielleicht war es auch einfach nur eine ganz raffinierte Taktik, um sie dann nach ein oder zwei Tagen irgendwohin zu bringen und kaltblütig zu ermorden!
Okay, okay, da ging wohl ganz eindeutig ihre Fantasie wieder mit ihr durch.
„Ja, das würde mich wirklich freuen“, nahm sie daher seine Einladung an.
„Dann gib mir deine Nummer und ich rufe an um mich nach einer Uhrzeit zu erkundigen. Oder einfach, um deine bezaubernde Stimme zu hören“, zwinkerte er frech. Yasi lachte leise, tippte ihren Nummer in sein Handy ein und reichte es ihm.
„Ich werde zuerst einchecken, meinen Koffer auspacken und duschen gehen. So in zwei Stunden kannst du dann gerne anrufen.“
Er lachte als er ihren Koffer auslud und sah sie amüsiert an.
„So lang soll ich auf dich verzichten? Nun gut, ich kann es wohl nicht ändern.“
Oh Gott, wie er mit ihr flirtete, war ihr schon ein wenig peinlich, doch gleichzeitig genoss sie es auch.
Bisher hatte sie sich nicht für jemand gehalten, der so auf Männer wirkte. Aber bisher hatte sie es auch noch nie raus finden wollen und sich eher im Hintergrund gehalten.
„Ich danke dir, Aiden. Fürs fahren, dein Angebot und einfach für deine Freundlichkeit.“
Sie lächelte ihn freundlich an. Er nickte. Grinsend. Das schien einfach seine Art zu sein.
„Keine Ursache. Ich weiß wie es ist, wenn man irgendwohin geht, wo man nichts und niemand kennt. Da ist es besser, einen Verbündeten zu haben.“
Er verabschiedete sich, stieg in den Wagen und nach einem Winken fuhr er dann auch los.
Yasi sah dem Auto nach, bis es nicht mehr zu sehen war und ging dann hinein.
Schnell war das Einschecken erledigt und sie fuhr nach oben zu ihrem Zimmer, das in der achten Etage lag und auf den ersten Eindruck einen Recht ordentlichen Eindruck machte.
Es war sauber, ordentlich, nicht zu überladen und bot dennoch genug Raum um sich zu entspannen.
Ein schönes breites Doppelbet dominierte durch die auffallend blauen Decken und Kissenbezüge. Gegenüber an der Wand befand sich ein Flachbildfernseher und gleich darunter ein kleiner Tisch für die wichtigsten Utensillien.
Am Fenster stand ein kleines Zweisitzersofa, mit bunten Kissen darauf. Das fenster war angeklappt, sodass ein leichter Wind hinein kam und die Gardinen leicht bewegte.
Der Kleiderschrank befand sich in den kleine vorangehenden Flur, von dem aus auch das Bad abging, das den großen Luxus einer Badewanne und Dusche hatte.
Yasi freute sich schon jetzt auf ein entspanntes Bad heute Abend. Bis dahin war allerdings noch eine Menge Zeit.
Schnell packte sie ihre paar Sachen in die Fächer, verstaute ihre Waschtasche im Bad und schloss das Fenster, ehe sie sich ein wenig frisch machte, andere Sachen anzog und sich aufs Bett legte.

Sie war hergekommen, um mehr über ihre Mutter zu erfahren. Allgemein mehr über ihre Familie, die sie anscheinend nicht gewollt hatten.
Super, da hatte ihre letzte Pflegemutter wirklich gute Arbeit geleistet, wenn sie nun schon selbst daran dachte, nicht gewollt zu sein.
Irene Drechsler war eine hinterhältige und ziemlich böse Frau. Es war ein Wunder, das sie sich vor anderen benahm, wie ein Engel. Und ein noch größere Wunder, das jeder es ihr abkaufte. Yasmina hingegen hatte sofort den Charakter der Frau erkannt. Und schon nach wenigen Wochen war sie ihr entkommen, nur um gleich in der nächsten Hölle zu landen.
Doch obwohl es bei Irene schlimm war, blieb doch ein Lichtblick. Immerhin hatte sie so auch Elijah kennen gelernt, der schon nun fünfzehn Jahre ihr bester Freund war.
Mit ihm konnte sie über absolut alles reden, ganz gleich um was es sich handelte.
Zwischen ihnen hatte einfach sofort eine heftige Verbindung bestanden, die sich die damals Fünfjährige kaum erklären konnte. Aber es hatte ihr immer geholfen, die Jahre durchzustehen.
Seufzend setzte sie sich auf, glättete ihr Haar und nahm das Handy in die Hand, welches im selben Moment zu klingeln begann. Die Nummer kannte sie nicht, es könnte also Aiden sein.
„Ja,bitte?“, ging sie dran und tatsächlich!
„Hey, Aiden hier. Wie weit bist du? Könnte ich dich abholen?“
Er grinste, das hörte sie am Tonfall. Und aus Morgen wurde dann wohl heute.
„Sehr gerne. Wann bist du vor der Tür?“
„In...Jetzt!“, lachte er und Yasi stimmte sofort mit ein.
„Alles klar, ich bin gleich unten.“

Sie sah noch einmal in den Spiegel, schnappte sich ihre Tasche und den Zimmerschlüssel und war keine zehn Minuten später auch schon vor dem Eingang und winkte ihm zu.
Warum hatte sie sich nur so sehr gefreut, ihn wieder zu sehen? Innerlich schüttelte sie über sich selbst den Kopf, stieg ein und schon fuhr er los.
„Was willst du mir als erstes zeigen?“, fragte sie neugierig und sah zu ihm rüber.
„Nun, zuerst einmal sollte ich dich aufklären. Über die Gegenden, die du auf jeden Fall meiden solltest. Das ist nicht böse gemeint, nur ein guter Ratschlag. Du weißt ja, Polizist und so“, grinste er schief.
„Alles klar, hab verstanden“, grinste sie und salutierte ganz brav.
„Am Rande der Stadt gibt es ein eher neues Viertel, dem du auf keinen Fall zu nahe kommen solltest. Dort scharren sich einige ziemlich üble Gestalten zusammen, denen nicht mal ich gerne begegnen will, wenn es nicht mein Job wäre.“
Er seufzte und zum ersten mal sah Yasi ihn wirklich ernst schauend. Okay, diesen Ratschlag würde sie also von sich aus nur zu gerne annehmen. Sie wollte nicht in Schwierigkeiten geraten und schon gar nicht ihr Leben aufs Spiel setzen. Dafür gab es einfach noch viel zu viel zu tun.
„Okay. Und weiter?“
Er zählte noch ein paar harmlosere Gegenden auf, die jedoch auch eher gemieden werden sollten von ihr. Nichts für hübsche Mädchen, hatte er es formuliert und ihr ein Kichern entlockt.
So, er fand sie also hübsch, na das war doch schon mal was. Ja, im Auto hatte er so etwas auch schon gesagt, aber nun war es in einen ganz anderem Zusammenhang, wo sie es schon eher glauben und akzeptieren konnte.
Nach etwa einer halbstündigen Fahrt, suchte er sich einen Parkplatz beim Park und stellte den Motor aus.
„Okay, als erstes will ich dir einen der schönsten Orte hier zeigen. Ich glaube, es wird dir gefallen!“
„Ja, da bin ich mir ganz sicher. Vor allem bei der charmanten Begleitung“, gab sie keck zurück und erntete ein strahlendes Lachen von ihrem Begleiter.
„Vielen Dank.“
„Ach, nicht der Rede wert“, tat sie es ab, als würde sie das ständig zu daher gelaufenen Männern mit tollen Sportwagen sagen.
„Du bist mir echt schon eine“, schüttelte er amüsiert den Kopf und nahm einfach ihre Hand.
Gemeinsam gingen sie durch die angelegten Wege des Parkes und redeten ausgelassen über alles mögliche.
Bis Yasi das sichere Gefühl hatte, beobachtete zu werden. Schlagartig wurde sie ernst und schaute sich um.
„Was ist?“, wollte Aiden wissen.
„Ach, nur so ein Gefühl. Als würde uns jemand beobachten“, murmelte sie und sah weiter um sich. Hatte sie sich das nur eingebildet?
Als sie zu Aiden rüber blickte, fiel ihr als erstes auf, das er wieder ernst schaute, aber noch etwas anderes lag in seinem Blick, das sie nicht so richtig deuten konnte.
„Was hast du?“, fragte sie besorgt und legte eine Hand an seinen Arm, um seine volle Aufmerksamkeit zu bekommen.
„Nichts, aber wir sollten weiter...Sofort am besten. Heute sollte es noch regnen.“
Yasi verstand nicht, wieso er jetzt so wirkte, als wüsste er genau, was hier vor sich ging, ihr aber lieber nichts davon mitteilen wollte.
Vielleicht hatte er im Moment einen Fall und ihm war eingefallen, das der Tatverdächtige noch auf freien Fuß war oder so.
„Na schön, wenn du meinst.“ Sie zuckte die Schultern und wandte sich zum gehen um.
Widerspruchslos gingen sie wieder zurück und setzten sich ins Auto.

Wieder beim Hotel angekommen und ausgestiegen, sah er sie entschuldigend an.
„Ich weiß, ich hab dir versprochen dir die Stadt zu zeigen, aber ich muss noch mal dringend weg. Sei nicht sauer, okay? Ich melde mich dann morgen bei dir.“
Yasi seufzte leise, nickte und sah ihm in die Augen.
„Ich würde mich freuen, von dir zu hören.“ Sanft lächelnd schloss sie ihre Autortür und trat einen Schirtt nach hinten damit er losfahren konnte als er eingestiegen war. Viel zu rasch für ihren Geschmack. Aber man konnte wohl nicht alles haben und musste sich mit kleinen Happen zufrieden geben.
Im Moment wünschte sie sich wirklich, nichts von ihrem komischen Gefühl gesagt zu haben. Denn erst seitdem hatte er sich zurück gezogen. Und das gefiel ihr nicht. Ganz und gar nicht.
Ihr schlechtes Gefühl verstärkte sich nur noch mehr, umso länger sie in die Richtung sah, in die er so schnell verschwunden war. Selbst noch nach zehn Minuten. Irgendwas war komisch. Dieses Gefühl war flüchtig. Zu flüchtig, als das sie es hätte greifen können. Aber es war da!

Kapitel 3

 Kapitel 3


Das Geräusch von brechenden Knochen erfüllte die bisherige Stille des ziemlich vollen Raumes.
„Was glaubst du eigentlich, was du da machst, Aiden?“, brüllte ein großgewachsener alter Mann und sah zu besagtem hinunter, der sich vor Schmerzen das linke Bein hielt.
„Ich habe doch überhaupt nichts getan, verdammt“, knurrte er wütend und musste sich wirklich beherrschen diesen arroganten alten Sack jetzt nicht den ergrauten Schopf von den Schultern zu reißen.
„Nicht? Und was ist mit diesem Menschenmädchen? Du glaubst doch wohl nicht wirklich, wir würden es nicht merken! Du musst des Wahnsinns erlegen sein, sonst würdest du es nicht so weit kommen lassen.“
Der Alte schnaubte und spukte Aiden ins Gesicht. Dieser wischte sich die Flüssigkeit weg und knurrte noch einmal, gefährlicher, wütender. Das Blut in seinen Adern begann zu brodeln, doch konnte er sich zurück halten. Noch.
„Du bist eine Schande für uns alle. Menschen sind verdorben und schwach. Sie können nichts alleine! Nicht mal ihre Länder verteidigen, ohne diese dummen Waffen. Und dann sind sie auch noch so dreist, Hunter nach uns zu schicken. Ich sage es dir also jetzt nur einmal, Aiden: Halte dich in Zukunft von ihr fern, sonst müssen wir Maßnahmen ergreifen, die dir wohl nicht gefallen würden, da du dieses Mädchen anscheinend magst.“
Aiden sah sein Gegenüber voller Hass an, ließ dann jedoch seinen Blick weiter durch den Raum schweifen und blieb an einen goldenen Augenpaar hängen. Er nickte diesen jemand zu und spürte sofort einen Schlag. Seine Unterlippe platzte auf und Blut spritzte hinaus.
„Guck mich gefälligst an, wenn ich mit dir rede, du Missgeburt!“ Der Alte schlug wieder zu, Aiden schmeckte Blut an seiner Lippe und wischte es ärgerlich weg.
Er musste die Beherrschung bewahren. Unter allen Umständen. Das hieß auch, er durfte sich nicht dagegen wehren, denn offiziell war er viel schwächer als die meisten hier.
„Mein Bruder ist keine Missgeburt“, hörte er dann eine sehr vertraute Stimme, drehte sich zu ihr herum und lächelte schwach.
„Mira, misch dich da nicht ein“, sagte der Alte und wollte ihr den Blick auf den Bruder verwehren.
„Oh doch, das werde ich! Du glaubst doch wohl nicht, das du alles machen kannst. Du hast hier nicht das sagen und das weißt du ganz genau.“
Sie brach ab, sah zu dem Mann mit den goldenen Augen und funkelte ihn wütend an.
„Sesshomaru! Nun sag doch auch mal was“, forderte sie ihn auf.
Dieser jedoch stieß sich von der Wand ab und verließ den Raum.
Mira schnaubte verächtlich.
„Wie immer! Man kann sich nicht auf ihn verlassen, da ihm alles und jeder egal ist.“
„Mira, bitte“, drängte nun Aiden damit sie den Mund endlich hielt. Wenn sie so weiter machte, würde sie auch ein paar Schläge einstecken müssen. Und er konnte ihr nicht einmal helfen.
„Nichts, Mira bitte! Du bist ein Schwächling geworden in den letzten Jahrhunderten, Bruder. Komm endlich wieder zur Vernunft und finde deine Stärke zurück. Du kannst dich doch nicht einfach so rum schubsen lassen. Immerhin sind wir adligen Blutes.“
Aiden kam unter zusammen gebissenen Zähnen auf die Beine und seufzte schwer.
„Lass gut sein, Kleines, es bringt jetzt nichts sich zu streiten.“
„Endlich mal ein wahres Wort“, lachte der Alte kalt und nickte.
„Ihr dürft gehen. Für den Augenblick jedenfalls. Und Aiden, denk an meine Worte. Halte dich von ihr fern, sonst werde ich dich richtig bestrafen müssen. Und sie gleich mit, wenn du verstehst, was ich meine.“
Aiden schaute ihn nur kalt an, sagte nichts dazu und verließ mit seiner Schwester den Raum.

„Aiden, warum hast du nichts dagegen getan? Ich weiß genau, du bist viel stärker als diese alten Säcke mit ihren grauen Bärten, aber nie tust du etwas. Du bist mindestens genauso stark wie Sesshomaru, aber auch der zieht immer den Schwanz ein. Was ist nur aus euch Männern geworden?“ Sie schüttelte den Kopf wobei ihre goldenen Locken hin und her schwangen.
„Ich verstehe es wirklich nicht. Ich kenne dich noch als Krieger, der seine Gegner abgemetzelt hat. Der keine Gnade kannte, egal ob Mann, Frau oder Kind. Ein Feind war ein Feind.“
„Die Zeiten ändern sich, genau wie die Leute, Mira. Früher war es für das Überleben notwendig, was heute nicht mehr der Fall ist. Wir können gut ohne so etwas leben, wie du sehr genau weißt.“
Er sah sie ernst an und strich ihr über die Wange, lächelnd wieder.
„Bitte, beruhige dich. Du bist viel schöner, wenn du freundlich lächelst. Das bereitet mir dann auch immer Freude. Tue es für mich, Schwester.“
Sie seufzte schwer und nickte.
„Wie du wünschst.“ Sofort lächelte sie wieder und umarmte ihren großen Bruder.
Sie schloss die Augen als ihr Kopf an seiner Brust zum liegen kam.
„Ich habe nur Angst, wenn du dich nie wehrst, das sie es mal schaffen dich so sehr zu verletzen, das ich dich auch noch verliere. Davor habe ich schon immer die größte Angst gehabt, nachdem Mutter und Vater ermordet wurden.“
Ohne das sie es zu bemerken schien, zuckte Aiden leicht zusammen und starrte an die gegenüber liegende Wand.
Wenn sie nur wüsste, ging es ihm durch den Kopf und er seufzte schwer.
„Ich werde für immer bei dir bleiben, Mira, das habe ich dir versprochen und so wird es sein. Ich lasse dich niemals alleine, meine süße kleine Mira.“
„Hey! Ich bin nicht mehr klein“, widersprach sie sofort und erntete ein erfreutes lachen ihres Bruders.
„Da du jünger bist als ich, wirst du immer meine kleine Mira sein, finde dich damit ab“, zwinkerte er und ließ sie stehen.
Mira sah ihm nach und seufzte leise. Es war doch immer das Gleiche mit ihm!
Und doch konnte sie dieses ungute Gefühl nicht abschütteln, wenn sie an die Zukunft dachte. Es war wie ein schlechtes Omen und das ließ sie erschaudern.
„Bitte, lass alles gut werden“, murmelte sie zu sich selbst, seufzte und ging ebenfalls.



Nachdem sie wieder in ihrem Zimmer auf der Couch sah und nach draußen sah, wurde ihr bewusst, das sie einem vollkommen Fremden schon ziemlich viel von sich Preis gegeben hatte und ihm ihm auch zu schnell vertraute. 
Normalerweise war sie ja nicht so. Ganz und gar nicht. Sie war immer diejenige, die sich zurück hielt und erst einmal eine geraume zeit beobachtete, doch irgendwas an ihm hatte ihr gesagt, das keine Gefahr drohte für ihr Leben. Hoffentlich würde ihr Gefühl sie nicht täuschen...
Dennoch war sie unsagbar enttäuscht, das er so plötzlich ging, doch sie versuchte das beste draus zu machen und kramte in ihrer Handtasche nach den Terminkalender, in dem sie sich eine Adresse notiert hatte.
Conrad Thins.
Ein ungewöhnlicher Name. Ungewöhnlich und doch gefiel er ihr. Er kam ihr vertraut vor und doch wieder so wie ein Buch mit sieben Siegeln.
Seufzend klappte sie das Buch zu, verstaute es wieder in der Tasche und machte sich auf den Weg dorthin.
Leider fand sie jedoch nur ein verlassenes Haus vor.
Okay, also stimmte diese Information nicht mehr, aber irgendwo musste er leben. Vielleicht konnte man ihr bei einer Behörde weiter helfen.
Nur...so einfach würde sie nicht an die gewünschten Informationen kommen. Solche Informationen wurden natürlich vertraulich behandelt.
Dabei fiel ihr ein... Elijah!

Nachdem sie diese Idee erst einmal hatte, rief sie ihn umgehend an.
„Hey, meine Süße. Was kann ich für dich tun? Bist du gut angekommen? Wie ist es dort? Geht es dir auch gut? Hast du den Flug gut überstanden?“
Sie musste lachen als er all seine Fragen runter rasselte, als habe er schon auf ihren Anruf gewartet.
„Hey, ganz ruhig, okay?“ Sie schüttelte lächelnd den Kopf und setzte sich auf eine Bank ein paar Meter von sich entfernt.
„Also, wie man hört geht es mir gut und ja, den Flug habe ich somit auch gut überstanden.“
„Schön, schön. Jetzt die anderen Fragen“, lachte er ebenso.
Sie grinste nur noch mehr.
„Es ist wirklich warm hier, aber echt toll. Und ich sage dir, die Skyline! Du musst unbedingt auch einmal herkommen“, sagte sie begeistert und lehnte sich entspannt nach hinten.
„Aber...ich brauche deine Hilfe.“
Er hörte sofort auf zu lachen und Yasi sah sein ernstes Gesicht genau vor sich.
„Worum geht es?“
„Ich brauche eine Information, aber weiß nicht, wie ich daran komme. Und da dachte ich, weil du doch ein paar Leute kennst, das du mir helfen kannst.“
„Klar, sag mir wen ich für dich finden soll.“
Jaja, er wusste sofort was sie wollte, was sie wieder lächeln ließ.
„Einen Mann Namens Conrad Trish. Ich habe zwar eine Adresse, aber das Haus steht seit einem halben Jahr leer, laut dem Schild an der Haustür.“
Er schwieg einen Augenblick und sie hörte ihn seufzen.
„Okay, ich werde fragen. Ich rufe dich dann an wenn ich was raus finde. Mach dir bis dahin eine schöne Zeit und amüsiere dich ordentlich.“
„Oh, keine Sorge, ich habe schon jemand kennen gelernt“, sprudelte es aus ihr heraus und sie biss sich auf die Unterlippe. Was jetzt folgte war ein typischer Vortrag von jemanden, der sie als Schwester ansah.
„Elijah! Ich weiß schon was ich tue“, unterbrach sie sein Gerede von wegen, alle Männer wären Schweine und würden nur das eine wollen. Ob er sich bewusst war, wie sehr er sich selbst damit beleidigte? Nein, vermutlich nicht.
Wieder seufzte er.
„Okay, du hast recht. Du bist alt genug...aber...“
„Nein! Nichts aber, Elijah. Wie du richtig sagst bin ich alt genug. Ich passe schon auf mich auf. Und wenn es dich beruhigt, werde ich jeden Abend anrufen. Sollte ich es mal nicht machen, kannst du immer noch einen Krieg entfachen“, lachte sie.
„Okay, damit bin einverstanden. Also, ich melde mich sobald ich was habe. Also mach´s gut, Kleines“, versprach er und verabschiedete sich.

Yasi stand auf und streckte sich erst mal. So, was sollte sie jetzt noch mit dem Rest des Tages machen? Oder eher gesagt des anbrechenden Abends. Da sie sich hier nicht auskannte fuhr sie mit dem Bus zum Hotel zurück und aß im Hotel zu Abend.
Danach ging sie auf ihr Zimmer zurück und wusste sofort, etwas stimmte nicht.
Sie sah sich um, konnte jedoch nichts entdecken, bis sie das Licht einschaltete und einen Mann am Fenster stehen sah. Er war mit den Rücken zu ihr gedreht und schien ganz vertieft nach draußen zu sehen.
„Wer sind Sie?“, fragte sie kühn und legte ihre Hand auf die Türklinke um im Notfall nach draußen zu gelangen.
Langsam drehte er sich um und als ihre Blicke sich trafen, stockte ihr der Atem.

Imprint

Text: M.S. Night
Images: M.S. Night
Cover: M.S. Night
Publication Date: 12-18-2015

All Rights Reserved

Dedication:
Dieses Buch widme ich einfach all meinen Freunden, die ich so gerne habe. Fühlt euch geknuddelt.

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