Deborah Meroff
SOS: Rettet unsere Schwestern
Ein Handbuch, um gefährdeten Mädchen und Frauen weltweit zu helfen
Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© der deutschen Ausgabe 2017
OM Books • Alte Neckarelzer Straße 2 • 74821 Mosbach • Deutschland
E-Mail: buchbasar.de@om.org • Internet: www.om.org ISBN 978-3-902669-38-4
Original published under the title SOS: Save Our Sisters
© 2014 Deborah Meroff
Übersetzung: Gudrun Piater
Lektorat: Corinna Scharrenberg
Umschlaggestaltung und Satz: Lydia Reimer
Hintergrundbild des Buchcovers: designed by Freepik Druck: Printo, Ostrava/Tschechische Republik
Soweit nicht anders vermerkt, sind die Bibelverse aus folgenden Ausgaben:
Neuen Genfer Übersetzung, © 2011 Genfer Bibelgesellschaft, Genf
Neues Leben. Die Bibel © 2002 und 2006 SCM R.Brockhaus im
SCM-Verlag GmbH & Co. KG, Witten
Es ist für mich eine große Ehre, ein Vorwort zu diesem Handbuch zu schreiben. Es ist eine verkürzte Version von
Echt mutig – Frauen setzen sich aktiv für Gottes Sache ein – eins der wichtigsten Bücher meines Le-bens, besonders in den vergangenen zehn Jahren. Ich freue mich sehr, dass ich Zehntausende von Exemplaren in der ganzen Welt verschenken oder verkaufen konnte – in fünf verschiedenen Sprachen neben Englisch. Für mich war es das Buch des Jahres, als es erschien, und später dann das Buch des Jahrzehnts. Der OM-Arbeitsbereich „Special Projects“ hat viele der Übersetzungen ermöglicht, und wir sind begeistert von dieser neuen Version.
Vielleicht finden Sie es schwierig, so viel über dieses Thema auf einmal zu lesen. Was Mädchen und Frauen in Wahrheit gelitten haben und im-mer noch leiden, ist eine der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen in unserer heutigen Welt. Aber die folgenden Seiten ermutigen uns auch dazu zu erkennen, was Gott durch uns tun kann.
Ich bete, dass Sie dieses zeitgemäße und wichtige Handbuch nicht nur lesen, sondern dass Sie sich auch veranlasst sehen, es weiter zu vertei-len. Wir sind alle Menschen, die zum Dienst ausersehen sind, und wir können unseren Einfluss verstärken, wenn wir großartige Bücher wie die-ses weitergeben. Gott segne Sie in diesem Dienst.
Dr. George Verwer
Gründer und Internationaler Direktor Emeritus
OM International
Vor zehn Jahren, getrieben von einem Dutzend Jahre der Beobachtung als internationale Journalistin, schrieb ich die erste Fassung von Echt mutig – Frauen setzen sich aktiv für Gottes Sache ein. Ich hatte gehofft, dass ich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses revidierten und aktualisierten SOS-Handbuchs von weitgreifenden Fortschritten im Status quo von Mädchen und Frauen auf der ganzen Welt berichten könnte. Aber, während einige hervorragende Menschenrechtsmaßnahmen in vielen Ländern beschlossen werden, entsprechen die Bemühungen, diese neuen Gesetze auch durchzusetzen, noch längst nicht der tatsächlichen Notwendigkeit. Die tragische Realität zeigt, dass für Millionen von Frauen im 21. Jahrhundert Gewalt, Menschenhandel und Geschlechterdiskriminierung auf vielen Ebenen zurzeit auf dem Vormarsch sind.
SOS: Rettet unsere Schwestern hat einen wichtigen Untertitel. Ein Handbuch, um gefährdeten Mädchen und Frauen weltweit zu helfen. In diesem Buch finden sich nicht die Geschichten von Frauen aus verschiedenen Ländern, die in Echt mutig aufgenommen sind; es ist ein schlanker A bis Z-Hinweis auf die Probleme der Menschenrechte, die die Hälfte unserer Weltbevölkerung betreffen. Dieser Überblick ist keineswegs vollständig; er soll als nützlicher Leitfaden und als Anregung für weitere Untersuchungen dienen.
Mein Ziel mit diesem Buch, SOS, ist nicht bloße Information. Es ist meine glühende Hoffnung, dass die verstörenden Tatsachen die Leser zum Handeln anspornen. Für viele Menschen wird die offensichtlichste und stärkste erste Reaktion die Fürbitte sein, aber Gruppen und Einzelpersonen sollen auch dazu ermutigt werden, die vorgeschlagenen Schritte („Was Sie tun können“) zu gehen. Jede Stimme, jeder Protestbrief und jeder Cent an Unterstützung ist von höchster Bedeutung, wenn wir uns gegen diesen weitverbreiteten Missbrauch solidarisch zusammenschließen und kann eine Veränderung bewirken.
Seien Sie gewarnt. Leidenschaftliche Gebete verändern nicht nur die Welt, sie können auch die betenden Menschen verändern. Da Gott Sie als Kanal für sein Anliegen gebraucht, könnten Sie in ganz unerwarteter Weise reagieren. Das hoffe ich. Für uns alle ist es an der Zeit sich die Resolution, die der Aktivist und Kirchenmann Edward Everett Hale so treffend formuliert hat, zu eigen zu machen:
„Ich bin bloß ein Einzelner; aber ich bin doch jemand. Ich kann nicht alles tun; aber ich kann etwas tun ... Und was ich durch die Gnade Gottes tun soll, das will ich tun.“
Deborah Meroff
http://Women-Without-Borders.net
Jedes Jahr werden bis zu 25 000 Bräute in Indien, Pakistan, Bangladesch und Nepal absichtlich verbrannt. Allein in Indien findet stirbt fast jede Stunde eine Frau wegen der Mitgift. Die meisten dieser Morde werden nicht bestraft.
Indien und Nepal: Obwohl die Zahlung einer Mitgift in Indien seit mehr als 50 Jahren und seitdem auch in anderen Teilen des Subkontinents gesetzlich verboten ist, werden Hochzeitsgeschenke von der Familie der Braut normalerweise immer noch als unerlässlich angesehen. Da eine Ehefrau oft als Last betrachtet wird, erwartet man, dass sie dafür zahlt. Das bedeutet, dass sie ungeheure Geldsummen oder Wertgegenstände beibringen muss (entsprechend etwa dem fünffachen Jahreseinkommen der Familie). Deshalb überrascht es nicht, wenn sich mittellose Familien vor der Geburt eines Mädchens fürchten. Tatsächlich ist das Mitgiftsystem ein direkter Grund dafür, dass die Anzahl der getöteten neugeborenen Mädchen zunimmt. (Siehe “Vital Statistics: Female Infanticide and Feticide” – „Tötung ungeborener und neugeborener Mädchen“). Man weiß, dass manche Mädchen im Teenageralter Selbstmord begehen, weil ihre Väter keinen Brautpreis bezahlen können. Der Status einer Frau im Hause ihres Mannes wird durch die Mitgift bestimmt, die sie einbringt. Die Funken können schon fliegen, wenn die Familie des Bräutigams entscheidet, dass die vorher beschlossene Mitgift nicht ausreicht. Man versucht es vielleicht mit Erpressung, und wenn die Familie die Forderungen nicht erfüllen kann, ist die Braut in Gefahr missbraucht, geschieden oder sogar getötet zu werden, sodass der Bräutigam ein weiteres Mal wegen einer neuen Mitgift heiraten kann. Geschlagene Frauen haben wenig Alternativen. Sehr selten nehmen ihre Familien sie wieder auf, weil es soziale Ächtung bedeutet, wenn man eine verheiratete Tochter zurücknimmt. Die Regierung stellt wenige Zufluchtsmöglichkeiten für missbrauchte Frauen zur Verfügung. Die meisten tatsächlich vorhandenen haben einen solch verheerenden Ruf, wie sie verletzliche Frauen behandeln, dass die Frauen lieber die Schläge ihres Ehemannes oder der Schwiegerfamilie erdulden.Ironischerweise hat die Todesrate mit dem steigenden Wohlstand Indiens zugenommen. Die offiziell festgestellten Todesfälle sind von 1912 im Jahre 1987 auf 8391 im Jahre 2010 hochgeschnellt, was bedeutet, dass alle 90 Minuten eine Braut verbrannt wurde, wie die Statistiken des indischen nationalen Verbrechensaufnahmebüros belegen. In den meisten Fällen gossen der Bräutigam oder die Schwiegerfamilie Kerosin über die Braut und zündeten sie an in der Hoffnung, der Vorfall werde als Selbstmord oder Unfall am Küchenherd angesehen. Die Überlebenden tragen lebenslange Narben davon – physisch, mental und emotional. Aber die Statistik gibt nur die offiziellen Zahlen her. Tausende von Todesfällen werden nicht registriert, und nur eine relativ kleine Zahl der Mörder wird bestraft.
Bangladesch: Das Mitgiftsystem widerspricht in diesem Land mit muslimischer Mehrheit sowohl der Religion als auch dem Gesetz. Ursprünglich zahlte die Familie des Bräutigams etwas an die Familie der Braut; aber die Mitgiftzahlungen von Seiten der Braut sind inzwischen derart begehrt sowohl bei den Reichen als auch bei den Armen (trotz des Gesetzes von 1980 zum Verbot der Mitgift), dass viele arme Familien ihre Töchter nicht verheiraten können. 2010 wurde ein Gesetz zur häuslichen Gewalt verabschiedet, das aber auch kaum einen Unterschied bewirkt zu haben scheint. Polizeiberichte haben gezeigt, dass es im Jahre 2011 7079 Fälle von Gewalt im Zusammenhang mit Mitgift gegeben hat und 4563 Fälle in den ersten neun Monaten des Jahres 2012.
Pakistan: Das Verbrennen von Bräuten hat auch in Pakistan Einzug gehalten. Nach Erkenntnis der Progressive Women’s Association des Landes („Vereinigung fortschrittlicher Frauen“) ist jedes Jahr das Verbrennen für den gewaltsamen Tod von mindestens 300 Frauen verantwortlich, meistens durch die Hand des Ehemannes oder dessen Familie. Wiederum wird der Polizei gewöhnlich erzählt, dass das Opfer durch einen explodierenden Herd umgekommen sei, und es gibt keine Strafverfolgung. Obwohl in Pakistan Scheidungen möglich sind, entscheiden sich manche Familien dafür, die unerwünschten Frauen durch Mord loszuwerden.
Ihr Hochzeitstag ist gekommen. Freunde und Verwandte der jungen Braut bereiten sie für die Zeremonie vor, baden sie und kleiden sie in die feinste Seide und schmücken sie. Weitere Stunden dienen der kunstvollen Herrichtung ihres Haars und der Anwendung von Make-up. Schließlich wird die Braut herausgeführt. Sie legt ihre Hand auf das heilige Buch des Islams und wiederholt ihre Gelübde. Sie ist nun eine verheiratete Frau.
Nur – dass sie keinen Ehemann hat.
Ihre Eltern sind gerade einer sehr alten und nicht ungewöhnlichen Tradition gefolgt, die in den ländlichen Gegenden Pakistans von bedeutenden (Syed) Sindh-Familien und in manchen Teilen des Punjab befolgt wird.
Töchter dürfen nur innerhalb der Familie heiraten – oft Cousins ersten Grades – um den Familienstammbaum rein und den Besitz ungeschmälert zu erhalten. Wenn es also keine passenden Kandidaten mehr gibt, kann man die Töchter an den Koran verheiraten. Der mainstream Islam missbilligt das, deshalb werden solche Hochzeiten im Geheimen vollzogen – die meisten Pakistani wissen nicht einmal etwas von dieser bizarren Praxis.
Die Mädchen, die das betrifft, mögen gerade mal zehn oder 15 Jahre alt sein, aber die Zeremonie bindet sie für den Rest ihres Lebens. Hinterher wird die „Braut“ eingeschlossen gehalten, jeglicher Kontakt mit männlichen Personen über 14 Jahre ist verboten. Das schließt auch direkte Familienmitglieder ein. Manchmal darf sie nicht einmal einen Mann im Fernsehen sehen.
Partnerlose Ehefrauen wie sie versuchen vielleicht, die endlosen Stunden mit dem Studieren des Korans zu füllen. Kein Wunder, dass manche dieser Bräute – die geschätzte Anzahl liegt bei 3000 – schließlich verrückt werden.
In seinem Buch „Warum ich kein Moslem bin“ zitiert der Autor Ibn Warraq eine Frau, die zu diesem Schicksal verdammt war: „Ich wünschte ich wäre geboren, als die Araber noch ihre Töchter lebend begraben haben. Selbst das wäre besser gewesen als dieses Martyrium.“
Chinas Ein-Kind-Politik, die das Auswählen von Jungen vor Mädchen fördert, hat zu einem ernsthaften Missverhältnis zwischen Männern und Frauen geführt. Millionen heiratswilliger Männer können keine Frau finden. Kriminelle Banden und Heiratsvermittler – eigentlich Sklavenhändler – durchsuchen die ländlichen Gebiete und entführen und kaufen Frauen und Mädchen, um sie möglichen Ehemännern anzubieten. Andere Frauen arbeiten mit Heiratsvermittlern zusammen, weil sie hoffen dadurch ihre Familien vor Hunger zu bewahren. Die chinesischen Behörden befreien seit 1990 jedes Jahr durchschnittlich 8000 entführte Frauen und Mädchen. Aber die Entführungen nehmen weiter zu. Es ist eine Millionen-Dollar schwere Industrie.
Suchen Sie einmal im Internet nach „Mailorder-Bräuten“. Sie werden Tausende Websites finden, die „E-Bräute“ anbieten. Kein Wunder – das ist ein höchst profitables Geschäft. Manche Makler sind auf bestimmte Nationalitäten spezialisiert, wie zum Beispiel russisch, japanisch, afrikanisch oder lateinamerikanisch. Andere prahlen mit einem „Warenlager“ verfügbarer Frauen. Kunden am oberen Ende der Vermögensskala können arrangierte Reisen in verschiedene Länder machen und ihre Bräute nach Hause holen. Manche Männer und Frauen haben auf diese Weise zweifellos glückliche Ehen gegründet, aber viele tausend Frauen landen in gewalt- und missbrauchbeherrschten Beziehungen. Eine Untersuchung hat gezeigt, dass eine Anzahl von Männern, die über das Internet Bräute suchen, vorbestraft sind oder schon vorher zu Hause Missbrauch getrieben haben. Sollten eingewanderte Frauen es wagen, dagegen zu protestieren, dass sie geschlagen werden, drohen ihnen die Ehemänner mit Deportation. Oft haben sie Schwierigkeiten mit der Sprache und niemanden, an den sie sich um Hilfe wenden können. Man kann dieses Geschäft nicht als „Menschenhandel“ bezeichnen, weil es mit Zustimmung geschieht; aber es ist gibt praktisch keine Regeln dafür, und es schafft eine wachsende Anzahl von Opfern in der ganzen Welt.
Australiens Einwanderungs-Regelungsgesetz (MARA) fordert von den als Bräute vorgesehenen Frauen eine Gesundheitsuntersuchung und ein polizeiliches Führungszeugnis. Von Männern jedoch werden Führungszeugnisse nur nach dem Ermessen der Regierung gefordert, und der zukünftigen Braut werden keine Informationen über die Ergebnisse, die sie gefährden könnten, mitgeteilt.
Kanada hat ein ähnliches Gesetz, fordert aber von den Männern eine Überprüfung und weist die Bewerbung zurück, wenn der Betreffende während der letzten fünf Jahre kriminell aufgefallen ist. Die zukünftige Braut, die ab 16 Jahre alt sein kann, wird nicht darüber informiert, warum die Bewerbung abgelehnt worden ist.
Neuseeland und Großbritannien haben ähnliche Einwanderungsgesetze wie Kanada, fordern aber, dass die zukünftige Braut mindestens 18, beziehungsweise 21 Jahre alt sein muss. Die USA haben im Jahre 2005 ein Internationales Heiratsvermittlungsgesetz verabschiedet, das sich gezielt damit befasst, wie die möglichen Mailorder-Bräute über die kriminelle Vergangenheit ihrer zukünftigen Ehemänner informiert werden. Das Gesetz fordert außerdem von der Braut, dass sie ein Formular unterzeichnet, wodurch sie der Freigabe ihrer Informationen zustimmt. Das Gesetz entstand aus der Besorgnis darüber, dass skrupellose Heiratsvermittler junge Frauen ins Land brachten, die als wenig mehr denn als Bedienstete oder Sexsklaven endeten. Ein Bruch dieses Gesetzes wird mit Geldstrafen und Gefängnis geahndet.
Die schiitischen Angehörigen des Islam (die meisten von ihnen leben im Iran) dürfen in einzigartiger Weise Ehen schließen, die nur ein paar Minuten oder bis zu 99 Jahre dauern können. In den meisten Fällen ist das “nika mut’a”- Arrangement einfach nur legalisierte Prostitution. Ein Mann und eine Frau unterzeichnen einen Vertrag, um für eine gewisse Zeit zusammenzukommen. Gewöhnlich stimmt der Mann zu, finanziell etwas beizutragen. Der Vertrag wird dann von einem Geistlichen registriert und abgesegnet. Die Männer dürfen so viele Frauen auf Zeit nehmen, wie sie mögen, und das Arrangement beenden, wann es ihnen gefällt. Aber eine Frau darf den Vertrag nicht beenden und darf jeweils nur einen Ehemann haben, damit die Elternschaft gesichert ist, falls sie schwanger wird. Jedes Kind aus einer solchen Vereinigung wird von dem Mann und seiner ständigen Ehefrau großgezogen.
Obwohl diese Praxis bei den Sunniten verboten ist, wird sie offiziell unter den Shias religiös gutgeheißen und nicht als sündig angesehen, darum braucht niemand aus religiösen Gründen ein schlechtes Gewissen zu haben. Ehen auf Zeit sind im Iran ganz normal; jungen Männern wird sogar dazu geraten, um ihren sexuellen Bedürfnissen einen Auslass zu geben, bis sie in der Lage sind, eine dauerhafte Ehe zu gründen. Im Irak war diese Praxis unter Saddam Hussein verboten, ist aber nun wiedergekehrt. Sie gibt es auch in Saudi-Arabien und Ägypten und wird in den muslimischen Gemeinschaften im Westen immer beliebter.
Geistliche, die Ehen auf Zeit unterstützen, sagen, dass sie den Frauen sexuelle und finanzielle Freiheit verschaffen. Aber arme Familien stimmen solchen Ehen nur wegen ihrer Armut zu, nicht aus freiem Willen, darunter Tausende von Witwen im Irak und im Iran. Obwohl sie sich schämen mitzumachen, akzeptieren sie das Arrangement als einzige Überlebensmöglichkeit.
Was Sie tun können:
Mehr besondere Gesetzgebung ist nötig, um die Wahrscheinlichkeit zu reduzieren, dass diese Frauen in Missbrauchs- und Ausbeutungssituationen geraten. Schreiben Sie an die Gesetzgeber Ihres Landes und fordern Sie sie auf, solche Maßnahmen einzuführen oder zu verbessern.
Tötung von neugeborenen Mädchen und geschlechtsspezifische Tötung wird an manchen Orten weiterhin einen Mangel an heiratsfähigen Frauen schaffen, und dies wird wiederum Anreiz für das Menschenhandelsgeschäft geben. Machen Sie diesen Ursprung des Menschenhandels bekannt und schließen Sie sich in Gruppen zusammen, um als Lobby zu wirken, wie die, die im Appendix II unter „Tötung weiblicher Neugeborener“ aufgelistet sind, indem Sie Petitionen unterzeichnen und Briefe schreiben.
„Habt ihr, die ihr vorübergeht, es denn noch nicht gemerkt?“ Klagelieder 1,12
Mindestens 215 Millionen der Kinder der Welt sind illegal dazu gezwungen, für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten und fast die Hälfte davon sind riskanten Bedingungen ausgesetzt. 152 Millionen Arbeiter sind nur vier bis 14 Jahre alt. Der Kinderarbeits-Index und die Karte führen 68 Länder auf, die ein „extremes Risiko“ für Kinder darstellen, darunter Bangladesch, China, Indien, Nigeria und Pakistan mit dem stärksten Missbrauch der Kinderarbeit.
Eine Mehrheit an Kindern, etwa 60 Millionen, arbeiten in der Landwirtschaft, und nur eins von fünf bekommt einen Lohn. Weitere 14 Millionen arbeiten im Handwerk, viele von ihnen in kleinen Ausbeutungsbetrieben („sweatshops“, wörtlich „Schwitzwerkstätten“), in Heimarbeit und in Ziegeleien. Armut ist direkt mit Kinderarbeit verzahnt: Die Internationale Arbeiter-Organisation (ILO: International Labour Organization) berichtet, dass Kinder zwischen zehn und 14 Jahren in Ländern mit einem Prokopfeinkommen von 500 US-Dollar oder weniger 30 bis 60 Prozent der nationalen Arbeitskraft stellen. Sie schätzt auch, dass etwa 5,7 Millionen Kinder zu Schuldknechtschaft gezwungen sind, sodass Kredite, die ihre Familien für Grundbedürfnisse aufgenommen haben, zurückgezahlt werden können.
Insbesondere kleine Mädchen werden in manchen Gegenden gesucht, weil man ihnen weniger Lohn als sonst jemandem zahlen kann. Dienst im Haus ist der größte und am besten verborgen gehaltene Arbeitgeber weltweit für minderjährige Mädchen. Das ist ebenso eins der gefährlichsten Gebiete, weil die Mädchen physischem Missbrauch ausgesetzt sind. Viele Mädchen arbeiten mehr als zwölf Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche, für einen Bruchteil des Minimallohns.
Die afrikanischen Länder südlich der Sahara haben den höchsten Anteil an Kinderarbeit; die Zahlen sind in der Tat in den letzten Jahren auf eins von vier Kindern zwischen fünf und 17 Jahren, die arbeiten müssen, gestiegen. Im Durchschnitt verdienen in ganz Afrika etwa zwei von fünf Kindern eine Art Einkommen.
Marokkos „kleine Dienerinnen“: Obwohl diese Praxis eigentlich illegal ist, werden nach Schätzungen jedes Jahr 23 000 kleine Mädchen vom Land losgeschickt, um allein in Casablanca in Privathäusern als Hausmädchen zu arbeiten. Die ILO schätzt, dass es in ganz Marokko etwa 50 000 Mädchen im Dienst gibt – manche erst fünf oder sechs Jahre alt. Diese Kinder werden oft zum Ziel von Missbrauch, sie müssen 13 bis 15 Stunden am Tag arbeiten, sieben Tage die Woche; sie schlafen auf dem Fußboden und bekommen nur Reste zu essen. Viele werden sogar gezwungen zu arbeiten, wenn sie krank sind. Manche Mädchen kettet man an, wenn ihre Arbeitgeber zum Wochenende fortgehen. Andere hat man verhungern lassen, mit glühenden Eisen gebrannt oder vergewaltigt und, wenn sie schwanger wurden, auf die Straße geworfen. Der kleine Betrag, den sie verdienen, geht an ihre Väter. Obwohl im Jahr 2009 eine Vereinigung gegründet wurde, die Praxis der „kleinen Dienerinnen“ abzuschaffen und Mädchen unter 15 Jahren in die Schule zu schicken, geht es in weiten Gebieten weiter.
Mali: Geschätzt 20 000 bis 40 000 Kinder von sechs Jahren arbeiten mit daran, im Kleinbergbau Schächte für Goldminen zu graben. Sie arbeiten in Tunnels, bewegen Felsbrocken und verwenden giftige Chemikalien wie Quecksilber, um Gold vom Erz zu trennen. Die meisten arbeiten durchschnittlich neun Stunden am Tag, sechs Tage die Woche, gegen wenig oder gar keinen Lohn.
Westafrika: Kinder im Alter von drei Jahren werden in mehreren Ländern als Arbeiter im Haus und in der Landwirtschaft ausgebeutet. Etwa zwei Millionen Kinder bauen Kakao an, viele von ihnen sind durch Menschenhandel dahin gelangt. Manche Eltern verkaufen ihre Kinder an arabische Golfstaaten, den Libanon oder nach Europa. Andere Kinder – viele davon Waisen – werden von Menschenhändlern angelockt, die ihnen im Ausland gute Schulen und Ausbildung versprechen. Stattdessen werden sie praktisch als Sklaven verwendet. Die meisten erleiden Schläge und seelischen Missbrauch, darunter Todesdrohungen und die Warnung, dass sie niemals ihre Eltern wiedersehen würden. Mädchen, die flüchten können, schlafen auf der Straße, klopfen an Kirchentüren oder nehmen die Einladung von Fremden in deren Häuser an. Manche werden in die Prostitution getrieben und werden Opfer von HIV und Aids.
Elfenbeinküste: Dieses Land liefert 40 Prozent der Schokolade der Welt. UNICEF schätzt, dass fast eine halbe Million Kinder von zehn bis 14 Jahren, meistens aus benachbarten Ländern wie Mali und Togo, an Kakaoplantagen verkauft werden. Manche schuften viele Stunden, bekommen keinen Lohn, wenig Nahrung und werden geschlagen, wenn sie zu flüchten versuchen.
Was Sie tun können:
Engagieren Sie sich bei „Cocoa Campaign“ („Kakao-Kampagne“) des Internationalen Arbeitsrechtsforums (International Labor Rights Forum), um gegen erzwungene Kinderarbeit in der milliardenschweren Kakao-Industrie zu kämpfen. www.laborrights.org/stop-child-labor/cocoa-campaign
Malawi: Dieses Land hat den höchsten Anteil an Kinderarbeitern im südlichen Afrika, laut dem FAFO Institut angewandter Sozialwissenschaften (Institute for Applied Social Science). Schockierende 78 Prozent der Kinder zwischen zehn und 14 Jahren und 55 Prozent zwischen sieben und neun Jahren (insgesamt geschätzte 78 000) arbeiten Voll- oder Teilzeit mit ihren Eltern auf Tabakfarmen, bis zu zwölf Stunden am Tag. Viele leiden an schweren gesundheitsschädigenden Symptomen, weil sie keine Schutzkleidung haben und zu viel Nikotin aufnehmen.
Obwohl Gesetze diese Praxis verbieten, herrscht Kinderarbeit in der Industrie handgearbeiteter Teppiche in Südasien. Etwa 250 000 Kinder zwischen vier und 14 sind entführt oder verkauft und zum Arbeiten gezwungen, bis zu 18 Stunden am Tag, um Teppiche zu weben, die für die Exportmärkte in Europa und den USA bestimmt sind.
Was Sie tun können:
Wenn Sie einen neuen Teppich kaufen, schauen Sie nach dem Schild GoodWeave. GoodWeave International ist eine Nichtregierungsorganisation, die daran arbeitet, Kinderarbeit in der Teppich-Handweberei zu beenden und den Kindern in Südasien Ausbildungsmöglichkeiten anzubieten. Unterstützen Sie Händler, die Good-Weave-Produkte verkaufen.
Bangladesch: Fast ein Drittel der Arbeiterschaft dieses Landes sind laut UNICEF Kinder. Etwa 4,7 Millionen sind fünf bis 14 Jahre alt, und 1,3 Millionen arbeiten unter gefährlichen Bedingungen. Eine Untersuchung ergab, dass fast 70 Prozent der Mädchen, die in Bangladesch im häuslichen Dienst arbeiten, physisch missbraucht und systematisch geschlagen werden. Der Brand in einer großen Kleiderfabrik, der mehr als 1100 Arbeiter tötete, beherrschte 2013 die Titelseiten der ganzen Welt. Mehr als drei Millionen Bangladeschi arbeiten in der Bekleidungsindustrie, und 90 Prozent von ihnen sind Frauen und Mädchen.
Indien: Diese Nation ist die Heimat eines Fünftels der Kinderbevölkerung der Erde, und sie hat auch die größte Kinder-Arbeiterschaft. Da man für sie nur einen Bruchteil des Lohns, den Erwachsene erhalten, benötigt, spielen Kinder eine entscheidende Rolle bei der Herstellung von beedi (kleinen Zigaretten), Streichhölzern, Schmuck, Teppichen und Baumwollseilen, in der Hausarbeit, im Steinbruch, im Bergbau und in der Landwirtschaft. Etwa 400 000 Kinder arbeiten auf den Baumwollfeldern Indiens. Zuverlässige Agenturen schätzen, dass zwischen zwölf und 50 Millionen Kinder, die jünger als 14 Jahre alt sind, arbeiten. Und obwohl alle Schuldknechtschaft und Sklaverei offiziell im Jahr 1975 verboten wurde, sind heute mindestens
15 Millionen Kinder gegenüber Gläubigern „verschuldet“, um Familienschulden zurückzuzahlen. Viele Jungen und Mädchen werden missbraucht oder durch schädliche Arbeitsbedingungen oder Chemikalien krankgemacht. Geringe Bezahlung und inflationäre Zinsen machen die Rückzahlung von Krediten praktisch unmöglich. Obwohl neue Gesetze erlassen worden sind, wie das (Verbots-)Gesetz zur Arbeit von Kindern und Heranwachsenden, wird seine Wirksamkeit darauf beruhen, wie nachdrücklich es durchgesetzt wird. „Meine Schwester ist zehn Jahre alt. Jeden Morgen um sieben geht sie zu dem Mann, dem wir verschuldet sind, und kommt jeden Abend um neun nach Hause. Er behandelt sie schlecht, er schlägt sie, wenn er meint, dass sie langsam arbeite, oder wenn sie mit den anderen Kindern redet. Er schreit sie an, er kommt nachschauen, wenn sie krank ist und nicht zur Arbeit gehen kann ... Ich mache mir nichts aus Schule oder Spielen. Ich mache mir nichts aus all dem. Alles, was ich will, ist meine Schwester von diesem Mann der Schuldknechtschaft weg und nach Hause zu bringen. Für 600 Rupien kann ich sie nach Hause holen – das ist unsere einzige Chance, sie zurückzubekommen. Wir haben keine 600 Rupien ... wir werden nie 600 Rupien haben.“ – Lakschmi, neun Jahre alte Zigarettenrollerin in Tamil Nadu, Indien. 600 Rupien entsprachen damals etwa 17,50 $.
Pakistan: Der letzte Regierungsüberblick im Jahre 1996 zeigte, dass 3,3 Millionen Kinder zwischen fünf und
14 Jahren Arbeiter waren. UNICEF schätzt, dass die heutige, genauere Zahl mindestens zehn Millionen beträgt, davon mindestens acht Millionen jünger als 15 Jahre. Verschuldung versklavt die meisten von ihnen. Obwohl Schuldknechtschaft seit 1992 ein strafbares Vergehen ist, sind wenige Arbeitgeber jemals verfolgt worden, wenn sie dieses Gesetz gebrochen haben.
Afghanistan: Laut UNICEF zwingt Armut jedes dritte Kind im Schulalter zu arbeiten. Etwa die Hälfte der in den Ziegeleien von Afghanistan Arbeitenden ist unter 14.
Die höchste Gesamtzahl von Kinderarbeitern (113,6 Millionen) lebt im Bereich Asien/Pazifik.
Ein „Werber“ verspricht typischerweise den mittellosen Eltern, dass man ihren Kindern in der Stadt eine gute Arbeitsstelle und Ausbildung geben werde. Weitere Kinder werden für die Arbeit in Fabriken und Ausbeutungsbetrieben entführt. Die meisten erhalten keinen Lohn und müssen in verwahrlosten Unterkünften leben, werden mit Stöcken und Eisenstäben geschlagen und dürfen ihre Eltern nicht sehen. Man hat Kinder entdeckt, die mit glühenden Eisen gebrandmarkt oder mit Zigaretten verbrannt waren. Sie waren verhungert, ausgepeitscht, geschlagen während sie
Publisher: BookRix GmbH & Co. KG
Publication Date: 01-10-2024
ISBN: 978-3-7554-6703-8
All Rights Reserved