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Das Manifest des Truth-Teams

 

Das Manifest des Truth-Teams

 

 

 

Wir, das Truth-Team, haben es uns zur Aufgabe gemacht, Lügen zu entlarven, wo auch immer sie sein mögen.

 

Wir, das Truth-Team, werden für die Wahrheit kämpfen und keine Gefahr scheuen, um sie ans Licht zu bringen.

 

Wir, das Truth-Team, gehen unvoreingenommen und ehrlich an die Fakten heran, um zu beweisen, dass wir Recht haben.

 

Wir sind das Truth-Team!

 

Die folgenden Ereignisse basieren auf wahren Begebenheiten. Die Namen einiger Orte und Personen wurden zu ihrem eigenen Schutz und dem Schutz des Teams geändert. Einige Enthüllungen werden Sie schockieren. Sie werden möglicherweise die Grundfesten Ihres Weltbilds erschüttern und Sie zur Verzweiflung bringen. Die Wahrheit ist manchmal nicht leicht zu akzeptieren, doch nichts anderes werden Sie bekommen. Nichts als die Wahrheit. Das ist der einzige Grund, weshalb das Truth-Team gegründet wurde. Um die Welt und ihre Lügen zu entlarven. Um die Mächtigen zu entmachten. Um den Kampf für die Wahrheit. Das Truth-Team hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geheimnisse und Verschwörungen der Menschheitsgeschichte aufzudecken und die Verantwortlichen bloßzustellen. Dies ist oft kein leichtes Unterfangen, doch das ganze Team arbeitet voller Leidenschaft und unermüdlich, um ihr Ziel zu erreichen, um die Wahrheit aufzudecken!

Die folgenden Berichte sind die Früchte unserer Arbeit. Wir haben sachlich und unvoreingenommen recherchiert, um ein möglichst objektives Herangehen an die behandelten Themen zu gewährleisten. Persönliche Überzeugungen werden außen vor gelassen, denn letztendlich sind es die Fakten, die uns zu den Ergebnissen führen, die wir Ihnen hier präsentieren.

 

 

 

Erster Fall: Die Verschwörung um die geheimen Nazibunker

 

 

 

05.10.20XX – BASE

 

16:41 Uhr

Es war noch etwas kalt in der BASE, doch wir hoffen demnächst noch einen Heizlüfter aufstellen zu können. Wenn der Winter bald kommt, werden wir ihn definitiv brauchen. Hoffentlich wird der Generator damit nicht überlastet. Er muss schließlich unsere Rechner, den kleinen Kühlschrank, die Mikrowelle und die komplette Beleuchtung des Containers versorgen. Wir hätten es natürlich auch einfacher haben und uns irgendwo in der Stadt einen Kellerraum mieten können. Doch falls wir erfolgreich sein sollten, dann werden uns stürmische Zeiten erwarten, in denen wir dankbar für einen so abgelegenen Unterschlupf sein werden. Wir haben rings um uns herum nichts als Felder und ein paar Bäume. Der nächste Wald ist einige Rübenfelder entfernt und der kleine See ist auch weit genug abgelegen, um keinen neugierigen Hobbyanglern über den Weg zu laufen. Mehr soll hier, aus Sicherheitsgründen, nicht verraten werden. Jedenfalls ist es das ideale Versteck, um sich dem Einfluss mächtiger Gegner zu entziehen. Unser erstes Hauptquartier, die BASE.

Die anderen waren noch nicht in der BASE. Ich hatte heute früher Schluss gemachen und dachte, ich könnte schon mal ein wenig mit der heutigen Recherche beginnen. Jeder von uns besitzt seinen eigenen Rechner, inklusive Surf-Stick, der unverzichtbar für unsere Arbeit ist. Zwar birgt ein Onlinezugang immer die Gefahr geortet zu werden, doch mit diversen Firewalls und teurer Anti-Tracking-Software, sind wir zumindest minimal geschützt. Doch mehr will ich zu unserer Einrichtung nicht verraten. Es ist schließlich nicht abzusehen, wer diese Aufzeichnungen noch lesen wird. Wenn unsere Nachforschungen erfolgreich sein sollten, dann vermutlich jeder.

Ich saß jedenfalls an meinem Rechner und nach den üblichen drei Startversuchen, konnte ich endlich auf meinen Desktop zugreifen. Nach den drei üblichen Loginversuchen, war ich dann auch endlich online. Zunächst durchstöberte ich unsere bekannten Foren und die unabhängigen Websites und Blogs, die noch nicht von der massenmedialen Einheitspropaganda unterwandert wurden. Es dauerte länger als gewöhnlich, da unser Surf-Stick um einiges langsamer arbeitet, als das W-LAN meiner Eltern, und von UMTS war hier, in der Einöde, auch noch nie etwas zu bemerken. Die Ladezeiten erlaubten es mir zumindest ein 0,5L Fläschchen Cola aus dem Kühlschrank zu holen. Nach einem harten Arbeitstag ist so eine Erfrischung einfach nicht wegzudenken. Am liebsten hätte ich mir noch eine schöne Chilicheese-Pizza bestellt, doch dem Lieferanten den Weg zu einem Container zu erklären, der mitten auf einem abgelegenen Feld stand, war mir dann doch zu viel Arbeit. Außerdem wäre das schon allein aus Gründen der Sicherheit nicht möglich. Vielleicht hätte ich ihn an eine andere Stelle, irgendwo in der Nähe, navigieren können. Einen Platz, den man gut überblicken konnte. Ein Platz, der abgelegen genug war, um sich unbemerkt dort aufzuhalten. Dort könnten wir das Geld deponieren und der Lieferant könnte dort das Essen ablegen. Wenn er dann wieder verschwunden wäre und keine Verfolger in Sicht sein sollten, könnten wir das Essen gefahrlos holen. Das Problem der Luftüberwachung wäre damit aber noch nicht erledigt. Daher würde sich der Wald ganz gut anbieten. Es wäre weit genug abgelegen und würde uns Schutz vor Drohen bieten. Ein Nachteil wäre allerdings, dass wir das Waldgebiet nicht sonderlich gut überblicken könnten. Ich wollte dieses Thema und einige andere Dinge mit den anderen besprechen, wenn sie auftauchen sollten. Das Truth-Team ist noch ganz am Anfang und es gibt viel zu tun.

 

17:04 Uhr

Ich speicherte einige Websites in den Favoriten und kopierte mir ein paar URLs heraus. Ich brauchte bald eine neue 0,5L Cola, sonst würde das ein ziemlich trockener Abend werden. Plötzlich hörte ich, wie jemand an der Tür des Containers rüttelte. Wie vereinbart, hatte ich ihn wieder abgeschlossen, als ich drinnen war. Vorsichtig schlich ich mich heran. Ich sagte, er solle mir das Passwort nennen. Die Stimme rief es korrekt, wenn auch mit einem genervten Unterton. Ich öffnete das Schloss und zog die Türe auf.

„Ist dieser Bullshit echt nötig?“, fragte Gamma, der nun in den Container einmarschierte.

Er roch noch nach Bratfett, was darauf schließen lies, dass er direkt von der Arbeit gekommen war. Von Alpha fehlte allerdings noch immer jede Spur. Es kam uns seltsam vor, da die Vorlesungen an der Uni, für gewöhnlich, nicht so lange gingen. Ob ihm etwas zugestoßen war?

„Hast du etwas von Alpha gehört?“, fragte ich Gamma.

„Nö, der wird schon noch kommen. Vielleicht findet er das richtige Feld nicht mehr.“

Gamma neigt dazu, die Dinge etwas zu leicht zu nehmen und Witze darüber zu machen. Er war auch einigen, von unseren, Sicherheitsmaßnahmen gegenüber sehr skeptisch. Alpha und ich wollten ihn dennoch gerne im Team haben. Jemand wie er würde uns auf dem Boden halten und uns helfen die Dinge stets neutral und ausgeglichen zu betrachten.

„Hey, wo ist die Cola, die ich hier gestern reingelegt hatte?“, rief er.

Plötzlich sprang die Containertür mit lautem gepolter auf. Wir hatten vergessen sie wieder abzuschließen. Ein Anfängerfehler. Alpha stürmte herein und stoppte vor meinem Schreibtisch. Er atmete schwer und Schweiß lief über sein Gesicht. Bevor ich irgendwas sagte, lief ich zuerst zur Containertür und schloß sie wieder ab, um unangemeldeten Besuch zu vermeiden. Wir wollten uns setzen, doch Alpha bestand darauf stehen zu bleiben.

„Jungs!“, sagte er, „Wir haben vielleicht Probleme. Mein Auto ist auf dem Weg hierher liegen geblieben und ich glaube, dass das kein Zufall war!“

„Wenn du vergessen hast zu tanken, dann war das mit Sicherheit kein Zufall.“, kommentierte Gamma, in seiner unqualifizierten Art.

„Ne, Jungs! Hört mal zu! Ich bin nach der Uni noch schnell nach Hause, wollte noch ein paar Sachen holen. War dann noch kurz im Internet und hab ein interessantes Video gefunden. Hab dann auch gleich noch ein wenig dazu recherchiert und war ein bisschen in unseren Foren unterwegs. Als ich dann mal aus dem Fenster gesehen hab, hab ich einen weißen Lieferwagen, direkt neben meinem Auto parken sehen. Der stand da die ganze Zeit, bis ich losgefahren bin. Das kam mir sofort verdächtig vor, also bin ich eine große Runde gefahren und als ich wieder an unserem Haus vorbeikam, da war der Lieferwagen verschwunden. Dann bekam ich es mit der Angst zu tun. Ich bin mehrere Schleifen gefahren und hab gehofft, den Wagen irgendwie abzuhängen, doch egal wie lange ich gefahren bin, ich hab hinter mir immer ein weißes Fahrzeug gesehen. Dann wollte ich aus der Stadt raus, um den Wagen irgendwo abzustellen. Ich wollte den Rest des Weges unbemerkt durch die Büsche schleichen. Doch als ich in der Nähe der Felder war, gab das Auto plötzlich den Geist auf, als hätte sich jemand daran zu schaffen gemacht. Ich wollte nicht darauf warten, dass sie mich kriegen, also bin ich aus dem Wagen gesprungen und den Rest des Weges zu euch gerannt. - Ich bin total fertig. Habt ihr noch ne kühle 0,5L Flasche Cola für mich?“

„Die sind gerade aus.“, sagte Gamma und warf mir einen seltsamen Blick zu.

Alpha ließ sich in den Bürostuhl an seinem Platz fallen. Er ist zwar unser sportlichstes Teammitglied, doch dieser Sprint hatte selbst ihn geschafft. Es dauerte noch eine Weile, bis er wieder normal atmen konnte, ohne dass jeder Atemzug durch lautes Husten unterbrochen wurde.

„Was waren das für Leute, in dem weißen Lieferwagen?“, fragte ich ihn.

„Das weiß ich noch nicht genau, doch es hat ihnen offensichtlich nicht gefallen, was ich in unseren Foren gepostet hab.“

Er hustete wieder heftig.

„Woher weißt du, dass sie überhaupt hinter dir her waren? Sind Lieferwagen, die zu Beschattungen eingesetzt werden, normalerweise nicht eher schwarz?“, fragte Gamma, in seinem üblichen, skeptischen Ton.

„Na das ist doch ganz klar. Ein schwarzer Lieferwagen würde viel zu viel Aufmerksamkeit erregen. Ein weißer Lieferwagen ist viel unauffälliger, denn die können für alles mögliche sein. Maler, Klempner, Handwerker aller Art benutzen weiße Lieferwägen, also ist es doch logisch, dass sie sich als sehr gute Tarnung anbieten und niemand Verdacht schöpft. Wenn ich leichtsinniger gewesen wäre, dann wär ich auch drauf reingefallen.“

Alpha setzte zu einem weiteren Hustenanfall an. Dieses Mal schaffte er es allerdings, ihn zu unterdrücken.

„Nach was hast du denn gesucht das die Aufmerksamkeit dieser Leute so auf dich gezogen hat?“, fragte ich ihn.

Alpha schaltete seinen Rechner ein. Dieser fuhr gleich beim ersten Mal hoch, doch an den drei obligatorischen Loginversuchen kam auch er nicht vorbei. Er ging auf die Seite eines bekannten Videoportals und gab ein paar Suchbegriffe ein. Schnell hatte er das gefunden, wonach er suchte. Mit einem Klick begann das Video zu laden.

 

18:12 Uhr

Nach langen Ladezeiten und zwei Abstürzen, beschlossen wir das Video auf die Festplatte zu laden. Das dauerte zwar auch ein paar Minuten, doch wir konnten endlich sehen, weshalb Alpha so aufgebracht war. Es war ein Video über zwei Entdecker, die irgendwo in einem Thüringer Wald unterwegs waren. Sie hatten Aufnahmen von Überresten alter Bunkeranlagen gemacht, doch bevor sie den Eingang zu einem der Bunker komplett freilegen konnten, brach das Video ab. Wir schauten uns fragend an.

„Dieses Video wurde schon vor etwa 2 Jahren hochgeladen. Seither wurde auf diesem Kanal nie wieder etwas veröffentlicht.“, sagte Alpha.

„Meinst du, das hat irgendwas mit den Bunkern zu tun?“, fragte ich.

„Das werden wir herausfinden. Jungs, wir haben unseren ersten Fall!“, sagte er.

Ich nickte ihm zu und nach kurzem Zögern pflichtete Gamma uns bei. Wir hatten unseren ersten Fall.

„Was sind das für Bunkeranlagen, die da versteckt sein sollen?“, fragte ich Alpha.

„Dazu hab ich schon ein bisschen recherchiert. Die wurden damals von den Nazis angelegt, doch das warum, ist noch nicht ganz geklärt. Da sind sich die Quellen in unseren Foren auch nicht ganz einig. Die einen sagen, dass dort noch alte Panzer stehen. Es soll ein altes Waffenlager sein das dann versiegelt und nie wieder geöffnet wurde. Die anderen meinen, dass sich dort ein altes Nazi-Forschungslabor befindet, in dem grausame Experimente durchgeführt wurden und sogar eine Atombombe konstruiert worden sein soll. Dann gibt es noch ein paar Nutzer, die glauben, dass es sich um eine verschollene Schatzkammer der Nazis handelt. Gegen Kriegsende wurden dort die Schätze des 3.Reichs hingeschafft, um sie vor dem einmarschierenden Feind zu verstecken. Verlorene Kunstwerke und sogar das Bernsteinzimmer sollen da unten sein.“

Wir sahen uns ernst an. Wenn das tatsächlich wahr sein sollte, dann waren wir hier etwas großem auf der Spur.

„Und warum hat dann noch niemand etwas von diesem Lager gehört?“, fragte Gamma.

„Ist das nicht klar? Das wurde vertuscht, damit die Alliierten die Anlage nicht in die Hände bekamen. Die geflohene Nazi-Führungselite wollte irgendwann wieder kommen und den Inhalt des Lagers bergen. In Argentinien, oder wo auch immer die sich versteckten, haben sie auf den richtigen Moment gewartet. Doch sie sind wohl frühzeitig verstorben, bevor sie wieder zurück nach Deutschland konnten. Es gab sogar verschlüsselte Positionsangaben, in alten Nazi-Dokumenten, die auf das Versteck hinweisen.“

„Und warum hat dann bis heute niemand diesen Schatz entdeckt?“, fragte Gamma weiter, in seinem skeptischsten Ton.

„Solche Projekte wurden systematisch sabotiert, um die Wahrheit für immer zu verschleiern. Es ist gut möglich, dass eine mächtige rechtsradikale Bruderschaft dafür verantwortlich ist, die im Geheimen agiert. Denkst du denn, dass es Zufall ist, dass die neuen Bundesländer, in denen diese Lager versteckt sind, auch gleichzeitig den höchsten Anteil an Neonazis haben?“

Der letzte Satz schockte uns bis ins Mark. Alpha hatte recht. Ich hatte nie drüber nachgedacht, doch nun schien es alles einen Sinn zu ergeben. Das konnte doch kein Zufall sein. Nun war ich davon überzeugt, dass mehr dahinter stecken musste.

„Wie sollen wir vorgehen, wenn wir die Wahrheit hinter dieser Verschwörung aufdecken wollen?“, fragte ich in die Runde.

„Vielleicht erst mal noch ein bisschen nachforschen, bevor wir was blödes machen?“, sagte Gamma, dessen Kommentare uns langsam auf die Nerven gingen. Als hätte er nicht verstanden, wie ernst die Lage war.

„Wir müssen auf jeden Fall genauer herausfinden, wo wir suchen müssen. Der Thüringer Wald ist groß. Für heute sollten wir so viel wie möglich über unser Ziel herausfinden und die Expedition legen wir dann aufs Wochenende.“

Alpha rutschte wieder an seinen Rechner und begann sich erneut einzuloggen. Ich tat dasselbe, nur Gamma legte noch schnell eine neue 0,5L Flasche Cola in den kleinen Kühlschrank, bevor auch er hinter seinem Bildschirm verschwand. Es dauerte eine Weile, bis wir effektiv arbeiten konnten. Nachdem jeder für sich ein paar Stunden recherchiert hatte, begannen wir unsere Themenbereiche aufzuteilen. Gamma war für Hinweise eines Waffenlagers zuständig, Alpha kümmerte sich um die Hintergründe des Bernsteinzimmers und ich war für die Geheimnisse hinter den Nazi-Forschungsprojekten verantwortlich. Unsere langsamen Internetverbindungen waren zwar ein Handicap, aber kein Hindernis.

 

23:43 Uhr

Wir haben die Rechner heruntergefahren und den Container abgeschlossen. Unser erster Abend als Truth-Team kann als voller Erfolg betrachtet werden. Wir haben bereits einen Fall und viele Informationen dazu gesammelt. Wir hoffen, bis zum Wochenende noch mehr zu finden, um die Expedition gezielt durchführen zu können. Bis dahin gibt es auch noch viel zu organisieren. Alpha versucht das Auto seiner Eltern zu bekommen, da er glaubt, dass wir in seinem Wagen nicht sicher wären. Gamma merkte dazu an, dass, beim Fahrstil von Alpha, nicht der Wagen die Gefahr darstellen würde. Ich musste ihm ausnahmsweise zustimmen.

08.10.20XX – Thüringer Wald

 

14:52 Uhr

Nach gut 5 Stunden Fahrt waren wir endlich an unserem Ziel angekommen. Wir hatten im Vorfeld die möglichen Standorte des Verstecks auf zwei Areale eingegrenzt. Unsere erste Koordinate führte uns tief in den Thüringer Wald. Glücklicherweise waren wir früh losgefahren, sodass nun noch einige Stunden Tageslicht vor uns lagen. Wir hatten in einem nahegelegenen Hostel ein Zimmer gebucht, da es unmöglich gewesen wäre, diese Aktion an einem einzigen Tag durchzuführen. Wir gaben uns als Gruppe australischer Austauschstudenten aus, um keinen Verdacht zu wecken. Wir wussten schließlich nicht, wer uns noch auf den Fersen sein würde. Den geliehenen Wagen stellten wir sicherheitshalber auf einem abgelegenen Waldparkplatz ab. So mussten wir zwar noch ein paar Kilometer zu Fuß ,durch den Wald, gehen, doch wir fühlten uns damit deutlich sicherer. Unsere Handys ließen wir im Auto, selbstverständlich ausgeschaltet. Eine Ortung per Mobiltelefon war heute schließlich kinderleicht. Da hätten wir auch mit Leuchtraketen auf uns aufmerksam machen können. Leider konnten wir ,auf die Schnelle, kein GPS-Gerät mehr organisieren, so müssen wir, wohl oder übel, mit Karte und Kompass auskommen. Glücklicherweise hatten wir alle gutes Schuhwerk und warme Jacken dabei. Jetzt war es noch warm, doch sobald die Sonne verschwunden war, würden wir sie dringen brauchen. Für Oktober war es sowieso noch recht warm. Wir hatten Glück. Im Winter wäre hier alles zugeschneit gewesen und wir hätten unmöglich geheime Bunkereingänge finden können. Wir packten nur das nötigste ein, damit wir schnell vorankommen konnten. Jeder bekam eine Taschenlampe, ein kleines Überlebensmesser und eine Einwegkamera, damit wir mögliche Funde festhalten konnten. Wir überlegten noch, ob wir das Auto vielleicht ein wenig im Gebüsch verstecken sollten, doch Alpha meinte, dass wir ja vielleicht schnell von hier verschwinden mußten und da wäre es besser, das Auto direkt startbereit zu haben, ohne es vorher ausgraben zu müssen. Wir stimmten ihm zu. Dann nahmen wir unsere Ausrüstung und folgten dem langer Weg durch Laub und Geäst.

 

17:31 Uhr

Nach einem langen Fußmarsch durch Gestrüpp und Dreck, kamen wir in unserem Zielgebiet an. Hier sollte, laut unseren Informationen, der geheime Eingang vergraben sein. Wir standen auf einem riesigen Hügel. Das ganze Areal war vom Herbst gezeichnet. Der Baumbestand war dünn und der Boden vom Laub übersät. Da das Gebiet nicht genau eingegrenzt war, beschlossen wir uns zu trennen. Alpha ging den Hügel weiter hinab, während Gamma in die entgegengesetzte Richtung, den Hügel hinauf, stieg. Ich ging weiter seitlich entlang des Hügels. Zum Glück hatte ich meine Wanderschuhe dabei. Der Untergrund fiel teilweise sehr steil ab und durch das Laub war er noch zusätzlich rutschig. Die dornigen Büsche rissen mir Löcher in die Hose. Ich hätte beim Einkleiden besser auf Stabilität, als auf Bequemlichkeit achten sollen. Glücklicherweise wuchs das Gestrüpp in meiner Umgebung nicht zu stark, sodass ich hoffen konnte, am späten Abend noch eine Hose zu haben. Zwischen den, meist kahlen, Bäumen, lag einiges Geäst zwischen dem Laub. Vom Waldboden war selten etwas zu sehen. Sonst war nichts besonderes zu entdecken, außer die einzelnen Bärlauchbüschel, die in der Gegend wuchsen. Zunächst dachte ich mir nichts dabei, doch dann tauchten immer mehr Büschel auf, bis ich schließlich in einem Feld aus Bärlauch stand. Es erstreckte sich über eine große Fläche, war mindestens 20 Meter breit und verlief noch weit in den Wald hinein. An diesem Punkt wurde ich skeptisch. Die einzelnen Büschel, die ich zuvor gefunden hatte, entstammten noch einem natürlich Ursprung. Wie konnte es sein, dass plötzlich ein ganzes Feld davon auftauchte? Wieso wuchsen die anderen nur vereinzelt und nicht auch in einem Feld? Es gab nur eine vernünftige Erklärung für dieses Phänomen. Jemand musste dieses Feld künstlich angelegt haben! Diese Erkenntnis traf mich wie ein Schlag. Die nächste Frage war unausweichlich: Wer würde ein Bärlauchfeld mitten in der abgelegenen Wildnis pflanzen? Ich spielte mehrere Szenarien in meinem Kopf durch, doch kam zu keiner vernünftigen Antwort. Welchen Nutzen konnte so viel Bärlauch für jemanden haben? Ich erinnerte mich, von meinem MuM-Lehrer einmal gehört zu haben, dass diese Pflanze früher zu Heilzwecken eingesetzt wurde. Wurde damit vielleicht ein geheimes Medikament hergestellt? - Oder etwas anderes? - Es schien alles auf das geheime Forschungslabor der Nazis hinauszulaufen. Dieser Bärlauch war aus irgendeinem Grund essentiell wichtig, für die Nazis. Was hatten sie damit vor gehabt? Es stand nun zweifelsfrei fest, dass sie diese Felder angelegt haben müssen. Nur der Zweck des Bärlauchs war mir noch nicht ganz klar. War es tatsächlich für medizinische Zwecke gedacht? Sollte daraus alternativer Treibstoff gewonnen werden? Oder waren sie Bestandteil eines anderen, grausamen Planes? - Dieses Geheimnis sollten wir lüften, sobald wir uns Zugang zu den Bunkeranlagen verschafft hätten. Angetrieben von dieser Idee, begann ich intensiv weiter zu suchen. Ich sah mir jeden Busch genau an, tastete jeden Baum ab und drehte jeden Stein um. Nichts ungewöhnliches war zu finden, was mir klar machte, dass die Nazis ausgezeichnet darin waren, ihre Geheimnisse geheim zu halten. Ich wollte nicht aufgeben und riss ein paar Pflanzen aus, um sie später untersuchen zu lassen. Außerdem machte ich einige Bilder des Feldes und seiner Umgebung. Die Beweise im Gepäck, ging ich weiter, um nach noch mehr Spuren zu suchen. Es dauerte nicht lange, da stieß ich auf zwei seltsame Absenkungen im Gelände. Sie hatten eine rechteckige Form und waren ungefähr 3 Meter breit. Sie lagen parallel nebeneinander, etwas ungewöhnlich, für solche Absenkungen. Ich ging noch ein paar Mal um meine Entdeckung herum und dachte nach. Warum waren solche Absenkungen hier? Welchen Zweck erfüllten sie? - Dann hatte ich die zündende Idee. Möglicherweise handelte es sich doch nicht nur um ein geheimes Forschungslabor, sondern gleichzeitig um ein altes Waffenlager. Diese Absenkungen machten nur Sinn, wenn man etwas darin verstecken würde und sie waren groß genug, um ganze Autos, oder sogar Panzer, darin zu verstecken. Ich zückte sofort wieder meine Kamera und macht Bilder von verschiedenen Seiten, um auch kein Detail zu vernachlässigen. Mittlerweile begann es zu dämmern, doch die Kamera war glücklicherweise mit einem Blitz ausgestattet, sodass auch bei schlechtem Licht noch gute Aufnahmen möglich waren. Gerade wollte ich noch ein paar Close-Ups des Bodens machen, da hörte ich jemand meinen Namen rufen. Es war die Stimme von Alpha, er rief nach mir und Gamma. Ich packte schnell meine Kamera ein und rannte den Hügel hinab. Die Dornenbüsche rissen wieder an meiner Hose. Fast wäre ich gestolpert, denn unter dem vielen Laub waren die abstehende Wurzeln oder Steine nicht immer sofort zu erkennen. Ich rannte, rutschte und rannte, bis plötzlich Gamma hinter einem Baum auftauchte und auf mich zulief.

„Hast du das auch gehört?“, fragte er mich.

„Ja, wo ist Alpha? Er hat uns doch gerufen.“, sagte ich.

„Hier!“, rief eine Stimme hinter dem Büschen.

Wir folgten dem Ruf und fanden Alpha, der dabei war, an einem kleinen Hügel herumzugraben.

„Hast du was gefunden?“, rief ich ihm zu.

Er unterbrach kurz sein Graben, wischte seine dreckigen Hände notdürftig am Laub ab und wandte sich uns zu.

„Jungs, seht euch das mal an!“, rief er und deutete auf die Stelle, an der er gegraben hatte.

Zuerst erkannte ich nichts Außergewöhnliches, doch als ich näher hinsah, bemerkte ich einen kleinen Wasserstrom, der unter dem Hügel floss. Ich ging etwas näher heran und beugte mich zu der Stelle hinunter. Es handelte sich tatsächlich um ein kleines Bächlein. Alpha schnappte noch nach Luft. Er hatte wohl schon eine Weile an der Stelle gegraben.

„Wir sind hier echt an was großem dran, Jungs! Das Wasser fließt hier direkt aus dem Hügel, doch wo kommt das her? - Ist doch klar! Das muss ein altes Abwassersystem sein. So eine große Anlage hat sicher noch mehr solcher Kanäle, doch wahrscheinlich haben sie die noch rechtzeitig dicht machen können. Über diesen Weg könnten wir uns Zugang zu der ganzen Anlage verschaffen.“

Zuerst zögerte ich, doch dann bejahte ich Alphas Idee. Es ergab alles einen Sinn. Die Anlage musste logischerweise irgendwie mit Wasser und Strom versorgt werden, um überhaupt zu funktionieren. Selbst wenn alle anderen Eingänge schon zugemauert sein sollten, so hatten wir nun trotzdem eine Möglichkeit in die Anlage einzusteigen.

„Vielleicht ist das auch einfach nur eine Quelle, die hier entspringt.“, murmelte Gamma.

Wir schüttelten die Köpfe. Gamma wollte anscheinend bald in das warme Hostelzimmer. Wir wussten schon, dass es ihm manchmal an Durchhaltevermögen fehlte, doch Alpha und ich waren entschlossen diesen Eingang zu untersuchen.

„Genau so sollte es auch wirken.“, antwortet Alpha, „Genau deshalb wurde dieser Zugang bisher nicht entdeckt. Ein Zugang zu einem Geheimversteck soll ja nicht aussehen, wie ein Zugang zu einem Geheimversteck. Die Nazis waren ja schließlich nicht blöd.“

Nun schüttelte Gamma den Kopf. Ob er überzeugt war, oder nicht, wir waren es jedenfalls. Die Puzzlestücke setzten sich zusammen und ein Bild wurde erkennbar.

„Also, Jungs, wir müssen den Eingang jetzt freilegen. Am besten noch bevor es dunkel wird.“

Ich nickte und nun stimmte uns Gamma endlich auch zu.

„Gut, Jungs. Dann die Schaufeln raus und los geht’s!“

Alpha stampfte wieder zu seiner Grabung, doch dann stoppte er plötzlich.

„Ähm, Jungs, ihr habt doch Schaufeln dabei, oder?“, fragte er vorsichtig.

Wir blickten uns fragend an. Ich konnte mich nicht erinnern, eine Schaufel ins Auto geladen zu haben.

„Verdammt, wie konntet ihr die Schaufeln vergessen?“, rief Alpha und trat dabei wütend gegen einen moosbewachsenen Stein.

„Du hast nichts von Schaufeln gesagt! Auch nicht, dass wir hier den halben Wald umgraben müssen!“, antwortete Gamma verärgert.

„Wie sollen wir jetzt den Eingang freilegen?“, fragte ich.

Wir standen eine Weile da und grübelten über das Problem nach. Alpha und Gamma hatten sich wieder beruhigt. Wir müssten uns schnell eine Lösung überlegen, denn das Tageslicht wurde immer schwächer. Im Dunkeln würde das Freilegen schwieriger sein. Wir standen noch eine Zeit da, als Alpha sich bückte, einen dicken Ast aufhob und damit begann, an dem Hügel herumzukratzen.

„Kommt, Jungs!“, rief er, „Das kann klappen, wenn wir jetzt zusammenarbeiten!“

Ich brach mir einen Ast von einem Baum ab und kam ihm zur Hilfe. Gamma warf erst noch ein, dass das eine dämliche Idee wäre und man mit ein paar Ästen niemals etwas so großes ausgraben könnte. Doch schließlich fügte auch er sich und half uns. Ich spürte, dass unsere Gemeinschaft an diesem Tag stärker zusammengewachsen war. Wenn wir alle an einem Strang zogen, dann könnten wir viel erreichen. Da war ich mir sicher.

 

22:44 Uhr

Es war schon seit einiger Zeit dunkel geworden. Wir wussten nicht, wie lange schon. Während des Grabens hatten wir das Zeitgefühl komplett verloren. Unsere Muskeln schmerzten, doch am schlimmsten hatte es den Rücken erwischt. Dadurch, dass man beim Graben ständig gebeugt sein musste, war dieser besonders beansprucht. Es gab Momente, da hätte ich am liebsten alles hingeschmissen und wäre gegangen. Doch ich zwang mich durchzuhalten. Am Anfang schienen wir auch wirklich gut voranzukommen, doch je tiefer wir gruben, desto schwerer wurde unsere Arbeit. Zudem brachen dann auch regelmäßig unsere Äste ab und wir mussten das Graben unterbrechen, um uns stabilere zu suchen. Selbst nach stundenlanger Arbeit, war der Zugang noch nicht zu sehen. Er musste noch ein Stück innerhalb des Hügels liegen, was auch Sinn machte. So langsam machte uns nicht nur die Arbeit, sondern auch der Hunger zu schaffen. Wir hatten seit den Double Whopper Menüs am Mittag nichts mehr gegessen. Irgendwie waren wir davon ausgegangen, pünktlich zum Abendessen zurück im Hostel zu sein. Den Aufschlag für die Vollpension wollten wir ja nicht umsonst gezahlt haben. Wenigstens hatten wir an eine Wasserflasche gedacht, die aber langsam auch zur Neige ging. Lange konnten wir das nicht mehr durchhalten. Alpha grub noch wie ein Wahnsinniger, während Gamma und ich schon lange an einen Baum gelehnt saßen. Unsere Hände waren aufgesprungen und wir waren von oben bis unten vom Dreck übersät. Die Klumpen an unseren Schuhen machten uns locker zehn Zentimeter größer, eine Idee, die uns gefiel. Wir hatten unsere Taschenlampen eingeschaltet, allerdings immer nur eine, um Energie zu sparen, denn wir brauchten für unseren Rückweg auf jeden Fall Licht. Der Gedanke an den langen Rückweg, der noch vor uns lag, entmutigte mich noch weiter.

„Lass es sein! Wir sollten jetzt gehen!“, rief Gamma und versuchte sich, gestützt an den Baumstamm, aufzurichten.

„Wir sind noch nicht durch! Es fehlt doch nicht mehr viel!“, sagte Alpha keuchend.

„Wir kommen morgen einfach wieder, wenn es hell ist.“, erwiderte Gamma.

Alpha hielt kurz inne bevor er antwortete. Er betrachtete seine wunden Hände.

„Dann müssen wir aber dieses Loch hier abdecken, damit es sonst niemand findet.“, sagte er schließlich.

„Wer soll das denn finden? Hier draußen ist doch keine Sau!“, rief Gamma gereizt.

„Das wissen wir nicht. Wir dürfen kein Risiko eingehen.“, sagte Alpha und begann Laub über unsere Ausgrabungsstelle zu schaufeln.

Ich stand langsam auf, meine Gelenke schmerzten bei jeder Bewegung, und half ihm. Gamma schüttelte nur den Kopf und wollte sich gerade von uns abwenden, als er plötzlich zu Boden ging. Wir hörten ein lautes Fluchen und eilten unserem Freund zur Hilfe. Gamma rappelte sich schnell wieder auf und schüttelte das Laub von seiner Jacke. Ich leuchtete mit meiner Lampe den Boden ab und dann sah ich, was Gamma zu Fall gebracht hatte.

„Hey, seht mal! Da! Was ist das?“, rief ich.

„Was auch immer es ist, man kann sich daran außerordentlich gut den großen Zeh prellen.“, jammerte Gamma und sah sich zusammen mit Alpha und mir das Objekt im Lichtkegel an.

„Jungs, jetzt ist endgültig klar, dass wir hier richtig sind.“, sagte Alpha, bückte sich und befreite das Objekt von Laub und Gras. Dann konnten wir es auch sehen.

„Ist das ein altes Rohr? Aus Stein?“, fragte Gamma.

„Und wie es das ist!“, sagte Alpha stolz, „Überlegt doch mal. Wie sollte so ein Rohr denn sonst hier hergekommen sein? Wer würde hier, im Wald, ein Rohr verlegen wollen?“

„Den meisten Männern ist es glaube ich egal, wo sie ihr Rohr verlegen. Oh Mann, vielleicht diente das auch einfach nur dazu, Wasser von der Quelle ins Tal zu leiten.“, sagte Gamma höhnisch, der den Ernst der Situation mal wieder nicht zu begreifen schien.

Alpha versuchte das Stück Steinrohr aufzuheben, doch es war zu schwer. Trotz der kurzen Länge des Rohrstückes, von etwa einem halben Meter, war es doch einige Zentimeter dick und damit zu schwer, um es mitnehmen zu können. Es den ganzen Weg, bis zum Auto, zurück zu tragen, erschien uns als ein Ding der Unmöglichkeit. Also entschlossen wir uns, ein paar Bilder davon zu machen, die wir dann später noch genauer auswerten wollten. Jedenfalls hatten wir nun einen handfesten Beweis, für die Existenz eines Abwassersystems. Und wenn es ein Abwassersystem gab, dann musste auch irgendwoher das Abwasser kommen. Sowohl Forschungseinrichtungen, als auch ein Lager, in dem sich Menschen über längere Zeit aufhalten, brauchen eine Wasserversorgung und produzieren Abwasser. Zu diesem Zeitpunkt war der Schluss unausweichlich, dass es sich um eine Anlage der Nazis handeln musste, denn wer sollte sonst so eine Anlage errichten und bis heute verschleiern, dass sie existiert? - Sie warteten auf ihre Chance, um die Anlage zu reaktivieren. Dann schoss mir ein anderer Gedanke durch den Kopf. Möglicherweise hatten sie es schon getan! - Wäre das der Fall gewesen, dann hätten wir uns in größter Gefahr befunden.

„Hey Jungs, da ist nochmal was!“, rief Alpha und riss mich aus meinen Gedanken.

Ich kam zu ihm und sah etwas aus dem Laub hervorblitzen. Etwas reflektierte das Licht der Taschenlampe. Alpha hob ein kleines, zylinderförmiges Metallobjekt auf und hielt es dicht vor sein Gesicht.

„Was hast du da?“, fragte ich ihn.

Er betrachtete das kleine Ding eine Weile von verschiedenen Seiten.

„Sieht aus, wie eine alte Blechdose.“, sagte Gamma.

„Nein, das sieht aus, wie eine Hülse, von einer Granate!“, sagte Alpha und erstarrte.

„Eine Granate?“, fragte ich und war entsetzt.

In einem unserer Nachbarorte hatten Kinder beim Spielen einmal Reste einer Splittermine aus dem 2. Weltkrieg gefunden, die sich als noch sehr funktionsfähig herausstellte. Sie überlebten zwar, doch lagen schwer verletzt, für mehrere Wochen, im Krankenhaus.

„Verdammt, wirf das Ding weg!“, rief ich und sprang einige Meter zurück.

„Ganz ruhig. Wenn das noch aktiv wäre, dann hätte es schon geknallt.“, sagte Alpha und legte die Metallhülse vorsichtig zurück auf den Boden.

„Gehen wir kein Risiko ein! Machen wir ein paar Bilder und lassen das Ding hier. Wer weiß, wie viel von dem Zeug hier noch rumliegt!“, sagte ich und versuchte mich zu beruhigen.

„Wir müssen sowieso bald abhauen, sonst ist das Hostel zu und wir dürfen im Auto pennen.“, sagte Gamma mürrisch.

Alpha entfernte sich langsam von der Granathülse, packte seine Kamera aus und machte ein paar Schnappschüsse. Wir standen daneben und kramten nach Karte und Kompass.

„Ok Jungs, gehen wir!“ sagte Alpha schließlich und kam zu uns.

Wir beschlossen bei Tageslicht zurückzukommen, um mit Schaufeln den Eingang freizulegen und die Beweise einzusammeln. Fürs Erste genügten uns die Bilder und das Wissen, dass wir mit unseren Vermutungen anscheinend ins Schwarze getroffen hatten. Es war stockfinster geworden und wir bewegten uns auf gefährlichem Terrain. Niemand wusste, wie viele Granathülsen, oder noch gefährlichere Sachen, hier unter dem Laub verborgen waren. Es schien nun doch wieder Hinweise auf ein Waffenlager zu geben. Nicht auszudenken, was wir hier noch alles bei Tageslicht hätten finden können. Doch für diesen Tag war die Suche beendet und wir machten uns auf den Rückweg, um am nächsten Morgen, in neuer Frische, auch noch die letzten Geheimnisse dieses Ortes zu lösen.

09.10.20XX – Thüringer Wald


01:29 Uhr

Die Nacht war kalt und voller Dunkelheit. In dieser Nacht beneidete ich die Vögel, die sich am Magnetfeld der Erde orientieren konnten. Sie würden an jedem Punkt auf der Welt wieder nach Hause finden. Wir konnten das nicht! Stundenlang schleppten wir uns durch den Wald, die Müdigkeit und unsere geschundenen Knochen machten uns zu schaffen. Ohne die Sonne, als Orientierungspunkt und einem Sternenhimmel, der von dicken Wolken bedeckt war, waren wir hoffnungslos verloren. Ein paar Mal glaubten wir, auf dem richtigen Weg zu sein, doch wirklich wissen, konnten wir das nie. In dem dunklen Wald sah ohnehin alles gleich aus. Erst als wir wieder auf dem riesigen Bärlauchfeld standen, da wusste ich, dass wir uns im Kreis bewegt hatten. Hunger, Durst und Erschöpfung plagten uns irgendwann so sehr, dass wir beschlossen die Nacht im Wald zu verbringen. Wären wir noch weiter sinnlos umhergeirrt, hätten irgendwann unsere Körper gestreikt und wir wären zusammengebrochen. So versuchten wir aus Laub und Ästen einen provisorischen Schlafplatz zu bauen, um zumindest ein bisschen Schutz vor der Natur zu haben. Das Ergebnis war kein Traumhaus, doch das Beste, das wir in diesem Zustand noch zustande bringen konnten. Wir krochen unter die Decke aus Laub und Geäst, legten unsere Köpfe auf die Rücksäcke und schlossen die Augen. Bei mir kann es nicht länger als ein paar Minuten gedauert haben. Ich erinnere mich noch, dass ich mir Sorgen wegen wilder Tiere machte, die uns im Schlaf besuchen könnten, doch dann war die Müdigkeit zu stark, um diese Gedanken noch weiterverfolgen zu können.


03:18 Uhr

Es raschelte in der Dunkelheit. Nachdem ich für eine kurze Zeit meine Augen schließen konnte, weckten mich beunruhigende Geräusche. Ich war sofort hellwach und im Alarmmodus. Ich zog meine Taschenlampe heraus und leuchtete die Umgebung ab. Die Batterie schien sich ihrem Lebensende zu nähern. Das Licht war schwach und hatte einen orangenen Ton. Wir hätten lieber LED-Lampen nehmen sollen, die wären weitaus ergiebiger gewesen, als die alten Birnen. Ich knipste die Lampe aus und kroch ein wenig weiter in unseren Unterschlupf, bis ich gegen den Ellenbogen von Alpha stieß. Ich versuchte weiter zu schlafen und hoffte, dass ich mir die Geräusche nur eingebildet hatte.


03:54 Uhr

Da war es wieder gewesen! Ich kroch noch einmal heraus und untersuchte die Umgebung im trüben Licht meiner Lampe. Nichts. Ich krabbelte zurück und versuchte mich wieder zu beruhigen, doch es wollte nicht gelingen. Was für Tiere würden in so einem Wald schon leben? - Sicher keine besonders gefährlichen, wir waren schließlich nicht im Dschungel unterwegs. Hier wäre vermutlich ein Zeckenbiss das schlimmste, was man erwarten konnte. Mein Puls schlug schon fast wieder normal, als mir wieder etwas anderes in den Sinn kam. Wir waren noch immer in der Nähe der Anlage und vielleicht war sie nicht so verlassen, wie wir dachten! Dafür könnte es verschiedene Gründe geben. Möglicherweise hatten alte Nazigruppierungen, die in das Geheimnis eingeweiht waren, die Anlage mittlerweile reaktiviert. Oder, was auch in Betracht gezogen werden müsste, es könnte sein, dass sich seit Kriegsende tatsächlich noch Leute dort auf ihrem Posten befänden. Sie würden noch immer auf ihre Ablösung warten. Vielleicht wüssten sie nicht einmal, dass der Krieg bereits zu Ende war. Ich hatte schon von solchen Fällen gehört, dass nach vielen Jahren Soldaten gefunden wurden, die ihre Stellung nicht aufgegeben hatten, weil sie von der Außenwelt abgeschnitten waren und vom Kriegsende nichts hören konnten. Wäre das möglich? Nach so langer Zeit? - Es hätte jedenfalls die seltsamen Vorgänge in dieser Nacht erklärt. Letztendlich bedeuteten aber beide Möglichkeiten eine unmittelbare Gefahr für uns. Der Gedanke ließ mich nicht mehr los, also weckte ich die beiden anderen, um ihnen von meiner Erkenntnis zu berichten. Nach mehreren Versuchen und einigen bösen Flüchen, kamen die beiden Schlafmützen endlich zu sich. Ich erklärte ihnen die Situation und schlug vor, uns in Schichten einzuteilen, um unseren Schlafplatz zu beschützen. Eine Nachtwache war die beste Möglichkeit, uns ein bisschen Sicherheit in dieser gefährlich Umgebung zu verschaffen. Gamma drehte sich sofort wieder um und betitelte mich mit einigen schlimmen Spitznamen, die ich hier nicht nennen möchte. Alpha half mir jedoch, ihn wieder wach zu rütteln. Wir folgten meinem Plan und teilten Wachen ein. Ich war sowieso am aufgedrehtesten und so schlug ich mich für die erste Schicht vor. Danach, von 05:00 Uhr bis 06:00 Uhr, sollte Gamma übernehmen und schließlich würde Alpha die letzte Schicht, bis zur Dämmerung, übernehmen. So bekam jeder von uns zumindest noch ein bisschen Schlaf. Die anderen rollten sich wieder zurück in unser Nachtlager, während ich mit meiner Wache begann. Ich würde in einer Stunde Gamma zu seiner Schicht wecken und mich dann auch ins Land der Träume verabschieden. Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich dann schon schlafen konnte. Mein Herz schlug heftig und mein Atem ging schnell. Ich kroch mit der Lampe, die ich mir von Alpha geborgt hatte, auf dem Boden herum und suchte eine gute Position, von der aus ich die Umgebung am besten im Blick hätte. Schließlich setzte ich mich an einen nahen Baum, der einerseits einen guten Überblick bat, zum anderen mich aber auch beim aufrechten Sitzen unterstützte, was in meinem geschwächten Zustand nicht mehr so einfach war. Wachsam hielt ich meinen Posten.

09.10.20XX – Hostel


08:22 Uhr

Die Nacht hatte uns stärker mitgenommen, als wir zunächst dachten. Das bemerkten wir, als wir endlich in unserem Hostel ankamen, wo wir uns nur kurz umziehen wollten, um dann weiter zu fahren. Wir hatten schließlich noch eine zweite Location, die es zu untersuchen galt. Wir gingen an die Rezeption und die Dame dort versuchte uns, in ihrem besten ostdeutschen Englisch, etwas zu erklären. Da fiel uns wieder ein, dass wir ja unsere Tarnung wahren mussten. Wir nickten fleißig und versuchten ein aufmerksames Gesicht zu machen. Mit einem „Yes, Okay.“ nahm Alpha unseren Schlüssel entgegen. Wir stiegen mit unseren verdreckten Stiefeln und den muffigen Klamotten die Stufen zu unserem Zimmer hinauf. Keiner von uns war aufnahmefähig genug gewesen, um zu verstehen, was die Frau von der Rezeption gesagt hatte und es interessierte uns auch nicht. Wir wollten nur schnell aus diesen Klamotten raus, uns waschen und uns wieder wie zivilisierte Menschen fühlen. Nachdem wir die Nacht durchgestanden hatten, machten wir uns, gleich beim ersten Sonnenstrahl, auf den Weg zum Auto. Ich hatte die Nachtwache alleine durchgezogen. Irgendwie hatte ich völlig das Zeitgefühl verloren und irgendwann begann es hell zu werden. Ich zog meine Uhr heraus und sie zeigte schon 06:15 Uhr an. Daraufhin weckte ich die anderen und wir marschierten los, obwohl wir eigentlich nicht richtig marschierten. Wir schlichen wie Untote durch den Wald, immer geradeaus, in Richtung Parkplatz. Wir wussten nicht einmal mehr, warum wir in diese Richtung gingen, wir taten es einfach. Glücklicherweise kamen wir irgendwann tatsächlich beim Auto an. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn wir wieder die falsche Richtung erwischt hätten. Vermutlich wären wir irgendwo zusammengebrochen und vielleicht nie wieder aufgewacht. Alpha schloß den Wagen auf und wir krochen hinein. An die Fahrt konnten wir uns hinterher kaum noch erinnern. Es war schon ein kleines Wunder, dass Alpha uns nach so einer Nacht trotzdem noch unfallfrei bis zu dem Hostel fahren konnte. Jedenfalls hatten wir es geschafft. Unser Zimmer war nicht besonders groß, in der Nacht wäre es sicher eng geworden. Immerhin hatten wir uns die Diskussion gespart, wer in dem billigen Klappbett und wer in dem billigen Doppelbett schlafen durfte.


13:26 Uhr

Wir wurden unsanft von einem polnischen Hausmädchen geweckt. Erst wussten wir nicht so richtig was passiert war. Die Situation erschloss sich uns erst nach und nach. Wir waren auf das Zimmer gegangen, um uns umzuziehen. Doch irgendwie überkam uns die Müdigkeit und die schlaflose letzte Nacht forderte ihren Tribut. Nacheinander waren wir wohl eingeschlafen. Gamma und ich saßen auf dem Bett, als es passierte, und Alpha schaffte es doch tatsächlich, während seines Toilettengangs einzuschlafen. Da wir das Zimmer jedoch nur bis mittags, um 12:00 Uhr, gebucht hatten, kam das Hausmädchen in unser Zimmer, um es zu putzen. Sie holte sich dann, als Verstärkung, noch die Geschäftsführerin. Ich glaube zumindest, dass es die Geschäftsführerin war, die da neben mir gestanden hatte, als ich die Augen langsam wieder öffnete. Ihr Englisch war fast genauso schlecht, wie das der Rezeptionistin. Doch ihr: „Leave, please!“ und den Zeigefinger, der auf die Tür deutete, konnte sogar ein taubstummer Tourist im Vollsuff verstehen. Wir packten schnell unsere Sachen und verschwanden aus dem Hostel. Ganz wach waren wir noch immer nicht, doch zumindest hatten wir ein paar Stunden Schlaf nachholen können, die bitter nötig waren. Einer nach dem anderen stolperten wir die Treppen hinunter, aus der Eingangstür und bis auf den Parkplatz. Unsere Augen schmerzten, wegen dem hellen Sonnenlicht. Alpha lehnte sich an das elterliche Kraftfahrzeug, während wir anderen auf dem Parkplatz orientierungslos herumschlichen.

„Also, Jungs, wir müssen weiter.“, murmelte Alpha schließlich, nach einen paar Minuten des Schweigens.

Keiner sagte etwas darauf, doch Gamma und ich schleiften unsere Körper langsam in das Auto. Wir stanken noch immer und die Kleider konnten wir auch noch nicht wechseln. Alpha fuhr mit uns ein Stück in den Wald, wo wir uns in freier Natur umzogen, bevor wir zu unserem zweiten Reiseziel weiterfuhren. Wir beschlossen, nicht noch einmal zu der versteckten Nazianlage zurückzukehren, da uns die Fotos schon als überzeugend genug erschienen und uns auch die Zeit, für einen weiteren Besuch, einfach fehlte. In nicht einmal 16 Stunden würde mein Frühdienst beginnen, ein paar Stunden später würde auch Gamma zu seiner Schicht und Alpha zur Vorlesung erscheinen müssen. Wir mussten in den nächsten Stunden noch brauchbare Beweise finden. Ich hoffte, dass sich unsere Informationen als richtig herausstellten und wenn nicht, dann sollten wir zumindest nicht zu viel Zeit an diesem Ort vergeuden. Allerdings war ich optimistisch gestimmt, schließlich hatte sich unsere gestrige Investigation schon als Volltreffer herausgestellt, mal abgesehen von ein paar kleineren Hindernissen.

09.10.20XX - Industriegebiet


15:06 Uhr

Wir fuhren noch eine Weile durch die herbstlichen Wälder, bevor der Baumbestand langsam dünner wurde und mehrere kleine Dörfer auftauchten. Sie waren wie ausgestorben und bestanden teilweise wirklich nur aus ein paar Häusern, einem Bauernhof und einer alten Kirche. Irgendwann kamen wir in einen größeren Ort und folgten der Hauptstraße, bis wir ins Industriegebiet abzweigten. Als wir an den ersten Fabriken vorbeikamen, sprang uns ein Altersheim ins Auge, das zwischen einer Metallfabrik und einer Müllverbrennungsanlage gebaut worden war. Die Trostlosigkeit des Lebens, dieser alten Menschen, stimmte mich nachdenklich. Wenn ich einmal dieses hohe Alter erreichte, dann würde ich den ganzen Tag Tabletten schlucken und Banjo spielen, nahm ich mir vor. Wir fuhren an den eckigen Kästen, aus Metall und Beton, vorbei. Bauland musste in dieser Gegend wohl sehr günstig zu haben sein. Das gesamte Areal hob sich krass von der Landschaft mit den idyllischen Dörfern und der ständig präsenten Natur ab. Es schien nicht richtig dorthin zu gehören. Je länger wir der Straße folgten, desto heruntergekommener wurden die Fabriken. Es musste sich um einen alten Teil des Industriegebiets handeln. Viele Gebäude schienen verlassen und einige waren bereits verfallene Ruinen. Sie haben ihr Ziel erreicht!, verkündete das Navi schließlich. Ich schaute aus dem Fenster und sah etwas das eher an einen zufällig zusammengeworfenen Haufen Ziegelsteine erinnerte, als eine ehemalige Fabrik. Alpha hielt jedoch noch nicht an.

„Ist doch klar, Jungs. Uns sieht hier mal besser keiner. Wir verstecken den Wagen zuerst.“, sagte er.

Wir fuhren einmal um das Firmenareal herum und suchten uns dann, in der Parallelstraße, einen passenden Platz für unser Auto. Schließlich stellten wir es hinter einer geschlossenen McDonalds Filiale ab. Ich wusste nicht, dass die überhaupt einmal eine Filiale schließen mussten, doch auf dieser Reise sollte ich noch einiges erfahren, was mein Weltbild ins Wanken bringen würde. Nachdem wir das Auto sicher abgestellt und abgeschlossen hatten, schlichen wir die Straße entlang. Niemand war zu sehen, was allerdings nicht zwangsläufig bedeutete, dass wir dort die einzigen Menschen waren. Alpha hatte die Idee, sich von hinten auf das Gelände zu schleichen. Der Maschendrahtzaun um die ehemalige Fabrik war verrostet und löchrig, sodass es nicht schwer sein sollte dort einzusteigen. Wir wussten, dass es in dieser Umgebung verhältnismäßig viele rechtsradikale Gruppierungen gab. Wir vermuteten, dass irgendjemand von diesem Ort wusste und was dort zur Zeit des dritten Reichs vor sich gegangen war und möglicherweise immer noch vor sich ging. Wir mussten extrem vorsichtig sein. Kein Zweifel, dass diese Menschen gefährlich waren. Allein auf dem Weg hierher sahen wir mindestens zehn Glatzen, die uns nicht selten grimmig ansahen. Das konnte kein Zufall sein. Womöglich waren wir auf eine lokale rechtsextreme Gruppe gestoßen, die uns nun genau im Auge behielt. Vielleicht gehörten sie sogar zur Arischen Bruderschaft, einer der größten rechtsextremen Gruppierungen überhaupt. Für Gewöhnlich waren sie in den USA aktiv, doch es gab auch einige Verbände, hier, in Europa. Wenn die uns erst einmal auf den Fersen waren, dann wären wir so gut wie tot.

„Hey, glaubst du, uns ist jemand gefolgt?“, fragte ich Alpha.

„Könnte schon sein.“, antwortete er, „Wenn hier, unter der Fabrik, tatsächlich ein geheimes Nazilabor versteckt ist, dann wird es bestimmt von irgendjemand bewacht werden.“

„Habt ihr, auf dem Weg hierher, auch die auffällig vielen Glatzköpfe bemerkt? Glaubt ihr, dass das die Arische Bruderschaft war?“, flüsterte ich.

„Das waren doch nur die Opis vom Altersheim. Die haben einfach nicht mehr so viele Haare.“, quengelte Gamma, mal wieder.

Wir stiegen über die Haufen aus alten Backsteinen, die einmal Teil des Gebäudes gewesen waren. Es war keine große Fabrik. Bei näherer Betrachtung, sah es mehr nach einem Verwaltungsgebäude aus das über eine große Haupthalle verfügte. Wir schauten durch eines der eingeschlagenen Fester in das Gebäude. Tatsächlich waren keine Maschinen, oder andere Arbeitsgeräte, zu sehen. Vermutlich wurde alles, was irgendwie wertvoll sein könnte, nach der Schließung dieser Anlage vom Gelände geschafft. Von den Fenstern waren allenfalls noch Splitter übrig, die am Fensterrahmen hingen. Bevor wir versuchten in das Gebäude einzusteigen, trennten wir uns von Gamma, der sich an der Straße versteckte, um uns frühzeitig warnen zu können, falls die Situation ungemütlich werden sollte. Zum Beispiel, durch einen Mob knüppelschwingender Skinheads. Alpha und ich krabbelten durch ein hoch gelegenes Fenster und ließen uns in eines der Zimmer fallen. Diesen Leichtsinn musste ich teuer bezahlen, denn meine Hose blieb an einer Scherbe im Fensterrahmen hängen. Das linke Hosenbein wurde, vom Knie an abwärts, aufgerissen. Ich merkte es erst, als wir schon in den Flur geschlichen waren und mir seltsam kalt um den linken Knöchel wurde. Wenn man für die Wahrheit kämpfte, dann forderte das wohl Opfer. Es war naiv von mir zu glauben, dass dieses Unterfangen ein Spaziergang werden würde. Das wurde mir wieder schlagartig klar und ich wusste, dass wir vorsichtiger sein sollten. Möglicherweise hatte uns dieses aufgeschlitzte Hosenbein das Leben gerettet. Das Opfer war nicht umsonst. Zuerst gingen wir die alte Treppe hinauf, um die oberen Stockwerke zu erkunden. Die Bretter quietschten bei jedem Schritt den wir machten. Die Treppe in den zweiten Stock war bereits zusammengebrochen, also wollten wir zunächst den unteren Teil der Anlage erkunden. Für eine wagemutige Kletteraktion würden wir später noch Zeit haben. Es war gefährlich genug, einfach nur geradeaus zu gehen. Immer wieder mussten wir Schutt, oder tiefen Löchern im Boden, ausweichen. Manche Bereiche waren stockfinster, sodass wir nur mit Handylampen überhaupt etwas sehen konnten. Die meisten Räume auf dieser Etage waren nahezu leer, abgesehen von Splittern und Schutt, die den Boden bedeckten. Hin und wieder stießen wir auf umgeworfene Rollschränke aus Metall, doch sie waren leer geräumt. Ich war schon fast bereit die Hoffnung aufzugeben etwas zu finden.

„Hey, guck dir das mal an!“, flüsterte Alpha mir zu, als er vor einem der Aktenschränke kniete.

„Was ist damit? Er ist doch leer.“, sagte ich verwundert.

„Genau, ZU leer! Jemand hat sich viel Mühe gegeben, hier keine Spuren zu hinterlassen. Nicht mal ein Papierfetzen ist noch da, nur noch diese alten Schränke. So wie sie daliegen, wurden sie schnell geplündert. Die Nazis haben ganze Arbeit geleistet.“

Ich überlegte einen Moment und plötzlich machte alles Sinn. Wir konnten hier keine Beweise finden, aber nicht, weil es keine Beweise gab, sondern weil die Nazis viel zu gründlich gearbeitet hatten, um Beweise zu hinterlassen. Diese Tatsache musste bedeuten, dass wir mit unseren Vermutungen richtig lagen. Ich überlegte, was die Nazis hier wohl für schreckliche Dinge geplant haben mögen. Wenn sie tatsächlich so gründlich waren wie wir vermuteten, dann würden wir es wohl nie erfahren. Doch selbst ein Profi machte mal Fehler. Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Ein lautes Geräusch ertönte. Wir erstarrten. Im ersten Moment hätte der Schock mich beinahe zum einnässen gebracht, doch ich hatte das Geräusch schnell erkannt und handelte.

„Scheisse, schalt endlich dein Handy stumm!“, sagte Alpha verärgert, während ich schon wild auf meinem Display herumdrückte.

Die unterbrochene Stille hatte ihn wohl genauso erschreckt wie mich. Nach dem dritten Versuch traf ich endlich die Taste, um den Anruf abzubrechen, und schaltete gleich anschließend den Rufton komplett aus.

„Komm, wir gehen nach unten!“, winkte Alpha mir zu, der mich noch immer grimmig ansah.

Wir stiegen wieder in das Erdgeschoss hinunter und versuchten dabei, uns wieder möglichst stolperfrei zu bewegen. Die Stufen in das Untergeschoss waren in einem besseren Zustand, als die Stufen in den ersten Stock. Das mag vielleicht auch daran gelegen haben, dass sie aus Stein gefertigt waren, während die Stufen in die oberen Etagen aus, mittlerweile löchrigen, Holz bestanden. Schutt lag zwar weiterhin überall, doch wenigstens mussten wir nicht mehr befürchten, bei jedem Schritt einzubrechen und ungewollt eine Etage tiefer zu landen. Unsere Handylichter waren ab jetzt dauerhaft im Einsatz. Ohne die eingeschlagenen Fenster waren die Räume der unteren Etage in tiefes Schwarz gehüllt. Neben einigen leeren Räumen, fanden wir auch etwas, das wir für Halterungen für seltsam geformte Gefäße hielten. Es mussten Tanks für irgendetwas sein. Vielleicht waren es gewöhnliche Öltanks, für die Heizung, doch möglicherweise sollten sie auch nur den Eindruck erwecken, gewöhnliche Öltanks zu sein. Vielleicht wusste damals nur ein kleiner Kreis von eingeweihten, was in diesem Keller tatsächlich vor sich ging, während die anderen Mitarbeiter, dieses Fabrikgebäudes, im Dunkeln gelassen wurden. Sie wussten nicht, was für streng geheime Dinge hier vor sich gingen. Es musste etwas wichtiges gewesen sein, wenn so große Anstrengungen unternommen wurden, um es selbst vor den eigenen Leuten geheim zu halten. Wir schlichen weiter durch die dunkle Kelleretage. Unsere Quelle hatte angegeben, dass unter dieser und anderen Anlagen, unterirdische Tunnelsysteme verlaufen würden, die die einzelnen Zweigstellen mit einem riesigen Untergrundlabor vernetzte. So suchten wir die Wände ab, schoben die schweren Regale zur Seite und gruben jeden Schutthaufen mindestens ein Mal um. Doch auch hier schienen die Nazis ganze Arbeit geleistet zu haben. Unsere Hände waren schon wund und wir, von oben bis unten, in Steinstaub gehüllt. Wir mussten bald etwas finden, denn die Zeit arbeitete gegen uns. Schließlich, im letzten Raum am Ende des Ganges, fanden wir eine Türe, die sich nicht öffnen ließ. Sie war nicht versteckt, wie ursprünglich angenommen, doch wir hätten sie fast übersehen, da wir wieder zuerst die Regale im Raum herumgeschoben und damit die Türe blockiert hatten.

„Glaubst du, dass das der geheime Eingang ist?“, fragte ich Alpha.

„Muss er eigentlich sein. Oder wir haben irgendwas übersehen.“, sagte er und begann, an der Türklinke zu rütteln.

Die Tür knarzte und Staub fiel von ihr herab, als wir versuchten sie aufzubrechen. Sie schien äußerst massiv zu sein. Wir holten Steinbrocken aus dem Schutt und wollten damit das Schloss aufbrechen, als wir plötzlich ein Geräusch hörten. Wir standen still und lauschten. Schnelle Schritte waren über uns zu hören, sodass Staub und Teile der Decke auf uns herunter bröckelten. Dem Knarzen des Holzes zu urteilen, bewegten sie sich auf den Treppenresten, in den ersten Stock hinauf. Hatte uns jemand entdeckt? Waren wir ihnen etwa in die Falle gegangen? Aus diesem Keller gab es nur einen Ausweg und das war der über die Treppe, nach oben. Alpha legte langsam den Stein, den er gerade festhielt, auf den Boden und deutete in Richtung Flur. Ich nickte und versuchte ihm leise zur Treppe zu folgen. Wir mussten nun besonders vorsichtig sein. Zum einen, um nicht zu stolpern, zum anderen, falls doch, dann leise zu stolpern. Wir krochen beinahe über den Boden, den wir genau mit unseren Handys beleuchteten. Als wir zurück in den Flur kamen, war die Treppe schon gut zu sehen. Ein Fenster aus dem Erdgeschoss ließ Licht auf sie fallen. In vielleicht 10, oder 20 Metern, würden wir die erste Stufe erreicht haben, doch jetzt durften wir nicht unvorsichtig werden. Noch war das Gepolter, über uns, so weit entfernt, dass wir sicher waren, dass es aus dem Bereich des ersten Stocks kommen musste. Unsere Schritte wurden schneller. Das Gepolter noch unverändert. Etwa die Hälfte war geschafft. Gepolter unverändert. Ein paar Schritte noch. Alpha sprang auf die erste Stufe – und stockte. Sie mussten uns gehört haben. Das Stampfen von Füßen war direkt über uns. Sie bewegten sich schnell. Ohne lange zu überlegen stürmten wir den Gang zurück in den Raum. Zurück zur geheimen Tür. Die fremden Schritte waren im Erdgeschoss angekommen. Alpha war schon wieder in dem dunklen Türrahmen verschwunden, während ich noch keuchend über die Schuttbrocken im Flur trampelte. An vorsichtiges Vorgehen war nicht mehr zu denken. Wir wollten so schnell wie möglich aus dieser Todesfalle entkommen. Doch diese, durch Panik hervorgerufene Unachtsamkeit, rächte sich schnell. Schon beim ersten Schritt in dem dunklen Raum, stieß mein Fuß mit der Spitze gegen einen harten Steinbrocken. Noch bevor der Schmerz sich richtig ausbreiten konnte, stolperte ich durch den Raum und knallte mit dem Kopf gegen ein eisernes Regal. Benommen suchte ich Halt, um nicht rückwärts umzufallen. Ich fuchtelte mit den Armen herum, bis sich eine Hand an das Regal klammerte, das für diese Kopfschmerzen verantwortlich war. Für einen kurzen Moment fühlte ich mich tatsächlich sicher. Als das Regal quietschend zu kippen begann, war allerdings jegliches Gefühl der Sicherheit verflogen. Es passierte alles so schnell. Plötzlich fand ich mich auf dem Boden wieder, von einem schweren Metallregal niedergedrückt. Ich versuchte mich zu befreien. Mein linker Arm war noch frei, doch mir fehlte die Kraft, das Regal zu bewegen. Die letzten 24 Stunden machten sich nun bemerkbar. Ich blickte mich um, doch sah nur Dunkelheit. Wo war Alpha? Hatte er einen Weg durch die Tür gefunden und mich zurück gelassen? Ich wollte nach ihm rufen, doch dann fiel mir ein, dass wir nicht alleine waren. Ich lauschte den Schritten, die schnell durch den Flur hallten und sich auf mich zu bewegten. Jetzt war alles vorbei. Ich versuchte nicht mehr mich zu befreien, sondern blieb reglos liegen und hoffte, dass sie mich irgendwie übersehen würden. Ein schwacher Lichtkegel fiel durch den Türrahmen. In ihm war der Staub sichtbar, der jeden Kubikmillimeter im Zimmer erfüllte. Der Strahl wurde heller, als die Schritte näher kamen. Dann stoppten sie und eine Person stand im Raum. Wie ein Leuchtturm begann sie mit ihrer Lampe die Umgebung abzusuchen. Da der Raum nicht allzu groß war, erreichte mich das Licht bald. Ich hielt den Atem an.

„Ach, du große Schei...“, sagte die dunkle Gestalt, bevor sie zu Boden gerissen wurde und ihre Lampe fallen ließ.

Ich konnte nicht viel erkennen, doch da außer Alpha sonst niemand im Raum war, konnte eigentlich nur er derjenige sein, der nun mit dem Fremden kämpfte.

„Wie viele seid ihr? Wer seid ihr? Was wollt ihr hier?“, schnaubte Alpha, der anscheinend die Oberhand gewonnen hatte.

Von dem Unbekannten hörte ich nur röcheln und das Schnappen nach Luft. Alpha schien ihm die Kehle zuzudrücken. Erst als er seinen Griff etwas lockerte, konnten wir die Worte verstehen.

„Bist du Wahnsinnig, du kranker Sack!“, keuchte der Fremde, der sich als der übel gelaunte Gamma herausstellte.

„Du hast uns echt erschreckt.“, sagte Alpha und ließ von ihm ab.

„Ich hab versucht euch zu erreichen, doch ihr Vollpfosten seid nicht ans Handy gegangen! Wir müssen hier weg!“

Gamma hustete, während er sich aufraffte und sich den Staub aus der Kleidung klopfte.

„Wieso weg?“, fragte Alpha.

„Draußen ist ein Auto vorgefahren, aus dem so ein Glatzkopf ausgestiegen ist. Als ich euch ein paar mal nicht erreicht hab, bin ich schnell durch ein Fenster geklettert, als der Typ noch mit ausladen beschäftigt war. Er hatte ein paar komische Geräte dabei.“, Gamma schnappte wieder nach Luft.

„Die sind bestimmt für das geheime Labor! Wenn wir die...“

„Wir müssen hier weg! Vorhin war er noch im Hof, doch ich glaub kaum, dass er da bleibt. Er hatte oben schon eine Kiste in den Hausflur gestellt. Kommt jetzt!“

„Hey, könnt ihr mir hier mal helfen?“, rief ich dazwischen.

Vor lauter Schreck hätte ich fast vergessen, dass ich unter einem verdammt schweren Regal eingeklemmt war und heftige Schmerzten hatte.

„Wir kommen hier nicht raus! Wenn uns nichts einfällt, wie wir diese verdammte Tür aufkriegen, dann sind wir gefangen.“, sagte Alpha.

Er ging an mir und meinem umgestürzten Regal vorbei und rüttelte wieder an der Türe, doch die dachte nicht daran, sich zu bewegen.

„Das sieht sowieso aus, wie ne Schranktür.“, sagte Gamma, als er sie anleuchtete.

„Das ist der Geheimgang zum Labor!“, entgegnete Alpha und trat heftig gegen die Türe.

„Leute, mir geht’s hier echt nicht gut.“, sagte ich und versuchte noch einmal die Aufmerksamkeit auf mich zu lenken.

„Zu 'nem Schranklabor vielleicht! Ist auch egal jetzt, ich bleib nicht hier und lass mich erwischen.“, sagte Gamma.

„Na gut, Jungs, wir machen wieder ein paar Fotos und hauen ab!“

Die Handylichter gingen aus. Schritte hallten durch das Zimmer. Dann blitzte es mehrmals aus allen möglichen Ecken des Raumes. Schließlich konnte auch ich, mit meinem freien Arm, mein Handy aus der Tasche ziehen und ein paar Bilder des Raumes schießen. Meine Perspektiven waren verständlicherweise etwas eingeschränkt und ich konnte auch nicht wirklich sehen, was ich da fotografierte, doch auf einer Mission wie dieser, ist die Beweissicherung das A und O. Ohne Beweise wären wir nur ein weiterer Haufen Verschwörungsfreaks, die sich unbedingt wichtig machen wollen. Einfach ein paar abstruse Theorien in den Raum zu werfen, selbst wenn sie plausibel klangen, würde uns nicht reichen. Wir waren fest entschlossen nicht mit leeren Händen zurück zu kehren. Wir wollten etwas finden und wir hatten etwas gefunden. Gefunden wurde ich von meinen zwei Mitstreiter dann schließlich auch noch. Alpha packte am Regal an, während Gamma die ganze Aktion ausreichend beleuchtete. Ich spürte wie der Druck auf meinen Körper nachließ. Alpha keuchte heftig, als er das schwere Metallgestell heben wollte. Plötzlich stoppte er und ließ das Regal, ohne Vorwarnung, wieder fallen. Nun blieb mir die Luft weg, als mich das schwere Ding zum zweiten Mal erschlug. Mein Kopf drehte sich. Glücklicherweise lag ich schon am Boden, sodass ich bei dieser Ohnmacht zumindest nicht mehr umkippen konnte. Das letzte, was ich hörte, waren schnelle Schritte die sich um mich herum bewegten. Dann wurde das dunkle Zimmer noch dunkler.


16:14 Uhr


Ein blasses, blutendes Gesicht. Das war das erste was ich sah, als ich langsam meine Augen wieder öffnete. Das Gesicht, in dem Lichtkegel vor mir, hatte den Mund weit aufgerissen und die Augen geschlossen. Es war niemand den ich kannte, doch in dem Zustand, in dem ich an diesem Zeitpunkt war, hätte ich mich auch gut täuschen können. Ich versuchte meinen Kopf wegzudrehen, was mir mit ein wenig Mühe auch gelang. Über mir Kniete das restliche Team, das ich an den beiden Lampen erkannte, mit denen sie mich und das seltsame Gesicht beleuchteten.

„Hey, alles wieder klar?“, fragte mich Alpha.

Ich nickte langsam und versuchte die Augen offen zu halten, was gar nicht so einfach war, da ich von Gammas Funzel permanent bestrahlt wurde.

„Was? Was ist passiert?“, fragte ich und merkte beim schmerzhaften Luftholen, dass meine beiden Kollegen es noch immer nicht für nötig erachtet hatten, mich von dem verdammten Regal zu befreien, unter dem ich schon einen gefühlten Tag zu liegen schien.

„Ganz ruhig. Wir haben die Situation im Griff.“, sagte Alpha.

„Das würde ich nicht unbedingt behaupten.“, entgegnete Gamma sofort.

Ich war noch immer verwirrt. Was war passiert? Wer war dieser Kerl, der da neben mir lag? Warum blutete er über das ganze Gesicht? Und warum, verdammt nochmal, lag dieses beschissene Regal noch immer auf mir? - Um allumfassende Antworten auf meine Fragen zu erhalten, verlieh ich meiner Verwirrung mit einem energischen „Hä?“ Ausdruck. Alpha richtete seine Lampe auf den Körper neben mir.

„Wir hatten ein kleines Problem. Sieh dir den Typ da an! Das ist der, den Gamma vor der Fabrik gesehen hat. Er hätte uns hier unten fast erwischt, doch ich war schneller. Als du unter dem Regal geschlafen hast, ist dieser Typ ins Zimmer gekommen und wollte uns wahrscheinlich killen. Glücklicherweise hat er zuerst dich entdeckt und war abgelenkt. In der Zeit konnte ich ihn von hinten ausschalten.“

„Du Depp hast ihm gleich mal einen Steinbrocken über den Schädel gezogen! Wir können von Glück reden, wenn er nicht tot ist.“, schnaubte Gamma zornig.

„Hey, der hätte uns sicher keine solche Chance mehr gelassen. Der hätte alles getan, um den Ort hier geheim zu halten. Also hätte er uns hier nie lebend gehen lassen. Wir sind ihnen zu nahe gekommen.“

Ich war noch etwas verwirrt und die Schmerzen machten es mir schwer zu denken, doch ich glaubte, dass Alpha wohl Recht hatte. Es machte Sinn. Warum sollte sich irgendein Mensch in so einem alten Fabrikgebäude aufhalten? Warum schleicht sich jemand durch all diese dunklen und verfallenen Etagen? Die Antwort darauf ist einfach. Es gibt keinen plausiblen Grund, warum jemand so etwas tun sollte, außer dieser Ort war tatsächlich mehr, als das was er zu sein vorgab. Doch hatte es nun tatsächlich etwas mit den Nazis zu tun? Ich war verunsichert. Alpha stand auf, stieg über das Regal, das unnötigerweise noch immer meinen Brustkorb zusammendrückte, und beugte sich über den unbekannten Angreifer. Er war offensichtlich bewußtlos und nicht, wie von Gamma befürchtet, tot. Sein Gesicht lang nicht mal einen Meter von mir entfernt, sodass ich seine schwachen Atemgeräusche gut hören konnte. Einerseits war ich erleichtert, doch gleichzeitig kam auch die Angst in mir hoch, dass er plötzlich die Augen öffnen und uns auf der Stelle töten könnte. Alpha betrachtete den Bewußtlosen sorgfältig. Er fing an den Füßen an. Die Turnschuhe, deren Marke hier aus werberechtlichen Gründen nicht genannt werden soll, waren wenig auffällig. Nicht unbedingt das, was man von dem Wachposten eines geheimen Nazilabors erwarten würde. Andererseits war mir auch klar, dass sie es uns kaum so einfach machen würden und mit Bomberjacke und Springerstiefeln vor ihrem Versteck patrouillieren würden. Wir mussten uns mehr auf die weniger offensichtlichen Hinweise verlassen. Was für ein Mensch trägt solche Turnschuhe? Was für einen Nutzen haben sie für den Träger? Nun, in erster Linie waren solche Schuhe bequem und ließen den Träger längere Strecken zurücklegen, ohne dass seine Füße in Trauben aus Blasen verwandelt würden. Es musste sich also um einen sportlichen Menschen handeln, der vielleicht gerade von einer Runde Sport kam, oder auf dem Weg zu einer sportlichen Betätigung war. Möglicherweise brauchte er die Schuhe auch für die Arbeit. Da es jedoch Sonntag war, könnten wir diese Möglichkeit zunächst vernachlässigen. Bei der Hose des Mannes handelte es sich um eine verwaschene Jeans. Der Zahn der Zeit hatte an ihr ganze Arbeit geleistet, was auch an den zerfransten Enden der Hosenbeine zu sehen war. Vermutlich war sie einmal tiefblau gewesen, doch jetzt war es mehr ein bläuliches Grau. Alpha traute sich noch näher heran und ließ seine Hand in die Hosentasche des, glücklicherweise noch, Bewußtlosen gleiten. Nachdem er einen Schlüsselbund aus der Tasche herausgezogen hatte, nahm er sich auch die zweite Hosentasche vor. Seine Gesäßtaschen zu durchwühlen wagten wir nicht, da wir ihn dafür hätten umdrehen müssen und die Gefahr zu groß war, dass er dadurch aufwachen könnte. Alpha fischte auch aus dieser Tasche etwas heraus. Es war ein kleines Döschen, auf das ein Aufdruck geklebt war. Am Oberkörper trug er ein kariertes Baumwollhemd in blauer Farbe. Ein paar Flecken waren darauf zu sehen, die wohl von dem Blut aus der Platzwunde stammten, die seine Stirn verunstaltete. Sein Gesicht war schwer zu erkennen, unter dem Blut und dem entsetzen Ausdruck, der ihm eingebrannt war. Der Mann hatte einen kleinen Spitzbart, war aber ansonsten glatt rasiert. Nicht nur sein Gesicht, sondern der ganze Kopf. Diese Erkenntnis versetzte mich in einen kurzen Schock. Wir hatten schließlich schon eine mögliche Gruppierung der Arischen Bruderschaft auf unserem Weg hierher gesehen, allesamt glatzköpfig. War uns etwa einer von ihnen gefolgt? Noch wollte ich es nicht glauben. Konnte es sein, dass wir mit allem richtig lagen?

„Hey, guck mal ob die passen!“, rief Alpha und warf den Schlüsselbund zu Gamma.

„In deinen Arsch, oder was? Ich hab sowas von keinen Bock mehr auf den Mist!“, entgegnete Gamma, als er den Schlüssel gefangen hatte.

Alpha zeigte auf die geheimnisvolle, verschlossene Türe. Gamma schüttelte bockig den Kopf, schmollte einen Moment und ging dann schließlich zur Türe und probierte die Schlüssel durch. Währenddessen nahm Alpha das kleine Döschen zwischen die Finger und versuchte im Licht seines Handydisplays das Etikett zu lesen.

„Hmm, Zytostatika. Das ist wohl irgendein Medikament. Hast du davon schon mal gehört?“, fragte mich Alpha, ohne dabei die Augen von der Dose lassen.

Ich schüttelte den Kopf.

„Meinst du, die haben das hier hier hergestellt?“, fragte ich.

„Entweder das, oder für irgendwelche Experimente genutzt. Vielleicht züchten die hier ein neues Virus oder was ähnliches.“

Alpha steckte das Döschen in seine Tasche. Mittlerweile hatte Gamma es aufgegeben, nachdem er alle Schlüssel mehrmals an dem Schloss ausprobiert hatte. Doch selbst dieser Umstand konnte nicht mehr an der Wahrheit rütteln. Hier ging mehr vor, als es den Anschein haben sollte. Es passte nun alles zusammen. Die geheimnisvolle Türe, die sich offensichtlich nur mit einem speziellen Mechanismus öffnen lies. Der Nazi der uns gefolgt war, um sicher zu gehen, dass ihr Versteck geheim bliebe und natürlich die mysteriösen Medikamente, ebenso die seltsamen Geräte, die Gamma gesehen hatte. Wenn man es einmal erkannt hatte, war es so offensichtlich und klar, dass man sich kaum noch vorstellen konnte, jemals daran gezweifelt zu haben. Gerade wollte ich den anderen von meinen Schlussfolgerungen berichten, da unterbrach mich Gamma frühzeitig.

„Können wir jetzt gehen?“, fragte er und tat etwas, im Nachhinein betrachtet, enorm dummes.

Genervt wollte er den Schlüsselbund direkt vor Alphas Füße werfen. Die Schlüssel segelten in einer schönen Parabelbahn durch die staubige Luft, doch sie knallten etwas zu früh auf den Boden, nämlich direkt vor der Nase des, nur noch für kurze Zeit, bewußtlosen Mannes. Es klirrte und schellte, als der Schlüssel zwischen unseren beiden Gesichtern aufschlug. Der Lärm hallte durch den ganzen Raum und vermutlich auch bis in die oberen Etagen. Für etwa zwei Sekunden herrschte dann komplette Stille, bevor ein Stöhnen uns zusammenzucken ließ. Ich drehte meinen Kopf zur Seite und blickte an dem Schlüsselbund vorbei, direkt in die dunkle Pupille des blutenden Mannes, dessen Augenlider sich zuckend öffneten und wieder schlossen.

„Fuck! Weg hier!“, rief Gamma, löste sich aus seiner Starre und sprang in Richtung Ausgang.

Alpha starrte den allmählich erwachenden Körper an, während er sich langsam rückwärts zur Tür bewegte. Auch ich hatte mich schließlich von dem Schock erholt. Wir mussten schnell von diesem Ort verschwinden, das war mir klar. Oder wir würden diesen Ort vielleicht nie wieder verlassen. Doch von vernünftigen Argumenten ließ sich das verdammt schwere Eisenregal, das mich schon so verdammt lange zerquetschte, verdammt nochmal, nicht bewegen!

15.10.20XX – BASE


19:11 Uhr

Es tat gut wieder in der BASE zu sein. Seit letzter Woche war es zwar deutlich kälter geworden, doch wir hatten an warme Decken gedacht und sogar einen Weg gefunden Chilicheese-Pizza zu organisieren. Mein Plan, den Lieferanten an einen versteckten Übergabeort zu leiten, der sowohl leicht zu erreichen sein würde und vor Luftüberwachung geschützt sein sollte, wurde fallengelassen, als Gamma sich dazu entschloss die Pizzen einfach abzuholen. Die Chilicheese-Pizzen waren saftig und scharf. Dieses Mal hatten wir uns, dank der Ersparnis des Lieferaufpreises, den Luxus gegönnt, sie mit einem dicken Käserand bestücken zu lassen. Ein Traum aus scharfem Fett. Eine lange Nacht der Datenauswertung würde uns bevorstehen, also mussten wir gut versorgt sein. Wir wollten sämtliche Bilder, die wir bei der Expedition geschossen hatten, analysieren und, falls es sein musste, Pixel für Pixel auf Beweise untersuchen. Das würde Gammas und meine Aufgabe sein, während Alpha Nachforschungen zu den Hinweisen, die wir vor Ort gefunden hatten, anstellen sollte. Im Laufe dieses Falles hatte sich unser Teamwork merklich verbessert. Jeder spachtelte genüßlich sein Festessen und legte dann mit seiner Aufgabe los. Die fettigen Finger flogen nur so über die Tastaturen. Sobald jemand etwas entdeckt hatte, teilte er es den anderen mit und es wurde diskutiert, ob es sich um einen wichtigen Hinweis handelte, oder verworfen werden konnte. Obwohl es sich nur um eine zweitägige Expedition handelte, war es schwer sich an alle Einzelheiten zu erinnern. Wir wollten nichts auslassen und versuchten die Ereignisse chronologisch aufzuarbeiten. Meine kontinuierlich verfassten Berichte waren dabei eine große Hilfe und dienten uns zur Orientierung. Es ging langsam voran, doch immerhin ging es voran. Diese Arbeit würde vermutlich die ganze Nacht in Anspruch nehmen. Meine Rippen schmerzten noch immer, wenn ich mich zu weit nach vorne, in Richtung des Bildschirms, beugte. Meine lieben Kollegen hatten mich äußerst unsanft unter dem Metallregal hervorgezogen. Auf der Rückfahrt konnte ich kaum aufrecht sitzen. Die letzte Woche auf der Arbeit war dadurch auch die Hölle gewesen und nun sollte ich noch eine Ewigkeit auf diesem mittelalterlichen Modell eines Bürostuhles investigative Arbeit leisten. Ich schätze, für die Wahrheit müssen eben manchmal Opfer gebracht werden. Vermutlich halfen uns solche Opfer, nicht zu vergessen, dass das hier kein Spiel war, sondern bitterer Ernst. Ich machte mich an die Arbeit.

16.10.20XX – BASE


04:26 Uhr

Es war vollbracht! Wir hatten uns durch die Beweise gekämpft, mussten Müdigkeit und Rippenschmerzen trotzen, doch letzten Endes hatten wir es geschafft. Das Ergebnis unserer Arbeit lag nun zwischen Pizzakartons und eingetrockneten Kaffeetassen gestapelt, auf Alphas Schreibtisch. Um laut zu jubeln fehlte uns die Kraft, doch innerlich wussten wir alle, dass wir in dieser Nacht etwas unglaubliches fertig gebracht hatten. Außer Gamma vielleicht, der schon schlafend unter seinem Tisch lag. Doch ihm war es zu verdanken, dass wir überhaupt so lange durchhalten konnten. Ihm und der Kaffeemaschine seiner Mutter. Leider war uns drei Stunden vor Abschluss das Wasser ausgegangen und da wir der Sauberkeit der nahe gelegenen Anglerteiche nicht trauten, mussten wir beim Endspurt die Zähne zusammenbeißen und hart kämpfen, um nicht mit dem Kopf auf die Tastatur zu knallen. Eigentlich waren wir schon um kurz nach drei fertig gewesen, doch wir mussten noch sämtliche Dokumente in mehrfacher Ausführung drucken, was sich, bei unserem alten Tintenstrahldrucker, als echte Herausforderung darstellte. Nach gefühlten 20 Tintenkopfreinigungen war das Druckergebnis endlich annehmbar und die Massenproduktion konnte beginnen. Danach sortierten wir die Unterlagen und fügten jedem Stapel ein eigenes Anschreiben hinzu. Wir wollten die Ergebnisse unserer Arbeit an so viele Nachrichtenstadtionen und Zeitungsverlage wie möglich schicken, um einer möglichen Vertuschung vorzubeugen. Da wir nur einen Zehnerpack Mappen gekauft hatten, mussten wir zuerst noch eine Auswahl geeigneter Kandidaten erstellen. Nicht jede Nachrichtenagentur würde diese Enthüllungen wohlwollend aufnehmen, da waren wir uns sicher. Wir selbst wollten dabei sowieso Anonym bleiben, um unsere Sicherheit nicht zu gefährden. Wir gaben jedoch eine Kontakt E-Mail Adresse an, falls wir für unsere Arbeit einen Preis erhalten sollten, oder natürlich zu einem Interview eingeladen würden. Die dicken Mappen lagen auf der Tischplatte und waren bereit, abgeschickt zu werden. Sobald das Postamt an diesem Morgen öffnete, würden wir sie abschicken und damit unwiderruflich den Stein ins Rollen bringen. Mir wurde bewusst, dass es ab diesem Moment kein Zurück mehr geben würde. Es würde unser aller Leben auf den Kopf stellen. Ich hatte mich schon öfter gefragt, ob wir dazu wirklich bereit waren. Auch in diesem Moment, als ich die fertigen Mappen auf dem Tisch liegen sah, zweifelte ich. War es das wirklich wert? Ich nahm mir die oberste Mappe vom Stapel, zog langsam die zusammengehefteten Seiten heraus und ging unseren Bericht noch einmal durch.

Die Beweisführung war gut und wir hatten uns alle Mühe gegeben, völlig ohne Spekulationen, die Fakten objektiv darzulegen. Denn das ist es, was einen guten Journalisten ausmacht. Wir hatten die einzelnen Thesen aufgelistet, einzeln erklärt und entsprechende Beweise geliefert, wenn wir denn welche dafür hatten. Dass diese Anlagen im Wald und in der Fabrik mehr waren, als sie vorgaben zu sein, war ohnehin klar. Die Frage war nur: Was ging dort tatsächlich vor? Dass es sich um ein altes Waffenlager handelte, erschien uns unwahrscheinlich. Wenn dort tatsächlich Waffen gelagert wurden, dann war dies höchstens eine sekundäre Funktion der Anlagen. Viel wahrscheinlicher war es, dass es sich um wissenschaftliche Einrichtungen handelte. Die künstlich gezüchteten Bärlauchfelder, die ich im Wald entdeckt hatte, waren der erste Hinweis. Bärlauch, damals auch Herba Salutaris genannt, wurde schon im Mittelalter als Medizin eingesetzt. Die weisen Männer des dunklen Zeitalters wussten besser um die Kräfte dieser Pflanze Bescheid, als unsere arroganten Schulmediziner. Entweder war die versteckte Anlage im Thüringer Wald dazu da, das Geheimnis dieser Pflanze zu erforschen, oder, was noch beängstigender wäre, sie wussten es schon und wollten sie für sich nutzbar machen. Für letzteres sprach, dass sie bereits große Flächen mit Bärlauch angebaut hatten, die für ihre Experimente abgeerntet werden sollten. Das Steinrohr das wir in der Nähe der Anlage gefunden hatten, war ein weiterer Beweis für unsere These. Die Naziforscher brauchten offensichtlich ein Abwassersystem, über das sie sowohl Wasser bekamen, als auch das benutzte Wasser wieder los wurden. Das allein ergab noch kein komplett schlüssiges Bild. Wir hatten nur eine versteckte Forschungsanlage, die Bärlauch in Massen anbaute und fließendes Wasser brauchte. Ob sie ein Virus züchteten, alternativen Treibstoff, oder ein Serum für die Nazi-Supersoldatenarmee entwickelten, das wussten auch wir nicht mit Sicherheit und würden es alleine auch nicht herausfinden können. Doch wenn der Medienrummel erst einmal losging, dann hatten wir keinen Zweifel, dass es nicht lange dauern würde, bis die geheime Anlage freigelegt werden würde. Und zwar mit Maschinen , die momentan leider unsere eigenen Mittel überstiegen. Doch trotzdem sollte bei einer solchen Bergung Vorsicht geboten sein. Die Granathülse, in der Nähe der Anlage, zeigte uns unmißverständlich, dass es durchaus Sicherheitsmaßnahmen gab, die die Forschungseinrichtungen zu verteidigen wussten. Schon in dem Wald hatten wir das Gefühl gehabt, beobachtet zu werden, weshalb wir in der Nacht kaum ein Auge zu bekamen. Dieses Gefühl wurde zur Gewißheit, als wir in der Fabrik von einem Wachposten überrascht wurden. Im Nachhinein waren wir uns nicht mehr sicher, ob er aus der Gruppe war, die wir auf der Fahrt gesehen hatten, oder ob uns der Nazi bereits vom Wald aus gefolgt war. Glücklicherweise konnten wir ihn lange genug unschädlich machen, um die Flucht ergreifen zu könnten. Andere hatten nicht so viel Glück. In der folgenden Woche fand Alpha, auf der Homepage der örtlichen Zeitung unseres Ausflugsorts, einen schockierenden Artikel. Noch am selben Tag, an dem wir das Fabrikgebäude durchsucht hatten, wurde dort ein Vermessungstechniker der Stadt von einem Unbekannten angegriffen und dabei schwer verletzt. Der Täter wurde noch nicht gefasst. Der arme Techniker muss unserem Verfolger direkt in die Arme gelaufen sein. Wir machten uns Vorwürfe deswegen, weil wir es hätten verhindern können, wenn wir den Nazischergen gefesselt und die Polizei gerufen hätten. Doch wir waren in Panik und zu unerfahren, um mit dieser Situation angemessen umgehen zu können. Außerdem wussten wir nicht, ob wir den örtlichen Behörden trauen konnten. Möglicherweise waren einige, mehr oder weniger hohe, Beamte darin verwickelt. Wir wären machtlos gewesen, gegen diese Verschwörung. Doch das machte es umso wichtiger, diese Beweise zu veröffentlichen und die dunkle Organisation dahinter, mag es nun die Arische Bruderschaft oder sonst etwas sein, endgültig bloß zu stellen und zu zerschlagen. Die geheime Tür in der Fabrik war der Schlüssel. Wir befürchteten jedoch, dass sowohl die Fabrik, als auch die Anlage im Wald mittlerweile unpassierbar, oder gesäubert waren. Dafür würden die Nazis schon sorgen. Daher hofften wir auf ein schnelles Handeln der Behörden, sobald dieser Fall publik gemacht wurde.

Ich schob das Papier zurück in die Mappe und legte sie wieder auf den Stapel. In ein paar Stunden würde das Postamt öffnen, diese zehn Mappen würden verschickt werden und damit die Welt verändern. Es gab keine andere Option. Die Wahrheit, der einzige Grund, warum wir all diese Strapazen auf uns genommen und für die wir unser Leben riskiert hatten, musste ans Licht kommen. Ich sah zu Gamma hinüber. Er lag wie tot auf dem Fußboden. Dann blickte ich auf und sah Alpha, wie er seinen Rechner herunterfuhr und begann, die Mappen in seinen Rucksack zu packen. Dann fand ich noch ein kaltes Stück Chilicheese-Pizza in einem der Kartons. Immerhin besser, als gar kein Frühstück. Es war schon etwas hart geworden, doch ich biss genüsslich davon ab und war einfach nur glücklich.

Unser erster Fall war abgeschlossen.

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Publication Date: 05-04-2016

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