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Recht auf Flucht

 

 

 

 

 

 

Thema:

Recht auf Flucht

 

 

 

 Wortvorgaben:

Rotzlöffel, Dilemma, deklamieren (nicht benutzt), fragmentarisch, Dreck, versündigen, Schrei, geblümt, Pippi-Langstrumpf-Radlerhose, wankelmütig, Ufer, Depression

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hallo, mein Name ist Schnuffel von Wolli, so wurde ich getauft, ehrlich gesagt, ohne mich vorher zu fragen. Nach bereits sechs Wochen trennte man mich in einem Zoogeschäft von meinen Geschwister und meiner Mutter. Ein junges Mädchen in einem geblümten Kleid und einer geringelten Pippi-Langstrumpf-Radlerhose packte und steckte mich in einen Karton.

 

Meinen stummen Schrei konnte man sicher meilenweit hören.

 

 

Ich schaukelte dermaßen in dieser Kiste hin und her, dabei kam ich mir vor, ich wäre auf hoher See und wünschte ich mir nichts sehnlicher, als das rettende Ufer herbei. Zu meinem unwahrscheinlichen Glück kam ich nicht in irgend so einen Käfig, in dem ich zwar noch etwas bewegen konnte, aber ansonsten nur herumsitzen, sondern man setzte mich in einen Stall im Freien, als ich dort hinaus sah erblickte ich eine grüne Wiese und Bäume.

Neugierig kamen zwei meiner Artgenossen heran. Es war ein Pärchen und sie beschnupperten mich, sofort duckte ich mich und zeigte meine Unterwürfigkeit bei dem Männlichen.  Er hieß Racker.

 

Zum Glück verstanden wir uns alle sehr schnell prächtig und lebten glücklich.

Eines Tages wurde ich kurzerhand hochgehoben und wieder in so einem Kasten gesetzt und die elendige Schaukelei war  diesmal nicht so schlimm, denn Racker der ältere Herr begleitete mich.

 

Doch da begann mein Dilemma.

Man piekte mich einfach und ich schlief anschließend ein. Als ich wieder erwachte und feststellte, dass diese Rotzlöffel mich um meine Männlichkeit gebracht hatten, wäre ich fast in eine Depression gefallen.

Racker hat mich getröstet und mir dabei sanft meine Ohren gereinigt. Das Weibchen hatte man von uns getrennt und kam auch nur noch ab und zu auf Besuch.

 

Der Stall in dem ich nun lebte, stand auf dem Grundstück unseres Herrchens, besser gesagt Frauchen, eine riesige Fläche mit einer Wiese, Sträucher und einem kleinen Wäldchen.

Das Frauchen, ein sogenannter Mensch, ist eigentlich sehr lieb zu uns und bringt uns Futter, etwas zum Trinken und entfernt den Dreck aus unserem Heim.

 

Eines Tages machte ich von meinem Recht auf Flucht gebrauch.

Ein riesiger Raubvogel wurde durch die Hühner von nebenan angekündigt, ich sprang auf und versuchte mit wenigen Sprüngen  unserem  Stall zu erreichen. Doch ich hatte einen Kirschbaum übersehen, gegen den ich mit voller Wucht prallte. Ich schaffte noch einen Meter und fiel einfach um.

Sofort kam mein Frauchen angelaufen und ich wurde zu einem Arzt gebracht. Als Folge durfte ich acht Wochen lang nur noch auf engsten Raum mein Leben verbringen, damit sich die Bänder, welche ich mir bei meinen riesigen Sprüngen überdehnte, sich zurückzogen.

Seitdem bin ich sehr wankelmütig bei meinen Ausflügen außerhalb des Stalls.

 

Den Winter verbrachten Racker und ich in einer Garage. Diese Garage wurde ab sofort mein Heim, nichts konnte mich bewegen, diese jemals wieder alleine zu verlassen.

Im Sommer kam unser Paulinchen zu uns und wir verlebten eine glückliche Zeit zu dritt. Eines Tages bekamen Racker und ich uns so sehr in die Wolle, dass wir getrennt wurden, nur Paulinchen blieb irgendwie das Bindeglied zwischen uns. 

 Irgendwann wurde Racker krank, kam in diese Kiste und als er zurückkam, lag er in einem Schuhkarton. Ich habe mich darauf gesetzt und fragte mich, warum die Menschen sich versündigen.

 

Danach lebte ich mit Paulinchen in meiner Garage. Täglich machte sie allein Ausflüge in den Garten, kam aber immer zurück und versuchte mich zu ermuntern, mit ihr nach draußen zu kommen. Manchmal schaffte sie es und wir futterten gemeinsam diverse Kräuter.

Irgendwann wurde sie sehr krank, auch sie wurde beim Arzt behandelt, leider hatte sie die Nacht nicht überlebt. Ich hielt neben ihr Wache, bis das Frauchen am Morgen kam. Mein Frauchen nahm mich einfach aus dem Stall und setzte mich auf den Fußboden.

Auch Paulinchen legte sie in einen Karton, genau wie bei Racker verabschiedete ich mich.

 

Seit dieser Zeit lebe ich in meiner Garage mit dem zweistöckigen Stall. Sehr selten verlasse ich meine Garage, in der ich ja tagsüber  frei herum hoppeln darf.Mein Frauchen brachte mir zwar ein neues Weibchen, aber sie wollte nicht mit mir leben.

 

Fragmentarisch erzählte ich euch meine bisherige Lebensgeschichte und mein Frauchen gibt mir jederzeit das Recht auf Flucht, ansonsten bekomme ich immer Attacken, die in elliptische Anfälle ausarten und verfalle dabei in Atemnot.

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Text: Schnief
Images: Schnief
Publication Date: 10-16-2014

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