Emma Bieling
Eine Insel zum Dessert
***
»Allen Frauen, die tagtäglich ihren Mann stehen!«
Ein Dankeschön geht an:
Lektorat/ Korrektorat: Sabine Kirste
Inhaltliche Textberatung: Marcus Gieske
Cover-Design: Alexa Kim/ Coverdesign by A&K Buchcover
Sowie an alle meine treuen Leser**innen
Copyright ©Emma Bieling
Erstausgabe 4/2020
Alle Rechte vorbehalten.
Jede Verwertung und Vervielfältigung, auch nur auszugsweise, sowie die Übersetzung dieses Werkes ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet. Personen und Handlungen sind frei erfunden.
Über das Buch:
Lucy erbt unverhofft ein halbes Café in der Innenstadt von Buxtehude. Ehrgeizig stürzt sie sich in ihre neue berufliche Aufgabe mit dem Ziel, etwas mehr Pepp ins altbackene Café ihrer verstorbenen Tante zu bringen. Doch es gibt ein Problem: Ihre quietschlebendige Tante Martha, der die andere Hälfte des Cafés gehört. Und die ist wenig begeistert von Lucys Erbantritt. Martha macht schnell klar, dass sie die Chefin ist und das Café so weiterführen wird, wie schon seit 40 Jahren. Kein leichter Start für Lucy, die verzweifelt nach einer Möglichkeit sucht, den Umsatz des Cafés kostendeckend zu steigern. Beim Lesen der Todesanzeigen stößt sie eines Tages auf eine merkwürdige Annonce, die ihr ganzes Leben auf den Kopf stellt.
Liebe Leser**innen,
diese kurzweilige und mit Augenzwinkern verfasste Geschichte bereitet euch hoffentlich genauso viel Freude, wie sie mir beim Schreiben bereitet hat. Begleitet meine Protagonistin Lucy ein Stück weit auf ihrem Lebensweg, der nach einem unverhofften Erbe eine unerwartete Wendung nimmt. Ob am Ende alles gut wird, verrate ich nicht. Aber eines darf ich euch dann doch schon ankündigen: Am Ende der Chick Lit-Story wartet ein selbst kreiertes Cupcake-Rezept auf euch. Um dieses Rezept auch angemessen in der Praxis zu testen, hatte ich die allerbeste Unterstützung einer Leserin und mittlerweile liebgewonnenen Freundin, die das »Cupcake der Liebe« - so wie ich es in meiner Geschichte nenne – für euch Probe-gebacken und geschmacklich getestet hat. Danke, liebe Susi, für deine Unterstützung, sowie die detaillierte Back-Anleitung und das Foto am Ende des Buches. So, und nun wünsche ich euch heitere Lesestunden mit »Eine Insel zum Dessert«,
eure Emma
Ich habe ein halbes Café geerbt? Lucy blickte verdutzt auf das anwaltliche Schreiben in ihrer Hand. Erneut las sie die Zeilen des Mannes, der ihr diesen Brief geschickt hatte – dem Anwalt und Notar von Tante Traudchen, wie Lucy sie in ihrer Kindheit immer nannte.
-----------------------------------
Rechtsanwalt & Notar
Hanno Behrends
Altklosterstraße 101
21614 Buxtehude
Sehr geehrte Frau Gerstenberger,
hiermit möchte ich Ihnen den letzten Willen von Traudel Weberknecht übermitteln, die vergangene Woche dahingeschieden ist und gemäß ihrem Wunsch auf der Familiengrabstätte Weberknecht in einer Urne beigesetzt wurde.
Ich, Traudel Weberknecht, bin Miteigentümerin eines Caféstübchens in Buxtehude, das ich zusammen mit meiner Schwester Martha Weberknecht seit mehr als vierzig Jahren bewirtschafte. Mein Anteil von fünfzig Prozent an der Immobilie soll nach meinem Ableben ohne Einschränkungen an meine Nichte Lucy Gerstenberger übertragen werden. Das ist mein Wille, den ich im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte hiermit niederschreibe.
Buxtehude, 09.04.2019
Traudel Weberknecht
Ich bitte Sie, mich diesbezüglich am Montag, dem 19.05. in der Zeit von 10.00 – 12.00 Uhr in den Räumlichkeiten meiner Kanzlei aufzusuchen, um alle weiteren Formalitäten abzuklären.
Mit besten Grüßen
Hanno Behrends
------------------------------------
„Tatsächlich! Ich habe die Hälfte vom »Goldenen Kännchen« geerbt“, murmelte Lucy auf dem Weg vom Briefkasten hoch zu ihrer Wohnung. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, weshalb ihre Tante ausgerechnet sie testamentarisch bedacht hatte. Sie hatten sich doch kaum gekannt, sie und ihre Tante Traudel. Lucy legte den Brief auf die Kommode im Flur, ging zur Küche und setzte Kaffee an.
„Mom, diese Schuhe hier will ich unbedingt“, offenbarte Lucys pubertierende Tochter lautstark, während sie auf ihren klobigen Trendturnschuhen in die Küche gepoltert kam. Wozu man Turnschuhe mit einer derartig hohen Laufsohle brauchte, war Lucy schon länger ein Rätsel. Zu ihrer Zeit zog man Turnschuhe lediglich zum Sport in der Schule oder Joggen um den Häuserblock an. Eva tippte mit ihren überlangen Kunstfingernägeln auf grünleuchtende Lackstiefel im Modekatalog, die länger als die Beine von Naomi Campbell schienen.
„Kommt nicht in Frage!“, wehrte Lucy ab, und versuchte damit den letzten Funken Seriosität ihrer Tochter zu bewahren.
„Wieso denn nicht?“, motzte Eva.
„Weil du erst dreizehn bist und man für diese Art Schuhe mindestens verzweifelt, ungeküsst und achtunddreißig sein sollte.“
„Aber alle Mädchen aus der Schule tragen diese Schuhe“, maulte Eva weiter.
„Ich sagte nein!“
„Nie darf ich haben, was ich will!“
Eva rannte ins Kinderzimmer und warf die Tür ins Schloss, dass es nur so krachte. Den Modekatalog hatte sie auf dem Küchentisch zurückgelassen. Lucy blätterte sich gedankenversunkend durch die neue Frühjahrskollektion, die eigentlich doch für junge Mädchen sein sollte, aber eher wie der Inhalt von Paris Hiltons Kleiderschrank aussah. Wo war bloß ihr kleines Mädchen geblieben, das so gerne Zopfhalter mit Barbie-Motiven trug und mit der Lucy an jedem Sonntag Trickfilme anschaute? Was war passiert, dass aus pinkfarbenen Pferdeshirts plötzlich schwarzgrüne und viel zu knappe Null-Bock-Pullis geworden waren? Lucy seufzte auf. Ihr fehlten irgendwie diese harmonischen Stunden mit Eva.
Zwei Stunden später hatte Lucy den Tisch zum Abendbrot gedeckt, sich darangesetzt und auf Evas Zimmertür gestarrt. Aber die blieb verschlossen, wie so oft, wenn Eva nicht bekam, was sie wollte.
„Nun komm schon raus!“, rief Lucy ein allerletztes Mal, bevor sie mit sich selbst speiste. Aus Evas Zimmer schallte ein Lied, dessen Text es früher locker auf den Index für jugendgefährdende Medien geschafft hätte. Aber heutzutage war eben alles anders! Lucy las den Brief des Anwaltes noch einmal durch, um sicherzustellen, dass Tante Traudchen tatsächlich auch sie gemeint hatte. Aber ihr Name stand deutlich lesbar im Testament. Lucy hatte ein halbes Café geerbt und wusste nicht so recht, ob sie sich darüber freuen sollte. Sie hatte keine Ahnung, was sie erwarten würde. Erstrecht nicht, was sie als Inhaberin eines halben Cafés zu tun hatte. Sie wusste nur, dass sie den Inhalt des Briefes gerne mit Eva geteilt hätte, hier an diesem Abendbrottisch. Aber stattdessen saß sie, wie schon oft zuvor, alleine daran und träumte sich in die Rolle der perfekten Mutter.
Eine Woche später.
Das Büro des Notars wirkte altbacken mit einem Hauch Nostalgie. Lucy setzte sich dem ergrauten Juristen gegenüber und blickte ihn fragend an. Er blätterte in einem Aktenordner, fixierte sie und sagte: „Dürfte ich bitte um Ihren Personalausweis bitten, zum Abgleich der Daten.“
Etwas nervös wühlte Lucy in ihrer Handtasche und beförderte das Dokument zutage. Hanno Behrends warf einen Blick darauf, dann auf sein Gegenüber und legte das Ausweisdokument auf den Kopierer hinter sich.
Lucy blickte sich währenddessen um.
„Ein schönes Gemälde“, schwärmte sie vernehmbar von einem handgemalten Bild, das das einzige Objekt in diesem Raum war, welches ein wenig Farbe ins Büro brachte.
„Von meiner verstorbenen Frau“, erwiderte Hanno Behrends. Ein winziges Lächeln huschte über sein zuvor so ernstes Gesicht. „Sie mochte es Landschaften in Öl zu malen“, fügte er hinzu. In seiner Stimme schwang hörbar Stolz, aber auch Trauer mit. Lucy nickte verlegen. Die Worte, die ihr noch zum Kunstwerk auf der Zunge lagen, schluckte sie hinunter. Nicht etwa, dass es kritische Worte waren. Nein! Sie wollte eben nur nicht unnötige Erinnerungen bei Hanno Behrends hervorrufen. Eines hatte sie gelernt im Leben: Erinnerungen konnten schon verdammt heftig wehtun.
„Sie können ihn wieder einstecken“, sagte Hanno Behrends, schob den Ausweis über den Bürotisch und lehnte sich zurück in seinen Lederohrensessel, der ebenso altertümlich wirkte wie der Rest vom Mobiliar. „Ihre Tante muss Sie sehr gemocht haben“, begann er auf das Testament einzugehen. „Immerhin hat sie Ihnen einen Wertanteil von derzeit dreiundneunzigtausend Euro überlassen.“
Lucy schluckte. „So viel?“, stotterte sie, immer noch daran zweifelnd, dass Traudel Weberknecht tatsächlich sie als Erbin benannt hatte. „Wir kannten uns kaum, Tante Traudel und ich“, versuchte sie vorsichtig ihr Verhältnis zur Schwester ihres Vaters zu erläutern.
Hanno Behrends zuckte gelassen mit seinen Schultern.
„Ich kenne die Gründe Ihrer Tante nicht. Juristisch ist nichts daran auszusetzen. Lediglich eine Frage bleibt zu klären.“ Er schwang sich aus seiner entspannten Haltung nach vorn und schob ein Formular über den Echtholztisch. „Möchten Sie das Erbe antreten?“ Dabei tippte er mit seinem Finger auf den unteren Abschnitt. „Wenn ja, dann unterschreiben Sie bitte hier.“
Lucy zögerte. „Ich weiß gar nicht, was ich mit einem halben Café tun soll.“
„Verstehe“, erwiderte Hanno Behrends. „Also möchten Sie Abstand nehmen und das Erbe ausschlagen?“
„Nein! Oder doch? Ich weiß es nicht. Was passiert dann mit dem Café-Anteil?“
Er räusperte sich. „Ach wissen Sie, für diesen Fall würde der Anteil öffentlich versteigert werden, was gewiss das Aus für die Schwester der Verstorbenen wäre. Denn sie darf weder den Anteil ersteigern noch jemandem abkaufen. Das hat Traudel Weberknecht vertraglich so regeln lassen.“
„Sie meinen, Martha Weberknecht hat keine Möglichkeit an die andere Hälfte ihres Cafés zu gelangen?“
„So steht es im erweiterten Testament, für den Fall, dass Sie ablehnen. Martha Weberknecht müsste dann wohl schließen und ihren Anteil ebenfalls verkaufen.“
Lucy verstand nicht viel von Immobilienverkauf oder Cafés. Aber sie wusste, dass sie nicht am Aus von Tante Martha schuld sein wollte. Auch wenn sie diese noch weniger als Tante Traudel kannte.
„Ich tu es! Wo muss ich unterschreiben?“
Schon komisch, dachte Lucy während sie die letzten Cent-Stücke aus ihrer Brieftasche hervorkramte. Da bin ich nun eine angehende Geschäftsfrau und kratze immer noch das Geld für den Lebensmittel-Discounter zusammen. Über ihr Gesicht huschte ein zufriedenes Lächeln, wie lange nicht mehr. Dennoch fand sie den letzten Willen von Tante Traudel schon ziemlich heftig und gemein gegenüber der eigenen Schwester. Was sie wohl dazu bewegt hatte, ein derart groteskes Testament zu verfassen? Lucy schwante eine Antwort. Doch den Gedanken an die innerfamiliäre Fehde, von der ihr Vater mal erzählte, drängte sie schnell wieder beiseite. Auf noch mehr Probleme hatte sie absolut keine Lust. Evas Pubertät reichte ihr voll und ganz.
„Grüß dich, Lucy“, sagte die Kassiererin, die gleichzeitig Lucys beste Freundin war, während sie die Kartoffeln übers Band schob. „Die Zwiebeln sind heute im Angebot. Zwei Säcke zum Preis für einen“, fügte sie hinzu.
Lucy kicherte. „Danke, Nancy. Aber was soll ich bitte mit fünf Kilo Zwiebeln?“
Nancy warf ihren Kopf zurück und legte ein nachdenkliches Gesicht auf. „Vielleicht für eine Gesichtsmaske mit Heul-Garantie?“, erwiderte sie keck und zog den Rest des Einkaufs übers Kassenband. „Das wären dann achtunddreißig Euro und zweiundzwanzig Cent.“
Lucy legte das abgezählte Geld hin, griff ihren Kassenbeleg und flüsterte Nancy zu: „Ich habe es getan.“
Nancy ließ einen schrillen Schrei los.
„Echt jetzt? Du bist Cafébesitzerin?“
„Geht es da vorne mal weiter!“, rief ein dickerer Mann in schmutziger Arbeitskleidung. „Es gibt nämlich auch Menschen, die stehen in Arbeit.“
„Nancy verzerrte ihr Gesicht und spitzte die Lippen.
„Was denken Sie was ich hier tue? Auf meine Bezüge vom Amt warten?“
Der beleibte Bauarbeiter winkte kopfschüttelnd ab.
Lucy, der das ganz furchtbar peinlich war, wurde nervös. „Mensch Nancy, wir sprechen später darüber, bevor es noch Ärger gibt.“
Nancy grinste.
„Was will er tun? Mit seinem Magermilch-Joghurt werfen? Aber okay, bis später, Süße.“
Zu Hause ist es immer noch am allerschönsten, hatte Lucys Großmutter immer zelebriert. Auch das ist heutzutage anders, dachte Lucy und drückte sich mit ihren Einkaufstüten durch die sieben Teenager, die ihren Korridor belagerten. Als Eva sie sah, kam sie ihrer Mutter zur Hilfe. Nicht etwa, dass sie ihr eine der Einkaufstüten abnehmen wollte. Nein! Sie positionierte ihre Freundinnen zur Seite.
„Macht mal Platz da vorne und lasst meine Mom in die Küche.“
Lucy hievte die schweren Beutel mit einem Ruck auf die Küchenbank und überlegte, ob sie Eva einen Aufmerksamkeitsorden ihrer Mutter gegenüber verleihen oder sie nach dem Grund des überfüllten Korridors fragen sollte. Sie zog es vor zu schweigen und begann die Lebensmittel wegzuräumen. Kurz darauf war alles verstaut, als es an der Tür läutete.
„Ist für mich“, rief Eva in die Küche, drängte sich durch den Flur und ließ zwei weitere Mädels hinein. Mit lautem Gekicher erzählten sie von einem obercoolen Ben aus der zehnten Klasse.
„Der hat sich einen Ring durch die Lippe ziehen lassen?“, schrie eine der bereits zuvor herumstehenden Mädchen hysterisch und sprang wild auf und ab. „Das ist ja sowas von cool.“
Eva kreischte mit. „So einen muss ich auch haben!“
Sie muss was? Lucy verschaffte sich Gehör und rief im selben Ton der Teenager: „Seid ihre denn alle völlig durchgeknallt?“ Dann wandte sie sich zu Eva, die peinlich berührt von den Worten ihrer Mutter im Türrahmen stand. „Bevor du über Nasenringe, Lippenringe oder sonst was für Ringe nachdenkst, solltest du erst einmal deine Noten verbessern, dich mehr um den Haushalt kümmern und deine Modemarotten überdenken!“
Eva schluckte den Kloß der Entrüstung fast hörbar hinunter.
„Was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen?“, murrte sie zurück, um damit von ihrer Pein abzulenken.
„Keine Laus, mein Fräulein! Aber eine Ente! Und zwar eine mit weichem D.“
Alle Teenager waren mit einem Mal still. Lucy konnte deutlich den Ausdruck eines Hä? in ihren Gesichtern erkennen. Verstanden die etwa nicht, was sie meinte? Kannten die tatsächlich nicht den Unterschied zwischen einer Ente und dem Ende dieses häuslichen Massengekichers, das Lucy so unheimlich nervte? Sie holte tief Luft und dachte an Nancy, und das, was sie immer in Bezug auf Kindererziehung predigte. Niemals auf der Nase herumtanzen lassen und rechtzeitig Grenzen ziehen. Dann nahm sie allen Mut zusammen.
„Raus! Und zwar alle!“
„Aber Mutter“, sagte Eva entsetzt. „Wir haben doch überhaupt nichts getan.“
„Ihr kichert herum, versperrt mir den Weg und sorgt dafür, dass ich mich im eigenen Zuhause wie in einer Bahnhofshalle fühle.“ Dann wies Lucy mit der Hand zur Tür.
„Raus mit euch! Sofort!“
Der frühe Abend war ebenso still, wie der restliche Nachmittag des Tages. Eva war noch nicht zurückgekehrt. Langsam begann sich Lucy zu sorgen, bereute sogar die gestrenge Mutter heraushängen lassen zu haben. Nur Nancy, die nach ihrer Schicht vorbeigekommen war, fand Lucys Sorgen unnötig und bestärkte sie in ihrer Haltung.
„Das war völlig korrekt, glaub mir! Du musst dir keine Vorwürfe machen.“
„Aber wenn sie nun nicht mehr heimkommt? Oder plötzlich zu einen dieser Straßenkids wird?“ Lucys Augen füllten sich mit Tränen. „Verdammt, Nancy! Hast du daran mal gedacht?“
„Nun mach dich mal nicht fertig deshalb. Sie wird schon gleich heimkommen, wirst sehen. Und wenn nicht, dann wirst du ihr das Taschengeld kürzen und sie ordentlich maßregeln.“
Lucy nickte verdrossen. Dabei wanderte ihr Blick, wie automatisiert zur Wohnzimmeruhr, die Wand entlang. Gleich zweiundzwanzig Uhr. Sie sprang auf und verschüttete ihren Sekt, mit dem sie doch eigentlich auf die neue Zukunft anstoßen wollte. Nancy hatte sogar einen richtig guten Tropfen mitgebracht. Einen, der nicht im Sonderangebot war.
„Ich halte das nicht länger aus!“, rief Lucy und griff zum Telefon.
„Was hast du vor?“
„Am besten, ich rufe erst einmal alle ihre Freundinnen an.“
Nancy schüttelte nachdenklich mit dem Kopf.
„Ich weiß nicht. Das sieht so hoffnungslos aus, als würdest du zu Kreuze kriechen.“
„Tu ich doch auch! Irgendwie jedenfalls“, erwiderte Lucy.
„Wirst du nicht tun!“ Nancy stand auf und griff nach dem Telefon in Lucys Hand.
„Hör auf mit dem Quatsch und gib mir sofort das Telefon wieder!“
„Zuerst einmal wirst du dich jetzt beruhigen und wieder hinsetzen.“
Lucy ließ sich in das abgewetzte Sofa fallen, das eigentlich schon viele Jahre ausgedient hatte. Aber nie reichte das Geld für ein Neues.
„Und nun erzähle ich dir mal was über psychologische Erziehung“, sagte Nancy mit ernster Miene und ließ sich ebenfalls zurück aufs Sofa fallen. Dabei legte sie ihren Arm um Lucy.
„Also …“, begann sie. Und sie erzählte Lucy alles, was Mütter von pubertierenden Teenies unbedingt wissen mussten, denn in Teenagerbelangen war Nancy unschlagbar. Immerhin hatte sie gleich drei Stück von der pubertierenden Sorte.
Als der Sekt zuneige ging, waren auch Lucys Ängste etwas gemildert. Leicht angeheitert brachte sie Nancy zur Tür und drückte ihr ein Küsschen auf die Wange. Dabei vernahm sie Schritte im Hausflur.
„Eva, bist du das?“, rief Lucy hoffnungsvoll hinunter.
„Wenn ich es wäre, bekäme ich dann Ärger?“, hallte es hinauf.
Nancy schmunzelte, während sich Lucy ein Nein verkniff. Sie legte eine ernste Miene auf und versuchte Nancys Ratschläge zu befolgen.
„Komm erst einmal hoch, dann sehen wir weiter.“
Immerhin war Eva über vier Stunden zu spät. Logisch, dass da eine Bestrafung folgen musste, wenn auch nur in Form einer Hausarbeit. Psychologische Erziehung war also im doppelten Sinne gut. Für Mütter und Kinder gleichermaßen.
Am nächsten Morgen stand Lucy vorm Spiegel und beäugte sich skeptisch. Eva war gemäß ihrer Strafe an diesem Samstag schon zeitig aufgestanden und klapperte mit dem Geschirr in der Küche herum.
„Was denkst du?“, rief Lucy aus dem Schlafzimmer. „Sollte ich die schwarze Stoffhose anziehen?“
„Stoffhosen sind uncool. Zieh Jeans an“, rief Eva zurück. „Und außerdem ist das ja kein Nobelschuppen, sondern nur ein Altweiber-Café.“
Ein Altweiber-Café? Lucy runzelte die Stirn. „Was soll das heißen? Bin ich etwa alt?“
„Noch nicht so ganz. Aber die Weiber, die sich dort zum Kaffeeklatsch treffen, so wie Tines Mutter.“
Lucy versuchte sich krampfhaft an die Mutter von irgendeiner Tine zu erinnern. „Tine, mit den blauen Strähnen?“, fragte sie, immer noch zweifelnd, ob sie Stoff- oder Jeanshose anziehen sollte.
„Ja, genau die. Aber sie hat jetzt grüne Strähnen, weil die besser zu ihren Schuhen passen.“
Lucy rief sich die Mutter dieses Paradiesvögelchens in Erinnerung. Und sie war nicht der Auffassung, dass die schon zum alten Eisen gehörte. „Die ist doch nicht alt.“
„Wer?“, fragte Eva.
„Na die Mutter von dieser Tine.“
Lucy blickte an sich hinunter. Ihre Taille war etwas drall geworden. Zu speckig, um die buntgeblümte Bluse hineinzustecken, dachte sie und ließ das beste Stück ihrer Blusensammlung leger darüber hängen.
„Die ist doch schon in Rente wegen ihrem Rücken“, rief Eva zurück. „Und Rentnerinnen sind ja wohl alte Weiber.“
Was für eine Logik, fuhr es Lucy durch den Kopf. Wie gut, dass ich noch arbeitsfähig bin und nicht als altes Weib abgestempelt zu einer Caféhaus-Randgruppe gehöre. Diese Art der Eingliederung fand Lucy respektlos. Zumal sie nicht viel jünger war als das sogenannte alte Weib.
„Ich finde nicht, dass man Menschen anhand eines Renten-Status in die Schublade „alt“ einordnen sollte“, widersprach Lucy, während sie sich vorm Spiegelschrank drehte. „Schau mich an! Ich bin Anfang vierzig und sehe in meiner Lieblingsbluse immer noch locker wie dreißig aus. Und da ändert ein Status doch nichts dran.“
Eva äugte um die Tür ins Schlafzimmer und kicherte. „Du siehst aus wie eine welke Blume mit schwarzem Stängel. Ach übrigens, das Frühstück ist fertig.“
Lucy grinste. „Was heißt hier welke Blume? Denkst du echt, ich sollte eine andere Bluse anziehen?“
„Nee, Mom! Eine andere Bluse tut es da nicht.“
„Vielleicht ein Rock dazu?“
Eva legte eine nachdenkliche Miene auf.
„Hm, du solltest stylischer rumlaufen. Moderner, flotter eben. Und unbedingt deine Haare aufpeppen lassen. Vielleicht sogar mit etwas Farbe spielen.“
„Aber nicht grün“, erwiderte Lucy erschrocken, aber dennoch bereit, ihrem Aussehen etwas mehr Glanz zu verleihen. Wenn das der Weg war, um Eva wieder näher zu kommen, dann wollte sie ihn gerne gehen.
Eva trat heran und wühlte mit ihren Fingern in Lucys herabhängendem Haar herum.
„Du solltest sie durchstufen und den Pony ausfransen lassen. Dazu ein kräftiges Rot. Nein! Dunkelrot am besten. Und schon siehst du um Jahre jünger aus.“
Lucy stellte sich ihr Gesicht mit ausgefranstem Pony und dunklem Rot vor. „Hm, würde mir bestimmt stehen“, murmelte sie.
„Klar würde es das“, sagte Eva und zerrte am Arm ihrer Mutter. „Aber jetzt sollten wir mal frühstücken, bevor der Toast kalt und labberig wird.“
Die Innenstadt von Buxtehude war voller Menschen an diesem Samstag, die allesamt zum jährlichen Stadtfest gekommen waren. Jeder hastete in eine Richtung, kreuz und quer die Straßen entlang. Von einer aufgebauten Bühne schallte Musik, Autos hupten sich den Weg frei und ein kleines Mädchen rannte heulend seinem schimpfenden Vater hinterher. Lucy blickte sich fasziniert um. Seit sie das letzte Mal die Innenstadt besucht hatte, waren Jahre vergangen. Aber es hatte sich kaum etwas verändert. Nur das eine oder andere Geschäft war hinzugekommen. Und aus dem kleinen Schuhladen mit Schuster-Service war ein Goldschmied geworden. Schade eigentlich, dachte Lucy. Sie mochte den weißbärtigen Mann in seinem Schusterkittel. Gewiss war er in Rente gegangen und gehörte nun ebenso in die Schublade „alt“, wie Eva es nannte. Lucy musste schmunzeln. Vielleicht würde sie ihm ja doch eines Tages begegnen, in ihrem Café. Besser gesagt, in ihrem halben Café. Was tut man denn nun eigentlich als halber Cafébesitzer? Lucy blieb vorm »Goldenen Kännchen« stehen und blickte hinein. Ist das da etwa Tante Martha? Eine dickliche Frau mit hochgesteckter Frisur stand an einem der Tische und plauderte mit den Gästen, die ausnahmslos eindeutig Rentner waren. Lucy ging hinein, grüßte freundlich und setzte sich an einen freien Tisch nahe dem Tresen. Martha blinzelte durch ihre Brille hinüber und fixierte die neue Kundin, während sie die Unterhaltung ungestört fortsetzte. Lucy schlug die Karte auf und las sich durch das spärliche Kuchensortiment, wovon die Hälfte durchgestrichen war. Für Getränke steckte eine separate Karte in einem angestaubten Stück Holz, das in der Mitte des kleinen runden Tisches stand, der mit einer handbestickten Decke überzogen war. Eva hat recht, dachte Lucy. In diesem Café war die Zeit stehengeblieben. Alles sah genauso aus wie früher, als Lucy noch ein Kind war. Sogar Tante Marthas Frisur hatte in den letzten dreißig Jahren der Haarmode getrotzt. Dieses Café war ein kulturelles Denkmal, an dessen Wände Fotos aus längst vergangenen Tagen hingen. Lucy räusperte sich und suchte Blickkontakt zu ihrer Tante, die immer noch am Tisch der älteren Herrschaften stand.
„Möchten Sie bestellen?“, rief Martha Weberknecht ihr zu. Sie hatte scheinbar keine Ahnung wer Lucy war.
Lucy nickte. „Einen Kaffee bitte.“
„Kännchen oder Tasse?“
„Eine Tasse genügt vollkommen“, erwiderte Lucy.
Martha Weberknecht bewegte sich langsam zum Tresen, auf dem eine haushaltsübliche Kaffeemaschine stand. „Milch und Zucker, junge Frau?“
„Gerne.“
„Berthold, wärst du so freundlich, der jungen Dame das Zuckerdöschen und die Milch zu reichen“, wies Martha Weberknecht einen der Gäste an, der sich sofort erhob und eifrig das gute Porzellan nebst Inhalt zum Nachbartisch brachte. „Schicke Bluse“, flüsterte er Lucy mit einem Augenzwinkern zu. Spätestens jetzt wusste sie, dass diese Bluse altmodisch war.
„Danke“, erwiderte Lucy mit hochrotem Kopf, während ihre Tante den Kaffee servierte. Lucy griff nach der Tasse, bedankte sich und lächelte Martha Weberknecht an.
„Hallo, Tante Martha. Erkennst du mich denn nicht?“
Martha Weberknecht blickte misstrauisch über den Rand ihrer Brille.
„Tut mir leid.“
„Ich bin es doch, die Lucy.“
„Lucy wer?“
„Gerstenberger“, fügte Lucy etwas enttäuscht hinzu. Sie hatte gehofft, dass sich ihre Tante wenigstens ein bisschen an sie erinnerte.
„Ach was! Ist nicht wahr!“, rief Martha Weberknecht, zerrte Lucy am Arm vom Stuhl und drückte sie fest an sich. „Die kleine Lucy, mit den langen Pippi-Zöpfen.“
Lucy hielt den Atem an, bis die erste Freudenphase ihrer Tante vorüber war. Dann setzte sie sich zurück auf den Stuhl und nippte verlegen am Kaffee.
„Menschenskind, die Lucy! Nun erzähl doch mal, was aus dir geworden ist“, forderte Martha Weberknecht.
Lucy blickte sich beschämt um. Alle Gäste des »Goldenen Kännchens« starrten sie an und warteten darauf, dass sie ihren Werdegang offenbarte.
„Ja, weißt du denn nicht?“, begann Lucy, halb flüsternd auf das Erbe anzuspielen. Aber ihre Tante hatte scheinbar nicht die geringste Ahnung vom Testament ihrer Schwester.
„Was meinst du?“, fragte Martha Weberknecht.
Lucy spürte wie sich der Kloß in ihrem Hals verdoppelte.
„Ich meine das Testament, von Tante Traudel.“
Martha Weberknecht ließ sich auf einen der Stühle plumpsen.
„Meine Schwester hatte kein Testament! Ach herrje, was sollte Traudel auch zu vererben haben?“, erwiderte sie etwas erbost über das Thema.
„Die Hälfte von diesem Café vielleicht?“, setzte Lucy vorsichtig die Unterhaltung fort.
Martha Weberknecht winkte ab.
„Ganz gewiss nicht, mein Kindchen! Wir hatten eine Abmachung, die Traudel und ich. Hier gibt es nichts zu erben!“ Dann sprang sie auf und beendete die Unterredung mit den Worten: „Ich muss mich mal wieder um meine Gäste kümmern.“
Lucy fühlte sich mit einem Male schlecht, irgendwie störend. Sie trank ihren Kaffee aus, legte zwei Euro auf den Tisch und zog ihre Jacke über, die sie zuvor über die Lehne des Stuhls gehangen hatte.
„Lass gut sein!“, rief Martha Weberknecht ihr zu. „Der Kaffee geht aufs Haus.“
Lucy nickte, griff das Geldstück und verließ das Café wortlos, das doch eigentlich auch ihr gehörte. Sie schlenderte durch die überfüllten Gassen der märchenhaften Stadt. Hin und wieder blieb sie stehen und schaute sich die sommerlich dekorierten Schaufenster an. In ihrem Kopf spukte das Testament und die Frage nach dem Wieso herum. Martha hatte sich klar und deutlich ausgedrückt. Niemals würde sie Lucy auch nur einen Stuhl überlassen. Und nun? Sollte sie wirklich kampflos aufgeben und ihre Tante gewähren lassen? Oder auf ihren Anteil bestehen und Martha die Stirn bieten? Immerhin schien Tante Traudel es so gewollt zu haben. Lucy schlurfte grübelnd zur Bushaltestelle, vorbei an pompösen Geschäften, Fachwerkhäusern und kleinen Wurstbuden. Sie wollte noch einmal mit dem Anwalt sprechen, der ihr das Testament eröffnet hatte. Er würde ihr gewiss helfen können, hoffte sie inständig. Ein Straßengeiger lief einige Schritte mit. Er hatte vor seinen Bauch eine Blechdose gebunden, auf der die Worte „Auch Künstler wollen leben“ geschrieben standen. Lucy warf das Geldstück, das sie noch immer in ihrer Hand hielt, hinein. Der Musikant zog lächelnd seinen Hut und lief fiedelnd zurück zum Platz, wo er zuvor gestanden hatte. Lucy blickte sich noch einmal um, bevor sie in den Bus stieg und das turbulente Treiben der niedersächsischen Altstadt hinter sich ließ.
Eine Woche später saß Lucy am selben kleinen Tisch, wie zuvor. Nur diesmal hatte Hanno Behrends sie begleitet, um Martha Weberknecht von Lucys Mitinhaberschaft zu überzeugen. Tante Martha war nur wenig begeistert vom Testament und den daraus resultierenden Folgen. Wütend blickte sie erst zu Lucy, dann zum Notar.
„Ich soll mit der Tochter meines Halbbruders dieses Café teilen?“ Dabei wirbelte sie mit ihren Händen umher. „Das »Goldene Kännchen« ist mein Eigentum, das ich mit meiner Hände Arbeit zu dem gemacht habe, was es ist.“
„Aber natürlich“, erwiderte Hanno Behrends. „Niemand will Ihnen das streitig machen. Aber es ist eben auch das Eigentum Ihrer Schwester gewesen. Und diese hat nun einmal verfügt, dass diese junge Dame hier zu meiner Rechten den Traudel-Weberknecht-Anteil nach ihrem Tod weiterführen soll.“ Seine Hand ruhte auf Lucys Schulter, während Zornesröte über das Gesicht ihrer Tante zog.
„Sie wollen mir also erklären, ich müsste alles teilen? Mit meiner Halbnichte?“
Der Notar nickte.
„All jenes, was mit dem »Goldenen Kännchen« zu tun hat.“
„Auch die Einnahmen?“, fragte Martha Weberknecht sichtlich erbittert. Ihr einst so sieghaftes Schmunzeln wich einem ratlosen Kopfschütteln.
„Einnahmen, wie Ausgaben. Gewinne, wie Verluste. Das »Goldene Kännchen« ruht oder lastet auf Ihren beiden Schultern, meine Damen“, erklärte der Jurist. „Es sei denn, Sie wollen beide Ihren Anteil verkaufen. In diesem Fall wäre ich Ihnen gerne behilflich bei der vertraglichen Abwicklung.“
„Kommt überhaupt nicht in Frage!“, unterbrach Martha Weberknecht den Notar. „Nur über meine Leiche!“
Hanno Behrends rang sich den Ansatz eines Grinsens ab.
„So weit, liebe Frau Weberknecht, wollen wir es dann doch nicht kommen lassen. Von daher rate ich Ihnen, sich mit Ihrer Nichte zu arrangieren und alles Relevante ab sofort mit ihr gemeinsam abzusprechen.“ Er schloss die Akte Weberknecht, trank seinen Kaffee aus und verabschiedete sich.
„Nicht doch noch ein Stück Torte?“, fragte Lucy.
„Vielleicht ein anderes Mal“, erwiderte er lächelnd und ging mit seinem Mantel über dem Arm durch die hölzerne Eingangstür des Cafés.
Wer will denn immer nur Mohnkuchen oder Bienenstich? Lucy schwang sich voller Verzweiflung auf ihr Sofa und knipste den Fernseher an. Sie brauchte jetzt einfach mal geistige Abwechslung von Tante Marthas sturen und eingerosteten Ansichten.
Krimi, Heimatfilm oder eine Doku über Urwaldeinwohner? Lucy war egal, was das Programm hergab, solange es nicht ein Film über Mohnkuchen oder Bienenstich war. Denn diese beiden Kuchensorten waren ihr derzeit ein Dorn im Auge und der Grund für allerhand Ärgernis.
„Und? Was sagt die knurrige Tante zur neuen Kuchentheke?“, wollte Eva wissen. Sie hockte sich neben das Sofa mit einer Schüssel Popcorn.
„Was wohl“, erwiderte Lucy, griff in Evas Schüssel und stopfte sich eine Handvoll der karamellisierten Süßigkeit in den Mund.
„Und jetzt willst du kapitulieren, oder wie?“
Lucy zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, was ich tun soll.“
„Na was schon! Diese komische Tante vom einundzwanzigsten Jahrhundert und seiner Technik überzeugen“, ermutigte Eva ihre Mutter.
„Pah! Und wofür? Für Mohnkuchen und Bienenstich a la Martha Weberknecht?“
„Mohn macht dumm“, kicherte Eva mit vollem Munde und verschluckte sich.
„Und Popcorn fett“, konterte Lucy lachend.
„Du, Mom?“, hüstelte Eva. „Kann ich morgen auf Lillis Party?“
Lucy atmete tief ein und dachte sofort an Nancys Worte. Gib den Kids etwas Spielraum, wenn sie ihre Aufgaben gut und ordentlich erledigt haben.
„Hm, ok. Und bis wann geht diese Party?“
„Die ganze Nacht. Es ist eine Pyjamaparty.“
„Aber …“
„Ach, Mom bitte! Ist doch Wochenende und alle anderen dürfen auch“, bettelte Eva.
Lucy willigte schweren Herzens ein.
„Meinetwegen. Aber du wirst einen anständigen Schlafanzug mitnehmen und keine deiner fluoreszierenden Flatterhemdchen tragen.“
„Versprochen!“
Eva umarmte ihre Mutter so fest wie lange nicht mehr. Endlich, dachte Lucy. Endlich war sie Eva wieder ein ganzes Stück nähergekommen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen der Freude. Jetzt konnte es nur noch aufwärts gehen – mit ihrer Mutter-Tochter-Beziehung und dem »Goldenen Kännchen«.
Am nächsten Tag ging Lucy vor ihrer Arbeit noch schnell beim Supermarkt vorbei, in dem Nancy arbeitete. Sie wollte Servietten mit Frühlingsmotiven und fünf zeitgerechte Zuckerstreuer inklusive Kaffeesahnespender fürs »Goldene Kännchen« besorgen.
„Kannst du alles steuerlich absetzen“, sagte Nancy beiläufig, während sie
Publisher: BookRix GmbH & Co. KG
Text: Copyright ©Emma Bieling / Erstausgabe 4/2020
Images: PNGTree
Cover: Coverdesign by A&K Buchcover
Editing: Sabine Kirste
Layout: Emma Bieling
Publication Date: 04-06-2020
ISBN: 978-3-7487-3490-1
All Rights Reserved
Dedication:
»Allen Frauen, die tagtäglich ihren Mann stehen!«