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Kapitel 1



Ihr erster Schultag an der neuen Schule. Weg von ihrem alten Leben. Weg von all den schrecklichen Dingen, an die Sie nicht denken möchte. Nicht hier, nicht auf dem Weg zur neuen Schule, wo jemand sie dabei ertappen könnte, wie sie weint, wie sie sich schwach zeigt. Denn eins hatte sie gelernt : Nur der Stärkere überlebt. Das wusste sie mit ihren 18 Jahren nur zu gut.
Nun stand sie vor dem großen blauen Gebäude. Nur durch ihre herausragenden Noten hatte sie es auf diese Schule geschafft, dieses Stipendium ermöglichte ihr einen Neuanfang. Die beste Schule in Deutschland, nur Leute mit dem gewissen Grad an Geld konnten ihre Kinder auf diese Schule schicken, oder auch Menschen wie Yasmin, die nicht wegen ihres Geldes sondern wegen ihrer Leistung angenommen wurden. „Du hast so viel erlebt, so viel geschafft, diese zwei Jahre werden ein Klacks für dich. Du schaffst das. Sei stark, zeig dich nicht schwach. Du lässt niemanden an dich ran. Niemand wird je hinter deine Fasade blicken“, sprach sie sich selber zu. Ein Schwur, den sie sich gegeben hat.
Sie würde die Neue sein, einen guten Schulabschluss machen und wieder verschwinden.
Auf sich alleine gestellt muss Yasmin hier ihr Abitur machen, denn sie hat niemanden der hinter ihr steht und ihr hilft, ihr eine zweite Option anbietet, falls es mit ihrer Schule nicht klappt.

Ohne ihre Mitschüler zu beachten lief sie zum Schultor rein. Yasmin war noch nie jemand, der sich um die Meinung anderer Menschen scherte und seit den letzten drei Jahren hatte sich diese Einstellung nur noch mehr verstärkt.
Gerade aus die Treppen hoch, das Sekretariat suchend, bemerkte sie nicht, wie alle Schüler sie starrend anblickten. Ja, sie war definitiv neu, ansonsten wäre sie schon längst aufgefallen. Ein Blickfang war sie auf jeden Fall. Braune, lange Haare, die sie zu einem lockeren Zopf gebunden hat, den Hasselnussbraunen, großen Augen, die kleine zum Gesicht passenden Nase und die zarten rosa Lippen. Ihre Aura, in der sie Selbstsicherheit jedoch keine Arroganz ausstrahlte, wirkte wie ein Magnet.
Oh ja, die Mädchen wussten jetzt schon, sie mussten ihr Territorium verteidigen.

Kapitel 2



Es klopfte an der Tür.
Jemand kam herein, jedoch hatte die Sekretärin, im Alter von guten 40 Jahren, keine Zeit um hochzuschauen, denn sie war zu sehr mit zwei Schülern beschäftigt, die schon am Anfang des Schuljahres für Stress sorgten, Luca und Mark.
„Em, Entschuldigung. Dauert das noch lange? Ich muss nämlich in 10 Minuten dringend zum Unterricht“ ertönte eine melodische Stimme hinter den zwei Jungen, die beschäftigt waren, Formulare für ihre Autoparkplätze auszufüllen. So drehte sich Luca um, um zu schauen, wer ihn schon vor der ersten Stunde des neuen Schuljahres nervte, und blickte dabei in ein hübsches,makelloses Gesicht. Perplex schaute er sie an. Im Gegensatz dazu, würdigte Yasmin ihn keines Blickes.
Auch entging Mark die schöne Unbekannte nicht. „Na, wer bist denn du?“,fragte er auch ohne lange zu überlegen. Kurz schaute Yasmin den Jungen an, jedoch ohne zu antworten. Stattdessen lächelte sie der Sekretärin zu, lief weiter vor an die Theke und stellte sich höflich vor. „Mein Name ist Yasmin Hofer. Ich bin neu hier.“ „Ah, Frau Hofer. Willkommen an unserer Schule. Mein Name ist Frau Schäfers. Einen Moment, ich drucke ihnen ihren Stundenplan aus“.
Während der Drucker arbeitete, schaute Yasmin sich das Sekretariat ganz genau an.
Das sah ihr ähnlich. Sie prüfte alles bis aufs kleinste Detail und nichts entging ihr.
Die Wände waren hellgrün angestrichen und sowohl Tische,Stühle als auch Lampen und Dekorationen waren stilvoll und passend eingerichtet.
„So, hier. Sie müssen in den Raum 205. Einfach die Treppen hier im Stockwerk hoch und die dritte Tür auf der rechten Seite“, ertönte es von Frau Schäfers. Yasmin schaute sich ihren Stundenplan kurz an, bedankte sich freundlich und lief, mit einem kurzen Blick an die Jungen gerichtet, zügig raus. „Ihr zwei solltet übrigens auch mal los, sonst kommt ihr noch zu spät“, meinte die Frau. „Natürlich! Wir sind schon weg“, kam es von Mark, der der Frau hinter der Theke zuzwinkerte, Luca am Arm packte und den Raum verließ.
„Alter, hast du die gesehen? Wie war der Name? Yasmin? War sich zu Schade um mir zu antworten,aber die wird sehen, wenn die mir nicht in ein paar Wochen hinterherläuft, weiß ich auch nicht mehr“. Luca, der sich nichts anmerken lassen wollte, nickte nur und wollte sich nicht zum Geschehen äußern.

Kapitel 3



Selbstbewusst und sicher, so wie Yasmin sich immer versucht zu geben, kam sie ins Klassenzimmer rein und lief nach vorne zum Klassenlehrer.Sie schätzte ihn auf etwa 50 Jahre ein. Erst stellte sie sich ihm und dann der ganzen Klasse vor. „Mein Name ist Yasmin Hofer, ich bin 18 Jahre alt und bin neu aus Frankfurt hier her gezogen.“ Die gesamten Blicke ihrer Mitschüler lagen auf ihr. Sie war also das Mädchen, von denen die Anderen vorhin im Flur geredet haben. Der Flurfunk ging schnell herum, schließlich war es keine besonders große Schule.
„Such dir einen Platz aus. Du kannst dich neben Steve in der zweiten Reihe oder James in der dritten Reihe setzen“. Kurz schaute sie sich ihre möglichen Nebensitzer an. Sie konnte sich in der Regel auf ihre Menschenkenntnisse verlassen, diese funktionierten wie ein Radar.
Steve, ein großer, dicker Junge in der zweiten Reihe schaute auf sein Blatt und beachtete Yasmin nicht. Der andere dagegen lächelte bereits siegessicher.
Steve würde sie in Ruhe lassen, im Gegensatz zum Anderen, da war sich Yasmin sicher. Also marschierte sie – zum Missfall von James – Richtung zweite Reihe und fragte freundlich in einem ruhigen aber hörbaren Ton „ist es in Ordnung wenn ich mich hier hin setze?“ Ohne aufzuschauen nickte der Rotschopf schüchtern. Ohne ein weiteres Wort, setzte sie sich neben ihn. Es war besser so wenig wie möglich mit den anderen zu kommunizieren.


In den kurzen Pausen saß sie an ihrem Platz und schaute sich ihre Bücher an und stöberte die ersten Seiten. Ja, so tun als wäre alles in Ordnung, das konnte sie mittlerweile perfekt vorspielen, sogar sich selber. Schließlich neigte sich der Schultag dem Ende zu. Eigentlich verlief alles gut. Ihr Nebensitzer war verschlossen und redete kein Wort mit ihr und auch sonst ließen die anderen sie in Ruhe. Sie bemerkte zwar die Blicke, machte sich aber nichts draus. Sie hatte andere Probleme als sich Gedanken darüber zu machen, ob ihre Mitschüler sie mögen würden oder nicht.
Ein paar Mal dachte sie kurz an den Jungen aus dem Sekretariat.
Zwar tat sie so, als hätte sie ihn nicht ein mal bemerkt, dabei geschah genau das Gegenteil!
Warum sie überhaupt an ihn dachte, wusste sie selber nicht.
„Pass lieber im Unterricht auf anstatt an sinnlose Dinge zu denken“, mahnte sie sich selber.


Nachdem klingeln stürmten ihre Klassenkameraden regelrecht aus dem Zimmer raus.
Yasmin hatte es nicht eilig, packte ihre Sachen in Ruhe ein. Sie hatte schließlich weder Freunde noch Familie die auf sie warteten. Doch da hatte sie sie nicht ganz Recht behalten.
Lässig lehnte sich James am Türrahmen an und scannte die Neue von oben bis unten ab. Mit ihrem Pferdeschwanz, dem grauen Sweatshirt und der blauen Jeans sah sie um eine Menge besser aus als die ganzen anderen geschminkten Tussen in ihrer Klasse. Er zog sie in Gedanken schon aus, als Yasmin einfach ohne ihn anzuschauen, vorbei lief. „Hey, warte Mal“, rief James und packte sie am Arm. „Was ist?“ „Warum hast du dich nicht neben mich gesetzt?“ Verdutzt schaute sie ihn an. Mit dieser Frage hatte sie nicht gerechnet. „Keine Ahnung. Er war näher dran“ log sie. Schließlich würde es durch ein 'Steve redet nicht und ich möchte lieber in Ruhe gelassen werden' sicherlich zu einer Diskussion kommen, auf die Yasmin verzichten konnte. „Aber Morgen sitzt du neben mir.“ „Nein, aber danke. Ich mag den Sitzplatz. Wir sehen uns Morgen.“ Mit einem kurzen lächeln lief sie schnurstracks die Treppen herunter, weg von Menschen die Kontakt aufnehmen wollen.

Gelangweilt blickte Luca durch den Schulhof. Sein Blick blieb an ihr hängen. So schön, so natürlich. Nicht wie der Rest der Mädchen, welche einen Kreis um ihn gebildet hatten. Überhaupt hat Yasmin ihn gar nicht beachtet. Noch nie ist ihm so etwas passiert. Immer wurden die Mädchen rot, schüchtern oder haben ihn angesprochen. Aber sie, sie hat kein Interesse gezeigt. Ob sie einen Freund hat? So eine Schönheit konnte nicht alleine sein.
Mittlerweile lief Yasmin an ihm vorbei und sofort fingen die Mädchen an zu tuscheln, aber das interessierte ihn nicht. Er musste unbedingt mit ihr reden, sie kennenlernen.
Ohne sich von den zahlreichen Mädchen zu verabschieden, die alles dafür taten seine Aufmerksamkeit zu bekommen, lief er in schnellen Schritten hinter der Neuen her.
Aber wie sollte er sie ansprechen? Nun, auf die schnelle fiel ihm nichts ein, so musste er sich auf seine Spontanität verlassen.
Als sie letztendlich nebeneinander hergingen, Yasmin ihm keine Beachtung schenkte, zumindest nicht so, dass er es bemerkte, ergriff er die Initiative. „Hey, du heißt doch Yasmin,oder?“ Ohne ihn anzuschauen antwortete sie schnippisch „Jup“. „Und? Wie gefällts dir an der Schule?“ „Ist schon okay“. Er wollte mehr von dieser schönen Stimme hören. „Wohin gehst du denn jetzt?“ „Nach Hause.“ „Mein Auto steht da vorne. Ich kann dich gerne mitnehmen.“ Aprupt blieb sie stehen. Das lief hier nicht gut. Sie hat es sofort gemerkt, er war dieser eine Junge den es an jeder Schule gab. Der beliebte, für den die Mädchen alles machen würden.
Die perfekte Möglichkeit um sich Probleme zu machen. Er wäre der letzte mit dem sie gesehen werden wollte.
„Danke aber nein. Ich hab es nicht weit, außerdem laufe ich gerne“. „Okay, dann begleite ich dich“. So schnell wollte er nicht aufgeben. „Hör mal. Dein Auto steht doch gleich da vorne. Steig ein und ich laufe nach Hause – allein.“ Man, das verlief alles gar nicht wie er wollte. Warum stieg sie nicht einfach ein? „Du legst wohl keinen Wert auf Gesellschaft?“ Sie lachte trocken. „Sauber erkannt Sherlock. Ich bin dann mal weg.“ Er blieb stehen und schaute ihr verduzt hinterher.

Kapitel 4


Zu hause angekommen, setzte Yasmin sich als erstes auf ihr Sofa und blickte gedankenverloren durch ihr kleines Wohnzimmer. Durch Zufall kam sie an diese Zweizimmerwohnung.
Es war gemütlich eingerichtet, sie hatte sich Mühe gegeben alles so zu dekorieren, damit sie sich möglichst wohl fühlte. Wohl fühlen, das war ein fremdes Wort für sie.
Innerhalb kürzester Zeit bahnte sich auch schon die erste Träne über ihre Wange. Das hier war ihr neues Leben. Sie wollte es nicht. Sie wollte nicht hier sein, alleine. Diese Stille und diese Einsamkeit machten sie fertig, aber es ging einfach nicht anders. So war ihr Schicksal.
„Hör auf zu weinen“, sprach sie sich selber zu. „Du wirst, nein.. du musst dich an das hier gewöhnen. Außerdem beginnt Morgen die Arbeit im Cafe, du wirst keine Zeit mehr haben um dich auszuruhen, also genieß es jetzt lieber..“ Kurz vor dem Umzug von Frankfurt nach Berlin hatte sie die Stellenanzeige für ein neu eröffnetes Cafe gelesen und sich sofort gemeldet.
Zwar hatte sie genug Geld geerbt, jedoch konnte sie nicht damit leben, mit dem Geld eines anderen ihre alltäglichen Einkäufe zu erledigen,irgendwelche Hygieneartikel oder Klopapier zu kaufen. Das wäre nicht in Ordnung gewesen.
Sie wischte sich ihre Tränen weg,atmete tief durch, fuhr sich über das Gesicht und wusste nicht, was sie mit ihrer Zeit anstellen sollte. Kurzerhand stand sie auf und lief zu ihrer Schultasche um ihre Bücher auszupacken.
Nun waren sie alle auf dem Tisch gestapelt und sie begann, ein Buch nach dem anderen genau zu studieren. Ohne gute Noten würde sie untergehen, sie musste an ihre Zukunft denken.
Das Physikbuch aufgeschlagen, fing sie an, sich erste Notizen über das Thema zu machen.
Vorarbeiten konnte nicht schaden.

Kapitel 5


6:40 Uhr, der Wecker begann zu klingeln. Yasmin drehte sich in dessen Richtung und schaltete ihn aus um sich anschließend unter der Decke zu vergraben. „Ein verdammter, neuer Tag“, sprach sie sich selber zu und seufzte schwer.
Nun stand sie auf und schlenderte ins Bad um sich fertigzumachen, heute würde ein langer Tag werden. Vor dem Spiegel stehend, betrachtete sie sich kurz. Das war die richtige Yasmin. Kaputt und müde, nicht die, die sie den anderen vorspielte. Selbstbewusst, distanziert aber trotzdem immer höflich. Um diese Gedanken schnell wieder zu verdrängen, zog sie sich aus und widmete sich ihrer Dusche. Kaltes Wasser und sofort war sie hellwach.

Angezogen, gefrühstückt und mit Schultasche in der Hand verließ sie ihre Wohnung und lief ihren Weg in die Schule. Er dauerte um die 25 Minuten. Klar könnte sie auch mit dem Bus fahren, aber wozu sinnlos Geld ausgeben, wenn es auch so geht?
Die anderen Schüler dagegen kamen mit ihren Chauffeuren oder ihren eigenen Autos.
„Lauf einfach gerade aus und lass dich nicht von anderen bequatschen“, dachte sie in Gedanken während sie ihren Weg ins Klassenzimmer bahnte. „Hey“, rief jemand und tippte an ihrer Schulter. Diese Stimme kannte sie doch! „Morgeeeen“ äußerte sich Yasmin nicht so begeistert, wie James. „Heute sitzen wir zusammen, nicht wahr?“ „Wie kommst du denn darauf?“
„So ein hübsches Mädchen wie du sollte nicht neben Steve sitzen. Das gehört sich nicht.“
„Ahja?“ fragte sie und zog ihre geschwungene Augenbraue nach oben. „Warum denn nicht?“
„Ja schau ihn dir mal an“,bemerkte James spitz. „Nur weil du die Neue bist, brauchst du dich nicht mit ihm herumschlagen“. „Ich weiß wie er aussieht und ich wüsste nicht, was an ihm auszusetzen ist. Außerdem bevorzuge ich keine Menschen, die meinen sie seien was besseres und jetzt entschuldige mich. Ich möchte nicht zu spät kommen“, teilte sie ihm mit und wollte sich auf den Weg machen. Allerdings griff James sie am Handgelenk fest. „Nein, nein so war das nicht gemeint. Ich will nicht, dass du ein falsches Bild von mir hast“, versuchte er sich aus der Situation rauszureden. Mist, warum wehrte sie sich so?
„Keine Sorge. Ich hab kein falsches Bild von dir“, informierte sie ihn und versuchte sich aus seinem Griff zu befreien. Er ließ locker und sie lief an ihm vorbei.

„Sie dir mal unsere Neue an. Hat dem Großmaul einen fetten Korb erteilt“, sagte Mark zu Luca und konnte sich das lachen nicht verkneifen. Die beiden hatten das Szenario auf dem Gang aufmerksam verfolgt. Luca war dagegen nicht zum Lachen zu mute. James hatte es wenigstens geschafft, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, was ihm beachtend schlecht gelungen war.
Aber er würde nicht aufgeben. Den ganzen gestrigen Tag musste er an sie denken. Er hatte noch nie an ein Mädchen gedacht. Vor allem nicht an eins, welches er nicht ein mal richtig kannte.
Sie waren bis zu diesem Zeitpunkt nur zum Spaß dagewesen.
Von der ersten Sekunde an war er fasziniert von ihr gewesen .
„Luca!!!“,ertönte es hinter ihm und unterbrach seinen Gedankengang. Es war Larissa, sie gingen zusammen in eine Klasse und hatten das eine und andere Mal etwas miteinander.
„Hey, du hast doch versprochen mich gestern anzurufen! Ich hab die ganze Zeit auf deinen Anruf gewartet“, begann die Blondine munter zu plappern ohne auf eine Antwort zu warten. „Als Entschädigung kannst du heute mit mir in das Café gehen, dass neu eröffnet worden ist. Soll echt nett dort sein“, beendete sie ihre Rede.
Luca wusste, sie würde so lange nerven, bis er einverstanden war, da konnte er gleich von Anfang an zustimmen. „Meinetwegen“, teilte er seine Entscheidung mit. „Super, wird echt toll“, meinte Larissa begeistert und gab ihm einen kurzen Kuss auf die Wange bevor sie so schnell wie sie gekommen war, auch wieder verschwand. „Alter, deine Klette gibt wirklich keine Ruhe“, meinte Mark der nicht einmal ein „Hallo“ von Larissa bekommen hatte. „Was du nicht sagst“, ertönte es von Luca, kurz bevor auch sie sich auf den Weg in ihre Klasse machten.


Es war 15:30 Uhr, die letzte Unterrichtsstunde war vorbei und Yasmin machte sich auf den Weg ins Café. Sie war schon einmal zum Probearbeiten dort gewesen, die Besitzerin war sofort von ihr begeistert, auch weil sie bemerkt hatte, dass der männliche Teil der Gäste immer mehr bestellten, nur um mit der Kellnerin reden zu können.
Als Yasmin das Café betrat, musste sie einen kleinen Schock überwinden. Das letzte Mal als sie hier gearbeitet hatte, war es nicht so voll gewesen wie jetzt. Der Laden schien sich gut herumgesprochen zu haben. Kein Wunder, er war sehr stilvoll eingerichtet. Mit einer langen, weißen Theke und mehreren Sessel, die so nebeneinander gestellt wurden, dass man gruppenweise zusammensitzen konnte.
„Ah Yasmin!Gut dich zu sehen, du siehst ja das es hier ziemlich voll ist. Schnapp dir einen Block und Stift und fang an die Leute zu bedienen“ bittete Mirjam Hoss, die Besitzerin, als sie Yasmin entdeckte. „Bin schon dabei!“, rief diese und schenkte ihrer Chefin ein kurzes Lächeln, bevor sie ihre Sachen im Mitarbeiterraum ablegte.
Die ersten drei Stunden waren ziemlich anstrengend, da das Cafe zum zerplatzen voll war.
Zum Glück ist es jetzt ruhiger, dachte Yasmin als sie erneut eine Bestellung aufnehmen wollte und dabei in ein bekanntes Gesicht blickte. Sie wollte sich nicht anmerken lassen, dass sie in seiner Nähe sofort ungeduldig und nervös wurde und am liebsten einfach gehen würde, also versuchte sie so gut wie möglich schauzuspielern. „Hey, habt ihr schon entschieden was ihr wollt?“ fragte sie Luca und das Blonde Mädchen freundlich.
Luca hatte sie vorhin schon entdeckt, als sie den Laden betreten hatten. Jedoch war Yasmin so beschäftigt gewesen, dass sie die zwei nicht bemerkt hatte. Er war ziemlich überrascht sie hier zu treffen, aber es war eine positive Überraschung, so konnte er sie ausgiebig beobachten.
„Oh, die Neue. Wie war dein Name?“, fragte Larissa in einem herablassenden Ton.
„Yasmin heißt sie“, mischte sich Luca ein. „Ja, so heiß ich.Also, nachdem das geklärt ist, könnte ich wissen, ob ihr euch entschieden habt?“ „Hm, ich weiß nicht, also ich hätte gerne etwas das so wenig Fett und Kohlenhydrate wie möglich hat, ich muss schließlich auf meine Linie achten. Wir wollen ja nicht alle so aussehen wie du“, informierte die Blonde die Kellnerin. Diese erwiderte, unbeeindruckt von der Beleidigung,“Tja, dann kann ich dir leider nur Wasser empfehlen“.
Luca musste sich ein Grinsen verkneifen. Normalerweise schauten die Mädchen bedrückt auf den Boden, wenn sie eine der lästigen Attacken von Larissa ausgesetzt waren. Aber Yasmin nicht.
Warum auch, sie hat den perfekten Körper, eine beachtende Oberweite, einen flachen Bauch und weder zu dicke noch zu dünne Schenkel, dachte er während er sie von oben bis unten durchscannte. „Wenn du fertig bist mit anstarren, könnte ich wissen was du möchtest?“, fragte Yasmin in einem nicht mehr so freundlichen Ton und versuchte ihre Unsicherheit vor diesem Jungen zu verstecken. Was ist nur los? Nein, nein es interessierte sie nicht, dass er sie so musterte, es konnte ihr doch völlig egal sein, oder nicht? „Was kannst du mir denn empfehlen?“, fragte Luca charmant. Okay, mach einfach deinen Job Yasmin.
„Der Country Salat scheint bei den Gästen sehr beliebt zu sein. Vielleicht schmeckt er dir auch“, antwortete sie. „Wenn du das sagst, muss das wohl so sein. Der Salat und noch 'ne Cola dazu“. „Okay,gerne und du?“fragte Yasmin und wandte sich an Larissa. „Luca, wir könnten den doch teilen. Ein ganzer wäre zu viel für mich.“ „Meinetwegen“,äußerte sich Luca weniger begeistert.
„Ein Country Salat, ein Wasser und eine Cola?“ „Ja.“
Zügig lief Yasmin vorne an die Theke und gab die Bestellung ab.
„Yasmin, du kannst jetzt übrigens gehen. Vorhin war es ziemlich voll, du bist sicher müde. Den Rest schaff ich alleine“, meinte Mirjam. „Sie kommen klar?“ „Ja, kein Problem. Danke dir! Ich hoffe dein erster Tag hat dich nicht verschreckt.“ Das kam Yasmin genau Recht, dann brauchte sie Luca und sein Date nicht mehr nicht mehr zu bedienen. „Nein, nein. Dann bis Morgen!“ rief sie, nahm ihre Sachen und versuchte so schnell wie möglich aus dem Café zu flüchten.
Sehr zum Missfall von Luca, der sie gerne in ein Gespräch verwickelt hätte.
Wenn nicht heute, dann eben Morgen!


Müde öffnete Yasmin die Tür in die Wohnung. Verdammt, so anstrengend hatte sie sich das alles nicht vorgestellt. Und Hausaufgaben musste sie auch noch machen. Schwer seufzend fuhr sie sich über das Gesicht und setzte sich an den Tisch um sich auf den morgigen Unterricht vorzubereiten, sie versuchte es zumindest, jedoch wanderten ihre Gedanken an das Geschehen im Cafe.
War dieses Mädchen nur ein Date? Oder seine Freundin? Oder waren sie nur Freunde? Nein, nur „Freunde“ waren sie sicher nicht. Warum dachte sie überhaupt darüber nach?

Kapitel 6



Der neue Tag war nicht besonders, sobald sie Luca sah, machte sie einen großen Bogen um ihn.
Das war ihr gar nicht Recht. Dieser Junge machte nur Probleme. Warum fühlte sie sich immer komischer in seiner Gegenwart? In der Mittagspause ertappte sie sich dabei, wie sie reichlich und lange an ihn dachte. Braunes, kurzes Haar. Blaue Augen. Muskulöse Statur. Ja, ein Frauenmagnet.
Nicht gut! Das war gar nicht gut. So jemand konnte einen bestimmt nur verletzten. Also erst gar nicht damit anfangen, ihn an sich zu lassen.
Es klingelte zum Pausenende und während sie von der Bank aufstand und ins Gebäude laufen wollte, bekam sie mit, wie einige Jungen sich um ihren schüchternen Nebensitzer aufgestellt hatten und ihn gegen die Wand drängten. Die Situation schien nicht positiv zu verlaufen.
„Hey! Was macht ihr da?“ rief sie der Menge zu und eilte zu ihnen. „Na hübsche. Der Penner weigert sich hier unsere Hausaufgaben zu machen. Wie unfreundlich von ihm, nicht wahr? Wir erteilen ihm eine Lektion. Willste zuschauen?“, meinte eines der Jungen. Der sah viel älter aus als die anderen, wer weiß wie oft er schon sitzengeblieben war. „Bist du zu dumm um sie selber zu machen?“,fragte sie spöttisch. „Nicht so frech Madame“, antwortete der Junge und näherte sich Yasmin. „Entweder du bist leise und schaust zu oder du gehst weg“ mahnte er sie. „Entweder ihr verpisst euch jetzt oder es gibt Ärger“ „Süße, was willst du denn machen? Außerdem, bist du jetzt der Bodyguard von unserem Spassten?“, dabei wandte er sich an Steve. „Alter, kannst dich nicht selber verteidigen du Memme. Wie arm.“ Was war das denn für eine Logik? Nicht alleine verteidigen? Ich bin doch zufällig hier vorbei gelaufen, was für Glühbirnen. „Im Ernst? Du nennst ihn arm? Eigentlich bist du derjenige der die Memme ist, immerhin schleppst du 5 weitere Leute mit dir herum und gehst auf eine Person. Wirklich sehr starke Leistung. Applaus“, meinte Yasmin scharfzüngig. „Pass auf, was du sagst.“ „Wieso, willst du mich auch schlagen? Sehr männlich.“
Der Kopf des Jungen kochte rot. Er blickte sie zornig an und verschwand ohne ein Wort mit seiner Clique. „Alles in Ordnung?“ fragte sie behutsam. „Ist schon in Ordnung“. Wow das war das erste Mal das er Steves Stimme außerhalb des Unterrichts hörte. „Wollen wir zum Unterricht oder sollen wir lieber hier draußen bleiben?“ „Du musst nicht so tun als ob du um mein Wohlergehen besorgt seist“, sagte der mollige Rotschopf in einem ruhigen und klaren Ton. Darüber zu diskutieren, dass sie es irgendwie doch ist, schien sinnlos deswegen erläuterte sie ihm, dass sie es nicht sei und sie einfach keine Lust auf Unterricht hätte. Was natürlich nicht stimmte. Würde sie diese zwei Stunden fehlen, müsste sie alles zu Hause nachholen, wobei sie dafür keine Zeit hat. Schließlich muss sie noch arbeiten.
So setzten sich die zwei letztendlich auf eine nahe gelegene Bank.Eine Weile sagte keiner der beiden etwas bis Steve die Stille unterbrach. „Danke“,nuschelte er. „Keine Ursache“, kam es kurzerhand von Yasmin. „Irgendwie bist du seltsam“, meinte Steve ihr zugewandt. Sie zog eine Augenbraue nach oben. Diese Aussage kam von ihm? „Und warum?“ „Ich bin in mich gekehrt, weil es sinnlos ist etwas zu sagen. Es überhören sowieso alle. Aber du? Seit du bist hier bist gab kaum jemand der nicht versucht hat mit dir ins Gespräch zu kommen aber du wimmelst alle ab.. Warum .. warum bist du so in dich gekehrt?“ Yasmin blickte gerade aus, dem Schulhof entgegen. Warum sie so in sich gekehrt war? Weil sie Angst hatte. Angst davor, zu vertrauen. Angst davor, jemanden wieder zu mögen und ins Herz zu schließen, vor allem aber Angst davor am Ende wieder alleine zu sein.
Das konnte sie unmöglich sagen. Stattdessen schwieg sie. „Du kannst jetzt übrigens gehen. Mir ist vorhin ja nichts passiert.“ „Okay, dann bin ich mal weg, bis Morgen“,verabschiedete sich Yasmin und machte sich auf den Weg ins Café.

Kapitel 7


Die Herbstferien standen vor der Tür, Yasmin arbeitete den ganzen Vormittag und konnte abends auf ihre Klausuren lernen. Die bisher geschrieben Arbeiten verliefen alle sehr gut, dass war das wichtigste für sie. Außerdem lenkte sie das von allem ab, auch von Luca, der sich unbewusst in ihren Kopf geschlichen hatte. Sie fühlte sich so zu ihm hingezogen, dass es ihr schon Angst machte.
So ein Typ wie Luca spielte nur mit Mädchen. Wickelte sie mit seinem Charme ein, aber das sollte bei ihr nicht funktionieren. Auf keinen Fall. Naja, eigentlich war es bereits zu spät, trotzdem kämpfte sie dagegen an. Gegen ihre nassen Handflächen und dem Kribbeln in ihrem Bauch wenn er in der Nähe war. Gegen den Drang ihm freundlich zu antworten, wenn er versuchte sie in ein Gespräch zu verwickeln. Sie hoffte nur inständig, dass sie unfreundlich und uninteressiert genug wirkte, so dass er sich bald von ihr abwandt, damit die Situation wenigstens für einen Bruchteil leichter zu ertragen wäre. Das letzte was sie brauchte war, dass jemand ihr kaputtes Herz noch mehr zerriss.

Es war Samstagabend und Yasmin wusste nicht, was sie machen sollte. Diese Stille bedrückte sie, daher beschloss sie einen Nachtspaziergang zu machen. Warm bekleidet, mit dickem Schal und warmer Jacke lief sie die leeren Straßen entlang.
In Gedanken versunken bemerkte sie anfangs gar nicht, dass jemand auf dem Gehweg lag.
Als sie das anschließend doch bemerkte, stockte ihr der Atem und ihr Herz begann sofort zu rasen.
'Scheiße! Ich hätte lieber zu Hause bleiben sollen. Ok, nein ich kann mit sowas nicht umgehen. Was mach ich jetzt? Ich kann doch nicht einfach wieder weg gehen'. Sie atmete tief durch und versuchte ihr Zittern zu unterdrücken. 'Vielleicht ist da ja nichts und jemand schläft'. Langsam, in vorsichtigen Schritten näherte sie sich der Person auf dem Boden und versuchte das Gesicht zu identifizieren.
'Bitte lieber Gott, lass die Person nicht tot sein!'
Halt!Verdammt, den kannte sie doch! Der Junge neben Luca. Der, der sie am ersten Schultag angesprochen hatte. Sie kniete sich zu ihm auf den Boden und wusste nicht Recht was sie machen sollte. Er atmete, zum Glück. „Hey“,flüsterte Yasmin und schüttelte Mark am Arm. Dieser gab keine Reaktion von sich. Sie wurde immer lauter mit der Stimme und rüttelte immer stärker an ihm.
„Was, lass misch schlafen“,nuschelte dieser schlaftrunken. Jetzt wurde sie sauer. Sie dachte, da wäre eine Leiche auf dem Boden, stattdessen war es ein dummer, betrunkener Jugendlicher.
Hatte der Typ kein zu Hause indem er schlafen konnte? Hier würde er sich jedenfalls nur den Tod holen bei dieser Kälte. „Man, jetzt wach auf. Ich hab echt kein Bock hier wegen dir zu erfrieren“, meinte sie mit lauter, aber beherrschter Schritte. Müde rappelte sich Mark auf und blickte in Yasmins Gesicht. „Heeey Yasmin. Isch will schlafen. Wir können morgen reden“, lallte er.
„Komm, steh auf. Ich bring dich nach Hause.“ „Noooin, isch will nisch. Der Weg isch zu weid weg.“ Tief atmete Yasmin aus um nicht ihre Fassung zu verlieren. „Okay, dann gehen wir zu mir. Also los.“ Langsam liefen sie wieder zurück in Yasmins Wohnung. Warum passierte ihr das?
Sie wollte kein Kontakt mit irgendwem und jetzt würde irgend ein Fremder, besser gesagt der beste Freund von Luca, bei ihr zu Hause schlafen. Toll. Ganz toll.
Wegen Mark, der schwankend hin und her lief, brauchten sie die doppelte Zeit bis sie angekommen waren. „Eigentlich solltest du lieber duschen. Du stinkst ganz schön aber leg dich lieber schlafen.“
Sie nahm Mark an der Hand und führte ihn in ihr Zimmer. Kaum zu glauben, dass die erste Person die ihre Wohnung betreten würde, ein betrunkener Junge sein würde.
„Schlafen wir zusamm?“, fragte Mark. „Nein, verdammt. Jetzt leg dich hin und schlaf.“
„Aber davor will isch noch eine Sache machn“ „Was wills..“, bevor sie den Satz beenden konnte lagen Marks kühle Lippen auf ihren und fingen an sich rhythmisch zu bewegen.
Was machte der Junge nur da?
Perplex wusste Yasmin nicht was sie machen sollte, sie würde ja rückwärts laufen allerdings stand sie zwischen Mark und der Wand. Bei Besinnung drückte sie ihn weg und schaute ihn einfach nur an. Mark, der nicht wahrgenommen hatte, dass er eben einen Korb kassiert hatte, legte sich wortlos
und brav in ihr Bett und schlief daraufhin sofort ein. Prompt holte sie sich eine Decke und ein Kissen um im Wohnzimmer auf der Couch zu übernachten und wollte nicht über das Geschehene nachdenken.


Kopfschmerzen. Mit höllischen Kopfschmerzen wachte Mark am nächsten Tag auf und wusste nicht wo er sich befand. Weiße Wände, braune zeitlose Möbel, ein Regal mit Schulbüchern, ein großer Tisch mit einem passenden Stuhl. Dieses Zimmer hatte er noch nie gesehen. Was war gestern passiert? Er war auf der Party von Mike gewesen. Er hatte sich aus Spaß volllaufen lassen.
Im ersten Moment hätte er gesagt, er wäre bei einem One-Night-Stand aber da er,bis auf die Schuhe, vollständig angezogen ist und kein nacktes Mädchen neben ihm lag, legte er den Gedanken bei Seite.
Langsam stand er auf, öffnete die Tür und lief durch den Flur. Komisch, alles ruhig.
Anschließend steckte er seinen Kopf in das andere Zimmer der Wohnung und erblickte dabei Yasmin. Jetzt wunderte er sich erst recht, wieso er hier war. Sie wäre die letzte gewesen, an den
er gedacht hätte. Sie hatte seine Anwesenheit wahrgenommen und drückte ihm ein desinteressierten „Morgen“ entgegen. Er setzte sich neben sie und versuchte sich an diese eigenartige Situation zu gewöhnen. „Em... wie bin ich hierher gekommen?“,fragte Mark beschämt und kratzte sich am Hinterkopf. „Ich hab dich schlafend auf dem Gehweg gefunden und hab dich mitgenommen. Eigentlich hatte ich vor dich draußen liegen zu lassen, aber einen Tod durch Unterkühlung hätte ich nicht verantworten können“, meinte sie gleichgültig. „Oh, em.. ja.. mehr ist nicht passiert?“
„Ach, nene du. Sonst alles gut. Wir sind eine Stunde in der Kälte gelaufen,da du getorkelt bist, anschließend hättest du mir fast vor die Füße gekotzt und zum Schluss hast du mich geküsst“, informierte Yasmin ihn über die gestrige Nacht. „Wir haben geknutscht?“,fragte er in einem hoffnungsvollen Ton. Wenn er das den anderen erzählen würde! „Nein, ich hab gesagt, du hast mich geküsst hast und nicht das wir geknutscht haben“, verbesserte sie ihn. „Oh. Das heißt, du hast mich abblitzen lassen?“ „Nein, das heißt, dass wir Sex hatten“, beantwortete sie augenverdrehend Marks unnötige Frage. Jetzt fing Mark an zu lachen. Er mochte ihre ironische Art irgendwie. Ein paar Mal hatte er das mitbekommen, als sie gezwungenermaßen mit ihren aufdringlichen Mitschülern reden musste. „Und jetzt?“ „Was jetzt?“ „Was machen wir so?“ Yasmin zog eine Augenbraue hoch. „Was du machst weiß ich nicht. Ich geb dir ein Aspirin und du kannst meinetwegen einen Kaffee trinken wenn dich das wachrüttelt. Dann schmeiß ich dich raus.“ „Guter Plan. Ein Aspirin würde mir echt gut tun.Ich hab verdammte kopfschmerzen“. „Wenn du dir die Birne wegdrönst, kannst du damit rechnen,dass dir sowas passiert.“ Yasmin stand auf und schlenderte in die Küche.
Ansonsten wechselten die zwei nicht viele Worte miteinander.
Mark trank seinen Kaffee, bedankte sich erneut mit einem beschämten Lächeln und verließ die Wohnung.


Luca saß in seinem Zimmer und schaute Fernsehen, als sein Handy klingelte.
„Und Mark, wo bist du heute aufgewacht?“, begrüßte er seinen besten Freund.
Er wusste nur zu gut, dass Mark fast jede Woche bei irgend einem One-Night-Stand war, welche er auf einer Party kennenlernte.
Mark fing an zu lachen. „Ob du es glaubst oder nicht. Bei Yasmin.“
Jetzt stockte ihm der Atem. Yasmin? „Seine“Yasmin? Niemals. „Wie.. wo.. was .. warum.. warum warst du bei Yasmin?“ fragt er irritiert. „Ach sagen wir mal so, sie war so nett und hat mich bei sich schlafen lassen. Ich wollt mich nur kurz melden. Wir sehen uns Morgen, hab 'nen tierischen Kater“. Und schon hatte er aufgelegt.
Das konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Die letzten zwei Monate ist sie jedem aus dem Weg gegangen,auch Luca. Besonders Luca. Warum ging sie vor allem bei ihm so auf Distanz? Und jetzt ließ sie Mark nach einer Party bei sich schlafen? Sie haben ganz sicher miteinander geschlafen, sonst hätte er nicht bei ihr übernachtet. Jetzt brodelte es in ihm.
Er war eifersüchtig, eifersüchtig auf seinen besten Freund.
Und wütend auf dieses Mädchen, welches ihn um den Verstand brachte.

Kapitel 8



Die Schule hatte wieder begonnen, damit begann auch wieder der Stress in Yasmins Leben.
Stress auch mit Luca, der sie vor der Schule abgefangen hatte.
„Ich will mit dir reden“, fing er das Gespräch an. „Em, okay? Schieß los“. „Die letzten Wochen bin ich dir wirklich hinterhergelaufen und das bin ich einem Mädchen noch nie.“ „Luca, du..“ „Nein, lass mich aussprechen.“ Er blickte tief in ihre großen, braunen Augen. „Ich dachte du warst es Wert. Du hast mich von Anfang an gereizt. Aber jetzt .. du bist genauso wie jede andere auch. Eine Schlampe. Einfach ein Mädchen zum Vögeln und dann wegwerfen.“ Aua, das traf sie. Sie blieb standhaft. Er musste nicht wissen, dass ihr diese Wörter Stiche verpassten. Wie kam er auf so ein Thema? „Denkst du so über mich?“,fragte sie.
„Ja, ganz genau so denke ich.“ Nichts war so wie er dachte. Er dachte falsch – wusste nichts.
Nichts aus ihrem Leben. Weder was jetzt ist noch was in der Vergangenheit war. Egal was sich Luca aus welchem Grund auch immer zusammengereimt hatte, es könnte nicht stimmen.
„Gut zu wissen“, mit diesen Worten wandte sie sich ab und wollte einfach weg. Luca packte sie am Handgelenk und zog sie zurück. „Was ist denn noch?“, wollte Yasmin gereizt wissen. „Willst du nichts dazu sagen? So wie, dass du dich nicht von irgendwem flachlegen lässt?“, er war so verdammt wütend. Obwohl er kein Recht dazu hatte.
„Luca. Was willst du von mir? Du hast mich beschimpft und uuuh, Glückwunsch, nun weißt du das ich genau so bin wie jede andere auch. Kann ich jetzt weiter?“ keifte sie ihn an. Er lies sie los.
Er hätte sich gewünscht, dass sie es abstreitet oder irgendwas anderes sagt. Schleunig lief er ihr vorbei und bemerkte nicht, dass sich eine Träne über Yasmins Wange bahnte.
Scheiße. Sie wurde immer verletzbarer und Luca war Schuld daran.


Wutentbrannt lief er in das Gebäude rein bis er von Mark gerufen wurde.
„Hey Alter bleib mal stehen“ „Was?“rief er gereizt. „Wasn los?“ „Nichts. Wir reden später“ und mit diesen Worten wandte er sich ab. Aus irgend einem Grund reimte sich Mark zusammen, dass Luca wohl nur wegen der Sache mit Yasmin so sauer gewesen sein konnte. Ihm war es nicht entgangen, dass er seitdem sie hier war keinem anderen Mädchen hinterher gesehen hatte und sie jedesmal versuchte, in ein Gespräch zu verwickeln. Sie war standhaft, das musste man ihr lassen.
Bislang schmolzen alle Mädchen nur bei einem Blick von ihm umher und sie zeigte ihm – und auch dem Rest der Männerwelt, die kalte Schulter. Und auch der Frauenwelt, wenn man das so sagen konnte. Ob sie wohl asexuell war? Wäre Schade gewesen, bei diesem Körper.

„Ich hab bei Yasmin übernachtet, weil sie mich besoffen schlafend auf dem Gehweg entdeckt hat“, rechtfertigte sich Mark nach der Sportstunde. „Was?“, kam es irritiert von Luca.
„Nach der Party von Mike bin ich wohl auf dem Heimweg mal wieder eingeschlafen“ Ja, das war ein Problem bei Mark. Er wurde sofort müde wenn er dicht war. Als Luca nicht antwortete, fuhr er ruhig und ernst fort. „Sie hat mich zu sich nach hause gebracht und ich hab alleine in ihrem Bett geschlafen. Ich hab sie wohl versucht zu küssen, aber sie.. nun ja, hat mich zurückgewiesen“. Mit einem Male fiel Luca ein Stein vom Herzen. Die zwei hatten nichts miteinander. Er seufzte schwer und schaute im nächsten Moment beschämt auf den Boden. Verdammt, er hatte ihr Unrecht getan. Sie war nur hilfsbereit und er hatte sie als Schlampe beleidigt. Warum hatte sie sich nicht gewehrt? „Du magst sie, nicht wahr?“, wollte Mark wissen. „Ja, das tu ich. Und wehe du versuchst sie noch einmal zu küssen“. „Kein Problem, ich halte mich zurück. Aber ich schätze, es wird nicht leicht für dich sie zu knacken.“


Nach Schulschluss wollte er sich auf den Weg ins Cafe machen, indem sie arbeitete.
Täglich war sie dort und hatte nebenbei die besten Noten in ihrer Klasse und so wie Mark nach der vergangenen Party herausgefunden hatte, wohnte sie wohl alleine.
Sie hatte seinen vollen Respekt, da sie alles auf einmal zu schaffen schien.
Als er den Raum betrat sah er, wie sie sich mit ihrer Chefin unterhielt.
Hier wirkte sie nicht wie die Person, die sie in der Schule war. Nicht distanziert sondern warm und freundlich. Gut, es war im Moment nicht so voll. Hoffentlich würde sie ihm auch zuhören. „Entschuldigungen Sie, dass ich ihre Unterhaltung unterbreche, aber könnte ich kurz mit Yasmin reden?“, fragte Luca Frau Hoss entschlossen, ohne Yasmin miteinzubeziehen.
„Junger Mann, wer sind sie denn wenn man fragen darf?“ „Oh, mein Name ist Luca und ich gehe auf die gleiche Schule wie Yasmin.“, stellte sich Luca vor. Yasmin schaute ihn verwirrt an. Was hatte er schon wieder vor? Egal, was es war, sie wollte es nicht wissen. „Ich muss dann auch wieder an die Arbeit“, meldete sich kurz zu Wort und wollte schon zu einem Kunden laufen, als sie die Stimme ihrer Chefin hörte. „Nein, nein. Ich komm auch mal 'ne halbe Stunde ohne dich klar. Klärt ruhig, was ihr zu klären habt“ „Wir haben nichts zu klären“, verteidigte sich Yasmin. „Du hast trotzdem Pause. Bis später!“ Oh ja, ihre Chefin hatte das letzte Wort und wollte kein wenn und aber hören. „Können wir kurz raus?“, fragte Luca behutsam als Frau Hoss hinter der Theke verschwand. „Ich gebe dir 5 Minuten und dann will ich nichts mehr von dir hören“, gab Yasmin kühl von sich. Die ganze Zeit musste sie über seine Worte nachdenken. Nur eine zum vögeln, und jetzt kam er auch noch bis ins Cafe. Was er ihr wieder an den Kopf werfen wollte? Sie wollte es einfach nur hinter sich bringen. Yasmin lief vor Luca, er sah nur ihren Rücken. „Ich wollte mich entschuldigen. Das was ich heute Morgen gesagt habe, war nicht okay“.
Nicht okay?
Er fand es nicht okay?
Mit allem möglichen hätte er sie beschimpfen können, aber nicht als Hure.
Sie drehte sich zu ihm um und schaute ihm direkt in die blauen Augen. „Zur Kenntnis genommen, kann ich jetzt gehen?“ „Warum hast du mir nicht widersprochen?“ „Warum sollte ich. Luca, jetzt hör mir ganz genau zu. Es interessiert mich nicht, ob du mich für eine Schlampe hälst der für eine Heilige. Ob du dich für mich interessierst oder nicht. Ich will einfach meine Ruhe vor dir!“, informierte sie ihn bissig.
Oh nein, nichts davon stimmte. Und wie es sie interessierte.
Anstatt auf Yasmins Worte einzugehen, redete Luca weiter. „Ich dachte, du hast mit Mark geschlafen. Aber ich weiß jetzt, dass er nur bei dir geschlafen hat, weil du ihn betrunken vorgefunden hast.“ „Ja und wenn? Warum wäre ich eine Schlampe wenn ich mit Mark schlafe? Was wenn ich ihn gerne hab?“, provozierte Yasmin.
Nein, sie wollte auf keinen Fall was von Mark, aber vielleicht würde Luca dann Ruhe geben. Auch wenn es ihr Weh tat.
Mit dieser Antwort hatte er nicht gerechnet. „Hast du ihn gern?“, fragte Luca leise „Vielleicht. Aber das würde dich sowieso nichts angehen. Ab jetzt will ich, dass du mich in Ruhe lässt, klar?“ Mit diesen Worten wandt sich Yasmin ab und lief dem Cafe entgegen. Tief atmete sie durch. Egal wie leicht es schien, diese Worte ausgesprochen zu haben – es war das Gegenteil. Nicht einmal in seine Augen konnte sie dabei schauen.

Er hatte aufgegeben. Nach diesen Worten hatte er aufgegeben.
Es bringt nichts. Sie konnte ihn nicht einmal leiden. Alle rannten ihm hinterher und sie tat alles um nicht mit ihm reden zu müssen. Stimmte was mit ihm nicht? Zum ersten Mal in seinem Leben kamen ihm die Zweifel über sich selber auf.

Kapitel 9


Freitagabend. Heute würde er wieder ausgehen. Und nicht an sie denken. Wer war sie schon? Ein Mädchen wie jede andere auch. „Alter, heute geht’s wieder richtig ab“, freute Mark sich auf die kommende Nacht. Gemeinsam waren sie auf dem Weg zu Larissa, die eine Hausparty veranstaltete.
Nickend stimmte Luca seinem besten Freund zu. „Ich will deine gute Laune nicht verderben, aber woher der Sinneswandel? Mit Yasmin versuchst du auch nicht mehr zu reden.“ „Yasmin – wer? Anfangs war sie ja ganz interessant aber was soll ich mit der“ meinte Luca und versuchte sich mit dem Satz selber zu überzeugen.
Vor der Türe stehend, wurden sie ausgiebig von der Gastgeberin begrüßt. Voran Luca.
„Komm, lass uns was trinken“, sagte sie auch schon und nahm ihn bei der Hand.
Weg waren sie.
Das Haus war voller Leute. Sie alle waren da.
Nein, nicht alle. Yasmin fehlte. Wie immer. Nicht, dass Larissa überhaupt daran denken würde, sie einzuladen. Verdammt, warum schweiften seine Gedanken wieder zu ihr? Er musste sich ablenken, und zwar schleunigst. Wenn ihm diese Drinks nichts brachten, musste er etwas anderes tun. Da hatte er auch schon eine Idee.
„Wir könnten auch was anderes machen, außer zu trinken“, raunte Luca plötzlich an Larissas Ohr.
Darauf wollte sie sowieso anspielen. Passend, wenn er gleich aufs ganze wollte. Lächelt tat sie unwissend „Was denn?“ „Zum Beispiel das“.
Seine Lippen lagen kurz dafür intensiv auf ihren, mit rotem Lippenstift bemalten, Lippen.
Sanft schob Larissa ihn von sich weg, fuhr mit der Hand über Lucas breite Brust. Kurz biss sie sich über die Lippen „Lass uns nach oben gehen“, flüsterte sie und zupfte an seinen Ohrläppchen.


Vor ihren Mathebüchern sitzend, schweiften Yasmins Gedanken von Winkelfunktionen ab.
Luca hatte sich an ihre ausdrückliche Bitte gehalten und sie seit dem Streit vor dem Cafe nicht mehr angesprochen. Das war doch genau das, was sie wollte,oder? Nein, jetzt passte ihr das wieder nicht.
Es tat ihr weh,Luca, seinen Arm über ein Mädchen legend, vorbeilaufen zu sehen.
Auf keinen Fall hatte man ihr das angesehen, da war sie sich sicher, aber trotzdem wurde sie.. ja, sie wurde eifersüchtig.
Warum? Sie verstand sich selber nicht. Sie kannte Luca nicht. Wusste kaum was über ihn, aber trotzdem hatte sie das Bedürfnis in seiner Nähe sein zu müssen. Seit über zwei Monaten kämpfte sie mit sich selber, dachte, dieses Gefühl würde sich legen. Doch Tag für Tag verstärkte sich alles nur.
Natürlich sah er gut aus, aber sie war noch nie jemand gewesen, der nur auf das Aussehen fixiert war. Wenn sie sich mal verlieben würde, so dachte sie, dann in jemanden, den sie gut kannte. Innere Werte! Moment.. Verlieben? Hatte sie gerade zugegeben, in ihn verliebt zu sein? Oh nein, oh nein.. Das.. ist einfach so aus ihren Gedanken gesprungen. Unmöglich konnte sie verliebt sein. Schwärmen war etwas anderes als verliebt sein. Verdammt. Nein, es war nur das Beste das sie ihn so von sich gestoßen hat. In ein paar Wochen.. oder Monaten.. würde sie sich ganz sicher nicht mehr so angezogen fühlen von ihm. Das würde sich legen, ganz bestimmt.. Keine Sorge..

Auf einmal entglitt ihr ein leichtes Lächeln über die Lippen.
Unbemerkt hatte er immer mehr an ihrer harten Schale gekratzt.
Niemals hätte sie in den letzten drei Jahren, nach allem was passiert war, einem Jungen nachgesehen. Dazu hatte sie keine Kraft mehr gehabt und urplötzlich erscheint er in ihrem Leben und .. sie macht sich tatsächlich Gedanken.. über ihn.
Hatte sogar von ihm geträumt.
Was er jetzt wohl machte? Tief atmete sie aus und fuhr sich über das Gesicht.
Okay, es schien so, als hätte sie keine Chance mehr, sich abzulenken.
Immer und immer wieder schweiften ihre Gedanken an diesen Mistkerl! Nein, kein Mistkerl. Ein süßer, aufmerksamer Junge.
Doch, Mistkerl. Schläft mit allem was nicht bei drei auf dem Baum sitzt. Das hatte sie zumindest mitbekommen, als sie „zufällig“ ein Gespräch mitgelauscht hatte. Sobald sein Name gefallen war, konnte sie einfach nicht mehr weghören, ansonsten hätte sie sich überhaupt nicht für irgend ein Gespräch zweier Schnattertanten interessiert.
Das konnte so doch nicht weitergehen. Vor zwanzig Minuten hatte sie beschlossen, ihn weiterhin zu verdrängen, aber je mehr sie über ihn nachdachte, desto weniger schaffte sie das.
'Denk dran, was passiert, wenn er nicht so zu seien scheint, wie du glaubst. Das würdest du nicht überstehen', mahnte sie sich selber. Erst langsam hatte sie sich an ihren Schicksalsschlag gewöhnt,
hatte nicht mehr so oft Albträume von diesem Abend. Bekam nicht sofort eine Panikattacke, wenn sie an das Geschehene dachte. Würde wieder so etwas passieren, egal wie absurd es klang und wie selten so etwas passierte, sie könnte es nicht überleben. Nie wieder könnte sie eine geliebte Person verlieren. Es war ein Selbstschutz, den Luca zu brechen begann.
Nein, so wie es bis jetzt war, so musste es weitergehen.

Kapitel 10


Larissa sah Yasmin zur Schule laufen. In ihr glühte Hass auf.

Samstagmorgen, nach einer langen und aktiven Nacht mit Luca schliefen sie nebeneinander. Als Larissa wach wurde, betrachtete sie ihn ausgiebig.
Gewonnen, endlich hatte sie gewonnen, dachte sie zumindest.
Nach dieser ihrer Meinung, sehr leidenschaftlichen Nacht, müsse es etwas ernsteres zwischen den zweien sein. Larissa stützte sich mit einem Arm ab und fuhr mit der anderen über Lucas Muskeln. Er lächelte schlaftrunken. Lächeln war gut.
Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen.
„Yasmin“, nuschelte er, legte einen Arm um Larissas Taille und gab ihr einen Kuss auf den Scheitel.
Was?!
Yasmin?!
Bei dem tickts doch nicht mehr richtig? Vögelt die halbe Nacht mit mir und wagt es, ihren Namen auszusprechen.



Da lief sie über den Schulhof ohne nach links oder rechts zu sehen. Hält sich für etwas besseres, Miss Perfect. Die wird noch ihr blaues Wunder erleben.


Auf ihrem Sitzplatz packte Yasmin in aller Ruhe ihre Sachen aus.
Der Unterricht hatte begonnen, Steves Tasche lag neben dem Tisch. Die Frage war nur : Wo war er?
In den letzten Wochen hatte Yasmin Steve aus manch kritischen Situation geholfen.
Nun fühlte sie sich etwas für ihn verantwortlich. Obwohl sie dem Ärger doch aus dem Weg gehen wollte! Nachdem der Lehrer da war, entschuldigte sich Yasmin, mit der Ausrede, ihr würde es nicht gut gehen, nahm ihre Tasche und war auf der Suche nach Steve.
„Hey Yasmin bleib mal stehen“, ertönte es hinter ihr. Diese schrille Stimme kannte sie doch.
Larissa und 3 weitere Mädchen liefen ihr entgegen. „Was ist?“ „Nicht so freundlich,bitte“ „Ich hab im Moment echt keine..“, bevor Yasmin ausreden konnte, wurde sie von Larissa unterbrochen.
„Was? Keine Zeit? Ja, diesen Satz kennen wir schon von dir. Jetzt hör mir mal gut zu, ich hab echt kein Bock mehr auf dich und die ganze ich-bin-so-unnahbar-show. Pass dich lieber den anderen an und vor allem, Finger weg von unseren Jungen. Du tust so, als ob sie dich nicht interessieren, aber ich weiß Bescheid. Glaubst du im ernst, dass diese sich durch deine Masche beeindrucken lassen? Damit du unser Gespräch nicht vergisst, hier eine Kostprobe, von dem was dich erwartet, falls du dich nicht an das haltest, was ich dir eben gesagt hab“. Und mit einem Male fühlten sich Yasmins Haare und Gesicht ganz klebrig an. Scheiße, was war denn das? Sie fasste sich an die Haare, Larissa hatte ihr Cola übergeschüttet.
Ganz ruhig Yasmin. Bleib ruhig. „Im Ernst? Glaubst du, weil du mir etwas Cola überschüttest, hab ich jetzt Angst vor dir und deinen Tussen? Schon mach ich das, was ihr mir befehlt, was glaubt ihr wer ihr seit? Und Larissa, lass dir was besseres einfallen. Die Cola-über-seine-Feindin-schütteln Aktion ist uralt“.
Sie lief einfach an den anderen vorbei, keiner der sie aufhielt. „Pass auf was du sagst. Das wirst du bereuen!“, schrie ihr Larissa hinterher.
Toll, jetzt konnte sie verklebt den ganzen Weg nach Hause laufen.


Mark und Luca hatten erst zur dritten Stunde, da ihr Lehrer krank war. Langsam schlenderten sie in den Schulhof. „Hey, schau dir Yasmin an, die sieht komisch aus“, informierte Mark seinen besten Freund. Und ja, ihre braunen Haare sahen verklebt aus. Als sich ihre Wege fast kreuzten fragte Mark gelassen. „Was ist denn mit dir passiert?“ Eigentlich hatte Yasmin keine Lust zu antworten und wollte vorbei laufen. Eigentlich. „Ich weiß ich seh gut aus. Mir wurde Cola in die Haare und ins Gesicht gekippt, hübsch nicht wahr?“ Warum antwortete sie überhaupt? „Wer?“, fragte Luca überrascht aber auch verärgert.
„Eure supercoole Freundin. Und jetzt, entschuldigt mich. Ich laufe ungern verklebt herum“.
Sie wollte sich auf den Weg machen als Luca sich anbietete, sie nach hause zu fahren.
„Nur weil du Cola im Haar hast“, fügte er hinzu. Nein... Okay doch, sie wollte es gerne. Aber.. das wäre nicht gut. Das hier ist nur eine Ausnahme, weil es eklig wäre, mit Cola im Haar herumzulaufen. „Einverstanden“. Luca war ziemlich überrascht,freute sich aber insgeheim, dass sie sich bereiterklärte.
Binnen 5 Minuten saßen sie im Auto. „Du musst mir sagen, wo du wohnst“.
„Achja? Ich dachte du wüsstest das schon, alter Stalker“, scherzte sie. Moment, seit wann tat sie so etwas? Scheiß drauf. Nur für jetzt konnte sie seine Nähe genießen. Nur für diese Autofahrt, wirklich nur für diese Autfahrt. „Du machst mich noch ganz verlegen, ich hab zwar mein bestes getan, aber deine Adresse konnte ich nicht knacken.“ Er zwinkerte ihr zu. Von dem Streit vor ein paar Wochen war nichts mehr übrig. Als wären sie langjährige Freunde, redeten sie über belanglose Dinge. Soviel hatte Yasmin das ganze Schuljahr nicht mit ihren Mitschülern geredet. „So, hier vorne kannst du mich ablassen“. Luca schaute sie an und bevor er was sagen konnte, fuhr Yasmin fort. „Es tut mir Leid, dass ich dich so angegafft habe, wirklich. Aber ich hab meine Gründe.“ Sie schauten sich schweigend an, schauten sich zu lange an.
„Ist in Ordnung“, gab Luca wieder bei Besinnung zurück. „Danke fürs fahren“, mit einem halben Lächeln verabschiedete sie sich und lief die Straße hoch, ihrer Wohnung entlang.

Erst reden sie nicht miteinander, dann witzeln sie und dann, bevor sie ausstieg, machte sie ihm indirekt klar, dass alles so bleibt wie immer.
Aus diesem Mädchen wurde er nicht schlau. Und wie sie locker erzählte, was Larissa gemacht hatte. Alle anderen Mädchen würden sich schämen und kein Ton über diesen Vorfall verlieren.
Aber warum vergleichte er Yasmin mit anderen Mädchen, sie war in allem verschieden als die Mädchen, aus der Schule. Reich, so wie der Rest war sie nicht. Warum sollte sie sonst so viel arbeiten? Ob sie nicht müde und erschöpft war? Und hatte er sich nicht vorgenommen, keinen Gedanken mehr an sie zu verschwenden und den Kontakt voll abzubrechen? Toll, ein Blick von ihr und er hatte all das vergessen.

Kapitel 11


„Mädels! Beeilt euch endlich. Wir warten im Sportgelände auf euch. Wer zu spät kommt, kann extra Runden rennen. Ich meine es ernst“, rief Yasmins Sportlehrerin ihren Mitschülerinnen entgegen.
Alleine schlenderte Yasmin zum Sportplatz. Obwohl es November war, schien heute die Sonne.
Das nutzten die Lehrer gleich einmal um all ihre Schüler draußen auf dem Platz rennen zu lassen.

„Also, heute machen wir einen Probelauf. Nächste Woche gibt es die Noten dazu. Wer eine eins möchte, muss 10 Runden in zwanzig Minuten schaffen.“ Ein lautes Stöhnen vernahm Yasmin von ihren Mitschülerinnen. Sie wusste gar nicht, was die anderen hatten. Bei allem motzten sie herum. Die Lehrerin hat ja nicht gesagt, 10 Runden seien Pflicht. Aber egal, es interessierte sie nicht, was die anderen machten. Sie zog ihr eigenes Ding durch.

Im gleichmäßigen Tempo lief sie ihre Strecke. Zwischen all den Jungen der Abiturklassen.
Das lag schlichtweg daran, dass all die Mädchen ihrer Stufe wie Schildkröten liefen und Yasmin versuchte, mit den Jungen mitzuhalten. Das spornte sie an.


„Herr Messner, wir haben hier einen verletzten“, vernahm Yasmin eine männliche Stimme.
Verletzter? Hm. Wird wohl nichts schlimmes sein. „Oh, Luca! Geht es dir gut?“, rief ein Mädchen. Luca? Yasmin joggte immer noch. Weiterlaufen oder schauen, wie es ihm geht?
Zügig sprintete sie die Runde zu Ende und kam der kleinen Gruppe immer näher.
Mittlerweile hatten sich mehr Schüler dazugestellt. „Man, mir geht’s gut, ich blute nur ein wenig“, schnauzte Luca gereizt.
„Nach ein wenig sieht es wohl nicht aus“, entgegnete der Sportlehrer. Luca blutete aus beiden Knien. Seine Hände waren aufgerissen. Jaja, da war jemand mit Herz und Seele beim Fußballspielen. „Ich kann hier leider nicht weg. Mark gehst du mit?“ „Ja, Yasmin gehst du bitte auch mit?“ „Warum?Was?Wieso?“, meldete sich Yasmin mit hochgezogener Augenbraue zu Wort.
Hier auf dem Platz waren locker 100 Schüler, warum wählte das Schicksal wieder sie?
„Erstens habe ich gesehen, dass du das Training hier nicht so nötig hast wie die anderen und zweitens hast du bei dem Sanitätskurs am besten abgeschnitten. Und jetzt los“.
Mit einem kleinen Seufzer und ohne weitere Einwendung schaute Yasmin in Richtung der beiden Jungen und wartete, dass Mark Luca auf die Beine half.
Langsam liefen sie nebeneinander her, dem Sanitätszimmer entgegen.

„Kann ich gehen oder braucht ihr mich noch?“, fragte Mark, als er Luca auf die Liege absetzte.
Am liebsten würde Yasmin ihn anbetteln, Luca und sie nicht alleine zu lassen, aber das konnte sie schlecht. Stattdessen zwang sie sich zu einem Lächeln und schickte ihn zurück zum Sportplatz.

Schweigend waren die beiden also in diesem Raum. Alleine. Yasmin suchte die Verbände und Desinfektionssachen heraus. „Du bist nicht so begeistert, mit mir hier zu sitzen, nicht wahr?“, begann Luca ein Gespräch. „Ich weiß gar nicht was ich hier soll. Wir haben doch extra Personal die sich um verletzte Schüler kümmern. Was ist wenn ich was falsch mache?“ Sie hatte alles, was sie brauchte gefunden, stellte sich neben Luca und begutachtete die tiefen Verletzungen. „Was hast du überhaupt gemacht?“ „Das passiert doch öfter beim Fußballspielen“, verteidigte sich Luca.
Währenddessen zog sich Luca das T-shirt aus. Am Anfang irritiert, wollte Yasmin ihn fragen, warum er sein Shirt auszog, bis sie die Kratzer auf seinem perfekt durchtrainierten Körper sah.
Verdammt. Sie würde nur zu gerne über seine Haut fahren und diese Muskeln berühren.
Sie musste sich zusammenreißen. „Wie? Hast du die dir auch eben zugelegt?“, fragte sie schließlich. „Ja. Ein paar Jungs waren heute etwas.. sagen wir.. angriffslustig und nicht ganz fair“. „Ich würde bei dem Anblick eher denken, dass war ein Frauenspiel“ meinte Yasmin und blickte dabei in Lucas Augen. Auch verschwand Lucas lächeln als sich ihre Blicke kreuzten.
Sie schauten sich an. Ohne Worte. Ein paar Sekunden – oder ein paar Minuten?

„ Ah, hier seit ihr.“, erklang eine weibliche Stimme am anderen Ende des Raumes.
Von einem Moment auf die nächste beendete Yasmin den Blickkontakt und schaute kurz auf den Boden, atmete tief durch, bevor sie sich der Frau an der Tür widmete. „Ich hab mich schon an den Verletzungen am Knie probiert, aber schauen sie lieber drüber. Den Rest hab ich mir noch nicht angeschaut“. Mit einem Male stand sie auf und mit einem letzten Blick an Luca, verließ sie den Raum.
Musste ja noch zur Sporthalle, wo ihre gesamten Sachen lagen.
Warum nur? Egal was sie tat, am Ende hatte sie etwas mit ihm zu tun.

Kapitel 12


Eine weiße Schneeschicht bedeckte die großen Straßen. So müsste es sein, an Weihnachten.
Mit einem heißen Kaffee setzte sich Yasmin auf eine noch nicht mit Schnee bedeckte Bank.
Sie hatte tatsächlich wieder Fuß in ihre Heimat gesetzt. Hier, wo so viele schmerzvolle Erinnerungen lungerten. Die Straßen waren ziemlich leer, nicht so belebt, wie es normalerweise war.Heute war auch das Fest der Liebe. Alle saßen sie gemeinsam vor dem Tannenbaum und sie, sie saß hier, hatte noch viel vor. War das nicht bitter? Mit süßen 18 Jahren alleine auf einer abgelegenen Bank zu sitzen? Hoffentlich erkannte sie niemand. Mitleid brauchte sie nicht.
Schließlich stand sie auf, lief in den nächsten Blumenladen. Okay, es war Winter und die Blumensaison war vorbei, trotzdem wollte sie nicht mit leeren Händen dastehen .. wenn sie ihre Familie besuchte.
Im Blumenladen angekommen, holte sie den größten und schönsten Strauß, den sie finden konnte und setzte sich an die nächste Bushaltestelle, wartete mit einem mulmigen Gefühl auf den nächsten Bus.


„Ey, ist doch geil das wir uns drücken konnten“, meinte Mark im Auto und lehnte sich gelassen zurück. „Den ganzen Tag mit Familie auf Friede, Freude Eierkuchen tun, darauf hab ich kein Bock“, setzte er noch einen drauf. „Sag mal, bist du sicher, dass die anderen den Weg zum Hotel finden?“, fragte Luca und erntete darauf einen verwirrten Blick von seinem besten Freund. „Warum sollten sie den nicht finden?“ „Wir reden hier von Liam und den anderen? Die haben sich doch jetzt schon die Birne weg gesoffen“ „Vermutlich, ist aber nicht unsere Sache. Die Feier beginnt erst um 22 Uhr also.. wenn sie nachher zu spät sind, deren Pech. Bleiben mehr Ladies für uns“.

Vor dem Hotel stiegen die Beiden aus und nachdem sie sich an der Rezeption gemeldet hatten, ihre Schlüssel bekommen und ihr Zimmer gefunden hatten, ließen sie sich auf die große Couch in ihrem Zimmer plumsen. „Mark, lass uns wieder raus gehen, drinnen ist's voll öde“, meinte Luca und wandte sich an seinen Freund, der zu seiner mäßigen Überraschung eingeschlafen war. „Dann geh ich halt alleine“, nuschelte er und machte sich wieder auf den Weg nach draußen.
Trotz der Tatsache, dass es anfing zu schneien, setzte er sich in seinen Wagen und fuhr fort, ein wenig die Ortschaft erkundigen. Das Radio lief und gutgelaunt summte er mit, bis er sich nach etwa 15 Minuten in einem schweren Schneesturm wiederfand. Verdammt, er sah nichts mehr.
Die Frontscheibe war voller Schnee und er hielt umgehend an. Schließlich stieg er aus und schaute wo er gelanden war. Vor einem Friedhof? Warum, wie.. kam er hierher?
Er wusste nicht wieso, aber er hatte das Bedürfnis da rein zu laufen. „Du spinnst doch“, meinte er zu sich und lief im nächsten Moment in den Friedhof rein und was er da erblickte, brachte ihn vollkommen aus dem Ruder.
Der Friedhof war durch und durch mit Schnee bedeckt und keine Menschenseele außer einer einzigen war zu sehen. Diese saß im Schnee vor einem riesigen Grabstein – vermutlich ein Grabstein für mehrere Gräber. Der Schnee bedeckte allmählich die braunen, langen Haaren des Mädchens. Aber was ihn am meisten schockte, war die Tatsache, dass er diese Haare kannte.
Was machte sie hier? Langsam näherte er sich, wusste nicht, wie er sich verhalten sollte.
Der Grabstein war riesig. Trotz des Schnees konnte er messerscharf sehen, was drauf stand.
† Erik Hofer 1964 - 2009
† Lisa Hofer 1969 - 2009
† Maria Hofer 2000 -2009

Lag da ihre Familie?
Mit einem Male wurde sein Mund ganz trocken und er war geschockt. Das war der Grund warum sie immer in sich gekehrt war? Er wollte was sagen, brauchte aber einige Momente, bis er wieder zu Besinnung kam. Luca setzte sich ebenfalls in den Schnee und fasste ganz langsam an Jasmins Arm.
Eigentlich hätte er erwartet, dass sie zusammenzuckt oder sich erschreckt – aber nichts.
Sie schaute ihn nur aus ihren roten, von Tränen verschwollenen Augen an.
„Komm, wir gehen in mein Auto“, flüsterte er. Wer weiß wie lange sie hier sitzte.
Schweigend stand sie auf. Sie war nicht in der Lage zu antworten. Einzig allein den Schmerz, der in jede einzelne Faser ihres Körpers lag, spürte sie. Warum konnte sie nicht auch einfach neben ihnen liegen? Neben ihren Liebsten?
Anschließend saßen sie im Wagen. Besorgt musterte Luca Yasmin. „Willst du reden?“, fragte er behutsam. Gedankenverloren blickte sie auf ihre gefrorenen Hände. Erst nach einigen Anläufen fand sie ihre Stimme. „Ich .. ich kann ..kann immernoch nicht glauben, dass sie einfach tot sind“, stotterte sie. Luca schaltete die Klimaanlage an. Langsam wurde den beiden warm.
Weitere 20 Minuten vergingen und keiner sagte etwas. Was auch? Die Stimmung war so bedrückend, wie Luca sie noch nie vorher erlebt hatte. Für Jasmin war es nichts neues, jedes Mal wenn sie alleine zu Hause saß und an ihre Familie dachte, jedes Mal hatte sie das Gefühl, durch diese Bedrückung nicht mehr Atmen zu können. Sie konnte sich nicht mehr zusammenhalten und fing an, das erste Mal seit diesem Vorfall vor jemand anderem zu weinen. Die Tränen quollen unweigerlich und sie biss ihre Zähne zusammen um nicht laut aufzuschluchzen.
Luca nahm sie in den Arm, wiegte sie hin und her. „Lass alles raus“, flüsterte er in ihr Ohr und hauchte ihr einen Kuss auf die mit Tränen bedeckte Wange. „Ich will nicht mehr“, wimmerte sie, „Ich will nicht mehr, dass es mir so weh tut“. Sie lies sich in diesem Moment fallen, und begann zu erzählen, erzählte von dem, was sie die ganze Zeit mit sich tragen musste.
„Weißt du.. sie waren alles für mich. Bei uns lief einiges schief aber trotzdem waren sie die einzigen Menschen, die mir wirklich etwas bedeutet haben und sie wurden mir einfach vor meinen Augen weggenommen“. Zitternd atmete sie tief aus und wischte sich mit dem Handrücken über die Wange.
„Niemand wollte mich aufnehmen, weil keiner außer mir etwas geerbt hatte. Ich bin in ein Heim gekommen, dann in ein anderes und am Ende musste ich ein halbes Jahr bei einer Pflegefamilie leben“. Verständnisvoll nickte Luca. Er hätte an viele Sachen gedacht, aber nicht an solche schrecklichen. „Während all die Jugendlichen am Wochenende raus gegangen sind, Freundschaften geschlossen haben, sich nur auf den Spaß im Leben konzentriert haben, habe ich entweder gelernt oder war arbeiten, um nicht mit den Gedanken an meine Eltern oder an meine Schwester zu wandern. Aber glücklich sein wollte ich auch nicht, ich konnte es nicht. Sie dürfen es ja auch nicht – also warum ich?“. „Jasmin.. es kann nicht besser werden, wenn du alles in dich hineinfrisst“, meinte Luca vorsichtig. Er wollte sie auf keinen Fall anblaffen, nur helfen. „Du verstehst nicht.. diese Blicke, wie sie mich mitleidig angesehen haben, ich konnte das nicht mehr sehen“. „Deshalb? Deshalb diese ich-bin-unnahbar-show-alles-ist-paletti?“, fragte Luca stirnrunzelnd. „So werde ich wenigstens in Ruhe gelassen“.

Kapitel 13


Mittlerweile waren Yasmins Tränen versiegt und die Stimmung war nicht mehr ganz so betrübt.
Sie saßen immernoch im Auto, da es nach wie vor schneite.
„Tut mir Leid, dass ich .. immer so bissig war“, sagte sie in einem bedauerlichen Ton.
Luca lächelte sie darauf hin nur an. Endlich war ihre harte Schale gefallen. „So lange es in Zukunft nicht mehr so ist, denke ich, kann ich dir verzeihen“. Daraufhin klingelte ein Handy.
Lucas Handy. „Mark, was gibt’s?.. Ja ich weiß, es hat so heftig geschneit, da hab ich irgendwo gehalten.. ich meld mich später.. ich hab gerade keine Zeit.. Erklär ich dir nachher.. Tschüss“
„Was machst du eigentlich hier?“, fragte Yasmin nachdem Luca aufgelegt hatte.
„In Berlin haben wir auf 'nem Plakat gelesen, dass es hier eine große Feier geben soll. Deswegen sind wir hier her gefahren“, meinte er und packte sein Handy wieder weg.
„Achso, sorry, ich will dir nicht deine Weihnachtsfeier vermiesen, da vorne ist eine Bus..“ „Yasmin“, unterbrach Luca sie. „Du vermiest mir meine Feier nicht“. Doch er merkte, dass sie ihm nicht glaubte, deshalb legte er seine Hand auf ihre und drückte sie leicht. „Wirklich nicht“, betonte er erneut. „Okay“, gab sie klein bei und genoss das geborgene Gefühl, dass sich bei ihr ausbreitete.
„Lust irgendwo essen zu gehen?“. „Ein Date?“, Yasmin zog ihre Augenbrauen in die Höhe. „Ne, so wollte ich das nicht sagen, aber wenn du darauf bestehst..“ Er bekam einen Klapser auf den Arm und mit einem freudigen lächeln teilte sie ihm mit, dass sie gerne mit ihm essen gehen würde.

„Und wohin würde die feine Dame gerne essen gehen?“,fragte Luca in einem Ton, der den eines Buttlers glich. „Wie wäre es in einem Restaurant? Mc Donalds, vielleicht, werter Herr?“
Bei dem Satz lachte Luca und Yasmin lief ein kalter Schauer über den Rücken. Seine tiefe Stimme und die Art wie er lachte, seine weißen Zähne präsentierte, brachten ihr Herz dazu, schneller zu schlagen. Schneller, als es gesund war. „McDonalds?“ „McDonalds ist auch ein Restaurant“
„Ein Fast-Food-Restaurant“, verbesserte Luca sie. „Na und? Es ist das leckerste das ich kenne!“, verteidigte sie sich. „Stimmt schon. Aber stehen Mädchen nicht eher auf Salat im schicken Lockal mit Kerzenlicht und roten Rosen?“ „Ihh, ein wenig Romantik ist okay, aber bitte nicht zu viel“, meinte Yasmin und wedelte mit ihrer Hand hin und her. „Wie? Du stehst nicht auf Romantik?“, wollte Luca wissen und schaute sie kurz interessiert an, ehe er sich wieder der Straße widmete.
„Ne, eher nicht so. Und du? Steckt in dir ein Romantiker?“ Auf Lucas Gesicht schlich sich erneut ein breites Grinsen, mit seiner freien Hand nahm er Yasmins Hand in seine und hauchte ihr einen Kuss auf den Handrücken. „Ich bin die Romantik in Person“, sagte er in einem ironischen Ton, die Yasmin zum lachen brachte. „Gut, dann passt es ja“. „Wollen wir drinnen essen oder lieber Drive In?“, wechselte Luca das Thema. „Drive in? .. Ich möchte nicht so gerne rein, ich will nicht, dass die Leute mich erkennen“. Mit einem Schlag war die eben noch leichte Atmospäre verschwunden und schmerzhaft wurde Yasmin wieder bewusst, warum sie überhaupt hier war. Auch entglitt Luca die plötzlich bedrückende Stimmung nicht und zaghaft fasste er ihre Schulter an. „Tut mir Leid“, brachte er leise hervor. Ein Seufzer entfuhr Yasmin. „Du kannst ja nichts dafür.. ich will mit allem abschließen, aber ich kann nicht. Ich will darüber reden können, ohne meine Schluchzer unterdrücken zu müssen“.
Es versetzte ihm großen Schmerz, sie so zu sehen. „Du solltest eine Möglichkeit finden, mit diesen Ereignissen abzuschließen“. „Ich.. könntest du mich ins Krankenhaus bringen?“, fragte sie und schaute ihn bedrückt und mit zusammengekniffenen Augen an. „Ist dir nicht gut?“, fragte er besorgt. „Ich soll mit allem abschließen? Dann müssen wir ins Krankenhaus“, meinte sie bestimmt.

Keine 20 Minuten später standen sie vor dem Gebäude, wohin sie sich eigentlich geschworen hatte, nie wieder Fuß zu setzen. An den Ort, der ihr den Boden unter den Füßen gerissen hatte.
Als sie tonlos ausstieg und die Autotür hinter sich zu machte, hörte sie, dass jemand anderes ebenfalls aus dem Auto stieg. „Luca, wartest du hier? Ich möchte da alleine hingehen“. „Ich lass dich nicht alleine“. „Ich muss da aber .. alleine“. Ohne auf dessen Antwort zu warten, schritt sie mutig dem Krankenhaus entgegen. Kopf hoch, Brust raus. Sie hatte das Gefühl, alles in ihr sträubte sich dagegen, gegen die Entschlossenheit dort rein zu gehen. Aber sie musste.

Jeden Tag ihrer Kindheit hatte sie hier verbracht. Mutter und Vater hatten hier gearbeitet.
Wie in Trance fuhr sie mit der Hand über die kalte Wand und lief rein.
Sie kannte sich nur all zu gut aus. Mit dem Aufzug ging es in den 4. Stock.
Kardiologie, die Abteilung ihres Vaters. Ein lächeln schlich sich in ihr Gesicht, als sie sich an die schönen, alten Tagen erinnerte. Sie war immer so stolz auf ihren Vater gewesen, wenn er Menschenleben gerettet hatte. Wollte auch eine Ärztin werden, so sein wie ihr Vater. Oder wenn ihre Mutter sich immer so sehr für ihre Patienten eingesetzt hatte, ging es Yasmin so Nahe, wie sich ihre Mutter nach all den Jahren immernoch so fürsorglich um kranke Menschen sorgte. Ihre Eltern hatten für das Arzt sein gelebt. Sie hatten es geliebt. Standen jeden Morgen mit einem freudigen Lächeln auf, weil sie wussten, jetzt konnten sie leben retten gehen.
Immer näher kam sie zu dem alten Büro ihres Vaters. Stand unmittelbar davor. Vergass all die Menschen um sie herum.
Mit dem letzten Stück ihres langsam dahinschmelzenden Mutes öffnete sie die Tür. Alles stand wie früher. Niemand neues hatte sich in der Zeit hier einquartiert. „Hey, Sie da. Was machen Sie ?“, wurde sie von jemanden angeschrien und im nächsten Moment am Arm gepackt.
Schwarze Afrolocken, Brille, moppelige Figur. Evelin.
Auch in ihren Augen konnte man die Überraschung herauslesen. „Yasmin?“, flüsterte sie ungläubig.
Yasmin nickte nur halb schwach. Evelin, die beste Freundin ihrer Eltern. „Was machst du hier?“, fragte sie mit belegter Stimme. „Ich wollte.. ich musste einfach hierher kommen“. Ihr Blick ging durch den Raum. Es klebte kein Blut mehr auf dem Boden. Niemand, der zu der Zeit nicht hier war, könnte erahnen, dass in diesem Raum einst ein Blutbad der Extraklasse stattfand.
Benommen ging sie einige Schritte weiter und plötzlich fühlte sie sich zurück versetzt.
Als ob sie wieder vor dem psychisch kranken Mann stand, der aus Rache, alle Leute umbringen wollte, die ihrem Vater nahe standen. Mutter – Schwester – sie selbst. „Du hast es nicht verdient glücklich zu sein. Wegen dir ist meine Frau gestorben. Du musst das gleiche Leid erfahren, wie ich“. Sie hörte es erneut. Wie er es in diesem gehässigen Ton gesagt hatte und anschließend erst auf Mutter, dann auf Lisa und dann auf Yasmin schoss. Nur sie hatte Pech gehabt. Ihr Vater hatte sich vor sie gestellt.
Es wurde ihr zu viel und im nächsten Moment sackte sie auf den Boden.
Genau diese Bilder hatte sie versucht, die letzten Jahre aus ihrem Kopf zu verbannen.
Sie hasste diesen Mann. Die einzige Person, die den gesamten Leid zu spüren bekam war Yasmin, sonst niemand. Das war doch nicht fair. Plötzlich spürte sie eine warme Hand auf ihrer Schulter. „Sie fehlen mir genauso“, redete Evelin ruhig auf sie ein. Eine Weile verharrten die Beiden in dieser Position.
„Wo ist der Kerl?“, fragte Yasmin und zog ihre Beine an sich. „In einer geschlossenen Anstalt. So schnell kommt er auch nicht mehr raus“. „Ihr habt das Zimmer also nicht neu beziehen lassen?“
Evelin schüttelte den Kopf. „Nein. Yasmin, es war ein furchtbares Ereignis. Wir dachten, es wäre das mindeste, wenn das Büro deines Vaters erhalten bleibt. Wir wollen den Amoklauf nicht vergessen. Aber wir müssen weiterleben.. du auch“. Yasmin schaute auf und blickte in Evelins Gesicht. Sie war in den letzten zwei Jahren gealtert. Falten bedeckten ihre Stirn. Sie hatte viele Sorgen, das konnte sie ablesen. „Ja.. ich weiß. Ich muss weiterleben“, stimmte sie nachdenklich zu.


Es war schon eine Stunde um und noch immer kam Yasmin nicht aus diesem Gebäude raus. Er wüsste so gerne, was damals mit den dreien passiert war. Aber er konnte sie nicht fragen, dabei kam er sich taktlos vor. Nervös lief er hin und her. Irgendwie musste er auch Mark und den Anderen erklären, wo er war. Die Party hatte schon begonnen und in den nächsten ein bis zwei Stunden würden sie hinfahren. Er hatte von Anfang an beschlossen, bei Yasmin zu bleiben. Nur konnte er den anderen schlecht erzählen, sie auf dem Friedhof vorgefunden zu haben.
Da! Da kam sie endlich zurück. Haargenau versuchte er alle Mimiken in ihrem Gesicht zu deuten. Einerseits sah sie erleichtert aus, andererseits konnte man auch ahnen, dass sie eben noch geweint hatte.
Sie versuchte sich an einem lächeln. „Alles in Ordnung?“, fragte er besorgt. Tief atmete Yasmin durch. Als wäre eine Last von ihr gefallen. „Es ist alles okay“, meinte sie. „Tut mir Leid, dass du so lange warten musstest. Aber.. ich.. hab jemanden getroffen und wir haben etwas miteinander geredet. Sie hat ziemlich schlaue Sachen zu mir gesagt. Ich denke, ich sollte nach vorne schauen und meine Trauerzeit .. sollte langsam vergehen. Ich kämpfe dagegen an“.
Nickend ging er einige Schritte vor und blieb vor Yasmin stehen. Sie musste ihren Kopf in den Nacken legen, um ihm genau in die Augen sehen zu können. „Find ich gut.. Und jetzt? Wir waren noch nicht bei McDonalds“, versuchte er die Stimmung zu heben. Schmunzelnd blickte Yasmin ihn an. „Ich sollte mich lieber auf den Heimweg machen. Es sind ein paar Stunden von hier nach Berlin“. „Willst du mit der Bahn fahren oder wie? Ich bring dich zurück“. Sie schüttelte den Kopf. „Nein, du musst doch noch auf deine Feier“. „Vergiss die Feier, komm steig ein“. Luca wollte sich umdrehen und in den Wagen steigen, als Yasmin seine Hand festhielt. „Nein. Du gehst zu der Feier und ich nach Hause. Ich will, dass du das machst, was du vorhattest und nicht wegen mir känzelst, okay?“ Stirnrunzelnd gab Luca klein bei. „Hab ich eine andere Chance?“ „Nein!“, meinte sie nur amüsiert. „Komm doch mit?“ „Ich gehe nach Hause“. „Dich kann man nicht umstimmen, oder?“
Yasmin zog eine Schnute und schüttelte mit extra weit geöffneten Augen ihren Kopf. „Aber ich wünsche dir viel Spaß“, setzte sie ihn zur Kenntnis. „Mir ist nicht wohl dabei, dich alleine los zu schicken“. „Mir passiert nichts. Glaub mir. Ich bin die letzten Jahre auch bestens ohne Hilfe ausgekommen, also mach dir bitte keine Sorgen, ja?“ „Okay, dann lass mich dich wenigstens zum Bahnhof fahren“ „Die ist gleich eine Station von hier. Ich hab dir schon so viele Umstände gemacht.. das krieg ich jetzt noch alleine hin.“ „Du hast mir keine Umstände gemacht“, widersprach er ihr. „Okay.. Ich danke dir, dass du heute da warst. Das hab ich gebraucht“. Ein aufrichtiges lächeln schlich sich auf ihr Gesicht und sie hatte wieder das Gefühl der Geborgenheit um sich. „Immer wieder“, meinte er und wurde im nächsten Moment von Yasmin umarmt. „Ich weiß nicht warum du heute auf einmal da warst oder wie du mich gefunden hast, aber ich bin froh. Ein Engel hat dich zu mir geschickt“, flüsterte sie gegen seine Brust. Es tat so unendlich gut in seinen Armen zu liegen. Sie zog seinen wunderbar männlichen Geruch ein, ehe sie sich von ihm löste. „Danke“, flüsterte sie und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Das vergiss ich dir nie“.
„Ruf an, wenn du da bist“ „Mach ich. Tschüss“. Und somit machte Yasmin sich auf den Weg nach Hause.
Heute Morgen war sie noch so unendlich traurig und hätte nicht gedacht, dass sie am Ende des Tages zu der Erkenntnis kommen würde, endlich nach vorne zu schauen.

Kapitel 14


Ihre Hände in ihren Hosentaschen vergraben, lief Yasmin seelenruhig in die Schule. Der erste Schultag im neuen Jahr! Und heute ging sie mit einem anderen Gefühl in das große,blaue Gebäude.
In den Ferien hatte sie sich nach dem überraschenden Treffen mit Luca öfters mit ihm getroffen. Zwar wollte sie alles langsam angehen, doch ihr Körper sah das anders.
Bei jedem Lachen seinerseits, jeder süßen Geste schien ihr Herz in die Hose zu rutschen. Ihre Handflächen wurden feucht und sie konnte ihre Augen einfach nicht bei sich behalten. Zum Glück bekam Luca von all dem nichts mit. Bis jetzt hatte sie es grandios hinbekommen, alles zu vertuschen und sich nicht wie ein kleines verliebtes Mädchen aufzuführen, auch wenn sie das war. Verdammt verliebt sogar. Wie kann man auch nicht in so jemanden verliebt sein?
Schon wieder! Ihr Körper reagierte einfach über .. da vorne stand er, mit Mark. Ob sein bester Freund wusste, dass sie sich auf einmal gut verstehen? Zielsicher lief sie auf ihn zu, ein lächeln konnte sie nicht unterdrücken. „Morgen“, begrüßte er sie und nahm sie in den Arm „Morgen. Du klingst ganz schön fit, dafür dass heute der erste Schultag ist“. „Tja, da siehste mal“, sagte er und zwinkerte Yasmin zu. „Okay, gut, ich muss los“, meinte sie während sie kurz auf ihre Uhr schaute. „Sieht man sich nach dem Unterricht?“, fragte Luca und bekam ein Nicken zur Antwort.

Skeptisch hatte Mark das kurze Szenario mitbekommen. „Was ist denn zwischen euch beiden passiert?“, fragte er irritiert. „Lange Geschichte. Wir verstehen uns einfach“. „Merk ich. Du wirst es mir nicht erzählen,oder?“ „Nein, werd ich nicht. Sagen wir einfach ich hab ihr geholfen“, meinte er und sah Yasmin nach, wie sie die letzten Stufen der Treppe hochlief. Sein Blick blieb an ihrem knackigen, perfekt geformten Hintern hängen. Das Mädchen war die reinste Versuchung. Erst als sie aus seiner Sichtweite war, wandte er sich an seinen Kumpel. „Was ist?“, wollte er wissen, als er die stechenden Blicke seines Gegenüber bemerkte. „Du bist so verknallt, dir kann man nicht helfen“, hörte er Mark spöttisch sagen. „Aber wer soll es dir verübeln, die kleine ist ein Juwel“.
„Rede nicht so über sie, sie ist kein Gegenstand“, Lucas Stimme klang verärgert – und das war er auch. „Du hast Frauen bis jetzt immer wie ein Gegenstand behandelt“, informierte Mark seinen Freund. Genervt verdrehte Luca die Augen. „Jaja, ich weiß wie ich mich früher verhalten habe. Aber wie gesagt, FRÜHER“. Mark lachte nur leise vor sich hin. „Ich will dich mal sehen, wenn du verliebt bist“ „Tz, sowas tu ich mir doch nicht an. Sei du ruhig verliebt, bleiben mehr Frauen für mich“.

Die Schulglocke ertönte und der erste Tag war endlich geschafft.
Luca saß auf einer Bank vor dem Schulgebäude und wartete ungeduldig auf Yasmin.
Als er sie erblickte, winkte er sie zu sich rüber. „Was machst du denn draußen?“, fragte sie und zog ihren dicken Schal noch enger um sich. „Hab auf dich gewartet“, antwortete er und steckte sich die Hände in die Hosentaschen. „Warum denn nicht drinnen? Naja, egal. Ist ja nicht so wichtig“
„Dir ist kalt, oder?“, wollte Luca amüsiert wissen. Sie sah zu süß aus mit ihrer roten Nase.
„Wie kommst du denn darauf?“, ironisch verdrehte Yasmin die Augen. „Du arbeitest heute nicht,oder?“ „Nein, warum?“ „Gut, dann entführe ich dich heute zu mir.“ Seine Stimme klang bestimmt und Yasmin wusste, bei einer Diskussion würde sie sowieso nachgeben, also nickte sie einfach. Auch, weil sie auch gar nichts lieber täte, als ihre Zeit mit ihm zu verbringen.

Keine zwanzig Minuten später standen sie vor Lucas Haustür. Er schien aus gutem Hause zu kommen, zumindest, was das Geld anging. „Nicht schlecht“, meinte Yasmin neckisch und bekam einen gespielt eingebildeten Blick von dem großen Braunhaarigen. Ganz genau sah sie sich um.
Der Flur war geräumig und neben dem großen Schuhschrank und dem Spiegel mit der Kommode, auf dem ein ziemlich teuer aussehendes Telefon lag, waren viele verschiedene Fotos aufgehängt.
Ein Bild hatte es ihr besonders angetan. Luca und ein anderes Brünettes Mädchen, wie sie auf einem Sofa saßen, die zwei waren so klein, dass ihre Füße nicht einmal das Sofaende berührten.
„Das Mädchen ist übrigens meine Schwester, von der ich dir erzählt habe“, hörte sie ihn neben sich sagen. „Wir waren 5 auf dem Bild“. Sie sah ihn an und war wieder einfach von seinem Aussehen verzaubert. Wie er da stand und seine Augen glitzerten, wenn er von seiner Kindheit erzählte und dabei dieses wunderschöne lächeln im Gesicht trug. „Wo ist sie gerade?“, wollte sie neugierig wissen. Yasmin wollte seine Schwester kennenlernen, sie war bestimmt so toll wie Luca immer erzählte. „Sie kam mit dem neuen Mann meiner Mutter nicht klar und ist deshalb zu meinem Vater gezogen“. „Wohnen die zwei weit weg?“ „Etwa zwei Stunden, aber ich sehe sie regelmäßig“
Gemeinsam liefen sie hoch in sein Zimmer und setzten sich auf Lucas großes Bett.
„Genau so hab ich mir dein Zimmer vorgestellt“, mit einem breiten Grinsen schaute sie sich neugierig um. „Was meinst du genau?“ „Hab mir schon gedacht, dass du so ein Chaot bist“
Lucas tiefes Lachen umhüllte den Raum. „Hast mich also richtig eingeschätzt“.
Anschließend legte er sich gerade auf sein Bett und schaute auf die Decke. Yasmin tat es ihm nach.
Sie seufzte leise. „Man, dein Bett ist weich,sei nicht sauer wenn ich gleich einschlafe“, Luca drehte sich zu ihr und betrachtete ihr schönes Gesicht. „Dann weck ich dich einfach wieder auf“, meinte er schulterzuckend. „Ich hab aber einen tiefen Schlaf“ „Ich weiß trotzdem wie ich dich aufwecken würde“. „Ach ja? Wie denn?“, wollte Yasmin mit hochgezogener Augenbraue wissen und drehte sich nun ebenfalls in Lucas Richtung. In dessen Gesicht schlich sich ein leichtes lächeln und im nächsten Moment legte er seine Lippen auf ihre. Im ersten Augenblick war Yasmin perplex und wusste nicht was sie machen sollte. Aber spätestens als sie die Situation realisierte, erwiderte sie den Kuss und genoss das einzigartige Gefühl, welches sich in ihr ausbreitete. Es fühlte sich so richtig an. Seine Lippen auf ihren, Seite Hand auf ihrer Wange. Die anfangs herrschende Zärtlichkeit verschwand immer mehr im Strudel der Leidenschaft. Sie lag mit einem male unter ihm und fühlte die Muskeln, die sich unter seinem Shirt befanden. Er fuhr ihre Seiten nach und sie legte ihre Hände um seinen Nacken, um ihn noch fester an sich ziehen zu können. Sie wollte nicht, dass überhaupt Abstand zwischen ihnen herrschte, wollte so viel von ihm fühlen, wie es nur ging.
Er löste sich langsam von ihren Lippen und fing an, heiße Küsse auf ihrem Hals zu verteilen.
Yasmins Atem wurde immer unregelmäßiger. Es fühlte sich einfach verboten gut und richtig an, ihn so nah an sich zu spüren. Sie seufzte wohlig auf und zog ihn wieder hoch. Er sollte nie wieder aufhören sie zu küssen. Nachdem ihnen die Luft ausgegangen war, lösten sie sich kurz voneinander und Luca platzierte seine Stirn gegen ihre. „Endlich. Das wollte ich schon so lange machen“, raunte er fast tonlos und Yasmin lächelte leicht, ehe sie die zwei umdrehte, so das sie nun rittlings auf ihm saß. Ohne weiteres legte sie erneut ihre Lippen auf seine. Jetzt aber wieder sanft, spielte mit seiner Zunge, schlang ihre Arme um seinen Nacken, fuhr über seine braunen Haare. Lucas Hände spürte sie auf ihren Schenkeln, wie sie langsam hoch und runter wanderten. Sie saßen einfach da und küssten sich, Sekunden, Minuten, Stunden.. sie hatte ihren Zeitsinn verloren. Aber das war ihr im Moment egal. Als sie jedoch seine Erektion bemerkte, entzog sie sich ihm schließlich langsam. Kurz atmete sie tief aus und schaute ihn einfach nur an. Lucas strich sanft über ihre Wange und unbewusst schmiegte Yasmin sich an diese.
„Lass uns was essen“, versuchte sie ein Thema zu finden, um von ihm aufstehen zu können, ohne in einer peinlichen Situation zu enden. „Wir haben Tiefkühlpizza“. „Perfekt“. Luca schien es nichts auszumachen, dass er immer härter wurde, denn er zog sie zurück in einen leidenschaftlichen Kuss, der Yasmin den restlichen Verstand nahm. „Du riechst so gut“, nuschelte er gegen ihre geschwollenen Lippen und fuhr mit seiner Nasenspitze ihren Hals herab. „Luca“, versuchte sie mit fester Stimme zu sagen aber dieser lies sich dadurch nicht zu beirren. Plötzlich klingelte ihr Handy. Ihre Rettung! Schnell stand sie auf und kramte aus ihrer Tasche ihr Handy aus? „Ja? .. Krank?.. Okay.. Nein,das macht nichts. In spätestens einer halben Stunde.. Gut.. Ja, bis nachher“.
„Wer war das?“, wollte Luca wissen, der noch auf dem Bett saß. „Ich muss ins Cafe, eine meiner Kolleginnen ist krank“. Prompt stand er auf und stellte sich vor sie. Yasmin musste ihren Kopf in ihren Nacken legen, um ihn ansehen zu können. „Du willst schon gehen?“, fragte er mit solch tiefer und rauer Stimme, dass sich eine Gänsehaut in ihr ausbreitete. „Ich muss“ „Gut, dann los. Ich fahr dich“.

Kapitel 15

„Kannst du Ski fahren?“, wollte Luca wissen, während er Yasmins Hand mit seiner verhakte.
„Ja, ich bin früher gerne gefahren aber.. naja, danach hat es sich nicht mehr ergeben“.
Luca wusste genau, was Yasmin damit meinte, wollte sie schnell ablenken, wollte nicht, dass sie wieder traurig wurde. „Dann fahr mit uns“, meinte er lächelnd und schaute runter zu ihr, um ihre Reaktion nicht zu verpassen. „Wer ist 'uns'“?, fragte sie und zog ihre Augenbraue hoch. „Ja mit MIR und ein paar Kumpels“. Yasmins Mund zog sich zu einem geraden Strich. „Nein, lieber nicht“
Abbrupt blieb er stehen. „Weil?“ „Keine Ahnung, ich halte das nicht für so eine gute Idee.. Ich hab auch noch Arbeit und ich kann doch nicht einfach..“ „Yasmin“, unterbrach Luca sie beim Ausreden suchen. „Was hast du zu verlieren? Komm einfach mit“ Ergeben gab sie ihr Einverständnis. „Gut. Ein nein hätte ich sowieso nicht gelten lassen“.

Geborgenheit und Liebe. Zwei Sachen, die Yasmin bedingungslos in Lucas Nähe spürte. Nichts tat ihr so gut wie er. Niemand war so süß zu ihr, wie er. Unbemerkt schielte sie zu ihren verkreuzten Händen. Ihre in seiner großen. Ihr Herz began doppelt so schnell zu schlagen. Er fing an ihr viel zu wichtig zu werden. War das gut?

Den restlichen Weg sprachen die zwei nicht miteinander. Das lag größtenteils an Yasmin, die nicht mit der Situation umgehen konnte. Plötzliche Distanz herrschte wieder. Luca war das zwar nicht entgangen, aber erst vor dem Cafee sprach er sie an. „Was ist los?“, wollte er wissen. „Nichts“. „Yasmin“, eindringlich suchte er Blickkontakt. „Falls du dich erinnerst, vor einer Stunde lagen wir knutschend in meinem Bett und jetzt baust du wieder deine Mauer auf. Von jetzt auf gleich. Von einer Sekunde auf die andere. Ich dachte, du hast die letzten Wochen endlich begriffen, dass du das bei mir nicht machen musst“. Nervös schaute sie um sich. Sie wusste doch selber nicht, wie sie damit umgehen sollte. „Luca.. ich..“, flehend schaute sie in seine Augen. Musste sie es wirklich aussprechen? „Sprich Klartext mit mir“, forderte Luca auf. „Ich hab Angst“, flüsterte sie und ihre Sorgenfalten bedeckten ihre Stirn. Er machte einen weiteren Schritt auf sie zu, strich ihr zärtlich über die Wange. „Lass mich dir helfen. Vertrau mir“. „Ich .. versuchs. Aber.. ich.. ich war die ganze Zeit alleine und und auf einmal bist du da.. und dann willst du auch dass ich mit deinen Freunden Zeit verbringe und .. Luca, ich bin das nicht gewohnt. Ich kann so was nicht mehr“. „Geht es dir zu schnell?“, seine Stimme war voller Fürsorge und Verständnis. Stockend begann sie zu nicken.
„Spiel nicht mit mir Luca, okay? Ich hab keine Kraft für so etwas“. „Was.. wieso..wieso sollte ich mit dir spielen?“ „Sei einfach mir gegenüber fair,okay? Bitte.“ Luca konnte nachvollziehen, was ihr so einen Kummer bereitete. Am Schluss alleine da stehen. Aber er wollte es nicht, er wollte sie nie alleine lassen. So zog er sie in seine Arme, atmete tief ihren unvergleichbaren Duft ein. „Ich spiele nicht, ich werde nicht spielen, nicht mit dir, versprochen“. Er spürte wie sie sich gegen seine Brust lehnte, ihre Arme um ihn schlang und ein wohliges Gefühl breitete sich in ihm aus. „Ich muss rein“, widerwillig lösten sie sich von einander. Yasmin ging ins Cafee und Luca hoffte inständig, dass das Yasmins letzter Versuch war, vor ihren Gefühlen wegzulaufen.



Frühmorgens saß sie im Klassenzimmer und schaute noch Mal über ihre Geschichtshausaufgaben, die sie gestern Abend, während sie zwei Stunden lang mit Luca telefonierte, gemacht hatte.
Sie erblickte Steve, ihren Nebensitzer. Zu zweit waren sie alleine im großen, hellblau gestrichenen Raum. „Hey“, begrüßte sie ihn und lächelte warm. In letzter Zeit hatte sie oft versucht, sich mit Steve zu unterhalten, trotz der Tatsache, dass sie eigentlich ungern was mit anderen Menschen zu tun hatte. Aber Steve erinnerte sie etwas an sich. Er verschloss sich, so wie sie es auch tat. Dank Luca hatte sie damit aber fast aufgehört – zumindest ihm gegenüber.
„Und, alles klar?“, fragte sie weiter. „Mhm. Du läufst in der letzten Zeit öfter mit dem braunhaarigen Typ rum.“ Er sprach über Luca. „Ja?“, verwirrt wartete Yasmin darauf, was Steve zu sagen hatte. „Warum er? Du redest mit niemanden, aber von ihm hast du dich um den Finger wickeln lassen“. Wütend schnaubteYasmin, ehe sie Steve angiftete. „Was redest du? Ich lasse mich von niemanden um den Finger wickeln“. „Für so eine hätte ich dich nicht gehalten“. „Steve. Er hat mir geholfen, lass das meine Sache sein,okay? Ich weiß was ich tue“, versuchte sie sich zu beruhigen und nicht gemein zu dem Jungen zu sein. Schließlich war sein Selbstbewusstsein nicht das Größte und das er sich traute, ihr die Meinung zu sagen, überraschte sie sogar.
Steve schaute weg, hatte wohl jeglichen Mut verloren. Nachdenklich musterte Yasmin den Rotschopf. „Steve?“, zögernd fasste sie an seinen Arm. Er durfte sich nicht so verkrichen. Was für eine Ironie. Erst sollte sie sich um sich selber kümmern.. „Hm?“, nervös kaute er an seiner Unterlippe und ehe sie was sagen konnte, kamen auch schon die ersten Schüler ins Zimmer, es wurde lauter und so konnten sie nicht mehr reden.


Nachdem Unterricht lies Yasmin sich an ihrem großen Baum nieder, den sie fast täglich für sich in der Mittagspause reservierte. Ihr Blick lag auf den spielenden Kinder am kleinen Fußballfeld. Sie sahen so unbesorgt und heiter aus. Sie wollte auch wieder so eine Freude spüren.
„Na“, hörte sie jemanden sagen. Luca und sein Freund setzten sich links und rechts neben sie. „Hey“, begrüßte sie die zwei und damit sie nich anfing Luca anzustarren, was sie eigentlich reflexartig tat, da er einfach mehr als nur gut aussah, schaute sie weiterhin die Schüler der Unterstufe an. „Was ist denn so interessant?“, meldete sich Mark zu Wort, suchte nach dem beobachteten Objekt. „Ach nichts besonderes. Hab den Kindern zugeschaut beim Fußball spielen“.
„Wieso so beeindruckt?“, fragte Luca. Schulterzuckend schaute sie ihn an. „Sie haben Spaß“, stellte sie fest. „Willst du auch spielen?“ „Ja irgendwie schon. Ich hab so einen Bewegungsdrang gerade“, um ihre Aussage zu unterstreichen, zuckte Yasmin mit ihren Füßen herum. „Kannst du denn spielen?“, interessiert musterte Mark das Mädchen. „Aber hallo!“, anerkennend schlug sie sich auf die eigene Schulter. „Das will ich sehen“, kam es von beiden gleichzeitig. Die beiden Jungen standen auf, Luca zog Yasmin hinter sich her. „Was habt ihr vor?“, irritiert schielte sie zwischen den zweien hin und her. „Wir spielen mit den Knirpsen mit, was denn sonst?“, gutgelaunt stolzierte Mark über den Schulhof.

Nachdem sie die Kinder gefragt hatten, ob sie mitspielen dürften und sie die Mannschaften eingeteilt hatten, fingen sie an zu spielen. Mark und Yasmin in einer Gruppe mit dem einen Teil der Jungen und Luca in der anderen Gruppe mit restlichen, weil diese unbedingt mit ihm spielen wollten.

 

Nach einer drei Viertel Stunde erklang die Schulglocke, die nächste Stunde würde gleich beginnen.
Yasmin stand unmittelbar vor dem Tor, es war die perfekte Lage. Sie würde jetzt nicht einfach ihr Tor verpassen. Mit einem harten Schlag flog der Ball zielsicher ins obere, rechte Eck.
Ein kleines Glücksgefühl durchfuhr sie. 4 von 7 Toren hatte ihre Mannschaft ihr zu verdanken, die Gewinnermannschaft wohl bemerkt. „Gewonnen!“, brüllte Mark herum, eilte zu Yasmin und streckte ihr seine Hände hin. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht klatschte sie in diese ein. Um sie herum versammelten sich die 6. Klässler. „Oh, Yasmin. Du bist voll gut! Kannst du öfter bei uns spielen?“, meldete sich einer der Jungen zu Wort. „Du hast voll gut gepasst, obwohl du ein Mädchen bist. Nur deswegen hab ich getroffen. Das war echt Spitze“, schwärmte ein anderer. „Na, na. Vergisst mich doch nicht! Ohne mich wäre es nie so gut ausgegangen“, mischte sich Mark ein und verlangte Lob von den kleinen Knirpsen. Luca und ein paar der anderen Mannschaft kamen auf die Gewinner zu. „Yasmin du hast uns doch alle verarscht. Tust auf ich kanns nicht und spielst besser als wir alle zusammen“, Luca stellt sich neben Yasmin und schaut sie mit fasziniertem Blick an. Das Mädchen hatte so viele versteckte Seiten an sich und er wollte jede einzelne kennenlernen. Mit gespielt unschuldiger Miene zuckte diese mit den Schultern. „So Luca, der Verlierer zahlt. Womit wirst du uns verwöhnen?“, Mark grinste überlegen. Der Braunhaarige kratzte sich am Hinterkopf. „Ne Pizza auf mich?“, schlug er schließlich vor. „Aber immer doch. Am besten gleich heute Abend“, stimmte Mark ihm zu.
„Gut wir reden nachher, wir sollten erst zum Unterricht“.
Zu dritt liefen sie ins Schulgebäude. Ihre Wege trennten sich im 2. Stockwerk.
Kein einziges Wort hatte Yasmin wegen der Abendplanung verloren. Ob das so gut war jetzt auch noch was mit Mark zu unternehmen? Warum fühlte sie sich so überfordert?

Im Klassenzimmer setzte sie sich wie gewöhnlich auf ihren Sitzplatz. Zwar war sie gewohnt, dass die Augen auf sie gerichtet waren, aber heute war es extrem. Genervt verdrehte sie ihre Augen und kümmerte sich um ihre Unterlagen. „Sie schauen heute alle so, weil alle mitbekommen haben, dass du mit den Schulschönlingen zusammen Fußball gespielt hast“, meinte ihr schüchterner Nebensitzer leise. „Wie?“, irritiert schaute sie in seine Richtung. „Der Typ mit dem du rumhängst, hat einen sehr hohen Bekanntheitsgrad. Er wird vergöttert“, in Steves Stimme lag Spot. „Die Armen. Sollen die sich doch um ihr eigenes Leben kümmern“, kratzbürstig band sie ihre Haare erneut, aus denen vom Fußballspielen ein paar Stränen gelockert wurden zusammen und wollte nicht mehr über ihre Mitschüler reden.
Ihr Lehrer kam rein und so vergingen zwei lange Stunden, bis Yasmin endlich raus aus dem Klassenzimmer konnte.

Draußen vor dem Schultur warteten die zwei Jungen schon. Es war ihr irgendwie unangenehm.
Sie wollte nicht in den Mittelpunkt rutschen, aber das tat sie, wenn sie sich weiterhin mit diesen beiden Jungen würde blicken lassen. „Du lahme Ente. Lass uns doch nicht so lange warten“, meinte Mark gespielt beleidigt. Leise kicherte Yasmin. „Woher sollte ich wissen, dass ihr hier wartet?“
„Gewöhn dich dran. Das machen wir jetzt öfters. Außerdem müssen wir eine Uhrzeit für heute ausmachen“, antwortete Luca. „Ich kann heute nicht. Muss jetzt arbeiten gehen“. Lucas Lippen pressten sich aufeinander und er begann zu überlegen. „Und nach deinem Feierabend?“, versuchte er es weiter. „Ich weiß nicht. Dann bin ich so müde..“. Yasmin wusste ganz genau, dass die zwei heraushörten, dass sie sich rausredete. „Sind wir so unerträglich, dass du uns Lügen auftischst?“, fragte Mark direkt. „Nein, nein.. natürlich nicht“. Dieser zog seine Augenbrauen hoch. „Sondern?“
„Ja nichts, ich hab einfach zu tun“. Leicht nervös biss sie an ihrer Unterlippe. „Na gut. Ich begleite dich, wir sollten los, sonst kommst du zu spät“. Yasmin sah zu Luca, sie konnte doch nicht wieder ablehnen. „Okay“, stimmte sie deshalb gezwungenermaßen ein. So verabschiedeten sie sich von Mark und liefen die Straße entlang.
„So, jetzt sind wir alleine. Du kannst sagen, was dir auf dem Herzen liegt“, Luca sah eindringlich zu Yasmin, sein Blick zeigte, dass er nur die Wahrheit duldete. „Du und Mark.. ihr seit ganz schön bekannt..“, meinte sie leise und traute sich nicht, ihn anzuschauen. „Kann schon sein..“
„Vorhin.. ich komm ins Klassenzimmer und alle Augen liegen bei mir. Nur weil ich mit euch rumgehangen habe“. Luca fing an amüsiert zu lachen. Nicht laut, aber hörbar. „Du hast ein Problem damit, Aufmerksamkeit zu bekommen?“ „Was ist denn daran witzig?“ „Na ja. Eigentlich schleimen die Leute bei uns, damit sie durch uns Aufmerksamkeit von anderen Leuten bekommen und du.. du willst dann Abstand“. Yasmin steckte ihre Hände in die Hosentaschen. „Ich bin sowieso die Neue, die sich die Schule nicht leisten kann und deshalb arbeiten gehen muss.. die sollen mich einfach in Ruhe lassen“. Eigentlich stimmte das nicht, sie hatte tonnenweise Geld.. aber sie brachte es nicht übers Herz, das Geld ihrer Eltern auszugeben.. Das Geld was sie nur bekommen hatte, als Entschädigung.. Als Entschädigung dafür, dass sie nun alleine war.
Luca legte eine einen Arm um sie. Jetzt wo die Beiden wieder alleine waren, war die Atmosphäre anders. Sie traute sich, sich ihm zu nähern. Sie bettete ihren Kopf leicht an seine Schultern, so dass sie noch immer angenehm laufen konnte. Tief atmete sie ein. Das Gefühl der Geborgenheit umspielte sie erneut.

 

Jetzt war es doch mitten am Abend und irgendwie hatte Luca es geschafft, Yasmins Sorgen zu nehmen und sie zum Pizzaessen umzustimmen. „So du Verlierer, ich hätte gerne eine Pizza Hawaii und als Getränk 'ne große Cola“, meinte Mark während er in der Speisekarte rumblätterte. „Wir haben uns auf eine Pizza geeinigt, von Cola war nie die Rede“, ein Grinsen zierte das Gesicht seines besten Freundes. „Luca, entweder ganz oder gar nicht“, mischte sich Yasmin ein und analysierte ebenfalls die Karte. „Wollt ihr mich ausnehmen?“, spöttisch zog er ne Augenbraue hoch. „Jap“, kam es synchron von beiden.
Abwehrend stellte Luca seine Arme hoch. „Okay, okay. Alles was ihr wollt“.
Mit einem Schnippen machte er einen Kellner auf sich aufmerksam. „Wir würden gerne bestellen“.
„Natürlich, was darf es sein?“, meinte dieser und holte sein Notizbuch raus. Während er sich alles aufschrieb, blieb sein Blick bei Yasmin hängen. Er setzte ein charmantes lächeln auf. „Und, die hübsche Dame?“ Yasmin ging erst gar nicht auf das Kompliment ein. Schließlich saß der Typ, auf den sie stand, keinen Meter neben ihr. „Eine Pizza Margarita mit extra viel Käse und eine kleine Sprite“. „Sehr schöne Wahl“, der Kellner zwinkerte ihr noch zu und lief weiter.
Neben sich hörte sie Luca etwas murmeln, überhörte dies aber gespielt. „Und Yasmin, irgendwelche Fragen die du an mich hast? Ich bin immerhin der beliebteste Junge an der Schule“,mit gespielt eingebildeter Miene schaute er auf die hübsche Braunhaarige.
Auf eine verrückte Weise mochte Yasmin diesen Typen. Sie gab ebenfalls ihre schauspielerische Begabung preis. „Oh mein Gott. Ja so viele. Ich fühle mich so geehrt, dass du dir ein Tisch mit mir teilst, ich hoffe, ich falle nicht in Ohnmacht“, hysterisch wedelte sie mit ihren Armen vor ihrem Gesicht. Mark fing an zu lachen. „Mach dich nicht über so etwas lustig, solche Fälle hatten wir wirklich“. „Ach komm, verarsch mich nicht. Jedes Mädchen wird noch ein klitzekleines bisschen Stolz haben und sich NICHT so aufführen“. Mark schüttelte den Kopf. „Glaub mir, wir kennen nicht die gleichen Mädchen“. „Und, was sagst du dazu?“, Yasmin schaute zu Luca. „Naja.. wir hatten echt extreme Fälle“, er zuckte nur mit dem Armen und wollte anscheinend nicht weiter darauf eingehen. „Wie extreme Fälle?“, die Neugier hatte sie gepackt. Was für Mädchen hatten sich denn bitte an Luca rangemacht?! Das musste sie wissen! „Letztens, nach einer Party.. ich komm gerade aus der Toilette raus, da kommt ein Mädchen, packt mich am T-Shirt und zerrt mich ins nächste Zimmer. Ohne das ich schauen konnte was passiert, hatte sie sich schon halb ausgezogen“, erzählte er und wackelte anschließend mit den Augenbrauen. „Was danach passiert ist, brauche ich nicht erzählen,oder?“ Ungläubig schaute sie Mark an. „Ja, bei dir kann ich mir das sogar ganz gut vorstellen. Du schläfst auch gerne an Bordsteinkanten“, meinte sie nur und lehnte sich an ihren Sessel zurück. Leicht fing Mark an zu erröten. Treffer! Yasmin fing laut an zu lachen. „Marki, nicht rot werden. Ich denke, du lässt das weibliche Geschlecht erröten und nicht anders herum“, hackte sie weiter auf ihn ein. „Hey,das war ein einmaliger Ausrutscher“, verteidigte er sich. „Naja, nicht wirklich, Mark. Erinnerst du dich als..“, fügte Luca amüsiert hinzu, wurde aber von Mark unterbrochen. „Das geht zu weit!“ Luca stieg mit in Yasmins lachen ein und beide amüsierten sich prächtig über den schwarzhaarigen Clown.
„Entschuldigt mich mal“, meinte er kurz danach und verschwand abbrubt. Als Luca und Yasmin sich umdrehten, sahen sie nur, wie er ein Mädchen angesprochen hatte. „Genau sein Beuteschema“, meinte Luca und begutachtete das Geschehen.
„So Pizza Magarita, extra viel Käse und eine Sprite“, von der Seite erschien der Kellner. Yasmins Augen erblickten die leckere Pizza. „Uuuuh, danke“, freute sie sich und machte sich sofort an die Pizza ran. „Eure kommen noch“, meinte der blonde Kellner, zwinkerte Yasmin zu und lief an den nächsten Tisch, um eine Bestellung aufzunehmen. Aus den Augenwinkeln konnte sie Lucas geballte Faust sehen, die schwer zuckte. „Alles in Ordnung?“, fragte sie mit vollem Mund.
Sein zusammengekniffener Kiefer entspannte sich, als sein Blick ihren traf. „Ja“, antwortete er knapp. Mit ihrer Serviette machte sie ihren Mund sauber, ehe sie wieder Luca anschaute und keine Lügen duldete. „Was? Es ist wirklich nichts“, wiederholte er sich. „Du sahst grad echt sauer aus“.
„Ja ist nicht so wichtig“, murmelte er und entschuldigte sich kurz, da er auf die Toilette musste.

Alleine saß sie nun am Tisch und witmete sich wieder ihrer Pizza.
„Wo ist denn Luca hin“, fragte Mark als er zurück kam. „Toilette.. meinte er zumindest“. „Wie meinte er zumindest?“ „Ja weiß nicht.. er war auf einmal so wütend“ Mark fing an zu lachen. „Das hätte ich niemals gedacht“, Mark redete mehr mit sich selber als mit Yasmin. „Was meinst du?“ „Naja, ich würde sagen, er ist eifersüchtig. War es der gleiche Kellner der dir die Pizza gebracht hat?“ „Ja.. aber wieso eifersüchtig?“ „Weil der Typ dich die ganze Zeit anschmachtet“, meinte Mark schulterzuckend und genehmigte sich ein Stück von Yasmins Pizza. „Als ob..“, Yasmin wollte das nicht so recht glauben. „Ich kenne meinen besten Freund, glaub mir“.Beschämt schaute die Braunhaarige auf ihren Teller und redete nicht weiter.


„Wo ist denn Luca hin?“, fragte Mark als er zurück kam. „Toilette.. meinte er zumindest“. „Wie meinte er zumindest?“ „Ja weiß nicht.. er war auf einmal so wütend“
Mark fing an zu lachen. „Das hätte ich niemals gedacht“, Mark redete mehr mit sich selber als mit Yasmin. „Was meinst du?“ „Naja, ich würde sagen, er ist eifersüchtig. War es der gleiche Kellner der dir die Pizza gebracht hat?“ „Ja.. aber wieso eifersüchtig?“ „Weil der Typ dich die ganze Zeit anschmachtet“, meinte Mark schulterzuckend und genehmigte sich ein Stück von Yasmins Pizza.„Als ob..“, Yasmin wollte das nicht so recht glauben. „Ich kenne meinen besten Freund, glaub mir“.Beschämt schaute die Braunhaarige auf ihren Teller und redete nicht weiter.

Mark machte es Yasmin einfach, sie in ein Gespräch einzuwickeln. „Und dann hat sie dir einfach Cola über die Haare gekippt?“, fragte Mark laut lachend und ringte nach Atem. „Hör auf zu lachen! Das hat echt lange gebraucht, bis ich die Haare vollkommen sauber bekommen habe!“, schimpfte sie, konnte selber aber kein Grinsen verkneifen. „Dabei hast du so ruhig auf mich gewirkt, als ob es dir nichts ausmacht“, meinte er und nahm sich ein Stück seiner Pizza. „Hätte ich einen Aufstand veranstaltet, hätte ich genauso lange gebraucht, bis ich die Haare sauber bekommen hätte“, schulterzuckend nippte Yasmin an ihrer Sprite. „Ich bin gespannt, was sie sonst noch so vor hat“. „Ich auch. Wenn sie auch noch hört, dass ich was mit euch unternommen habe.. das hier bleibt Top Secret, klar? Ich hab keine Lust das Larissa mir nachher nach dem Sportunterricht die Kleidung klaut und ich anschließend mit einem Schild über dem Intimbereich nach Hause laufen muss“
Wieder fing Mark an zu lachen. „Gar keine so schlechte Idee. Ich merks mir“. Für den Satz schlug Yasmin an seinen Arm. Verdammt, der war ja steinhart. „Aua“, Zähne knirschend wedelte sie mit ihrer Hand umher. Luca kam wieder und schien sich beruhigt zu haben. „Wir dachten schon, du bist in die Kloschüssel gefallen“, meinte Yasmin und lächelte ihn frech an. „Bin ich auch. War echt mühsam die Hose zu trocknen“, antwortete er keck und zwinkerte sie an. 

Spät am Abend brachte Luca Yasmin nach Hause. Vor ihrem Wohnblock parkte er das Auto.„Das war der erste Tag seit dem Unfall, dass ich mich wie ein normales Mädchen gefühlt habe“, offenbarte sie ihm ihre Gedanken. Luca schaute in ihre braun schimmernden Augen. Ihre frei liegenden Hände verhakte er mir seiner Hand. „Danke“, flüsterte sie. „Heißt das, du hast kein Problem mehr mit uns Zeit zu verbringen?“, fragte er. „Was heißt Problem damit Zeit zu verbringen.. ich hab..“, schwer seufzte sie. „Ich hab ein Problem damit, euch in mein Herz zu schließen und nachher alleine da zu stehen“, offenbarte sie. „Ich werde dich nicht alleine stehen lassen“, beteuerte Luca. Leicht schüttelte sie den Kopf. „Egal wie oft du es sagen wirst. Es sind Zweifel die nicht weg gehen. Bitte versteh mich.. das ist nichts gegen euch, ihr zwei seit so nett gewesen und lustig“. „Ich verstehe dich. Yasmin, ich lasse dich nicht alleine. Versprochen. Vertrau mir. Versuch mir zu vertrauen, ich werde es nicht versauen“, er küsste ihren Handrücken.
Sie versuchte sich an einem lächeln und nickte. „Ich versuche es“, versprach sie.„Wann hast du Morgen Unterricht?“, fragte Luca. „Um 8 Uhr und du?“ „Erst Mittags. Das Abiturientenleben ist echt angenehm“. „Erzählst du mir jetzt, warum du vorhin so wütend warst?“, versuchte sie es erneut. „Yasmin, lass gut sein“. „Ich bin ehrlich zu dir, warum kannst du nicht auch ehrlich mit mir sein?“ „Tut mir Leid“, flüsterte er. Erwartungsvoll schaute sie ihn an.
„Ich.. verdammt, Yasmin ich hasse es wenn ich sehe, wie du von anderen Jungen begafft wirst, wie sie versuchen dich mit ihren Blicken auszuziehen“. Yasmins schaute aus dem Fenster. „Du hast keinen Anspruch auf mich, Luca“, meinte sie mit eisiger Stimme. Irgendwie gefiel es ihr auf eine Weise, das er so interessiert an ihr schien aber.. das er so gereizt war bei dem Thema.. das war alles andere als okay. Lucas Finger legten sich unter Yasmins Kinn, zwangen sie, ihn anzuschauen.
„Sag das noch mal“, seine Stimme war rau und er kam ihr gefährlich nah. „Sag mir nochmal, dass ich keinen Anspruch auf dich hab“. „Luca.. was soll das?“, in ihrer Stimme lag Panik.  

Seine Augen huschten zwischen den ihren und diesen vollen Lippen her. Sachte drückte er seine Lippen auf ihre. „Du küsst doch keine Jungs, die keinen Anspruch auf dich haben,oder?“, raunte er und lies ihr keine Zeit zum Antworten, fuhr mit seiner Zunge die Konturen ihrer Lippen nach, fing an, an ihnen zu saugen, sie zu küssen. Yasmin seufzte wohlig auf, vergrub ihre Hände in seine Haare. Warum küsste er auch so gut? Als ob diese Lippen nur für ihre geschaffen worden sind. „Ich sollte los“, nuschelte sie an seinen Lippen, fuhr mit ihren Händen von seinem Nacken runter, stoppte an seiner muskulösen Brust. „Bis Morgen“, verabschiedete sie sich. „Okay.. ja, bis Morgen“, meinte Luca überrumpelt. Warum hatte sie es auf ein Mal wieder so eilig von ihm loszukommen? Nie konnte er erahnen, was in ihrem Kopf vor ging. Immer noch nicht. Und das, obwohl sie doch seit Weihnachten, was jetzt mehrere Wochen schon her war, fast täglich was miteinander machten. Er wurde nicht schlau aus ihr.

 

 

 

Kapitel 16

Das Wochenende rückte näher, nur zwei Stunden trennten Yasmin von ihrem Feierabend. 
„Was darfs sein?“, fragte sie die Gruppe Jungen, die diese Woche fast täglich hier waren.
„Das übliche“, meinten diese daraufhin. „Okay, also zwei Colas, eine Fanta und ein Eistee?“ „Genau“. „Gerne“.

 Hinter der Theke holte sie die Gläser raus und füllte sie mit den Getränken.Einer der Jungen aus der Gruppe stand auf, nahm au dem Barhocker Platz und musterte die Braunhaarige Schönheit. Als Yasmin ihn bemerkte, lächelte sie ihn kurz an. „Die Getränke sind gleich so weit“, meinte sie und witmete sich wieder ihrer Arbeit. „Ach lass dir Zeit, ich hab mich nicht deshalb hier her gesetzt“, informierte der Blonde sie. „Oh. Stimmt irgend etwas nicht?“, fragte Yasmin verdutzt. „Nein, nein. Alles in Ordnung. Ich wollte mich nur mit dir unterhalten“, beruhigte er sie. Yasmins Augenbraue schoss in die Höhe. „So? Was gibt’s denn?“, wollte sie wissen und holte nebenbei einen Lappen aus der unteren Schublade um die Getränkemaschine zu säubern. „Arbeitest du jeden Tag hier?“, neugierig wartete er auf eine Antwort. „Fast jeden“.
„Gehst du in die Schule?“, fragte er weiter. „Wieso willst du das wissen?“, sie lies den Lappen fallen und lehnte sich an die Theke. „So halt, also?“ „Ja ich gehe in die Schule“. „Wie alt bist du denn?“ „Hab ich irgendetwas verbrochen?“ „An welchen Tisch?“, fragte Melina, eine andere Mitarbeiterin, welche das Gespräch unterbrochen hatte und zeigte dabei auf das Tablett mit den Getränken. „Tisch 5“.

Als diese wieder außer Sichtweite war, versuchte der großgewachsene Junge es erneut. „Beantwortest du mir die Frage?“ „Ich wüsste nicht warum“, langsam nervte dieser Typ sie.
„Hast du etwa einen Freund?“ „Und wenn?“, naja Luca konnte sie nicht als ihren Freund bezeichnen, aber das würde sie, wenn der Junge anfangen würde, sie anzugraben.
„Das wäre dann sehr schade“, lies er sie wissen.
Während Yasmin sich um weitere Bestellungen kümmerte, saß der Junge seelenruhig da und schaute ihr zu. „Kommt dein Freund dich nachher abholen?“ Genervt verdrehte sie ihre Augen. „Was geht dich das an?“, giftete sie. „Man darf doch wohl noch fragen“ „Ja. Er kommt mich abholen und an deiner Stelle würde ich mich weg setzten ansonsten verpasst er dir ein blaues Auge“. „Blaues Auge also? Was hab ich denn gemacht?“, provozierte er und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Du löcherst mich mit Fragen und nervst“, antwortete sie kühl.
"Hey Jan, wir wollen los, kommst du?“, fragte einer aus der Clique des Jungen. Jan hieß die Nervensäge also. „Oh, ich muss los. Man sieht sich Schönheit“, mit einem Zwinkern machte er sich davon.

 Nach Ladenschluss ging Yasmin einkaufen, packte ihre Lebensmittel in zwei großen Tüten und mit der letzten Kraft, die sie aufbringen konnte, lief sie mit diesen nach Hause.
Sie sollte sich langsam ein Auto zulegen, das Laufen wurde auf Dauer richtig anstrengend.

Die anstrengende Totour war glücklicherweise vorbei und so konnte Yasmin es sich auf ihrer Couch gemütlich machen, mit ihren Armen wedelte sie in der Luft umher, in der Hoffnung, sie würden aufhören so zu pochen. Einen kurzen Augenblick später klingelte ihr Telefon. Eine unbekannte Nummer. „Hallo?“, fragte sie zögernd. „Yasmin, ich bin es, Evelyn. Wie geht es dir?“, hörte sie die sanfte Stimme am anderen Ende der Leitung. Sofort musste sie an ihre Eltern denken als sie diese Stimme hörte. „Evelyn? Ja, hey. Mir geht’s ganz gut und dir?“ „Auch, ich wollte dir nur sagen, dass ich seit heute in Berlin bin und wenns nicht kurzfristig ist, würde ich mich gerne mit dir treffen“. „Sicher, klar.. warum nicht?“, antwortete sie perplex. Evelyn war die letzte Person, an die sie heute gedacht hatte. „Wie wärs in einer Stunde am Stadtpark vor dem großen Hotel? Weißt du, wo ich meine?“ „Ja.. ja ich weiß wo das ist. Eine Stunde ist gut“. „Bis gleich,Liebes“. „Ciao“.Und auf ein Mal herrschte trübe Stimmung. Evelyn, Mutters, Vaters beste Freundin.
Obwohl das Zusammentreffen im Krankenhaus erst ein paar Wochen her war, kam es ihr wie eine Ewigkeit vor. Jeder Tag lief an ihr vorbei ohne das sie es bemerkte.

„Hey meine Schöne“, Evelyn lächelte und um ihre Augen herum bildeten sich Krähenfüße.Kurz schlossen die zwei sich in die Arme, ehe sie sich auf eine Parkbank setzten.„Wie geht es dir?“, fragte die Afroamerikanerin und legte ihre Hand auf Yasmins. „Mir geht es gut, danke. Und dir?“ „Auch. Ich bin hier wegen einer Fortbildung“, erzählte sie. 
„Wie lange bleibst du?“ „Nicht lange, am Sonntag reise ich wieder ab.. Wie läufts in der Schule?“ „Alles bestens“. Sie fand es so komisch hier auf der Bank in Berlin mit Evelyn zu sprechen.
Hier, in ihrem neuen Leben wo keiner wusste, wie ihr altes Leben war. „Deine Eltern wären sehr stolz auf dich“, meinte sie schließlich. Sie wollte nicht darüber reden. „Nein, bitte. Ich möchte nicht anfangen, darüber zu reden“, ihren Kopf schüttelte Yasmin hin und her während sie gedankenverloren in den mit Wolken bedeckten Himmel schaute. „Schatz, das hatten wir bereits im Krankenhaus. Es ist sehr wichtig, dass du darüber sprichst. Ich bin Krankenschwester, ich weiß wovon ich rede“. „Nein. Weißt du nicht. Oder hast du mit noch nicht einmal 16 Jahren Mutter, Vater und Schwester verloren? Vor deinen Augen? Hast du? Wurdet du ins Heim geschleppt? Es tut mir weh, ich will nicht darüber reden. Es wissen sowieso schon genug Leute was im Krankenhaus passiert ist.. ich muss nicht darüber sprechen und alle daran erinnern“, Yasmins Nägel krallten sich an ihre Handinnenseiten. Neben sich hörte sie Evelyn seufzen. „Ich weiß, dass was dir passiert ist, ist einfach furchtbar aber wenn du nicht darüber redest, wird es nicht besser. Dein Schmerz wird immer da bleiben. Du solltest ihn teilen. Und wenn du nicht zu einem Psychologen möchtest .. dann rede mit mir, oder mit einer Freundin“. Witzig, sie hatte nicht ein mal welche. Trotzdem nickte sie, damit die Frau Ruhe gab. Sie wollte nicht darüber reden, zumindest nicht jetzt. Nicht, wenn sie gleich nach Hause musste und dann in ihrer einsamen Wohnung die Nacht durch weinen würde, sie kannte sich zu gut. „Ich wollte dir nur noch was sagen.. Alisa würde sich sehr freuen, wenn du dich melden würdest. Ich weiß, du willst mit deiner Vergangenheit nichts mehr zu tun haben aber sie vermisst dich sehr, ihr zwei wart mal beste Freundinnen“, fuhr Evelyn fort. Sie sprach von ihrer Tochter – Yasmins ehemaliger bester Freundin. Ja, die zwei hatten definitiv schöne Zeiten hinter sich aber die mitleidigen Blicke ihrer Freundin damals, die konnte sie nicht mehr etragen, weshalb sie den Kontakt abgebrochen hatte, so wie zu jedem anderen Menschen den sie kannte.
„Wie geht es ihr?“, fragte Yasmin. „Ihr geht es gut. Sie geht zur Schule und nebenbei jobbt sie seit Neuestem bei uns im Krankenhaus. Nächstes Jahr will sie aber wegziehen und ihre Ausbildung anfangen, sie hat ihre Stelle schon sicher“. „Schön, freut mich das es ihr gut geht“.
Eine weitere Stunde unterhielten sich die zwei und als es dunkel draußen wurde, verabschiedeten sie sich. „Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder“, meinte Evelyn während sie Yasmin umarmte. „Bestimmt“.


Genau das, was sie befürchtet hatte, geschah.Nun stand sie vor der Wand mit den unzähligen Bildern ihrer Lieblinge und keine weitere Sekunde später floß die erste Träne ihre Wange herab. Sie hatte sich die letzten Wochen zusammen gerissen. Hatte zwar an sie gedacht und war dann traurig aber so elendig wie sie sich jetzt fühlte, so hatte sie sich die letzten Wochen nicht gefühlt. Die Schule, die Arbeit – Luca, sie beschäftigten sie und erlaubten ihr keine Zeit für Tränen aber jetzt..Mit ihren Fingern fuhr sie ihr Lieblingsbild nach. Maria auf dem Schoß des Vaters sitzend und die Mutter Yasmin in einer Umarmung geklammert, dahinter das wunderschöne Meer.
Ihr letzter gemeinsamer Urlaub vor dem Angriff.
Die Tränen flossen wie wild herab und die Schluchzer konnte sie nicht mehr zurück halten. „Warum könnt ihr nicht zurück kommen“, weinend legte sie sich in ihr Bett und konnte bis in die frühen Morgenstunden nicht schlafen.

 

„Mark ich stehe hier“, brüllte Luca seinem besten Freund entgegen. Er vermerkte ein unauffälliges Nicken und im nächsten Moment bekam er den Fußball zugepasst. Keinen Moment zögerte er und der Ball lag flog siegessicher ins Tor.
Gewonnen!
Die Zuschauer fingen an zu applaudieren und die Mannschaftsmitglieder kamen auf ihn zugerannt.
„Alter, das war verdammt gut“, lobte Mark sein Team und während sie auf dem Fußballfeld anfingen, ihre verschwitzten T-Shirts auszuziehen, maulte das Verliererteam und verließ das Feld.
„Luca, wow. Das war ja toll“, Larissa und zwei weitere Mädchen drängelten sich durch die Fußballer und fielen um seinen Hals. Um ihn herum konnte er das Lachen seiner Freunde hören, die sichtlich amüsiert über die nervende Larissa waren. „Das müssen wir feiern. Heute steigt eine tolle Party, wir fahren alle hin“, bis auf M ark und Luca schienen die anderen begeistert zu sein. „Ich hab schon etwas anderes vor“, meinte Luca. Er hatte geplant, etwas mit Yasmin zu unternehmen. Sie hatte letzte Woche nebenbei erzählt, dass sie diesen Samstag frei hatte. Das musste er nutzen.
„Lucaa! Aber ohne dich gehen wir nicht“, Larissa schmollte und bettelte ihn an. „Sorry, ein ander Mal“. Er lies sich nicht überreden.
Im Auto kramte er sein Handy aus der Tasche und wählte Yasmins Nummer.
Sie ging nicht ran. So versuchte er es alle fünf Minuten erneut. Zwar wollte er nicht aufdringlich wirken, aber das sie nicht ranging störte ihn. Vielleicht war ja etwas passiert? Oder hatte sie keine Lust auf ihn? Deshalb beschloss er kurzerhand, bei ihr vorbei zu schauen. Mittlerweile wusste er schließlich, wo sie wohnte.

 Die Haustür klingelte und Yasmin hatte die größte Mühe, sich aus ihrem Bett zu bewegen. Ihre Augen bekam sie kaum auf und während sie versuchte ihre Haare einigermaßen ordentlich zusammen zu binden, bewegte sie sich Richtung Tür.
Ohne auf den Spion zu schauen, öffnete sie diese und sah in das besorgte Gesicht Lucas.
Jetzt war es ihr mehr als nur unangenehm so auszusehen. Verdammt!
„Hey.. was gibt’s?“, fragte sie und versuchte so sicher wie möglich zu klingen. Klang überzeugend.
„Alles in Ordnung?“, Luca machte einen Schritt auf sie zu, legte seine Finger um ihren Kinn um sie genau ansehen zu können. „Ja, klar. Alles gut. Hab wohl irgendwas gegessen, dass eine allergische Reaktion bei mir ausgelöst hat“, erzählte sie munter. Hoffentlich glaubte er ihr.
„Warum lügst du mich an?“, seine Augen bohrten sich in ihre. Schnell schaute sie wo anders hin. Noch eine Sekunde länger und sie würde wieder anfangen zu weinen. „Yasmin“, eindringlich sah er sie an. „Setz dich, ich erzähl es dir“, gab sie sich geschlagen.

 „Ich hab mich gestern mit der besten Freundin meiner Eltern getroffen“, fing sie an zu erzählen, nachdem sie sich auf die Couch gesetzt hatten. Stille folgte. Yasmin atmete tief ein. „Die letzte Zeit hatte ich nicht so oft die Möglichkeit an sie zu denken, um zu Trauern weil ich so abgelenkt war. Aber gestern ist alles in sich zusammen gebrochen. Es tut mir so weh“. Luca sah sie betroffen an, setzte sich ganz dicht zu ihr und nahm ihre Hände in seine. „Du weißt, du kannst über alles mit mir reden“. Stumm nickte sie, spürte wie Luca mit seinem Daumen ihre Träne wegwischte. „Willst du mir erzählen, was damals passiert ist?“ , zärtlich strich er über ihre Wangen, lies ihr Zeit sich zu sammeln.
„Vor über zwei Jahren.. da ..“, Yasmin ringte nach den passenden Wörtern. „Luca.. der Mann hat alle drei vor meinen Augen erschossen“, sie krallte sich an sein T-Shirt, nachdem sie ihren Kopf an seine Brust gebettet hatte. Stumm weinte sie und erzählte weiter.
- Wer hatte sie erschossen? -
„Mein Vater war Arzt und .. nach einer missglückten Operation ist dieser Mann in das Büro meines Vaters gekommen und wollte meine Mutter, Schwester und mich erschießen. Er wollte, dass mein Vater den gleichen Schmerz spürt wie er. Aber er wusste doch, dass die Frau nur eine minimale Chance hatte, die OP zu überleben. Dafür konnten wir doch nichts.. Mein Vater stellte sich aber vor mich.. so das alles ihn traf, was hätte mich treffen sollen“. Sie brach ab, konnte ihre Schluchzer nicht mehr unterdrücken.
Fest nahm Luca sie in den Arm. Hauchte ihr Küsse auf den Scheitel. „Sie lagen da und ihr Blut und.. sie..sie haben nicht mehr geatmet und meine Schwester.. Maria..Maria war doch ein Kind.. ein kleines Kind, was nichts für das Herzversagen dieser Frau konnte“. „Es tut mir so Leid“, flüsterte Luca und wusste einfach nicht, was er sagen sollte. Was dieses Mädchen mit sich herum trug, war einfach furchtbar. Wenn er sich vorstellte, seine Schwester und Eltern erschossen vor seinen Augen.. nein, nicht mal den Gedanken konnte er ertragen. Niemals hätte er gedacht, dass so etwas Yasmins Geheimnis war. Nicht so etwas grausames.
Lange Zeit saßen sie da. Luca versuchte sie zu beruhigen, auf sie einzusprechen aber er war zu überfordert mit der Situation. Wie einfach ihm auf ein Mal sein Leben erschien und all die Dinge, die er als Probleme glaubte, waren keine mehr.

So verging eine Stunde, in der Yasmin ihm alles erzählte. Zum ersten Mal erzählte sie jemandem die ganze Geschichte, jemandem, der überhaupt keine Ahnung von ihrer Vergangenheit hatte.
„Es tut mir Leid.. das ich so rumheule..“, entschuldigte sie sich gegen Abend und wischte sich über die Wangen. „Yasmin“, Luca umschloss seine Hand mit ihrer. „Entschuldige dich nie wieder. Es ist mehr als nur verständlich wenn es dir schlecht geht und ich will, dass du in Zukunft ohne zu Zögern zu mir kommst, ist das klar? Egal um was es geht. Du bist nicht alleine“, seine Stimme war ernst und erst das Nicken von Yasmin lies seine erhärteten Gesichtszüge weicher werden.


Ein Blick auf Lucas Armbanduhr verriet ihm, dass es nach 12 war.
Den ganzen Tag saßen sie hier und hatten geredet.
Endlich hatte er Yasmin dazu bekommen, ihre harte Schale fallen zu lassen. Das hatte er doch,oder? Immer wieder dachte er, er hätte es geschafft, doch letztendlich kamen trotzdem Momente, in denen sie ihm die kalte Schulter zeigte. „Ich sollte gehen.. es ist schon spät“, meinte er anschließend. Yasmins Augen schauten ihn traurig an, jedoch nickte sie.

Eigentlich wollte sie nicht, dass er ging. Heute brauchte sie seine Anwesenheit, seine beruhigende Wirkung. Die Nacht würde sie sonst in Trauer verbringen. Zögernd ergriff sie das Wort.

„Luca?“ Der großgewachsene Junge drehte sich um und schaute in ihr in Falten gelegtes Gesicht.
„Ja?“ „Könntest du hier bleiben? Ich will nicht alleine sein“,gestand sie.
„Natürlich“, meinte er überrumpelt. Sie wollte seine Gesellschaft? Sie wendete sich endlich an ihn! Endlich! Ihr zauberhaftes lächeln ließ ihn mal wieder alles um sich herum vergessen.

Vor dem Schrank suchte Yasmin etwas taugliches mit dem Luca schlafen konnte.
„Was suchst du denn?“, bequem machte er es sich auf Yasmins Bett während er ihr zusah. „Eigentlich etwas für dich, damit du nicht in unbequemen Jeans schlafen musst, aber leider find ich nichts“, am Hinterkopf kratzend setzte sie sich neben ihn. „Ach kein Problem, ich zieh sie einfach aus“, meinte er. „Em.. ja, wie du willst“. Sie wollte sich gar nicht vorstellen.. meinte er jetzt.. nackt oder ..Egal. In Gedanken versunken, merkte sie nicht, wie ihre Matratze leichter wurde. „Gute Nacht“, kurz hauchte er ihr einen Kuss auf den Scheitel und verschwand aus Yasmins Schlafzimmer.

Wie gerne würde sie ihm sagen, dass er neben ihr schlafen sollte. Am liebsten würde sie jetzt aufstehen und sich neben ihn legen. Ganz dicht bei ihm, an seinem warmen Körper, der sie vor allem zu beschützen schien. Aber er sollte nicht genervt von ihr sein.
Mit dem letzten Gedanken an den viel zu gutaussehenden Jungen nebenan, drifftete sie ins Reich der Träume.

 

 Das klirren des Geschirrs weckte Luca am Morgen.
Ein herzhaftes Gähnen später richtete er sich etwas auf um die Lärmquelle zu entdecken. Er sah, wie Yasmin den Tisch deckte. Ein lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Das Bild vor seinen Augen schien so harmonisch, so friedlich. Während Yasmin dabei war, Honig und Marmelade auf auf den Tisch zu legen, huschten ihre Augen kurz zu Luca und im selben Moment trafen sich ihre Blicke. „Morgen“, meinte sie fröhlich und lächelte ihn an. „Morgen“. Elegant stand er vom Sofa auf und zog sich geschwind Shirt und Hose über die Boxershorts. 
„Habe ich heute Geburtstag?“, fragte er, nachdem sich beide gesetzt hatten.
Yasmin nippte kurz an ihrem Tee ehe sie antwortete. „Nein, aber gute Gastgeberin ist mein Nachname“. „Ich könnte mich daran gewöhnen“.

 Mit vollem Bauch lehnte Yasmin sich an ihren Stuhl. „Das beste Frühstück das ich seit langem hatte“, meinte Luca und dieses Lächeln welches sein Gesicht zierte lies ihr Herz höher schlagen. „Das macht dann 30 Euro“, meinte Yasmin mit ernster Stimme. Luca verstand. „Nur das Essen?“. „Ja, und 60 Euro für meine Gesellschaft“. Kurzerhand zog er seinen Geldbeutel aus der Hosentasche. „Ich hab leider nicht so viel dabei, aber ich könnte dir einen Vorschlag machen?“ Neugierig zog Yasmin ihre Augenbraue hoch. „Ach ja? Lass hören“. „Diesen Mittag führ ich dich zum Essen aus und du kriegst meine Gesellschaft. Dann sind wir quit“. „Und wehe es ist nicht so toll wie meine Gesellschaft“, meinte sie und reckte ihren Kinn gespielt nach oben. „Das wird das beste Date deines Lebens“, meinte er und schaute sie aus funkelnden Augen an.

Kapitel 17

Die Sonne schien direkt auf Yasmins Kopf. Genießerisch schloss sie die Augen und ließ sich von der Wärme umhüllen. „Komm schon, so langweilig ist es noch nicht, dass du einfach einschlafen kannst“, hörte sie Lucas Stimme sagen. Mit einem geöffneten Auge schaute sie ihn an, wie er ihren Eisbecher mit Straciatella hinhielt. „Mhhh, lecker. Danke.“
Luca ließ sich neben Yasmin aufs Gras fallen. Der Park war fast komplett leer, nur weiter hinten spielten Grundschulkinder am Klettergerüst.
„Das Wetter meint es heute echt gut mit uns“, Luca lehnte sich ein wenig zurück und schaute in den blauen Himmel, in denen nur vereinzelte Wolken sichtbar waren. Dabei bemerkte Yasmin eine Narbe an seiner Ellenbeuge. Vorsichtig fuhr sie mit ihrem Zeigefinger über diese.
„Von was kommt sie?“, fragte sie und schaute fast schon fasziniert auf den durchtrainierten Arm.
Warum hatte sie ihn bisher nicht bemerkt? Dabei saugte sie doch sonst jede kleine Information von Luca auf. „Messerstecherei“, antwortete er und schaute in ihr geschocktes Gesicht. „Mit sowas beschäftigst du dich in deiner Freizeit?“ „Nein, ein Typ ist damals auf mich los als ich mich vor meinen betrunkenen Kumpel gestellt habe“, erzählte er. „War das einmalig?“, hakte Yasmin nach und nahm die Finger von der Narbe. „Früher war ich öfters in solche Angelegenheiten verwickelt.. aber das ist lange vorbei“. „Ich hoffe für dich, das stimmt. Sonst ramm ich dir ein Messer in deine Arme wenns dir einen Kik verpasst“, ihre Stimme klang sauer.
„Warum regst du dich darüber auf?“ „Tut mir Leid wenn ich keinen Sinn sehe sich gegenseitig Narben zu verpassen“. „Echt? Ich dachte Frauen stehen auf Bad Boys“, er nahm sich eine Haarsträhne aus Yasmins Zopf und wickelte ihn um seinen Finger. Sie verpasste ihm einen Stoß gegen den Arm. „Das ist nicht witzig. Dir hätte was passieren können“. „Aber wie du siehst sitze ich noch immer neben dir. So leicht wirst du mich nicht mehr los“. Yasmin drehte sich zur Seite und schaute in die blauen Augen des Braunhaarigen, versank wie so oft in ihnen. „Hoffentlich“, nuschelte sie.

Kurzerhand stand Luca auf, nahm dem Moment den Zauber, was Yasmin insgeheim beruhigte, da diese einmaligen Momente sie aus der Bahn warfen. „Steh auf“, meinte er und reichte ihr die Hand. „Wohin geht’s als nächstes?“, fragte sie neugierig. „Wir waren Essen, deinen Nachtisch hattest du auch, lass dich überraschen“. Yasmin fing an zu lachen. „Ich bin gespannt“.

Der Weg führte sie zu einem Fluss. „Zum Schwimmen ist es noch zu kalt, findest du nicht auch?“ Yasmin blinzelte zu Luca rüber, der nach etwas suchte. „Schau da, vorne. Da steigen wir jetzt ein“, meinte er und nahm sie bei der Hand.
Als die Tickets gekauft wurden, setzten sich beide an das offene Heck des Fahrgastschiffes.
Das Schiff fuhr los, im Hintergrund hörten sie die Stimmen der anderen Gäste und das Plätschern des Wassers. „Eigentlich bin ich Seekrank“, gestand Yasmin. „Ist dir übel?“
Nein, irgendwie überhaupt nicht. Ich weiß nicht woran das liegt“. „Ich kanns dir sagen“, raunte Luca und näherte sich ihrem Gesicht. „So? Woran denn?“, Yasmins Augen hatten sich zu Schlitzen verzogen. „An mir, was denn sonst?“, antwortete Luca und grinste schief. „Eben das verstehe ich ja nicht. Mir sollte doch genau deswegen doppelt so schlecht sein“, gab sie keck zurück. Der junge Mann neben ihr fing an zu lachen.
„Dir macht es nichts mehr aus mit mir in der Öffentlichkeit gesehen zu werden?“, Lucas schneller Themenwechsel verwirrte Yasmin. „Wie kommst du da drauf?“ „Beantworte mir erst die Frage“, seine Augen bohrten sich in ihre. Stumm schüttelte sie den Kopf. „Es ist Zeit für einen neuen Lebensabschnitt“, meinte sie. „Richtige Einstellung“, Lucas darauffolgendes Zwinkern ließ Yasmins Herz doppelt so schnell pochen. Er sah so gut aus und kümmerte sich so gut um sie..

Eine ganze Stunde verging, Yasmin erzählte Geschichten aus ihrer Kindheit, Luca hörte ihr aufmerksam zu. „Danke Luca“, Yasmin lächelte den Jungen vorsichtig an. „Wofür?“, fragte dieser und zog seine Augenbrauen in die Höhe. „Für alles“. Er nahm ihre Hand in seine und zog sie mit der anderen an seine Brust. Yasmin atmete seinen Duft ein und die Schmetterlinge in ihrem Bauch tobten wie verrückt. „Du hast ein neues Shampoo“, meinte Luca und strich mit der Nase über ihr zusammengebundenes Haar. Yasmin begann zu lachen. „Das ist dir aufgefallen?“, ungläubig schaute sie in seine blauen Augen. „Ja, das andere roch so unglaublich gut. Das zwar auch, aber das andere... einfach perfekt“. „Perfekt also? Dieses war nur einmalig, bald hast du den perfekten Geruch zurück“. Luca schmunzelte und hauchte ihr einen Kuss aufs Haar.

Der Abend rückte immer näher. Sie standen unmittelbar vor Yasmins Wohnblock, schlenderten nebeneinander her. „Wenn ich dir jetzt eine Frage nicht stelle, werde ich die ganze Nacht nicht schlafen können“.
Yasmin stellte sich vor Luca und schaute in sein attraktives Gesicht.
„Dann frag“, lässig grub er seine Hände in die Hosentaschen.
„Was ist das zwischen uns zwei?“, fragte sie ernst.
Sie konnte die Überraschung in seinen Augen aufblitzen sehen.
„Was meinst du?“ „So wie ich es sage“. Luca schaute sie mit einem undefinierbaren Blick an und legte die Finger um ihre Wange. „Was glaubst du denn, was zwischen uns ist?“, wollte er wissen.
„Genau das ist mir unschlüssig. Zum einen küsst du mich.. zum anderen fasst du mich stundenlang nicht mal mit dem kleinen Zeh an. Einerseits nimmst du mich in den Arm und spendest mir Trost und zum Anderen ..“ „Zum Anderen was?“ Yasmin kaute nervös an ihrer Unterlippe. „Nichts, vergiss es“, sagte sie und schüttelte den Kopf, wollte weiterlaufen. In dem Moment packte Luca sie am Arm und zog sie wieder ganz dicht vor sich. „Du wolltest Zeit und die gebe ich dir. Ein weiteres Wort, dass du bereit bist und ich mich nicht mehr beherrschen muss und wir beide sind erlöst“, flüsterte er dicht an ihrem Ohr. „Beherschen? Vor was?“, ihre Stimme zitterte leicht.
„Beherschen dich zu küssen. Du bist jedes Mal verschreckt wenn ich es tue, also halte ich mich zurück. Beherschen dich nicht anzurühren“, bei diesen Worten strich er mit dem Zeigefinger quer über ihren Hals. Sie fasste ihren Mut zusammen. „Gut. Dann sage ich es dir. Du musst dich nicht beherschen.. Du sollst dich nicht beherschen“. Grob packte Luca drauf Yasmins Hüfte und zog sie noch näher an sich, bis kein Blatt mehr zwischen ihnen passte. „Sicher?“, fragte er und streifte ihre Unterlippe. „Ganz sicher“. Mehr konnte sie nicht sagen, da lagen Lucas Lippen schon auf ihren und nahmen sich alles, was er wollte. Ihre Zungen verschmolzen zu einer, spielten miteinander. Yasmin krallte sich an seinen Haaren fest, ohne den Halt seinerseits würde sie aufgrund ihrer Beine, die sich wie Wackelpudding anfühlten, Bekannschaft mit dem Boden machen.

 

Kapitel 18

„Gut, ich habe mir eure Videos, CD's, Präsentationen und alles was dabei war angeschaut und benotet. Das mit der Benotung war relativ schwer, da ich eben keine genauen Richtlinien hatte aber ich denke, ich habe eine souverane Lösung gefunden und allen Schülern eine gerechte Note gegeben. Ich würde euch gerne einzelt nach vorne aufrufen um noch ein, zwei Sachen diesbezüglich mit euch besprechen. Wer mit seiner Note nicht zufrieden ist, der kann natürlich auch auf mich zukommen“, begann Herr Hansen im Musikunterricht über das Projekt, welches vor den Weihnachtsferien besprochen wurde, zu erzählen. Lange hatte Yasmin sich überlegt, wie sie es gestalten wollte. Ob sie über das wichtigste Thema in ihrem Leben sprechen wollte, ob sie jemanden Einblick lassen wollte, außer Luca natürlich. Aber sie hatte sich dafür entschieden, ihrer Note wegen. Und außerdem glaubte sie nicht, dass er das weitererzählen würde, dass hatte er am Anfang nämlich versprochen. Sie vertraute ihm, besser gesagt, musste vertrauen.

„Als nächstes Yasmin bitte“, hörte sie den jungen Lehrer sagen und musste ihre Gedanken bei Seite schieben. Wenn das jetzt keine eins war, waren all die Tränen umsonst, die sie in der Zeit beim Videoschnitt vergossen hatte. Sie setzte sich auf den Stuhl neben dem Pult und schaute ihren Lehrer erwartungsvoll an. „Was würdest du dir selber geben?“, fragte Herr Hansen.
„Eine eins“, sagte Yasmin selbstsicher. „Und warum?“, der Lehrer schaute seine Schülerin interessiert an. „Weil es ein sehr gutes Video geworden ist. Ich habe mir viel Zeit dafür genommen und sie wollten, dass wir über ein ernstes Thema sprechen. Das habe ich und es war nicht einfach. Es hat mir viel Kraft geraubt“. Nachdenklich nickte ihr gegenüber. „Ja, da hast du Recht. Ich war sehr beeindruckt. Du hast eine glatte eins bekommen“. Yasmin lächelte vorsichtig. „Herr Hansen.. das .. haben sie niemandem erzählt, oder?“ „Was? Nein, nein. Das was ich von euch wollte, waren ernste Themen des Lebens, Schicksalsschläge. Ihr solltet euch damit auseinandersetzen. Es steht mir nicht zu, das weiterzuerzählen“. „Gut.. Danke“. „Hier, die CD kannst du mitnehmen“

Yasmins Blick war auf die CD gerichtet, während sie die Stufen runter zum Ausgang lief.
Schulschluss. In einer Stunde fing ihre Schicht im Cafee an.
„Na meine Schöne“, hörte sie augenblicklich jemanden neben sich sagen. Sobald ihre Augen in die klaren, blauen von Luca sahen, verschwand ihre eben noch eisige Miene in ein warmes lächeln. „Hey“. Sie würde ihm ja am liebsten um den Hals fallen, aber vor und hinter ihnen liefen weitere Schüler umher und da fand sie es unpassend. „Was ist das?“, fragte er und zeigte auf die CD.
Yasmin gab ein seufzen von sich. „Mein Musikprojekt“. „Ah, und was hast du bekommen?“, fragte er interessiert. „Eine eins“. „Schön und dazu noch so begabt. Ich bin beeindruckt“. „Was du nicht sagst“, Yasmin lächelte leicht und verpasste ihm einen leichten Tritt gegen die Brust. „Kann ich es mir anschauen?“, bat Luca. „Ehm.. ja.. ja warum nicht“, Yasmin überreichte ihm die CD und erntete ein warmes lächeln von ihm.

 Das Wetter war zwar etwas kühl, aber erträglich. „Du musst ins Cafee, oder?“ „Jap meine Schicht beginnt in ungefähr einer Stunde“, informierte er sie. „Gut, ich begleite dich. Ich geh von dort ins Training“. Yasmins Augen funkelten und sie gab dem Jungen einen Kuss auf die Wange. Jetzt war es ihr nicht mehr unangenehm, da sie außer Sichtweite der Schule waren. Klar, hier könnten die Schüler sie auch sehen, aber das interessierte sie nicht. Nur vor den Lehrern musste das nicht sein. „Nur einen auf die Backe?“ „Mehr ist nicht drinnen“. Spöttisch zog Luca seine Augenbrauen hoch. Im nächsten Moment blieb er stehen, packte Yasmin an den Hüften und entlockte ihr einen leisen Schrei, der jedoch von seinen Lippen gedämpft wurden. Ihre Arme suchten Halt, fanden sie an seinem Nacken. Er küsste sie, drückte wieder und immer wieder seine Lippen auf ihre. „Ich habs verstanden“, brachte sie mit zitternder Stimme hervor. Yasmin räusperte sich, musste ihre Fassung gewinnen, seine Nähe war einfach zu berauschend.
Luca grinste sie nur frech an und genoss ihre Reaktion in vollen Zügen.

 

„Findest du nicht auch, dass ich ein großes Mädchen bin und du mich nicht vor den Leuten beschützen musst?“, fragte Yasmin spöttisch und zog sich ihren Arbeitskittel über.

Locker lies sich Luca auf einen der Stühle nieder und beobachtete Yasmin wie sie anfing, die Stühle von den Tischen abzustellen und die Tische zu wischen. „Warum öffnet ihr so spät? Normalerweise ist der Laden doch immer offen“. „Hm, ja. Aber diese Woche hat es Miriam schlimm erwischt, sie liegt mit irgend einem Virus im Bett und die anderen Angestellten sind alle Studenten und schreiben ihre Prüfungen im Februar .. Ich bin die einzige die noch kann aber ich hab halt immer bis mittags Unterricht. Danach komme ich hier her und mach den Laden auf“, erklärte sie ihm und stellte sich erneut hinter die Theke. „Das heißt ich kann die ganze Woche hier bleiben und du würdest keinen Ärger bekommen?“, fragte Luca grinsend und stand auf um elegant auf Yasmin zuzugehen.

„Wir haben hier Cameras aufgestellt also komm nicht auf falsche Ideen“, meinte sie und zeigte ernst mit dem Zeigefinger auf ihn. „Auf was für falsche Ideen sollte ich denn kommen“, wollte er amüsiert wissen und drängte sie in die Ecke. „Luca, ich meins ernst, wenn uns jemand erwischt...“, weiter kam sie nicht. Da hatte er sie schon an den Hüften gepackt und sie in einen Kuss verwickelt.

„Luca“, nuschelte sie und versuchte ihn sanft von sich zu drücken. „Ich meins ernst“.

Sein süßes lächeln lies sie erweichen und nun war sie es, die trotz ihrer Mahnung nicht die Finger von ihm lassen konnte. Mit flattrigen Schmetterlingen im Bauch legte sie ihre Arme um seinen Nacken und lies sich vollkommen auf den Kuss ein.

Das ringeln der Glocke an der Tür zerstörrte ihre Zweisamkeit,  verwirrt schauten beide in Richtung Eingang. „Entschuldige, ich dachte ihr habt offen, als ich aus der Fensterscheibe reingeschaut habe“, ein älteres Pärchen, schätzungsweise 70 Jahre stand vor der Türe.

Augenblicklich verdunkelte sich Yasmins Wangenfarbe ins knallrote und nach dem sie ihre Stimme wiedergefunden hatte, wendete sie sich von Luca ab und eilte zum Paar. „Nein, nein. Wir haben offen. Sie können sich ruhig setzen“, beeilte sie sich zu sagen. „Werner, du hast das Mädchen völlig in Verlegenheit gebracht“, beschwerte sich die Frau und schüttelte ihren Kopf. „Oh, das tut mir Leid. Lasst euch nicht von uns stören. Niemand weiß besser als wir, wie schön doch junges Glück ist, nicht wahr Liebling“, er lächelte seine Frau liebevoll an. „Nehmen Sie doch Platz“, wollte Yasmin das Thema in eine andere Richtung lenken. Das hier war ihr mehr als nur unangenehm.

Nachdem Yasmin ihre Bestellung aufgenommen hatte, setzte sie sich beschämt in Gange und machte zwei Drinks für das Paar bereit. Luca ignorierte sie gekonnt.
Dieser lachte nur auf und beobachtete Yasmin stumm bei der Arbeit.
„Musst du nicht ins Training?“, fragte sie als sie seinen Blick bemerkte und schaute mit hochgezogenen Augenbrauen auf ihr Gegenüber. „Willst du mich plötzlich nicht mehr hier haben?“

„Ne. Du kannst jetzt gehen“, antwortete sie schnippisch. „Das sah eben noch ganz anders aus“, Luca zwinkerte ihr kek zu und drehte sich zu dem alten Ehepaar um.

Träumerisch blickte Yasmin ebenfalls zu ihnen. „Hast du dich in ihn verliebt?“, belustigt schaute er das Mädchen an, die ihre Augen nicht vom Paar lassen konnte. „Es gibt heut zu Tage so wenige Menschen, die sich nach all den Jahren noch lieben und bis zum Tod zusammen bleiben. Wenn ich sowas sehe, geht mein Herz auf. Was kann man sich denn mehr im Leben wünschen, als genau so jemanden zu finden?“, meinte sie schwärmerisch. „Dann hast du ja dein Ziel erreicht. Ich bin hier & mich wirst du nicht los“, Luca versuchte das scherzhaft zu sagen, dabei meinte er diese Worte bitter ernst. Er hatte nicht vor sie jemals wieder loszulassen. Yasmin blickte ihn an und wieder ein Mal konnte er ihre Mimik nicht deuten. „Sag niemals etwas, was du nicht halten kannst“, die Ernsthaftigkeit mit dem sie mit ihm sprach, lies ihn erahnen, dass Yasmin ihm nicht zu 100 Prozent vertraute. „Tu ich nicht“, meinte er ebenso ernst. Ob er ihr wieder erklären müsse, dass sie sich immer auf ihn verlassen konnte? Aber hatten sie diese Gespräche nicht schon Tausende Male durchgekaut? „Ich muss los ins Training“, wechselte er schnell das Thema, stand auf, drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und war im nächsten Moment auch schon aus dem Cafee ausgetreten.

 Er wusste, er müsste Geduld mit ihr haben, aber immer wenn er dachte, dass sie an seiner Liebe nicht mehr zweifelte, bewies sie ihm das Gegenteil.

 

 

Kapitel 19

Nach Schichtende stand Yasmin unschlüssig an der Bushaltestelle. Sollte sie zu Luca fahren oder besser nach Hause? Vorhin war er plötzlich abgehauen. Hatte sie ihn mit ihrer forschen Art vertrieben? Dabei war er das einzigste, was sie doch noch hatte, oder nicht?

Wenn er sauer war? Sie konnte heute Nacht kein Auge zudrücken, wenn sie keine Gewissheit hatte.

So wartete sie auf den Bus, der sie bis kurz vor Lucas Haustür fuhr. Sie hatte sich die Straße von ihrem letzten Besuch gut eingeprägt. Zielstrebig lief sie die Straße entlang und blieb vor einem großen Haus stehen, lief die Einfahrt entlang und klingelte schließlich an der Hausklingel.

 

Ein sichtlich überraschter Luca stand vor ihr. Er trug eine Boxershort, ein weißes Shirt und seine Haare waren noch etwas feucht, warscheinlich vom Duschen.

„Hey, was machst du denn hier?“, fragte er sie. „Bist du sauer?“, ohne um den heißen Brei zu reden, sagte sie einfach das, was ihr auf der Zunge lag. Verwirrt zog Luca seine Stirn in Falten.„Nein, sollte ich etwa?“, wollte er verwirrt wissen. „Ich weiß nicht.. Ich dachte vielleicht wegen vorhin..“, mittem im Satz hielt sie inne. Luca schaute sie aufmerksam an und war auf ihre Antwort gespannt. „Ich wollte nur guten Gewissens wissen, dass zwischen uns alles in Ordnung ist. Ich weiß, ich bin sicher anstrengend und.. ich rechne es dir hoch an, dass du nicht genervt das Weite suchst..“ Luca schwieg und hielt ihr die Hand hin. „Komm rein“, lud er sie ein. „Nein, es ist schon spät, ich muss noch einkaufen und so“, Luca schmunzelte. „Yasmin, gib dir einen Ruck und widersetz dich nicht immer gegen alles, was ich sage“. Beschämt schaute Yasmin zu Boden.

Verdammt.. wieso wurde sie in letzter Zeit so schüchtern neben ihm. „Du hast Recht“, gab sie zu.

„Dann los“, meinte er und öffnete die Tür ein Stück weiter, um ihr klar zu machen, dass sie eintreten sollte.

 

Drinnen zog sie ihre Jacke und ihre Schuhe aus und lief mit Luca ins Wohnzimmer.

„Echt schick“, meinte sie und platzierte sich neben ihn auf die Ledercouch. „Mhh“, gab er nur zurück und kam mit seinem Gesicht ganz nah an ihre. „Kein Kuss?“, flüsterte er dicht an ihren Lippen. Yasmin lächelte leicht, fuhr mit ihrem Zeigefinger die Konturen seiner Lippen nach, strich über seine raue Wange und diese Zuneigung ihr gegenüber, die sie in diesen wunderbar blauen Augen ablesen konnte, lies ihr Herz dahin schmelzen. In diesem Moment war sie sich sicher, sie konnte sich auf ihn verlassen. Das würde sie in Zukunft auch voll und ganz. „Luca?“, eine weibliche Stimme zerstörrte den magischen Moment zwischen den zweien.

Prompt lies Yasmin ihre Hand fallen und nahm sofort Abstand zum Braunhaarigen.

Keine Sekunde später tauchte eine Frau auf. Kurze, braune Haare umrandeten ihr hübsches Gesicht. Sie hatte Falten, aber sie passten zu ihr, liesen sie sofort sympatisch wirken. Yasmin schätzte, dass sie nicht größer als sie selber sein konnte.

„Mom“, Luca versuchte erst gar nicht seine genervte Stimmung zu verbergen. Er liebte seine Mutter aber sie fand auch das perfekte Timing um aufzutauchen..

Ihre ebenso blauen Augen richteten sich an Yasmin, welche anfing sie schüchtern anzulächeln.

„Wen hast du denn mitgebracht?“, wollte sie neugierig wissen.

„Mom, das ist Yasmin, Yasmin das ist meine Mom“, stellte er die zwei einander vor.

Yasmin stand auf, so hatten es ihre Eltern beigebracht und es war ihr von der ersten Sekunde an wichtig, dass Lucas Familie sie mögen würde, denn schließlich würden sie in Zukunft viel Zeit miteinander verbringen.. das hoffte sie zumindest. „Freut mich“, meinte sie und reichte ihre Hand, die ihr Gegenüber freuding annahm. „Bist du der Grund für Lucas gute Laune in letzter Zeit“, das Strahlen im Gesicht seiner Mutter nahm immer mehr zu. Yasmin kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Ich hoffe doch“. Luca stand ebenfalls auf, bevor seine Mutter ihn in eine peinliche Situation brachte. „Wenn du willst, kannst du mit uns zu Abend essen“, schlug er vor.

„Nein, danke. Ich will keine Umstände bereiten.. Ich bin einfach so aufgetaucht und..“,

„Ach, was redest du denn da!“, Yasmin wurde von Lucas Mutter unterbrochen. „Ich würde mich freuen, wenn ich dich kennenlernen darf“, „Em, okay“, Yasmin lächelte vorsichtig.

Und so offen wie Lucas Mutter war, nahm sie Yasmin einfach bei der Hand und lief mit ihr in die Küche. Lucas Handy klingelte in der Zwischenzeit und er lies die zwei alleine, natürlich nicht ohne seiner Mutter ausdrücklich zu sagen, dass sie das Mädchen nicht verjagen sollte.

Wie kam er dazu, sie in der ersten Minute alleine mit seiner Mutter zu lassen?!?!

 

„Also, lerne ich gerade die Freundin meines Sohnes kennen“, fing sie munter an zu plappern. Yasmin lachte leise auf. „Ja, ich denke.. Sie sind auf dem Weg“, sie wusste nicht woher, aber das Eis war sofort zerbrochen und sie traute sich plötzlich, sich als seine Freundin zu bezeichnen. Ob das okay für Luca war? Glücklich atmete die Frau aus. „Und dann auch noch so ein schönes Mädchen. Woher kennt ihr euch denn, von der Schule nehme ich an?“ „Ja. Ich bin eine Stufe unter ihm“, erzählte sie. „Ach wie schön, dass freut mich“, quickte sie fröhlich.

Lucas Mutter war eine sehr lebhafte Frau, das musste sie schon sagen.

Keine weitere Minute verging und ihre Mutter stand auf und bereitete das Abendessen vor.

„Kann ich Ihnen helfen?“, bot Yasmin an. „Erstens bin ich Gabi für dich, okay?“ „Okay“, stimmte Yasmin ihr zu. „Und zweitens bist du Gast, sitz du dich hin und ich bereite vor“.

„Um ehrlich zu sein, wäre es mir lieber wenn ich nicht dumm rumsitzen müsste“, gab sie ehrlich zu.Das konnte sie gar nicht ab und auch wenn sie der Gast war, sie fand es unhöflich andere die Arbeit machen zu lassen. „Na gut, wenn es dich glücklich macht kannst du gerne helfen“, meinte Gaby und zwinkerte sie an. „Nichts lieber als das“. „Du kannst dich um den Salat kümmern“.

 

Yasmin hatte sich im Cafe in letzter Zeit viel vom Koch abgeschaut und viele Tricks gelernt.

Sie konnte stolz behaupten, dass ihre Salate nun mindestens so gut schmeckten, wie die im Cafe, und die waren bekannt dafür, dass sie wirklich gut schmeckten.

 

Während sie anfing das Gemüse zu schneiden, unterhielten sich die zwei Frauen ausgelassen.

Gaby gab Yasmin sofort das Gefühl, Teil der Familie zu sein, egal wie kitschig sich das anhörte.

 

„Mom, keine zehn Minuten lernst du ein Mädchen kennen und schon steht sie hinterm Herd“, Luca war nach mehr als zwanzig Minuten wieder zurück. „Schimpf nicht mit deiner Mutter, ich hab mich aufgedrängt“, verteidigte Yasmin seine Mutter. „Du stehst schon auf ihrer Seite? Mom, du hast sie aber schnell um den Finger gewickelt“, Luca schmunzelte und setzte sich an den Küchentisch.

„Tja, so macht man das halt Luca, von deiner alten Mutter kannst du noch was lernen“, scherzte Gaby. Yasmin konnte ihr Lachen nicht zurück halten und fing herzhaft an zu lachen.

Oh ja, die Frau mochte sie jetzt schon!

„Was machst du denn da“, Luca stellte sich hinter Yasmin und sah ihr dabei zu, wie sie das Dressing zubereitete. „Siehst du doch“, antwortete sie lächelnd und gab noch etwas Salz dazu, ehe sie alles miteinander vermischte und anschließend über den Gemüsehaufen kippte.

 

„Guten Appetit“. Sie saßen am Tisch und fingen an, stumm zu Essen. „Mhhhhhh, Yasmin. Was ist denn das für ein toller Salat? Ich bin begeistert!“, Gabis Augen leuchteten. „Ich will wirklich nicht übertreiben, aber so einen guten Salat habe ich lange nicht gegessen“, lobte sie Yasmin. „Stimmt“, steuerte Luca bei und biss herzhaft in seinen Salat. Yasmin bedankte sich und dankte Richard, dem Koch, dass er ihr diese Tipps gegeben hatte. So simpel, aber so wirksam.

Sie wusste nicht warum, aber sie hatte das Bedürfnis sich so gut wie möglich zeigen zu müssen.

Luca sollte sehen, was er hatte und ihr war es mehr als nur wichtig, dass seine Mutter sie mochte.

„Um Lucas Zukunft muss ich mir also keine Sorgen machen, verhungern wird er nicht“, Gaby lachte.

 

Nach dem Essen wollte Yasmin noch helfen, mit Abzuräumen, aber Gabi bestand darauf, dass Yasmin ihre Finger vom Geschirr lies, da sie schon zu viel getan hätte.

 

„Ich sollte jetzt wirklich langsam los“. „Oh natürlich“, Gabi legte das Geschirrtuch beiseite und nahm Yasmin feste in die Arme. „Ich hoffe, dass wir uns noch öfter sehen. Hat mich wirklich gefreut, dich kennenzulernen. In Zukunft brauche ich mir wohl keine Sorgen zu machen, wo sich Luca rumtreibt. Er scheint jetzt wohl die richtige Person um sich herum gefunden zu haben“.

Yasmin fiel ein Stein vom Herzen. Seine Mutter mochte sie! „Wir sehen uns bestimmt in nächster Zeit“, antwortete Yasmin.

 

So lief sie mit Luca raus. „Deine Mutter ist wirklich nett und offen“, Yasmin schielte zu Luca über. „Ja, sie kann aber auch sehr temperamentvoll sein, glaube mir“. Leise lachte sie auf.

„Luca?“. „Hm?“. Yasmin blieb stehen und schaute in diese blauen Augen, die ihr Herz zum Rasen brachte. „Deine Mom denkt jetzt, wir sind zusammen“. „Wieso? Wir haben uns nicht ein Mal geküsst seit sie da war“, in seiner Stimme konnte sie erkennen, dass ihm das ganz und gar nicht gefiel. „Oh. Hast du ein Problem damit.. Ich wusste nicht, dass ich es hätte abstreiten sollen“, traurig schaute sie auf den Boden. Luca fing an zu lachen und nahm ihr Gesicht in seine Hände.

„Du bist zwar ziemlich intelligent, aber in Gewissen Dingen muss man dir echt noch Hilfestellung geben. Ich klang sauer wegen den nicht vorhandenen Küssen, nicht wegen dem Freundin Teil“.

Yasmin zog ihre Stirn in Falten. Das war jetzt echt peinlich.

„Oh..“, mehr wusste sie nicht zu sagen.

Ohne weiteres legte Luca seine Lippen auf ihre und küsste sie fordernd, biss leicht in ihre Lippen und bat um Einlass. Yasmin krallte sich an seine Jacke. Seine Küsse, seine Zunge die mit ihrer tanzte, lies sie Sternchen sehen. Widerwillig löste er sich von ihr, hielt sie dennoch an den Hüften fest. „Schon viel besser“, meinte er und hauchte ihr nochmal einen Kuss auf ihren Mund.

Yasmin lächelte ihn verträumt an und als sie bemerkte, dass sie sich noch fest an seiner Jacke festhielt, lies sie ihn langsam los. „Und das meine Mutter denkt wir sind zusammen, stört mich nicht. Wir sind es ja auch,“ meinte er fest und entschlossen. „Sind wir?“, zwar wusste sie, dass zwischen ihr und ihm mehr war als nur Freundschaft, aber diese Worte aus seinem Mund zu hören, waren ein unbeschreibliches Gefühl. „Sind wir“, wiederholte Luca. „Sind wir“, Yasmin fing an zu lächeln und schmiegte sich an seine Brust. „Sind wir“, flüsterte sie und spürte, wie Luca ihren Scheitel küsste.

 

Kapitel 20

Die Sonne schien Yasmin im Gesicht während sie auf dem Schulhof herzhaft in ihr Sandwich biss und den Vormittag noch ein Mal durchging.

Die anderen hatten nicht schlecht gestaunt, als Luca und sie Hand in Hand die Schule betreten hatten. Es wurde getuschelt, gelästert, Yasmin bekam böse Blicke ihrer Mitschüler zu spüren, ebenso auch neidische. Aber bis jetzt lebte sie noch und man hatte ihr auch nichts weiter getan.

Damit konnte sie leben.

Jetzt saß sie hier und wartete auf Luca, ihrem Freund.

Ein lächeln schlich sich in ihr Gesicht. Luca war ihr Freund. Sie war einfach glücklich.

„Wo sind denn deine Gedanken“, hörte sie jemanden neben sich sagen.

„Bei meinem Freund“, antwortete sie dem Braunhaarigen, der sich elegant neben sie fallen lies.

„Muss ja ein toller Kerl sein“, meinte er und zwinkerte ihr zu. „Wenn du wüsstest“.

Luca näherte sich ihrem Gesicht, gab ihr einen Kuss auf die Lippen.

„Ach wie schön, dass ich dich jetzt küssen kann, wann ich möchte“, raunte er und küsste sie daraufhin noch Mal. „Wir sind in der Schule“, nuschelte sie und entzog sich seinen Lippen.

„Na und? In der Schulordnung steht nichts von Kussverbot“, er zuckte mit den Achseln und nahm ihr Gesicht in seine Hände, damit sie keinen Abstand mehr nehmen konnte. „Ich küsse dich wann ich will“, teilte er ihr mit und küsste sie. „Wo ich will“, küsste sie. „Und wie ich will“, um seine Worte zu unterstützen drängte er sich geschickt in ihren Mund und berührte nur leicht ihre Zunge.

 

Eigentlich würde Yasmin protestieren, aber wie in Trance konnte sie sich einfach nicht dagegen wehren. Sobald er ihr zu nah kam, vernebelte sich ihr Gehirn und sie dachte an nichts anderes mehr, nur daran, dass er einfach nicht aufhören sollte.

„Verstanden?“, flüsterte er in ihr Ohr und drückte ihr einen Kuss aufs Ohr ehe er sie loslies.

„Du nimmst dir aber viele Rechte“, sobald Yasmin wieder bei Sinnen war, schaute sie ihn angriffslustig an. „Das ist nur der Anfang meine Schöne“, meinte er lediglich und lehnte sich zurück um die Sonne zu genießen. „Soso, was erwartet mich denn sonst noch?“, Yasmins Augenbrauen wanderten hoch. „Ach das übliche. Kochen, Putzen & Wäschewaschen. Außerdem musst du mich massieren, wenn ich das sage“, zählte er auf. „Wo sind meine Rechte?“, fragte sie interessiert. „Süß das du denkst, du hättest welche“, Lucas Ton klang bitterernst.

Verblüfft schaute Yasmin ihn an.

Plötzlich fing Luca an, lauthals zu lachen.

„Das wird noch witzig mit dir“, murmelte Yasmin und klatschte ihm verärgert auf den Arm.

Immer noch lachend nahm er ihre Hände, damit sie nicht auf ihn einschlagen konnte und drückte sie im nächsten Moment an seine Brust. „Mit dir wird mir bestimmt nicht langweilig“, meinte er und sie spürte wie seine Brust vom Lachen vibrierte.

 

„Darf man die Zweisamkeit stören oder möchte die Turteltäubchen alleine gelassen werden?“,

vor den zweien hatte sich Mark hingestellt und grinste die beiden an. „Setz dich ruhig“, meinte Yasmin und klopfte auf den Platz neben sich.

„Nenn uns nicht Turteltäubchen“, verärgert schaute Luca seinen besten Freund an.

„Seit ihr das nicht etwa? Ihr könnt nicht mal die Finger voneinander lassen“, Mark liebte es seinen Freund auf die Palme zu bringen. „Mark“, Luca sah böse zu ihm und Mark hob abwehrend seine Hände in die Luft. „Ganz ruhig mein Bester. Ich bin schon still“.

Anschließend wendete er sich an Yasmin. „So, nachdem wir in Zukunft tagtäglich miteinander chillen werden, habe ich ein paar Fragen an dich“, fing er an zu reden. „Und die wären?“, hakte Yasmin nach. „Bist du schon volljährig?“ „Ja. Wieso fragst du?“ „Na, damit ich weiß ob ich dir einen gefälschten Personalausweis schenke oder nicht. Damit wir ohne Probleme in Clubs und sowas kommen“, erklärte er. „Soso. Du hast schon geplant mich in Clubs mitzunehmen?“

„Aber hallo. Jedes Wochenende“. Yasmin lachte leise auf. „Na dann. Sonst noch welche Fragen?“

„Hast du zufällig heiße Freundinnen die du in die Clubs mitbringen kannst?“ „Wieso? Reichen dir die in der Schule nicht mehr?“, interessiert musterte sie den Blonden Kerl. „Weißt du, Abwechslung tut einem manchmal echt gut“, meinte er lediglich. „Da kann ich dir leider nicht behilflich sein“, dafür erntete sie einen gespielt traurigen Blick von Mark.

So stellte sie sich den weiteren Fragen bis die Pausenglocke sich meldete und der Nachmittagsunterricht begann.

 

 

 

Konzentriert saß Yasmin gegen Abend an ihrem Schreibtisch und aß nebenbei ihr Abendessen, Putensalat vom Cafe. In den letzten Tagen saß sie wesentlich weniger vor ihren Büchern als sie sollte. Der Plan war unauffällig ihr Abi zu machen, am Besten mit einem Einserschnitt und niemanden an sich ranzulassen.

Stattdessen wurde sie immer bekannter wegen Luca und verlor ihr Herz täglich mehr an den jungen Mann. Wenn das denn noch möglich war, ein verlorenes Herz noch mehr zu verlieren.

„Ein Nukleotid ist ein Molekül, mit einem Phosphatbestandteil, Zuckerbestandteil und einem Basenbestandteil. In der DNA gibt es die Basen Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin. Bei der RNA gibt es anstatt Thymin, Uracil“, schrieb sie sich eine Zusammenfassung aus dem Buch raus und las sie laut mit. Ihr Handy klingelte und auf ihrem Display erschien Lucas Bild.

Lächelnd drückte sie auf die Hörertaste.

„Ja?“ „Yasmin,hey. Bist du zu Hause?“, hörte sie Luca am anderen Ende der Leitung fragen.

„Ja bin ich“. „Gut, ich bin in zwei Minuten da“. Yasmin lachte leise. „Okay, bis gleich“.

Schnell stand sie auf und stellte sich vor den Spiegel. Sie sah nicht gerade sexy aus.

Ihre Haare hatten sich halb aus ihrem Dutt gelöst, ihr Pulli war ihr zu groß und die kurze Jogginghose wurde durch diese fast nicht mehr erkannt.

Kurzerhand öffnete Yasmin ihre Haare und versuchte sie zu bändigen. Die braunen, langen Haare fielen ihr um die Schultern und erreichten fast ihren Bauchnabel.

„Ein Gang zum Friseur wäre echt angebracht. Ich seh ja aus wie Rapunzel.. Oh man, ich hab mich ja echt gehen lassen“, murmelte sie und versuchte grob durch ihre Haare zu kämen.

Als sie mit ihrem Spiegelbild einigermaßen zufrieden war, klingelte es an der Türe.

 

Luca stand an der Türe.

„Hey“, begrüßte sie ihn lächelnd. „Hey“. „Komm rein“, einladend zeigte sie in den Flur.

„Hm, eigentlich hatte ich vor dich mitzunehmen“. Verwundert schaute Yasmin ihren Freund an.

„Wohin denn?“, wollte sie wissen. „Ach, einfach raus. Aber dafür scheinst du nicht die richtigen Sachen anzuhaben“. Sie nickte wissend. „Dann komm rein, ich zieh mir was über“.

Luca trat in den Flur ein und nachdem er sich die Schuhe auszog, gab er Yasmin einen langen Kuss auf die Lippen. „Du hast deine Haare offen“, nuschelte Luca und fuhr in ihre Haare.

„Ich weiß“, sie zog Luca zu sich runter und drückte ihre Lippen auf seine, genoss es, in seinen Armen zu sein und die Schmetterlinge in ihrem Bauch toben zu spüren.

„Das gefällt mir“, meinte er und nahm eine lange Haarsträhne zwischen die Finger.

„Du solltest sie öfters offen tragen“. Yasmin lächelte. „Natürlich, wenn es meinem Freund gefällt“.

„Und ob es das tut“, er gab ihr einen Klaps auf den Po. „Und jetzt solltest du dich anziehen“.

 

Keine zehn Minuten später saßen sie im Auto und fuhren los.

„Sag mal, wohin gehen wir?“, fragte Yasmin neugierig und sah aus dem Fenster. „Ich hab heute auf dem Vertretungsplan gesehen, dass du Morgen erst um zehn Uhr unterricht hast, da dachte ich gehen wir an den See“. „Gute Idee“, Yasmins Augen leuchteten.

 

Hand in Hand liefen sie entspannt den Fußweg entlang und sahen auf den ruhigen See hinaus.

„Am Wochenende gibt mein Stiefvater eine Geschäftsfeier ab. Ich würde mich freuen, wenn du mich begleitest“, Luca und Yasmin saßen auf einer Bank, direkt am See.

Überrascht schaute sie zu Luca. „Klar“, er lächelte sie an und gab ihr einen Kuss.

„Meine Mutter kann es nämlich nicht erwarten, dich wieder zu sehen“, erzählte er. Yasmin lehnte sich an Lucas Brust. „Das lag bestimmt am Salat“,scherzte sie. „Du hast sie um deinen kleinen Finger gewickelt“, er hauchte ihr einen Kuss aufs Haar und zog ihren Duft ein.

„Nicht nur deine Mutter, wie es aussieht“, meinte sie zwinkernd.

Sie spürte seine Brust vibrieren, durch sein kehliges lachen stellten sich ihre Nackenhaare auf.

„So, so. Du denkst also ich sei dir verfallen?“ Sie schaute in seine Augen, die durch die Dunkelheit fast schwarz aussahen. „Bist du es denn nicht?“, meinte sie und dachte daran, dass sie ihm auf jeden Fall verfallen war. Ihm und seinem Charme, dem viel zu gutem Aussehen, seiner Fürsorge.. einfach allem was ihn ausmachte. Luca strich sanft über ihre Wange und entlockte ihr einen leisen Seufzer.

Er näherte sich mit seinem Gesicht dem ihren und blieb wenige Zentimeter davor stehen.

„Die Frage beantwortet sich von selbst“, flüsterte er und drückte seine Lippen auf ihre.

Ihre Finger fanden seinen Nacken und drückten ihn weiter zu sich runter.

Sie spürte seine linke Hand, die an ihrer Wange ruhte und die andere, an ihrer Hüfte.

 

Yasmin löste sich von ihm, als er seinen Magen knurren hörte. „Du hast Hunger“, stellte sie klar und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Er nickte. „Lass uns was zu essen kaufen“, Luca stand auf nahm ihre Hand und liefen den langen Weg zurück zum Auto.

 

„Worauf hast du Lust?“, fragte Luca und fuhr gerade um eine Kurve. „Also ich hab keinen Hunger, ich hab gegessen bevor du gekommen bist. Mir ist egal wohin wir gehen“, antwortete Yasmin und holte ihr Handy raus um auf die Uhrzeit zu schauen. „Außerdem ist es bereits 23 Uhr, ich weiß ja nicht, ob alles offen hat“. „Was hast du denn zu Hause gegessen?“, fragte er wieder.

„Putenbrustsalat, ich hab noch einen vollen Topf, wenn du willst“, bot sie an. „Hast du das gemacht?“ Sie schüttelte den Kopf. „Ne, ist vom Cafe. Aber es schmeckt richtig gut!“, beteuerte sie.

„Dann geht’s ab zu dir“.

 

Schmatzend saß Luca auf der Couch und schlang seinen großen Teller leer. „Würde ich dich nicht kennen, würde ich denken, dass du seit Jahren nichts zu essen bekommen hast“, war Yasmins einziger Kommentar zum Geschehen. „Gruß an euren Koch, das ist wirklich lecker“, herzhaft biss er in seinen Salat und ohne richtig zu kauen, schluckte er alles runter. „Du erstickst noch“.

„Keine Sorge, ich esse immer so, wenn ich hungrig bin“, meinte er schulterzuckend. „Na dann“.

Luca lehnte sich gegen die Couch und atmete tief aus. „So gut. Jetzt bin ich satt“. Yasmin lachte.

„Ich sollte langsam gehen“, Luca sah auf die Wanduhr, die bereits nach eins zeigte.

„Wann hast du denn Morgen unterricht?“. „Gar nicht“. Irritiert schaute sie ihn an.„Wieso nicht?“. „Ich gebe mir selber frei“, meinte er. „Du böser Kerl“. „Bleib noch etwas, draußen regnet es und es ist dunkel, mir ist nicht wohl dabei dich jetzt raus zu schicken“.

Luca nickte und sah aus dem Fenster, tatsächlich hatte es angefangen zu regnen.

„Du kannst auch hier schlafen, wenn du willst. Wer weiß wann der regen aufhört“, bot sie an.

„Ne, schon gut. Mein Bett gefällt mir eher als die Couch“ Schmollend stand Yasmin auf. „Beim letzten Mal hast du gesagt, die Couch wäre bequem“. Luca lachte.

„Natürlich habe ich das gesagt, hätte ich mich beschweren sollen?“. Da hatte er auch wieder recht. „Nein, aber du solltest immer ehrlich zu mir sein“, belehrte sie ihn.

„Außerdem habe ich gar nicht an die Couch gedacht. Schließlich habe ich ein großes Bett“. Luca grinste schelmisch. „Ist das eine Einladung in dein Bett?“, er näherte sich Yasmin und schlang seine Arme um ihre Mitte.

„Klar doch“, ihre Arme hielten sich an ihren Schultern fest. „Alles was meins ist, ist jetzt auch deins“, flüsterte sie und küsste ihn.

„Das klingt gut“, er packte sie am Po und hievte sie hoch. Yasmins Beine schlangen sich wie automatisch um seine Hüfte. „Echt praktisch wenn der Freund so stark ist“, wieder fand ihre Lippe seine.

„Nicht wahr“. Er trug sie in ihr Schlafzimmer, doch zum Schlafen kamen sie trotzdem nicht.

 

 

 

Kapitel 21

Der Wecker klingelte. Müde zog Yasmin die Decke zur Seite und stellte ihn aus, nur im nächsten Moment wieder ins Bett zu steigen.

Sie war noch viel zu müde.

Ihren Kopf bettete sie wieder auf Lucas Brust, welchen sie in der Nacht als Kissen missbraucht hatte und schlang ihren Arm um seinen Bauch. Sie spürte ein tiefes brummen.„Morgen“, Lucas Stimme war kratzig und klang verdammt sexy! „Morgen“, nuschelte Yasmin und drückte sich näher an Lucas nackten Oberkörper. Er hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn und strich behutsam über ihre Haare.

„So will ich jeden Morgen aufwachen“, meinte er grinsend. „Hm, das wäre ganz nett“, schlaftrunken gähnte Yasmin herzhaft. Daraufhin fing Luca an leise zu lachen. „Habe ich dich gestern zu lange wach gehalten?“, wollte er amüsiert wissen.

Yasmin musste nach seinen Worten an gestern Nacht denken. Sie hatten nicht miteinander geschlafen. Aber fast wäre es dazu gekommen, wenn sie nicht rechtzeitig aufgehört hätten. Ein Glücksgefühl breitete sich in ihrem Körper aus, als sie daran dachte, wo Luca sie gestern alles geküsst hatte. Er war ihr so nahe gewesen. Sie hatte sich komplett gefühlt. Seine Lippen hatten heiße Küsse auf ihrem gesamten Gesicht verteilt, hatten an ihrem Hals geknabbert, ihr Dekolte verwöhnt. Seine Hände hatte er auf Wanderschaft geschickt, besitzergreifend hatte er sie unter sich vergraben. Und sie hatte sich einfach wohl dabei gefühlt.

Weil ihr nichts natürlicher und richtiger vorkam, als in Lucas Armen zu liegen und seine Liebkosungen zu genießen.

 

„Etwas“, meinte sie und sah zu ihm herauf. Er sah sogar verschlafen aus wie ein Model.

Seine braunen Haaren standen in alle Richtungen ab. Aber das stand ihm einfach. Luca stand alles.

Seine blauen Augen nahmen sie sofort gefangen. Sachte strich sie über seine Wange. „Ich habe lang nicht mehr so gut und friedlich geschlafen“, gab sie zu. Ein lächeln huschte über Lucas Gesicht. Er wusste, dass sie damit die Albträume meinte, die sie seit dem Unfall verfolgten.

Er wollte ihr einen Kuss geben, aber Yasmin zog ihr Gesicht weg. „Ist irgendwas?“, fragte er überrascht. „Ich hab noch gar nicht Zähne geputzt“, meinte sie peinlich berührt und sah zur Seite, damit sie nicht rot anlief. Luca fing an zu lachen und ehe sie reagieren konnte, hatte er Yasmin gepackt und gegen die Matratze gedrückt. Halb lag er auf ihr.

„Das ist mir sowas von egal“, hörte sie ihn animalisch sagen. Im nächsten Moment lagen seine Lippen auf ihren. Seine Zunge schlingelte er geschickt in ihren Mund und mit einem Schlag war Yasmin hellwach. Lucas Zunge spielte mit ihrer, umschloss diese, tanzte mit ihr. Aber das auf eine so leidenschaftliche Weise, das Yasmin zu zerglühen drohte.

Er packte ihre Hände und drückte sie hinter Yasmins Kopf, verschränkte die einzelnen Finger miteinander. Zwischen ihnen war kein Zentimeter Platz mehr, eigentlich beängstigend eng, aber es gefiel Yasmin. Weil sie das Mädchen war, die auf den Namen 'Lucas feste Freundin' hören durfte.

 

Kurz lies Luca von ihren Lippen ab, nur um ihren Hals zu verwöhnen. Ein leises seufzen entwich ihrer Kehle. „Ich muss zur Schule“, flüsterte sie.

Langsam lies Luca von ihr los. „Wie kannst du nur an die Schule denken, wenn du unter mir begraben liegst?“, doch trotzdem hatte er nicht vor, sie freizugeben.

Sein Gesicht war ihrem so nah, mit seiner Nase fuhr er ihren Nasenrücken hoch und runter.

„Ich würde auch lieber hier bleiben“, meinte sie und strich sanft über seine Haare.

„Dann bleib doch einfach“, versuchte er sie zu überreden. Sie gab ihm einen langen Kuss auf die Lippen. „Ich hab heute Mathe, da will ich nicht fehlen“, erklärte sie ihm.

„Musst du heute ins Cafe?“. Sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich schreibe Morgen Wirtschaft. Deswegen habe ich gesagt, dass ich heute nicht komme. Was ist mit dir? Musst du ins Training?“

„Ja, aber erst ab 19 Uhr“. „Wärst du jetzt so gnädig, von mir aufzustehen? Ich sollte noch duschen, bevor ich losgehe“. Er schüttelte den Kopf und drängte sich mit seinem vollen Körpergewicht auf sie. „Ich denk gar nicht dran“, brummte er und küsste ihren Hals.

„Machen wir einen Kompromis. Ich gehe duschen und beeile mich und wenn noch Zeit ist, hüpfe ich zurück ins Bett“. Luca hörte auf ihren Hals zu verwöhnen und schaute ihr wieder ins Gesicht.

„Wie kommst du drauf, das wir Kompromisse machen?“, wollte er wissen und zwinkerte ihr kess zu. „Gehört das nicht so in eine Beziehung?“, sie zwinkerte verschmilzt zurück. „Frag mich nicht, das ist meine erste Beziehung in meinen fast zwanzig Jahren“. „Mhh. Meine auch“.

„Und auch deine einzige, dafür sorge ich“, flüsterte er und gab ihr einen Kuss. „Was soll denn das heißen“, fragte sie mit heiserer Stimme. „Ganz einfach. Wir trennen uns nicht.“

So wie er das sagte, klang es wie ein Schwur. Ihr Herz qualmte über mit Liebe für diesen Jungen.

„Versprochen?“, wollte sie wispernd wissen. „Versprochen“.

 ~*~*~*~*

Seit Tagen schwebte Yasmin schon auf Wolke sieben aber heute, in Lucas Armen aufzuwachen war der Höhepunkt. Sie konnte sich nichts schöneres vorstellen.

Der Groll gegen Gott und die Welt war weg - jetzt war sie glücklich. Strahlend lief sie in die Schule und begrüßte jeden, der ihr auf dem Weg entgegenlief. Das Leben war schön!

Yasmin saß im Klassenzimmer, packte ihre Mathesachen raus und begrüßte weiterhin jeden ihrer Klassenkameraden, der übermüdet ins Zimmer kam.

Der Unterricht ging schnell vorbei - sie hatte heute richtig gut mitgemacht. Den Schülern und den Lehrern war Yasmins gute Laune nicht entgangen.

Eilig wollte sie wieder nach Hause, sie hoffte, Luca würde noch dort sein. Aber sie wollte ihn nicht anrufen und ihn fragen, ob er dort war. Sie bemühte sich, ihm Freiraum zu geben. Er sollte sich nicht bedrängt fühlen und genug Platz zum Atmen haben. Auch wenn sie am liebsten jede Sekunde mit ihm verbringen würde.

"Hey Yasmin, bleib stehen", hörte sie eine hysterische Stimme hinter sich sagen.

Larissa eilte ihr entgegen, ihre Augenbrauen waren wütend zusammengekniffen.

"Hab ich dir nicht gesagt, Finger weg von Luca? Was verstehst du daran nicht?", sie zeigte drohend mit dem Zeigefinger auf Yasmin. Unbeeindruckt zog diese ihre Augenbrauen hoch. "Wie kommst du drauf, das ich das tue was du willst?"

"Das solltest du besser, ansonsten wird das böse für dich enden". Yasmin verdrehte ihre Augen. "Bestimmt", meinte sie spöttisch.

"Luca wird so oder so zu mir zurückkehren. Das hat er schon immer. Er hat Spaß mit irgendwelchen Mädchen aber am Ende verbringt er eine heiße Nacht mit mir. Das war schon immer so und das wird auch immer so bleiben. Er kommt immer zurück zu mir", ihre gehässige Stimme schallte im Schulgang.

"Wenn das so ist, brauchst du mich ja nicht als Konkurrenz sehen, er kommt ja zurück zu dir. Dann kannst du dich ja wieder wichtigen Sachen des Lebens widmen, nicht mir", damit lief sie an der Blondine vorbei.

"Er wird dich verlassen. Mach dich darauf gefasst. Spätestens beim jährlichen Ski-Urlaub wird er das Bett mit mir teilen", schrie Larissa ihr hinterher.

"Ich komme mit. Dann musst du das Bett wohl auch mit mir teilen", antwortete Yasmin und verließ den Gang.

 

Zwar hatte sie es sich nicht anmerken lassen, aber es nagte ganz schön an ihr, das Luca was mit Larissa hatte. Und sie wusste, die zwei hatten oft miteinander geschlafen. Und sie? Sie hatte noch gar nicht mit ihm geschlafen. Was, wenn er sie deswegen verlassen würde? Wenn Larissa irgendwann Recht hätte? Ohne Luca konnte sie nicht mehr Leben, sie brauchte ihn einfach. Yasmin war nicht blind, Larissa versuchte so oft es ging mit Luca zu flirten, sogar vor Yasmin. Sie hatte absolut keine Scheu, einen vergebenen Mann anzugraben!

Ihre gute Laune verschwand und plötzliche Zweifel kamen in ihr auf. Aber Luca hatte selber gesagt, sie würden sich nicht trennen. Niemals! Und sie glaubte ihm!

Er hatte ihr nie einen Grund zum Zweifeln gegeben.

 

Sie öffnete die Tür in ihre Wohnung und ein wunderbarer Pizzageruch stieg ihr in die Nase.

Ein lächeln schlich sich in ihr Gesicht als er ihre Schuhe sah. Er war nicht gegangen!

Luca hatte die Klamotten vom Vortag an und saß auf der Couch mit Handy in der Hand."Hey", begrüßte sie ihn und musste automatisch lächeln, als er sein Gesicht erhob.

Er zog sie auf seinen Schoss und gab ihr einen Kuss. "Wie war die Schule?", erkundigte er sich. "Ganz gut", nervös biss sie sich in die Unterlippe. "Ist etwas passiert?", hakte Luca nach.

Seine blauen Augen beruhigten sie augenblicklich.

"Vorhin hatte ich einen Zusammenstoß mit Larissa", erzählte sie. Geduldig sah Luca auf seine Freundin. "Sie meinte.. ich soll mich schon mal bereit machen.. weil du mich bald verlässt.. weil du am Ende immer zu ihr zurück gehst", sie traute sich nicht in sein Gesicht zu schauen, stattdessen waren ihre Augen auf seinen Hals gerichtet.

Sanft schob er zwei Zeigefinger unter ihren Kinn. "Ich hoffe, du glaubst das nicht", meinte er ruhig. Sie schüttelte den Kopf. "Nein.. aber sie tut alles um dich zu bekommen und das macht mich wahnsinnig", offenbarte sie.

"Niemand kann mit dir mithalten. Wir sind zusammen und wir bleiben zusammen, okay?", er gab ihr einen Kuss auf die Wange und zog sie in eine Umarmung.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dich irgendwann nicht mehr bei mir zu haben. Allein der Gedanke bringt mich um", flüsterte sie in seine Schulter. Behutsam fuhr er über ihren Rücken.

 

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Publication Date: 10-26-2012

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