Der Anfang vom Ende
Die Empfangshalle ist überschaubar. Wenn man Londons Flughafen mit einem Fußballstadion gleichsetzt, so wäre das hier gerade einmal der Bolzplatz der Juniorenmannschaft eines Einhundertseelendörfchens.
„Wir müssen hier lang!“
Hastig laufen sie zur Kofferausgabe. Genervt nimmt Saphira ihren hellblauen Koffer, in dem sich nur das nötigste befindet, da das gesamte Hab und Gut der Familie in einem großen Container auf dem Seeweg von England nach Amerika ist. Endlich an der frischen Luft angekommen, steht auch schon ein Taxi bereit. Mit amerikanischem Akzent fragt der Fahrer Saphiras Dad, wo die Reise hin gehen soll. Dieser kramt darauf hin in seiner Hosentasche und holt ein sorgfältig gefaltetes Papier hervor, auf welchem er mit geschwungener Schrift eine Adresse notiert hatte. Der Fahrer meint nur, dass das Ganze ziemlich teuer werden wird und gibt Gas.
Sie schaut aus dem Fenster und sieht nichts außer Wald. Überall stehen große Fichten. Saphira stöhnt, als sie ein Schild liest: „Willkommen in Detroit!“
Wie um Himmels Willen soll man sich hier denn willkommen fühlen. Viel weiß sie noch nicht über ihre neue Heimat. Sie werden in einem kleinen Haus am Waldrand wohnen und Saphira wird eine winzige High School, irgendwo in der Nähe, besuchen. Die Stadt ist öde. Ein Mann mit Cowboyhut, eine alte Dame mit Pelzmütze und zwei kleine Kinder laufen am Straßenrand. Vor ihnen ist nichts als Wald und das Taxi steuert geradewegs auf ihn zu. Saphira wird bei jedem Meter, den sie dem Wald näher kommen, mulmiger zumute. Am liebsten würde sie aussteigen. Mitten im Wald hält das Taxi und der Fahrer kassiert eine beträchtliche Summe. Kaum sind sie ausgestiegen, verschwindet das Taxi langsam in Richtung Zivilisation. Es riecht so stark nach Tannennadeln und frischer Erde, dass sie angewidert ihre Nase rümpft. Warum um alles in der Welt sind alle hier so fröhlich? Das „Haus“, wenn man es so nennen kann, steht am Ende einer kleinen und unbefestigten Straße. ´Wenn wir da angekommen sind, kann ich meine Schuhe wegschmeißen! ´, war ihr erster Gedanke. Mit riesigen Matschklumpen an den Schuhen, stehen die drei vor der Haustür und ihr Vater versucht verzweifelt den Schlüssel im Schloss zu drehen. Nach drei ganzen Minuten macht es „klick“ und die Tür öffnet sich mit einem lauten knarrenden Geräusch.
Es ist unwesentlich größer, als die Wohnung in London, nur älter.
„Das ist dein Zimmer!“
„Du liebe Güte!“
Sie betritt einen winzigen Raum. Eher eine Kammer, als ein Zimmer. Durch ein kleines Fenster scheint Licht auf den dunklen Boden. In einer Ecke steht ein altes Bett, in der anderen ein massiver Holztisch. Auf ihm ein uralter Computer.
„Er funktioniert noch einwandfrei.“, wirft ihr Dad schnell ein, als er ihren entgeisterten Blick sieht.
„Das glaub ich erst, wenn ich es sehe!“
Genervt verlässt er den Raum, ohne die Tür zu schließen. Mit offenem Mund sieht sie sich um. Ein dicker Klos sitzt ihr im Hals, als sie daran denkt, dass dies hier jetzt ihr neues Zuhause ist. Sie öffnet ihren Koffer und kramt ein Fotoalbum hervor, welches ihr Lea zum Abschied geschenkt hatte. Tränen fallen auf jede Seite des bunt verzierten Buches. Stunden lang sitzt sie da, bis sich die Nacht erneut über den Tag legt.
Publication Date: 05-01-2010
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Dedication:
Dieses Buch widme ich meiner Mama, weil ich sie verdammt lieb hab! :-*