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An Tagen wie diesen, liebte er es, sich auf die Parkbank

zu setzen, das Gesicht der Sonne entgegenzustrecken und ab und zu die vorbeigehenden Leute zu beobachten. Manchmal schloss er auch die Augen und dachte sich Geschichten aus. Wundervolle Geschichten. Geschichten über unbekannte Wesen, die in den fantastischsten Landschaften lebten. Geschichten über freche Kobolde und edle Einhörner. Geschichten über grosse Magier und reiche Könige. Geschichten über die Liebe. Die Liebe, fand er, war das grösste und schönste Wunder, das die Welt zu bieten hatte. Und auch wenn er den süssen Geschmack der Verliebtheit noch nie geschmeckt hatte, auch wenn sein Bauch noch nie vor lauter Schmetterlinge gekribbelt und wenn er das Leben auch noch nie durch eine rosarote Brille

betrachtet hatte, war er davon überzeugt, dass sie ihn eines Tages finden würde: die Liebe. Und dieser einer Tag war heute. Das wusste er natürlich noch nicht. Er sass, wie immer an solch schönen Samstagen im Park, hatte die Augen geschlossen und dachte sich eine Geschichte aus. Es war eine grossartige Geschichte. Sie handelte von einer wunderschönen Elfenprinzessin, die an einem gefährlichen Fieber

erkrankt war. Der Elfenkönig hatte alle Ärzte und Heiler des Königreichs beauftragt eine Medizin zu finden, welche seine Tochter von der Krankheit befreien konnte. Doch keiner der weisen Männer wurde fündig. Bis eines Tages eine grosse Magierin eine Prophezeiung aussprach...

Er packte all seine Sehnsucht, seine Träume und seine Gefühle in seine Geschichte. So, dass er völlig vergass, wer und besonders wo er war. Er war so sehr mit sich und seiner Geschichte beschäftigt, dass er nicht bemerkte, dass sich jemand neben ihn auf die Parkbank

setzte. Es war ein schönes Mädchen. Ihre langen, dunkelbraunen Haare fielen ihr in weichen Locken über die Schulter. Sie trug ein dunkelblaues, enganliegendes Kleid, welches ihre zierliche Figur betonte. Das Mädchen betrachtete ihn eingehend. "Was machst du da?", fragte sie verwundert. Er fuhr erschreckt auf. Das erste was er sah, nachdem er wieder in die Realität zurückgekehrt war, waren ihre sonderbaren Augen. Sie waren so glasklar und funkelnd wie ein Diamant. So etwas Wundervolles hatte er noch nie gesehen. Er war so verzaubert von ihrem Anblick, dass er kein Wort heraus brachte. Das Mädchen versuchte es erneut: "Ich habe dich gefragt, was du machst? Du hast beinahe so ausgesehen, als ob du gleich bewusstlos von der Parkbank kippen würdest." Er versuchte, sich zusammen zu reissen. "Ich...ehm... ich habe mir eine Geschichte ausgedacht", stotterte er. "Eine Geschichte?" Ihre Augen blitzen begeistert auf. "Was für eine Geschichte, wenn ich fragen darf?" "Ach, nichts besonderes", stammelte er. "Ich mag Geschichten", fuhr sie fort. "Und ich weiss dass jede Geschichte etwas Besonderes ist. Vor allem, wenn sie einen so in den Bann zieht, wie deine Geschichte dich vorhin in den Bann gezogen hat." Sie lächelte. "Meinst du, ich kann sie hören?" Verwundert blickte er sie an. Noch nie hatte ihn jemand gebeten, eine von seinen Geschichten zu erzählen. Schon gar nicht so ein anmutiges Mädchen, wie sie es war. Aber weil sie ihn so wunderbar anlächelte und weil sie seine Geschichte anscheinend wirklich und ehrlich hören wollte, vergass er all seine Unsicherheit und begann zu erzählen. "Es war ein mal..."


Es war bereits dunkel und sie lauschte noch immer gespannt seinen Worten. Er fand, dass ihre Augen im Mondschein

sogar noch ein wenig mehr funkelten und er musste ab und zu nach Worten ringen, weil ihre Schönheit ihn so aus der Fassung brachte. "Und nur ein Kuss

der wahren Liebe...", seine Augen wanderten auf ihre vollen Lippen "...nur ein Kuss

der wahren Liebe konnte die Elfenprinzessin erlösen." "Ein Kuss

der wahren Liebe?", fragte sie nach? Sie blickte fest in seine Augen. Er nickte stumm. Eine Welle des Verlangens spülte seine Schüchternheit und all seine Ängste einfach weg und er legte seine Hand vorsichtig an ihre weiche Wange. Sie schloss lächelnd die Augen. Und dann berührten ihre Lippen die seinen. Die vorsichtige Berührung vergrösserte sein Verlangen noch mehr und sie gaben sich ihren Gefühlen hin; sie waren im Einklang miteinander; es gab nur noch sie beide und die wundervolle Berührung ihrer Lippen. Dann, nach einer Weile, lösten sie sich von einander. Und als er in ihre Augen blickte, als ihre Hand die seine suchte und sie ihn liebevoll anlächelte, wusste er endlich, wie sich Liebe anfühlte.



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Publication Date: 07-13-2012

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