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Trennungsschmerz

 

Heutzutage wird in fast allen individuellen Lebenssituationen die Gesellschaft mit hineingezogen, so auch, wenn sich zwei Menschen trennen. Oft hören wir davon, dass ein von der Trennung Betroffener eine Amoktat begeht und dabei in Kauf nimmt, dass viele unbeteiligte Menschen verletzt werden oder gar ihr Leben verlieren. Noch gut ist mir jener Abend in Erinnerung, als meine damalige Verlobte die Verlobung auflöste und ich danach die ganze Nacht durch den Hamburger Hafen ging, um mit dieser Situation klarzukommen und nicht dem Drängen nachzugeben, mich ins Wasser zu stürzen.

 

Auch dem 26-jährigen Wolfgang von Goethe ist diese Situation bekannt, denn 1775 dichtete er:

 

            Mein Mädchen ward mir ungetreu,

            Das machte mich zum Freudenhasser;

            Da lief ich an ein fließend Wasser,

            Das Wasser lief vor mir vorbei

            Da stand ich nun verzweifelnd, stumm,

            …

            Fast wär ich in den Strom gesunken,

            …

            Auf einmal hör ich was, das rief –

            Ich wandte just dahin den Rücken –

            Es war ein Stimmchen zum Entzücken

            „Nimm dich in Acht, der Fluss ist tief.“

 

Immer wieder liest oder hört man von abscheulichen Taten aus Eifersucht oder wegen einer Trennung, welche der eine Partner nicht ertragen kann. So war am 27. Februar 2015 in der Paderborner Zeitung zu lesen, dass vor dem Landgericht in Paderborn ein 39-Jähriger vor Gericht stand, weil er seine ehemalige Freundin mit Säure übergossen haben soll, da sich die Frau offenbar von ihm trennen wollte. Der mutmaßliche Täter wurde wegen versuchten Mordes und schwerer Körperverletzung angeklagt.

 

Am 15.Mai 2024 erfuhr man im Radio:

Am frühen Morgen gegen 5 Uhr ging bei der Polizei in Fulda ein Notruf ein. Die Anwohner berichteten von Schüssen. Die Ermittler machten sich sofort auf den Weg und fanden einen fünffachen Familienvater tot in seinem Auto. Der Wagen parkte direkt vor seinem Wohnhaus. In seinem Kopf entdeckten die Beamten ein Einschussloch. War es Suizid oder Mord? Seine Frau wollte sich von ihm trennen.

 

Am 15.Dezember 2000 war im Berliner Tagesspiegel zu lesen:

Auf den Kosmetiksalon "Planet Nails" an der Passauer Straße in Schöneberg wurde offenbar aus Eifersucht ein Anschlag verübt. Die Polizei fahndet nach dem Ehemann der Frau, die bei dem Anschlag ums Leben kam. Er soll nach vorliegenden Informationen bereits mehrfach Drohungen gegen seine 36-jährige Frau ausgestoßen haben, die sich von ihm scheiden lassen wollte. Bei der Tat, die sich unweit der Tauentzienstraße und des KaDeWe ereignete, wo viele Menschen ihre Weihnachtseinkäufe erledigten, waren vier weitere Frauen durch die Explosion eines Sprengkörpers verletzt worden. Sie waren gestern alle außer Lebensgefahr.

Zunächst wurde vermutet, bei dem blutigen Attentat könne es sich um einen Anschlag der Russen-Mafia handeln. Aber noch in der Nacht zum Freitag erhärteten sich die Hinweise auf ein Beziehungsdrama. Das Opfer, die 36-jährige Frau, wollte sich von ihrem Mann scheiden lassen und hatte eine eigene Wohnung bezogen.

 

Man könnte die Liste der Beziehungsdramen fortsetzen. Viele Betroffene gehen nicht nur, wie der junge Goethe ans fließende Wasser oder gehen so wie ich damals die ganze Nacht durch die Gegend, um mit der Beendigung einer Beziehung im Kopf und im Herzen klarzukommen, sondern begehen eine schreckliche Tat. Man fragt sich: Ist das eine Zeiterscheinung unserer heutigen Zeit, oder haben sich die Werte in unserer Gesellschaft verändert und ein Menschenleben zählt nicht mehr so viel?. Oder hat sich die Zahl dieser schrecklichen Ereignisse gar nicht vergrößert; wir nehmen sie nur häufiger wahr, weil man selbst im kleinsten Dorf in Schleswig-Holstein über das Internet erfährt, dass so was in München, Berlin oder sonst wo geschehen ist.

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Publication Date: 05-12-2025

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