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Die Einbrecher

 

Wir waren seit kurzem stolzer Besitzer eines Hauses in Klosterneuburg, der ehrwürdigen alten Babenberger Stadt an der Grenze zu Wien.

Unser Haus ist das Überbleibsel eines Kinos samt Kaffeehaus aus den 1930ern. Das Kino gibt es schon lange nicht mehr, es musste einem Bankgebäude weichen, aber das „Parkkaffee“ wie vergilbte Buchstaben stolz den Namen noch immer zeigten, behauptete nach wie vor seinen Platz. Schmal, nur zwei Fenster breit, eingequetscht zwischen einem vierstöckigen Wohnhaus und dem Bankhaus, nur einem Stock hoch und so unauffällig, dass man es glatt übersehen konnte, stand es da und wartete…

 

Ja und dann kamen wir und verliebten uns sofort in das unmögliche Haus. Erst wenn man es betritt, gibt es sein Geheimnis preis. Zwar schmal an der Front, aber langezogen, bringt es auf den zwei Ebenen gut 150 Quadratmeter und da das hohe Dach auch noch einen ungehinderten Ausbau erlaubte, kamen wir auf ca 230 Quadratmeter und dazu kommt noch der Keller. Von der Küche aus und später, als wir einen Wintergarten angebaut hatten, durch diesen, kommt man in einen nicht sehr großen, aber schönen Garten. Mein Mann nennt das Haus liebevoll Lupo Turm, nach den Comic Heften Fix und Foxi, in dem der Wolf Lupo in einem Leuchtturm ähnlichen Haus wohnt.

 

Wir waren jung und hatten auch nicht viel Geld, aber da das Haus sichtlich nicht sehr gut zu verkaufen war, bekamen wir es günstig und stürzten uns gleich mit Feuereifer aufs Renovieren. Wir waren so beschäftigt, dass uns unsere Freunde kaum mehr zu Gesicht bekamen, jede Minute der Freizeit verbrachten wir in Arbeitskleidung mit Werkzeug in der Hand, doch die große Geburtstagsfeier eines lieben Freundes wollten wir uns doch nicht entgehen lassen. Es war ein Genuss, endlich einmal etwas anderes zu sehen, als Gips und Zement.

 

Es war ein sehr langes und ausgiebiges Fest und so kamen wir erst weit nach Mitternacht Samstagnacht wieder zu Hause an. Die Eingangstür war damals noch die alte Kaffeehaustür, eine Glastüre mit einem ganz dünnen einfachen Fensterglas. Zum Schutz vor den Einbrechern gab ein früher übliches massives Scherengitter, dass wir auch immer zuzogen, wenn wir weggingen.

Müde, schon halb schlafend, steckte mein Mann den Schlüssel in das Schloss des Scherengitters und versuchte aufzuschließen. Es knackte vernehmlich und dann hatte mein Mann den abgebrochenen Schlüssel in der Hand, der Bart steckte im Schloss. Wir versuchten, mit allen möglichen Tricks, den Teil rauszubekommen, aber nichts half.

Wir standen vor dem verschlossenen Gitter und guter Rat war teuer. Wir überlegten schon, ob wir in unserem Campingbus, der in der Nähe stand, übernachten und erst am nächsten Tag weiter machen sollten, als mein Mann mit einem: „Ich habe eine Idee“, in Richtung Bus verschwand.

Gleich darauf kam er mit einem massiven Eisenrohr zurück, das er als Hebelwirkung zum Aufschrauben der Radmuttern der großen Zwillingsreifen unseres Campingbusses verwendete.

Er setzte am Gitter an und versuchte, das Scherengitter aufzubiegen. Das ging natürlich nicht ganz ohne Lärm ab. Dazu muss ich sagen, dass unser Haus direkt an einer Straßenkreuzung liegt, die untertags ziemlich frequentiert wird und auch nachts etliche auf dem Nachhauseweg vorbeifahren.

Da standen wir nun mitten in der Nacht, in der Nähe einer hellbeleuchteten Kreuzung und versuchten, in unser eigenes Haus einzubrechen!

Die wenigen, noch vorbeifahrenden Autofahrer sahen uns neugierig zu und wenn sie an der roten Ampel halten mussten, fielen ihnen fast die Augen aus dem Kopf.

„Jetzt wird gleich die Polizei da sein und uns als Einbrecher verhaften“, sagte ich ängstlich.

„Ach was“, meinte mein Mann, „wir können ja beweisen, dass es unser Haus ist.“

„Naja, den Meldezettel haben wir aber nicht bei uns“, wandte ich ein.

Wir hatten zwar unsere Führerscheine bei uns, aber natürlich waren alle anderen Dokumente im Haus. Damals waren wir noch Jahre von Computer und noch weiter von Internet entfernt und ich befürchtete zu Recht, dass wir dann wohl bei der Polizei bis Montagmorgen warten müssten, bis die Behörden wieder geöffnet hätten. Aber mein Mann werkelte ungerührt weiter und ich verging fast vor Angst, aber…nichts geschah!

Obwohl wir auch nicht gerade leise waren, ging weder ein Fenster in den Nachbarhäusern auf, noch hielt ein Auto wegen uns an. Von Polizei weit und breit keine Spur.

Nach einer guten halben Stunde hatte mein Mann das Gitter endlich so weit aufgebogen, dass es knirschend nachgab, das Gegenstück des Schlosses im Türrahmen rausbrach und noch Teile des hölzernen Türstockes mitriss. Jetzt konnten wir das Gitter aufschieben und der Zugang zur Glastür dahinter war endlich frei.

Dann waren wir endlich im Haus, Erleichterung durchflutete mich, zwar fürchtete ich noch immer, dass die Polizei auftauchen könnte, aber nun konnten wir ja beweisen, dass wir die Besitzer und keine Einbrecher waren.

 

Es dauerte am nächsten Tag noch ziemlich lange, bis wir das Gitter entfernt hatten und auch den Schaden am Türstock behoben hatten, aber gleich am folgenden Montag bestellten wir eine massive Eingangstür mit einem gut funktionierenden Schloss!

 

Ende

 

Imprint

Text: Margo Wolf
Cover: Pixabay
Publication Date: 03-03-2019

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