Heraklit
Lass es uns gleichtun
dem Mond
der sich immer neu
auf dem Wasser
erfindet
Lass uns
einander begegnen
in der noch jungen
unausgeküssten
Nacht
Lass uns
nach jeder Umarmung
verschwunden
uns wieder erkennen
verschwunden
und Andere sein
In der Winterfrühe
Wir lagen zusammen
in der Winterfrühe
Das Gefieder des Lichts
bauschte sich auf
über unseren Körpern
die enger sich
ineinander schmiegten
am Rand
unserer atemschöpfenden
unserer gemeinsamen Nacht
Ich sah durchs Fenster
noch halb von dir benommen
halb von Schlaf
zwischen alten Bäumen
weißen Rauch
aufsteigen
vom benachbarten Haus
aufsteigen
weißen Rauch
dem eisklaren
heller werdenden Raum entgegen
Verwandelte Landschaft
Während ich Dich umarme
fällt Schnee
Die Welt
vor unserem Fenster
eine in Weite und Angekommensein
verwandelte Landschaft
Der Schnee macht
dass das Novemberzwielicht
das sonst so klamm
auf den Menschen und den Dingen lastet
geräumiger wird
und weicher
Jedes Geräusch
jede Stimme darin
hebt sich auf
Der Schnee fällt
dichter ins Zimmer
auf Laken und Kissen
So zugeschneit
zwei Zueinandergewehte
sind wir ganz Ohr
Das Schneefeld
Das Schneefeld
das sich ausbreitet
krähenschwingenweit
vom Auge zum Baum
über den Fluss bis zum Fels
es tanzt
als flirrender Punkt
auf der Netzhaut
Das Schneefeld
ein Blickfeld
tagesmondsanft
jenseits der Raumangst
Mit einem Amselrufen
Die Nacht
die Drohnacht
lässt ab von dir
mit einem Amselrufen
Die Wolken gleiten
zaghafter als sonst
und tiefer
schlaflandeinwärts
als wäre da
auf Ebene und Fluss
ein Widerhall
des fallenden Schnees
Die Nacht ist hell
Publisher: BookRix GmbH & Co. KG
Publication Date: 03-13-2020
ISBN: 978-3-7487-3188-7
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Für Esther