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Da trafich ihn

„Hey, wie stets?“, fragte mich Renee, als sie auf meinen Wagen zukam.

„Gut, und selbst. Wie ist das Vorstellungsgespräch gestern gewesen, alles gut gelaufen?“, fragte ich sie neugierig.

„Ich hoffe.  – Der Typ war begeistert von den mitgebrachten Plänen. Zum Schluss meinte er noch, dass ich sehr gute Chancen habe“, gab Renee zur Antwort während wir ihre Tasche in den Kofferraum verfrachteten.

„Man ist das kalt, im Bus hat der hirnlose Fahrer noch nicht mal die Heizung angestellt, was denkt der sich bloss“, beschwerte sie sich bei mir.

„Na, dann hast du ihm auch keine schönen Äuglein gemacht!“, witzelte ich.

„Dem hässlichen und unhöflichen Typen doch nicht, außerdem hat eine ältere Frau ihn darauf angesprochen und die hat er gewaltig abblitzen lassen“, knurrte sie mehr lachend zurück.

„Komm steig ein, ich habe die ganze Zeit während ich wartete, die Heizung laufen lassen.“

 

Zuhause, in meinem Zimmer zogen wir uns um und nahmen anschließend das Badezimmer in Beschlag.

„Wo seid ihr?“, hörten wir plötzlich Gabi rufen und lautes Stimmengewirr.

Als wir fertig mit dem Schminken waren, trafen wir Gabi, Susi und Kathi mit ihrem Freund in der Küche. Dort hatten sie sich die Wartezeit mit Karnevalsmusik, die aus dem Radio lautstark schall, vertrieben.

„Endlich fertig! Wir haben uns um vier Uhr mit den Anderen in der Erpi verabredet. Es ist schon zehn vor!“ empfing uns Kathi nervig.

„Da laufen sie uns schon nicht weg, nerv doch nicht schon wieder“, erwiderte ich Kathi und fuhr fort, „Das ist Renee, wir haben uns in der Berufsschule kennen gelernt.“

 

Gemeinsam, besser gesagt ich saß bequem und die anderen quetschten sich in meinen Wagen, so fuhren wir zur Erpi, einem Lokal im Nachbarort. Dort trafen wir noch einige Freunde. Leider war hier nicht so eine super Stimmung, deshalb gingen wir gemeinsam zum nahen Römerkeller. Dort tobte der Bär an diesen Nachmittag des Wieverfastelovend.

Das Einzige was uns etwas nervte, waren die bereits sehr angetrunkenen Typen mit ihren schrecklichen karierten Käppis, die meinten wohl, wir wären Freiwild.

Plötzlich klatschte es gewaltig neben mir, Renee hatte ausgeholt und einem Typen eine saftige Ohrfeige verpasst.

Wie auf Kommando fing der Knilch im hohen Bogen an zu reihern. Der Mist spritzte herum. Da ich nicht schnell genug weg kam, habe ich eine Ladung abbekommen. Er hat mich an der Hüfte getroffen und die ekelhafte Suppe lief an meinen Beinen hinunter. So schnell ich nur konnte bannte ich mir einen Weg zur Toilette. Marie, die hinter der Theke stand, warf mir noch eine Rolle Zewa zu. Trotz sofortigem Auswaschen, mein Katzenkostüm stank.

 

„Ich fahr nach Hause und ziehe mich um“, erklärte ich Renee vom Gestank angewidert und sie schaute mich mit einem schuldbewussten Gesicht an. „Ist doch nur Kleidung, dem Typ hätte ich am liebsten auch eine gescheuert, dass er sonst wo hin flog.“

Wir sagten den Anderen kurz Bescheid, dass ich mich umziehen wolle, denn wir hatten noch so einiges vor. Später wollten wir noch ins Schützenheim zum Wieverfastelovendball.

„Bis später!“, riefen wir den anderen zu und machten uns auf den Weg.

 

„Was zieh ich bloß an, dieses ist ja heute absolut unbrauchbar. Am Besten wasche ich es direkt mit Waschpulver aus, oder?“, fragte ich Renne, welche mich mit leicht glasigen Augen ansah, während ich die Haustür aufschloss.

„Ja, mach das. Haste mal was Anti- Alkoholisches?“ fragte sie mich.

„Bedien dich am Kühlschrank, Gläser findest du oben rechts im Schrank“, erwiderte ich und lief direkt ins Badezimmer. Nachdem wir an der Luft gewesen waren, kam mir der Gestank noch schlimmer vor. Nicht nur das Kostüm wusch ich aus, stellte mich anschließend noch unter die Dusche, um diesen widerlichen Gestank los zu werden.

 

Nach einigen Minuten kehrte ich in einem großen Badehandtuch eingewickelt in die Küche zurück und Renee empfing mich mit einem mitleidigen Blick.

„Jetzt habe ich dir den Abend versaut“, meinte sie niedergeschlagen.

„Quatsch, der hätte auch gereihert, nur durch dich ist es etwas früher passiert.“, gab ich grinsend zurück, dabei zog ich sie in Richtung Keller, da dort in einem Schrank die Karnevalsachen verstaut waren.

Leider fand ich nichts passendes, außer einem Clownkostüm, das ich aber nicht wollte.

Auf der Leine hing aber eine Arbeitshose meines Bruders. Die schnappte ich mir und auch gleich dazu ein kariertes Hemd. Aus dem Schrank holte ich mir noch Ringelstrümpfe. Im Eiltempo verließen wir den kühlen Keller.

Zum Glück brauchte ich nichts zu bügeln. Das Hemd und die Hose waren fast knitterfrei, der Rest war mir egal. Rasch zog ich die Sachen an und krempelte die Hosenbeine hoch.

Vom Schrank holte ich noch meinen Sicherheitshelm, den ich während meiner Ausbildungszeit auf der Baustelle tragen musste, zierte diesen mit Blümchen und witzigen Sprüchen.

Bevor wir uns auf den Weg zum Schützenheim machten, schmierten wir uns Brote und alberten dabei herum.

 

 

Eine lange Schlange von Wartenden stand vor der Kasse am Schützenheim, doch ich hatte unsere Eintrittskarten bereits im Vorverkauf erworben, so dass wir uns nicht anstellen brauchten.

Beim Betreten des Schützenheimes schlug uns eine geballte Ladung von Ausgelassenheit entgegen. Durch die tanzende Menge mussten wir uns schieben, bis wir endlich auf der linken Seite an einem langen Tisch unsere Freunde wieder fanden. Zu unserer Enttäuschung waren aber die Bänke nicht gepolstert.

Kaum das wir uns zu ihnen gesetzt hatten, wurden wir auch schon von unserem Platz gezogen. Der gute Mann am Keyboard begann eine Polonaise zu spielen und fast jeder, egal ob jung oder alt, reihten sich ein und eine endlose Schlange zog durch den großen Saal.       Nachdem der Keyboardspieler das Lied beendet hatte, forderte er alle Beteiligten der  Polonaise auf, eine Runde mit seinem Hintermann zu tanzen. Der gute Mann vor mir drehte sich um und ich blickte in die Augen eines älteren Herrn. „Darf ich bitten?“, fragte er mich höflich und mir blieb gar nichts anderes übrig als zuzustimmen. Zum Glück bin ich  an einen guten Tänzer geraten, der meine miserablen Tanzkünste ausglich. Trotz allem war ich froh, als der Tanz vorüber war und mit den Worten „Ich müsste mal aufs Örtchen“ verabschiedete ich mich.

 

An unserem Tisch herrschte eine ausgelassene Stimmung und neue Gesichter sind dazugekommen, es wurde geschunkelt und lautstark mitgesungen. Ich quetschte mich zwischen ihnen. Hansi erzählte zwischendurch ein paar Witze und vor Lachkrämpfen machte ich fast in die Hose. Plötzlich tauchte Renee wieder auf und fragte mich wo denn die Toiletten seien.

Auf dem Weg dorthin erzählte sie mir, dass sie einen so süßen Typen kennen gelernt habe und die ganze Zeit mit ihm getanzt und etwas an der Bar getrunken habe.

„Wenn du Lust hast, dann bring ihn doch mit an unseren Tisch, vielleicht kenne ich ihn.“, forderte ich sie auf.

„Mal sehen, wenn er Lust hat“, antwortete sie mir.

Gemeinsam machten wir uns auf den Rückweg zu unseren Freunden, da sie ihren Verehrer nicht sah. Als wir ankamen standen alle schunkelnd auf den Bänken. Ab und zu tanzten wir, bis Renee wieder verschwunden war. Gabi, fragte mal nach wo sie denn sei und ich erklärte ihr mit den Worten“ Sie hat Jemanden kennen gelernt, ich habe keine Ahnung wo sie steckt.“

Da ja oft getanzt wurde wechselte auch ständig die Sitzordnung und eine neue Gruppe von Leuten gesellte sich zu uns. Die Stimmung war großartig, man scherzte, schunkelte und sang mit einfach mit. Auf einmal war mal wieder Damenwahl und wir forderten uns gegenseitig auf, mit jemanden zu tanzen.

Neben mir saß ein hübscher netter Junge, der sich als Nordstaatler verkleidet hatte. Er lachte mich fröhlich mit seinem inzwischen schräg sitzenden Käppi an. Gemeinsam gingen wir auf die Tanzfläche. Wir tanzten nicht nur diesen Tanz, ich weiß nicht mehr wie oft. Aber als wir zurückkamen, hatten wir wohl einen verklärten Blick und Gabi musste noch einen dämlichen Spruch loslassen:

„Um die Beiden ist es geschehen!“

 

 

Imprint

Text: Schnief
Images: Schnief
Publication Date: 03-30-2014

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