Cover

,, Alice ´anna Kayla Lin C´ristin Gavin Kennet´ Sina´ Kinslow! Wir spielen das ´o´e c und nischt das tiefe f! Sie sind nischt bei der Sac´e!”, schimpfte meine französische Geigenlehrerin. Eingentlich heiße ich Alice Hanna Kayla Lin Christin Gavin Kenneth Sinah Kinslow. Mein so langer Name hat alles mit der Bedeutung der einzelnen Namen zu tun. Alice bedeutet ,,von edlem Wesen”, Hanna bedeutet ,,Sängerin”, Kayla bedeutet ,,rein”, Lin bedeutet ,,Sonnengöttin”, Christin bedeutet ,,die Gesalbte”, Gavin bedeutet ,, anmutig von Geburt an”, Kenneth bedeutet ,, die Hübsche” und Sinah bedeutet ,, Sieg und Jugend. Ich finde das ist alles viel zu übertrieben! Heutzutage gibt man seinen Kindern so lange Namen, in der Hoffnung, dass die Bedeutungen wahr werden, aber das ist doch alles Schwachsinn! Ich vergesse manchmal sogar einen meiner Namen! Wenn ich mal ein Kind haben sollte, wird es einen Namen bekommen und fertig.
Tja, da saß ich nun, mit einem ellenlangen Namen und einer Geige in der Hand und spielte irgendwelche achso tollen Lieder. Ich hoffte, der Unterricht würde bald vorbei sein! Ich saß jetzt seit 3 Stunden hier und spielte Geige. Ich hatte Mutter mal gefragt, ob der Geigenunterricht nicht etwas kürzer, oder vielleicht sogar gestrichen, werden könnte. Doch nein, die Antwort meiner Mutter war:,, sei froh, dass du überhaupt Unterricht bekommst! Viele Kinder sitzen auf der Straße und bleiben dumm! Schätz dich doch wenigstens einmal glücklich! Ist das denn zu viel verlangt?!”
Endlich sagte Madame Lecler:,, Ach Lady Kinslow, sie ´ören ja gar nischt zu! Wir ´ören für ´eure mit dem Unterrischt auf! Machen sie sisch für das Abendmahl fertig!”
,, Ach Madame Lecler, mir geht es heute Abend nicht so gut! Ich werde heute nicht erscheinen. Würden sie mich bitte entschuldigen? Danke, Madame, Gute Nacht!”, Ich machte einen Knicks und verschwand. Ich ging hinauf in meine Gemächer und ließ mich aufs Bett fallen. Wie versprochen hatte Edmund mir mein Essen aufs Bett gestellt. Ich richtete mich schnell auf und verschlang es. Ich war froh, jetzt nicht bei Mutter unten sitzen zu müssen und auf ihr immer gleichen Fragen antworten zu müssen. Dazu müsste ich mir ein neues, viel zu enges Kleid anziehen und dann auch noch ordentlich Essen. Voll ätzend!
Wie fand Vater das wohl alles? Er hatte seine Freiheit für Mutter aufgegeben und war Fürst gewesen, doch er ist dann im Krieg gestorben. Ich nahm das Medallion ab und klappte es auf. Es zeigte ein Bild von ihm. Ich legte das Medallion nicht, wie gewohnt, wenn ich rausgehe, auf meinen Nachttisch, sondern hängte es um.
Schnell zog ich mir die alten Sachen meines Vaters an, ließ mein blondes, gelocktes Haar unter seiner Mütze verschwinden und kletterte aus dem Fenster. Endlich war ich aus diesem blöden Kleid heraus! Als ich fast unten war, streifte ein Ast meine rechte Schulter und ein brennender Schmerz durchzuckte mich. An dieser Stelle hatte mich mal ein Fuchs, den ich aus einer Falle gerettet hatte gebissen. Ein paar Tage später hatten sich die Bissspuren zusammengezogen und bildeten nun eine Rose. Ich hatte keine Ahnung, wie so etwas ein kann und hatte niemandem davon etwas erzählt. Es war etwas schwierig, das ganze geheim zu halten, da ich viele schulterfreie Kleider hatte, aber ich hatte es geschafft.
Ich stieg auf mein Pferd, das mir der gute Edmund auch bereitgestellt hatte und ritt in die Stadt London. Ich gab mein Pferd in einem Stall ab und erkundete die Stadt. Plötzlich sah ich Madame Lecler und verschwand schnell in der nächsten Gasse. Schritt für Schritt ging ich weiter nach hinten, als ich plötzlich gegen etwas stieß.
Ich sprang herum und blickte einen verdreckten Jungen an. ,, Was machst denn du hier?!”, fuhr er mich an. ,, Das Gleiche könnte ich dich auch fragen!”, gab ich bissig zurück. Da fing er an zu lachen. Sein Lachen schallte von den Wänden wieder und Ratten krochen schnell in ihre Löcher. ,, Habt ihr das gehört Jungs?”, fragte der Junge immer noch lachend, ,, Die Kleine erkennt uns nicht.” Hatte er gerade ,,die Kleine” gesagt? Sah ich so wenig wie ein Junge aus? Doch das war jetzt mein kleinstes Problem! Aus allen Ecken kamen plötzlich irgendwelche Jungs auf den Jungen zu. Insgesamt waren es 7. Sie hielten alle mindestens ein Messer in der Hand. Der Eine hatte sogar sieben. Der Junge in den ich herein gerannt warf sein Messer lässig hoch und fing es wieder auf, während er mich spöttisch betrachtete. ,, Hast du schon mal was von den schwarzen Schlangen gehört?”, fragte er.
,, Die Räuberbande, die London ausgeraubt hat? Na klar!”
,, Tja, dann stehn wir gerad vor dir.”
,, Das soll wohl n´ Scherz sein, oder was? Sieben kleine Jungs, die ganz London ausrauben? Wer´s glaubt!”, lachte ich. Der Junge fand das anscheinend gar nicht lustig:,, Vielleicht willst du dich mal mit ihm da unterhalten.”, er zeigte auf den Jungen mit den sieben Messern, der bösartig lächelte, und ich hörte blitzartig mit lachen auf. ,,Keine Angst, ich tue kleinen Mädchen nichts, solange sie mich nicht provozieren. Wer bist du eigentlich?”, sagte der Junge der zuerst geredet hat und wahrscheinlich der Anführer war. ,, Fuchs.”, antwortete ich ohne nachgedacht zu haben. Ich weiß nicht, wie ich darauf gekommen bin, aber jetzt ist mein Name wohl Fuchs. ,, Tja, Fuchs, wir müssen dich leider mitnehmen, denn wir wollen ja nicht, das du unseren Aufenthaltsort ausplauderst!”, sagte er, packte mich am Arm und zog mich in ein dunkles Loch.
Als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah ich, einen kleinen Raum, der nur durch Kerzen erleuchtet wurde. In dem Raum waren ein Tisch mit mehreren Stühlen drum herum, ein Schreibtisch mit mehreren Karten, ein Sofa, einen Herd und einen kleinen Zubereitungstisch daneben und zwei, durch eine Decke, abgetrennte Räume, hinter denen ich das Bad und das Schlafzimmer vermutete. Ein Mädchen kochte gerade etwas über dem Herd, was nicht besonders lecker roch.
Der Anführer, wie ich den Jungen, der als erstes aufgetaucht war, getauft hatte, schubte mich vor das Sofa und sagte zu dem Mädchen:,, Hi Beth, wir sind wieder da.” ,,Schon? Das Abendessen ist auf jeden Fall noch nicht fertig! Da müsst ihr euch wohl noch etwas gedulden Jungs! Wer ist eigentlich eure kleine Freundin, die ihr da mitgebracht habt?”, gab Beth zurück. War es wirklich so leicht zu durchschauen, dass ich kein Junge war?! ,,Ach das,”, sagte der Anführer als er sich auf einem Stuhl nieder ließ, ,, dass ist Fuchs. Wir haben sie beim rumschnüffeln erwischt und wir wollen ja nicht, dass sie uns verrät! Wo ist Jim?” ,, Oh, hi Fuchs!”, sagte Beth freundlich und strahlte mich an, ,, Jim ist hinten.”, sagte sie und zeigte zum rechten ,,Zimmer”. ,,Danke Beth!”, kam es vom Anführer zurück.
Jetzt betrachtete ich alle mal genauer, wozu ich davor keine richtige Zeit gehabt hatte. Beth hatte braunes, schulterlanges Haar und Haselnuss braune Augen. Ihr Gesicht war rundlich und freundlich und sie trug ein rot-braunes Kleid mit vielen geflickten Stellen. Sie war sehr klein, ungefähr einen Kopf kleiner als ich, und ich bin schon nicht sehr groß. Alles in allem war sie hübsch, zwar nicht so gut gepflegt wie ich, aber trotz allem hübsch. Sie war ungefähr in meinem Alter, also 13. Der Anführer hatte dunkelbraunes kurz geschnittenes Haar und eindringlich grüne Augen. Er hatte ein spitzes Gesicht und war sehr muskulös. Er war riesig! Mindestens ein einhalf Köpfe größer als ich. Das war erschreckend! Er sah eigentlich gut aus, aber ich fand ihn zu grob! Er war ein paar Jahre älter als ich, Wie viele, war schwer zu schätzen. Die andere Jungs sahen so ähnlich aus wie er und waren alle größer und älter als ich. Der einigste Unterschied war, das manche größer, manche kleiner waren, manche hatten blonde, manche braune und der nächste rote Haare und manche hatten grüne Augen oder blaue, der andere hatte graue und der nächste braune. Also nicht sehr besonders!
Plötzlich öffnete sich der rechte Vorhang und ein Junge in meinem Alter kam herausspaziert. Er hatte blonde, kinnlange Haare und Augen wie dunkle Schokolade. Er war vielleicht eine halbe Elle größer als ich und lächelte ein lächeln, dass das Eis zum schmelzen bringt. Das musste Jim sein, von denen Beth und der Anführer gesprochen hatten. ,, Hi Tom!”, sagte Jim mit einer melodischen Stimme, ,, Na, was habt ihr so bekommen? Ihr wart aber früh zurück! War es so etwas wertvolles, dass ihr euch den Rest schenken konntet?”, fragte er und setzte sich auf den Stuhl neben Tom, also neben den Anführer. ,, Ja, also unsere Beute ist schon riesig!”, sagte Tom und die anderen lachten, ,, Guck! Da liegt sie!”, sagte er und zeigte auf mich. Alle außer Jim und mir lachten. Einer fiel sogar vor lachen vom Stuhl. Jim sagte jedoch nur:,, Haha echt witzig! Wenn ich dabei gewesen wär, hätten wir jetzt was besseres!” Na danke! Ich werde entführt und dann auch noch beleidigt! Ich hätte lieber Zuhause bleiben sollen! Aber auf eine andere Art, ist das hier doch besser, als den ganzen Tag Geigenunterricht zu haben! Soll dieser Idiot sich doch was Besseres besorgen! Ich fand das nicht wirklich witzig, aber die Hälfte der anderen rollte vor Lachen auf dem Boden. ,, Hey Leute, ihr könnt auch mal wieder aufhören! Wer is´n das jetzt?”, fragte Jim genervt. ,, Das ist Fuchs!”, antwortete Tom, während er sich eine Lachträne aus dem Auge wischte. ,, Essen ist fertig!”, rief in diesem Augenblick Beth und alle stürzten zum Tisch und fielen über das Essen her. Ich blieb jedoch einfach auf dem Boden sitzen und genoss den Augenblick, in dem ich nicht im Mittelpunkt stand.Plötzlich bemerkte ich, dass mich Beth mit einem eindringlichem Blick musterte und nicht einmal den Blick abwandte, als ich zu ihr blickt. Wir musterten uns gegenseitig einen Augenblick, der jedoch von einem Jungen unterbrochen wurde, den ich nicht kannte, der noch etwas Essen haben wollte.
Als alle mit essen fertig waren und sich zufrieden und satt zurücklehnten fragte Tom:,, Und Fuchs, woher kommst du?” Erschrocken zuckte ich zusammen, da ich gerade ganz in Gedanken versunken gewesen war. ,,Äh…”, stotterte ich, ,, Was geht dich das an?!” Das war die falsche Antwort! Er nahm seine Füße vom Tisch, stand auf und kam auf mich zu, sodass sein Gesicht nur noch ein paar Zentimeter von meinem entfernt war. ,,Was mich das angeht?”, fragte er bedrohlich, ,, Was mich das angeht?!”, wiederholte er mit einem ironischen Lachen in der Stimme. ,, Oh, ich denke es geht mich eine ganze Menge an, schließlich solltest du dankbar sein, nicht getötet worden zu sein, sondern hier leben zu dürfen! Also stelle ich meine Frage noch mal: Woher kommst du?!” Ich überlegte fieberhaft, was ich jetzt antworten sollte. Ich konnte ja nicht einfach so sagen: na los! Werft euch vor mich auf die Knie, ich bin die Nachfolgerin der Fürstin von Kinslow. Die würden mich direkt nach Hause bringen, schließlich würden sie eine ordentliche Belohnung kassieren. Dann dürfte ich weiter Geigenunterricht bekommen und mein super langweiliges Leben hätte mich wieder. Aber darauf, hatte ich überhaupt keine Lust:,, Ähm ich komme aus Deutschland und bin hier her geflüchtet, um mich vor den Polizisten zu verstecken. Die suchen nämlich schon in ganz Deutschland nach mir, da ich eine…äh…berühmte Diebin bin.”, log ich. Die Jungs schauten sich kurz ungläubisch an und wandten sich dann wieder mir zu. ,, Eine Diebin aus Deutschland?”, fragte der eine aufgeregt. ,, Und was soll dann diese alberne Maskerade? Es sieht doch jeder, dass du ein Mädchen bist!” ,, Naja Maskerade war noch nie mein Ding und außerdem bin ich immer nur Nachts gereist und man hat nur meine Umrisse gesehen, wenn überhaupt.”, spann ich mir zusammen. ,, Das ist clever! Muss ich zugeben. Ich dachte schon, du wärst irgend eine möchte gern Tussi, die nur vorgibt eine Diebin zu sein, aber du denkst zumindest wie einer. Trotz allem sind wir hier in einem Haus und unter ,,Freunden”, da kannst du die Mütze ruhig abnehmen.”, sagte Tom ein bisschen beeindruckt. Oh nein! Hoffentlich werden sie mich nicht erkennen! Trotz meinen Sorgen nahm ich langsam die Mütze meines Vaters ab und meine blonden Haare kamen zum Vorschein. Von manchen kamen begeisterte Pfiffe. Anscheinend hatten sie mich nicht so hübsch eingeschätzt.
Meine Mutter meinte, es wäre leicht, mich mit irgendjemanden zu verkuppeln, es kamen ja auch dauernd irgendwelche dahergelaufenen Fürsten, die um meine Hand anhielten, doch bei allen gab es ein Problem: Mich! Ich möchte keinen Mann haben! Das ist doch Zeitverschwendung! Meine Mutter ist der Ansicht, Frauen sind zum Kinderkriegen da, doch möchte die Welt sehen! Ich war einmal in Schottland und das wars schon. Ich möchte nach Italien und Amerika, Frankreich und Deutschland, nach Russland und vielen mehr. Ich möchte in Paris den Eifelturm sehen und in London Tee mit der Queen trinken, in Venedig Eis essen, in Russland Wodka trinken und in New York die Freiheitsstatue sehen. Das wünsch ich mir und nicht den ganzen lieben, langen Tag im Wohnzimmer sitzen und stricken und allmählich Staub ansetzen.

Imprint

Publication Date: 12-28-2010

All Rights Reserved

Next Page
Page 1 /