Larissa saß in einem bequemen Sessel mit Blick auf ihren Kamin, in dem ein kleines Feuer aufloderte und Schatten an den Wänden spielen ließ. Neben dem Sessel stand ein kleiner runder Tisch. Sie hatte ein Bordeaux- rotes Kleid an, in ihren Händen hielt sie eine Tasse Tee fest umklammert und mit einem Ausdruckslosen Blick starrte sie in die Flammen.
Es war Abend geworden und von draußen kam der blasse Schimmer der sternklaren Nacht herein.
Aus dem Schatten des Gemachs trat nun eine Person ins Licht und näherte sich ihr. Diese Person war in einem Kettenhemd gekleidet, worüber ein Lederpanzer lag, der mit Eisenplatten verstärkt war. Die Person war in einem Kapuzenmantel gekleidet, der ihn wärmen sollte; die Kapuze tief ins Gesicht gezogen blieb sie einen Meter hinter Larissa stehen und verweilte einen Moment, ehe diese männliche Person sprach:
„Du bist wieder in deinen Gedanken versunken?“ fragte er sie, trat näher und berührte sie an der Schulter mit einem Handschuh.
Sie drehte sich zu ihrem Besucher um und sah zu ihm auf.
„Dich habe ich nicht so schnell zurück erwartet“, sagte sie mit einer sanften Stimme.
„Die Schlacht war ein voller Erfolg für unsere Streitkräfte, der König sollte zufrieden mit mir und meiner Einheit sein.“
Sie wandte sich dem prasselnden Feuer des Kamins wieder zu.
„Ich habe mir sorgen gemacht William, ich kann es nicht ertragen dich als Leiche auf einem Schlachtfeld wiederzufinden.“
William nickte, und zog die Kapuze zurück und offenbarte ein junges Gesicht eines zwanzig jährigen Soldaten, mit Schulter langem rötlichen Haar, welches er offen unter der Kapuze trug.
„Ich werde nicht sterben. Und irgendwann werde ich das Sinnlose Sterben verhindern können, wenn Frieden in diesem Land wieder herrscht.“
„Das was du sagst, bezieht es sich auf den Erfolg unserer Armee oder den Erfolg derer, die wir zu bekämpfen versuchen?“
„Natürlich auf den Erfolg unserer Streitmacht. Einen anderen Gedanken zu haben ist Gesetzeswidrig und wird mit dem Tode bestraft. Mutter, du kennst jene Gesetze besser als ich, und du weißt, dass solche Gedanken gefährlich sind. So lasse mich diese Gedanken nicht hören, sonst muss ich dich anzeigen, und das könnte ich nicht.“
Es trat ein Schweigen ein.
„Mutter, es gibt eine erfreuliche Nachricht“, begann er und brach somit das Schweigen, „ich werde zum Leibwächter der Prinzessin ernannt, bald werde ich nicht mehr in die Schlacht ziehen müssen.“
Larissa blickte von ihrem Tee auf, stellte ihn neben sich auf den kleinen Tisch und sah zu ihrem Sohn auf.
„Du glaubst doch nicht im ernst das sie zögern würde, dich noch einmal in den Kampf zu schicken. Sie gehört der königlichen Familie an, und du bist ein einfacher Soldat. Ich weiß von deiner Zuneigung ihr gegenüber, aber wenn es um die Politik geht, wirst du als erster dran glauben müssen.“
William drehte sich von seiner Mutter ab und starrte an die Wand.
Nein, sie ist anders, sie würde mich niemals wieder in den Krieg schicken.
Sie ist nicht wie ihr Vater.
„Nein, das siehst du falsch“, sagte er zögerlich und kaum zu hören; er ballte seine Fäuste.
Larissa stand auf und ging auf ihn zu.
„Du siehst es nicht, weil du diese Gefühle für sie empfindest, aber sie denkt mit Sicherheit anders darüber. Und eins sei dir gewiss, sie wird dich und deine Träume irgendwann verraten.“
Er drehte sich zu ihr um und ließ seine Hände erschlaffen, ehe er sie zornig anfuhr:
„Nein! Ich glaube das nicht, ich kann dir nicht glauben!!“
Er spürte wie die Wut in ihm aufstieg und sich in seinem Kopf einnistete. Er verließ in Eile die Gemächer seiner Mutter, er brauchte frische Luft, etwas Abstand. Er brauchte jedoch mehr noch die Gegenwart einer bestimmten Person.
Als William in den Garten trat, umfing ihn die warme Luft einer Sommernacht. Die Blumen in der Gartenanlage blühten in aller Pracht und die kleinen Bäume hatten ihre grünen Blätter weit ausgestreckt, während der liebliche Duft von Rosen ihm in die Nase stieg. Er ging zum Brunnen um auf dessen Rand Platz zu nehmen und vernahm das leise Plätschern des kristallklaren Wassers in seiner Gegenwart. Von hier aus, konnte man weit über das Land blicken; er erblickte vereinzelte kleine Lichter die in der Ferne wie kleine tanzende Flammen wirkten. Doch in Wahrheit waren dies, verschiedene Dörfer, die unter den Lasten des Krieges litten und Gebrandschatzt wurden. Doch all diese Gedanken verbarg William tief in seinem Herzen und brachte nur einen kurzen Seufzer hervor, ehe seine Ruhe gestört wurde. Eleonore die liebliche Tochter des Königs trat an ihn heran, und ehe er sie bemerkte und aufstehen konnte, nahm sie ein Stück weiter neben ihm Platz und sah zu den Sternen hinauf.
„Ist es nicht eine wunderschöne Nacht?“ fragte sie ihn, während sie noch immer hinauf blickte.
„Meine Herrin, wahrlich ist es ein angenehmer Abend für mich; da ich weiß das Ihr noch immer wohlauf seit.“
„Macht ihr euch so viele Sorgen um mein Wohlbefinden? Warum?“
William machte eine kurze Pause ehe er ihr antwortete.
„Da ich Ihnen, meine Herrin als Leibwächter zugeteilt wurde. Und ich mir nichts sehnlichster Wünsche als Euch Gesund vorzufinden.“
„Ihr schmeichelt mir“, antwortete sie und lächelte ihn an.
„Nun, das war aus reiner Höflichkeit, meine Herrin. Falls Ihr in Gefahr geraten solltet, so würde ich mein Leben für Euch riskieren.“
Eleonore lächelte wieder und sah gen Himmel. Sie ließ ihren Blick über den Horizont gleiten, ehe sie wieder das Gespräch mit ihrem Leibwächter suchte.
„Die hellen Lichter in der Ferne“, sie setzte kurz aus, „die Nähe des Krieges erschrickt mich, ich habe Angst.“ Sie fröstelte ein wenig bei diesem Gedanken, verschränkte ihre Arme vor sich und blickte in die Ferne.
„Ich werde meine Herrin vor dem Krieg und selbst vor dem Tod beschützen.“
„In zwei Tagen werde ich eine kurze Reise antreten, das östliche Königreich werden ich und der Berater meines Vaters, bereisen.“
„Und welche Gründe gibt es dazu?“
„Meine Mutter hat einen Friedensvertrag ausgearbeitet, der die militärische Versorgung unserer Truppen für weitere sieben Jahre sichert. Aber Sie, sollten mit mir kommen, die Reise ist zwar nicht lang, aber gefährlich. Und das Königshaus hat inzwischen viele Feinde, selbst in den eigenen Reihen. Ich werde Sie brauchen, William.“
„Ich werde Euch beschützen“, entgegnete William ihr, erhob sich und trat einen Schritt vor und verharrte.
William bot ihr seine Hand an, sie nahm seine Hand, erhob sich schweigend, sah ihm lächelnd in die Augen und verließ den Garten. William verweilte noch an jenem Platze und sah selbst noch einmal zu den aufflackernden Lichtern in der Ferne ehe er sich in sein Gemach zurückzog.
William erwachte Schweißgebadet in seinen Gemächern, das bleiche Licht des Mondes schien durch die Fenster und erhellte die Räumlichkeiten. Er stützte seinen Oberkörper auf der Matratze ab, merkte wie sein Puls raste und sein ganzer Körper erzitterte; wieder jener Traum von einer blutigen Schlacht. William umfasste seine Oberarme und hielt sie eine weile fest, bis das Zittern nachließ und sein Puls sich beruhigte. Daraufhin atmete er tief durch, erhob sich aus seinem Bett und verschwand im Bad. Er ließ warmes Wasser in das Becken hinein, entzündete nebenbei die Lichter des Raumes, entkleidete sich allmählich und stieg ins dampfende Wasser. Er tauchte ein, ließ die glühende Hitze des Wassers seinen Körper umspülen und versuchte sich zu entspannen, Wasserdämpfe stiegen hinauf zur Decke und umgaben ihn wie ein kleiner Nebel, welcher ihn in jener Nacht umgarnte.
Er schloss die Augen, versuchte jenen Traum von sich zu lösen, doch stets kam er in sein Gedächtnis zurück, als schleichender Schatten. Selbst als er an Eleonore und ihre glatten schwarzen Haare dachte, die im Winde durcheinander gerieten und etliche Strähnen ihr ins Gesicht fielen. In seinen Gedanken waren sie beide ganz alleine auf der Veranda seines Gemachs und hielten sich in den Armen. Küssten sich zärtlich und alles was um sie herum geschah war nicht mehr von Belang. Doch immer wieder entzog sie sich seiner Nähe und verließ jenen Ort, William wollte nach ihr rufen, sagen sie solle doch bleiben, doch dann entschwand sie seinem Blick und er stand verlassen noch dort und blickte auf seine Hände, jene Hände die sie losließen. Und in diesem Moment merkte er, dass er wieder geträumt hatte. Er öffnete seine Augen und starrte hinauf zur Decke, mit dem kleinen runden Fenster, wo am Tage die Sonne hinein scheinen würde. Und schon bald würde es dämmern.
William stand auf, ging zu seiner sorgfältig zusammengelegten Kleidung, kleidete sich neu ein, kämmte sein Haar und band es zu einem Pferdeschwanz zusammen. Er konnte eh nicht mehr wieder zur Ruhe kommen daher entfachte er im Kamin des Wohnbereichs ein kleines Feuer, setzte sich in einen Sessel, faltete seine Hände, stützte sie auf seinen Armlehnen ab und sah in die Flammen. Diese Angewohnheit hatte er von seiner Mutter übernommen und half ihm beim Denken. Sein Geist kam nicht zur Ruhe, obwohl er den Schlaf so dringend benötigte. Sein ganzes bisheriges Leben spielte sich zwischen dem Schlachtfeld und dem Palast ab. Zwischen ihm und der Königsfamilie bestand ein vertrautes aber distanziertes Miteinander. Die Zuneigung die er zu Eleonore empfand, konnte er nur schwerlich verbergen und trotz all seiner Bemühungen wußte die Prinzessin von seinen Gefühlen. Er hasste sich dafür, seine Herrin zu verehren und gar zu lieben.
Das Knacken und Krachen der Holzscheite ließ William aufhorchen.
Er hatte sich wieder in seinen Gedanken vergraben, und es wurde langsam Zeit um zu Bett zu gehen, vielleicht konnte er nun doch noch ein wenig Schlaf finden.
Somit verließ er das Kaminzimmer und den Wohnbereich und legte sich zu Bett. Noch immer gaben seine Gedanken keine Ruhe, doch ein wenig länger noch und er würde eingeschlafen sein.
Zur selben Zeit weit entfernt, hallte der Schrei eines Falken durch das Gebirge. Es war kein gewöhnlicher Vogel, er war der Herr der Vögel und schon einige Jahrzehnte lang, lebte er dort in den Bergen. Doch anstatt zu seinem Hort zu fliegen, nahm er Kurs auf einen der höchsten Berge. Denn an jenem Ort, verborgen und geschützt von tiefen Gletschern und spitzen Felsformationen lag eine alte Festung. Mit bloßem Auge war sie nicht als solche zu erkennen, da ihre Mauern genauso gut aus dem Felsen gehauen worden sein konnten. Als Zentrum dieser Anlage ragte ein Turm gen Himmel, der ebenso aus dem Fels des Berges gehauen schien. Doch ganz oben, gab es ein kleines gewölbtes Fenster, das nach Süden schaute; aus diesem drang ein wenig Licht nach draußen, und der Falke, der kurz den Turm umkreist hatte, setzte sich nieder auf den Sims jener Öffnung und blickte mit aufmerksamen Augen hinein.
Der Kreisrunde Raum der sich ihm offenbarte, war spärlich möbliert, an der Decke hing eine kleine Lampe, mit einer Kerze, die nur wenig Licht spendete, und den Raum erhellte. Darunter stand ein alter Tisch, daran angrenzend ein Holzschemel zum Setzen. Der Tisch war beladen mit allerhand Manuskripten, Büchern und Schriften, die unsortiert auf der Ablage ausgebreitet dalagen. In einer Ecke des Raumes, lag eine verborgene Treppe, die unter dem Steinfußboden und einem alten Teppich lag. Doch der Eremit der diesen Turm sein zu hause nannte, war nicht anwesend. Daher ließ der Vogel seinen Ruf erschallen, und siehe da, man hörte schwerfällige Schritte von der Treppe herrühren. Und ein alter Mann, mit einem langen weißen Bart und ebenso langem weißen Haar, kam dem Falken entgegen. Der Mann war in ein olivgrünes Gewand gekleidet, stützte sich auf einen alten Stab, auf dem magische Runen eingeritzt waren. Dieser Mann, obwohl schon alt, lebte schon viel länger als sein Äußeres Preisgab. Sein Name war Peregrine, einer der Zauberer und der letzte Überlebende seines Rates, wenn man den verräterischen Zauberer nicht dazu zählte.
Er kam dem Vogel näher und gab ihm mit einem Handzeichen zu verstehen, dass er sich in den Raum niederlassen durfte.
Peregrine war mit der Natur und ihren Geschöpfen vertraut und verstand die alte Sprache, welche die Tiere sprachen, und so fragte er den König der Lüfte, welche Neuigkeiten es in der weiten Welt gab.
„Mein alter Freund, welches Übel wird wohl geschehen sein, dass du meine Hilfe erbittest?“
„Der Schatten breitet sich über diese Welt aus, Ihr müsst diesen Ort verlassen, es wäre zu gefährlich hier zu verweilen“, gab der große Vogel von sich und blickte hinaus, aus dem Fenster. Zwar sah man ihm seine Besorgnis nicht an, doch wenn der Herrscher über die Vögel selbst zu Peregrine kam, so hatte es bedeutende Gründe.
„Der Schatten sagst du? Dann wird bald der dunkle Zauberer hier aufkreuzen“,- er machte eine kurze Pause ehe er weiter sprach- „ich werde hier bleiben. Aber du, mein gefiederter Freund, solltest von hier verschwinden.“
Der Falke gab einen Schrei von sich, der seine Treue zu dem alten Mann zum Ausdruck brachte.
„Ich weiß, doch vielleicht gibt es eine Möglichkeit, dass der dunkle Zauberer seine alte Macht nicht wiedererlangt“, überlegte der alte Mann. „Wir müssen jemanden finden, der mutig genug ist, gegen diesen Mann in die Schlacht zu ziehen. Finde du ihn und bringe ihn zu mir, sobald du ihn gefunden hast. Ich werde die nötigen Vorbereitungen treffen müssen.“
Der Falke breitete seine Schwingen aus und flog hinaus in die Freiheit.
„Ich werde denjenigen finden“, rief der Vogel und verschwand im Sonnenaufgang.
Peregrine stand noch lange am Fenster und sah dem Sonnenaufgang entgegen; er hatte schon seit einigen Jahren die Befürchtung gehegt, dass der dunkle Zauberer wieder erscheinen würde. Und in den letzten drei Jahren, wuchs ein Unbehagen in ihm, eine Vorahnung, die jedes Tier mit ihm teilte. Nur jene Menschen, die dieses Schicksal betraf, verhielten sich so wie eh und je. Peregrine schüttelte bedächtig den Kopf vor soviel Ignoranz der Menschen, egal zu welchen Belangen.
„Wie soll ich diese Welt noch beschützen, wenn die Menschen uneins untereinander sind?“ murmelte er in seinen Bart und blickte nachdenklich auf seine alten Hände. Er hatte viel Kraft damals eingebüßt, als er von jenem Verräter fast Hingerichtet wurde und seine gesamte Kraft auf die Verwundungen konzentrieren mußte, alterte auch sein äußeres und vom einstigen jung wirkenden Menschen, blieb nur ein alter gebrochener Mann zurück.
Peregrine wandte sich vom Fenster ab und verließ das kleine Zimmer über die gewundene Treppe, er hatte noch viele Vorbereitungen zu treffen, wenn der Falke wiederkehren würde.
William und Eleonore gingen durch die Gartenanlage, er, in seiner Rüstung aus Leder und Platten gekleidet, während sie in einem eleganten grünen Kleid einher ging, welches an den Säumen mit vielen kleinen glitzernden Diamanten besetzt war. Der Morgen war noch jung und die rötliche Färbung der aufgehenden Sonne ließ, jene Diamanten in orange rötlichem Farbton schimmern. Eleonore hatte ihre langen schwarzen Haare zu einem langen Zopf geflochten, während an ihrem Hals ein kleines Kettchen lag, an dem ein kleiner grüner Smaragd hing, der von reinstem Silber umfasst war; ein Geschenk von ihrer Mutter zu ihrem achtzehnten Geburtstag. Sie liebte diesen Anhänger und konnte sich nie von ihm trennen.
Sie gingen die längere Runde, einmal durch den gesamten Gartenbereich, während Eleonore stets stehen blieb und sich die vielen verschiedenen Blumen und Kräuter ansah, die zu dieser Zeit in hunderten von Farben erblühten. Sie erfreute sich jeder einzelnen Pflanze und lächelte immer wieder zu William, wenn sie sich kurz niederkniete, um eine bestimmte Blume sich anzusehen. Doch William verzog die meiste Zeit keine Miene, da er die Aufgabe als Leibwächter sehr ernst nahm und beobachtete selbst dort die Umgebung.
„William, wir sind hier auf Vaters Grundstück. Hier wird es keine Gefahr geben“, sagte sie zu ihm, erhob sich aus der knienden Haltung und blickte ihm streng in die Augen, „ich will nur diesen einen ruhigen Morgen friedlich verbringen und nicht fürchten, das an der nächsten Ecke ein Attentäter wartet“, sagte sie mit einem leisen, fast trauernden Tonfall und blickte betrübt an ihm vorbei.
„Ich will meine Aufgabe mit großer Sorgfalt erfüllen, andernfalls wird eine andere Person meine Aufgaben übernehmen.“
Sie nickte und ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln.
„Lass uns kurz irgendwo hingehen, wo uns keiner sieht“, sagte sie und machte wieder ein trauriges Gesicht, während sie sich schon in Bewegung gesetzt hatte. William blieb stehen und sah sie fragend an.
„Das war ein Befehl von deiner Herrin“, entgegnete sie ihm vorwurfsvoll und lachte.
William setzte sich in Bewegung um mit der Prinzessin mithalten zu können, die schon ein wenig vor gerannt war.
Als er sie endlich einholte, waren sie beide auf der letzten Gartenebene und standen vor der Abgrenzungsmauer, die den Garten von der Landschaft dahinter abgrenzte. Außer Atem und ein klein wenig Erschöpft, ließ sich Eleonore auf die Knie sinken, holte tief Luft und lachte herzhaft. Sie waren beide in eine Ecke des Gartens, die von hohen Sträuchern und einigen Bäumen gesäumt war, und man sie beide vom Schutzwall und dem Palast aus nicht erblicken konnte.
„Ich war schneller als Sie“, lachte sie und mußte immer noch nach Atem ringen.
„Wenn ich gewusst hätte, das meine Majestät ein Wettrennen daraus machen würde, hätte ich mich mehr ins Zeug gelegt“, entgegnete William lächelnd, und wischte sich ein wenig Schweiß von seiner Stirn; „aber was machen wir hier?“
Eleonore richtete sich auf und sah ihm in die Augen.
„Egal wohin ich gehe, stets werde ich von Menschen beobachtet. Dieser Palast gleicht einem Gefängnis, ich bin nie allein“, gab sie zur Antwort und die Fröhlichkeit in ihrem Gesicht wandelte sich in Kummer, „ich habe nur Euch, dem ich was anvertrauen könnte, doch seit ihr mein Leibwächter und meinem Vater unterstellt. So kann ich nicht offen Sprechen.“
William trat an sie heran, legte freundschaftlich seine Hände auf ihre Schultern.
„Wenn Ihr mir befiehlt, werde ich niemandem ein Wort von dem sagen, was Ihr mir anvertraut, selbst eurem Vater nicht.“
„Versprochen?“ hakte sie noch einmal nach.
„Versprochen und vereidigt“, sagte er und lächelte ihr ins Gesicht.
Eleonore strahlte wieder die Freude und Zufriedenheit aus, die William so sehr an ihr schätzte, als er die Worte aussprach.
Sie war mehr als nur glücklich, und sie wußte, dass ihr Leibwächter der richtige für jene Reise war. Er war nun mehr als ein Leibwächter, er war ihr Vertrauter und vielleicht konnte sie seine Ergebenheit nutzen, um auf der bevorstehenden Reise keinen Ärger zu bekommen.
„Wir werden Morgen in der Früh uns auf den Weg machen, ich bin Sicher das Ihr noch einiges zu erledigen habt“, sagte sie unter stetigem Lächeln und verabschiedete ihn, bevor sie sich auf den Rückweg machte.
William verbeugte sich militärisch knapp und verließ in einigen Metern Abstand zu seiner Prinzessin den Garten. Er hatte sicherlich noch einige Sachen zu packen und einigen Freunden auf Wiedersehen zu sagen, doch das konnte bis heute Abend warten, wenn er sie in der Stadt antreffen würde, dort wo sie immer gerne saßen, in einem Lokal im Theaterviertel der Hauptstadt. Bis dahin, würde er sich um wichtigere Dinge kümmern.
William packte einige seiner kleineren Gepäckstücke die er für Notwendig hielt in einen kleinen Ledersack, den er letztendlich fest verschnürte und am Sattel seines Pferdes befestigte. Sein Pferd war ein schwarzer Hengst, mit einem schimmernden Fell. Er liebte es, seit er es vor zwei Jahren erhielt, als ein Geschenk des Königs, nach einer gewonnenen Schlacht, die erheblich dazu beitrug, die westlichen Grenzen zu sichern.
Nachdem William sein Pferd gestriegelt und die Hufe gepflegt hatte, stellte er den Sattel schon einmal bereit und gab dem Pferd neues Futter. Danach überließ er dem Stallburschen, ein Junge mit braunen Haaren und einen wachen Blick, die Pflege seines Pferdes.
Er ging auf den Innenhof, der die Ställe und die Kasernen miteinander verband und wollte sich gerade zum Gehen entscheiden, als sein Blick an eines der beiden Dächer der Kasernen fiel, dort droben, saß ein großer Vogel mit ebenfalls wachen Augen und beobachtete ihn. Vom Aussehen schien es ein Falke zu sein, doch die Größe war nahezu Majestätisch und überragte so manchen Vogel dieser Art. Und dieser schien ihn gerade zu beobachten, doch in diesem Augenblick, als William zu ihm hinauf blickte, breitete er seine Flügel aus und erhob sich in den Himmel. Und bald verschwand er aus seiner Sicht. William blickte einen Moment zu Boden und ließ seine Gedanken um die baldige Reise der Prinzessin schweifen. Er ging quer über den Hof, vorbei
Publisher: BookRix GmbH & Co. KG
Text: Falk Lauterbach
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Publication Date: 11-04-2013
ISBN: 978-3-7309-7598-5
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Ich widme dieses Buch meiner Familie. Insbesondere meinem Sohn und meiner liebenden Ehefrau.