„Sind die Zwei schon zurück?, fragte mich Bille. Sie kam gerade aus der Dusche, setzte sich zu mir auf den großen Balkon und begann sich ihre Nägel zu lackieren.
„Nein noch nicht“, erwiderte ich, „Sicher haben sich ihre Augen an den Jachten und ihren Blickfängen festgenagelt.“ Bille fing herzhaft an zu lachen.
„Soll ich dir auch ein Glas Cola mitbringen?, fragte ich sie und machte mich auf den Weg.
„Ja, bitte aber nur halb voll“, antwortete sie über ihre Hände gebeugt.
Als ich mich wieder setzte,reichte ich ihr das Glas hinüber. Sie nahm das Gas und begann zu schwärmen, „Dieser Blick ist einfach herrlich, dort hinten am Horizont kann man noch Monaco erkennen.“
„Na, ja. Deinen Weitblick möchte ich haben, wenn ich so in deine Richtung zum Horizont schaue, kann ich gerade mal so die Silhouette Saint Maxime erkennen und natürlich das tiefblaue Meer. Die Farben, jetzt bei der tief stehenden Sonne sind einfach klasse“, entgegnete ich ihr.
„Du hast recht! Meinte ich auch, wie komm ich nur auf Monaco? Zum Glück haben wir hier fünften Stock, eine solch wunderbare Aussicht. Vor uns der Jachthafen von Les Marines mit Blick aufs Meer und im Hintergrund Saint Tropez. Doch wo bleiben die Beiden, ich bekomm langsam Hunger“, gab Bille mir fragend Antwort.
Just in diesem Moment öffnete sich die Wohnungstür und Fred fragte: „Sind die Damen ausgehfertig, ich habe Hunger?“
„Einen Moment, ich muss grad noch was aufs Kleine, dann können wir meinetwegen“, entgegnete ich ihm und verschwand. Als ich zurückkam, hatten unsere Herren sich im Eiltempo umgezogen.
Da der Aufzug eigentlich sechs Personen aufnehmen konnte, nahmen Fred und mein Freund doch die Treppe, nur um vorher vor uns unten zu sein. Als wir unten ankamen und sich die Aufzugstür öffnete standen die beiden jeder mit einer Rose in der Hand, um sie uns ins Haar zu stecken. Bille schaute ihren Mann an und fing lauthals an zu lachen. „Herrlich ihr Helden, Plastikblumen.“ „Ja nu watt willste, andere gabs nicht“, konterte Fred.
Gemeinsam schlenderten wir durch die Anlagen zum Jachthafen hinunter. Dort fanden wir ein nettes Lokal. Es war so schönes und warmes Wetter, das wir auf der Terrasse Platz nahmen. Amüsiert beobachteten wir, wie unsere Herren, beide ohne wesentliche Sprachkenntnisse in Französisch zu beherrschen, versuchten einen lieblichen Rotwein zu bestellen. Diese Prozedur dauerte eine ganze Weile, bis sie einen wirklich sehr gut schmeckenden Wein fanden. Zum Glück standen auch in englischer Sprache als Untertitel die Gerichte in der Speisekarte.
Da es ein so lauer Abend war und wir so interessante Themen bei unserer Unterhaltung hatten, merkten wir so gar nicht, dass der Kellner stets unsere Gläser wieder mit diesem süffigen Rotwein befüllte. Es wurde spät, als wir uns auf den Rückweg machten. Erst dort bemerkte ich, das meine Beine mir nicht mehr so gehorchten. Mein Freund fand das sehr lustig und stützte mich. Mit der Zeit wurden meine Schritte aber wieder lockerer und so kamen wir an einem kleinen Strand vorbei.
„Kommt lasst uns eine Runde schwimmen“ rief Fred total begeistert, „Das ist einfach nur toll!“
Leicht schwankend im Arm meines Freundes lehnte ich dankend ab und meinte: „Nee, danke, ich kann dann keinen Grund sehen, außerdem habe ich keine Badesachen an.“
„Ist doch egal, das wird lustig, niemand hat Schwimmzeug dabei, lass einfach BH und Höschen an“, versuchte er mich zu überzeugen. Im Handumdrehen hatten er und Bille sich entkleidet und sprangen ins kühle Nass. Ich setzte mich in den Sand und sagte zu meinem Freund: „ Du kannst auch schwimmen, wenn du Lust hast. Ich aber nicht. Ich hasse es, wenn ich keinen Grund sehen kann!“ „Ist nicht so schlimm, ich will auch nicht und wir müssen ja auch nicht“, versuchte er mich über meine Angst hinwegzutrösten.
Während die anderen beiden sich im Wasser tummelten, schmusten wir ein wenig und schauten in den Sternenhimmel. So verging einige Zeit, als Fred und Bille wieder auftauchten, woher die Weinflaschen kamen, weiß ich bis heute nicht. Wir saßen wohl noch längere Zeit schwatzend und lachend am Strand, bis wir uns langsam auf den Rückweg machten.
Wahrscheinlich mehr torkelnd als gehend erreichten wir schließlich das Gebäude, in dem unsere Ferienwohnung lag. Jetzt hieß es noch in den fünften Stock zu gelangen.
Zum Glück gab es ja einen Aufzug. Mit schweren Schritten und einigen Wandberührungen schaffte ich es, diesen zu erreichen. Der Aufzug fuhr an und glitt hinauf. Als er im fünften Stockwerk anhielt, ruckelte er und mir wurde speiübel. So schnell er konnte, öffnete Fred die Tür und ich schwankte zu meinem Bett. Es begann sich alles zu drehen. Im Eiltempo schaffte mein Freund mir einen Eimer heran und ich übergab mich.
Plötzlich ging die Tür auf und Fred kam herein, in der Hand ein Brot mit irgendeiner Wurst und darauf hatte er Knoblauchzehen. Dieser Geruch!
Das war zu viel und ich reiherte, was das Zeug hielt. Das Nächste, was ich wahrnahm, war, dass es inzwischen sehr hell war und ich lag quer im Bett und mein Freund saß im Sessel und schlief.
Das einzig Gute war, ich hatte wenigsten keine Nachwehen, dafür die anderen.
Dass alles passierte im Jahr 1982, seitdem habe ich nie wieder so viel getrunken, vor allem keinen süßen Rotwein.
Doch das schlimmste Erlebnis wegen Alkohol erlebte ich im Jahr 1994. Mein Freund und ich hatten unsere erste gemeinsame Wohnung. Unsere neuen Schlafzimmermöbel kamen kurz vor Weihnachten und mein Freund hatte Weihnachtsfeier. Ich schlief bereits, als er spät nach Hause kam. Ich wachte auf, und da ihm etwas komisch zumute war, stellte ich ihm noch einen Eimer vors Bett. Er legte sich ins Bett und schlief auch sofort ein, kurze Zeit später bin ich auch eingeschlafen bis zu dem Zeitpunkt, als ich etwas warmes Stinkendes über meine Schulter floss. Erschreckt wachte ich auf und schaltete das Licht an. Mein Freund hatte sich übergeben und es noch nicht mal mitbekommen. Er lag mitten in seinem Erbrochenen. Ich weckte ihn, er wusste nicht, wo er sich befand. Ich versuchte ihn ins Bad zu schleppen, wo er sich wusch. Anschließend verfrachtete ich ihn in unser Gästezimmer bzw. zukünftiges Kinderzimmer, legte eine Plastikdecke auf den Teppichboden und stellte einen Eimer vors Bett.
Bei offenem Fenster und minus zwei Grad zog ich anschließend die Betten ab, steckte alles in eine Mülltüte und verknotete sie. Ausgerechnet genau zwischen beide Matratzen musste er sich übergeben und wir hatten Teppichboden. Überall diese Grütze und der Gestank. Mit Würgeanfällen beseitigte ich den Mist.
Schließlich machte ich mir es auf der Couch gemütlich und schlief wieder ein.
Am nächsten Morgen konnte er sich an nichts mehr erinnern, nachdem er sich ins Bett gelegt hatte.
Eigentlich kannte ich ja meinen damaligen Freund und jetzigen Mann nur, dass er immer aufhörte, wenn er genug hatte und er noch genau weiß, was er macht.
Text: Schnief
Images: Postkarte
Publication Date: 11-08-2013
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