Cover

Don Luigis Geheimnis



Don Luigis Geheimnis

 

Entsetzen spiegelt sich in Paolos Augen. Er lag gefesselt und geknebelt auf einem rauen Steintisch.

Er erinnerte sich dumpf an den vergangenen Abend. Don Luigi war sehr freundlich zu ihm gewesen, trotz des Verlustes, denn er, Paolo, zu verantworten hatte. Er bot ihm sogar noch einen Likör an. Dann verschwamm seine Erinnerung. Trotz seiner mißlichen Lage war er erleichtert, Don Luigi hatte ihn nicht umbringen lassen, noch nicht. Vielleicht konnte er sich mit einem Lösegeld befreien.

Paolo versuchte den Kopf zu bewegen. Der Raum sah aus, wie ein Unterschlupf der Schafhirten, die durch die Macchia streiften. Aber es war kein Stall, nicht mit diesem großen, kalten Steintisch. Siedendheiß fiel ihm ein, das konnte nur die Hütte sein, in der die Hirten ihre Schafe schlachteten. Neben dem großen Kessel an der gegenüber liegenden Wand war Feuerholz aufgeschlichtet und die Messer am Wandregal blitzten und blinkten.

Hier würde ihn niemand finden. Er versuchte sich von den Fesseln und vom Knebel zu befreien, aber der, der ihn gefesselt hatte, verstand sein Handwerk. Seine Hände fühlten sich taub an, ebenso seine Füsse. Sie waren eiskalt und wurden nicht mehr richtig durchblutet. Plötzlich hörte er Stimmen, Frauenstimmen. Wie sollte er sich bemerkbar machen? Doch da kamen die Frauen auch schon in die Hütte. Paolo schloß erleichtert die Augen, sie würden ihm helfen. Bald war seine Qual vorbei.

Doch was war das? Die Frauen machten keine Anstalten ihn zu befreien. Paolo traute seinen Augen nicht, sie zogen sich vor seinen Augen aus, nackt, bis auf einen winzigen Slip.

Während die Eine das Feuer unter dem Kessel entfachte, griff die Andere nach einem langen, scharfen Messer und kam auf ihn zu. Zugleich spürte er einen Stich ins Gesäß. Am Rande seines Blickfeldes sah er, wie die eine Frau  die Nadel einer Spritze aus seinem Fleisch herauszog.

 

„Gleich wirst du nichts mehr spüren“, die Rothaarige lächelte ihn an. „Don Luigi braucht mal wieder die spezielle Zutat, die seine Salame so berühmt gemacht haben. Du verstehst?“

 

Ein paar Tage später standen die Menschen wieder Schlange vor Don Luigis Macelleria.  Die Salame,  die Steaks und die diversen Bratenstücke sahen aber auch wirklich frisch und lecker aus.

Im Hexengrund

 

Endlich war Freitag, das Wochenende hatte angefangen, und Paul machte sich gegen Mittag mit seinem Käfer auf den Weg. Er hatte sein Mountainbike auf dem Gepäckträger befestigt und wollte heute noch etwas für seinen Körper tun. Andrea seine Kommilitonin hatte ihm den Tipp gegeben, doch einmal zur Grundmühle zu radeln. Die Sonne brannte vom wolkenlosen Himmel, alle Fenster waren geöffnet und doch schwitzte Paul noch. Seine schwarzen hautengen Radlerhosen kniffen im Bund und das gelbe T-Shirt klebte an seinem Körper und Paul war froh als er die Häuserschluchten, der alten ehrwürdigen Universitätsstadt hinter sich hatte.

 

Die Straße schlängelte sich durch die endlosen Wälder der Umgebung. Die Landschaft wurde langsam hügeliger. Ganz selten mal ein Dorf, eher einsame Höfe, Forsthäuser, Gasthäuser am Straßenrand. Nach zwei, drei Stunden hatte Paul den Abzweig zum Mühlengrund erreicht.

Eine Straße, kaum breiter als sein Käfer wand sich nun langsam die Berge hoch. Dichter, dunkler Nadelwald, wenige uralte Eichen und andere Laubbäume und keine Häuser mehr, keine Menschen. Nach weiteren zwei Stunden, manchmal im Schritt-Tempo erreichte Paul das alte Forsthaus, die ehemalige Zollstation. Hier musste er sich den Schlüssel für die Wegschranke geben lassen. Paul klopfte an die Tür und nach geraumer Zeit hörte er ein Schlurfen. Ein gebeugter Mann mit mürrischem Gesichtsausdruck brummte ihn an, was er wolle, warum er störe. Paul entschuldigte sich und fragte nach dem Schlüssel. Der Alte schlurfte ins Haus zurück und nach Minuten, die Paul endlos lang erschienen, tauchte er wieder auf. Er reichte Paul den Schlüssel und murmelte, lassen sie ihn im Schloss stecken, ich hole ihn nachher wieder.

 

Paul bedankte sich, parkte seinen Käfer am Rande, mühte sich auf sein Bike und bog in den schmalen Waldweg ein, öffnete das Wildgatter und radelte gut zwei Stunden den Weg in endlosen Kurven und Serpentinen mal steil bergan, mal ebenso steil abfallend herunter. Bald rebellierte sein geschundener untrainierter Körper. Paul verfluchte die überschüssigen Pfunde, die er sich auf seinen Hüften angefuttert hatte. Er war schweißnass, seine Schenkel- und Wadenmuskeln fingen an zu stechen und zu brennen, seine nass geschwitzten fleischigen Hinterbacken scheuerten aneinander. Sie schmerzten trotz der guten Polsterung, und ihre untrainierten Muskeln verkrampften unter der ungewohnten Anstrengung. Sein Ziel war das uralte Gasthaus im wildromantischen Mühlengrund, das Andrea ihm erst vorige Woche empfohlen hatte.

 

Endlich verbreiterte sich der Weg zu einer grasbewachsenen Lichtung. Paul war am Rande des Hexenforstes, am so genannten Teufelsloch angelangt. Hier in der Nähe, tief im Wald soll vor vielen Jahren eine Hexe gehaust und Wanderburschen aufgelauert haben, die den dichten, unwegsamen Wald als Abkürzung zur Stadt genutzt hatten. Man munkelte, sie hätte sie alle geschlachtet und verspeist. Bei dem Gedanken wurde ihm unwohl. Der Hexe würde bei seinem Anblick das Wasser im Munde zusammenlaufen.

Aber heute gab es ja wohl keine Hexen mehr. Paul stieg vom Rad und streckte sich.

 

Stöhnend massierte er seinen schmerzenden, vom harten Sattel gefolterten Hintern, dessen durch die Anstrengung total überforderten schlaffen Muskeln zitterten. Paul zupfte die nassgeschwitzte hautenge Hose zurecht und reckte sich wieder. Dann nahm er den Spankorb und sein Messer und schlenderte suchend in den dichten Mischwald. Hier war es angenehm schattig. Ein paar Mal hatte Paul das Gefühl beobachtet zu werden.

Andrea hatte ihn verrückt gemacht. Langsam litt er unter Verfolgungswahn. Mehrfach streiften ihn Zweige und verhakten sich in seiner dünnen Hose. Paul hatte Glück, das

Imprint

Publisher: BookRix GmbH & Co. KG

Text: scrittore
Images: scrittore
Publication Date: 03-31-2013
ISBN: 978-3-7309-1810-4

All Rights Reserved

Next Page
Page 1 /