Table of Contents
Title Page
Widmung
Inhalt
Elisa Schwarz
Justin C. Skylark
Kai Brodersen
Lena M. Brand
J. Walther
Björn Petrov
Dima von Seelenburg
Carmilla DeWinter
Paul Senftenberg
~Ende der Leseprobensammlung~
Über die Beteiligten
Sein schönster Sommer
Anthologie
~Leseproben~
Hrsg. J. Walther
Zum Gedenken an Kai Brodersen
&
Levi Frost
&
Björn Petrov
Inhalt
Sommer - ein Versprechen von Hitze, sonnengetränkten Tagen und lauen, entspannten Nächten. Von Freibad und See, Meer und Urlaub. Von Lust und Sinnlichkeit, die unter der Sonne aufblühen.
Männer treffen sich um sich zu verlieben, zu entlieben oder nicht voneinander zu lassen. Manchmal romantisch, dezent erotisch, selten traurig, wird in den zehn Geschichten bekannter AutorInnen dem Sommer gehuldigt.
Hierbei handelt es sich um eine Sammlung von Leseproben aller Beiträge von: Elisa Schwarz, Paul Senftenberg, Justin C. Skylark, Carmilla DeWinter, Levi Frost, Lena M. Brand, Dima von Seelenburg, Björn Petrov, Kai Brodersen und J. Walther
Elisa Schwarz
Sommer am See
»Jan! Jan! Jan! Jan!« Das Grölen schallt über den Strandabschnitt des Badesees, die Clique feuert mich an. Ein Sprung vom Floß, drei, vier kräftige Kraulschläge durch den See und Lisa quietscht auf, als ich sie packe und unter Wasser drücke. Prustend kommt sie wieder nach oben, kräuselt die Nase und reißt den Mund auf. Schluckt dabei eine große Portion Wasser.
»Du Idiot!« Sie schlägt wild um sich und versucht mich zu treffen. Dabei geht sie fast unter vor lauter Lachen. Fabian und Pius tauchen neben uns auf und greifen nach ihr, doch sie hält sich eisern an mir fest. Eine wilde Schlacht beginnt. Wasser spritzt in alle Richtungen. Ich hole ein letztes Mal Luft, schnappe Lisa an der Taille und lasse mich abwärts gleiten.
Unter der Oberfläche schallt das Gelächter der anderen dumpf. Durch die strampelnden Beine um uns herum sprudelt das Wasser, während sich Lisas Griff an meinen Schultern festigt. Aus weit aufgerissenen Augen sieht sie mich an. Ihr blondes Haar fließt wie Seide um ihren Kopf, geht mit den sanften Bewegungen des kühlen Nasses. Erst als ihre Finger sich fester in meine Haut bohren, entlasse ich sie aus meiner Umklammerung. Eilig schwimmt sie nach oben. Vermutlich hat sie eine Heidenangst vor den Algen, die sich gerade um meine Füße und Beine herum schlängeln.
Ich tauche Richtung Strand davon. Meine Luft geht mir nur langsam aus. Sechs Minuten schaffe ich. Maximum. Bald kann ich den feinen Sand im Uferbereich mit den Händen greifen und kurz bevor ich strande, komme ich an die Oberfläche. Werde von Pfiffen, aber auch besorgt dreinblickenden Gesichtern empfangen.
»Jan!«, ruft Pius atemlos hinter mir. »Eh, Alter … du hast uns voll erschreckt.«
Erschöpft lege ich mich im seichten Wasser hin. Meine Lungen saugen den Sauerstoff in sich, wie das kostbarste Gut auf Mutter Erde, mein Brustkorb arbeitet dabei schwer. Es dauert ein paar Minuten, bis ich genügend Kraft getankt habe, um mich hochzustemmen. Dabei remple ich Diego, unseren Italiener, an. Er hat immer einen lustigen Spruch auf den Lippen. Nur gerade scheint ihm nicht der Sinn nach Humor zu stehen. Finster sieht er mich an und gibt mir einen kräftigen Schubs zurück. »Du Arsch! Wir waren krank vor Sorge, als du nirgends aufgetaucht bist. Ich hab echt gedacht, du bist abgesoffen oder in einen Sog von einem der Kiesrohre geraten. Das ist kein Spaß, Amico.«
Ich beiße mir auf die Unterlippe, muss mir ein Grinsen verkneifen. Diego sieht es, dreht theatralisch die Augen und klopft mir kameradschaftlich auf die Schulter. »Die Mädels stehen auf so was!«
»Ach was …« Ich winke ab. Mädels will ich gar nicht beeindrucken. »Alles eine Sache des Trainings«, antworte ich ausweichend, stapfe zu meinem Handtuch und nehme die gleiche Liegeposition ein, wie eben schon am Ufer.
Annika starrt mich entgeistert an. »Mach das nie wieder«, schimpft sie los und legt ihre zierlichen Finger auf meine. Sie geht nicht das erste Mal auf Tuchfühlung. Ich mag sie, nur … sie kennt mich nicht. Ihr Zeigefinger spielt verträumt mit meinem Ring, den ich grundsätzlich trage.
Das Gegenstück existiert noch. Er ist Teil meiner Vergangenheit. Einer wunderschönen Zeit in Frankreich. Meine erste Liebe habe ich in der Bretagne zurückgelassen. Weit weg von hier. Für mich eine unüberwindbare Strecke. Umgezogen sind wir wegen des Jobs meines Vaters. Zwei Jahre ist das nun her. Und drei Umzüge später. Irgendwann, so haben Kylian und ich uns bei unserem Abschied geschworen, sehen wir uns wieder. Alleine der Gedanke an ihn lässt es um mein Herz herum wärmer werden und meine Nerven flattern, obwohl wir uns getrennt haben. Wir wollten auf die Entfernung hin keine Versprechungen machen, die wir nicht hätten halten können – und das war gut so. Wenn auch der Abschied schmerzlich war und wir über einen langen Zeitraum beinahe täglich in Kontakt standen: Handynachrichten, Facebook, Skype. Erst zum Jahresanfang ist unser Kontakt abgekühlt. Ein merkwürdiges Gefühl – wie ein zweiter Abschied. Ein endgültiger diesmal. Aber auch das war gut so! Die Bilder, die Kylian mir vor wenigen Wochen geschickt hat – von einem Segeltörn mit Freunden – haben keine Eifersucht in mir wachgerufen, keinen Schmerz in mir losgetreten. Was bleibt, ist die Erinnerung: Wenn ich in mich lausche, höre ich sein Lachen und kann seinen Atem riechen … immer nach Pfefferminz. Seine erfrischende Art und sein Talent, locker jedem ins Gesicht zu grinsen, fehlen mir manchmal. Genauso wie ich an bestimmten Tagen, wenn es mir nicht so gut geht, seine Nähe herbeiwünsche. Seine Wärme, die er abgestrahlt hat, das Gewicht von ihm auf mir, Streicheleinheiten, Seele baumeln lassen, Küsse, die einem bis in den Unterleib fahren … Alleine im Bett zu liegen, ist langsam zermürbend.
Meine Eltern lassen mich zum Glück in Ruhe. Vielleicht sind sie auch einfach nur gehemmt. Wissen nicht, was sie sagen sollen, um meinen nach wie vor herrschenden Unmut über die ständigen Umzüge abzumildern. Sie haben Kylian sehr gemocht. Er war ihnen immer ein willkommener Gast. Die Frage, ob ich nicht mal wieder einen Jungen mit heimbringen möchte, haben sie mir genau einmal gestellt. Wie soll ich jemanden kennenlernen, wenn wir ständig umziehen?
Unauffällig ziehe ich meine Hand weg und versuche, das beginnende Zittern in meinen Fingern und den aufkommenden Druck hinter meinen Augen zu verbergen. »Mir passiert schon nichts«, antworte ich lahm auf Annikas Gezeter und prompt legt sich ein Schatten über ihr Gesicht. Bestimmt nicht wegen meiner Antwort. Schuldgefühle steigen in mir auf, die nicht angebracht sind. Aber sie sind da, immer, wenn ich einem Mädchen einen dezenten Korb austeile. Sie nimmt ihre Hand ganz aus meiner Reichweite, umfasst sie beschämt mit ihrer anderen und sieht sich verlegen um. Niemand hat die Szene beobachtet. Dennoch fühlt sie sich unwohl, ich merke es an ihren Blicken. Sie atmet erst erleichtert auf, als Lisa tropfnass aus dem Wasser kommt und wie ein Stier schnauft, mich dabei ins Visier nimmt – wenn Blicke töten könnten. Ich grinse ihr entgegen und sie lässt sich dicht neben ihrer Freundin nieder. Annika quietscht auf und gibt ihr einen verspielten Klaps auf den Po. »Du bist pitschnass. Pfui. Ich bin gerade getrocknet.«
»Wenn Jan mich ärgert, musst du da auch durch.«
Pius grinst diabolisch hinter Annika und lässt das Handtuch geradewegs wieder fallen, mit dem er sein Gesicht trocknen wollte. Ich muss ein Lachen unterdrücken, senke schnell den Kopf. Annikas Quietschen beschallt gleich darauf den gesamten Strandabschnitt des Baggersees. Bis es platscht. Ihre Laute untergehen. Kurzerhand drehe ich mich, stütze mich auf den Ellenbogen auf und beobachte die Szene. Annika flucht lautstark, kann sich ein Lachen gleich darauf aber nicht verkneifen. Schon haben die Jungs ein weiteres Mädel aus unserem Jahrgang geschnappt.
Statt mitzumischen, betrachte ich mir die umliegenden Gäste, die, wie wir, bis in die Abendstunden ihrer Freizeit frönen. Ein Pärchen liegt eng aneinander geschmiegt etwas außerhalb. Bekommt von all dem Trubel um sich herum nichts mit. Perfekter kann es kaum sein. Ein paar Jungs, drei, vier Jahre älter als wir und gerade erst angekommen, haben bereits Bierflaschen in der Hand. Heavy Metal dröhnt aus der mitgebrachten Box und sekündlich werden die Liegeplätze um sie herum geräumt.
Mein Blick bleibt an einem von unserem Jahrgang hängen. Er liegt ein paar Meter hinter uns, hat Stöpsel im Ohr. Was er wohl gerade hört? Sein flacher Brustkorb hebt und senkt sich gleichmäßig. Er sieht aus, als würde er schlafen. Ich gönne mir den unbeobachteten Moment und sauge seine Statur in mich auf: Die schwungvolle Linie seines Körpers, die leicht hervorstehenden Hüftknochen, die Rippenbögen, den flachen Bauch, der sich mit jedem Atemzug minimal hebt. Und ist das wirklich ein Tattoo auf der Hüfte? Sexy! Wo hat er eigentlich seine Brille? Seine braunen Haare kringeln sich wild am Kopf. Unfrisiert sieht er … verflucht heiß aus. Ich schlucke und beiße mir in die Wange. Wieso ist mir das nie aufgefallen? Sein Gesicht wirkt im seitlichen Profil scharf gezeichnet. Zum Nachfahren schön. Die Wangenknochen werfen Schatten über die leichten Grübchen, die er irgendwie immer hat. Auch, wenn er ernst guckt. Seine Augenbrauen haben einen wunderschönen, sanften Schwung und der Mund ist minimal geöffnet. Einladend! Verstohlen lecke ich mir über die trockene Unterlippe. Die Abkühlung von eben ist wie weggeblasen, mir wird unsagbar heiß. Und warm im Bauchraum. Er schlägt eine Fliege von seinem Bein, zuckt damit zurück und winkelt es an. Mir zieht es bis in den Unterleib. Gott sei Dank liege ich auf dem Bauch. Beschämt drücke ich mein Gesicht ins Handtuch, atme tief durch. Meine Wangen
Publisher: BookRix GmbH & Co. KG
Publication Date: 05-11-2017
ISBN: 978-3-7438-1199-7
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