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Speicher

 

Da ich im Jahr 1962 als zweites von vier Kindern geboren wurde, gab es für mich immer schon zwei Geschlechter. Meine ersten acht Jahre verbrachte ich mit meinen Geschwistern in einem Zimmer.

Als ich vier Jahre alt war, wurde meine kleine Schwester geboren. Dadurch kam zum ersten Mal die Frage auf, woher denn die Kinder kommen.

Ich stand in der Küche und fragte meine Mutter:

„Mama, als du einen so dicken Bauch hattest, hast du uns erzählt, dass du ein Baby im Bauch hast. Wie ist es denn herausgekommen?“

 „Unsere Tina ist einfach herausgerutscht“, antwortete sie.

„Wie. … rausgerutscht?“, fragte ich weiter.

„Du weißt doch, ich war im Krankenhaus und dort habe ich sie geboren. Es gibt dort eine Entbindungsstation und dort kommen die Babys auf die Welt“, versuchte sie auszuweichen.

„Mama, was ist eine Entbindungsstation“, wollte ich wissen.

In diesem Moment gab es ein fürchterliches Geschrei aus dem Kinderzimmer und meine Mutter lief dorthin. Ich lief hinterher und bohrte weiter.

 „Jetzt nicht, verstanden!“, wurde ich abgefertigt und damit war für sie das Thema erledigt.

 

Ungefähr zwei oder drei Jahre später auf dem Speicher des Miethauses, in dem wir seinerzeit wohnten, herrschte Spielverbot. Selbstverständlich hatten wir dort ein Versteck, in dem wir uns mit unseren Freunden trafen. So auch an diesem regnerischen Nachmittag. Mein Bruder Michi mit seinem Freund Frank, meine Freundinnen Heike und Petra sowie ich hatten uns dort eingefunden. Die Jungen prahlten damit, wie ein Pärchen sich auf einer Lichtung im Wald erst küssten und dann … .

„Ein richtiges Liebespaar! Was haben sie denn gemacht?“, fragte Heike schwärmerisch,  „haben sie sich geküsst?“

„Ja, und noch mehr“, erwiderte Frank.

„Was denn noch, erzählt“, forderte ich die beiden gespannt auf. 

„Soll ich wirklich, Frank“, fragte mein Bruder unsicher.

„Ja, Mensch, erzähl endlich“, raunte Petra ihn an.

„Erzähl es ihnen, aber sie dürfen nichts weitersagen. Schwört ihr es?“, sprach Frank.

Wie aus einem Mund schworen wir feierlich, selbstverständlich mit gekreuzten Fingern.

„Zuerst küssten sie sich, dann legten sie sich auf eine Decke. Eng umschlungen küssten sie sich“, fing mein Bruder zögernd an zu erzählen.

„Wie romantisch, ein richtiges Liebespaar!“, schwärmte Heike wiederholt.

„ Nach ein paar Minuten schob er seine Hände dann aber unter ihren Pulli und dann unter ihren Rock. Dabei küssten sie sich weiter“, erzählte mein Michi.

„Wieso denn das?“, fragte Heike ungläubig.

„Keine Ahnung, ist doch auch egal“, erwiderte Frank.

„Kurze Zeit darauf  öffnete sie ihm die Hose und holte seinen Pimmel heraus“, erzählte mein Bruder Michi.

„Was wollte sie denn mit seinem Pippimann?, fragte Petra dazwischen.

„Sicher musste er mal und sie hat ihm geholfen, weil der Reißverschluss klemmte?“, riet ich.

„Nee, der musste nicht. Soll ich euch verraten, was sie mit seinem Pimmel

gemacht hat“, fragte Frank.

„Was hat die denn gemacht?“wollte Heike wissen, aber Frank überging die Frage und sprach gleich weiter.

„Die nahm seinen Lümmel und streichelte den. Kurz darauf  legte der Mann sich mit seinem nackten Hintern auf die Frau und dann begann sein Hintern immer vor und zurückzugehen.“

„Wieso legte er sich denn auf sie?“, fragte ich. Heike und Petra schauten sich ungläubig an.

„Ihr seid aber blöd, er hat mit ihr gepennt“, stellte Frank fest.

„Was soll das heißen, mit ihr gepennt, außerdem sind wir nicht blöd,“ entgegnete Heike ihm entrüstet.

„Man, Heike, sie hatten Sex, so macht man Kinder“, klärte sie Michi auf.

„Glaub ich nicht! Aber, was machten die denn noch?“, fragte Heike ungläubig neugierig.

„Nach einer Weile lagen beide auf der Decke und waren völlig aus der Puste. Dann zogen sich wieder richtig an“, endete Michi.

„Wieso aus der Puste?“, fragte ich neugierig.

„Woher soll ich denn das wissen!“, entgegnete Michi.

Wir schauten uns verdutzt an und wussten nicht so recht, was wir davon halten sollten. 

„Werden wirklich so Babys gemacht?“, fragte Petra ungläubig und  mit einem entsetzten Gesicht sprach sie:  „Das ist ja ekelig.“

„Sie haben bestimmt ein Kind gemacht und in ein paar Monaten geht die Frau ins Krankenhaus und bringt ein Baby mit“, beantwortete Frank ihre Frage.

„Ich glaube euch kein Wort“ sagte Petra.

„Es ist wahr, ich schwöre es“, bekräftigte Michi und Frank beschwor es ebenfalls.

Ziemlich verdattert verließen wir nach einiger Zeit den Speicher.

 

 

Nachdem wir zu Abend gegessen hatten, saßen Michi und ich noch am Küchentisch, meine Mutter spülte. Ich wollte unbedingt wissen, ob das stimmen konnte, womit die Jungen am Nachmittag geprahlt hatten. Daher erzählte ich ihr, dass jemand erzählt hat, dass er im Wald ein Liebespärchen beobachtet habe und sie hätten sich auf dem Boden gewälzt und sie würden nun ein Kind bekommen.  

„Stimmt das?“, fragte ich sie.

„Vielleicht“, erhielt ich als Antwort sowie einen Tritt gegen mein Schienbein von Michi. Weitere Fragen konnte ich nicht stellen, da mein Bruder schon eine Faust ballte.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Selbstverständlich wurde ich später auch in der Schule gemäß den Richtlinien zum Sexualkundeunterricht aufgeklärt. Diese Aufklärung basierte grundsätzlich theoretisch auf die biologischen Vorgänge, Verhütungsmethoden, Abtreibung u.s.w. .

 

Die eigentliche Aufklärung erfolgte jedenfalls nicht durchs Elternhaus, eher mittels der berühmten Zeitschrift und entsprechender Literatur.

 

 

 

Imprint

Text: Schnief
Images: Schnief
Publication Date: 03-28-2013

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