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Schwabinger Hinterzimmer

Die späten Abende in Schwabinger Hinterzimmern waren nicht nur unterhaltsam sondern auch lehrreich. Dort stärkten und motivierten sich die Literaten, mit ihren sehr persönlichen Erzählungen und Erfahrungen. Das Thema war meist: „Wie komme ich an einen Verleger“ oder „Warum ich so gut bin und einen Verleger habe“.
Dabei stellte ich fest, dass manche Schreiber verbal besser drauf waren, als gedruckt in ihren Büchern. Wohl weil sie im privaten Kreis ihre Bedeutungslosigkeit - im Verhältnis zur Größe des Universums - in Frage stellten, oder in sehr amüsanter Weise erzählten, wie sie einen Verleger fanden.
Nach vielen erfolglosen Versuchen sei das meist ein Zufall, meinten fast alle. Einer in der Runde vertrat die Ansicht, dass es im Grunde ganz einfach sei: „Man müsse nur jemanden, rein zufällig und zur rechten Zeit, in optimaler Tageslaune, mit entsprechenden Kompetenzen und Verwandtschaftsverhältnissen treffen. Und das genau dann, wenn in dessen Dunstkreis ein Verleger von einem literarischen Juckreiz infiziert ist und seinem Verlag einen anspruchsvollen Flecken an die Brust heften will. Also wenn ein Verlag kurzfristig gewillt ist, neben Heimwerkerwissen, bewährten Autoren und Klassikern, Kochbüchern, Ratgebern und Bildbänden, auch neue Literatur zu drucken.“
So erzählte auch Schlö mal in der Runde, dass er ein Manuskript längst abgelegt und vergessen hat, als eine Kollegin in der Setzerei, in der er als Korrektor arbeitete, ihn ansprach, ob er schon mal was Langes, nicht nur Kurzes, geschrieben hat.
Schlö erinnerte sich also kurz an sein langes Manuskript, das er schon lange vergessen hatte. Die Kollegin, die mit dem Lektorsohn eines namhaften Verlages verlobt war, bestand dermaßen penetrant auf Einsichtnahme, dass er sich schließlich ächzend bereit fand, ihr ein Expose zu übergeben.
Dem angehenden Schwiegervater der Kollegin kam das Werk wie gerufen, aber dann spie der Computer die Bilanz aus. Hätte der Verlag einige Märker in die Werbung des Buches investiert und der Rechner keine Bilanz, sondern den Applaus seiner Lesungsopfer ausgespuckt, wär` er vielleicht heute noch unter Vertrag, meinte Schlö. Aber Verlage gibt’s ja genug, lachte er, und bestellte ein Bier...

(Textfragment aus „Schwabing und zurück auf`s Land“)


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Publication Date: 12-12-2009

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