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Erstes Kapitel


In einer staubigen Ecke der New Yorker Bronx standen eine Handvoll Männer und eine zierliche Frau um einen Sarg herum und warteten auf etwas. Einer der Männer klopfte auf den Deckel des Sarges, als wollte er eine Respons erhalten. Doch diese erfolgte nicht.
„Man, nicht schon wieder, holt ihn da raus“, sagte ein kräftiger Kerl am Kopf des Sarges. Er sprach mit einem rumänischen Akzent, aber der war fast nicht hörbar.
„Man, ich hab echt mehr von ihm erwartet“, bemerkte die Frau, die neben dem Rumänen stand und die anderen stemmten den Sarg mit Brecheisen auf.
Ein junger Mann mit Brille und im Kord-Drei-Reiher lag bewusstlos im Sarg.
„Super, jetzt ist er auch noch tot“, konterte ein anderer und die Frau legte dem jungen Mann sanft eine Sauerstoffmaske auf den Mund und der atmete wieder.
„So ganz mausetot ist er nicht, obwohl er es wohl gerade gern wäre. Okay Jungs, ich kümmere mich um ihn, macht ihr mit Übung B weiter“, bat die Frau und sie blieb mit dem Sarg und dem jungen Mann darin allein.
„Sie sind weg, großer Bruder, du kannst jetzt die Augen wieder aufmachen“, entgegnete die 25-jährige Kristin „Crow“ Dewin und ihr Bruder riss die Augen auf.
„Verdammt, bin ich schon wieder ohnmächtig geworden?“, fragte Rufus Dewin und Crow half ihm auf.
„Wie oft willst du es noch versuchen?“, fragte Crow und Rufus klopfte sich den Staub von seinem Anzug.
„Solang bis ich die Gram überwunden habe, dass meine kleine Schwester das beim ersten Mal geschafft hat“, sagte er tonlos.
„Das war das vierte Mal, manche sind halt für die Jagd geboren, andere nicht. Du wirst langsam auch nur noch von den anderen belächelt“, entschied sie.
„Ich bin extra hierhergekommen um mich abzuhärten, fast zwei Jahre bin ich jetzt in New York, aber es klappt nicht“, sagte Rufus enttäuscht.
„Dann lass es, Mum und Dad werden dich kein bisschen anders sehen, sie sind auf jeden Fall stolz auf dich, vermutlich stolzer als sie auf mich sind, du hast wenigstens einen Tagesjob“, entgegnete sie.
„Du tötest Vampire, ich mahne fällige Bücher an“, verglich er ihre Leben.
„Du bringst jungen Leuten die Kunst des Lesens näher, das ist so viel kostbarer als alles andere. Wann hast du eigentlich das letzte Mal gevögelt? Deine Augen gefallen mir gar nicht“, bemerkte Crow und sah sich Rufus Augen an.
„Ich red mit dir sicher nicht über mein Sexleben, kleine Schwester“, murrte er.
„Man, ich Sukkubus, du Inkubus, du musst endlich mal lockerer damit umgehen, es schlummert Dämonenblut in unseren Adern, wenn wir das nicht ausleben wird das nicht gut enden, Bruderherz. Also was mich angeht, dieses Muskelpaket aus diesem Kurs muss heute Nacht dran glauben“, konterte sie großspurig.
„La, la, la, das will ich nicht wissen“, steckte er sich die Finger in die Ohren.
„Wirklich sehr erwachsen, schlaf dich aus, Bruder, soll ich dir wieder ein Termin in sechs Monaten vormerken?“, wollte sie von ihm wissen.
„Sag ich dir morgen früh, Crow, als Chefin von der Vampirjägerschule könntest du mir echt mal nen bisschen Vitamin B beisteuern!“
„Na klar und mir dann monatelang von Mum und Dad vorhalten lassen, ich hätte dich in Gefahr gebracht? Vergiss es. Wenn du den Sargtest nicht schaffst, schaffst du das andere auch nicht, glaub mir. So, ich muss zu den anderen, schaffst du den Heimweg alleine?“
„Ja, dein ach so schwacher Bruder schafft die zwei Häuserecken nach Hause“, murrte er.
„Ich mein, weil du ohnmächtig warst. Du hast übrigens einen neuen Rekord aufgestellt, für dich zumindest, ich bin in aller Seelenruhe eingeschlafen damals“, frotzelte sie und kopfschüttelnd ging Rufus davon. Der junge Bibliothekar stammte von Hexen, Benjis, Inkuben bzw. Sukkuben und sogar von einem sehr seltenen Formwandler ab, aber alles was er damit anfing diente dazu, sich vor der Welt zu verstecken. Er wollte so sehr Vampirjäger werden so wie seine kleine Schwester, versagte aber immer beim ersten Test. Der beinhaltete so lang wie möglich in einem zugenagelten Sarg zu liegen. Wer diesen Test erfunden hatte musste ein Sadist gewesen sein, ganz eindeutig.
 
Sauer trat Rufus seinen Rucksack in die Ecke des Flurs.
„Na, erfolgreich gewesen?“, kam Mingan, seine Mitbewohnerin und beste Freundin von Crow aus ihrem Zimmer.
„Da sie deine beste Freundin ist, sag ich dazu lieber nichts. Hast du nicht Spätschicht?“
„Ich geh auch gleich arbeiten, man ich hasse es nachts im Krankenhaus zu arbeiten, da laufen nur Freaks rum. Warst du wieder ohnmächtig?“
„Jup!“
„Geht’s dir gut?“
„Gewöhn mich langsam dran. Ich glaub, das war mein letztes Mal heut Nacht dass ich mich in einen Sarg einsperren lasse, ich krieg langsam Klaustrophobie“, bemerkte er.
„Wirklich?“
„Ja, wirklich. Sex?“, fragte er keck.
„Meinetwegen, muss aber ein Quickie werden, ich muss echt gleich los“, konterte sie trocken und zog das Oberteil ihrer Schwesternkleidung aus. Mingan war zum Teil Werwolf mit einer Nativ-Amerikanischen Mutter. Sie war die Tochter von Kansas Thunderclouds Cousine, einem Arzt aus seiner alten Heimat in Süddakota und dem Sohn von Channing Roux, Hausmeister aus Leidenschaft und Crows Patenonkel.
„Ja, schon klar, ich mach das ja auch nur weil es notwendig ist, nicht weil es mir Spaß macht“, zog er auch sein Oberteil aus.
„Oh ja, das will jede Frau von ihrem Sexpartner hören. Los“, schob sie ihn in sein Zimmer. Während er ihren BH auf dem Bett öffnete tastete er mit seiner freien Hand nach seiner Waffe mit den Silberkugeln.
„Ist nicht dein Ernst, oder?“, drückte sie ihn weg.
„Sind nur noch zwei Tage bis Vollmond, will nur sichergehen“, erklärte er ihr.
„Ich bin nur ein halber Wolf und hab mich super unter Kontrolle, du Schisshase“, entgegnete sie und zog seine Hand wieder zu sich.
„Gut, aber du flickst mich noch vor deiner Schicht zusammen wenn du mich dabei nicht umbringst“, bemerkte er und schlief mit ihr.
 
Nachdem Mingan gegangen war, döste er zufrieden ein. Seine Ruhe wurde jäh gestört als jemand auf seiner Webcam anrief.
„Hi, Mum“, murmelte er schläfrig, als seine Mutter auf dem Display erschien.
„Es ist Samstagabend neun Uhr und du schläfst? Man, wie soll ich so jemals eine Schwiegertochter bekommen?“, kritisierte Medea ihren Sohn.
„Ist heut nicht mein Tag gewesen, also lass mich einfach schlafen, Mutter“, sagte er erschöpft.
„Krissy hat mich angerufen, sie macht sich Sorgen um dich und deine Gelüste“, entschied Medea.
„Mum, ich werde weder mit meiner Schwester noch mit meiner Mutter über meine Gelüste sprechen. Okay, wenn ihr es unbedingt wissen wollt, mit meinen Gelüsten ist alles in Ordnung“, entschied er.
„Gut, schön zu hören. Du hast den Test heute wieder nicht geschafft?“, fragte sie nach.
„Tu bloß nicht so, als würdest du dich nicht darüber freuen“, konterte er grummelnd und sie grinste breit.
„Mein Mann ist ein Polizist und meine 1,65 m große Tochter jagt Vampire, ja, ich bin ehrlich gesagt froh darüber, weil ich mich besser fühle, wenn ich weiß, dass du in der Bibliothek sicher bist“, gestand sie.
„Dann kann ich dich beruhigen, das heute war mein letztes Mal“, entschied er.
„Wirklich?“, fragte sie grinsend.
„Hör auf so süffisant zu grinsen, du müsstest mich bemitleiden, du bist meine Mutter“, murrte er.
„Nach dem ersten Mal hab ich das ja schon, aber du hast das schon fast ein halbes Dutzend Mal versucht. Ich bin zwar begeistert über deinen Ehrgeiz, aber es gibt bessere Ziele!“
„Wenn du meinst, mich stört es trotzdem. Sonst noch irgendwas, was du heute von mir wissen willst?“, wollte er wieder auflegen.
„Stillst du deine Gelüste alleine oder lern ich endlich ne Freundin von dir kennen?“, wollte sie wissen.
„Ich leg jetzt auf, Mum“, murrte er und beendete das Gespräch. Erschöpft setzte er sich auf und sah sich die Wunden an, die die junge Werwölfin auf seiner Brust hinterlassen hatte.
„Es wäre so viel einfacher wenn mir Selbstbefriedigung reichen würde, dann müsste ich nicht ständig meine Wunden desinfizieren“, redete er mit sich selbst und tupfte die Wunden mit medizinischem Alkohol ab.
Da er nun wieder hellwach war, ging er aufs Dach seines Apartmenthauses und meditierte dort. Sein Vater hatte ihm die besten Meditationstechniken beigebracht um seine sexuellen Gelüste so niedrig wie möglich zu halten. Für einen Inkubus war er wirklich eine Schande für seine Wesensrasse, er hatte so viele anziehende Wesenszüge, aber er nutzte kein davon aus. Als Sohn von bisexuellen Eltern war er für eine gewisse Periode in seinem Leben experimentell unterwegs gewesen, seine Präferenz galt aber nun dem weiblichen Geschlecht. Wenn man es genau nahm war es zu der Zeit nur eine Frau und das war Mingan. Keiner von beiden war verliebt, aber Minnie, wie er sie manchmal liebevoll nannte, sie das aber auf den Teufel nicht ausstehen konnte, wollte ihrer besten Freundin aber nur einen Gefallen tun um den jungen Bibliothekar vor einer Anklage wegen Vergewaltigung zu bewahren, was ihm irgendwann blühen würde, wenn er seine sexuellen Gelüste nicht stillte.
Er hatte sich gerade in Trance versetzt als sein Handy klingelte.
„Mum, meine Gelüste gehen dich genauso wenig an wie mich deine“, murmelte er in den Hörer ohne auf sein Handy zu sehen.
„Okay, viel zu viele Informationen die ich niemals wissen wollte, Code blauer Mond“, bemerkte Crow am anderen Ende der Leitung.
„Sorry, okay, jetzt schon? Wir haben doch noch keinen Vollmond“, stand er hektisch auf.
„Wenn wir Vollmond hätten, hätte ich Code Vollmond gesagt, Bruderherz, du musst echt besser zuhören“, grummelte Crow und der Inkubus sah in die Nacht. Ein weißblauer Mond thronte über die Häuser der New Yorker Bronx.
„Wow, weißt du wie selten so ein blauer Mond ist?“, war er fasziniert.
„So selten dass meine beste Freundin noch keinen erlebt hat. Geh zu ihr“, bat Crow nervös.
„Du weißt schon wie lang ich raus nach Queens brauche, oder?“
„Gut, dann erklärst du aber Detective Morgan morgen warum ein weiblicher Werwolf heut Nacht das halbe Krankenhaus gemeuchelt hat“, konterte sie cool.
„Argh, warum musst du immer so Recht haben? Du weißt schon, dass du die Mediatorin bist, oder?“
„Ich bin in Manhattan, du bist näher dran!“
„Du bist nur vermutlich noch halber auf einem Jäger-Schüler drauf und willst nicht runter“, bemerkte er lässig.
„Bitte, sie geht nicht dran wenn ich sie anrufe“, hoffte sie.
„Ja, meinetwegen, Nervensäge, ich ruf dich an, wenn ich weiß was los ist“, sagte er kopfschüttelnd, rollte seine Yogamatte zusammen und eilte vom Dach. Hektisch hängte er sich ein Halfter um, steckte seine Waffe mit den Silberkugeln hinein und zog seine Jacke über sein Unterhemd. Er sah irgendwie verwegen aus, auch wenn er das nicht beabsichtigt hatte.

Zweites Kapitel


Keuchend eilte er durch die Gänge des Jamaica Hospitals in Queens wo seine Mitbewohnerin arbeitete. Er stoppte, um sich seinen Inhalator in den Mund zu stecken, denn der tragische Held war ein Asthmatiker, was auch ein Grund war, warum er im Sarg-Test immer scheiterte. Er schnappte sich einen Pfleger und fragte nach Mingan.
„Alter, die ist im Aufenthaltsraum der Schwestern“, sagte der Pfleger und er bedankte sich und ging weiter. Er fand Mingan, wie sie sich in aller Seelenruhe mit einer Kollegin unterhielt und dabei einen Kaffee schlürfte. Sie staunte nicht schlecht ihn schwitzend und keuchend vor sich zu sehen.
„Ruf, was machst du hier?“, zog sie ihn in eine Ecke.
„Ist sie ein Mensch oder was anderes“, sah er zu ihrer Kollegin.
„Hexe, warum?“
„Code blauer Mond, Crow schickt mich“, bemerkte er und legte bei seinem Asthma-Spray eine Patrone nach.
„War sie blau als sie den blauen Mond gesehen haben will? Der kommt nur alle fünfzig Jahre zum Vorschein. Mir geht’s bestens“, behauptete sie, aber die junge Hexe machte sich hektisch zum Ausgang auf.
„Alex, bleib, mir geht’s wirklich gut!“, bat sie, aber die junge Frau war schon aus der Tür verschwunden.
„Super, als wäre es nicht schon schlimm genug ein weiblicher Wolf zu sein, jetzt musst du auch noch die einzige Frau auf der Station verschrecken, die wie ich ein magisches Wesen ist. Sag deiner Schwester mir ging es nie besser, bist du bewaffnet hier reingekommen?“, bemerkte sie seine Waffe im Halfter.
„Blauer Mond, Minnie!“
„Wenn du nicht endlich aufhörst mich so zu nennen töte ich dich, aber nur die menschliche Seite in mir hat dieses Verlangen. Oh man, warum weiß diese kleine Benji immer vorher was mit mir passiert?“, spürte sie ganz plötzlich die Veränderung, die ihr Körper durchfuhr.
„Ich weiß es nicht, hab ich mir auch nie erklären können. Komm, deine Augen werden schon goldgelb, bringen wir dich hier weg. Der Käfig ist im Keller, oder?“, plante er und sie nickte, während der Haarwuchs an ihren Armen zunahm.
„Und ich komm keine Minute zu früh, wie ich sehe. Komm“, nahm er sie schützend in seinen Arm und brachte sie in den Keller. Sie hatten ihr in einem leeren Kellerraum einen sicheren Platz für ihre Verwandlung eingerichtet, denn sie musste oft nachts arbeiten und hatte so nicht die Wahl wenn es Vollmond wurde. Sonst half Crow ihr eigentlich immer, aber er wusste auch, was er zu tun hatte.
„Holst du meine Sachen aus meinem Spint?“, fragte Mingan, während sie sich während ihrer Verwandlung entkleidete.
„Klar, gib mir deinen Ausweis. Man, gut das wir vorhin Sex hatten, dich so nackt hinter Gittern zu sehen könnte so einiges in mir auslösen, ehrlich gesagt, tut es das trotzdem, ich geh dann mal zu deinem Spint“, murmelte er erregt und ging davon.
„Mädels, bedeckt euch, ich komm jetzt rein“, rief er in die Umkleide und kam hinein. Ein Krankenpfleger in blauer Arbeitskleidung stand darin.
„Das ist ne Unisex-Umkleide, Kumpel“, bemerkte der Typ cool.
„Ah, okay, gut“, bemerkte er schüchtern und ging zu Mingans Spint.
„Das ist Mins Spint“, kritisierte der Kerl ihn und Rufus sah ihn an.
„Ja, weiß ich!“
„Bist du ihr Freund?“
„So was ähnliches“, wollte er nicht mit ihm reden.
„Wie lang schon?“
„Wie lang schon was?“
„Wie lang du mit ihr pennst!“
„Das erste Mal in der Highschool, bitte sag mir nicht, dass sie auch mit dir schläft“, spielte er den eifersüchtigen Freund.
„Tut mir leid, dass ich das sagen muss, aber sie schläft mit so einigen Kerlen hier, mit mir jetzt nicht persönlich, aber das ist hier ein offenes Geheimnis!“
„Ah, ich muss weiter!“, packte er ein paar Sachen in ihre Sporttasche und nahm ihr großes Kissen aus dem Spint.
„Was habt ihr denn vor?“, wollte der Kerl wissen.
„Min will nur ihr Lieblingskissen im Schlafraum, aber das sollte dir wohl egal sein“, bemerkte er und ging aus dem Aufenthaltsraum, nachdem er die Spint-Tür zugeschlagen hatte.
 
Mingan war schon komplett verwandelt, als er zurückkam. Da sie nur zu einem Viertel und ein weiblicher Werwolf war, war sie nicht so gigantisch wie ihre Ahnen, trotzdem jagte sie dem Bibliothekar immer wieder einen großen Schrecken ein.
„So, braver Wolf, ich leg die Sachen dahin, da kommst du morgen gut dran. Ich kann hier nicht bleiben, aber ich schließ morgen die Tür wieder auf. Ich würde gern bleiben, ich hasse es dich hier immer allein zu lassen“, redete er vor sich hin.    
„Bleiben“, bat sie halb redend, halb jaulend und knallte ihn mit einer Hand gegen den Käfig.
„Böser Wolf, ganz böser Wolf“, schlug er solang mit dem Kolben seiner Waffe auf ihre haarige Hand ein, bis sie jaulend los lies.
„Okay, ich bleibe, aber nicht mehr anfassen, ja?“, keuchte er und griff wieder nach dem Asthma-Spray, nachdem er seine Waffe auf den Boden gelegt hatte.
 
Mit einem steifen Nacken öffnete er die Augen. Er zog seine Brille ab und rieb sie erschöpft. Er wusste nicht, ob es morgen war, es war immer noch düster. Er spürte die zarte Hand seiner Freundin auf seiner Wange und schreckte auf.
„Sorry, wollte dich nicht erschrecken“, bemerkte sie freundlich.
„Schön, ist schon morgen“, murmelte er.
„Denk schon, bin zumindest wieder unbehaart und nackt. Du liegst auf meinen Sachen“, erwiderte sie.
„Sorry, ich bin ein echt mieser Mediator-Ersatz, deshalb bin ich auch nie vom Rat gefragt worden, ob ich das machen will. Hier“, gab er ihr ihre Tasche.
„Du warst da als ich dich gebraucht habe, im Vergleich zu Crow, stell dein Licht nicht unter den Scheffel. Man, es ist echt gut, dass ich mit den Leuten hier gut befreundet bin und die mich decken können wenn’s nötig ist. Ich bin so überrascht worden davon, ich merk das sonst immer drei Tage vorher. Mein Vater hat keinen blauen Mond bis jetzt erlebt und meine Großmutter starb vor meiner Geburt, ich hatte also keinen, der mit die Erfahrung teilen konnte. Heißt dass, ich muss das in zwei Tagen wieder durchmachen?“, fragte sie, während sie sich einen Sportanzug anzog.
„Was fragst du mich? Ich bin nicht der Wolf hier!“
„Aber du hast Okkultes und Mystik studiert!“
„Ja, schon, aber ihr Wölfe seid so mystisch, das ich bis jetzt nur einen Absatz in einem uralten Buch über euch gesehen habe. Da war keine Rede über den blauen Mond. Wenn Crow mich nicht drauf hingewiesen hätte, wäre mir der Mond gar nicht aufgefallen. So, fertig?“, rappelte er sich auf.
„Ja, bin ich, danke“, bedankte sie sich und hängte sich ihren Ausweis wieder um.
„Du schläfst mit einigen Männern hier, richtig?“, wollte er plötzlich wissen.
„Du hast mit Jeff geredet, oder? Diesem Idioten musst du kein Wort glauben. Ich hab ihn kürzlich abgewiesen und seitdem spinnt er rum“, erklärte sie und schlüpfte in ihre Turnschuhe.
„Wir schlafen zwar ab und zu miteinander und wohnen auch zusammen, aber wir führen keine Beziehung, also kannst du es ruhig auch mit anderen tun“, entschied er.
„Danke, ich hab so lang auf deine Zustimmung gewartet, wie ich mein Leben leben kann“, entschied sie sarkastisch und schulterte ihre Tasche.
„Sarkasmus? Ich wollte eigentlich nur ein paar Sachen zwischen uns klarstellen“, grummelte er und nahm ihr Kissen auf, auf dem sie im Käfig geschlafen zu haben schien.
„Sorry, war ne lange Nacht. Ich möchte dir eigentlich nur helfen, ich könnte dir auch die Mühe aufbürden, die deine Schwester jede Nacht hat einen Partner zu finden“, bemerkte sie und ging aus der Tür.
„Sorry, hab nichts gesagt. Also, was musst du hier noch machen das wir heimfahren können?“, wollte er wissen.
„Ich schreib noch meine Zeiten auf, dann können wir gehen, halt die Mal“, drückte sie ihm ihre Tasche in die Hand.
„Du willst das als Arbeitszeit abschreiben lassen?“
„Ich war doch hier, oder? Raucher kriegen ja auch ihre bezahlten Pausen“, schmunzelte sie und ging ins Schwesternzimmer.
 
Just in dem Moment als sie zur U-Bahn gingen und sich dabei angeregt unterhielten, erschienen zwei Zauberer von ihnen.
„Man, ich hab doch gesagt, ihr sollt das lassen“, erschreckte sich Rufus furchtbar.
„Man, deine Mutter ist nicht so ein Weichei, wie du. Wir haben ein Angebot für dich“, erklärte der Hexer Xavier.
„Wenn das Angebot beinhaltet dass du mir meine Kräfte zurückgibst bin ich dabei!“
„Da es sich dabei um schwarze Magie handelt und deine Ahnen sie aus guten Grund aufgegeben haben eher weniger. Wölflein würdest du uns kurz allein lassen?“, fragte Xavier und Mingan ging davon, nachdem sie ihn angefaucht hatte.
„Hat sie mich grad angefaucht?“
„Jep, du solltest sie nicht Wölflein nennen, das mag sie gar nicht. Also was gibt’s?“
„Du solltest auch Mediator werden“, sagte Xavier nur.
„Meine Schwester ist die Mediatorin und sie macht nen echt guten Job“, verstand er nicht.
„So einen tollen Job macht sie nicht, du musstest letzte Nacht für sie einspringen!“
„Sie war beschäftigt, ich hab mich fast von einem Werwolf zerfleischen lassen weil ich zu nah an das Gitter ran bin, so viel besser bin ich nicht“, verteidigte er seine Schwester.
„Dass du schon weißt was du in diesem Fall tun musst zeigt dem Rat, dass sie sich zu viel aufbürdet und Hilfe braucht“, entschied Xavier.
„Meinetwegen, aber ich trag keine goldene Kreole, durch meine früheren sexuellen Experimente bin ich eh schon als Schwuchtel abgestempelt“, erwiderte er.
„Erstens, ich bin schwul und das ist nichts schlimmes, zweitens, hier“, murrte Xavier und legte ihm ein Bronze-Armband um.
„Tut mir leid, dass wollte ich nicht so sagen. Und nun?“
„Nächsten Monat zwei Wochen Kurs in London“, erklärte Xavier den Plan.
„Wie meinen?“
„Ich weiß, dass du dieses Jahr noch keinen Urlaub genommen hast, sieh das als Urlaub an“, schlug er vor.
„Crow musste das nicht machen“, nörgelte er.
„Sie hat das bei ihrer Mutter gemacht, willst du die ganzen schmutzigen Details mit deiner Mutter besprechen?“, fragte er cool.
„London, yeah, klingt gut, schreibst du mir noch ne Mail mit den Details?“, fragte er.
„Mach ich, bye“, verschwand er wieder mit seinem Kollegen.
„Was zum Henker war das denn?“, kam Mingan zurück und er hob seinen Arm und zeigte ihr sein Armband.
„Ist es das was ich denke was es ist?“
„Ja, Crow wird mich dafür hassen dass ich da zugesagt habe“, erwiderte er nachdenklich.
„Sie ist damit überfordert, sie wird sich freuen, dass du ihr hilfst. Du hast das letzte Nacht echt gut gemacht, außer dass du auf meiner Tasche gelegen bist, aber das passiert“, bemerkte sie.
„Du hast mich gepackt, ich sollte dich nicht allein lassen“, konterte er.
„Hab ich?“
„Hast du“, bemerkte er und zeigte ihr seine Wunden am Hals.
„Oh man, tut mir leid, das wollte ich nicht“, berührte sie seinen Hals.
„Sind nur Kratzer, macht doch nichts. Lass uns heimgehen, ich muss einiges planen, ich muss nach London nächsten Monat, für so’n Workshop“, erklärte er.
 „Für ihren Workshop musste Crow nicht über den großen Teich fliegen!“
„Ich weiß, aber mir ist es so lieber. Ich war noch nie im Ausland, hab gehört in London ist es ganz verrückt wenn es um Vampire geht, das ist inzwischen ja schon Vampir-Hochburg. Meine Mutter kriegt zumindest einen Anfall wenn sie davon erfährt. Zu Hause muss ich erst Mal Crow anrufen, du beschützt mich doch mit deinen Werwolf-Kräften wenn sie mich pfählen will, oder?“, fragte er sarkastisch.
„Äh, nein“, konterte sie trocken.
„Nein? Ich dachte wir wären Freunde!“
„Sind wir auch, Süßer, aber wenn meine beste Freundin Pflock-Schwingend auf mich zukommt bin ich weg. Sie wird froh sein, dass du ihr hilfst, keine Sorge“, versprach sie und ging weiter zur U-Bahn.
„Sagst du das nur um mich aufzumuntern?“, fragte er und eilte ihr hinterher.
„Kann schon sein“, schmunzelte sie und stieg in die grad gekommene U-Bahn.

Drittes Kapitel


„Nein, das können die nicht machen, ich bin die Mediatorin hier, nicht du“, war Crow nicht begeistert, als sich die Geschwister auf der Feuertreppe von Rufus‘ Wohnhaus unterhielten.
„Du hast so viel um die Ohren grade, kleine Schwester, es wäre mir eine Ehre wenn ich dich etwas unterstützen könnte. Ich mach nur die harmlosen Sachen, lass mich das für dich machen, wenn ich schon zu schwach bin um Jäger zu sein“, bat er.
„Der Rat hat so entschieden, meine Erlaubnis brauchst du dafür nicht“, entschied sie trotzig.
„Aber ich hätte gern dein Einverständnis, ich sehe zu dir auf“, gestand er.
„Willst du dich bei mir einschleimen?“
„Nein, ich meins ernst. Hallo, du bist die beste Vampirjägerin der Stadt, warum glaubst du, dass ich diese Prüfung jede sechs Monate mache? Ich möchte so sein wie du“, entschied er.
„Man, du meinst das wirklich ernst. Eigentlich sollte das doch umgekehrt sein, großer Bruder“, war sie gerührt.
„Ist es aber nicht. Ich will das wirklich machen, Kristin“, bat er.
„Okay, dann bin ich dabei, aber wenn ich sage du bist weg von einem Fall bist du weg von einem Fall, klar?“, forderte sie streng und er nickte.
„Hast du es Mum und Dad schon gesagt?“, wollte sie wissen und er schüttelte den Kopf.
„Das wird lustig, Mum hat mich damals dazu gebracht nicht nach London zu gehen für den Kurs, du bist echt mutig das zu machen!“
„Ist es wirklich so wild in London?“
„Sagen wir mal so, wenn ich meine Jungs dahin mitnehmen könnte, wären sie doppelt so schnell perfekte Vampirjäger“, konterte sie trocken.
„Oh man, hast du grad gesagt mitnehmen?“
„Ja, ich komm mit dir mit!“
„Nein, tust du nicht!“
„Doch, tu ich, Mum lässt dich nicht gehen wenn ich nicht dabei bin!“
„Ich bin fast dreißig Jahre alt, ich pack das alleine“, murrte er.
„Gut, aber wenn du dort abgemurkst wirst verzeihen mir das Mum und Dad niemals“, machte sie ihm Schuldgefühle.
„Ich bin ganze zwei Wochen drüben!“
„Das ist nen gutes Training für mich, bitte lass mich das für dich machen“, bat sie.
„Gut, dann komm mit, aber du hältst mir nicht das Händchen, ich muss das alleine schaffen!“
„Hab ich nicht vor, muss mir nur einen Plan ausdenken wie ich mein ganzes Zubehör durch den Zoll kriege. Muss wohl mit einem Zollbeamten pennen“, plante sie und er verzog das Gesicht.
„Was? Kann ja nicht jeder mit der Mitbewohnerin pennen. Wenn du meiner Kleinen das Herz brichst brech ich dir das Genick, das ist dir hoffentlich klar!“
„Wir sind nicht zusammen, wir haben nur Spaß. Aber ich werde ihr weder körperlich noch seelisch einen Schaden zufügen, von ihr kann ich das mir gegenüber nicht versprechen“, zeigte er seine Schwester seine Wunden.
„Man, sie war schon verwandelt als du angekommen bist?“
„Sie hat sich grad verwandelt, aber sie hat mich nen bisschen erwischt. Halb so schlimm. Ist ja nichts passiert. Morgen Nacht geh ich zumindest nicht mehr so nah an den Käfig“, entschied er.
„Du meinst, sie verwandelt sich noch Mal?“
„Morgen ist doch erst Vollmond, oder? Gott sei Dank hat sie morgen frei da kann ich das hier im Keller machen, das war gestern im Krankenhaus schon etwas peinlich. Ich sollte jetzt echt mal zu Hause anrufen, willst du mit uns essen?“, fragte er freundlich.
„Danke für das Angebot, aber die Gelüste rufen mal wieder und der Abend ist nicht mehr so jung“, konterte sie und stand von der Feuertreppe auf.
„Du solltest echt mit dem Yoga und der Mediation anfangen, mir geht’s bestens damit!“
„Sollte ich mir mal überlegen, du wirkst echt ruhig und gelassen. Schreib mir nachher, was Mum gesagt hat“, bat sie und ging die Feuertreppe herunter.
 
Gedankenvoll kam Rufus nach dem Gespräch mit seinen Eltern an den Küchentisch und setzte sich.
„Hey, wie lief‘s?“
„Seltsam, meine Mutter war damit voll einverstanden. Das mit London fand sie nicht so toll, aber als ich ihr gesagt habe, dass Crow mitkommt, war sie beruhigt“, bemerkte er.
„Crow kommt auch mit?“, war sie überrascht.
„Ja, sie hat mich dazu überredet, ich hoffe, sie geht mir dort nicht auf die Nerven. Sie sieht das als Herausforderung, kennst sie ja. Morgen bleiben wir übrigens zu Hause, ich will das Drama von letzter nicht nochmal“, erkannte er.
„Glaubst du, ich verwandle mich morgen wieder?“, wollte sie wissen.
„Morgen ist Vollmond, musst du mir sagen. Ich bin zumindest für dich da und du musst dich erholen, du hast dich doch noch nie innerhalb von zwei drei Tagen zwei Mal verwandelt, oder?“, plante er und sie nickte.
„Ich kann dir dann morgen nicht zu Diensten sein“, warf sie plötzlich ein.
„Ja, ich weiß, ich werde mir was überlegen, ich seh das auch nicht als Selbstverständlichkeit an, dass du das mit mir machst“, sagte er ruhig.
„Ich mach es gerne, wir Wölfe sind auch ziemlich oft rollig und das mit dir ist einfacher als sich schick zu machen und jemanden zu suchen!“
„Du würdest mir doch sagen, wenn du dich in mich verliebt hättest, oder?“, fragte er sie plötzlich.
„Ja, würde ich, bin ich aber nicht. Du auch nicht, oder?“
„Nein, du bist wie eine Schwester für mich, was das was wir machen zu einer irgendwie schrägen Sache macht, sagen wir sehr gute Freundin. Du bedeutest mir ne Menge und ich dir auch, sonst würdest du das nicht für mich machen“, konterte er.
„Warum willst du heute Abend plötzlich unseren Beziehungsstatus diskutieren?“
„Ach nichts, reden wir über was anderes, hat sich dein Dad auch verwandelt letzte Nacht?“
„Ja, er hat Mum zu Tode erschreckt, er hat sie aber nicht verletzt, alles gut“, erzählte sie.
„Das ist gut, hat er ne Erklärung?“
„Blauer Mond halt, er hat ja genauso wenig Erfahrung damit wie ich gehabt!“
„Das kannst du noch deinen Enkeln erzählen, die werden sich vermutlich damit rumschlagen müssen in fünfzig Jahren. War diese Verwandlung irgendwie anders als sonst?“, wollte er wissen.
„Außer dass ich vorher nichts gemerkt habe nicht, nein. Ich werde meinen Enkeln nichts davon erzählen können, ich bin mit fünfzehn sterilisiert worden“, sagte sie plötzlich.
„Du bist was? Wusste ich gar nicht!“
„Wir Werwölfe überleben eine Geburt in den seltensten Fällen, das Risiko wollten wir nicht eingehen. Wir haben uns das lang überlegt und uns dann dafür entschieden. Irgendwann werde ich ein Kind adoptieren wenn ich Kinder will oder auch nicht“, ging sie mit dem Thema ziemlich gelassen um.
„Weiß Crow davon?“, war er etwas schockiert.
„Sie ist meine beste Freundin, natürlich, aber du bist der erste Kerl dem ich das erzähle, ich bin echt verblüfft wie geschockt du darauf reagierst“, erklärte sie.
„Ich bin nicht geschockt, nur überrascht“, log er ziemlich schlecht.
„Ich will nicht sterben, Ruf‘, entschied sie trocken.
„Ja, schon klar!“
„Bist du wirklich nicht verliebt in mich?“, fragte sie nach.
„Nein, sagte ich doch, ich dachte nur du würdest Kinder lieben“, entgegnete er.
„Mach ich auch, aber mein Leben ist mir wichtiger. Du reagierst echt seltsam darauf, aber ich werde da nichts mehr dazu sagen. Iss, bevor es kalt wird“, beendete sie das Gespräch und sie aßen wortlos weiter.
Tags drauf verließ er früh das Haus, dass er früh Feierabend machen konnte.
„Morgen, Professor, bist früh dran“, begrüßte sein Kollege Luke ihn.
„Du weißt, wie ich es hasse, wenn du mich so nennst. Ich möchte früh heim heut“, grummelte er und legte seine Tasche hinter den Tresen.
„Sorry, hast nen Date heute?“, fragte Luke entschuldigend.
„So in etwa, ist wieder mal Vollmond!“
„Du machst den Job deiner Schwester viel zu oft in letzter Zeit“, konterte Luke. Er war auch ein magisches Wesen, ein Halbblut-Hexer so wie er, doch er hatte seine Kräfte noch.
„Ist jetzt auch mein Job“, krempelte er seinen Ärmel hoch und zeigte sein Bronzearmband.
„Du bist jetzt ein Mediator? Du hast doch nicht mal Kräfte“, war Luke eifersüchtig. Rufus packte Lukes Arm und übertrug seine sexuelle Energie zu ihm, was ihn erregte.
„Oh, lass los“, hauchte er.
„Sag es“, kam er nah an ihn heran.
„Du bist mächtig“, sagte er murmelnd.
„Geht doch. Du solltest anfangen mich zu respektieren“, ließ er seinen Arm wieder los und ging zu seinem Platz.
Er benutzte seine Kräfte nicht gern, aber Luke respektierte ihn einfach nicht und er musste diszipliniert werden.
„Was ist denn mit Luke los?“, fragte seine Kollegin Vanessa, als er in die Kaffeeküche kam.
„Keine Ahnung was der immer hat. Wie war dein Wochenende?“
„Ruhig, hast du den blauen Mond am Samstag mitgekriegt?“, fragte Vanessa.
„Ja, sah gut aus, bin ziemlich früh ins Bett“, log er.
„Du bist doch ein Crack was Mythologie angeht, du bist einfach schlafen gegangen?“, war Vanessa verwundert.
„Ja, war halt müde. Ich flieg übrigens nächsten Monat nach London für nen Workshop“, erzählte er.
„London, wow, das ist ne lange Reise, beruflich oder privat?“
„Privat, ich brauch mal Urlaub. Wir sind doch nur zu dritt hier, oder?“, fragte er plötzlich nach.
„Ja, was soll die Frage?“
„Nur so“, berührte er ihren Arm.
„Was machst du mit mir, ich fühl mich plötzlich so wuschig“, erkannte sie säuselnd und er hob sie auf den Tresen.
„Das kann ich noch besser“, säuselte er und verführte sie auf dem Küchentresen.
 
„Was hast du mit Nessa gemacht?“, fragte Luke schroff, als er zwei Stunden später an Rufus‘ Tresen kam, der seine Füße auf dem Tresen liegend ein altes Buch über den blauen Mond las.
„Wusstest du dass der blauen Mond eigentlich gar nicht blau ist, ist nur eine optische Täuschung“, hörte er ihm gar nicht zu.
„Hast du mich gehört?“, schupste er Rufus‘ Beine vom Tresen.
„Ja, ich hab dich gehört, ich bin ein Inkubus, was denkst du was ich mit ihr gemacht habe?“, fragte er und setzte sich wieder richtig auf.
„Was ist mit dir los? So bist du nicht“, verstand Luke nicht.
„Ich bin ein Dämon, ich könnte das auch heimlich in der Nacht machen, das war angemessen genug“, erwiderte er cool.
Wütend warf Luke seinen Kollegen mit Zauberkraft gegen die Wand. Er blieb bewusstlos liegen.
„Ruf‘, verdammt“, erschreckte sich Luke über seine eigene Wut und eilte zu ihm.
„Nessa, ruf nen Krankenwagen, Rufus ist von der Leiter gefallen“, rief er zu seiner Kollegin.

Viertes Kapitel


„Du stehst auf sie, oder?“, fragte Rufus, als er nach seiner Behandlung in der Notaufnahme Luke ansah.
„Ja, ich hätte dir das viel früher sagen sollen. Es tut mir so leid, so ausgeflippt bin ich noch nie“, entschuldigte er sich bei ihm.
„Ich hab meine Kräfte an dir angewendet und du an mir, sagen wir dass wir quitt sind. Hilf mir auf“, bat er und stand unter Schmerzen auf.
„Solltest du aufstehen?“
„Ich hab nur Prellungen, werd’s überleben. Bring mich bitte heim“, bat er und Luke nickte.
 
„Hey, was ist denn mit dir passiert?“, begrüßte Mingan ihn, als er in der WG durch die Tür humpelte.
„Ich hab mir für heute eine andere Sexpartnerin gesucht und die war schon vergeben“, sagte er nur.
„Du bist von nem wütendem Ehemann verprügelt worden?“
„Fast, von ‘nem heimlich verliebten Hexer, lange Geschichte. Jetzt hab ich zumindest mehr Zeit für dich heute“, humpelte er zum Sofa.
„Hat Luke endlich Nessa seine Liebe zu ihr gestanden?“, fragte sie plötzlich.
„Was? Woher weißt du?“, war er verwirrt.
„Deine Süße rief grad an und hat gefragt ob du schon aus dem Krankenhaus raus bist und Luke ist der einzige Hexer in deinem Kollegenkreis da muss man nur eins und eins zusammenzählen“, entschied sie.
„Du bist eifersüchtig“, frotzelte er.
„Nein, bin ich nicht, du solltest das nächste Mal nur keine vögeln die schon einem anderen gehört. Wenn du mich jetzt entschuldigst, der Pulli für meine Nichte wartet auf mich“, bemerkte sie, setzte sich in einen Sessel und häkelte weiter.
„Du häkelst?“
„Mehr kann ich heut ja nicht machen. Bist du verknallt in sie?“
„Ich bin ein Inkubus, ich hab es nur gebraucht, mehr nicht. Was macht dein Bauchgefühl?“
„Ich bin hibbelig, wie jeden Vollmondtag, aber nicht tragisch, häkeln hilft da. Hunger?“, fragte sie und er nickte.
„Dann koch ich was. Ruf Crow an, sie hat sicher mitgekriegt, dass du ins Krankenhaus gekommen bist“, bemerkte sie und er griff nach seinem Telefon.
„Hey Schwesterherz, mir geht’s gut“, rief er Crow an.
„Schön für dich, dafür musstest du mich wecken?“, murrte sie.
„Es ist drei Uhr nachmittags“, verstand er nicht.
„War ne lange Nacht, noch irgendwelche Updates zu deinem Leben?“, wollte sie schläfrig wissen.
„Nein, wollt’s nur sagen, schlaf weiter“, legte er nachdenklich wieder auf.
„Sie hat’s nicht mitbekommen, ich hab sie geweckt“, bemerkte er, als er in die Küche gehumpelt kam.
„Es ist Nachmittag!“
„Ich glaub, bei diesen Arbeitszeiten will ich doch kein Jäger werden. Was kochst du?“
„Couscous mit Tomaten, du hattest heute schon genug Fleisch“, frotzelte sie.
„Sehr witzig, klingt aber gut. Ich wurde noch nie von nem Hexer angegriffen, bin bisschen eifersüchtig auf diese Kräfte, die hätten auch meine sein können“, entschied er.
„Dein Großvater hat sich bewusst gegen seine eigenen Kräfte und später gegen die fremden Kräfte eines bösen Zauberers entschieden, das war die richtige Entscheidung und du musst das respektieren. Ich würde auch gern mal einen Monat nicht in einem Käfig landen, ich würde alles geben um eine normale Frau zu sein“, konterte sie.
„Du bist eine normale Frau“, legte er sanft seine Hand von hinten auf ihre Schulter.
„Nein, wenn ich eine normale Frau wäre, würde ich jetzt mit Freundinnen an meinem freien Abend Cocktails schlürfen, aber nein, ich muss mich mal wieder verwandeln“, entgegnete sie genervt.
„Wie wär’s mit nem Bier mit deinem Mitbewohner?“, fragte er freundlich und holte zwei kalte Bier aus dem Kühlschrank.
„Das ist lieb, aber wenn ich vor der Verwandlung was trinke geht es mir echt dreckig“, erklärte sie.
„Erfahrungen damit gemacht?“, schmunzelte er.
„Zu viele, sorry, du musst wohl allein trinken. Kriegst du keine Schmerzmittel?“
„Nein, der einzige Vorteil dabei ein Dämon zu sein sind die schnellen Heilkräfte, mir geht’s schon wieder gut, ich wollte nur ein bisschen Mitleid haschen“, erklärte er und sie grinste.
„Deshalb ging es dir auf der Highschool nach den Prügelattacken von unseren Mitschülern immer gleich wieder so gut, ich dachte, du wärst einfach ein tougher Kerl“, realisierte sie.
„Ich war so fernab davon entfernt ein tougher Kerl zu sein, ich hab nur mehr einstecken können. Ich glaub ohne diese Kräfte hätte ich den Sex mit dir wohl kaum überlebt“, erwiderte er und zeigte ihr die vielen Narben auf seinem Oberkörper und Rücken.
„Ich hab gar nicht realisiert wie weh ich dir dabei tue, wir sollten das lassen“, entschied sie und fuhr mit der Hand über seine Narben.
„Also mich stört es nicht“, säuselte er.
„Du hast dir also nur Appetit geholt, aber dich nicht sattgegessen“, realisierte sie.
„Sorry, du riechst irgendwo so gut. Ich geh duschen“, murmelte er und ging ins Badezimmer.
Nach einer Weile kam er wieder. Als er zurückkam saß sie gekrümmt auf dem Stuhl in der Küche.
„Hey Süße, alles klar bei dir?“, fragte er vorsichtig und sie sah ihn an.
„Es geht los“, grollte sie.
„Jetzt schon? Es ist noch gar nicht dunkel!“
„Sag das meinen Genen“, begann ihre Verwandlung.
„Okay, dann gehen wir jetzt runter, komm“, nahm er sie in den Arm und brachte sie in den Kellerraum.
 
Die Verwandlung verlief wie üblich und er wollte schon zurück in die Wohnung gehen als sie komplett ausflippte. Er hatte den Käfig eigenhändig gebaut und er war kein guter Handwerker. Eine Schnalle der Tür fiel auf den Boden. Er geriet in Panik. Seine Waffe lag in der Wohnung, das bereute er jetzt. Er schmiss die Metallaußentür zu und lehnte sich dagegen. Die würde nicht lange halten. Er dachte darüber nach, dass er draufgehen würde ohne je Mediator gewesen zu sein. Plötzlich hörte er das Klackern von Absätzen auf den Metallstufen.
„Crow, Gott sei Dank“, bemerkte er vor sich hin.
„Hey Junge, Probleme?“, stand plötzlich Medea vor ihm.
„Mum?“, war er überrascht.
„Erklärungen gibt’s später, Moment“, riss sie die Tür auf, feuerte drei Schüsse ab und der Lärm stoppte.
„Was hast du getan?“, war er entsetzt.
„Das sind Betäubungspfeile gewesen, natürlich, Chan‘ würde mich sonst vierteilen und in seinem Zustand könnte er das auch ohne Probleme. Hilf mir, sie wieder rein zu schleppen“, bat Medea und mühsam zerrten sie sie wieder in den Käfig.
„Hast du deinen Akkuschrauber hier irgendwo?“, schnaufte Medea.
„Ja, hier“, keuchte er und Medea reparierte professionell die Tür.
„Wie kommst du hierher?“, war er immer noch konfus.
„Einer vom Rat hat mich hergebracht, bei ihrem Vater ist das auch passiert, da mussten wir schnell handeln. Sie wird ne Weile weg sein, keine Sorge. Das müsste jetzt so halten, Channing war wenigstens in seinem Käfig in der Schule und konnte so Soyala nicht verletzen. Sie hat mich gebeten hierher zu kommen, ich kam wohl auch keine Minute zu früh. Soll ich noch bleiben?“, fragte sie und er nickte schüchtern.
„Ich weiß nicht, ob ich das hinkriege“, erkannte er traurig und rutschte an der Wand herunter.
„Wegen dem jetzt? Das liegt am blauen Mond, denk ich, das nächste Mal wirst du nicht erleben und wenn dann weißt du Bescheid was du zu tun hast. Ich musste Channing genauso drei Pfeile in den Körper rammen, dass er ruhig bleibt, wenn du eine gehabt hättest, hättest du meine Hilfe nicht gebraucht. Du machst das gut und nach dem Workshop machst du das perfekt. Dreißig Jahre mach ich das jetzt schon, hab aber immer noch eine Heidenangst, vor allem heute Nacht. Du bist noch so jung, aber ich war damals noch jünger als du als ich damit anfing. Sorry, war nen langer Tag, wir sollten uns etwas ausruhen“, konterte sie und setzte sich zu ihm.
„Musstest du wirklich drei Pfeile in sie reinjagen? Sie muss morgen früh wieder arbeiten“, sah er zu dem bewusstlosen Werwolf-Ich seiner Mitbewohnerin.
„Drei hätten nicht sein müssen, nein, aber ich wollte sicher gehen. Hab gehört du bist heut von ‘nem Zauberer attackiert worden“, begann sie Smalltalk.
„Ja, manchmal hasse ich es, ein Inkubus zu sein, ich hab die falsche Frau verführt, zu meiner Verteidigung, hab nicht gewusst, dass er auf sie stand“, erklärte er.
„Hast du nicht was mit der Kleinen hier?“, wollte er wissen.
„Crow ist ein Plappermaul!“
„Hab’s nicht von Crow, Chan hat es mir erzählt“, erklärte sie.
„Warum weiß er das? Man, ich will’s gar nicht wissen“, grummelte er.
„Man, ich werde alt, ich kann nicht mehr auf dem Boden sitzen bleiben. Hier, falls sie nochmal aufwacht, was ich nicht denke. Ich muss zurück und mich um Channing kümmern“, stand sie schwerfällig auf und gab ihm die Betäubungspistole.
„Du lässt mich jetzt allein?“, fragte er unsicher.
„Sie ist komplett weg, das schaffst du, mein Kleiner. Du kannst mich anrufen wenn was ist, aber du wirst eher Probleme haben, sie wieder wach zu kriegen. Bis dann“, ging sie einfach davon.
Rufus wurde wach als er etwas an den Kopf geworfen bekam. Hektisch stand er auf und torkelte zur Seite.
„Sorry, du hast echt tief geschlafen. Ich friere“, hörte er die Stimme seiner Mitbewohnerin. Sie lag benommen splitterfasernackt auf dem Boden.
„Ja, natürlich, ich hol dir deine Sachen“, eilte er in die Wohnung und brachte ihr ihre Sachen.
„Ich bin in der verwandelten Form ziemlich von meinen Gefühlen übermannt worden und hab nicht so viel mitbekommen, hat mich wirklich deine Mutter betäubt?“, zog sie die Pfeile aus ihrem demolierten Körper.
„Bei deinem Dad ging es auch so heftig ab, sie hat mich gerettet“, erzählte er stockend.
„Tut mir so leid“, entschuldigte sie sich wie so oft.
„War nicht deine Schuld, aber du hast mich schon erschreckt. Wenn das jetzt jeden Monat passiert bin ich raus aus der Sache“, scherzte er und sie zog sich an.
„Ja, schon verstanden“, sagte sie eingeschüchtert.
„Das war ein Scherz, ich bin dein Mediator, ich werde nirgendwo hingehen“, konterte er.
„Solltest du aber, ich bin gefährlich“, murmelte sie und schloss den Reißverschluss ihrer Jacke.
„Ja, bist du, aber das ist nichts, was ich nicht handeln könnte“, schmunzelte er und streckte ihr seine Arme entgegen. Kopfschüttelnd ging sie an ihm vorbei.
„Komm schon, ich find es aufregend dass du mich mit einer Hand zerfleischen könntest, das macht mich echt an“, flirtete er.
„Man, das wollte ich gar nicht wissen, sei jetzt bloß still“, zischte sie und knallte die Metalltür zu. Dabei fiel der Türgriff ab, den sie die Nacht zuvor etwas ramponiert hatte.
Er war damit eingesperrt.
„Minnie, lass mich raus bitte, Min“, rief er, aber sie hörte ihn nicht.

Füntes Kapitel


Eine Stunde später kam Rufus komplett verschwitzt zurück in die Wohnung.
„Wo hast du gesteckt?“, war Mingan schon komplett in ihrer Berufsbekleidung und schon auf dem Weg aus dem Haus.
„Das hast du grad nicht wirklich gefragt, oder?“, fragte er genervt und streckte ihr den kaputte Türgriff hin.
„Verdammt, ich bin ziemlich stark nach der Verwandlung, das vergess ich immer wieder, tut mir wirklich leid“, sagte sie sanft.
„Schon gut, ich werde von meiner Mutter immer gehänselt, dass ich handwerklich so gar nicht geschickt bin, jetzt hab ich ihr und mir bewiesen das ich einen Türgriff reparieren kann, na ja, zumindest um rauszukommen, danach ist er wieder abgebrochen“, erklärte er und knallte den Türgriff auf die Ablage neben der Tür.
„Also mich lacht keiner aus, wenn ich mich handwerklich betätigte, ich werde das reparieren wenn ich heimkomme. Du solltest duschen, du stinkst echt bestialisch“, erwiderte sie und nahm ihre Tasche.
„Ja, ich weiß, ich riech’s. Ich muss mich auch beeilen, muss in ner Stunde bei der Arbeit sein. Geht’s dir gut? Du bist gestern echt ausgeflippt“, wollte er wissen.
„Einen Marathon könnt ich jetzt nicht laufen, aber es geht, danke. Ich koch heut Abend was Schönes um mich dafür zu bedanken dass du mir beigestanden hast“, erklärte sie liebevoll.
„Das ist mein Job, schon gut, musst du nicht machen“, bemerkte er.
„Mach ich trotzdem gern, hast du Zeit?“
„Klar, ich freu mich“, bedankte er sich und sie ging lächelnd aus der Tür.
 
„Manchmal wär ich auch gern ein Inkubus“, stand Luke plötzlich neben Rufus, der gerade Bücher einsortierte. Vor lauter Schreck ließ er die Bücher fallen.
„Luke, man, hast du vor mich umzubringen?“, stotterte er.
„Man, wir sind ja heut Morgen dramatisch, du bist wieder komplett fit, was? Hat dich deine Kleine wieder rangelassen? Heilen durch Sex ist echt die beste Argumentation die ein Mann haben kann“, frotzelte er.
„So funktioniert das nur im Fernsehen, wir heilen von ganz alleine, ist aber wirklich ne gute Argumentation, angewandt hab ich es aber noch nicht. Gestern war Vollmond und Mingan ist komplett durchgeknallt, wir mussten sie betäuben“, erklärte er und sammelte die Bücher wieder auf.
„Ner Bekannten von mir ist das auch passiert, das ist diese ganze “Blaue Mond“-Sache, ist vermutlich was einmaliges gewesen“, diskutierte Luke mit ihm.
„Na ja, vermutlich für die nächsten fünfzig Jahre. Du hast auch einen weiblichen Werwolf im Bekanntenkreis?“
„Im Bekanntenkreis meiner Mutter, was wirst du zu ihr sagen?“
„Zu deiner Mutter? Ich kenn deine Mutter nicht!“
„Vanessa mein ich!“
„Verdammt, die hat ich ganz vergessen, keine Ahnung“, murmelte Rufus nachdenklich.
„Wie viel Arschloch steckt in dir?“, wollte Luke wissen.
„Was?“
„Du wirst sie blöd behandeln, ich werde zu ihrer Rettung kommen“, schlug Luke vor.
„Das wolltest du schon immer mal machen, oder?“, schmunzelte Rufus.
„Ja, also?“
„Klingt nach nem Plan. Also wie machen wir es?“, planten sie.
 
Mingan stocherte in ihrem Broccoli herum. Die Augenbrauen hochziehend sah sie ihn an.
„Nettes Veilchen, wieder nen unglücklicher Partner von einem deiner Liebschaften?“, fragte sie tonlos.
„Nein“, murmelte er wortkarg.
„Du wurdest von ner Frau verdroschen, richtig?“, frotzelte sie.
„Möglich!“
„Nessa?“
„Du riechst sie an mir, warum quälst du mich mit dummen Fragen“, grummelte er ertappt.
„Ich mach nur Smalltalk, hast du sie belästigt?“
„Ja, um Luke den großen Heldenauftritt zu ermöglichen, ich war wohl zu überzeugend, sie hat mir voll eine verpasst. Morgen ist das wieder weg“, entgegnete er.
„Hast du Schmerzen oder warum hast du so miese Laune?“, wollte sie wissen.
„Sorry, du hast dir so viel Mühe gemacht, war ein langer Tag. Tolles Essen“, versuchte er zu lächeln.
„Find ich nicht, aber danke. Hat’s funktioniert?“
„Was soll funktioniert haben?“
„Euer Plan, hast du erfolgreich den Kuppler gespielt?“
„Sie hat ihn angebrüllt als ich ging, keine Ahnung“, sagte er nur.
„Ich denk eher weniger. Lust auf Nachtisch?“, wollte sie wissen.
„Sorry, dass ich dir das sagen muss aber ich hab keinen Lust auf Nachtisch!“
„Schade, die Creme Brülee ist echt gut geworden“, bemerkte sie enttäuscht.
„Ach, du meinst wirklich Nachtisch“, war er überrascht.
„Ja, seit wann haben wir einen Code für Sex? Sex ist doch schon immer Sex für uns gewesen, manchmal musstest du gar nichts sagen. Ich will das nicht mehr“, gestand sie plötzlich.
„Gut, ich auch nicht. Ich fang an mich in dich zu verknallen und das will ich nicht!“
„Wieso nicht?“
„Weil du keine Kinder willst!“
„Jetzt denkst du dir was aus, seit wann bist du so erpicht Kinder zu zeugen!“
„Ich wollte schon immer Kinder haben, das ist mir vor kurzem wieder klar geworden. Du kannst keine Kinder mehr bekommen, also, wird das nichts mit uns“, sagte er gespielt cool.
„Rufus, ich hab dir gezeigt wie du ein Arschloch spielst, lass den Mist!“
„Ich glaub, ich geh ins Bett, danke fürs Essen“, stotterte er und ging hastig in sein Zimmer.
„Okay, dann spiel weiter das Arschloch, wenn du Spaß dran hast“, konterte sie kopfschüttelnd und räumte das Abendessen auf.
 
„Dein Bruder benimmt sich komisch“, erklärte Mingan ihrer besten Freundin später am Telefon, als sie auf der Feuerleiter saß und die kühle New-Yorker-Abendluft genoss.
„So komisch wie immer, oder D-Day komisch?“
„D-Day, komisch?“
„Wir sind Dämonen, zwar nur zu einem Viertel, aber du weißt ja, was passieren kann, wenn wir nicht befriedigt werden“, entgegnete Crow besorgt.
„Ja, ich weiß, das hatten wir ja geregelt bei ihm“, konterte sie trocken.
„Wie du das ausdrückst klingt das fast so, als würde ich dich dafür bezahlen, du machst das freiwillig soweit ich weiß“, kritisierte Crow sie.
„Ja, ihr seid echt wahnsinnige Liebhaber, da gibt es aber ein Problem…“, begann sie.
„Du bist verknallt in ihn“, beendete Crow den Satz ihrer besten Freundin.
„Ist wohl zu offensichtlich, was? Ich versuch das klar zu trennen, aber es geht nicht mehr“, erklärte sie stockend.
„Dann sag es ihm, sag ihm, dass du mit ihm zusammen sein willst. Was ist da das Problem? Er hat es zwar nicht gesagt, aber ich denke, er steht auch auf dich, er ist so ein alter Romantiker“, bemerkte sie.
„Ja, er ist verknallt in mich, hat er mir heut gesagt!“
„Was ist dann das Problem?“
„Das Problem ist dein Bruder, er spinnt!“
„Ja, sagtest du schon, soll ich mit ihm reden?“
„Nein, ich wollte mich nur bei dir auskotzen, danke fürs Zuhören!“
„Immer wieder gern!“
„Was machst du heut noch so?“
„Da ich zu faul bin um heute noch aus dem Bett aufzustehen das übliche“, murmelte sie müde.
„Vibrator auspacken und danach zwei Zigaretten rauchen und schlafen gehen?“
„Man, ich führ ein ziemlich geregeltes Leben für ne heiße Vampirjägerin, was?“, schlussfolgerte Crow und Mingan stimmte zu.
„Du weißt schon, wie heiß du bist und du bei deinem eigentlich nicht so schlecht aussehenden Hausmeister nur an die Tür klopfen müsstest, oder?“
„Ja, den hatte ich schon, mehrere Male ehrlich gesagt. Er ist heiß, nur echt mies im Bett“, schmunzelte sie.
„Schade. Wie läuft dein Kurs so?“
„Meine Großcousins sind Angeber, ich bilde schon die dritte Cousin-Riege aus, meine rumänischen Verwandten sind verdammt produktiv und die werden jedes Mal größer und muskulöser. Für meine Triebe ist das nicht immer förderlich, früher hat man doch seine Cousins vögeln können, oder?“
„Denk nicht mal drüber nach, Freundin. Ich hingegen bin mit keinen von denen verwandt“, dachte sie laut nach.
„Und was ist mit meinem Bruder?“
„Der schmollt und ich hab’s nötig“, gestand sie plötzlich.
„Dann verführ ihn, Streit-Sex ist manchmal auch ganz nett“, schlug Crow vor.
„Ne, auf so was steh ich nicht. Ich sollte meinen batteriebetriebenen kleinen Freund wohl auch mal entstauben, ich hab morgen die Frühschicht, bin gegen drei fertig, sollen wir was essen gehen vor deinem Kurs?“, wollte sie wissen und Crow sagte zu.

Sechstes Kapitel


Viel zu schnell verging der Monat und der Flug nach London stand vor der Tür.
„Hast du dein Asthma-Spray eingepackt?“, wollte Crow wissen, als sie mit ihrem großen Bruder im Terminal saß.
„Ja, Mum hat auch schon gefragt, in Europa haben sie die auch, wie ich gehört habe“, bemerkte Rufus müde.
„Deine Augen gefallen mir gar nicht, in London bestellst du dir aber eine Nutte aufs Zimmer, sonst petz ich’s Mum“, zog sie seinen Kopf an seinem Kinn hoch und sah in seine blutunterlaufenen Augen.
„Ich frag mich manchmal was für Themen normale Geschwister haben. Ja, mach ich, auch wenn ich nie mit dir darüber geredet habe wenn Mum fragt“, entschied er.
„Klar, ich red mit ihnen ja auch nicht darüber, ich droh dir immer nur damit. Hey, die rufen unseren Flug aus, wir müssen“, bemerkte sie und die Geschwister standen auf.
„Was machst du eigentlich solang in London?“
„Fortbildung, da ist diese Hexe in Notting Hill die einiges im Vampirjäger-Business verändern will, man lernt nie aus“, erklärte sie, während sie ins Flugzeug gingen.
„Klingt gut. Ist sie heiß?“
„Keine Ahnung, man, du hast es echt nötig. Wir wollten zwar nicht darüber reden, aber warum kriegst du das mit Mingan nicht hin? Ich würde euch gern zusammen sehen“, sprach er das leidige Thema wie so oft an.
„Ich hatte letzte Nacht Sex mit ihr!“
„Das ist schön, aber nichts neues“, konterte sie und setzte sich auf ihren Sitz, als sie im Flugzeug angekommen waren.
„Gestern haben wir es gemacht weil wir es wollten, nicht weil ich es brauchte“, sagte er und setzte sich neben sie.
„Das ist toll, warum bist du dann grade so notgeil?“, fragte sie frech.
„Bin ich doch immer, hab nur wenig geschlafen letzte Nacht, ich flieg nicht gern, wie du weißt“, erwiderte er und lehnte sich erschöpft zurück.
„Hier, trink das“, fischte Crow zwei Schnaps-Fläschchen aus dem Getränkewagen der Flugbegleiterin.
„Das kannst du doch nicht einfach so machen“, war er entsetzt.
„Man, du musst echt lockerer werden, großer Bruder, wenn du eines Tages ein Jäger werden willst“, murrte sie und drehte die Kappen von den Fläschchen ab.
„Gib her“, raunzte er und leerte die Schnapsfläschchen auf Ex.
„Ich wollte zwar auch einen trinken, aber so ist es auch gut. Wir sind am späten Nachmittag schon in London, ich hab von nem Wahnsinnsclub im West End gehört, da messen die deinen Puls wenn du reinwillst und Vampire sind da nicht erlaubt“, schlug sie vor.
„Ich muss Morgen um acht beim Kurs sein, an nen anderem Abend vielleicht. Ich hoffe du hast dein Zeug dabei“, hoffte er.
„Mein Korsett besteht aus Titanverstärkten Pflöcken mit Weihwasserkern“, erklärte sie und zeigte ihr Korsett unter ihrer Lederjacke.
„Wirklich?“
„Hast du in meinen Kursen eigentlich jemals zugehört? Die Dinger bringen gar nichts, das Korsett ist aus Holzstäben, aber nur weil ich mit den Metalldingern nicht durch den Check am Flughafen gekommen wäre. Rose stattet mich während dem Zeitraum mit Sachen aus. Rose ist die Hexe aus Notting Hill!“
„Dachte ich mir schon. Also, ich lass jetzt den Alkohol wirken und penne nen bisschen“, schloss er die Augen.
„Mach das, ich hab das Buch, was du mir geliehen hast, immer noch nicht fertig gelesen, sollte ich mal machen“, entschied sie und zog ein Buch aus ihrer Tasche.
„Mach das“, döste er ein.
 
In London regnete es, als sie aus dem Flughafen raus gingen.
„Europa begrüßt uns nicht grad nett, was?“, führte Crow Smalltalk mit ihrem großen Bruder. Er grummelte nur vor sich hin.
„Du gefällst mir gar nicht, Bruder, zeig mir deine Augen“, zog sie ihn zu sich her und sah in seine verquollenen Augen mit fast schwarzen Pupillen.
„Was zum … hast du wirklich gestern Sex gehabt?“
„Nein, ich hab seit nem Monat mit niemandem mehr geschlafen ehrlich gesagt“, gestand er.
„Überhaupt keinen, nicht mal Handbetrieb?“
„Was denkst du?“
„Man, du Idiot, wir müssen dir ne Nutte beschaffen, ziemlich schnell würd ich sagen. Lass uns ins Hotel fahren, ich ruf im Taxi eine Agentur an!“
„Von wegen, das ist doch oberpeinlich!“
„Willst du dir ne Nutte von der Straße holen? Das kommt nicht in Frage, du steckst meine beste Freundin nicht mit irgendeinem Penicillin-resistenten Mist an!“
„Dann mach halt“, grummelte er grollend.
„Uh ja, das mach ich, ganz eindeutig und wenn ich grad anrufe werde ich mir auch einen bestellen, bei mir ist es auch schon ne Woche her. Wir verballern damit vermutlich unser Geldpensum für London in einer Nacht, aber vielleicht kriegen wir nen Rabatt wenn wir öfters diesen Dienst in Anspruch nehmen“, plante sie und rief erst telefonisch ein Taxi und auf dem Weg zum Hotel den Service.
 
„Und, wie war’s?“, fragte Crow ihren Bruder, als sie sich am späteren Abend zum Essen gehen in der Lobby trafen.
„Du hast ne Irin bestellt, meintest du nur gut, aber irgendwie hat mich der Dialekt irritiert“, bedankte er sich.
„Hatte ich nicht extra bestellt, sorry, war es wenigstens gut?“
„Sie wusste was sie machte, mit Min‘ wär’s schön gewesen“, entschied er und hielt ihr die Tür zum Hotelrestaurant auf.
In dem Moment sahen plötzlich einige Leute zu dem Geschwisterpaar.
„Hat schon die Runde gemacht, was für einen Dienst wir in Anspruch nehmen. Das wird hier noch lustig. Die Straße runter gibt’s Fish und Chips, wie wär’s damit?“, schlug er vor und sie stimmte zu.
„Ich hab mir nen Schwarzen bestellt gehabt, stimmt echt, was man über die sagt“, bemerkte Crow, als sie an einem Imbisstand aßen.
„Hab ich gesagt, dass ich das wissen wollte?“
„Ich dachte, wir reden jetzt darüber!“
„Ja, aber nicht so detailliert, wir hatten es nötig, belassen wir es dabei. Wie spät haben wir es grad zu Hause? Wir sollten Mum und Dad anrufen“, wechselte er das Thema.
„Ist Nachmittag können wir machen. Aber wir erzählen ihnen nicht, dass wir grad 200 Pfund für Nutten ausgegeben haben“, bat sie.
„Ganz sicher nicht. Ich ruf sie an“, griff er nach seinem Handy und rief zu Hause an.
Während er telefonierte checkte ein Pärchen die beiden ab. Crow erkannte sie sofort als Vampire.
„Warps tú“, verscheuchte sie sie auf Gälisch.
„Komm, irisches Blut schmeckt dreckig“, sagte die Vampirin zur ihrem Partner und ging weiter.
„Was war das denn grade?“, legte er wieder auf.
„Nichts, nur fremdenfeindliche Vampire. Wir sollten zurück ins Hotel gehen, ist schon spät“, bemerkte sie Gedanken versunken.
„Ja, gehen wir“, erkannte er, dass sie die Situation für gefährlich einstufte und ging ins Hotel.
„Wolltest du nicht noch ausgehen?“, wollte er wissen, als sie in seinem Zimmer saßen und sich unterhielten.
„Ich werde alt, hab mich um entschieden, wir werden noch ne Weile da sein, werde noch irgendwann gehen. Ich bin schon etwas eifersüchtig auf dich, dieser Mediatoren-Kurs ist sicher klasse“, bemerkte sie.
„Wir können gern tauschen, ich glaub nicht, dass ich das mit dem Mediatoren-Ding hinkriege“, entschied er nachdenklich.
„Red nicht so einen Mist, wenn ich das neben meinem Kurs hinkriege, kriegst du das doppelt hin. Das mit Min‘ letzten Monat hast du klasse gehandelt“, lobte sie ihn.
„Hab ich gar nicht, wenn Mum nicht zur Hilfe gekommen wäre, müsstest du mich jetzt auf dem Friedhof besuchen und vielleicht auch ein paar Leute die ich nicht mehr hätte retten können“, entgegnete er.
„Blödsinn, das hättest du auch irgendwie hinbekommen. Zumindest kriegst du es hin wenn ich dir nen paar Tricks beibringen und die werden dir auch einiges beibringen“, bemerkte sie.
„Das beruhigt mich so gar nicht, was ist, wenn ich sagen wir mal mit ihr zusammenkomme, werde ich dann jeden Monat solche Angst haben wie ich es letzten Monat hatte?“
„Du wohnst seit zwei Jahren mit ihr zusammen und du hast immer noch Angst vor ihrer Verwandlung?“
„Guck mich nicht so mitleidig an, ich bin ein Schisshase, weißt du doch“, murmelte er verlegen.
„Ja, bist du, aber das treiben wir dir aus. Als erstes müssen wir deine Garderobe ändern, du solltest endlich rumrennen wie ein Mann des 21. Jahrhunderts nicht wie einer vom Anfang des 20. Jahrhunderts“, plante sie.
„Sagt die Frau mit dem viktorianischen Korsett um die Hüften“, frotzelte er.
„Das ist nicht altmodisch, das ist sexy und ich kann ne kugelsichere Weste einhängen wenn ich sie brauche“, schmunzelte sie.
„Wann brauchst du ne kugelsichere Weste?“, fragte er entsetzt.
„Manche von den Freaks haben ne Waffe, auch Blutsauger gehen mit der Zeit, großer Bruder!“, entschied sie und er wurde bleich.
„Wurdest du schon mal beschossen?“, wollte er wissen.
„Ja, einmal, die Delle hier ist von ner Kugel“, zeigte sie eine Einkerbung in ihrem Korsett.
„Wissen Mum und Dad davon?“
„Nein, wäre dir auch dankbar, wenn du das für dich behältst. Langsam merkst du dass die Jagd nicht nur Spaß ist, oder?“
„Der Job des Mediators klingt grad ziemlich gut. Du passt doch auf dich auf, oder?“, hoffte er.
„Ja, Bruder, ich bin vorsichtig. Rose bringt mir noch einige Sachen bei, wir gehen Morgen zusammen essen, dein Kurs ist da schon vorbei, kommst du mit?“
„Ja, wieso nicht, sonst bin ich morgen Abend ganz allein im Hotel. Ich sollte jetzt etwas schlafen, muss morgen früh raus“, bat er sie zu gehen.
„Klar, ich werde morgen etwas Sightseeing machen“, überlegte sie laut.
„Klingt gut, gute Nacht“, verabschiedete er sie.
„Klar, ich sollte gehen, gute Nacht“, stand sie von ihrem Stuhl auf und ging in ihr eigenes Zimmer.
 
Mit einem Jetlag im Schädel fuhr Rufus durch London nach Sheppard’s Bush. Die miese Gegend war die perfekte Plattform für so einen Kurs, denn kein Tourist verirrte sich freiwillig dorthin. Mit einem Passwort durch einen Augenschlitz gesprochen kam er in einen geräumigen Saal.
„Willkommen Yankee“, begrüßte ein Irrlicht mit breitem irischem Akzent ihn.
„Ein Irrlicht, ist das hier schon der erste Test?“, fragte er kritisch, aber das Irrlicht sah ihn nur verwundert an.
„Die Yankees werden auch jedes Jahr kritischer, Rufus Dewin nehm ich mal an“, kam ein Brite, der ein Rolling-Stones-T-Shirt und Jeans trug, zu ihnen. Rufus umkreiste ihn wie Beute und versuchte ihn in ein Wesen einzuordnen.
„Mensch, zu 100%, kannst du das lassen? Ich fühl mich wie ein Reh, dass von einem Dämonen in die Ecke getrieben wird“, bat der Kerl und Rufus stoppte.
„Sag bloß nicht, dass du mich unterrichtest“, konterte er.
„Ja, mach ich schon seit fast zehn Jahren, seit ich den Job von meinem Vater übernommen habe. Nettes Outfit, hast du ein Museum bestohlen?“, frotzelte er.
„Rufus“, stellte er sich vor.
„Mick, benannt nach dem besten Musiker des letzten und diesem Jahrtausends“, entschied Mick und zeigte auf sein Shirt.
„Wenn du meinst. Wer sind die alle hier? Ich dachte ich krieg Privatunterricht“, sah er, dass immer mehr in den Saal kamen.
„Das ist ein Kurs, nicht Privatunterricht, mein Süßer. Es werden unterschiedliche Wesen aus zwölf Ländern zu dem Workshop kommen, wenn Prinz Arrogant von seinem hohen Ross runtersteigen würde, würde er vielleicht einiges lernen“, konterte Mick cool.
„Sorry, hab nen echten Jetlag, ich hab nen Collegeabschluss in Mythen und Legenden, ich sollte mich freuen hier was zu lernen“, entschuldigte er sich.
„Glaub ich dir, Dude, ich hab gestern ne halbe Flasche Jack gebraucht um schlafen zu können“, kam eine junge Frau an ihm vorbei, ihr Akzent verriet, dass sie aus Australien kam.
„Sag ja aus allen Herrenländern, Tate ist aus dem tiefsten Outback hierhergekommen um was zu lernen. Sie ist dort die einzige Hexe in einem Radius von tausenden von Meilen, sie will hier lernen um in Melbourne einem jungen Hexer beizustehen. Wir beide heute Nacht, Tate?“, rief Mick der jungen Hexe entgegen.
„Fick dich, Mick“, rief sie zurück.
„Autsch, das nenn ich mal ne Abfuhr“, schmunzelte Rufus.
„Glaub mir, in einer Woche hab ich das „Dich“ in  ein “Mich“ verwandelt“, behauptete Mick.
„Das schaff nicht mal ich, na ja, okay, ich würde das schaffen, aber ich will nicht, ich hab ne Freundin zu Hause“, bemerkte er nachdenklich.
„Weiß sie, dass du schwul bist?“, frotzelte plötzlich eine bekannte Stimme hinter ihm und er drehte sich ruckartig um. Sein bester Freund aus Kindheitstagen stand plötzlich hinter ihm.
„Padraic? Alter, was machst du denn hier?“, fragte er und umarmte ihn stürmisch.
„Mein Gran schickt mich hierher, er findet wir Medien sollen endlich mal den Respekt kriegen, den richtige Wesen seit hunderten von Jahren haben“, bemerkte der Busfahrer der durch seine geerbten Kräfte mit den Toten sprechen konnte.
„Ich will ja nichts gegen deinen Gran sagen, er ist ein ehrenhafter Mann, aber nur ein Bluttest durch den Rat wird dich auswählen“, bemerkte er ungewollt arrogant.
„Ja, du bist ja so toll, ich beweis dir dass ich besser bin als du. Übrigens mein Gran starb vor einer Woche“, ging er stinkig weiter.
„Du stehst auf Männer?“, fragte Mick ihn.
„Früher mal, als Teenager-Inkubus nimmt man alles was einem vor die Flinte läuft. Padaic ist ein alter Kumpel, kein alter Lover, unsere Familien sind schon eng befreundet seit Generationen“, erklärte er.
„Hab dich falsch eingeschätzt, Kleiner, du gehörst in beide Welten. So, Leute, kommt zusammen, willkommen beim Mediatoren-Kurs, wir fangen gleich an um keine Zeit zu verlieren“, begann Mick den Kurs.
 
An diesem Abend brachte Rufus, Tate und Padraic zu dem Essen mit Rose und Crow mit.
„Hey, Ich hab nen paar Leute aus dem Kurs mitgebracht, hoffe das ist in Ordnung“, begrüßte er seine Schwester.
„Sicher, du hast Freunde gefunden, schön. Pad‘, bist du das? Ich hab dich nicht mehr gesehen seit dich dieser Arsch am Abschlussball sitzen lassen hat“, begrüßte Crow ihren alten Bekannten.
„Bin in LA gelandet, da gibt es jede Menge Idioten den ich das Geld aus der Tasche ziehen kann wenn ich es grad brauche. Sag mir dass der Arsch fett geworden ist“, umarmte er sie.
„Keine Ahnung, für dein Seelenheil sagen wir mal ja. Deinen Augenringen nach zu beurteilen bist du schon ne Weile wach, Süße“, drehte sie sich zu Tate.
„Das ist nur der Kater, zu viel Jack Daniels gestern. Aber ich hab ne lange Reise hinter mir, ja. Was macht die hier?“, sah Tate zu Rose.
„Sie ist in Ordnung, sie zeigt mir nur ein paar Sachen für die Vampirjagd. Es gibt auch gute schwarze Hexen, genauso wie es schlechte weiße Hexen gibt. Sie bleibt“, verteidigte Crow ihre Freundin.
„Sie soll bloß ihre Kräfte im Griff behalten, dann hab ich auch kein Problem“, konterte Tate und setzte sich auch zögerlich. Sie waren schon ein seltsamer Haufen mit zwei Hexen die sich kritisch beäugten, zwei Inkuben/Sukkuben die zu vermitteln versuchten und mittendrin einem Medium, als sie Essen bestellten.

Siebtes Kapitel


Der Kurs war gar nicht so trocken wie Rufus dachte und nach und nach fand er sogar Gefallen daran, was auch an den Leuten lag, die er dort kennengelernt bzw. wiedergefunden hatte.
„…und dann lief der Kerl zwei Stunden im Kreis und dann schlief er ein“, erzählte Tate eine Geschichte wie sie einen Macho verzaubert hatte um sich an ihm zu rächen.
„Erinner mich dran, dich nicht zu ärgern. Wir haben morgen frei, wir sollten mal endlich das Londoner Nachtleben auskosten“, schlug Padriac vor.
„Ja, sollten wir echt machen, jemand nen Plan?“, fragte Tate.
„Meine Schwester hat mir von so’m Club erzählt, der ist für Wesen und soll echt der Hammer sein, ihrer Meinung nach“, schlug Rufus vor, der die Ratschläge seiner Schwester umgesetzt hatte und sich nun moderner gekleidet hatte.
„Ja, klingt gut“, stimmten die anderen zu.
 
Der Club war wirklich der Wahnsinn. Halbnackte Elfen tanzten in Käfigen und Bier floss in Strömen. Ziemlich betrunken torkelten sie aus dem Club.
„Hast du die Flügel der einen Elfe gesehen? Und wenn ich Flügel sage mein ich Möpse“, lallte Padriac.
„Ja, Pad‘, hab schon verstanden. Und, was machen wir jetzt?“, fragte Rufus, der etwas nüchterner war.
„Pinkeln wir von der London Bridge“, schlug Padriac vor.
„Geht nicht die ist seit 2040 komplett gesperrt“, erklärte Rufus.
„Wir haben ne Hexe, da lässt sich doch was machen“, bemerkte Padriac.
„Ich zaubere sicher nicht in meinem Zustand, das kann nur schiefgehen. Wir sollten heimgehen“, bat Tate.
„Zu dir oder zu mir?“, flirtete Padriac mit Tate.
„Du bist der Hellseher hier, sag du es mir“, schmunzelte sie und sie ließen Rufus einfach so stehen.
„Super, danke fürs Alleinlassen“, gackste er und torkelte zur U-Bahn. Es war ziemlich spät und die beste Zeit für die Gestalten der Nacht. In der U-Bahn-Halle wimmelte es von Vampiren und anderen Dämonen. Durch den Geruch von Inkubus-Hormonen und Alkohol die der betrunkene Bibliothekar versprühte wurde er eine gute Zielscheibe für die Vampire. Schnell umkreisten sie ihn wie die Motten das Licht.
Angst kam in ihm hoch und er versuchte irgendwas gälisches zu sagen wie seine Schwester eine Woche zuvor um die Blutsauger zu verscheuchen, aber keine Worte verließen seinen Mund.
„Was haben wir denn hier, Nachtisch mit Alkoholfüllung, so wie ich es gern habe“, entgegnete die Vampirin in der Gruppe.
„Das werdet ihr bereuen“, stotterte er nur.
„Das glaub ich nicht“, entschied die Frau, fletschte ihre Zähne und die drei Vampire zerrten ihn in eine dunkle Ecke, wo sie sich an ihm labten. Als er leblos zu Boden sank, ließen sie zufrieden von ihm ab.
„Oh man, Wodka, das werde ich morgen bereuen“, wischte sich die Vampirin gesättigt das Blut von den Lippen und ihr Lachen, das klang wie Heulen der Hyänen, hallte durch den U-Bahnschacht, während langsam sein Lebenslicht erlosch. Kurz vor seinem Herzstillstand kam eine Gestalt zu ihm, schnitt seinen Arm auf und ließ ihn trinken. Plötzlich riss Rufus die Augen auf und saugte fest an dem Arm des fremden Mannes. Der Kerl hatte Mühe sich Rufus wieder vom Hals zu halten. Er kickte ihn weg und Rufus plumpste auf die Schienen. Er fluchte lautlos und sprang hinterher. Der Mann war sehr kräftig und konnte ihn gut wegbringen.
 
Am nächsten Morgen wollte Crow ihren großen Bruder früh wecken um ihn zu ärgern. Sie klopfte länger als seine Tür, doch er öffnete nicht.
„Hey, du Faulpelz, lass uns Frühstücken“, konterte sie süffisant.
„Er ist nicht da“, hörte sie plötzlich eine raue, dunkle Stimme.
Erschreckt zückte sie einen Pflock und drückte ihm dem Kerl hinter sich in den Bauch während er sie an die Wand drückte.
„Man, du hast das gleiche Feuer wie deine Mutter und du siehst ihr auch verdammt ähnlich“, bemerkte der Kerl ungerührt. Er hatte eine raue Stimme wie ein alter Mann, doch ein Kindergesicht. Dominant drückte sie den Pflock noch etwas fester.
„Du wirst mich nicht töten, Süße“, entschied der Kerl cool.
„Du weißt nicht, wer ich bin, oder?“, drohte sie ihm.
„Oh doch, weiß ich, ich kenn auch all deine Tricks, hab sie deiner Mum beigebracht“, konterte der Typ cool und drehte den Pflock blitzschnell auf ihre Brust.
„Kaz?“, realisierte sie wer er war.
„Genau der selbige. Deine Mutter hat also von mir erzählt“, erwiderte Kaz.
„Du warst ihre halbe Jugend mit ihr zusammen, sie hat dich ein paar Mal erwähnt. Sie hat mir erzählt dass du weg bist nach der Hochzeit mit meinem Dad, sie wusste aber nicht wohin. Wo ist mein Bruder?“, fragte sie plötzlich.
„Das ist nicht so einfach zu erklären“, konterte er herumdrucksend.
„Wo ist mein Bruder?“, wiederholte sie weinerlich.
„Bitte komm mit“, bat er tonlos und sie folgte ihm.
 
Eine Gruppe Leute standen um eine leblose Person herum. Sie waren in einem altenglischen Haus angekommen, wo ein paar Vampire und ein paar Menschen zusammenstanden was sie noch mehr verwirrte.
„Rufus“, hauchte sie und die Gruppe teilte sich, dass sie an ihren Bruder herankam.
Bleich wie ein Laken lag der junge Bibliothekar leblos auf einem Wohnzimmertisch.
„Rufus, Bruder, nein, nicht du, nicht jetzt“, begann sie zu weinen. Die drei Vampire hatten seinen Hals total zerfetzt, er schien tot zu sein.
„Was ist passiert?“, schluchzte sie und fasste mit zittrigen Händen an den Hals ihres Bruders.
„Drei Vampire hatten Hunger, wir haben noch versucht ihn zu verwandeln, aber es war vermutlich nicht genug, weil wir keiner der Vampire waren, die von ihm getrunken haben. Es tut uns so leid“, erklärte Kaz.
„Nein, ich kann unseren Eltern nicht sagen, dass ich ihn an die Vampire verfüttert habe“, weinte sie herzzerreißend.
„Das ist nicht deine Schuld, wir sind hier die Beschützer und Kontrollkräfte der Vampire, es war zu spät in der Nacht und wir waren nicht schnell genug“, entschuldigte sich ein anderer Vampir, der einen Armverband trug.
„Raus, lasst mich mit ihm allein“, schrie sie herum und sie ließen sie mit ihrem leblosen Bruder alleine.
 
Drei Tage später saß Crow abwesend in einem Flugzeug nach New York City während ihr Bruder im Sarg im Frachtraum lag. Sie hatte weder geschlafen noch gegessen und ihren Eltern hatte sie auch noch nicht gesagt, dass er tot war.
„Süße, die servieren gleich das Essen, bitte iss was“, bat Kaz, der neben ihr saß und legte seine Hand auf ihre. Er flog mit um sie zu unterstützen.
„Keinen Hunger“, sagte sie wortkarg.
„Was bringt es dir, wenn du jetzt auch noch draufgehst?“, fragte Kaz trocken.
„Ich hab ihn im Stich gelassen“, begann sie wieder zu weinen.
„Nein, hast du nicht, denk das nicht, er hätte nicht alleine in dieser U-Bahn sein sollen um diese Uhrzeit“, entgegnete er.
„Nein, gib jetzt nicht ihm die Schuld, ich hab ihn davon überzeugt auszugehen, er sträubt sich immer dagegen, aber ich hab ihn aus dem Nest gestupst“, schluchzte sie.
„Seine Freunde haben mir erzählt er hatte in dieser Nacht viel Spaß, er hat grad erst begonnen zu leben, das war so lieb von dir“, erwiderte er.
„Meine Eltern werden mich verstoßen und nie wieder ein Wort mit mir reden“, jammerte sie.
„Nein, auf keinen Fall, du bist jetzt ihr einziges Kind, sie werden dich nicht mehr loslassen wollen“, versprach er.
„Ich weiß nicht, wie ich es ihnen sagen soll, ich hab ihn damals nach New York City mitgenommen und versprochen gut für ihn zu sorgen und jetzt stirbt er in London durch Vampire, ich will nicht mehr leben“, war sie verzweifelt.
„Hey, komm her, so darfst du nicht reden“, zog er sie an sich. Obwohl sie sich noch nie gesehen hatten waren die beiden nach so einer kurzen Zeit schon sehr vertraut.
Sie döste etwas vor sich hin, bis sie wieder in New York City landeten. Kaz begleitete sie nach Hause und schickte sie schlafen. Im Leichenschauhaus überredete sie den Pathologen, der auch ein Vampir war, ihn mit dem Sarg etwas allein zu lassen. Er öffnete die Klappen des Verschlusses.
„Morgen Prinz Schnarchnase, wie war der Flug?“, begrüßte er den gar nicht so toten Rufus.
„Durst“, hauchte der ausgehungert. Er hatte sich in einen Vampir verwandelt, wollte seiner Familie aber die Sorgen ersparen und hatte so Kaz gebeten das geheim zu halten.
„Ja, kenn ich, hier“, streckte er ihm eine Blutkonserve hin, die er mit seinen Reißzähnen durchstach und gierig trank. Er machte sich recht gut für einen Jungvampir, wusste aber genau, seine Familie und Freunde konnten nicht mehr mit dem Gedanken leben mit ihm zusammen zu sein.
„Okay, wir bringen dich hier weg, wir haben hier auch eine Gruppe von Vampiren, die werden sich gut um dich kümmern. Ich muss gehen, der Pathologe bewacht dich, bis einer der Männer mich abholt“, versprach er und stand auf.
„Lass mich nicht allein“, sagte Rufus ängstlich.
„Okay, ich bleib bei dir“, war er verwirrt von der Angst die der Jungvampir hatte. Er wirkte noch so menschlich, obwohl jetzt drei Dämonenkräfte in seinem Körper rumorten.

Achtes Kapitel


„Nein, du hast versprochen auf ihn aufzupassen“, heulte Mingan, als ihre Tochter zu ihr kam und ihr die traurige Nachricht schonend beibrachte.
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, begann Crow wieder zu weinen, nachdem sie sich eigentlich wieder etwas gefasst hatte.
„Ich hab ihn geliebt, warum hab ich ihm das nie richtig gesagt“, wimmerte Mingan und fiel ihr um den Hals. Sie hatte ihren Eltern endlich erzählen können was passiert war und sie waren auf dem Weg nach New York City. Sie hielten zu ihr wie Kaz ihr versprochen hatte. Kaz war wieder in London und Rufus in einem Haus in Brooklyn, wo sie ihn auf sein Vampirdasein vorbereiteten. Sie waren überrascht wie normal er mit seinem Blutdurst umging, er las sehr viel und war auch sonst wie immer.
„Wenn du willst kannst du auch allein leben, du bist nach ein paar Tagen schon so weit wie manche von uns nach Monaten, liegt vermutlich an deinen schon vorhandenen Dämonen-Genen. Du kannst natürlich auch bleiben und wir bilden dich zum Vampirvermittler aus, da du ja schon ein halber Mediator bist wird das gut für dich sein“, erklärte der Leiter der Organisation.
„Ich würde gern zu meiner Familie zurück, aber da meine Schwester mich umbringen müsste und meine Freundin ein Werwolf ist, fällt das wohl aus. Freitag ist meine Beerdigung, ich würde gern dabei sein!“
„Uh, von wegen, mich haben sie damals fast gelyncht als ich das gemacht habe!“
„Wie alt bist du?“
„Sechshundert Jahre!“
„Wirklich?“
„Nein, ich bin kaum älter als du, bin nur aus Wisconsin“, schmunzelte der Vampir, der kaum älter aussah als er.
„Haha, sehr witzig, wie lang bist du denn schon so?“
„Ein Vampir meinst du? Sechszehn Jahre, ich hab ein neues Leben oder Un-Leben hier in New York City aufgebaut und das wirst du auch. Am Anfang wird es dich fast umbringen nicht bei ihnen zu sein aber nach einer Weile wirst du es überleben und weitermachen“, erklärte er ihm.
„Ich werde zurück zu ihnen gehen, sie werden das schon akzeptieren“, schlussfolgerte er.
„Tu dir keinen Zwang an“, zog der Vampir sein Hemd aus seiner Hose und zeigte ihm die lange Narbe auf seiner ganzen Brust.
„Das war mein Vater, aber wenn du meinst“, sagte er trocken.
„Meine Mum war lange mit einem von uns zusammen, sie wird das verstehen und die anderen auch überzeugen“, entschied Rufus.
„Dann mach das, aber dein Coming-out auf deiner eigenen Beerdigung ist etwas unpassend“, bemerkt er.
„Ja, das wär nicht so passend, ich mache es danach“, konterte Rufus.
„Soll einer meiner Männer dir da beistehen?“, fragte der Vampir, aber Rufus schüttelte den Kopf.
„Okay, viel Erfolg“, wünschte er ihm und ließ ihn gehen.
 
Weiße Lilien säumten den Weg des Friedhofes in Queens. Sie hatten entschieden Rufus in New York City zu beerdigen, weil er sich dort am wohlsten gefühlt hatte. Mit verquollenen Augen saßen die beiden Freundinnen mit Rufus‘ Eltern in der ersten Reihe der Trauergäste. Sie hielten Händchen, ihr Verlust hatte sie noch mehr zusammengeschweißt, was Crow in der Situation sehr gut tat. Rufus konnte sich nicht verkneifen seiner eigenen Beerdigung beizuwohnen. Er trug ein Kapuzenshirt und eine Sonnenbrille und stand unter einem Baum. Es war ein sehr trüber Tag in New York City und so konnte er sich ein paar Minuten draußen aufhalten. Er weinte, während seine Eltern eine ergreifende Rede hielten. Wenn sie in diesem Moment gewusst hätten das sie einen leeren Sarg betrauerten währen sie verdammt wütend gewesen. Rufus stieß sich vom Baum ab, an dem er sein Bein gelehnt hatte und ging davon.
„Hast es nicht ausgehalten ohne beizuwohnen, was?“, traf er am Friedhofsausgang auf Kaz.
„Kaz? Ich dachte, du wärst wieder zurück in London“, war er überrascht ihn zu sehen.
„Lu hat mich angerufen und meinte, du würdest zur deiner Familie zurückkehren wollen, ich wollte dir da beistehen“, bemerkte er.
„Mir geht’s gut“, behauptete er.
„Ja, so siehst du aus. Komm, ich kenn eine Hexe, die dir helfen kann, auch tagsüber raus zu kommen, wenn du das wirklich willst“, erklärte Kaz und nahm ihn mit.
 
Rufus starrte in das Fenster des Motel-Zimmers, in dem seine Eltern übernachteten.
„Du hast zwar jetzt die Ewigkeit Zeit, es ihnen zu sagen, aber du solltest es ihnen sagen, solang sie noch am Leben sind“, stupste Kaz ihn an, der neben ihm am Auto gelehnt stand.
„Ich werde sie alle zu Grabe tragen“, erkannte er plötzlich.
„Du kannst es dir noch anders überlegen“, konterte Kaz.
„Nein, ich will nicht ohne sie leben, meine Ewigkeit will ich teilweise mit ihnen verbringen“, stieß er sich ab und ging zur Tür. Er hatte noch eine Blutkonserve getrunken ein paar Minuten zuvor um das Risiko nicht einzugehen, Gelüste zu bekommen.
„Ja“, öffnete Sebastian, Rufus‘ Vater die Tür.
„Bitte bleib ganz ruhig“, begann Rufus und zog seine Verkleidung aus.
„Scheiße, deine Patentante hat also doch Recht gehabt“, konnte Sebastian nur von sich geben.
„Hey Dad, sei ganz ruhig, ich tu niemandem weh“, beruhigte er ihn weiter.
„Ich bin ganz ruhig, verwirrt aber ruhig. Schatz, komm mal her“, sagte Sebastian tonlos und eine verweinte Medea kam zu ihnen. Erst schrie sie, dann umarmte sie ihn stürmisch.
„Ich bring deinen Onkel Kaz um, was hat er dir angetan?“, berührte sie vorsichtig die Wunden an seinem Hals.
„Das war er nicht, ein anderer hat mich verwandelt, er hat mir aber geholfen hier her zu kommen. Mir geht es gut, ich bin wie immer, na ja außer dass ich nen bisschen sonnenempfindlich bin und mich nur noch von Blut ernähre. Mir hilft es wohl zum ersten Mal im Leben, dass ich schon ein böser Dämon war“, erklärte er.
„Idiot, wir haben dich heute beerdigt, warum kommst du erst jetzt?“, realisierte Medea, dass ihr Sohn noch lebte.
„Ich habe lang überlegt, ob ich einfach in die Nacht verschwinden, aber ich kann nicht ohne euch leben“, gestand er.
„Was macht dein Blutdurst?“, fragte Sebastian plötzlich.
„Ich werde versorgt, ich würde euch auch niemals beißen“, versprach er.
„Ja, das wissen wir, man, mein Sohn ist ein Vampir, das hätte ich niemals erwartet. Aber ich bin froh, dass du noch lebst, deine Schwester wird auch froh sein und Mingan erst, na ja, sie ist ein Werwolf, das wird lustig, aber ihr liebt euch, das werdet ihr hinkriegen. Ich werde sie gleich anrufen“, war Medea glücklich.
„Kaz steht draußen, er möchte dich sehen“, sagte Rufus plötzlich.
„Man, ich hab ihn fast 30 Jahre nicht mehr gesehen, ist das in Ordnung für dich, Schatz?“, drehte sie sich zu ihrem Mann.
„Sicher, du hast dich vor dreißig Jahren für mich entschieden, glaube nicht, dass du jetzt deine Meinung noch änderst“, schmunzelte Sebastian und sie ging aus der Tür.
 
Langsam ging Medea auf ihren früheren Liebhaber zu. Er sah exakt so aus wie an dem Tag an dem sie ihn kennengelernt hat.
„Man, ich würde gern mal sagen, dass du alt geworden bist“, begrüßte sie ihn kurz.
„Und ich sag es bei dir lieber nicht. Du bist immer noch die schönste Frau die ich kenne“, begrüßte er sie.
„Rufus ist ein Vampir, schon wieder, das hat schon was Ironisches. Beten wir dafür, dass er glücklich wird und ihn nicht das gleiche Schicksal ereilt wie seinem Namensvetter“, erklärte sie.
„Nein, dafür sorge ich, versprochen. Ich wollte nie, dass das passiert“, entschuldigte er sich.
„Denk ich mir, hab gehört du wärst in Europa!“
„Ja, in London, hätte nie gedacht, dass ich deinen Sohn einmal retten müsste und dabei so kläglich versage. Ist Sebastian noch an deiner Seite?“, wollte Kaz wissen.
„Jeden Tag und jede Nacht, seit 30 Jahren. Hast du jemanden?“, fragte sie hoffend, aber er schüttelte den Kopf.
„Ich möchte nicht so enden wie Rufus, den Original-Rufus mein ich“, erklärte er.
„Deswegen hab ich dich damals nicht heiraten wollen, das hätte ich dir schon vor dreißig Jahren sagen sollen“, gestand sie plötzlich.
„Ja, das wusste ich doch, schon an diesem Abend, ich lies dich in dieser Nacht gehen um dir ein Leben zu ermöglichen wie du es geführt hast und noch führst. Du hast zwei tolle Kinder bekommen“, konterte er und sie umarmte ihn überraschend.
„Danke, dass du das für mich geopfert hast“, sagte sie weinerlich.
„Ich werde dich immer lieben und bin froh, dass du glücklich bist. Jetzt geh zurück zu deinem Sohn, du hast ihn wiederbekommen, verlier ihn nicht wieder“, bat er und stieg in den Wagen.
„Komm gut nach Hause, vielen Dank!“, bedankte sie sich und sah ihm hinterher während er wegfuhr.
 
Medea rief Mingan und Crow zu sich, aber ohne ihnen zu sagen, was sie von ihnen wollte.
„Hey, Mum, was gibt’s?“, begrüßte Crow sie mit einer Umarmung und kam mit Mingan am Arm hinein, die kaum redete.
„Setzt euch“, bat Sebastian sie.
„Nein, nicht noch eine schlechte Nachricht, ich vertrag heute nichts mehr“, bat Mingan erschöpft.
„Es ist eine gute Nachricht irgendwie, komm raus“, holte er Rufus zu sich.
Für eine Minute starrten die Frauen ihn nur an.
„Hey Mädels, was hab ich verpasst?“, begrüßte er sie keck.
„Ich bring diesen Scheißkerl um“, brach es aus Crow hervor.
„Ich freu mich auch dich zu sehen, kleine Schwester“, begrüßte er sie.
„Du hast ihn einfach so reingebeten“, war Crow kritisch eingestellt.
„Er ist dein Bruder“, bemerkte Medea verwirrt.
„Nein, er ist ein Vampir, ich kann ihn nicht mehr in meinem Leben haben“, stotterte Crow und stolperte aus dem Raum. Mingan, die ein wenig co-abhängig von ihrer besten Freundin wurde, folgte ihr wie ein treuer Hund.
„Ich verstehe“, sagte Rufus nur traurig und verschwand in die Nacht, obwohl seine Eltern ihm hinterher riefen.
 
Die nächsten Wochen verbrachte Rufus in einer Art Schattenwelt in der Nacht. Er stalkte seine Schwester und seine Freundin regelrecht, weil er sie so sehr vermisste. Eines Tages platzte Crow der Kragen und sie stürmte auf ihn zu und hielt ihm einen Pflock an den Hals.
„Du bist mein Bruder und ich liebe dich, aber wenn du das nicht lässt, töte ich dich“, sagte sie wütend.
„Ich will mein altes Leben zurück“, jammerte er.
„Ich weiß, großer Bruder, aber das geht nicht mehr“, sagte sie weinerlich und ließ ihn los.
„Lass sie frei, sie muss selbst entscheiden, was sie will“, bat er flehend.
„Sie entscheidet selbst, ich hab nichts damit zu tun“, entgegnete sie.
„Sie hängt an deinem Rockzipfel, das glaub ich kaum!“
„Wir haben beide einen Menschen verloren der uns sehr viel bedeutet hat, das verbindet“, sagte sie nur und ließ ihn einfach dort stehen. Er war geschockt, seine Schwester hatte ihn in ihrem Kopf für tot erklärt.

Neuntes Kapitel


„Man, hast es lang ausgehalten, hätte dich früher zurück erwartet“, bemerkte Lu selbstgefällig, als Rufus zurück zu den Vampiren ging.
„Du hattest Recht, meine Schwester kann es nicht akzeptieren und sie verdirbt meine Freundin mit ihrer Einstellung. Gilt dein Angebot noch?“, hoffte er.
„Sicher, Hanson zeigt dir alles“, sagte Lu erfreut und so wurde er in die Gilde der Vampir-Beschützer und Jäger aufgenommen.
 
Rufus trainierte hatte und stieg schnell auf. Sein Körper entwickelte sich was er nicht erwartet hatte. Er baute Muskeln auf und durch Mediation und einem speziellen Kräuterdrink konnte er auf die Blutzufuhr verzichten. Der Geruch von Blut ließ ihn doch etwas straucheln, als er fast ein Jahr nach seiner Verwandlung ein Angriffsopfer eines Vampir-Angriffes in die Notaufnahme brachte. Er hatte eine ganze Weile nicht mehr an Mingan gedacht, doch als er seinen Schützling gerade in einen Zimmer abgeliefert hatte, eilte Mingan plötzlich an ihm vorbei. Es war eine Vollmondnacht, er wusste genau, wo sie hinwollte. Er ging hinter ihr in den Keller. Als sie mit zittrigen Händen versuchte ihren Käfig aufzuschließen, nahm er ihr sanft den Schlüssel ab, schob sie in den Käfig und schloss hinter ihr zu.
„Rufus, bist du das? Man, ich hätte nicht gedacht dass du noch in der Stadt bist“, war sie sehr verwirrt. Rufus, der ein wortkarger Mensch geworden war, setzte sich nur an den Käfig.
„Du hast nicht verdient wie wir dich behandelt haben“, setzte sie sich auch mit dem Rücken an die Gitterstäbe hinter ihn.
„Nein, hab ich nicht“, sagte er nur.
„Du hast dich sehr verändert, wusste nicht, dass Vampire muskulös werden können, da sie ja totes Gewebe sind und so“, erkannte sie.
„Ich auch nicht!“
„Du bist sauer, versteh ich!“
„Ich bin nicht sauer, hab nicht viel Kontakt zu lebenden atmenden Menschen gehabt seit einer Weile“, erklärte er.
„Was machst du dann in diesem Krankenhaus?“
„Ich hab einen Schützling hierher gebracht!“
„Du bist also Mediator geworden, das ist toll!“
„Na ja, nicht so richtig, ich bin eher ein Mediator für Vampire die mit Menschen zusammenleben. Du warst der letzte Werwolf, den ich betreut habe“, redete er plötzlich mehr und zuckte etwas zusammen, als sie seine eiskalte Hand ergriff.
„Bist du glücklich?“, hoffte sie.
„Ich bin tot für euch, wie könnte ich da für eine Minute glücklich sein“, bemerkte er schroff und riss seine Hand aus ihrer.
„Ich hab nie geglaubt, dass du tot bist, nicht mal an deiner Beerdigung“, gestand sie.
„Wenn das so ist, warum hast du mich dann so behandelt?“, rappelte er sich auf und ging Richtung Tür.
„Ich liebe dich, Rufus“, gestand sie.
„Seltsame Art das zu zeigen“, entschied er und ging davon.
Der alte Rufus hätte in diesem Moment geweint, aber der neue toughe Rufus holte seinen Schützling wieder ab und brachte sie nach Hause.
 
Als Mingan am nächsten Morgen nach ihrer Tasche griff, die sie zu weit weggestellt hatte, stand plötzlich der nun schweigsame Vampir vor ihr und gab ihr ihre Sachen.
„Danke“, bedankte sie sich erfreut und zog sich an.
„Hast du das gestern ernst gemeint?“, fragte er trocken.
„Natürlich, du Idiot, hab ich immer schon“, erwiderte sie und er kam in den Käfig.
„Was wird das?“, fragte sie schmunzelnd.
„Ich hab dich vermisst“, entgegnete er und presste sie sanft gegen die Stäbe des Käfigs, während er begann ihren Nacken zu küssen.
„Oh man und wie ich das erst vermisst habe“, hauchte sie und ließ sich von ihm in ihrem Käfig verführen.
„Man, das war interessant, hab nicht gedacht, dass deine Sex-Künste als Vampir deine Künste als Inkubus noch übertreffen, aber das haben sie. Warte, es ist Tag, ich will mich ja nicht beschweren, aber warum bist du nicht schon längst Barbecue?“, war sie verwirrt, als sie die Sonnenstrahlen auf seiner Haut bemerkte.
„Ein Zauber, eine befreundete Hexe von Kaz hat mir geholfen. Das ist aber ehrlich gesagt das erste Mal seit Monaten, dass ich das auch ausnutze, ich schlaf sonst viel tagsüber, nicht dass ich es müsste, ich mach es aber gern. Du solltest dich ausstempeln, sonst machst du noch Überstunden“, schmunzelte er zufrieden und betrachtete sie so nackt auf dem Boden des Käfigs liegend, während er sich anzog.
„Ja, stimmt. Komm heim, Rufus, ich red mit deiner Schwester“, bat sie und stand auch auf.
„Ich hab es in ihren Augen gesehen, sie hat mich beerdigt und damit mit mir abgeschlossen, sie will mich nicht mehr sehen“, erklärte er und schlüpfte in seine Stiefel.
„Sie vermisst dich furchtbar, glaub mir!“
„Von hier aus gibt es kein Zurück mehr, tut mir leid. Ich schreib dir meine Adresse auf, wenn du das wiederholen willst, ruf mich an“, schrieb er ihr seine Adresse auf und verschwand so schnell wie er gekommen war.
 
„Morgen, wie geht’s dir?“, begrüßte Crow ihre Freundin, als sie in ihre gemeinsame Wohnung zurückkam.
„Geht, die Verwandlung war ziemlich harmlos, und dir?“, stellte sie ihre Tasche ab.
„War ne kurze Nacht, war lang auf der Jagd. Du bist irgendwie verändert, was war?“, erkannte Crow gleich, dass was anders war.
„Nein, alles beim Alten“, log sie.
„Du hattest Sex, das seh ich doch. War es der neue heiße Pfleger von dem du mir erzählt hast“, stachelte sie sie an.
„Nein, kein Sex wirklich nicht“, wurde sie rot.
„Doch, doch, das seh ich doch, man du wirst doch ganz rot. Das ist doch gut, du solltest mit meinem Bruder endlich abschließen. Also, wer ist es? Ein Arzt? Werde ich Trauzeugin auf deiner Traumhochzeit?“, machte Crow weiter.
„Hör auf zu fragen“, bat sie ernst.
„Komm schon, war es eine Frau, stehst du jetzt auf Frauen?“, frotzelte sie weiter.
„Es war dein Bruder, verdammt“, raunzte sie.
„Mein Bruder? Er ist wieder in der Stadt?“, fragte Crow verwirrt.
„Es tut mir so leid“, entschuldigte sie sich weinerlich.
„Nein, muss es nicht, solang du ihn nicht in diese Wohnung lässt tu was du nicht lassen kannst“, konterte sie schroff.
„Er ist dein Bruder, Kristin!“
„Nein, mein Bruder starb vor einem Jahr, dieses Ding ist nicht mein Bruder“, murmelte sie.
„Er ist so wie immer, er kann durch einen Zauber sogar noch bei Tageslicht rausgehen. Du musst mit ihm reden“, bat sie.
„Ich muss gar nichts, ich hab mit ihm abgeschlossen!“
„Er vermisst dich unglaublich. Deine Eltern haben akzeptiert dass er jetzt so ist wie er ist, warum kannst du das nicht?“
„Sag ihm, ich werde ihn töten, wenn er mir zu nah kommt“, sagte sie mit einem seltsamen Unterton.
„Ich werde ihn wiedersehen“, entschied Mingan und ging in ihr Zimmer.
„Super, jetzt hab ich einen Teenager im Haus“, grummelte Crow und ging zurück in die Küche, wo sie gerade kochte.
 
Zwei Tage später
 
„Mrs. Dewin, da steht ein junger Mann vor mir, dessen Schwester Probleme damit hat, dass er jetzt ein Vampir ist, er möchte nur mit Ihnen reden“, tönte es durch die Sprechanlage von Ghostbusters Inc.
„Ja, mit dem Problem bin ich gut vertraut, lass ihn rein“, bemerkte Medea nachdenklich ohne von ihren Unterlagen aufzusehen.
„So Junge, Sie brauchen also einen Vermittler“, erkannte Medea, als die Person sich vor ihren Schreibtisch stellte.
„Eigentlich bräuchte ich eher eine Mutter, aber ja, eine Vermittlerin würde es auch tun“, entschied der Kerl und sie sah erstaunt auf.
„Rufus, bist du das?“, fragte sie stockend.
„Hey Mum!“
„Von wegen Hey Mum“, war sie erfreut ihn zu sehen, zog ihn an seinem Nacken herunter und gab ihm einen Kuss auf die Stirn.
„Bin ne Weile abgetaucht, tut mir leid!“
„Ne Weile abgetaucht? Du tauchst wieder auf und bist dann wieder ein Jahr verschwunden, ich dachte schon, deine Schwester hätte dir einen Pflock ins Herz gejagt“, sagte sie streng.
„Sie war kurz davor, ich vermisse sie sehr, sie will aber nichts mit mir zu tun haben“, erklärte er.
„Ja, sie ist bockig, genauso wie ihr Vater manchmal. Was für ein Zauber hat aus deinem Körper dieses Muskelpaket gemacht? Ich wusste gar nicht, dass das geht“, musterte sie ihn.
„Keine Ahnung, hat mich auch gewundert, meine Inkubus-Gene sind anscheinend noch vorhanden. Ich seh aus wie Dad in seinen jungen Jahren“, bemerkte er.
„Ja, dachte ich auch grad, ich kann mit deiner Schwester reden, aber du musst sie verstehen, wie haben dich beerdigt!“
„Ich habe mich nicht dafür entschieden, ich wurde verwandelt“, sagte er ernst.
„Ja, ich weiß, Süßer, wann wurdest du eigentlich verwandelt? Deine Schwester hat zwei Tage bei dir gewacht und kontrolliert, ob du dich doch noch verwandelst. Warst du da schon wieder auferstanden?“, wollte sie kritisch wissen.
„Sie saß da mit einem Pflock im Anschlag, was hättest du in meinem Fall getan?“, wollte er wissen.
„Ja, da hätte ich mich auch gefürchtet. Ich rede mit ihr. Was ist mit Mingan? Hast du mit ihr geredet?“, wollte sie wissen.
„Ja, neulich Nacht, irgendwie“, murmelte er und rieb sich verlegen den Nacken.
„Uh, das wird Chan gar nicht gefallen, aber ich freu mich für euch“, bemerkte sie.
„Ich bin auch erst wieder in ihr Leben getreten, wir müssen noch definieren was wir sind“, erklärte er.
„Ja, macht das, ich wünsch euch alles Gute. Bleibst du in der Stadt zum Abendessen?“, hoffte sie.
„Ich esse nicht mehr, Mum“, bemerkte er trocken.
„Sicher, natürlich, wir würden deine Gesellschaft trotzdem schön finden, ich kann dir auch eine Blutkonserve besorgen“, sagte sie liebevoll.
„Ich trinke kein Blut mehr“, erklärte er und sie zog einen Pflock zu sich hin, den sie zu ihrer Sicherheit in ihrer Nähe hatte.
„Keine Angst, es gibt heutzutage Alternativen zur Blutzufuhr“, bemerkte er ruhig und gelassen.
„Äh, okay“, sagte sie nervös.
„Mum, mir geht’s echt gut, ich trinke schon seit vier Monaten nichts mehr und fühl mich gut“, versprach er.
„Man, das ist Wahnsinn, du bist so ganz außergewöhnlich für einen Vampir, könnte es sein, dass du deinen Tod nur vorgetäuscht hast und gar kein Vampir bist?“, wunderte sie sich, aber er fletschte seine Zähne.
„Nein, Voll-Vampir, ich hätte keinen Grund das vorzutäuschen. Ich bin nur froh, dass dieses Verlangen jetzt weg ist, zusammen mit meinen Inkubus-Talenten und –Gelüsten. Ich bin jetzt mehr Mensch als ich jemals war“, sagte er zufrieden.
„Ja, das seh ich, du wirkst zufrieden. Du musst mit Padriac reden, er macht sich seit deinem Tod große Vorwürfe, er hat seinen Job gekündigt und lebt jetzt wieder bei seinen Eltern“, erklärte sie.
„Oh man, ja, das sollte ich wirklich tun, der arme Kerl. Ich komme gern zum Abendessen, eine Tasse heißes Wasser reicht mir“, erwiderte er und verließ ihr Büro wieder.
 
Vor dem Abendessen ging er noch bei Padriac vorbei. Ihm tat es wirklich leid, dass er so litt. Nervös klopfte er bei Padriacs Eltern.
Padriacs Vater Luis öffnete die Tür.
„Dios Mio, Rufus, bleib da stehen, Dämon“, bemerkte Luis. Der Puerto-Ricaner war etwas verwirrt ihn zu sehen.
„Ernsthaft? Ich bin schon seit meiner Geburt ein genetischer Dämon und jetzt hast du plötzlich Angst vor mir?“, fühlte er sich gekränkt.
„Ich hab gehört, du bist jetzt ein Vampir“, bemerkte er trocken.
„Ich bleibe hier stehen, ich möchte nur mit deinem Sohn reden“, bat er.
„Du findest ihn im WhiteBride“, sagte Luis nur.
„Danke, ich werde niemandem etwas tun, Lu“, versprach er.
„Das hoffe ich, meine Frau weiß wie sie mit einem Pflock umgehen muss“, erwiderte Luis trocken.
„Ja, ich weiß, danke“, sagte er traurig und fuhr zum WhiteBride.
 
Laute Musik tönte aus dem WhiteBride. Die Bar hatte sich seit den Zeiten seiner Großmutter sehr verändert, vor allen nach dem Tod des Besitzers. Als er grade reingehen wollte, stieß ein Rausschmeißer in guter alter Wildwestmanier einen Gast raus.
„Komm rein, Kumpel“, bemerkte der Rausschmeißer freundlich. Er war die erste Person die ihn menschlich behandelte.
„Danke“, sagte er freundlich und trat ein. In dem Moment verstand er, warum er so freundlich empfangen wurde, das WhiteBride hatte sich in ein Establishment für Kinder der Nacht verwandelt. An der Bar entdeckte er Padriac.
„Hey, Kumpel“, legte er seine kalte Hand auf die Schulter seines Kumpels.
„Weiche von mir, Dämon“, stolperte er betrunken ins Eck.
„Ach, hör auf, hier wimmelt es von unsereins, ich will dir nichts tun!“
„Du bist tot, Gestaltwandler“, bemerkte Padriac.
„Erst Mal hey, ich bin ein Gestaltwandler, zweitens, ich bin wirklich hier. Lass uns rausgehen, dann kann ich es dir in Ruhe erklären“, bat er.
„Ich geh nirgendwo hin mit dir, Dämon“, grummelte Padriac und genervt zog er ihn aus der Bar.
Die frische Luft hatte zu Folge, dass sich Padriac erst Mal übergeben musste.
„Sorry, das wollt ich nicht“, entschuldigte er sich und reichte ihm ein Taschentuch.
„Du bist ein Vampir“, stotterte Padriac.
„Ich hätte mich früher melden sollen“, entschuldigte sich Rufus.
„Ich hab dich beerdigt, du Arschloch“, setzte sich Padriac erschöpft gegen die Mauer neben sich.
„Ich weiß, ich wollte auch niemals zurückkehren damals, aber ich kann nicht ohne euch leben“, entschuldigte sich Rufus.
„Rein theoretisch lebst du nicht, Vlad“, bemerkte Padriac betrunken.
„Autsch, das hab ich verdient. Ich hab dein Leben ruiniert, ich hätte mich sofort bei dir melden sollen, aber ich wusste die ersten Tage selbst nicht, ob ich euch im Unklaren lassen soll. Ich trinke kein Blut mehr, wenn dich das beruhigt“, erklärte er.
„Jetzt bist du schon das Coolste Wesen überhaupt und immer noch ne Pussy“, frotzelte Padriac.
„Hey, ist echt anstrengend ein alternatives Essverhalten an den Tag zu legen, da bin ich kaum eine Pussy“, tönte er.
„Du hast Muskeln, du hattest noch nie Muskeln“, bemerkte er plötzlich und musterte Rufus.
„Ja, Pad, nicht schlecht für ne Leiche, was?“, schmunzelte er.
„Aber Vampire können das nicht“, versuchte Padriac in seinem vernebelten Gehirn eine Erklärung zu finden.
„Ich bin anscheinend ein Super-Vampir und kann das, ist jetzt wohl nen bisschen viel für dein Hirn. Komm, ich bring dich heim“, zog er ihn hoch.
„Und es scheint die Sonne, du solltest längst Holzkohle sein“, tätschelte Padriac, Rufus‘ Gesicht.
„Ja, auch noch so ne Geschichte, erzähl ich dir, wenn du wieder nüchtern bist“, versprach Rufus und brachte ihn heim.
Luis nahm seinen Sohn grummelnd an der Tür entgegen.
„Dank mir bloß nicht, Luis“, murrte Rufus und ging davon.
 
„Riecht gut, dein Schmorbraten“, entgegnete Rufus, als er in einer seltsamen Situation mit seinen Eltern an diesem Abend zu Abend aß.
„Ja, den hast du früher immer geliebt“, entgegnete Medea traurig.
„Leute, ihr könnt ruhig essen, mich stört das nicht“, bat er, weil seine Eltern irgendwie nicht aßen.
„Dein Tee riecht irgendwie seltsam, das verdirbt mir den Appetit“, erklärte Sebastian und Medea stupste ihn an.
„Ja, das war am Anfang ne ziemliche Überwindung für mich, vor allem die Kräuter sind eklig. Ich trink es später, ich stell’s weg“, erklärte er.
„Nein, trink es, jetzt“, bat Medea streng.
„Du fühlst dich unwohl damit, dass ich hier bin, oder?“, fragte Rufus.
„Nein, Schatz, niemals“, log sie ziemlich schlecht.
„Du hast einen Pflock auf deinem Schoß, oder?“
„Ich fühl mich damit nur sicherer, nichts weiter“, versprach sie.
„Es war wirklich ein Fehler hierher zu kommen“, trank er die heiße Brühe in einem Schluck herunter und stand auf.
„Au, hat das nicht wehgetan?“, fragte Medea besorgt.
„Ich bin tot, was stört euch das“, grummelte er und stürmte aus dem Haus.
Es war ein Fehler gewesen nach Hause zurückzukehren, er war ein Monster, kein Mensch mehr. Er war in diesem U-Bahn-Schacht in London gestorben, er konnte nicht mehr in sein altes Leben zurückkehren.
Der Vorteil am Vampirdasein war, dass er die Nacht durchfahren konnte. Er schmiss noch einen Brief an Padriac in den Briefkasten seiner Eltern und trat aufs Gas. 

Zehntes Kapitel


Am Abend des tags drauf saß Rufus mit einer Flasche Bourbone in der Hand auf seinem eigenen Grabstein. Er schreckte auf, als jemand hinter dem Baum neben ihm trat.
„Das ist auf so viele Art und Weisen bizarr“, hörte er die Stimme seiner Schwester.
„Mum musste echt überzeugend gewesen sein“, war er überrascht Crow zu sehen.
„Keine Ahnung was du meinst, ich bin hier auf Streife, hab gesehen, dass auf deinem Grab jemand sitzt und wollte nachsehen, hab dich nicht hier erwartet“, erklärte sie cool.
„Bin schon weg, hab mir hier nur am sichersten gefühlt, ja, ist wirklich bizarr“, konterte er und stand torkelnd auf.
„Wusste nicht, dass Vampire betrunken sein können“, war sie verwundert.
„Wenn du mich nicht so verstoßen hättest, wüsstest du es. Mum und Dad wollen mich jetzt auch nicht mehr sehen, wenn dich das glücklich macht, wird nicht lang dauern bis Mingan auch so denkt. Viel Spaß noch auf deiner Tour, kill nicht zu viele von meinen Leuten“, bat er und torkelte ein paar Schritte davon.
„Ruf‘, warte, du wohnst doch jetzt in der Bronx, oder?“, fragte sie versöhnlich.
„Ja, da wo alle Monster wohnen“, brummelte er.
„Komm, ich bring dich heim“, entschied sie.
„Und was ist mit deiner Streife?“
„Ich bin ne gute Lehrerin, die kommen ohne mich klar. Du bist kein Monster, großer Bruder, tut mir leid, dass ich dich so behandelt habe“, schlug sie ganz versöhnliche Töne an.
„Was ist plötzlich mit dir?“
„Nichts, du bist Familie, ich bin schuld dass du so bist wie du bist, ich hätte dich nicht allein lassen sollen“, bemerkte sie ruhig.
„Du bringst mich doch nicht um, oder?“, fragte er vorsichtig.
„Ne, viel zu aufwendig, komm“, stützte sie ihn bis zu ihrem Wagen.
 
Die Vampirjägerin rollte den Pflock in ihren Händen. Der Vampir lag betrunken und vollkommen wehrlos vor ihr auf dem Bett. Der Dämon hatte den Körper seines Bruders übernommen. Wie er dort lag sah er aus wie ein Toter, da er nicht atmete. Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und stand auf. Langsam setzte sie sich aufs Bett neben ihm. Sie musste es tun, für ihre Eltern und für Mingan, das sie endlich mit allem abschließen konnten. Sie nahm einen großen Schluck aus der Bourbone-Flasche ihres Bruders und stieg über ihn. Ein richtig gesetzter Stoß und es war vorbei. Sie wollte gerade ansetzen, als ihr Handy klingelte. Sie fluchte lautlos und nahm ab.
„Süße, das ist ein ganz unpassender Moment“, schniefte sie in den Hörer.
„Kristin, ich hab’s versaut, ich hab so Angst“, hörte sie die verzweifelte Stimme ihrer besten Freundin.
„Süße, wo bist du?“, fragte sie sie besorgt.
„Ich weiß es nicht“, weinte sie.
„Versteck dein Handy, solang es an ist werde ich dich finden, keine Sorge“, versprach sie und schnappte ihre Tasche.
„Sie liebt dich wirklich, sie hat dir grad das Leben gerettet, Dämon“, murmelte sie vor sich hin und ließ ihn allein in seiner Wohnung.
 
„Wajid, sorry, dass ich dich aus dem Bett holen musste, hast du schon was gefunden?“, fragte sie hektisch, als sie in ihr Büro kam.
„Schon gut, konnte eh nicht schlafen. Bitte schlag mich jetzt nicht, aber ihr Signal ist weg“, erklärte Wajid und duckte sich an seinem Schreibtisch sitzend. Er war der IT-Kerl in ihrer Jägergruppe, sie hatte ihn auf dem Weg zum Büro schon ins Bild gesetzt.
„Ich schlag dich doch nicht, Waj, heute nicht. Was wissen die anderen?“
„Es ist drei Uhr Nachts, Boss, einige sind auf Tour, andere schlafen, aber ich versuch sie zu erreichen. Hat sie sonst noch was gesagt?“, erklärte Wajid.
„Nein, nur dass sie Scheiße gebaut hat, meine Süße baut nie Scheiße, ich hab keine Ahnung, wo wie ist“, bemerkte sie weinerlich.
„Hast du getrunken?“, bemerkte er ihre Fahne.
„Ich war aus, das ist jetzt unwichtig. Ist ihr Handy aus?“
„Ja, tut mir leid. Ich hab Gerüchte gehört, dass Werwolf-Jäger aus Schottland im Land unterwegs sind, sie ist doch ein Werwolf, oder?“, überlegte er laut.
„Werwolf-Jäger? Das wäre ganz übel, sie hat grad eine Verwandlung hinter sich und sie ist noch sehr schwach. Was machen die mit ihr?“
„Keine Ahnung ob sie sie haben, vielleicht ist sie auch nur an einen miesen Kerl geraten, wir finden sie, ich bin verdammt gut, deshalb hast du mich auch rekrutiert“, versprach er und tippte los, während sie nervös auf und abging.
Nach und nach trudelte ihre Gruppe ein. Als die Sonne aufgegangen war stand plötzlich ein ziemlich verkarteter Rufus mit einem Kaffeebecherhalter voller Kaffeebecher vor ihrer Tür.
„Hey, Leute, ich bring euch Kaffee“, konnte er nicht eintreten.
Die Vampirjäger waren verdattert dass ein Vampir ihnen Kaffee brachte.
„Ich stell ihn hier ab“, sagte er schüchtern und stellte den Kaffee ab.
„Entschuldigt mich kurz“, bemerkte Crow und ging zu ihm raus.
„Tut mir leid, einer meiner Quellen hat mich angerufen und mir erzählt, dass Werwolf-Jäger in der Stadt sind. Ich wollte Mingan warnen, aber sie ist nicht zur Arbeit erschienen“, erzählte er ihr verlegen und steckte seine Hände in die Taschen.
„Sie rief mich letzte Nacht an, sagte sie hätte Mist gebaut, danach hab ich sie nicht mehr erreicht. Mein Team sucht sie fieberhaft, aber das hast du gewusst, sonst hättest du nicht Kaffee mitgebracht“, entschied sie.
„Padriac rief mich früh heut Morgen an und sagte mir, dass er eine Vision hätte, dass dir etwas schlimmes passiert, da musste ich herkommen und da ich Kaffee für dich kaufen wollte, hab ich gleich den anderen was mitgebracht“, erklärte er.
„Du hast auch gewusst, was ich letzte Nacht mit dir vorhatte?“, realisierte sie.
„Ja, ich war wach, du hättest es tun sollen, dann hättet ihr wieder eure Ruhe. Rettet sie, für mich, ja? Pass du auch auf dich auf“, sagte er trocken und verschwand wieder.
„Ein Vampir bringt uns Kaffee, ich hab noch nie darüber nachgedacht mir nen Blutsauger als Haustier zu halten, wie machst du es? Ein Liebeszauber?“, wollte Wajid wissen, als sie nachdenklich den Kaffee aufhob und zurück in ihr kleines Büro kam.
„So in etwa, also was haben wir bis jetzt?“, wechselte sie das Thema und sie berieten sich weiter.
 
Rufus kam zur gleichen Zeit in das Büro zurück, was die Vampir-Vermittler als Treffplatz nutzen.
„Ruf‘, Kleiner, du lebst noch, Gott sei Dank. Das Gerücht ging um eine Jägerin hätte dich in ihrer Gewalt“, kam Lu auf ihn zugeeilt.
„War auch so, meine kleine Schwester hat versucht mich zu töten“, sagte er in Gedanken, während er sich an einen Tisch setzte.
„Die Schlampe mach ich kalt“, raunzte einer der Vampire.
„Rudi, für dich ist es Zeit für eine kleine Runde Meditation, ab mit dir“, forderte Lu streng und der Blutsauger trottete davon.
„Willkommen im Club, Kleiner, das haben wir alle schon durch, Rudi wurde von seinem Onkel drei Mal mit einer Schrotflinte in die Brust geschossen, als er nach seiner Verwandlung nach Milwaukee zurückkehrte, 90% waren vor der Verwandlung keine Wesen, du hast das Glück gehabt. Ne Jägerin als Schwester zu haben ist aber echt Pech, wie konnte sie dir so nah kommen?“, fragte Lu.
„Ich war betrunken und hab ihr vertraut, das tu ich nicht mehr, keine Sorge. Ich brauch eure Hilfe“, bat er.
„Wir töten keine Jägerinnen, wir töten überhaupt niemanden, deswegen sind wir ja hier“, entschied er.
„Hab ich was von töten gesagt? Meine Freundin ist in Händen von Werwolf-Jägern, denken wir, die werden sie töten“, erklärte er.
„Hier gibt’s keine Werwolf-Jäger, weil es hier kaum Werwölfe gibt, deine Kleine hat dich nur verlassen, mein Kleiner“, schmunzelte Lu.
„Nein, hat sie nicht, ich hab jetzt die Bestätigung von meiner Quelle, sie lebt noch, aber ich weiß nicht wie lange“, kam Roger, einer der ältesten Vampire der Gruppe erklärend zu ihnen.
„Verdammt, ich werde hier wohl keine Hilfe erwarten können, ein Werwolf ist euch ja nichts wert. Da werde ich wohl allein losziehen müssen“, bemerkte er betrübt.
„Wer hat das gesagt? Auch wenn Werwölfe unsere natürlichen Feinde sind beschützen wir die Unschuldigen und sie ist eine Unschuldige, ist sie doch, oder?“, war Lu auf seiner Seite.
„Ja, die meiste Zeit schon. Also helft ihr mir?“, fragte er überrascht.
„Also ich schon“, stimmte Roger zu.
„Ich auch und ich kann die anderen auch überzeugen“, versprach Lu.
„Du bist der Boss hier, du trägst es ihnen eher auf als sie davon zu überzeugen. Man, hab ich nen Kater, hätte mir ja mal jemand sagen können, dass ich meinen leblosen Körper alkoholisieren kann!“, murmelte er müde.
„Man kann als Vampir nicht betrunken werden, so wie wir auch keine Muskeln aufbauen können, du bist anscheinend eine Ausnahme, ich versuch dich noch zu entschlüsseln“, konterte Lu.
„Wer auch immer ich bin, meine Eltern haben mich zwar in ihr Haus eingeladen, aber nur mit Pflock im Anschlag“, entschied er traurig.
„Du kannst von Glück reden dass deine Eltern Wesen sind, meine Eltern hab ich nie wieder gesehen. So, was machen wir jetzt mit deiner Freundin? Werwolf-Jäger sind nicht wie Vampirjäger, die sind extrem stark und gewieft“, plante Lu.
 
„Da hinten links ist es“, bemerkte Padriac, als er in der Bronx ankam.
„Ich glaub echt nicht, dass ich extreme Kopfschmerzen auf mich genommen habe, um dir zu helfen“, meckerte Tate neben ihr. Seine Ex-Freundin hatte sich extra aus Melbourne her projiziert, um ihm zu helfen.
„Ich besorg dir nachher was. Man, irgendwie hab ich mir die Bude hier anders vorgestellt“, bremste er vor dem Versteck der Vampire.
„Eine Anwaltskanzlei als Tarnung? Das gibt dem Begriff gieriger Blutsauger eine ganz andere Bedeutung“, erwiderte Padriac und parkte den Wagen.
Als sie in das Büro eintraten saß eine sehr attraktive blonde Frau an einem einzelnen Tisch.
„Sind wir hier richtig?“, war Tate unsicher.
„Mal sehen“, bemerkte er, nahm ihre Hand und ging zu der Frau hin.
„Miss, ich hoffe, Sie können mir helfen, ein Freund von mir arbeitet hier, Rufus Dewin“, entgegnete er cool und die Frau sah ihn nur an.
„Haben wir hier nicht“, konterte sie Kaugummi kauend.
„Gut, dann kann ich das ja hier lassen“, bemerkte er und knallte ein Kreuz auf den Tisch. Die Frau sprang fauchend zur Seite.
„Siehst du, wir sind richtig. So, Mäuschen, noch Mal, Rufus Dewin“, sprach er Rufus‘ Namen ganz laut und deutlich aus. Die Frau deutete auf eine Tür.
„Geht doch“, sagte er nur und zog sie zu der Tür.
„Warte, das ist die Höhle des Löwen, das ist dir schon klar, oder?“
„Ich kann auch allein reingehen“, bemerkte er trocken.
„Nein, wenn die alle auf dich losgehen wollen, muss ich dir wohl den Arsch retten“, konterte sie lässig und er öffnete die Tür. Zehn verdutzte Vampire starrten sie an.
„Hey Leute, jemand Lust auf einen Drink?“, tönte er in die Runde.
„Pad?“, kam Rufus aus der Küche.
„Deine Sekretärin ist heiß, Kumpel“, begrüßte Padriac ihn.
„Wer ist der Kerl?“, fragte Lu, Rufus.
„Nen Kumpel, was machst du hier? Wie bist du an Estelle vorbeigekommen?“, war Rufus verwirrt ihn zu sehen.
„Estelle? Wie alt ist die Lady denn?“
„Fast 200 Jahre alt, sieht gut aus für ihr Alter, was? Warum ist er hier?“, fragte Lu.
„Er kann Sie hören, Herr Anwalt. Mingan ist ne Freundin, ich will nur helfen“, erklärte Padriac.
„Wir können jede Hilfe gebrauchen, vor allem magische Hilfe. Du bist extra aus Australien hierhergekommen um zu helfen, Tate?“, freute sich Rufus sie zu sehen und sie umkreiste ihn.
„Eigentlich hab ich mir ziemliche Schuldgefühle gemacht, dass wir dich damals allein nach Hause gehen lassen haben, aber das Vampirdasein scheint dir gut zu tun“, musterte sie ihn.
„Oh ja, untot, yeah“, bemerkte er sarkastisch.
„Sorry, untot zu sein ist sicher scheiße, obwohl ich in zweihundert Jahren auch gern so aussehen würde wie Estelle“, erwiderte sie schmunzelnd.
„Soll ich dir ein Geheimnis verraten?“, fragte Rufus plötzlich.
„Sicher, was ist es?“, war sie neugierig und aus dem muskulösen Vampirjäger wurde wieder der schmächtige Bibliothekar.
„Ich schummle nen wenig“, bemerkte er und zog seine Brille aus der Tasche um sie aufzusetzen.
„Richtig, du bist ein Formwandler, warum hab ich nicht an die einfachste Lösung gedacht“, realisierte Lu.
„Die Formwandler-Kräfte sind mir geblieben, ich hab sie in meinem Leben nie ausgenutzt, trotzdem sind sie mir im Tod treu geblieben. Erst wollte ich das nur machen um meine Narben zu verdecken, dann dachte ich ein paar Muskeln könnten auch nicht schaden“, erklärte er und setzte seine Brille auf.
„Die haben deinen Hals ja komplett zerfetzt, wie viele waren es denn?“, berührte Tate, Rufus‘ Hals, der komplett vernarbt war.
„Drei, soweit ich weiß. Man, ich fühl mich so nicht mehr wohl, ich verwandle mich zurück“, bemerkte er und verwandelte sich zurück.
„Ja, besser ist das. Also, was können wir machen?“, fragte Tate und sie wurden in die Pläne eingeweiht.
 
Zur gleichen Zeit erreichten Crows Eltern das Büro ihrer Tochter.
„Uh, ich bin so sauer auf sie, warum helfen wir ihr überhaupt?“, war Medea gar nicht gut auf ihre Tochter zu sprechen.
„Wir tun das für unseren Sohn, denk immer dran, versuch sie nicht zu töten bis wir Mingan wieder haben, okay?“, bat Sebastian und massierte die Schultern seiner Frau.
„Ich versuch’s, oh man, du riechst so gut“, murmelte sie.
„Okay, wir sollten gehen“, entschied Sebastian und öffnete das Gatter des Gartens, das an Crows Büro angrenzte.
„Mum, Dad?“, stotterte Crow und ging rückwärts zurück, als ihre Eltern plötzlich vor der Tür ihres Büros standen.
„Du“, ging ihre Mutter auf sie zu und presste ihr die Kehle mit den Händen zusammen, während sie sie an die Wand drängte.
„Schatz, was hab ich dir über “Leben lassen“ gesagt?“, fragte Sebastian und Medea ließ sie los.
„Sie lebt doch noch, oder?“, fragte Medea und ihre Tochter hustete. Crow starrte sie nur an.
„Flossen weg von meinem Sohn“, murrte Medea nur.
„Er hat dich angerufen und es dir erzählt?“
„Meine beste Freundin ist Hellseherin, schon vergessen? Was sollte der Scheiß?“
„Er ist ein Vampir, Mum“, röchelte Crow hustend.
„Dein Vater ist ein dämonischer Formwandler und du auch, du musst nicht alle Vampire töten, die dir vor den Pflock laufen, vor allem die Familie nicht. Er ist ein junger Vampir und braucht unsere Hilfe, kein Holz zwischen die Rippen. Fass ihn nochmal an und ich vergess mich wirklich“, donnerte sie.
„Man, die Frau hat Pfeffer, gut, dass sie uns hilft. Tut sie doch, oder?“, fragte Wajid.
„Ich brauch was zu trinken“, torkelte Crow in den Vorraum an den Getränkeautomaten.
„Ich geh zu ihr“, ging Sebastian ihr hinterher.
Sebastian fand seine Tochter bitterlich weinend gegen den Automaten lehnend vor.
„Ich wollte euch nur den Kummer ersparen, er ist kein Mensch mehr“, heulte sie.
„Wir sind alle keine Menschen und doch sind wir alle Menschen. Hättest du Mingan eine Minute in die Augen sehen können wenn du den Mann umgebracht hättest, den sie liebt?“, fragte Sebastian und setzte sich neben sie.
„Wir haben ihn beerdigt!“, sah sie ihn mit verheulten Augen an.
„Ja, ich weiß, ich war dabei. Aber wir haben ihn wieder, verändert, aber wir haben ihn wieder. Er trägt nicht mehr diese komischen Anzüge, das ist doch ne gute Veränderung, was?“, schmunzelte sie und sie lachte unter Tränen.
„Ja, das ist ne gute Entwicklung. Wird Mum mich jetzt für immer hassen?“, wurde sie wieder ernst.
„Sie ist sauer, ich übrigens auch, aber ich will dich nicht gleich erwürgen. Geht’s dir gut?“
„Sie hat echt noch Schmackes für ihr Alter, das gibt blaue Flecken. Wie seid ihr so schnell hierhergekommen?“, wollte sie wissen.
„Ronan hat uns hergebracht, der Rat hat noch Großes vor mit deinem Bruder und er wird nur mit ihr groß werden“, erklärte ihr Vater ihr.
„Deswegen sollte er ein Mediator werden, der kleine Angeber ist wichtiger als ich im Rat. Die wollen mich raushaben“, schlussfolgerte sie und spielte mit ihrer Kreole am Arm.
„Bockmist, wenn du im Rat bist, bist du im Rat, da kommst du nicht mehr raus und das ist auch gut so. Deine Mutter und deine Großmutter sind zwar ausgestiegen, aber sie sind nie wirklich raus. Niemand schmeißt dich raus, dafür sorge ich, versprochen“, versprach er liebevoll und legte den Arm um sie.
„Boss, alles klar bei dir?“, kam ein junger Mann, vermutlich grad volljährig geworden zu ihr.
„Ja, Narc, besorg mal für alle Pizza, ich brauch ein paar Minuten“, bat sie und der junge Mann trottete davon.
„Wer war das denn?“
„Mein Azubi, ja, ich hab nen Azubi, er heißt eigentlich Brian, aber wir nennen ihn Narcotic, weil ich ihn aus dem Drogenhandel hierher geholt habe. Er macht sich echt gut“, bemerkte sie.
„Schläfst du mit ihm?“, fragte ihr Vater plötzlich.
„Er ist erst neunzehn, Dad!“
„Und?“
„Nichts und, ich schlaf nicht mit ihm!“, murrte sie.
„Schläfst du überhaupt mit irgendjemandem?“
„Dad, ich red immer noch nicht mit dir darüber. Ich bin versorgt, mehr musst du immer noch nicht wissen. Ich sollte zurückgehen, sonst denken die Jungs noch, ich bin geflüchtet“, rappelte sie sich auf.
„Hast du letzte Nacht geschlafen?“, fragte Sebastian besorgt.
„Nein, nicht wirklich“, sagte sie müde.
„Dann geh etwas schlafen, wir kommen hier klar“, bat ihr Vater.
„Ich kann jetzt nicht schlafen!“
„Und wie du das kannst. Wenn du nicht heimgehen willst leg dich hier etwas hin. Vielleicht hat sich deine Mutter bis dahin etwas beruhigt“, hoffte er. Crow hatte fast drei Tage nicht geschlafen, sie merkte das erste Mal wie erschöpft sie war. Sie legte sich auf das Sofa im Büro und war kurz danach fest eingeschlafen.

Elftes Kapitel


„Man, ich hätte etwas mehr meine hellseherischen Fähigkeiten trainieren sollen, ich versag echt voll dabei“, rieb sich Padriac die Schläfen, als er im Anwaltsbüro versuchte eine Vision zu kriegen.
„Schon gut, zumindest hast du mich gewarnt, was Kristin angeht. Traurig, dass sie trotzdem in ihr Verderben rennt“, konterte Rufus trocken, der auf einem Sofa rumgammelte.
„Sie hat versucht dich umzubringen und du hast sie trotzdem gewarnt?“, verstand Padriac nicht.
„Sie ist meine Schwester, wär vielleicht besser gewesen, sie hätte mich getötet“, murrte er.
„Meint er das Ernst?“, fragte Lu, Padriac, der mit Kopf nickte.
„Pad, raus aus meinem Kopf“, grummelte der Jungvampir.
„Glaub mir, wenn ich das könnte würde ich das tun. Man, wenn sie tot wäre, würde ich nicht so Schwierigkeiten haben“, gab Padriac auf. Sein Kumpel sah ihn verärgert an.
„Nicht sehr hilfreich, sorry. Süße, kannst du mir irgendwie helfen?“, fragte Padriac, Tate.
„Oh, nerv nicht, hab die größte Migräneattacke meines Lebens, zwei Kontinente in zwei Sekunden waren echt zu viel“, bemerkte Tate, die auch auf dem Sofa lag und die Augen geschlossen hatte.
„Euch ist schon klar, dass ihr nicht warten könnt, bis eure Laune wieder besser ist, wenn wirklich Werwolf-Jäger dahinter stecken zählt jede Minute“, erwiderte Lu drängend.
„Ich brauch frische Luft“, stürmte Rufus raus.
„Wie kann er eigentlich verkatert sein? Er hat keinen Blutkreislauf mehr“, wollte Tate wissen ohne die Augen zu öffnen.
„Keine Ahnung, frag mich was Besseres. Jungs, schwärmt aus, wir müssen wissen wo sie sind und was wir machen können“, bat Lu die anderen Vampire.
„Es ist taghell, Lu“, bemerkte einer der Vampire trocken.
„Ach ja, das. Okay, dann verschieben wir das auf Sonnenuntergang, vielleicht sind dann unsere Gäste wieder fitter. Ich geh solang online, vielleicht wissen meine Freunde was“, bemerkte Lu und schnappte seinen Pad.
 
Crow schlief tief und fest als es an ihren Büroräumen klopfte.
„Das muss Narc endlich mit der Pizza sein“, bemerkte Wajid und öffnete die Tür.
„Hey, kann ich reinkommen“, stand Rufus vor dem Computerspezialisten, der im Rollstuhl saß.
„Der Toyboy ist zurück“, sagte Wajid nur.
„Ich möchte zu meiner Schwester“, sagte Rufus trocken.
„Ach, so ist das, dann bist du der Kerl um den der Streit hier ging. Deine Schwester schläft, aber deine Eltern sind da“, bemerkte Wajid.
„Lass ihn rein, wir sind eine Gruppe Jäger, er wär dämlich uns hier anzugreifen“, bat ein anderer Jäger und Wajid rollte zur Seite um ihn reinzulassen.
Unter den wachsamen Augen der Jäger trat Rufus ein. In dem Moment dachte er, dass es vielleicht nicht seine beste Idee des Tages war zu ihnen zu kommen.
„Ruf‘, Süßer“, kam Medea aus dem Badezimmer.
„Hey Mum“, begrüßte er sie.
„Hör auf dauernd wegzulaufen, wir wollen dir helfen“, umarmte seine Mutter ihn herzlich.
„Ja, sie wollte deine Schwester grad umbringen, Crow ist so erschöpft, dass sie erst Mal nen Runde schlafen musste“, erklärte Sebastian, der die Stimme seines Sohnes gehört hatte.
„Wir gehören als Familie wohl in eine Nachmittagstalkshow, jetzt muss nur noch Dad, Crow nach dem Leben trachten“, sagte Rufus kopfschüttelnd.
„Wir haben mit dir eine zweite Chance erhalten, das wollte sie uns wieder nehmen“, bemerkte Medea ernst.
„Geh nicht zu hart mit ihr ins Gericht, sie hielt das für das Richtige und so unrecht hatte sie nicht“, erwiderte Rufus mit seltsamem Unterton.
„Es tut uns so leid, wie wir reagiert haben, wir müssten eigentlich genug Erfahrung mit Vampiren haben, dass wir anders mit dir umgehen könnten. Bitte gib dich nicht auf“, bat Medea.
„Ach, soll ich nicht?“, fragte er und verwandelte sich in sein altes Ich.
„Du hast deine Formwandler-Kräfte noch? Wie ist das möglich?“, berührte sie sanft sein fahles Gesicht.
„Weiß ich nicht, zumindest kann ich so etwas meiner Würde behalten“, konterte er und sie berührte seine Narben.
„Du hättest nie nach London gehen sollen“, dachte sie laut nach.
„Hätte mir auch hier passieren können. Gib ihr nicht die Schuld“, bat er und verwandelte sich zurück.
„Sie sollte auf dich aufpassen“, bemerkte sie.
„Ja, sollte sie, hat sie auch getan, ich hab mich nur für nen Moment zu sicher gefühlt, das ist alles. Sie hat genug darunter gelitten, lass sie damit in Ruhe“, bat er.
„Okay, wenn du meinst. Warum bist du hier?“, wollte sie wissen.
„Wir brauchen eure Hilfe, wir stecken fest“, erklärte er.
„Wir?“
„Ich hab ein paar neue Freunde die so sind wie ich. Zusammen mit Padriac und seiner Freundin versuchen wir sie zu orten, aber erfolglos“, erklärte er weiter.
„Du hast Padriac dazu geholt? In seinem Zustand?“
„Er ist selbst gekommen und ich bin ihm auch dankbar dafür, aber außer blöde Witze über Vampire zu reißen macht er nicht viel, das muss ich leider sagen. Ihr seid doch Jäger, ihr findet sie doch, oder?“, fragte er die Gruppe hilflos.
„Wir sind dabei, Süßer, aber leider weiß niemand wo sie gestern Nacht war geschweige denn wo sie hingebracht wurde“, sagte Medea liebevoll.
„Ich hätte bei ihr sein sollen“, dachte er laut nach.
„Ja, hättest du. Wer hat ihn reingelassen?“, kam Crow mit zerzauster Frisur zurück ins Büro.
„Man, Kristin muss ich dich noch übers Knie legen? Wir sind eine Familie und er gehört immer noch dazu“, murrte Medea.
„Niemand hat mich reingebeten“, sagte Rufus plötzlich nachdenklich.
„Stimmt, seltsam“, schlussfolgerte Sebastian.
„Also an deiner Verwandlung ist irgendwas faul, mein Sohn“, realisierte Medea.
„Wie meinst du das?“
„Kristin, habt ihr hier nen Pulsmessgerät?“, wollte Medea wissen.
„Er ist tot, Mum, was soll das bringen?“, nörgelte sie.
„Gib es mir einfach, bitte“, bat sie ernst.
„Man, wenn ihr eure Zeit damit vertrödeln wollt, meinetwegen“, murrte sie und ging an den Erste-Hilfe-Schrank.
„Okay, lass uns mal sehen“, bat Medea und legte ihm die Manschette um die Brust. Sie zeigte nichts an.
„Juhu, er ist tot, Überraschung“, bemerkte sie sarkastisch.
„Sorry, Junge“, sagte Medea plötzlich und schlug ihm gegen die Brust.
„Au, Mum, was sollte das?“, krümmte er sich. Plötzlich hörten sie einen Herzschlag.
„Was zum…“, staunte Crow nicht schlecht, als sein Herz zwar schwach schlug, aber schlug.
„Ich hab nen Herzschlag?“, keuchte er verwirrt.
„Ich glaub so tot wie du denkst bist du gar nicht, mein Sohn“, war Medea genauso verwirrt.

Zwölftes Kapitel


Zwanzig Minuten später stand das Ehepaar Dewin mit ihrem Sohn vor der Hexe Alex.
„Versteh ich das richtig? Sie sind hier weil Ihr Sohn, der eigentlich ein Vampir ist, einen Herzschlag hat?“, fragte Alex kritisch.
„Ja, so ungefähr. Sie sind Hexe und Ärztin, haben Sie das schon mal erlebt?“, fragte Medea nur.
„Nicht wirklich, nein. Ist er nicht der Lover von Mingan?“, versuchte Alex zu verstehen.
„Ja, das ist aber ne andere Geschichte. Können Sie ihn ans EKG hängen?“, fragte Medea ernst.
„Ja, wenn Sie meinen, wäre interessant zu sehen. Wissen Sie wo sie ist? Sie kam heut nicht zur Arbeit“, wollte Alex wissen.
„Gehört zu der anderen Geschichte!“
„Okay, ziehen Sie Ihr Oberteil aus“, bemerkte Alex und Rufus zog sein T-Shirt über seinen muskulösen Oberkörper.
„Verwandle dich, Süßer, wir sind hier unter uns“, bat Medea liebevoll und Augenrollend verwandelte er sich in sein alter Ego.
„Wow, ich dachte er wär ein Vampir“, zog Alex ihre Hände zurück.
„Jetzt schon, früher war ich Formwandler und Inkubus. Meine Inkubus-Kräfte schein ich verloren zu haben, mich verwandeln kann ich mich anscheinend noch“, erklärte er.
„Manche Vampirrassen können das auch, was denken Sie wo sonst der Fledermaus-Mythos herkam? Aus welchem Land kam der Vampir der Sie verwandelt hat?“, wollte sie interessiert wissen.
„Keinen blassen Schimmer, war in London, ich wurde von drei Vampiren angegriffen und ein anderer Vampir hat mich dann verwandelt. Die Vampire haben so komische Geräusche von sich gegeben, klang wie der Schrei von Hyänen“, erklärte er.
„Der Vampirus-Virus, meine Granny hat mir davon erzählt, sie hatte so einen Fall als sie in Somalia war. Waren das drei dunkelhäutige Vampire?“
„Ja, wieso?“
„Somalische Vampire, die können so einen kleinen Zaubertrick, sie injizieren ein Gift, dass dein Körper denkt, er wäre ein Vampir, ist er aber nicht“, erklärte Alex.
„Wirklich?“
„Ja, wirklich, selbst gesehen hab ich das noch nicht, aber es klingt ganz danach. Ich hab keine Ahnung, wie das behandeln sollte, wie auch. Ich versuch’s mit Antibiotika und dann sehen wir weiter“, bemerkte Alex.
„Antibiotika?“, fragte Medea kritisch.
„Mum, Dad, lasst ihr uns mal allein?“, bat er und seine Eltern verließen das Krankenzimmer.
„Ich lege Ihnen auch einen Vitamincocktail gegen den Kater, Sie haben doch nen Kater, oder?“
„Ja, hab ich, auch eher außergewöhnlich für nen Vampir. Hab ich jetzt nen Herzschlag, oder nicht?“
„Legen Sie sich hin, ich schau mal“, bat sie und er legte sich hin.
„Das ist ein sehr gutes EKG, damit testen wir Herzrhythmusstörungen, der müsste zeigen wenn da was ist“, erklärte die junge Ärztin.
Sie musste eine Weile eine geeignete Stelle suchen, aber sie hörte sein Herz leise, aber konstant schlagen.
„Man, wenn Sie ein normaler Mensch wären, wäre das echt erschreckend, aber anscheinend geht es Ihnen gut damit. Die fahle Haut kommt von dem schwachen Herzen, die Fangzähne kann ich leider nicht erklären, liegt vermutlich am Virus“, bemerkte sie.
„Ich bin also kein Vampir, aber auch kein Mensch, ganz toll. Was mach ich jetzt?“
„Ich recherchiere dem hinterher, versprochen. Solang trinken Sie kein Blut, die Vampirkrankheit ist auch schon ausgebreitet, das kommt davon wenn ein Mensch Blut trinkt. Die Nebenwirkungen sind ziemliche Lichtempfindlichkeit daher der Name“, erklärte sie.
„Ich bin nicht tot, nur krank“, realisierte er.
„Sieht so aus, das ist die seltsamste Unterhaltung die ich je mit einem Patienten geführt habe, glauben Sie mir. Kommen Sie in einer Woche wieder, dann hab ich vielleicht was für Sie. So, jetzt nehmen wir Ihnen noch Blut ab und dann verpass ich Ihnen die Medikamente“, entschied sie und nahm ihm Blut ab. Es war pechschwarz.
„Okay, da muss ich dem Laborkerl nen Schein zustecken, dass er das ohne Fragen zu stellen untersucht. So, versuchen wir es mal mit den Medikamenten, mal sehen was die bewirken“, sah sie die Spritze kritisch an und legte ihm den Zugang.
Nach dem Vitamincocktail fühlte sich Rufus seltsam wohl. Er hatte seinem Körper das ganze Jahr zuvor keine Beachtung geschenkt, er dachte ja, er würde langsam verrotten und das gehörte so.
„Ich fühl mich besser, danke“, bemerkte er verwirrt, als er sich wieder aufsetzte.
„Schön, bitte. Also, wieder ein einer Woche, fragen Sie dann wieder nach mir. Erzählen Sie mir jetzt, was mit Min ist?“, wollte sie wissen und er setzte sich auf.
„Sie rief ihre beste Freundin, meine kleine Schwester, gestern verzweifelt an, sagte, sie hätte es versaut und seitdem ist sie verschwunden. Sie ist ein junger Werwolf, wir haben die Befürchtung, dass Werwolf-Jäger sie haben“, erklärte er ihr.
„Verdammt, wusste gar nicht, dass es so was gibt. Braucht ihr irgendwie meine Hilfe?“
„Wie gut sind deine Hexenkräfte?“, wollte er wissen und stand langsam auf.
„Ich bin als Medizinfrau wesentlich besser, meine Mutter starb als ich noch ein Baby war und mein Vater ist ein Mensch und hält nicht viel von unserer magischen Welt. Ich hab nicht mehr drauf als ein zweitklassiger Vegas-Zauberer, tut mir leid!“
„Du hast mir schon viel geholfen, danke. Ich sollte mal wieder zu meinen Eltern gehen, meine Schwester wird sich sicher auch schon darüber aufregen, dass ich die Zeit hier verplempert habe“, zog er sein Shirt wieder an.
„Du solltest dich nicht unter einer anderen Form verstecken, Muskeln sind heutzutage so was von out“, riet sie ihm und gab ihm seine Jacke.
„Wenn du meinst, strengt eh sehr an die ständige Verwandlung. Danke nochmal, ich meld mich, sobald ich was weiß wegen Mingan“, versprach er und ging davon.
„Hey, bleibst du jetzt so?“, wunderte sich Medea, als ihr Sohn wie früher vor ihr stand.
„Scheint so, ich bin nicht tot, falls es euch interessiert“, lief er an ihnen vorbei.
„Was heißt du bist nicht tot? Du atmest nicht und hast kaum Puls“, war seine Mutter baff.
„Ist so ein exotischer Virus der von Vampiren übertragen wird, Alex weiß noch nicht genau, wie sie mich heilen soll, aber ich bin nicht tot“, erklärte er.
„Ich bin seit dreißig Jahren Mediatorin, das hab ich noch nie gehört!“
„Ich hab grad nen Vitamincocktail bekommen und ich fühl mich besser, ich bin zwar kein Experte was Vampire angeht, aber das sollte einem toten Körper nicht guttun, oder?“, bemerkte er weiter.
„Meine Güte, du bist kein Vampir“, realisierte Medea erleichtert und umarmte ihn.
„Deine Schwester wird sich freuen, jetzt muss sie dich nicht pfählen“, konterte Sebastian trocken und Mutter und Sohn sahen ihn böse an.
„Zu früh um darüber Witze zu reißen?“, fragte er.
„Es gibt nie die passende Zeit für solche Witze, Schatz. Lass uns zurückgehen, Kristin sitzt sicher schon auf heißen Kohlen“, bat Medea und ging mit ihrer Familie zurück ins Büro.
 
„Was?“, murrte Rufus, als seine Schwester ihn schon länger angestarrt hatte.
„Du bist also kein Vampir?“, fragte sie neugierig.
„Ja, sieht ganz so aus, du hättest fast deinen kranken Bruder getötet, wir sollten Mingan für ihr gutes Timing danken, wenn wir sie wiedersehen. Waj, du wirst deinem Ruf echt nicht gerecht, warum findest du ihr scheiß Handysignal nicht?“, raunzte Rufus, Wajid entgegen.
„Ruf‘, sieh mich an“, bat sie ungewohnt liebevoll und er sah sie genervt an.
„Du hast schwarze Pupillen“, erkannte sie.
„Quatsch, ich hab keine Inkubus-Sachen mehr“, glaubte er ihr nicht und sie zückte einen Spiegel.
„Verdammt, ich bin wirklich noch lebendig, ich hatte das schon ewig nicht mehr, hab die Warnzeichen einfach ignoriert. Entschuldigt mich, ich mach das nicht gern aber ich muss euch für ne Weile alleine lassen“, war er plötzlich in einer ganz anderen Stimmung. Er wirkte erleichtert als er aus der Tür ging.
„Wo geht der jetzt hin?“
„Willst du nicht wissen, glaub mir. Also was haben wir bis jetzt?“, fragte Crow und ging zu ihrem Kollegen.
„Überhaupt nichts, tut mir leid, Boss. Das letzte Signal von ihrem Smartphone wurde um 1:02 Uhr gestern Abend auf dein Handy übertragen. Danach ging der Akku leer oder sie hat es ausgemacht“, erklärte er, was er wusste.
„Ja, soweit waren wir heut Morgen auch schon. Von wo kam das letzte Signal?“, war sie genauso gereizt wie ihr Bruder.
„Aus dem HighTide in Brooklyn“, erklärte er.
„Danke, das ist mal nen Anfang, dann fang ich dort an zu suchen. Sag meinem Bruder, wenn er die Nutte am Leben gelassen hat soll er dahin kommen, wenn er zurückkommt“, bat sie und eilte davon.
„Hey, wo sind die so schnell hin?“, kam Medea aus der Küche.
„Er zu ner Nutte, sie in nen Club!“
„Super und du meintest sie würden anständig bleiben, wenn sie in die Großstadt ziehen“, setzte sich Medea mit nem Kaffee in der Hand eng neben ihren Mann aufs Sofa.
„Darf ich dich erinnern, was wir so angestellt haben, als wir in ihrem Alter waren“, säuselte Sebastian und begann ihren Nacken zu küssen.
„Würg, querschnittsgelähmt, nicht taub und blind, bitte anständig bleiben“, bat Wajid angeekelt.
„Komm Süßer, lass uns nach hinten gehen“, zog Medea ihren Mann weg.
„Super, jetzt brauch ich nur noch die Kopfhörer“, nörgelte Wajid und zog sich ein Headset auf, auf dem er Musik hören konnte.
Eine halbe Stunde später, seine Chefin war immer noch im Club und ihre Eltern blieben verschwunden, blinkte ein Warnsignal auf seinem gesamten Bildschirm auf.
„Ein Vampir-Alarm? Ist da ein Vampir aus dem Bett geplumpst?“, fragte er und wählte die Nummer seiner Chefin.
„Boss, wir haben einen VA“, meldete er ihr.
„Bin grad beschäftigt, Waj, es ist Tag, das ist sicher nur ein Kerl in einem Dracula-Kostüm. Schick den Kleinen hin“, bemerkte sie beschäftigt.
„Was zum Henker machst du grade?“, fragte er verwundert, dass sie so schwer atmete.
„Der Besitzer der Bar ist süß, mehr musst du für dein Seelenheil nicht wissen“, sagte sie nur und legte wieder auf.
„Narc“, brüllte Waj in die Küche.
„Ja, Sie haben gebrüllt, eure Herrlichkeit?“, fragte Narc genervt, als er zu ihm kam.
„Der Boss schickt dich auf deinen ersten Alleingang“, sagte er nur.
„Ehrlich? Sollte es dafür nicht Nacht sein?“, fragte er erfreut.
„Ist vermutlich nur ein Fehlalarm, schau einfach mal“, bat Wajid und Narc nahm seine Sachen.
„Okay, ich ruf euch an, wenn ich da bin“, erklärte Narc und zog los.
„Was war das grad?“, wollte Medea wissen, die zurückkam.
„Nur ein Fehlalarm, da hat sich vermutlich einer einen Spaß erlaubt, kein Vampir kann tagsüber rumlaufen ohne zur lebenden Fackel zu werden“, erwiderte Wajid und setzte seine Kopfhörer wieder auf.
„Was? Ein Vampir, der tagsüber rumlaufen kann?“, riss sie Wajid die Kopfhörer wieder herunter.
„Au, wir haben es täglich mit solchen Spinnern zu tun, nichts Besonderes“, bemerkte Wajid ungerührt und sie verpasste ihm einen Schlag gegen den Nacken.
„Was sollte das denn?“
„Woher kam der Notruf?“, fragte sie und schob ihn zur Seite, um an den PC zu sehen.
„Nicht weit weg von hier, was interessiert Sie das so sehr?“
„Bist du so blöd oder tust du nur so? Habt ihr ein Bike hier?“
„Hinter dem Haus!“
„Schlüssel?“
„Hier? Sie wollen da hin?“
„Ja, will ich“, nahm sie die Schlüssel entgegen, die ihr gereicht wurden und eilte heraus.
„Okay, der Wahnsinn liegt wohl in der Familie, keine Ahnung was die hatte“, redete er mit selbst und hörte wieder Musik.
Medea hatte Schwierigkeiten, die Maschine zu handeln, sie hatte über 20 Jahre auf keiner mehr gesessen. Sie sah auf das GPS an ihrer Armbanduhr und bog in eine Seitengasse ein. Cool bremste sie vor Narcs Wagen.
„Mrs. Dewin?“, war Narc erstaunt.
„Hey Kleiner, ich übernehm das“, sagte sie nur.
„Wie übernehmen?“, wunderte er sich.
„Keine Zeit für Erklärungen, ruf schon Mal nen Krankenwagen, nur um sicher zu gehen“, bat sie planend und ging um die Ecke. Dort saß eine Frau im Wagen ihres Sohnes. Sie hatte Wundmale am Hals und atmete schwer. Er war verschwunden.
„Heilige Scheiße, was hat er gemacht? Süße, halt durch, ich bin jetzt hier“, öffnete sie sie quietschende Beifahrertür und drückte ihre Wunden ab, während der junge Azubi einen Krankenwagen rief.
 
„Er ist also kein Vampir?“, fragte Medea schroff, als sie im Krankenhaus Alex zusammenschiss, nachdem sie die junge Prostituierte dorthin begleitet hatte.
„Ich weiß nicht, was ich Ihnen sagen soll, Mrs. Dewin, er hat einen Herzschlag, ich hab keine Ahnung“, war Alex total geschockt.
„Gott sei Dank geht’s der Kleinen gut, ein bisschen Feenstaub hilft ihr drüber weg zu kommen. Wir wissen nicht wo er ist“, machte sie sich große Sorgen.
„Ihre Tochter ist die beste Jägerin der Stadt, sie finden ihn“, versprach Alex.
„Das befürchte ich auch, sie werden ihn töten, jetzt müssen sie es tun“, sagte Medea weinerlich.
„Wir werden ihn nicht töten, er braucht unsere Hilfe, jetzt mehr also je zuvor“, hörte sie die Stimme ihrer Tochter.
„Wer’s glaubt, ist keine 24 Stunden her, da wolltest du ihn höchstpersönlich töten“, entschied Medea schroff.
„Ja, ich weiß, aber er ist kein Vampir, egal was er momentan ist, er braucht uns“, entschied Crow mitfühlend.
„Bitte tötet ihn nicht“, bat Medea fast flehend.
„Wir töten ihn nicht, Mum, das habe ich meinen Kollegen allen eingeimpft, komm her“, umarmte sie ihre Mutter. Medea drückte sie fest an sich.
„Tante Medea, wir finden ihn, Tate hat ne Ahnung“, versprach auch Padriac, der mit Tate zu ihnen kam.
„Padriac, du bist ein Mensch, du solltest hier nicht dabei sein“, war Medea nicht begeistert, dass der Sohn ihrer besten Freundin in die Situation verwickelt war.
„Ich bin zwar ein Mensch, aber auch ein verdammt guter Hellseher und ihr braucht mich jetzt. Hat er wirklich jemanden gebissen?“, fragte Padriac und Medea nickte.
„So ist er nicht, er ist schüchtern und sensibel, er hat es immer vermieden, seinen sexuellen Triebe in der Gesellschaft von Nutten auszuleben“, dachte Medea laut nach.
„Ist wohl meine Schuld, ich hab ihm damals in London diese Pforte geöffnet, das bereu ich jetzt. Er hat sich verändert, ich weiß nur nicht ob zum Guten oder zum Schlechten. Ich muss wieder los, wir müssen ja jetzt beide suchen. Wir finden sie, Mum, keine Sorge“, versprach Crow und eilte wieder davon.

Dreizehntes Kapitel


„Okay, Mum und Dad haben Manhattan abgeklappert, Padriac und ich Queens, Tate und Narc Brooklyn, Wajd hat sein Apartment mit einer Webcam im Blick, wo zum Henker steckt er?“, fragte Crow erschöpft, als sie eine Woche später im Büro um einen Tisch herumstanden auf dem Tablets und Karten herumlagen.
„Will keiner von euch aussprechen was der Grund sein könnte, dass wir ihn nicht finden?“, fragte Padriac plötzlich.
„Nein, mein Bruder ist nicht tot“, brüllte Crow plötzlich und drückte ihn an der Kehle gegen die Wand.
„Okay, muss atmen“, keuchte Padriac und schlug ihr auf die Hand und sie ließ ihn los.
„Süße, mein Herz wird schwer wenn ich nur darüber nachdenke, aber es besteht die Möglichkeit das…“, begann auch Medea.
„Nein, ihr könnt alle das denken, aber er ist noch am Leben, das spüre ich“, donnerte sie und eilte raus.
„Leute, vor seinem Apartment tut sich was“, warf Wajid plötzlich in die Stille ein, die durch Crows Wutausbruch entstanden war, ein.
„Ist er es?“, kam Medea zu ihm.
„Die Webcam ist nicht ganz deutlich, könnte sein, kann’s aber nicht bezeugen“, entschied Wajid.
„Das reicht mir, ich fahr hin, ich nehm das Bike“, sagte sie nur, schnappte sich wie ganz selbstverständlich die Schlüssel und eilte davon.
„Ich hoffe, sie weiß was sie tut“, konterte Wajid nachdenklich.
„Tate, wir müssen zuerst dort sein“, bat Padriac und streckte seiner Freundin seine Hand entgegen.
„Ja, sollten wir“, erwiderte sie und projizierte sich mit ihm zusammen weg.
„Wir sollten auch los, das sind alles keine Jäger“, bemerkte einer der Jäger und eilte zusammen mit Narc aus der Tür an Crow vorbei, die gerade versuchte runter zu kommen.
„Was ist los?“, fragte sie verwirrt.
„Die Kamera hat was“, erklärte Narc.
„Endlich, dann los“, forderte sie und ging mit ihnen weg.
 
„Alles klar bei dir?“, fragte Padriac fürsorglich, als er mit Tate in der Bronx ankam und sie verwirrt drein blickte.
„Ja, das zecht nur etwas jedes Mal. Warte, er ist zwar dein Sandkastenfreund und alles, aber er hat einen Menschen gebissen, ergo hat Blut geleckt, woher weißt du, dass er uns nichts tut?“, resümierte sie, als sie hinter der Gestalt her gingen, die drehte, als sie sich beobachtet fühlte und zu der U-Bahn-Station lief.
„Du bist ne mächtige Hexe, neben dir hab ich keine Angst“, erwiderte er nur und ging der Gestalt nach.
„Das ist ja ganz schmeichelhaft, aber ich hab keine Ahnung, ob meine Zauberkräfte auch bei Vampiren wirken oder was auch immer er ist. Warte auf mich“, murmelte sie und ging ihrem Freund hinterher.
 
„Verdammt, wir haben keine Bahnkarte, er entkommt uns“, realisierte Padriac, als sie an den Sperren der U-Bahn ankamen.
„Ich bin ne Hexe, ich zahl für nichts“, konterte sie und öffnete ihm die Sperre, bevor sie auch durchging.
„Richtig, tolle Sache, komm“, zog er sie weiter. Die Gestalt stieg in eine U-Bahn und sie taten das gleiche.
„Und jetzt? Willst du einfach zu ihm hingehen?“, fragte Padriac, während sie gebührenden Abstand hielten.
„Mächtige Hexe, hast du gesagt, also los“, zog sie ihn weiter. Es war spät in der Nacht und die Bahn ziemlich leer. Die Menschen die in der Bahn waren, kümmerte ihre Anwesenheit kaum. Als sie nur zwei Schritte von der Gestalt entfernt waren murmelte Tate etwas und die Gestalt drehte sich wie von Geisterhand um. Es war wirklich Rufus, der sie mit glänzenden schwarzen Pupillen ansah. Sie machte eine Bewegung und er wurde wie eine Marionette auf einen leeren Platz gesetzt.
„Das ist schwarze Magie die du da anwendest“, zischte Padriac und sah sich um. Die anderen Leute im Abteil schien das nicht zu stören.
„Das ist nen Vampir, ich kann hier nicht mit “Blumen aus dem Hut zaubern“ anfangen. Sei still, ich muss mich dafür sehr konzentrieren“, bat sie angestrengt und ging langsam auf Rufus zu.
„Tate?“, war Rufus‘ Stimme sanft und verängstigt.
„Keine Sorge, Rufus, wir sind jetzt bei dir, alles wird gut“, versprach Padriac und ging mit seinen Händen beruhigend ihm entgegengestreckt zu ihm hin.
„Kommt mir nicht zu nah, ich bin ein Monster“, jammerte Rufus.
„Das wärst du gern, du Angeber, du bist es aber nicht. Wir helfen dir“, versprach Padriac und sah ihm direkt in die Augen, während Tate sich vor den Jungvampir stellte.
„Deine Familie vermisst dich, wir bringen dich jetzt zu ihr“, entschied sie und blitzschnell löste sie die Falle, fiel ihm um den Hals und war ganz plötzlich weg.
„Ist das hier Ernst?“, sagte er kopfschüttelnd, als er plötzlich allein in dem fast leeren Wagen stand.
„Aua, ich will dir nur helfen, Rufus“, stöhnte Tate, als Rufus seine Zähne schon an ihrem Hals hatte, als sie im Vampirjäger-Büro ankamen. Just in diesem Moment wurde eine Salve von Beruhigungspfeilen auf den Vampir abgeschossen und er fiel zu Boden.
„Man, ihr jungen Leute denkt einen Plan nicht immer durch, oder?“, legte Sebastian die Betäubungspistole auf den Schreibtisch neben sich und kniete zu seinem Sohn.
„Woher wusstest du?“, wunderte sie sich.
„Ihr seid ins Nichts verschwunden, dachte mir schon, dass ihr bald wieder auftaucht. Wollte nur bereit sein. Hat er dich gebissen?“, fragte er, als er sah, dass Blut über ihr Dekolleté auf ihre Brust tropfte.
„Jup, der junge Mann war wohl hungrig. Man, mir wird schwindelig“, torkelte sie und setzte sich auf einen Stuhl.
„Waj, ruf Alex an, wir brauchen hier Hilfe“, bat Sebastian, stand schwerfällig auf und drückte ein Handtuch auf Tates Halswunde.
„Was ist mit Rufus?“
„Er hat vier Pfeile im Körper, der schläft ne Weile, mach schon“, forderte er und Wajid rief Alex an, die sich gleich herprojizierte.
„Ihr habt ihn gefunden“, kam sie erfreut in OP-Kleidung her.
„Ja und er hatte Hunger, hilf uns“, bat Sebastian und zeigte Tates Wunde.
„Verdammt, leg sie aufs Sofa“, forderte sie und Sebastian legte sie hin.
„Wo ist der Verbandskasten?“, wollte sie wissen.
„Hol ich dir“, eilte Sebastian davon.
„Er hat nicht tief zugestochen, das krieg ich schnell genäht, keine Sorge. Du musst dich jetzt nur beruhigen, dass dein Blut nicht so wild pumpt“, beruhigte Alex sie und nähte sie geschickt mit dem Verbandszeug, was Sebastian ihr gebracht hatte.
„Nächstes Mal geh nicht so nah dran“, riet Alex ihr, als Tate erschöpft mit verbundenem Hals auf dem Sofa lag.
„Braucht sie keine Transfusion, oder so?“, fragte Sebastian.
„Nein, das war nicht viel Blut, das produziert ihr Körper selber nach. Nachzuschauen, ob Graf Zahl hier noch am Leben ist, ist wohl etwas sinnlos, oder?“, fragte Alex und drehte Rufus auf den Rücken.
„Wollen wir’s hoffen, sonst hab ich nachher zwei Jägerinnen an meiner Backe die mich lynchen werden. Wo ist Pad eigentlich?“, fragte Sebastian plötzlich.
„Der fährt schwarz irgendwo durch die Bronx, ich konnte ihn nicht mitnehmen, hoffe ihm geht’s gut“, dachte Tate laut nach.
„Wo seid ihr eingestiegen?“, fragte Alex.
„In die sechs, die führte glaub ich Richtung Lexington“, erklärte Tate.
„Ich hol ihn, bleib du liegen und erhol dich“, bat Alex und projizierte sich wieder wag.
„Man, ihre Schuldgefühle müssen sie fast auffressen wenn sie so anstandslos alles für uns macht. Wir sollten die anderen zurückpfeifen“, schlussfolgerte Tate und Wajid rief sie an.
 
„Ich mein, das ist mein Bike, du willst nicht wissen, mit wem ich schlafen musste, um dieses Bike zu bekommen“, stritten Mutter und Tochter, als sie zurück ins Büro kamen.
„Ich muss nicht alles wissen, was mein Liebesleben angeht, danke“, murrte Medea und stieß die Tür auf.
„Endlich kapierst du es, Mum“, ging sie ihr hinterher.
„Psst, sie schlafen“, bat Sebastian sie, leise zu sein. Er saß auf einem Schreibtischstuhl und sah zu Tate und Padriac, die friedlich auf dem Sofa schliefen.
„Wo ist er?“, fragte Medea flüsternd.
„Ich hab ihn in Medeas Büro eingeschlossen, er hat aber so viele Betäubungsmittel intus, dass er eine ganze Weile weg sein sollte“, erklärte Sebastian, während er mit seiner Frau und seiner Tochter zu seinem Sohn ging.
„Was machen wir jetzt mit ihm?“, fragte Crow und lehnte sich cool an den Getränkeautomaten.
„Keine Ahnung, er hat Tate gebissen, als sie ihm helfen wollte“, sagte Sebastian tonlos.
„Nein, hat er nicht, verdammt, ich hab gehofft, dass das mit der Nutte ein Unfall war, aber er also wirklich ein Vampir“, entgegnete Crow und stellte ihr Bein wieder auf den Boden, den sie an den Automaten gelehnt hatte.
„Du wirst ihn nicht töten, das lass ich nicht zu“, entschied Medea und stellte sich vor die Bürotür.
„Ich weiß, das hast du schon deutlich gemacht. Hast du nen Plan B?“, fragte Crow und rutschte am Automaten zu Boden.
„Ich hatte ja nicht Mal einen Plan A, normalerweise sollte ich jetzt mit meinen Freundinnen in einem SPA in Montana sein“, entgegnete Medea müde.
„Geht nach Hause, ich hab euch schon genug aufgehalten“, bat Crow und sah hoch zu ihren Eltern.
„Du hast uns gar nicht aufgehalten, wir sind Familie, das werden wir immer sein. Du solltest schlafen, Rufus ist betäubt und deine Freunde schlafen auch. Dad soll dich heimfahren, ich bleib hier“, streckte sie ihr freundlich ihre Hand entgegen und zog sie hoch.
„Ich bin so müde“, gestand Crow und Medea zog sie liebevoll an sich.
„Dann geh heim, du schläfst schon seit einer Woche hier, wenn du überhaupt geschlafen hast. Ich ruf dich an, sobald wir was Neues erfahren“, bat Medea und Crow nickte.
 
Als Crow endlich wieder friedlich in ihrem Bett schlief, klingelte ihr Handy auf dem Wohnzimmertisch. Ihr Vater, der auf dem Sofa döste, sah darauf.
„Narc, sie schläft“, nahm er einfach ab.
„Sie wurde am Hauptbahnhof gesehen“, erklärte der Azubi.
„Es ist halb drei in der Früh, das kriegt ihr auch ohne sie hin, Kleiner!“
„Gut, dachte nur, sie würde es wissen wollen. Ich halt euch auf dem Laufenden“, entschied er und legte auf.

Vierzehntes Kapitel


Breitbeinig standen drei Vampirjäger an einem Gleis in der New York Penn Station. Eine junge Frau kam humpelnd auf sie zu. Sie trug ein Abendkleid, welches sie anscheinend schon Tage trug und ein Stöckelschuh fiel ihr aus der Hand. Alles in allem gab sie ein jämmerliches Bild ab. Einer der Jäger ging auf die junge Frau zu. Er wollte schon mit einer Standpauke loslegen, als die junge Frau komplett erschöpft auf die Knie fiel. Wortlos lud er sie auf seine Arme, ein anderer nahm ihre Tasche und ihre Schuhe und trug sie weg.
In ungewohnt legerer Kleidung ging die sonst toughe Vampirjägerin Kristin Dewin mit ihrem Vater durch den Krankenhausflur.
„Hat sie schon was gesagt?“, fragte sie ihn.
„Nein, nicht das ich wüsste. Würd mich echt mal interessieren wo sie gewesen ist“, überlegte Sebastian laut und Crow lehnte sich an seine Schulter und schmiegte sich an seinen Arm, so wie sie es früher oft gemacht hatte.
Crow wusste irgendwie nicht, wie sie reagieren sollte. Sie war wütend, dass sie sich nicht gemeldet hatte, aber als sie ihre beste Freundin in dem Krankenbett liegen sah, war die ganze Wut verflogen. Ohne Worte ging sie zu ihr und küsste ihren Kopf.
„Sie haben sie ruhiggestellt, sie war stark dehydriert und komplett übermüdet, sie muss sich jetzt erholen“, erklärte Sebastian.
„Wisst ihr, wo sie war?“
„Da sie nichts gesagt hat, nicht, der Zug kam aus Atlantic City, vermutlich war sie da. Das ist ein Hexenkessel dort, da gehören junge Frauen nicht allein hin“, konterte Sebastian.
„Ich war noch nie da und ich glaub auch nicht, dass sie da freiwillig hingegangen ist“, überlegte sie laut.
„Gut zu wissen, ich denk auch nicht, dass sie einfach so in einen Zug nach Atlantic City abgerauscht ist. Ich hab Channing angerufen, er will hierherkommen“, sagte er nachdenklich.
„Ist sie missbraucht worden?“, warf sie plötzlich ein.
„Keine Ahnung, mir wurde nicht mehr gesagt. Sie braucht dich jetzt sicher, geh einfach zu ihr, ich ruf mal Channing an, wie weit er ist“, trennte er sich von seiner Tochter und die setzte sich zögerlich zu ihrer besten Freundin.
Sachte wischte sie ihr die Haare aus dem Gesicht. Sie hatte Prellungen im Gesicht die schon ein paar Tage alt waren. Ihre Lippen waren spröde und ein Riss zeichnete sich über ihre Unterlippe. Sie war verprügelt worden.
„Warum hat sie das mit sich machen lassen? Sie ist stärker als zehn Mann wenn sie das möchte“, hörte sie plötzlich Tates Stimme. Sie kam mit einem frischen Pflasterverband auf dem Hals zu ihr in den Raum.
„Hey, wie sieht deine Wunde aus?“, wollte sie wissen.
„Gut, dein Dad hat Schlimmeres verhindert. Ich hab den erzählt ein Hund hätte mich angegriffen, die haben mir ne Tetanus-Spritze gegeben, die hat vielleicht gezecht. Ich will euch nicht verlassen, vor allem wegen Padriac, aber ich hab eine Verantwortung in Australien, der ich nachgehen muss. Ich muss wieder nach Hause gehen“, erklärte Tate stockend.
„Ja, Süße, wir haben dich lang genug aufgehalten, geh heim zu deiner Familie“, bemerkte Crow freundlich.
„Ich hab nur den Jungen, ich hab keine Familie mehr“, sagte sie nur trocken.
„Das ist echt traurig, sind sie alle gestorben?“, wollte Crow wissen.
„Es gab nur meine Mum und mich, die starb vor drei Jahren an Krebs“, erklärte Tate.
„Tut mir leid!“
„Ist halt so. Ich wünschte, Padriac würde mit mir mitkommen, ich hab ihn wirklich gern“, dachte sie laut nach.
„Dann sag es ihm, er lebt wieder bei seinen Eltern, er würde sicher gern mitkommen“, schlug sie ihr vor.
„Bist du sicher?“
„Du wirst es nur rausfinden, wenn du dich traust, ihn zu fragen. Du solltest nicht gehen, bevor du es weißt“, riet sie ihr.
„Ja, du hast Recht, danke. War ne Ehre mit dir zu arbeiten, Kristin“, kniete sich Tate zu ihr und umarmte sie.
„Fand ich auch, ladet mich auf eure Hochzeit ein, ja? Ich wollte schon immer mal nach Down-Under“, schmunzelte Crow und sah ihr nach wie sie davonging.
 
Einige Stunden später saß Crow immer noch am Krankenbett ihrer besten Freundin. Ihre Eltern konnten sie nicht von ihr wegkriegen. Während ihr Team wieder normal auf Vampirjagd ging, hielt sie nur ihre Hand.
„Süße, was machen wir jetzt mit Rufus? Er ist schon den ganzen Tag in deinem Büro eingeschlossen“, versuchte Medea ihre Tochter wegzulocken.
„Randaliert er?“, wollte sie abgelenkt wissen.
„Alex hat ihn mit nem Zauber belegt, er ist eigentlich ziemlich friedlich“
„Was ist dann das Problem?“
„Schatz, du musst dich mal erholen und was Essen“, bat Medea.
„Ich hab was gegessen!“
„Süßigkeiten aus dem Automaten sind nicht wirklich das Richtige für dich“, entschied Medea.
„Sie soll nicht allein sein, wenn sie aufwacht“, erklärte sie.
„Sie ist nicht allein, ich bleib bei ihr“, versprach Medea.
„Nein, ich bleib hier“, blieb sie stur.
„Argh, warum bist du nur so stur wie ich, na gut, ich besorg dir was zu essen. Mach zumindest nen bisschen die Augen zu, bis ich wiederkomme, ja?“, fragte Medea genervt, küsste ihre Tochter auf den Kopf und verließ das Krankenzimmer.
Als Medea endlich etwas Ruhe fand, piepste plötzlich der Herzmonitor ihrer Freundin. Sie wurde wach. Verschlafen sah sie ihr ins Gesicht.
„Hey, Schätzchen, da bist du ja wieder“, lächelte sie sie freundlich an. Verschreckt rutschte Mingan im Bett zur Seite.
„Schon gut, ich bin’s nur, hab nen bisschen wilde Haare, aber hör auf meine Stimme, ich will dir nichts tun“, beruhigte sie sie mit einer monotonen, ruhigen Stimme.
„Es tut mir so leid, Kristin“, begann sie zu weinen.
„Warum entschuldigt du dich? Alles ist in Ordnung“, redete sie weiter auf sie ein.
„Du hast mir gesagt, dass wär gefährlich, aber die Mädels sagten, das wär doch mal ein Abenteuer“, sprach sie in Rätseln.
„Welche Mädchen, von was sprichst du, Liebes?“, verstand sie nicht und Mingan zählte ihr ein paar Namen von Kolleginnen aus dem Krankenhaus auf.
„Was hast du denn mit denen zu schaffen? Weißt du wo sie sind?“, fragte Crow besorgt, aber sie schüttelte nur den Kopf.
„Wurdet ihr festgehalten?“, versuchte sie etwas aus ihr herauszubekommen.
„Die haben uns Drogen gegeben, ich weiß nichts mehr, mir tut alles weh“, schluchzte sie.
„Ja, die haben dich auch schlimm zugerichtet, du wirst noch eine Weile Schmerzen haben. Wer sind diese Leute?“
„Kerle halt, die haben uns nicht geschlagen, wir haben gekämpft“, sagte sie nur.
„Wie gekämpft?“
„Ich bin müde“, wollte sie nicht weiter darüber reden.
„Sicher, schlaf dich aus, ich muss kurz telefonieren“, bat Crow absent und verließ den Raum zum ersten Mal seit Stunden für einen Moment.
„Sam, hey, sicher seltsam, dass ich jetzt anrufe, weil ich damals sagte, ich will nichts mit einem Cop anfangen und so, aber meiner besten Freundin ist was passiert und ich brauch den Rat eines Fachmanns“, rief sie einen Ex-Lover an.
„Wenn Sex und ein Bier danach zur Verhandlung stehen gern“, konterte der Beamte am Telefon cool.
„Abgemacht, könntest du gleich kommen?“, hoffte sie.
„Wo bist du?“
„New York Hospital!“
„Okay, brauch eine Stunde dorthin, ich hoff, du hast was heißes an“, entgegnete er und sie sah an ihrem Körper mit den Schlabberklamotten herunter.
„Ja, wie immer“, log sie.
„Super, freu mich“, entschied er und legte wieder auf.
„Hey, ich werde immer besser, inzwischen muss ich nicht mal einen berühren um ihn zu bezirzen“, redete sie mit sich selbst.
„Mit wem redest du?“, hörte sie plötzlich die Stimme ihres Vaters hinter sich und erschreckte sich furchtbar.
„Dad, man, musst du mich so erschrecken? Nur mit mir selbst. Ich hab einen alten Freund angerufen, er wird hierher kommen und mit Min reden, sie hat mir grad erzählt, sie wurde unter Drogen gesetzt und sie musste irgendwie kämpfen, was auch immer das heißt“, erklärte sie ihm und er packte sie an den Schultern.
„Wiederhol das“, entgegnete er entsetzt.
„Sie war mit ein paar Kollegen anscheinend wirklich in AC und irgendwie sind sie da in irgendwas ganz seltsames reingeraten. Dad, du tust mir weh“, bemerkte sie trocken und er ließ sie ruckartig los.
„Hast du ein paar Minuten? Ich muss dir was erzählen“, sagte er ernst.
„Sicher, Dad, lass uns hier reingehen“, bat sie und ging mit ihm in ein leeres Wartezimmer.
Sebastian erzählte seiner Tochter wie dreißig Jahre zuvor er und Medea und der ungeborene Rufus in Lebensgefahr geschwebt hatten, als sie auf seinen Halbbruder getroffen waren.
„Jetzt versteh ich, warum Mum so fürsorglich ist, was Rufus angeht. Wo sind sie jetzt?“, hörte sie das jetzt zum ersten Mal.
„Deine Gran ist tot, dein Onkel Chris hüpft noch auf Kansas‘ Schreibtisch!“
„Ach das ist das Geheimnis von dieser hässlichen Kröte, hab mich immer schon gefragt, warum die immer noch lebt. Dann können sie das nicht gewesen sein, oder?“
„Nein, da hast du Recht. Vermutlich ist es nur ein ganz menschliches Wesen, die können auch grausam sein. Wer ist eigentlich dein Freund?“
„Wie meinen?“
„Der Kerl, der hierher kommen soll“, bemerkte er.
„Sam!“
„Welcher Sam?“
„Sam halt!“
„Wesen oder Mensch?“
„Wesen, ich kann mit meinen Kräften ja kaum unter Menschen sein“, sagte sie nachdenklich.
„Was für ein Wesen?“
„Wirst du sehen, Dad. Warum hältst du dir eigentlich ständig den Bauch?“, bemerkte sie plötzlich.
„Einfach so, ich hab etwas zugelegt in den letzten Jahren“, murmelte er verlegen.
„Man, für nen Cop lügst du echt mies“, konterte sie und zog sein Hemd hoch. Darunter klebten zwei Blutkonserven.
„Du fütterst ihn?“, fragte sie raunzend.
„Er stirbt ohne Blut“, konterte er nur.
„Er hat ein Jahr ohne überlebt, dann schafft er es auch weiter. Du bist Polizeichef, Dad und klaust Blut?“, fragte sie kopfschüttelnd.
„Ich hätte ja deinen Jungs Blut abgezapft, aber die Schisshasen haben Angst vor Nadeln“, murrte er und zog sein Hemd wieder runter.
„Mach das bloß nicht, sonst kriegt er noch Bluthunger auf meine Jungs und Mädels. Ihm ging’s doch gut, dachte ich!“
„Er wurde zwar verzaubert, aber das stellt ihn nur ruhig, aber trotzdem muss er von was leben“, entschied er.
„Dann macht das halt, aber ich bin dagegen. Ich muss jetzt wieder zurück zu Min, sie ist total durcheinander“, ließ sie ihn einfach dort sitzen und ging zurück zu ihrer Freundin.
 
Pünktlich kam eine Stunde später Sam zu ihnen. Er war ein muskulöser Asiate mit goldenen Augen und pechschwarzen Haaren. Er gehörte zu den Drachen-Wesen, einer nicht sehr verbreiteten Gattung in den Staaten, die aber im asiatischen Raum weit verbreitet war.
„Hey, danke dass du gekommen bist“, begrüßte Crow ihn und knutschte ihn ab. Als sie sich von ihm löste stieß sie eine Rauchwolke aus ihrem Mund.
„Man, hab vergessen wie heiß deine Küsse sind“, säuselte sie und er streckte seine glühende Zunge heraus.
„Dito. Also, was gibt’s?“, fragte der junge Beamte betört und fuhr ihr mit dem Handrücken über den Arm.
„Erst die Arbeit, dann das Vergnügen, mein Süßer. Mingan war in Atlantic City“, begann sie.
„Ich bin im Morddezernat, Mäuschen, nicht bei den Händchenhaltern von der Missbrauchsabteilung“, sagte er cool.
„Sie wurde nicht vergewaltigt, soweit ich weiß. Hör ihr einfach zu und versuch ihr zu helfen ohne diese Sprüche“, bat sie ernst und er stimmte zu.
„Süße, das ist Sam, er will dir ein paar Fragen stellen“, kam sie mit ihrem Ex-Lover ins Krankenzimmer.
„Du schleppst nen Cop hierher?“, fragte sie, als sie Sams glänzende Marke sah, die an seiner Hose prangte.
„Dir ist was Schlimmes passiert, Süße, die Behörden müssen davon erfahren“, redete sie ruhig auf sie ein.
„Nein, müssen sie nicht, ich will ihn nicht hierhaben“, grummelte sie.
„Super, ich bin durch die halbe Stadt gefahren um hierher zu kommen, ich hoffe, das ist euch klar, Mädels“, konterte Sam cool.
„Sammo, wie hast du es eigentlich ins Morddezernat geschafft mit einem Einfühlungsvermögen wie ein Rammbock? Süße, er will dir nur helfen“, raunzte Crow ihren Ex-Lover an und drehte sich wieder zu ihrer Freundin.
„Der Kerl hat Eier, endlich behandelt mich hier einer nicht wie aus Porzellan“, bemerkte Mingan plötzlich.
„Ich mag die Kleine irgendwie“, schmunzelte er.
„Okay, stell die Fragen, mein Hübscher, aber guck bloß nicht so traurig wie meine Freundin hier“, bat sie forsch.
„Sicher, danke, Suki lässt du uns allein?“, fragte er und sah Crow an.
„Du weißt genau, dass ich es hasse, wenn du mich so nennst, Sam. Ich schau mal, wo meine Mutter bleibt“, murmelte sie und ließ sie allein.
„Suki?“, fragte Mingan.
„Von Sukkubus, ich neck sie gern. Also, erzähl mir alles was du weißt“, setzte sich Sam zu ihr hin.

Fünfzehntes Kapitel


„Der ist schon ne Weile da drin“, bemerkte Crow nachdenklich, als sie vor dem Krankenzimmer mit ihrer Mutter das chinesische Essen aß, was sie ihr gebracht hatte.
„Das ist gut, dann hat sie ihm viel zu erzählen. Isst du dein Fleisch nicht?“, fragte ihr Mutter sie und sah in ihren Pappbehälter.
„Ich ess kein Fleisch mehr seit ich hier wohne“, sagte sie trocken.
„Du solltest Fleisch essen, was ist wenn du mal gebissen wirst? Du brauchst das Eisen“, riet Medea ihr.
„Ich bin schon einige Male gebissen worden, Mum, meinem Eisenwert geht’s blendend, ich esse viele Hülsenfrüchte um das auszugleichen“, erklärte sie und gab ihr das übrig gebliebene Fleisch in ihrem Behälter.
„Du bist schon mehrmals gebissen worden?“, fragte Medea entsetzt.
„Ja, aber erzähl das nicht Rufus, wenn es ihm wieder besser geht will ich ihn damit aufziehen, dass er so blöd war, sich beißen zu lassen“, bat sie.
„Dein Dad gibt ihm Blut“, warf Medea plötzlich ein.
„Ich weiß, ich hab ihn nicht davon abgehalten, ich weiß nicht, was wir sonst mit ihm machen sollten. Sie hat kein einziges Mal nach ihm gefragt. Irgendwas ist da zwischen ihnen vorgefallen“, schlussfolgerte Crow.
„Vielleicht ist es besser so, in ihrer Situation ist er kein guter Umgang für sie“, dachte Medea laut nach.
„Er ist dein Sohn, warum sagst du das?“, war Crow verwirrt.
„Ich weiß, ich verteidige ihn schon die ganze Zeit, aber dieses Ding, was Besitz von meinem Sohn ergriffen hat, ist echt schwer zu lieben“, gestand sie.
„Ah, okay, wir werden ihn aber nicht töten“, hatten die Frauen plötzlich irgendwie die Rollen getauscht.
„Dad hat mir von Vegas erzählt und ich versteh jetzt, warum du so fürsorglich ihm gegenüber bist“, sagte Crow plötzlich.
„Ja, aber irgendwann muss man ihn loslassen. Alex versucht alles ihm zu helfen, sie hat Schuldgefühle, dass sie ihn falsch eingeschätzt hat. Sie ist eine junge Hexe, wenn wir es nicht mal wussten, konnte sie es genauso wenig wissen. Komm, Süße, wir sollten heimgehen, du bist schon den ganzen Tag hier“, schlug Medea vor.
„Würd ich gern, aber ich hab jemandem was versprochen“, erwiderte sie und sah zur Tür hinter der Sam und Mingan waren.
„Du kannst nicht für alle Zeiten hier bleiben, Schätzchen“, entschied Medea.
„Sie mein ich jetzt grad nicht, Sam bekommt ne Gegenleistung dafür, dass er hierhergekommen ist“, bemerkte sie stockend.
„Es wird der Tag kommen, an dem du mit Sex nicht mehr all die Sachen bekommen kannst, die du willst“, bemerkte Medea ermahnend und stand auf.
„Vermutlich, bis dahin nutz ich es aber noch aus, sorry“, schmunzelte sie.
„Okay, wenn du meinst, aber werde bloß nicht schwanger, ich will keinen kleinen Drachen als Enkelsohn haben“, bat Medea trocken und ging davon.
 
Vorsichtig klopfte sie an der Tür des Krankenzimmers. Mingan schlief friedlich in ihrem Bett während Sam ruhig aus dem Fenster sah.
„Hey, was ist hier los?“
„Sie ist während der Befragung eingeschlafen, ich wollte sie nicht wecken. Sollen wir gehen?“, fragte er freundlich.
„Ist sie hier sicher?“, wollte sie wissen.
„Ja, das ist das sicherste Krankenhaus der Stadt, ich werde noch einen von meinen Jungs hierher schicken. Du musst mal hier raus, das hat dir deine Mum sicher auch schon gesagt“, entgegnete er.
„Du willst mich nur nackt auf deinen Seidenlaken sehen“, säuselte sie und setzte sich provokativ mit dem Gesicht zu ihm auf seinen Schoß.
„Ich will nur, was mir versprochen wurde und da ich schon bei deinem Outfit enttäuscht wurde“, packte er sie am Hintern und zog sie an sich.
„Hey, ich bin um fünf Uhr morgens hierhergekommen, diese Zeit gibt es normalerweise nicht in einem Vampirjäger-Leben, außer als die Zeit, wenn die Vampire sich vor dem Sonnenlicht in Acht nehmen müssen. Man, du riechst so gut“, schnaufte sie und begann ihn leidenschaftlich zu küssen.
„Oh man, könnt ihr das zu Hause machen?“, hörten sie plötzlich Mingans Stimme und Crow stieg von ihrem Lover ab.
„Hey, du bist ja wach. Sorry wegen dem, du weißt ja, Sukkuben-Gelüste. Kann ich dich heut Nacht hier allein lassen?“, fragte sie und kam zu ihr ans Bett.
„Mir geht es gut, verschwinde einfach, Süße, ich ruf dich an“, bat Mingan.
„Ich bin morgen früh sofort wieder da“, versprach Crow und lockte ihren Lover mit einem Finger aus der Tür, der ihr wie ein Hund seinem Herrchen folgte.
 
Medea atmete tief durch. Dann schloss sie die Tür auf. Ihr Sohn saß auf dem Sofa im Büro ihrer Tochter und las ein Buch.
„Hey du“, ging sie langsam auf ihn zu.
„Mum, komm mir nicht zu nahe“, bat er ruhig und sah sie an. Seine Pupillen waren immer noch schwarz, aber sie strahlten auch Angst aus.
„Ich hab dir Blut mitgebracht“, erklärte sie vorsichtig und reichte ihr eine Blutkonserve.
„Mir wird übel davon“, sagte er nur.
„Du hast keinen Blutdurst, das ist gut, oder?“, fragte sie erfreut.
„Ich hab schon Blutdurst, aber ich vertrag das Blut nicht“, erklärte er.
„Was zum Henker bist du dann, mein Süßer?“, fragte Medea liebevoll und lehnte sich zu ihm herunter.
„Bitte Mum, nicht so nah“, forderte er plötzlich laut.
„Was ist mit Mingan und dir? Sie fragt nicht nach dir“, wollte sie plötzlich wissen und berührte seine Wange.
„Sie soll bloß weg von mir bleiben“, zischte er und schlug ihre Hand weg.
„Was ist denn passiert?“, fragte sie.
„Ich liebe sie, dass ist passiert. Sie darf mich nicht so sehen“, sagte er traurig.
„Sie wird dich eine Weile nicht so sehen, sie ist im Krankenhaus“, erklärte sie.
„Wieso? Was ist passiert?“, sah man Sorge in seinen Augen. Sie atmete tief durch und setzte sich neben ihn um ihm alles zu erzählen. Narc eilte in das Büro seiner Chefin, als er laute Geräusche hörte.
„Was ist los?“, fragte er außer Atem, als er zusah, wie Rufus das Büro seiner Schwester zerlegte.
„Ich hab’s ihm erzählt“, sagte sie nur. Sie saß ganz ruhig auf dem Sofa.
„Mit dem größten Respekt, warum haben Sie das gemacht?“, fragte er verwirrt.
„Er musste es wissen. Sie sollten da weggehen“, sagte sie trocken und eine Vase schlug neben ihm in der Wand ein.
„Crow wird ausflippen, ihr Büro ist ihr Heiligtum“, realisierte Narc und wich weiter aus.
„Silencio“, sprach Medea das Wort aus, was Tate als Safe-Wort gewählt hatte und er fiel bewusstlos nach hinten.
„Man, das hätte ich vielleicht etwas früher machen sollen. Mingan ist sehr geschickt mit dem Werkzeug und wird ihr helfen können. Hilf mir, bitte“, bat Medea und zog zusammen mit Narc, Rufus aufs Sofa zurück.
„Gut, dass sie heute Nacht beschäftigt ist“, sagte Medea trocken und ein Regal krachte von der Wand.
„Wo ist sie heute?“, wollte Narc wissen.
„Willst du nicht wissen. Er verträgt kein Blut“, sah sie besorgt zu ihrem bewusstlosen Sohn.
„Das wird langsam schwierig mit ihm. Ich ruf Alex an, vielleicht ist sie inzwischen weiter mit ihrer Recherche“, entgegnete Narc und während der Azubi das verwüstete Büro ansah, deckte Medea ihn mütterlich zu.
 
Zufrieden kam Crow in ihr Büro. Sie hatte eine wunderschöne Nacht mit Sam verbracht und sie hatten im Morgengrauen entschieden, eine Beziehung zu beginnen. Ihre Eltern würden gar nicht glücklich darüber sein, aber momentan war sie so verknallt, dass es ihr egal war. Ihr Grinsen erstarb, als sie ihr Büro sah.
„Verdammte Scheiße, Wajid“, brüllte sie durchs Büro.
„Man, warum denkt ihr alle dass ich taub bin, ich kann dich auch in normaler Lautstärke verstehen, Boss“, kam er her gerollt.
„Was zum Teufel ist mit meinem Büro passiert?“, sah sie auf den Scherbenhaufen, der einmal ihr nett eingerichtetes Büro war.
„Ich war gestern Abend nicht hier. Ist jemand eingebrochen?“, sah er die Verwüstung auch zum ersten Mal und rollte mit seinem Rollstuhl über die Scherben der zerschlagenen Vase.
„Eher ausgebrochen, mein Bruder ist weg“, stellte sie entsetzt fest, als sie sich umgesehen hatte.
„Na toll, jetzt müssen wir ihn schon wieder suchen“, grummelte Wajid und hob die Decke auf, die auf dem Jungvampir gelegen hatte.
„Nein, Alarm zurück, meine verrückten Eltern haben ihn mitgenommen“, fand sie eine Nachricht ihrer Mutter.
„Was heißt deine Eltern haben ihn? Er ist gefährlich“, konterte Wajd nervös.
„Sie können ihn lahmlegen, wenn Sie das wollen, keine Sorge. Ruf sie an, ist vermutlich alles in Ordnung“, bemerkte er und sie rief sie an.
„Mum, ein Zauber ist nicht immer hundertprozentig sicher, ihr hättet mit mir vorher darüber reden sollen“, motzte sie am Telefon ihre Mutter an.
„Ja, ich weiß, dass ihr die Eltern seid und ich die Tochter, aber ich bin die Vampir-Expertin. Wo seid ihr mit ihm hin?“, wollte sie wissen.
„Bei ihm zu Hause? Wollt ihr ihn jetzt rundum bewachen? Ja, dachte ich mir. Was heißt, er hat keinen Blutdurst mehr? Tate hat da sicher ne andere Meinung. Bleibt bei ihm, ich komm sofort zu euch“, bat sie und legte wieder auf.
Als sie gerade aus dem Büro gehen wollte, kam Alex zu ihr.
„Hey, ich hab gute Nachrichten, ich kann euch helfen“, hatte Alex gute Laune.
„Nicht jetzt, Süße, meine Eltern haben über meinen Kopf entschieden und haben Rufus zu sich nach Hause gebracht, ich muss die davon abhalten, ihn allein zu lassen“, war sie in Eile.
„Gut, dann komm ich mit, ihn geht es ja auch an“, folgte sie ihr.
 
In der Bronx hatten Medea und Sebastian ihren Sohn auf sein Bett gelegt. Er war immer noch verzaubert.
„Das können wir nicht unser ganzes Leben machen, Schatz“, schlussfolgerte Sebastian, als er am Bett-Ende stand und seinen Sohn ansah.
„Ich weiß, ich hoff die kleine Hexe kommt bald auf ne neue Idee“, bemerkte sie und setzte sich neben ihren Sohn um ihm durchs Haar zu streichen.
„Es gab mal ne Zeit, da hast du mich deine kleine Hexe genannt“, sagte sie nachdenklich.
„Nein, das war Channing!“
„Oh verdammt, tut mir leid!“
„Schon gut, wir hatten damals ein wildes Leben, da kann man sich nicht an jeden Spitznamen erinnern“, war Sebastian nicht sauer.
„Ich hab immer gesagt, er wäre nicht gemacht für die Großstadt, aber ihr habt mich immer belächelt“, kritisierte sie ihn.
„Tut mir leid, Süße“, entschuldigte er sich und setzte sich auch hin. In dem Moment klingelte es.
„Wir sind’s“, krächzte es durch die Gegensprechanlage und sie ließen sie rein.
„Hey, ihr habt sie doch nicht alle“, begrüßte Crow ihre Eltern.
„Er hat dein Büro verwüstet, wir haben ihn nur in Sicherheit gebracht“, erklärte Medea.
„Ach, das erklärt einiges. Alex hat ne Lösung“, bemerkte Crow trocken und Alex winkte mit einer Hand.
„Gott sei Dank, also was ist es?“, fragte Medea neugierig.
„Ich musste einige Leute anrufen, aber ich hab jetzt die Lösung. Dafür müssen wir aber nach Somalia“, begann sie zu erklären.

Sechzehntes Kapitel


„Somalia, das Somalia in Afrika?“, fragte Crow verwirrt.
„Nein, das Somalia in Wisconsin, ja das in Afrika, dort liebt ein Priester, er kann jeden Dämonen austreiben, den es gibt, er kann ihn zu einem ganz normalen jungen Mann machen“, erklärte Alex.
„Ein Voodoo-Priester nehm ich mal an!“
„Ja, ein Voodoo-Zauberer, die gehören zu den mächtigsten Zauberern der Welt, wie du weißt. Also, wer kommt mit? Ich werde mitkommen, weil ich ihn bei der Prozedur medizinisch betreuen will“, entschied Alex.
„Ich komm mit“, sagte Medea nur.
„Dachte ich mir, Crow, du auch?“
„Ich muss mich um Mingan kümmern, ich kann nicht mit“, erwiderte sie.
„Okay, dann reisen wir nur zu dritt. Außer, Sie wollen mit, Mr. Dewin“, wendete sie sich an Sebastian.
„Nein, ich muss langsam zurück nach Hause, wie wollt ihr mit nem Toten reisen?“, fragte Sebastian kritisch.
„Er hat Papiere, seine Vampirfreunde haben das alles geregelt. Ich werde Flüge buchen“, bemerkte Alex.
„Gut, macht das, ich hol euch aber nicht am JFK ab, wenn ihr mit den Papieren auffliegt“, war Sebastian nicht so begeistert von ihrem Plan.
„Hast du vielleicht ne andere Idee?“, fragte Medea ihren Mann, aber der hatte nichts dazu zu sagen.
„Gut, dann machen wir es so. Ich komm danach direkt nach Hause“, erklärte Medea und setzte sich wieder zu ihrem Sohn.
„Ihr solltet aber Rufus fragen, wir haben schon viel zu viel über seinen Kopf hinweg entschieden“, bat Sebastian.
„Gut, Moment, ich mach ihn fest, dann kann Alex ihn aufwecken“, erwiderte Crow und machte ihn mit Handschellen am Bett fest.
„Warum hast du Handschellen?“, wollte Medea wissen.
„Du bist mit einem Inkubus verheiratet, drei Mal darfst du raten. Sam hat die gestern bei mir vergessen, wollte sie ihm eigentlich zurückbringen, kann ich später noch machen. Okay, bin so weit“, stand Crow von ihrer Knieposition wieder auf.
„Du lässt dich von einem Feuerdämonen fesseln?“, fragte Medea kritisch.
„War eher umgekehrt, aber das tut jetzt nichts zur Sache. Alex, du kannst“, bat Crow und Alex sprach einen Spruch, der ihn aufweckte. Tonlos starrte er seine Mutter an, die immer noch neben ihm saß.
„Hey Baby, du bist zu Hause“, sprach sie vorsichtig mit ihm.
„Sterbe ich?“, fragte er verwirrt.
„Nein, Süßer, ich wollte nur, dass du dich wohlfühlst“, sagte sie liebevoll und er sah auch die anderen an.
„Ich hab dein Büro zerstört, kleine Schwester, tut mir leid“, entschuldigte er sich bei seiner Schwester.
„Min kriegt das wieder hin, schon gut“, bemerkte sie trocken.
„Ist sie hier?“, sah er sich weiter um.
„Nein, sie ist immer noch im Krankenhaus, ich werde gleich zu ihr hinfahren. Ich werde mich darum kümmern, dass diese Typen ihre gerechte Strafe bekommen, großer Bruder, versprochen, jetzt geht es erst Mal um dich“, erklärte sie.
„Irgendwas ist doch, ihr guckt mich alle so an. Wollt ihr mich jetzt töten?“, fragte er kritisch.
„Nein, nicht so ganz. Alex hat eine Lösung für dein Problem. Dafür musst du aber deine ganzen Kräfte aufgeben, für immer“, erklärte Crow ihm.
„In Ordnung, ist es ein Zauber?“, wollte er wissen.
„Nicht durch meine Hand, wir müssen dafür nach Afrika“, erklärte Alex.
„Okay, dann nichts wie los“, wollte er aufstehen, die Handschellen hielten ihn aber davon ab.
„Was soll das?“, fragte er verwirrt.
„Du hast mein Büro zerlegt, Brüderchen, musste nur sichergehen. Ich werde dich nicht losmachen, tut mir leid, Mum soll dich erst los machen wenn ihr im Flieger sitzt“, erklärte sie ihm.
„Du kommst nicht mit?“, fragte er enttäuscht.
„Ich muss mich um unsere Kleine kümmern, Alex und Mum sind aber dabei. Es wird alles wieder gut“, war sie ungewohnt sanft zu ihm.
„Geht es ihr gut?“, fragte er nach Mingan.
„Den Umständen entsprechend, ich sage ihr, dass du sie grüßen lässt. Wenn das alles funktioniert kannst du für sie da sein und ihr darüber weg helfen was auch immer ihr passiert ist“, munterte sie ihren Bruder auf.
„Ich würde sie am liebsten alle in der Luft zerreißen“, wütete er und zerrte dabei brutal an den Handschellen.
„Und genau aus dem Grund hab ich dich festgebunden, Süßer. So, so kannst du niemandem mehr wehtun“, kletterte Crow auf ihren Bruder und band seine andere Hand auch noch fest.
„Alex ging an sein Kopfende und verzauberte ihn, so dass er wieder bewusstlos war.
„Oder so. Man, das könnten wir echt nicht ewig machen“, schlussfolgerte Crow.
„Müssen wir wohl, welcher Idiot hat ihnen erzählt, was mit Mingan ist?“, fragte Alex und Medea sah sie verärgert an.
„Sorry, Ma’am“, entschuldigte sie sich bei ihr.
„Ich dachte nicht, dass er so ausflippt, ja, es war blöd, das merk ich jetzt auch. Aber jetzt wird alles wieder gut, das weiß ich“, entschied Medea und sah zu ihrem Sohn.
„Ein Voodoo-Priester, Mum, es ist nur ein Versuch, wir wissen nicht, wie effektiv das ist“, war Crow kritisch eingestellt.
„Das werden wir sehen. Du kannst gehen, Min fragt sich sicher schon wo du bleibst“, bemerkte Medea kühl.
„Ja, ich sollte gehen. Ich will die Handschellen zurück“, entgegnete sie gedankenversunken und ging rückwärts aus der Tür.
„Sie ist ganz schön kritisch der Magie gegenüber eingestellt, für ne Frau aus ner mächtigen magischen Familie“, kommentierte Alex plötzlich die Situation.
„Ja, so ist sie halt. Wir sollten so schnell wie möglich nach Afrika fliegen, schon wegen ihrem Seelenfrieden. Sie nimmt das nämlich sehr schwer wie ich sehe“, bemerkte Alex.
„Sie liebt ihn sehr, vermutlich zu sehr, deswegen wollte sie ihn auch töten, um ihm Leid zu ersparen“, überlegte Medea laut.
„Wenn dich das besser schlafen lässt“, warf Sebastian ein.
„Was meinst du damit? Du warst derjenige, der meinte, ich sollte sie in einem anderen Licht sehen. Jetzt mach ich es und du bist auch nicht glücklich darüber“, moserte Medea.
„Ich bin froh, dass du jetzt so denkst, aber so eng standen sich die beiden nie, das wird sich auch nicht ändern“, entgegnete er.
„Menschen ändern sich, in unserem Fall mehr als das Sprichwort ausdrücken kann, das können nur Mütter spüren. Ich hoffe, alles wird wieder so wie es war“, hoffte sie.
„Ja, ich auch. Dieses Ding hier ist nicht unser Sohn, das hab ich realisiert als ich ihm die Betäubungspfeile in den Körper jagen musste. Er ist so ganz anders wie Kaz“, bemerkte Sebastian und umarmte sie.
„Ja, der hat aber lang gebraucht umso zu werden. Aber darüber werden wir nicht nachdenken, er wird wieder unser alter schrulliger Sohn werden“, entgegnete er.
„Das hoff ich so sehr. Ich muss noch einiges Regeln für Afrika, mich impfen lassen und alles, wir wollen ja nicht, dass ich dann irgendwas mit nach Hause mitbringe. Ich wünschte, du würdest mitkommen“, sagte sie leise und verließ auch die Wohnung ihres Sohnes.
 
Es dauerte noch eine Woche bis die Frauen zusammen mit dem geschwächten Rufus fliegen konnten. Weitere 24 Stunden später hatten sie das Dorf in Somalia erreicht, in dem sich der Priester befand.
„Man und ich dachte der Sommer in South Dakota ist ätzend heiß, das ist eine Sauna hier“, schnaufte Medea, als sie ihren halb bewusstlosen Sohn zusammen mit der jungen Hexe in ein Zelt schleppte.
„Dann erleb mal einen Hochsommer in New York City, ist aber wirklich verdammt heiß hier. Vor allem wenn man diese halbe Leiche hier rumschleppen muss, verzeih meine Wortwahl“, ließ sie zusammen mit Medea, Rufus auf den staubigen Boden fallen.
„Was machen seine Werte?“, fragte Medea und Alex zog ihren Stiefel aus und trat ihm auf die Brust.
„Ist noch da sein Herz, aber der Pulsmesser hat wie immer Schwierigkeiten sein sehr schwaches Herz zu erkennen. Sorry, Süßer“, kniete sie sich zu ihm hin und legte ihm ein Kissen unter den Kopf.
„Wo ist der Priester?“, fragte Medea erschöpft. Eine Rauchwolke entstand und ein dunkelhäutiger Mann mit langen Roben erschien in dem Rauch.
„Ernsthaft, ein Magier? Wir sind alle Hexen hier, wir brauchen diese Show nicht“, konterte Medea trocken.
„Pardon, Madame, das mach ich sonst immer für die Touristen. Er sieht ganz schön schwächlich aus für einen Dämonen“, bemerkte der Priester Jean und sah Rufus an.
„Ja, die Story seines Lebens. Also, Houdini, können Sie ihm helfen?“, fragte Medea drängend.
„Legen Sie ihn hier hin“, bat Jean und die Frauen luden ihn angestrengt auf einen massiven Holztisch.
„Und jetzt?“, fragte Alex unsicher, der die ganze magische Schiene absurd erschien, weil sie trotz ihrer Gabe kaum mit der magischen Welt in Berührung kam.
„Ich brauche frisches Blut“, sagte Jean plötzlich.
„Wusste doch, dass die Sache nen Haken hat“, zog Medea ihr Buschmesser aus ihrer Kargo-Hose.
„Was hast du vor?“, fragte Alex entsetzt und stolperte zurück, bis sie auf einem Kissen ausrutschte und nach hinten fiel.
„Ich nehm mein eigenes Blut, Schisshase, du musst mich nachher nur vernünftig zusammenflicken“, erklärte Medea und wollte das Messer an ihren Arm ansetzen.
„Moment, hab ich was von Menschenblut gesagt? Wir brauchen Ziegenblut, Madame“, entschied Jean kopfschüttelnd und zog einen Ziegenbock ins Zelt.
„Klar, hab ich gewusst“, murmelte Medea verlegen und steckte ihr Messer wieder weg.
„Das Messer können Sie mir geben, ich will die Ziege nicht zur Tode kitzeln“, sagte er lässig und Medea gab ihm das Messer mit dem Griff zuerst in die Handfläche.
„Das wird nicht lustig, Madames, also wenn sie rausgehen wollen“, riet er ihnen.
„Ehemalige Vampirjägerin“, konterte Medea cool.
„Ärztin“, bemerkte Alex.
„Gut, wie Sie meinen. Danke für dein Opfer, kleine Ziege“, nahm Jean eine Lehmschale und schnitt der Ziege die Kehle auf. Medea musste kurz aufstoßen.
„Ist schon ne Weile her, dass ich so viel Blut auf einmal gesehen habe. Was brauchen Sie noch?“, fragte Medea stockend.
„Ich hab alles hier, danke. Sie sollten als Mutter nicht dabei sein, Madame“, erwiderte Jean.
„Ja, er hat Recht, Medea, ich werde seine Werte überwachen, du wartest am besten draußen“, bemerkte Alex ernst.
„Ja, sollte ich vielleicht“, torkelte Medea benommen aus dem Zelt.
Draußen übergab sie sich.
„Alles klar?“, hörte sie plötzlich die Stimme von Mingan.
„Min?“, war sie total verwirrt.
„Hey, ihr seid einfach ohne mich abgereist, das war nicht nett“, erwiderte Mingan. Sie sah noch sehr erschöpft aus.
„Du solltest im Krankenhaus sein“, bemerkte Medea kopfschüttelnd.
„Ich sollte so einiges, wenn es nach meiner Mutter ginge sollte ich inzwischen verheiratet sein. Wo ist er?“
„Da drin, aber du solltest da nicht reingehen“, riet sie ihr.
„Er braucht mich“, schlüpfte sie ins Zelt.
„Weiß dein Freund was du da tust?“, fragte Medea, als Tate aus dem Schatten trat.
„Wir haben uns getrennt, ich werde von hier aus nach Melbourne zurückkehren, alleine“, erklärte Tate bedrückt.
„Du hast ihm also nicht gesagt, dass du ihn liebst und nicht ohne ihn leben kannst“, bemerkte Medea.
„Deine Tochter ist ne Quatschbase“, murrte Tate und hielt sich den Kopf.
„Hast du Kopfschmerzen?“, fragte Medea besorgt.
„Ich hab in letzter Zeit ein paar Mal zu oft auf magische Weise die Kontinente gewechselt“, murmelte sie und wischte sich Blut von der Nase.
„Du blutest aus der Nase, das ist kein gutes Zeichen!“
„Ich hab auch ziemlich starke Kopfschmerzen“, gestand Tate und torkelte zu einem Stein.
„Man, vielleicht hast du ne Gehirnblutung, das ist gar nicht gut. Benutze den Wechsel-Zauber, dann bring ich dich mit deinen Kräften zurück ins Krankenhaus wo du hergekommen bist“, bat Medea und kniete sich zu ihr hin.
„Ich bin erst dreiundzwanzig, das kann ich nicht“, murmelte sie benommen.
„Dann bringen wir dich hier in ein Krankenhaus, die anderen kommen für einen Moment ohne uns aus“, sagte Medea mütterlich und die junge Hexe fiel ihr bewusstlos in die Arme.

Siebzehntes Kapitel


Rufus‘ schwarze Pupillen glänzten im Kerzenschein. Er schrie vor Schmerzen. Seine geschwächte Freundin hielt ihm tapfer die Hand.
„Die Dämonen sind ganz schön widerspenstig, sind ja gleich drei an der Zahl. Mademoiselle, Sie sehen nicht gut aus, halten Sie das aus?“, fragte Jean, als er bemerkte, dass es Mingan fast so schlimm ging wie ihrem Freund. Sie nickte nur stumm. Er führte seine Prozedur weiter aus. Die Sonne ging langsam auf, als ein sehr geschwächter Rufus auf dem massiven Holztisch lag. Seine Freundin hatte seinen Arm in ihren Armen liegen und schlief fast bewusstlos neben ihm. Jean verbrannte Salbei und sprach Schutzzauber aus.
„Hat es funktioniert?“, sagte Rufus schwach durch die Stille.
„Hey, du bist wach, Gott sei Dank, das war ein harter Kampf. Wie fühlst du dich?“, fragte Jean und legte den Salbeistrauch in eine Schale.
„Wie nach dem Saufgelage in der ersten Woche am College“, murmelte er benommen und Jean zog seine Augenlieder auseinander. Die starke Savannensonne brannte in seinen Augen.
„Au, jetzt ist es ganz genau wie damals“, jammerte er.
„Du hast schöne blaue Augen“, bemerkte Jean.
„Tut mir leid, Süßer, bin schon vergeben“, witzelte er.
„Ich hab jegliche Zauber von dir genommen bei dem Ritual, wenn du jetzt noch ein Vampir bist, dann verbrutzelst du, wenn ich dich jetzt rausbringe“, entgegnete Jean.
„Dann versuchen wir es, hilf mir auf“, bat er erschöpft und der Zauberer brachte Rufus hinaus. Die Sonne stach grell auf den Boden, aber wärmte nur seinen Körper.
„Ich spüre die Sonne auf meiner Haut“, begann er zu weinen.
„Man, ich bin gut, hier, nur um sicher zu gehen“, schnitt sich Jean in die Hand und drückte die blutende Hand in sein Gesicht. Er nahm einen großen Atemzug. Er roch das Eisen in dem Blut des Magiers, aber sonst berührte es ihn kaum.
„Nichts“, bemerkte er erleichtert.
„Versuch dich zu verwandeln“, bat Jean. Er probierte es, aber es klappte nicht.
„Das werde ich am wenigsten vermissen, auch wenn ich jetzt mit Narben rumrennen muss. Moment“, ging er ein paar Schritte auf eine Frau zu und berührte sie an der Wange. Die boxte ihn fest in den Bauch.
„Ich bin wirklich komplett ein Mensch, man, das fühlt sich so toll an“, konnte er sein Glück kaum fassen.
„Auch wenn ich mich darüber freue, mir geht’s nicht so gut“, kam Mingan aus dem Zelt getorkelt und fiel auf die Knie.
„Schatz, tut mir leid, ich hab dich für eine Sekunde vergessen. Du musst zurück ins Krankenhaus, wo sind Mum und Tate?“, sah er sich um und half ihr auf.
 
Die beiden Frauen waren gerade erst in einem Krankenhaus angekommen. Sie hatten eine lange Reise hinter sicher gebracht um zum Krankenhaus zu gelangen. Tate hatte immer noch Kopfschmerzen, die Blutung aus der Nase hatte aber aufgehört.
„Ich bin noch nicht tot umgefallen, das ist doch ein gutes Zeichen, oder?“, fragte Tate benommen, als Medea sie auf den Weg zu den Untersuchungsräumen stützte. Die medizinischen Standards hatten sich in Afrika sehr verbessert und sie konnten mit guter Hilfe rechnen.
„Was sagen wir ihnen warum ich solche Kopfschmerzen habe?“
„Einfach dass du starke Kopfschmerzen hast und aus der Nase geblutet hast. Da du ziemlich klar im Kopf bist, denk ich, dir geht’s einigermaßen. Pardon, wir brauchen hier Hilfe“, ging sie an die Rezeption.
 
Da es Mingan nicht besonders ging und von Tate jede Spur fehlte machte sich Rufus mit seiner Freundin auch zu dem Krankenhaus auf.
Medea Dewin hatte schon ein paar Tage kaum geschlafen, deshalb kam es ihr fast wie eine Fata Morgana vor, als ihr Sohn selbstbewusst mit seiner Freundin im Arm durch eine Zwischentür kam.
„Sohn, bist du das?“, kam sie vorsichtig auf ihn zu.
„Mum, da bist du, geht’s dir gut?“, fragte Rufus besorgt.
„Ja, mir geht’s gut, Tate hat die Projektion hierher nicht so gut vertragen. Hat es funktioniert?“, fragte sie und berührte gleichzeitig beide seiner Wangen.
„Ja, es hat funktioniert, danke, dass du mich hierher gebracht hast“, bemerkte er gerührt.
„Gern geschehen“, begann auch Medea zu weinen.
„Ich will ja eure Familienvereinigung nicht stören, aber mir geht’s nicht so“, sackte Mingan wieder zusammen. Er lud sie auf seine Arme und brachte sie in einen Untersuchungsraum.
 
Tate ging es bald besser und auch Mingan konnte sich in Somalia erholen. Nachdem sie sicher war, dass es ihrem Sohn wirklich wieder gut ging flog Medea von New York City zurück zu ihrem Ehemann. Tate wollte sich nach der Reise nach Afrika noch etwas erholen und blieb in New York. Padriac war inzwischen wieder in South Dakota, was sie sehr traurig machte.
 
„Idiotin“, nörgelte Crow, als sie ihre beste Freundin am Flughafen wieder in die Arme schloss.
„Ich hab dich auch lieb, Süße“, bemerkte sie trocken.
„Okay, ich war jetzt ne ganze Weile unterwegs und da ich wieder ganz menschlich bin, brauch ich jetzt echt Ruhe“, fühlte sich Rufus irgendwie fehl am Platz.
„Beug dich mal runter“, bat Crow und als sich Rufus zu ihr runterbeugte, hängte sie ihm eine Metallkette mit einem Kreuz um den Hals.
„Nu um sicher zu gehen, großer Bruder. Du siehst fertig aus, aber sonst hervorragend. Ich hab immer geglaubt, dass das funktioniert“, umarmte sie ihn auch.
„Nein, hast du nicht, aber ich lieb dich trotzdem. Ich bin nur froh, dass Mingan bei mir war, ich glaub, sonst hätte ich die Nacht nicht überstanden“, schlussfolgerte er.
„Alex, kannst du mal aufhören zu schmollen, es tut uns leid“, drehte er sich zu der jungen Ärztin hin, die ihre Reisetasche hinter sich her schleifend zu ihnen kam.
„Ich hab acht Jahre studiert und ihr habt keinen Moment daran gedacht, mich zu holen, als ihr medizinische Hilfe gebraucht habt. Ich hab die ganze Nacht deine Werte kontrolliert“, murrte sie.
„Wir haben doch gesagt, es tut uns leid“, murrte Mingan erschöpft.
„Ja, bla bla bla. Ich brauch ne zweistündige Dusche“, grummelte Alex und ging an ihnen vorbei.
„Wir sollten ihr irgendwas schenken, sie hat so viel für uns gemacht“, schlussfolgerte Mingan.
„Ja, sollten wir. Tate, schmollst du auch?“, fragte Rufus, als er seine nachdenkliche Freundin sah, wie sie gedankenversunken ihr Handy betrachtete.
„Nein, hab nur Kopfschmerzen nach dem langen Flug, ich schmolle nicht. Lasst uns gehen“, bemerkte sie traurig.
„Er hat sich nicht mehr gemeldet, oder?“, fragte Mingan, Tate und legte den Arm auf Tates Schulter, als sie bei ihr angekommen war. Sie schüttelte wortlos den Kopf.
„War wohl etwas zu spät, tut mir Leid für dich, Süße. Vielleicht kann ja Rufus mit ihm reden“, schlussfolgerte Mingan freundlich.
„Oh nein, das müssen die allein regeln, wir halten uns da schön raus“, bemerkte er trocken.
„Okay, wenn du meinst, ich schlaf halt solang nicht mit dir, bis du angerufen hast“, sagte Mingan trocken und ließ ihn dort stehen.
Als Rufus an diesem Nachmittag über die Schwelle der Wohnung seiner Freundin ging konnte er endlich richtig aufatmen. Sein Vampirdasein hatte endlich ein Ende gefunden, er war endlich so menschlich, wie er sich das immer gewünscht hatte.
 
„Hast du schon angerufen?“, fragte Mingan an diesem Abend ihren Freund, als sie zu Abend aßen. Für Rufus war Nahrungsaufnahme immer noch schwierig und sein Magen musste sich erst Mal wieder daran gewöhnen.
„Ich ruf ihn nicht an“, sagte er mampfend.
„Er ist dein bester Freund!“
„Er ist ein alter Freund, mein bester Freund bist du“, lächelte er sie an.
„Süß, aber das lenkt mich nicht zu sehr vom Thema ab. Sie wird irgendwann nach Melbourne abreisen und dann ist es ganz vorbei“, bat sie.
„Ja, ist nicht unsere Sache!“
„Die beiden haben alle Hebel in Bewegung gesetzt uns zu helfen, wir sind ihnen einiges schuldig“, appellierte sie auf seine Schuldgefühle.
„Man, du kannst mich immer noch komplett um den Finger wickeln. Ich red mit ihm. Ich hab nur eine Bitte“, gab er nach.
„Klar, was?“
„Was ist in AC passiert?“, fragte er plötzlich.
„Nichts Gutes. Ich war etwas bedrückt, weil du mich so wie ne Nutte behandelt hast nachdem wir Sex gehabt hatten. Meine Kolleginnen wollten nach Atlantic City und ich bin spontan mitgefahren. Wir sind dann irgendwann in diesem Club gelandet, wo es Cage-Fighting gab. Ich war schwer betrunken, ich wollte endlich mal sehen wie stark ich eigentlich bin, Bourbone tut dem Gehirn nichts Gutes, wie du weißt. Die darauffolgenden Tage wurde ich festgehalten, diese blöden Kühe sind einfach abgehauen. Nach drei Tagen konnte ich fliehen und bin in einen Zug nach New York City gestiegen. Ich habe kein Ticket gelöst, ich hab mich stundenlang in einer Toilette verschanzt. Den Rest kennst du ja“, erklärte sie, was passiert war.
„Cage-Fighting, ernsthaft? Ich war ein Arschloch, tut mir so leid“, entschuldigte er sich bei ihr.
„Und mir erst, ich werde noch eine Weile Schmerzen haben, die hätten mich töten können. Eine gute Sache hat es, ich weiß jetzt, wie stark ich eigentlich bin“, entschied sie trocken.
„Will ich es wissen?“, fragte er kritisch.
„Sagen wir mal so, die Waffe mit den Silberkugeln auf dem Nachttisch war womöglich nicht so übertrieben wie ich dachte“, schmunzelte sie und sein Lächeln erstarb.
„Oh man, ich muss dich jetzt grad so sehr haben“, säuselte er und sie stand auf und setzte sich breitbeinig auf seinen Schoß.
„Liebend gern, aber erst rufst du Pad an“, stieg sie wieder von ihm herunter.
„Man, das meinst du echt ernst!“
„Jup!“
„Okay, ich ruf ihn an“, gab er nach.
„Braver Junge, ich muss meine Eltern anrufen, ich hab ihnen versprochen anzurufen wenn wir landen. Ich hab viel von ihnen abverlangt in den letzten Wochen“, ging sie in ihr Zimmer und rief ihre Eltern an. Rufus setzte sich auf die Feuerleiter und rief Padriac an.
„Hey, Kumpel, bin wieder im Lande“, begrüßte er ihn am Telefon.
„Für ne Vorwarnung wär ich glücklich gewesen, du hast mir den Albtraum meines Lebens verpasst, Junge“, entgegnete er.
„Was meinst du?“
„In der Nacht deiner Verwandlung hatte ich furchtbare Albträume, frag mich nicht wieso, aber die will ich nie wieder haben“, erklärte er.
„Tut mir Leid, Kumpel, deine Gabe ist manchmal echt seltsam. Das hat aber jetzt ein Ende, ich bin komplett menschlich und könnte nie glücklicher sein“, erklärte er zufrieden.
„Toll für dich, Kumpel“, sagte er traurig.
„Sie ist noch bei uns“, bemerkte Rufus plötzlich.
„Wen meinst du?“
„Du weißt genau wen ich meine, die Frau die du liebst“, konterte er.
„Ich liebe sie nicht!“
„Schade, sie tut es aber!“
„Wirklich, hat sie das gesagt?“
„Nein, aber das weiß ich. Okay, ich werde von Min gezwungen dich anzurufen, sie denkt es zumindest. Tu mir den Gefallen, ich hab zwar jetzt keine extremen Inkubus-Gelüste mehr, aber sie will mir Sex verweigern wenn ich das nicht tue, also von Mann zu Mann, bitte versuch’s einfach“, bat er gestehend.
„Okay, auch wenn ich als trauriger Single kaum Mitleid mit dir haben sollte, ich ruf sie an“, versprach er.
„Danke, hast was gut bei mir, auch wegen der Albträume, irgendwann musst du mir mal detailliert erklären, was es mit deiner Gabe auf sich hat“, bedankte er sich und legte auf.
„Gute Nachricht, Schatz, er ruft sie an“, kam Rufus freudestrahlend ins Schlafzimmer seiner Freundin. Die war aber beim Telefonieren eingeschlafen.
„Ach komm schon“, murmelte er und legte sich zu ihr hin. Endlich nach so vielen Jahren konnte er einfach so neben einer Frau liegen und nur pure Liebe empfinden.
 
Die Ruhe wurde in dieser Nacht je gestört, als eine Gruppe Männer in ihre Wohnung eindrangen, Rufus entführten und Mingan betäubten.
„Du machst hoffentlich Witze“, entgegnete Crow genervt, als sie die Nachricht bekam. Sie hatte die Nacht bei Sam verbracht.
„Meine Kopfschmerzen lassen keinen Spielraum für Witze, Kris. Die wussten wie stark ich bin, deswegen haben sie mich betäubt. Es muss also ein Wesen gewesen sein“, entschied sie.
„Okay, ich komm heim. Ich bring Sam mit, man ich dachte echt, der Mist hätte ein Ende“, versprach Crow und fuhr nach Hause.

Achtzehntes Kapitel


Liebevoll drückte Crow ihrer besten Freundin einen Eisbeutel auf die Stirn, während sie telefonierte.
„Danke, Leute, haltet mich auf dem Laufenden“, legte sie wieder auf.
„Meine Leute schauen sich um, aber letztes Mal waren sie ja nicht so wahnsinnig erfolgreich. Was zum Henker ist da jetzt schon wieder los?“, fragte Crow in die Runde und legte den Eisbeutel auf den Tisch.
„Meine Kollegen sind auch hinter den Einbrechern her, aber ich hab keine Fingerabdrücke gefunden bis jetzt“, war Sam mit seiner Untersuchung fertig.
„Was heißt bis jetzt?“, fragte Crow kritisch.
„Okay, ich hab keine Fingerabdrücke gefunden, die sind gut, wer auch immer die sind. Wollte euch Ladies nur aufmuntern. Es ist, als wären es Geister“, erwiderte Sam.
„Geister, du bist ein Genie, Baby“, war Crow plötzlich hocherfreut.
„Teil mir deine Gedanken mit, Süße“, bat Mingan müde.
„Wer läuft herum wie Geister und hinterlässt keine verwertbaren Spuren?“, half sie ihr auf die Sprünge.
„Vampire, na super, was wollen die jetzt noch mit ihm? Er ist doch ein Mensch“, murrte Mingan und stand auf.
„Es fällt mir auf Anhieb nur eine Gruppe ein, die was dagegen hätte, dass er wieder ein Mensch ist“, konterte Crow plötzlich.
„Diese komische Vampir-Sekte“, entgegnete Mingan.
„Das ist keine Sekte“, konterte Crow.
„Was sind sie dann? Du musst sie alle ab metzeln“, murrte Mingan.
„Ich metzle keine Vampire ab, ich bin eine magische Kopfgeldjägerin, wir trainieren nur die Vernichtung von Vampiren zur Sicherheit, ich bring keine Menschen um“, erklärte sie.
„Du wolltest deinen Bruder töten“, konterte Mingan.
„Er war von einem Dämon besessen, das ist was anderes!“
„Nein, war es nicht!“
„Ich hab nen Fehler gemacht, das tut jetzt hier nichts zur Sache. Okay, ich muss los, wir bringen ihn dir zurück, versprochen“, murmelte Crow.
„Von wegen, ich komm mit“, bemerkte Mingan.
„Du kannst kaum laufen, du bleibst gefällig hier“, sagte Crow ernst.
„Ich bin stärker als du, ich pack das“, versprach Mingan und Crow ging auf sie zu und drückte ihr einen Finger in den Bauch der noch von blauen Flecken übersäht war.
„Au, das war voll unfair“, jammerte die junge Werwölfin unter Schmerzen.
„Sorry, Süße, musste nur was klarstellen. Sam, komm, wir müssen los“, entschuldigte sich Crow und ging mit Sam aus dem Haus.
 
Rufus versuchte seine Füße zu bewegen. Er hörte das Klappern von Ketten. Er hatte einen Sack über dem Kopf und war an allen Körperteilen an einen Tisch gefesselt.
„Was ist hier los? Wenn das so ein bizarrer Witz von dir ist, Kristin, ist er gar nicht witzig“, brüllte er plötzlich und unerwartet wurde der Sack von seinem Kopf gerissen.
„Ich muss dich enttäuschen, wir sind’s nur“, hörte er Lus Stimme. Er sah nicht viel, da er seine Brille nicht trug.
„Lu, bist du das? Was soll das?“, fragte er blinzelnd.
„Du bist der Auserwählte, der, der dem Grab entstieg, ich wusste immer, dass du es bist, jetzt hab ich den Beweis. Dein Körper ist wieder menschlich, ich höre dein Herz pumpen und dein Blut riecht sehr verführerisch“, fühlte er wie Lu ihm mit der Hand quer über die Brust fuhr.
„Lu, was redest du da? Du trinkst kein Blut“, versuchte er zu begreifen.
„Nonsens, wir haben immer Blut getrunken, wir haben dich damit nur getestet um zu sehen, wie lang du es ohne Blut aushältst. Es hat dich geheilt“, schlussfolgerte er.
„Das Zeug hat mich nicht geheilt, es war ein mächtiger Voodoo-Priester und dieser Scheiß hat dazu geführt, dass ich fast ne Nutte getötet habe und Tate hab ich auch gebissen. Bindet mich los, ich hab Platzangst und mir schnürt es die Brust zu“, begann er zu keuchen.
„Du lügst“, wütete Lu.
„Lu, ich hab ne Asthma-Attacke, bitte hilf mir“, hustete er.
„Du bist nen Vampir, reiß dich zusammen“, murrte er.
„Ich bin ein Mensch, bin ich immer gewesen. Bitte, ich ersticke“, bettelte er.
„Mund auf“, grummelte Lu und spritzte ihm zwei Stöße von seinem Asthma-Spray hinein.
„Danke“, atmete er tief durch.
„Du bist wirklich nur ein kleiner schwächlicher Mensch“, konterte Lu und roch an seinem Hals.
„Bitte, ich möchte kein Vampir mehr sein“, begann er zu weinen.
„Oh man, ich hasse weinendes Fast Food. Lass ihn uns schnell kaltmachen, das wir das Gejammer nicht mehr ertragen müssen“, bat ein anderer der Vampire.
„Wir töten keine Menschen, Paco, er riecht nur so gut. Wenn du Blutdurst hast, wir haben noch genug Blutkonserven im Kühlschrank“, bat Lu trocken und der Vampir trottete davon.
„Du tötest mich nicht?“, fragte Rufus leise.
„Nein, ich binde dich los“, sagte Lu plötzlich ganz freundlich und band ihn los. Hektisch stolperte Rufus vom Tisch und ging zu einer Tür. Die war aber verschlossen.
„Ich hab nicht gesagt, dass ich dich gehenlasse“, kam Lu zu ihm hin.
„Bitte, meine Familie ist sicher schon außer sich vor Sorge. Was bringt es dir, wenn ich hier bin?“, fragte Rufus nervös.
„Du gehörst zu uns, auch wenn du kein Vampir bist“, entschied er.
„Meine Schwester hat also doch Recht, ihr seid ne Sekte“, stellte er fest.
„Sekte ist so ein böses Wort, wir sind eine Gemeinschaft von Leuten die die gleichen Ziele teilen“, erklärte Lu.
„Das klingt sehr sekten-artig. Ich möchte hier weg, Lu, ich bin euch furchtbar dankbar, dass ihr mich damals in eure Familie aufgenommen habt, aber mein Leben ist jetzt wieder im Licht“, bat er ernst.
„Tut mir leid, Kleiner, aber das hast du nicht zu entscheiden“, war Lu bei ihm angekommen und biss ihm in den Arm, bis er bewusstlos wurde.

Neunzehntes Kapitel


„Sollen wir eure Eltern anrufen?“, fragte Sam, als sie sich im Büro berieten.
„Nein“, wurde Crow laut.
„Okay, das war deutlich!“
„Sorry, Süßer, meine Mutter vertraut mir grad wieder, das würde unsere Beziehung sehr weit zurückwerfen, bitte ruf sie nicht an“, bat sie sanfter.
„Klar, ich dachte nur, sie könnten uns mit ihrer Erfahrung gut unterstützen. Also, wir stürmen vom Seiteneingang aus. Dein kleiner hellseherischer Freund meinte, das ist die Schwachstelle im Bürokomplex. Wir sind uns alle einig, wir machen keine Gefangenen, die Blutsauger werden eingeäschert, oder?“, fragte Sam planend.
„Das hast du gesagt, ich töte niemanden, wir kämpfen uns den Weg frei, retten ihn und deine Kollegen tun den Rest“, bemerkte Crow trocken.
„Das ist aber wirklich ne Doppelmoral, deinen Bruder wolltest du töten“, entgegnete Sam.
„Nochmal, er war besessen und ich hab es ja nicht getan. Okay, wir töten keinen Vampir, habt ihr das alle verstanden?“, sah sie in die Runde und ihre Mitarbeiter nickten.
 
Mit militärischen Zeichen positionierte Crow ihre Mitarbeiter vor der Hintertür des Anwaltsbüros. Sie hörten drin nichts, aber Vampire waren nicht grade die lautesten Gesellen und sie dachten sich nichts dabei. Sie stürmten das Büro, Estelle war die einzige, die dort war.
„Wo ist er?“, drückte Crow sie brutal gegen die Wand. Die alte Vampirin grinste sie nur süffisant an. Wortlos drückte die Jägerin der jungaussehenden Frau einen Pflock an die Brust, während sie ganz nah an ihr stand.
„Mädchen, ich war schon am Leben als deine Großmutter noch ein Baby war, du bist nicht die erste Jägerin, die das mit mir tut“, sagte Estelle ungerührt.
„Ich könnte aber die letzte sein, Blutsaugerin“, murrte sie und drückte noch mehr zu.
„Baby, nur so eine kleine konstruktive Kritik, wenn du noch weiter drückst brichst du deine Regeln mit dem Nicht-Töten“, warf Sam ein, der neben ihr stand.
„Ein Feuerdämon, nett, so einen hatte ich auch mal vor fünfzig Jahren auf Tahiti. Er hat meine Lenden entflammt, bevor ich ihn getötet habe. Ich versteh was du an ihm hast. Wenn du mit ihm fertig bist, bring ihn ruhig zu mir“, reizte Estelle sie und Crow schlug ihr ihre Waffe über den Schädel.
„Der ist meiner, Schlampe“, trat sie die bewusstlose Frau.
„Wow, du hast echt einen Hass gegen Vampire. Was hat dir das jetzt gebracht?“, fragte Sam cool.
„Die Tussi hat mich genervt, sie hätte uns eh nichts gesagt“, murmelte sie.
„Boss, ein Kontakt von mir hat eine Gruppe Vampire im Central-Park gesehen, sie hatten einen Leichensack dabei“, erhielt Narc einen Anruf. Crow wurde bleich und torkelte zu einem Stuhl.
„Schatz, das hat nichts zu heißen, es wird langsam dunkel, da sind viele Vampire unterwegs“, entgegnete Sam beruhigend.
„Wir müssen dahin, sofort“, sagte sie nur.
„Ja, machen wir, komm“, zog er sie hoch.
 
Sie brauchten eine ganze Weile bis zum Central Park und dort eine gefühlte Ewigkeit laufen. Narc steuerte direkt auf einen Penner zu.
„Sag mir nicht, dass wir jetzt durch die halbe Stadt gerast sind wegen einem besoffenen Penner“, erwiderte sie gereizt.
„Ganz ruhig, Süße, er wird schon wissen, was er tut“, beruhigte Sam sie.
„Okay, sie sind dorthin gegangen“, kam Narcotic zurück.
„Warum sollten wir dem Kerl glauben?“, fragte Crow kritisch.
„Weil ich es so sage. Los, es wird langsam dunkel“, ging Narcotic voran.
„Hab ich was verpasst? Seit wann hat der Jüngling das Kommando?“, fragte ein anderer Jäger.
„Leichensack, Brody, das ist die einzige Chance, die wir haben, los“, entgegnete Crow plötzlich und sie eilten ihm hinterher.
 
Es wurde dunkler und dunkler und sie teilten sich auf. Es war schon fast Mitternacht, als Crow, Brody, Sam und Narc an eine Lichtung kam, an der ein grabähnliches Loch gegraben war.
„Grabt, sofort“, forderte Crow ernst und sei groben mit ihren bloßen Händen. Dies war aber nicht sehr erfolgreich. Keuchend rief sie Alex an.
„Süße, ich bin grad erst eingeschlafen, können deine Sexprahlereien nicht bis morgen warten?“, fragte Alex schläfrig.
„Alex, wir brauchen dich, sofort, Central-Park, Westeingang, Rufus ist begraben worden“, erklärte sie außer Atem.
„Das ist nen schlechter Scherz, oder?“, fragte Alex.
„Fragen später, komm bitte her“, sagte Crow ernst.
„Man, mit euch macht man was mit“, kam Alex im Morgenmantel zu ihnen.
„Hol ihn raus“, bat Crow und Alex ließ den Sarg aus dem Boden schweben.
„Die haben ihn lebendig begraben“, sagte Crow weinerlich.
„Wir holen ihnen da raus, Boss“, versprach Narc und sie brachen den Sarg auf.
„Verdammt, warum hat das so lang gedauert?“, lag Rufus benommen in dem Sarg.
„Hey, großer Bruder, wie geht es dir?“, kniete sich Alex zu ihm hin und küsste seinen Kopf.
„Die haben mich lebendig begraben, was denkst du?“, fragte er trocken.
„Ja, klar, sorry, jetzt bist du ja in Sicherheit. Sind Sie noch hier?“, fragte sie liebevoll.
„Ich hatte andere Sachen im Kopf, keine Ahnung. Die sind vollkommen verrückt“, erkannte er.
„Du bist verletzt“, sah sie seinen blutenden Arm.
„Lu hat mich gebissen, ich war ne Weile ohnmächtig, bin in einem Leichensack wieder zu Bewusstsein gekommen. Vor einem Jahr wär ich noch ausgeflippt, aber ich hab acht Stunden in einem Leichensack im Flugzeug nach Hause verbracht, das war halb so schlimm. Jetzt möchte ich aber nach Hause“, bat er. Wortlos fühlte sie seinen Puls. Sie atmete tief ein, als sie ihn fühlte.
„Ich bin kein Vampir, den Mist tu ich mir nicht mehr an. Alex, trägst du keine Unterwäsche?“, sah er zu der jungen Ärztin genau unter den Morgenmantel.
„Das ist also der Dank. Habt ihr Verbandszeug dabei?“, fragte Alex augenrollend und Narc gab ihr was sie brauchte.
„Ich bin etwas blutleer, sorry, Doc. Ich weiß nicht, was sollte, wie habt ihr mich nur gefunden? Hat Pad euch geholfen?“, wollte er wissen.
„Nein, Narc hat dich gefunden, komischerweise. Gut gemacht, Kleiner“, lobte Crow ihren Azubi.
„Danke, denke ich. Wir sollten ihn vorsichtshalber in ein Krankenhaus bringen“, entschied Narc.
„Ja, sollten wir, Alex gibst du uns die Ehre?“, bat Crow ihre Bekannte.
„Ich hab nicht besonders viel an, wie dein Bruder so charmant erkannt hat“, schlussfolgerte Alex.
„Dann werden deine Kollegen ihren Spaß haben“, konterte Crow lässig.
„Man, ihr müsst mich langsam anfangen zu bezahlen“, murrte Alex, packte Rufus‘ Hand und verschwand mit ihm.
 
„Okay, ich hab grad mit seinem Arzt gesprochen, ihm geht’s gut, sie geben ihm noch etwas Blut, nur, dass wieder ganz fit ist. Die Tetanus-Spritze hat er auch ganz brav über sich ergehen lassen. Hab ihnen erzählt, er wurde von einem streunenden Hund angegriffen. Was? Irgendwas musste ich denen ja erzählen“, erklärte Crow, als sie aus Rufus‘ Krankenzimmer kam.
„Au, der arme Kerl. Was zum Henker war das heute? Wollten sie ihn umbringen? Das sind alles Vampire, das hätten die wirklich edler anstellen können“, überlegte Narc.
„Immer wenn ich denke, ich hätte die Vampire verstanden, machen sie so was. Ich würde sie gerne alle abfackeln, die Arschratten“, wütete Crow.
„Bei mir geht das genauso mit Frauen, du willst sie jetzt plötzlich alle umbringen?“, fragte Sam verwundert.
„Nein, bin nur wütend, die hätten fast meinen Bruder getötet, schon wieder. Ich sollte Min wecken, wenn sie überhaupt schläft, sie sollte wissen, dass es ihm gut geht“, bemerkte sie.
„Ich ruf sie an, ruh du dich aus“, bat Sam und ging ein paar Schritte um Mingan anzurufen.
„Komm, Boss, ich bring dich heim“, sagte Narc plötzlich freundlich.
„Danke, bist nen Schatz. Du hast das heute echt gut gemacht, Kleiner“, lobte Crow ihn und verschwand mit ihm in die Nacht. Ihre Kollegen waren nicht ins Krankenhaus mitgekommen.

Zwanzigstes Kapitel


Sanft fuhr Mingan ihrem Freund über die Wange. Sie lag eng an ihn gekuschelt in seinem Krankenbett, während er friedlich schlief.
Plötzlich riss er die Augen auf und sie sah in seine wunderschönen blauen Augen.
„Hey, du bist hier“, sagte er leise.
„Ja, natürlich bin ich hier. Wir haben nie darüber gesprochen, was jetzt mit uns ist“, begann sie.
„Ich möchte mit dir zusammen sein, für immer“, entgegnete er und küsste sie sanft.
„Da du so die Tendenz hast dich von Vampiren beißen zu lassen solltest du dir diese Aussage gut überlegen“, schmunzelte sie.
„Auch wenn ich irgendwann in meinem Leben wieder so was erlebe, ich werde dich immer lieben. Willst du auch?“, hoffte er.
„Natürlich, du Trottel, ich liebe dich seit langem, der einzige Grund warum ich mich jemals auf diese Bettgeschichte eingelassen habe war weil ich dich nicht an jemand anders verlieren wollte“, gestand sie.
„Du bist auch ne Idiotin, warum hast du das nicht gesagt?“, war er gerührt.
„Du bist ein Inkubus, ich hatte Angst, dass du mir nicht treu sein könntest“, sagte sie trocken.
„Ich war ein Inkubus, Gott sei Dank ist das vorbei. Ich bin endlich ein reiner Mensch, so wie ich es immer wollte. Ich glaub, ich hab immer so intensiv magische Wesen studiert, weil ich einen Ausweg aus meinem Schicksal gesucht habe. Meine Eltern und meine Schwester gehören in diese Welt, ich aber nicht“, konterte er nachdenklich.
„Dann musst du dir wohl eine normale Frau suchen, ich gehör in ihre Welt“, stand sie plötzlich auf.
„Nein, du tust du nicht“, erwiderte er nur.
„Werwolf, schon vergessen?“, fragte sie kritisch.
„Hast du dich letzte Nacht verwandelt!“
„Nein, hab ich nicht, gestern war doch gar kein Vollmond!“
„Doch, war es!“
„Nein, es war doch kein …. verdammt es war Vollmond“, sah sie auf den Mondkalender auf ihrem Smartphone.
„Scheint so, als wäre der Priester etwas übermütig gewesen, tut mir leid“, entschuldigte er sich.
„Ich bin kein Werwolf mehr“, versuchte sie zu realisieren.
„Das wollte ich nicht, tut mir so unendlich leid“, entschuldigte er sich weiter.
„Das darf dir nicht leidtun, sag das nicht meinem Vater, aber ich wollte auch nie ein Werwolf sein“, verwandelte sich ihr entsetztes Gesicht plötzlich in Freudestrahlen.
„Wir sind jetzt beide Menschen“, realisierte er.
„Ja, das sind wir, ich hab zwar keinen blassen Schimmer, wie das möglich ist, ohne dass ich das gemerkt habe, aber das ist fantastisch“, war sie hellauf begeistert und stieg zurück zu ihm ins Bett.
„Okay, Bruderherz, sieht alles gut aus, ich kann dich mit nach Hause…“, kam Crow hereingeplatzt, als sie gerade ihre Freude körperlich miteinander teilten.
„Leute, die Türen hier kann man von innen abschließen. Dir geht’s wirklich wieder gut, Brüderchen“, blieb sie wie angewurzelt stehen.
„Kristin“, sagte das Pärchen genervt im Chor.
„Ja, klar, sorry, Leute, ich warte draußen“, riss sie sich los und ließ sie wieder allein.
„Hey, alles klar?“, fragte Sam, als seine Freundin etwas verwirrt zurück zum Eingang kam.
„Ich hab meine beste Freundin und meinen Bruder grade beim Sex erwischt, ich brauch ne Minute“, entgegnete sie und starrte dabei ins Leere.
„Sex in der Öffentlichkeit, heiß, willst du auch?“, fragte Sam flirtend, aber seine Freundin sah ihn nur kritisch an.
„Oder auch nicht, das war unpassend, sorry. Und jetzt?“, entschuldigte er sich.
„Gehen wir nen Kaffee trinken in der Cafeteria?“
„Klingt nach nem Plan“, streckte er ihr die Hand entgegen, die sie lächelnd in ihre nahm.
 
Während sie in der Cafeteria saßen, bekam die Jägerin einen Anruf von ihrem Azubi.
„Hey Boss, ich hab grad ne seltsame Nachricht von einem meiner Informanten bekommen, die Jäger aus Manhattan haben heut einen Mega-Coup gelandet, im Staub haben sie einen Inhalator gefunden mit dem Namen deines Bruders drauf und seine Brille“, erklärte Narc.
„Okay, danke für die Info, Narc, ich kümmere mich darum“, bemerkte sie nur und legte wieder auf.
„Was war das?“, fragte Sam mit seinem kritischen Beamtenblick.
„Nichts, hat sich erledigt“, konterte sie.
„Was hat sich erledigt?“, wollte er wissen.
„Man, ich wusste doch, es war blöd, sich mit nem Cop einzulassen. Na gut, die Manhattan Bail Bonds haben unser Problem heute Nacht erledigt“, sagte er nur und sah ihn an.
„Die sind auch Jäger?“, war er verwundert.
„Sogar die besten die Stadt, das muss ich neidvoll eingestehen. Die sind nicht auf eurem Radar aufgetaucht? Wahnsinn“, konterte sie amüsiert.
„Man, die sind echt gut, wir dachten immer, die wären nur Kopfgeldjäger, den müssen wir mal einen Besuch abstatten. Warte, hast du das eingefädelt?“
„Nein, ich bin nicht grad gut auf Maximus zu sprechen, ist nen Ex von mir, lange Geschichte. Jetzt sollte ich ihm wohl Blumen schicken um mich zu bedanken“, dachte sie laut nach.
„Werde es ihm ausrichten, wenn ich ihn verhaften lasse“, bemerkte Sam trocken.
„Viel Spaß, die haben eine Lizenz dazu, ist so ne legale Nische, du bist der Experte, was weiß ich. Rufus werden wir das aber so nicht verkaufen, sind ja irgendwie seine Freunde gewesen, auch wenn sie ihn töten wollten. Alles sehr kompliziert. So, jetzt trenn ich unsere Turteltäubchen, ich hab Hunger“, entgegnete sie und ging zurück ins Krankenzimmer.
 
Nachdem Crow ihren Bruder und ihre Freundin zu Hause abgesetzt hatte, fuhr sie zu ihrer Konkurrenz. Maximus lächelte süffisant als er seine Kollegin am Fenster vorbeilaufen sah. Als sie durch die Tür ging, schrillte ein Alarm. Blitzschnell hatte sie zwei Armbrüste am Hals.
„Okay, wir sind ja nervös. Max, pfeifst du deine Wachhunde zurück?“, fragte sie trocken und ungerührt.
„Jungs, sie ist in Ordnung, lasst sie gehen“, hörten sie die tiefe männliche Stimme des Vampirjägers und sie wurde losgelassen.
„Aber Boss, sie ist ein Dämon“, sagte einer der bewaffneten Jäger.
„Ja, weiß ich, Schönheit, komm rein“, rief Maximus und sie kam langsam in sein Büro.
„Lass das“, murrte sie ihm entgegen.
„Was soll ich lassen? So unverschämt gut auszusehen?“, fragte er charmant und lächelte verführerisch.
„Ich hab ne Beziehung, Max, also lass es“, forderte sie.
„Eine Beziehung? Ich dachte, ihr Sukkuben könnt nicht treu sein“, war er verwundert.
„Ist schwierig, aber ja das funktioniert. Ich bin nicht hierhergekommen um über uns zu reden, ich wollte dir danken“, erklärte sie stockend und er grinste breit.
„Oh man, das genießt du echt, oder? Wir haben uns getrennt, weil ich deine Ansichten Vampire gegenüber nicht vertrete, das tu ich immer noch, aber wenn es um meine Familie geht tick ich manchmal aus. Also, danke nochmal, das ist alles, was ich sagen wollte“, drehte sie sich wieder zur Tür.
„Ist es richtig, dass dein Bruder vom Vampirdasein erlöst worden ist?“, fragte er plötzlich.
„Ja, sieht so aus!“
„Ich hab Vampirismus studiert, ich hab noch nie davon gehört, dass ein Vampir wieder zum Mensch wird“, verstand er nicht.
„Tja, ist halt so, ich muss los, die Arbeit ruft“, blieb sie mysteriös.
„Oh nein, Schönheit, du gehst nicht einfach so“, ging er zur Tür und schloss sie vor ihr.
„Du willst mich hier festhalten? Mein Freund sitzt draußen und wartet auf mich. Hab ich erwähnt, dass er ein Cop ist?“, fragte sie cool und stellte sich breitbeinig und mit verschränkten Armen vor ihn.
„Ein Cop, schau an, wer da erwachsen geworden ist! Du musst nur verraten, wie ihr es angestellt habt, dann kannst du gehen“, konterte er.
„Ah, vergiss es“, sagte sie stur.
„Dann kann ich dich nicht gehen lassen“, entschied er ernst.
„Du weißt, das mach ich echt ungern“, sagte sie fast flüsternd und berührte seine Wange, was ihn schaudern ließ.
„Und schon ist sie vergessen, deine Monogamie“, säuselte er erregt.
„Äh, nein“, konterte sie und trat ihm brutal in die Weichteile.
 
„Fahr, fahr“, hetzte Crow ihren Freund, als sie in den Wagen einstieg.
„Was ist los?“, fragte er verwirrt.
„Antworten später, los“, forderte sie und er trat aufs Gas. Plötzlich schlug ein Pfeil durch die Rückscheibe und verfehlte sie grade so.
„War das grad?“, fragte Sam trocken.
„Jup!“, sagte sie nur.
„Was hast du getan?“, fragte er verwirrt.
„Meine Beziehung zu ihm ist kompliziert“, erwiderte sie nur.
„Kompliziert?“, fragte er kritisch.
„Sehr kompliziert. Okay, du kannst wieder langsamer fahren“, konterte sie und er fuhr langsamer.
„Also?“, drehte er sich zu ihr.
„Ich hab ihm in die Eier getreten“, gestand sie.
„Wie ist denn das gekommen? Du wolltest dich doch bei ihm bedanken. Also ich bedank mich irgendwie anders“, sagte er kopfschüttelnd.
„Er wollte mich nicht gehen lassen, als ich ihm nicht sagen wollte, wie wir das mit Rufus gemacht haben“, erklärte sie und er fuhr in eine Seitengasse um anzuhalten.
„Warum hast du es ihm nicht einfach gesagt? Ja, es war schwarze Magie, aber du hattest nen guten Grund“, entschied Sam liebevoll.
„Ich hab ihn verlassen weil er mir zu sehr dunkle Magie eingesetzt hat, jetzt bin ich kein Deut besser als er“, sagte sie beschämt.
„Das ist alles? Du hältst dich für jemand besseres?“, fragte er verwundert.
„Ehrlich gesagt ja, ich kämpfe auf der weißen Seite und da bin ich ziemlich stolz drauf“, entgegnete sie.
„Ja, kannst du auch sein, das war ja eine Ausnahme. Man, zum ersten Mal seh ich dich verletzlich, das ist irgendwie schön“, nahm er sie liebevoll in den Arm.
 
„Hey, alles klar bei dir?“, fragte Mingan, als sie ihren Freund nachdenklich sitzend auf seiner Feuertreppe vorfand.
„Ich kann hier nicht bleiben“, sagte er nur.
„Was meinst du?“, fragte sie verwundert und setzte sich neben ihn.
„Ich weiß auch nicht, meine Wohnung ist für einen Vampir ausgelegt und diese ganze Stadt ist beängstigend“, dachte er laut nach.
„Du solltest ne Therapie machen nachdem was du alles erlebt hast“, schlug sie vor und legte ihren Kopf auf seine Schulter und seine Hand in ihre Hände.
„Ich möchte wieder zurück zu meinen Wurzeln“, philosophierte er.
„Du willst zurück nach South Dakota?“, fragte sie verwundert und ließ seine Hand los.
„Ja, schon irgendwie“, gestand er.
„Was ist dann mit uns?“, fragte sie vorsichtig, aber er wusste darauf keine Antwort.

Einundzwanzigstes Kapitel


Zwei Wochen später
 
Ein Grummeln ging durch den Raum, als die Vorhänge aufgezogen wurden.
„Seid ihr sicher, dass er kein Vampir mehr ist, so wie er auf Sonne reagiert?“, bemerkte Kaz und trat gegen das Sofa, auf dem sein Patensohn seinen Rausch ausschlief.
„Ja, ich bin sicher, er ist nur verkatert, hey Brüderchen, ist schon Mittag, Zeit zum Aufstehen“, weckte Crow ihren Bruder, in dem sie ihn zu sich drehte. Er kotzte ihr direkt auf die Stiefel.
„Ja, eindeutig verkatert, na super, das krieg ich nie aus dem Wildleder. Jetzt muss ich meine Putze extra bezahlen um das aus dem Teppich zu kriegen“, bemerkte sie und öffnete den Rest des Vorhangs in ihrem Büro. Ihr Bruder hatte sich darin verkrochen, nachdem er sich von Mingan getrennt hatte.
„Steh auf“, bat Kaz etwas schroff.
„Mir ist schlecht“, murmelte Rufus verkatert.
„Ja, denk ich mir, steh auf“, hatte Kaz kein Mitleid.
„Aber Onkel Kaz“, murrte er.
„Nichts Onkel Kaz, ich bin nicht tausende von Meilen geflogen um dich so zu sehen“, zog er ihn etwas derb auf die Beine.
„Deine Freunde haben versucht mich zu töten“, wurde er langsam wach.
„Ja, das tut mir furchtbar leid, ich hab das echt nicht gewusst. Habt ihr ein Badezimmer hier? Ich fahr nicht stundenlang mit Stinky in einem Auto“, plante Kaz.
„Ja, den Gang lang, links die letzte Tür. Er müffelt echt sehr, kann auch die Kotze sein, die man riecht“, öffnete sie ein Fenster.
„Okay, ich werde mit ihm dahin gehen, wo sind seine Klamotten?“, fragte er.
„Bin ich seine Nanny, oder was? Keine Ahnung“, murrte sie.
„Hey, auch wenn du noch sauer auf mich bist, kleine Lady, behandle mich mit Respekt, ja?“, raunzte Kaz und Crow musste breit grinsen.
„Was ist jetzt schon wieder?“
„Sorry, immer wenn du kleine Lady sagst und dabei aussiehst, als könntest du mein kleiner Bruder sein, kann ich nicht ernst bleiben“, frotzelte sie.
„Sorry, meiner Tochter fehlt es wie immer an Respekt. Du hast nicht übertrieben, er sieht wirklich mies aus“, kam auch Medea ins Büro und packte ihren Sohn am Kinn und drehte seinen Kopf von rechts nach links.
„Mum“, nörgelte er.
„Oh man, lass deinen Mund zu, bevor du keine Zähne geputzt hast. Bring ihn ins Bad, Kaz“, bat Medea und Kaz zog ihn weg.
 
„Ihr wisst schon, dass ich nen bisschen allergisch auf Entführungen reagiere, nach allem was ich erlebt habe“, grummelte Rufus, als er auf dem Rücksitz des Wagens seiner Mutter saß und sein Patenonkel ihn nicht aus den Augen ließ.
„Ja, Süßer, geht nicht anders, sorry“, drehte sich Medea kurz zu ihm hin.
„Ihr hättet mich einfach fragen können, wie wär’s damit gewesen?“, raunzte er.
„Wärst du dann mitgekommen?“, fragte Crow auf dem Beifahrersitz.
„Vermutlich nicht. Warum bist du eigentlich mitgekommen?“, wollte er von seiner Schwester wissen.
„Ich war lang nicht mehr zu Hause, mach nur etwas Urlaub“, behauptete sie.
„Ah, du willst zusehen wie Channing mich zur Schnecke macht“, schlussfolgerte er.
„Ja, das will ich mir nicht entgehen lassen“, schmunzelte sie.
„Über was redet ihr?“, wollte Medea wissen.
„Nichts Mum“, murmelte Rufus.
„Ihr konntet mir noch nie etwas verschweigen, raus mit der Sprache“, bat Medea ernst.
„Min ist keine Werwölfin mehr“, erklärte Crow.
„Was heißt keine Werwölfin mehr?“
„Sie hat sich diesen Monat nicht verwandelt, vermutlich hat der Priester sie auch in einen reinen Menschen verwandelt“, erklärte Rufus seiner Mutter.
„Das kann doch nicht sein, dieser Zauber war doch nur für dich gedacht“, wunderte sich Medea.
„Sie hat die ganze Zeit meine Hand gehalten … sie hat die ganze Zeit meine Hand gehalten“, dachte er laut nach und plötzlich starrte er nur aus dem Fenster.
„Warum habt ihr euch getrennt?“, stellte Medea plötzlich die Frage, die alle anderen ihm zuvor nicht gestellt hatten. Er schwieg dazu.
„Okay, dann eben nicht. Also ich war am Wochenende mit Channing was Essen, ich glaub nicht, dass er es weiß“, bemerkte Medea.
„Super“, murmelte Rufus ohne sie anzusehen.
„Das wird eine sehr lange Autofahrt“, nörgelte Crow und lehnte sich in ihrem Sitz zurück.
 
„Onkel Kansas, ich hab da einige Sachen aufgeschrieben, die wir hier benötigen, du musst das noch bestätigen“, kam Mingan mit einem Pad in der Hand ins Büro des Arztes der Villa in Pierre. Sie war die Woche zuvor zurück zu ihren Eltern gegangen und arbeitete nun in der Villa als Krankenschwester.
„Gib her, Süße, wir sind hier etwas unterbesetzt, danke, dass du die Sachen durchgegangen bist“, drückte Kansas seinen Daumenabdruck auf den Pad und gab ihn ihr wieder.
„Kein Problem, ich muss damit ja später arbeiten. Danke, dass du mir hier einen Job gegeben hast, Kans“, bedankte sie sich.
„Ich kann hier wirklich jede Hand gebrauchen, das hab ich gern gemacht. Jetzt geh heim, ist schon fast acht Uhr, deine Eltern warten sicher schon zu Hause“, bot er ihr an.
„Das war nicht meine klügste Idee wieder zu meinen Eltern zu ziehen. Heute werd ich es ihnen sagen“, bemerkte sie und legte ihre Hilfsmittel in ihren Spint.
„Wird auch langsam Zeit, wenn du mit ihnen zusammenlebst, früher oder später werden sie merken, dass du dich nicht mehr verwandelst“, schlussfolgerte er.
„Ja, vermutlich, oder ich such mir noch schnell eine eigene Wohnung“, hatte sie die Befürchtung, dass ihr Vater das mit dem Nicht-Wolf sein nicht so gut aufnehmen würde.
„Sag’s ihnen einfach, sie werden sich sicher für dich freuen. Sie müssen es eh wissen, denn du kannst dich jetzt nicht mehr so verteidigen wie früher“, erklärte er ihr.
„Ja, ich weiß, okay, hilft ja nichts, danke Kans, für die aufmunternden Worte, ich bin morgen früh wieder pünktlich hier“, versprach sie und nahm ihre Tasche.
„Ja, denk ich mir, viel Glück“, verabschiedete der Arzt seine Angestellte und die trottete davon.
 
Als sie die Straße entlang zu ihrem Wagen ging, sah sie plötzlich auf der anderen Straßenseite den SUV ihrer Patentante, um den ihre beste Freundin, der jugendlich aussehenden Vampir-Ex-Freund von Medea und ihr eigener Ex standen und auf etwas warteten. Bevor sie gesehen wurde, bog sie in einen Häusereingang und rief Padriac an.
„Verdammt, kannst du mich nicht vorwarnen?“, raunzte sie in den Hörer.
„Dir auch einen wunderschönen guten Morgen, teure Freundin, ist ziemlich früh hier in Melbourne, was du vermutlich vergessen oder einfach ignoriert hast“, murmelte Padriac schläfrig in den Hörer.
„Was macht er hier?“, fragte sie nervös.
„Süße, ich bin jetzt schon fast zwei Wochen in Australien, du musst schon spezifischer sein, wenn du mich was fragst“, bat Padriac.
„Ich bin in Pierre, wollte ein neues Leben anfangen und Rufus ist auch hier mit seiner halben Familie und Kaz“, erklärte sie wie gewünscht ausführlicher.
„Seine Familie wohnt in Pierre, früher oder später wärt ihr euch eh über den Weg gelaufen, jetzt halt früher als gedacht. Warte, habt ihr euch nicht getrennt, weil er nicht in New York City bleiben konnte, du aber dann die warst, die die Flucht ergriffen hat?“, wollte er wissen.
„Ja, danke für den schmerzlichen Rückblick. Ich wollte ihm ja folgen, aber als ich zu Hause angekommen bin, Überraschung war er nicht da. Was mach ich jetzt?“
„Du hast nur zwei Möglichkeiten, entweder du versteckst dich länger wie ein schüchternes Mädchen in einer Häuserecke und versuch nicht mal abzustreiten, dass du das grad machst, oder du stellst dich ihm“, erklärte er trocken.
„Danke, für den tollen Ratschlag. Sag Tate nen Gruß von mir“, bemerkte sie nicht begeistert und legte wieder auf. Sie atmete tief durch und ging mutig weiter. Beinahe schaffte sie es unbemerkt an der Gruppe auf der anderen Straßenseite vorbeizugehen, bis sie fast mit Medea zusammenstieß, die eingekauft zu haben schien.
„Äh, hi Tante Medea“, druckste sie herum.
„Hey, solltest du nicht noch arbeiten?“, war Medea überrascht sie schon zu sehen.
„Ich durfte etwas früher gehen, was macht er hier?“, deutete sie auf ihren Ex-Freund.
„Ich hab dieses Häufchen Elend aus dem Sofa von Kristin gepuhlt, er war damit schon eine halbe Symbiose eingegangen. Ich werde ihm hier helfen, die ganze Sache mit dem Vampirdasein und der Entführung hat ihn mehr traumatisiert, als wir dachten. Die Liebe seines Lebens an seiner Seite gehabt zu haben hätte ihm vielleicht geholfen“, kritisierte sie sie indirekt.
„Hey, ich bin hierhergekommen, er war derjenige, der nicht da war“, wurde sie wütend.
„Das ist ein Gespräch, was ihr beide führen müsst und nur ihr beide. Sohn, beweg deinen Arsch hier her“, rief Medea zu Rufus und der wechselte die Straßenseite. Mingan sah beschämt zur Seite.
„Was? Ich will nur noch ins Bett“, murrte er müde und Medea zog Mingans Kopf wieder in die richtige Richtung.
„Redet, jetzt“, forderte sie und ging zu den anderen.
„Min? Was machst du hier? Besuchst du deine Eltern?“, hatte er sie überhaupt nicht dort vermutet.
„Äh, nicht direkt, ich leb seit letzter Woche wieder hier“, erklärte sie herumdrucksend.
„Das glaub ich jetzt nicht. Wir hatten eine zweistündige Diskussion darüber, bevor wir uns getrennt haben, dass du meine kleine Schwester und deinen Job in New York City auf keinen Fall verlassen willst und jetzt bist du hier?“, wurde er laut.
„Ich hab es genau drei Tage ohne dich ausgehalten, dann bin ich hier hierher um dich um Verzeihung zu bitten, aber du warst nicht hier“, versuchte sie ruhig zu bleiben.
„Ich hab sozusagen in Kristins Büro gewohnt, warum sagt sie mir das nicht?“, wurde seine Stimme sanfter.
„Sie hat’s dir gesagt, drei Mal, aber sie konnte nicht den richtigen Zeitpunkt abfangen, dass du nüchtern genug warst um es zu kapieren. Ich liebe dich und das meinte ich damals und auch heute ehrlich so. Ich will nicht mehr ohne dich leben, du Hornochse“, begann sie zu weinen.
„Nein, nicht weinen, Süße, du weißt, dass ich keine Frau weinen sehen kann. Komm her“, drückte er sie an sich und begann sie erst mit kleinen Küsschen und dann frenetisch und lang zu küssen.
„Na, war doch nicht so schwer, oder?“, fragte Kaz zufrieden und die anderen sahen ihn böse an.
„Was? Ich hab doch dafür gesorgt, dass sie jetzt so glücklich sind, oder?“, behauptete Kaz cool.
„Na ja, außer der Tatsache dass du meinen Sohn zwei Mal in Lebensgefahr gebracht hast und wir ihn alle schon für tot geglaubt haben, hast du das ganz toll gemacht“, bemerkte Medea sarkastisch.
„Ich wusste doch, du würdest mir das irgendwann vorhalten. Die ganze Zeit über habe ich nur sein Bestes gewollt, ich hätte mich eher getötet als ihm ein Leid zuzufügen“, sagte er ernst.
„Wie lang warst du bei denen? Jahre? Jahrzehnte? Du kannst mir nicht sagen, dass du nicht irgendwas geahnt hast“, hielt Medea ihm vor.
„Sie waren meine Familie, irgendeine Familie habe ich doch gebraucht, nachdem meine einzige Familie ihre eigene Familie gegründet hat“, konterte er schroff.
„Okay, das ist eine Sache zwischen euch, ich werde mal Britney Hallo sagen, die hab ich ja ne Weile nicht mehr gesehen“, zog sich Crow zurück und ging in einen Laden, in dem eine alte Schulfreundin arbeitete.
„Ich liebe ihn, früher wie heute, niemand hat von dir verlangt, dass du nach England abhaust“, raunzte sie.
„Du hast mir keine andere Wahl gelassen, ich konnte nicht mit ansehen, wie du glücklich warst, wie kannst du mir das vorhalten!“
„Warum hast du mir das nie gesagt?“, fragte sie plötzlich ruhiger, fast liebevoll.
„Was hätte ich dir sagen sollen? Ich hab dich damals gefragt, ob du mich heiratest, du wolltest das nicht, glaubst du, ich hab das nur aus Spaß gefragt? Mein Herz war gebrochen, ich wollt nur so weit weg von dir wie ich konnte. Die Jungs haben mich damals aufgebaut, mir mein Leben zurückgegeben. Dann waren sie eine Sekte, na und? Jetzt sind sie in New York City alle ausgelöscht worden von so’m Jägercowboy, der mal das Bett mit deiner Tochter geteilt hat. Wir kümmern uns um Vampire, die sonst kein Ziel haben, die schlachten sie nur ab. Weißt du, ob dass deine Tochter nicht auch macht? Sie behauptet zwar immer, sie tötet niemanden, aber sie hätte fast deinen Sohn getötet und dann wäre diese kleine Szenerie hier nicht so ganz möglich“, entgegnete Kaz und zeigte zu dem küssenden Pärchen.
„Ja, ich hätte ihn fast getötet und das hätte ich mir niemals verziehen. Britney ist schon nach Hause gegangen“, hörten sie plötzlich hinter sich und drehten sich gleichzeitig um.
„Ich weiß, dass du keinen Menschen töten könntest, Vampir, Menschen oder anderes Wesen, du hättest deinen Bruder auch nicht getötet, du behauptest zwar immer, Mingan hat zur richtigen Zeit angerufen, aber du warst die einzige, die dich abgehalten hat, das falsche zu tun“, erklärte Medea und nahm ihre Tochter das erste Mal seit langem wieder liebevoll in den Arm. Plötzlich begann die toughe Jägerin an zu weinen.
„Man, weinende Frauen sind gruseliger als jeder Dämon, ich werde die beiden Turteltauben mal mit dem Wasserschlauch trennen“, bemerkte Kaz peinlich berührt und ging zu dem Pärchen.
 
„Bist du sicher, dass du dort mit reingehen willst?“, fragte Mingan, Rufus, als sie vor ihrem Elternhaus standen.
„Ja, ganz sicher, ich war schon tot, ich hab keine Angst mehr“, schmunzelte er und sie schloss auf.
„Mum, Dad, ich bin zu Hause“, rief sie in den Flur, der mit nativ-amerikanischer Kunst schön dekoriert war.
„Hey, du bist früher zu Hause, schön. Ich hab noch so viel vorzubereiten für morgen“, kam Soyala mehlverschmiert und mit einer Schürze an aus der Küche.
„Du backst? Ich dachte, ich sollte zum Essen heimkommen. Ich hab Besuch dabei“, wunderte sich Mingan und legte ihre Hände auf Rufus‘ Brust.
„Rufus, Junge, du siehst wirklich gut aus für nen Toten. Die Geister haben mir gesagt, dass du wiederkehren wirst“, freute sich Soyala ihn zu sehen und umarmte ihn herzlich.
„Dann hättest du mich anrufen sollen, ich hab es erst heute erfahren, als meine Mutter mich hierher geschleppt hat. Ich bin ihr aber sehr dankbar, denn jetzt hab ich die Möglichkeit, euch um die Hand eurer Tochter zu bitten“, erklärte er und Mingan starrte ihn an.
„Im Nachhinein hätte ich dich vielleicht vorher Fragen sollen, sorry“, schmunzelte er.
„Schon gut, wenn du meinem Dad alles erzählt hast, bist du eh Wolfsfutter, da bin ich froh, gewusst zu haben, dass du mich heiraten wolltest“, entgegnete sie und küsste ihn kurz.
„Na super, jetzt ist mir irgendwie übel“, murmelte er.
„Oh bitte, sag mir nicht, dass du es irgendwie geschafft hast, schwanger zu werden“, wollte Soyala entsetzt von ihrer Tochter wissen.
„Nein, ich werde niemals Kinder bekommen, leider, jetzt als reiner Mensch hätte ich das wieder gekonnt“, konterte sie etwas betrübt.
„Was heißt als reiner Mensch? Du bist ein stolzer Werwolf“, wunderte sich ihre Mutter.
„Nein, irgendwie nicht mehr. Wir waren doch vor ein paar Wochen in Afrika bei einem Voodoo-Priester, er sollte Rufus von seinen Kräften befreien. Das hat wie du siehst auch wunderbar geklappt, aber ich hab währenddessen die ganze Zeit seine Hand gehalten und irgendwie wurde ich auch verwandelt. Ich bin kein Werwolf mehr, Mum“, erklärte Mingan ihrer Mutter.
„Oh ja, dein Vater wird ihn in der Luft zerreißen“, sagte Soyala nur.
„Wir beide haben daran keine Schuld, er war bewusstlos zu der Zeit und ich war nach meinem kleinen Trip nach Atlantic City so geschwächt, dass ich es nicht mitbekommen habe. Ich bin glücklich darüber und ihr hoffentlich auch. Ich werde immer dein kleiner Wolf sein, Mum, daran hat sich nichts geändert“, entschied Mingan ernst.
„Ja, das wirst du, ich bin glücklich, ich weiß aber nicht, was dein Vater dazu sagt“, freute sich Soyala für ihre Tochter und die lächelte, als ihre Mutter sie umarmte.
„Zu was sagt, Schatz?“, hörten sie plötzlich die Stimme von Channing Roux, Werwolf aus Leidenschaft und in den letzten Jahren nicht grade kleiner gewordene Vater von Mingan.
In diesem Moment wünschte sich Rufus, seine Waffe mit den Silberkugeln zu haben.
„Äh, hey Sir“, begrüßte Rufus ihn stockend.
„Du nennst mich nur Sir wenn du was ausgefressen hast, Junge. Was ist los, außer der Tatsache, dass du kein Vampir bist und mich das wirklich freut“, begrüßte Channing ihn.
„Schön, dass du das so schön findest, ich möchte deine Tochter heiraten und übrigens, sie ist kein Werwolf mehr“, konfrontierte er ihn gleich mit zwei großen Tatsachen.
„Ihr seid also endlich aus eurer “Freunde mit gewissen Vorzügen“-Phase raus, Gott sei Dank, zu der Sache sag ich mal ich überleg mir das, wegen der anderen Sache, wie habt ihr denn das geschafft? Schwarzer Zauber nehm ich mal an“, entgegnete Channing und beide nickten beschämt.
„Na gut, ändern kann ich es ja nicht mehr. Ich find’s schade, das war etwas, was uns immer verbunden hat, Tochter“, bemerkte er etwas betrübt.
„Du bist mein Dad, wir werden immer verbunden sein, Dad. Auch wenn er mich noch nicht offiziell gefragt hat, würde ich mich freuen, wenn du uns deinen Segen gibst“, bat sie und nahm Rufus‘ Hand in ihre.
„Deine Mutter würde mich für alle Zeiten hassen wenn ich da nicht zustimmen würde, Junge, also wär’s mir eine Ehre“, reichte Channing seinem zukünftigen Schwiegersohn die Hand, die er glücklich entgegen nahm.

Zweiundzwanzigstes Kapitel


„Tut mir leid, dass ich dich so überrumpelt habe, ich war so nervös, dass ich das Thema mit etwas anderem überdecken wollte“, entschuldigte sich Rufus höflich, als er mit Mingan nach dem Abendessen noch spazieren ging.
„Du willst mich also nicht heiraten?“, fragte sie etwas enttäuscht.
„Doch natürlich, mir wäre nichts lieber, ich wollte dich nur nicht damit so überrumpeln. Wir sind erst so kurz zusammen, wenn wir unsere Trennung mitrechnen, sind das erst ein paar Stunden“, erklärte er ruhig.
„Wenn das nen Antrag war, war es ein echt mieser“, konterte sie trocken.
„War’s nicht, aber wir haben deinen Eltern schon inoffiziell mitgeteilt, dass wir heiraten wollen, also irgendwann muss ich dich fragen“, schmunzelte er und zog sie fest an sich.
„Und wenn ich dich frage?“, wollte sie keck wissen.
„Dann tu das“, frotzelte er. Sie wollte grade fragen, als ihr Handy klingelte.
„Das ist sein Ernst“, sah sie auf das Display. Es war Kansas.
„Alles klar?“, fragte er verwundert.
„Ist mein Boss, ist fast Mitternacht, ich muss da kurz drangehen, tut mir so leid“, nahm sie ab und ging ein paar Schritte zur Seite.
Fünf Minuten später kam sie zurück.
„Ich kann dir gar nicht sagen, wie Leid es mir tut, aber Kansas braucht mich für einen Notfall. Ich hatte zwei Gläser Wein, kannst du mich hinfahren?“, bat sie hektisch.
„Du arbeitest für Kansas?“
„Ja, er hat mir einen Job angeboten, er braucht immer medizinische Kräfte. Ich muss echt arbeiten, grade jetzt, ich mach’s danach wieder wett, versprochen“, versprach sie.
„Schon gut, dann kann ich mir so lang überlegen, wie ich dir einen richtigen Antrag machen kann“, bemerkte er ruhig und brachte sie zu ihrem Wagen.
 
In der Villa waren alle Lichter an. Kansas kam mit blutverschmiertem Kittel zu seiner Angestellten.
„Sorry, dass ich dich so spät anrufen musste, aber ich hab eine Fee mit ner Stichverletzung. Rufus, hey, ich würd dich ja umarmen, aber du weißt ja wie gefährlich Fee-Flüssigkeiten sind, deine Mutter kann davon ja ein Lied singen. Okay, das ist eine andere Geschichte. Mingan, du weißt was du zu deiner Sicherheit tun musst?“, fragte Kansas etwas hektisch und Mingan nickte.
„Was muss ich machen? Ich hatte schon zwei Gläser Wein“, wollte sie wissen.
„Streck deine Hände aus“, bat Kansas und sie tat es.
„Okay, die sind ruhig genug, mach dich fertig“, entschied er und sie eilte davon.
„Darf ich mit reinkommen?“, fragte Rufus neugierig.
„Äh, wenn du die letzten Monate deines Lebens vergessen willst, gern, sonst eher weniger“, bemerkte er und zog seine Atemschutzmaske wieder auf.
„Okay, oder ich seh mich hier mal um“, konterte er und ging die eisernen Stufen zum nächsten Stock hoch.
Er trat in einen großen Raum, dessen Möbel mit Decken verdeckt und ziemlich verstaubt waren. In diesem Raum war er noch nie gewesen, er war zwar im OP der Villa geboren, viel Zeit hatte er aber dort nie verbracht. Seine Großeltern hatten diese Villa als Schule für junge Wesen genutzt, doch nachdem seine Mutter eine eigene Firma aufgebaut hatte, war alles irgendwie eingeschlafen. Er wischte den Staub von einem Tisch in den ein Name eingraviert war. Es war der Name seines Namensvetters Rufus Brighton. Bis zu seinem Selbstmord war dieser Lehrer für junge Vampire gewesen und hatte auch Kaz ausgebildet. Nachdenklich setzte er sich an den Tisch.
„Sieht gut aus“, hörte er plötzlich die Stimme seines Patenonkels. Erschreckt sah er auf.
„Hey, ich wollte dich nicht erschrecken, tut mir leid, ich hab immer noch einen Schlafplatz hier, das war eine ganze Weile mein zu Hause. Ist seltsam dich an seinem Tisch zu sehen, er war so was wie ein Vater für mich“, bemerkte Kaz grüblerisch.
„Ja, hab ich gehört. Wie war er so? Der andere Rufus mein ich!“
„Er war Brite und einer der letzten Halbvampire der Welt. Er war ein echter Gentleman und hat viel für die Wesen-Gemeinschaft getan. Du erinnerst mich etwas an ihn, vor allem wenn du da so selbstbewusst sitzt. Ich weiß nicht, wie ich mich bei dir entschuldigen soll für das was du wegen mir erlebt hast. Ich hab das alles nicht gewollt, ich war nie ihrer Meinung, ich hoffe, das weißt du“, begann Kaz sich zu entschuldigen.
„Ja, denk ich mir, aber die Verwandlung, das wart ihr“, konterte er cool.
„Ja, wir wollten dein Leben retten, wir haben aber nie rausgefunden, was mit dir passiert ist. Unsere Theorien laufen alle auf den Punkt raus, dass du durch deine schon vorhanden Dämonenkräfte nicht richtig zum Vampir verwandelt werden konntest. Du warst ein Halbvampir, so wie der andere Rufus, aber du wurdest nicht so geboren im Vergleich zu ihm. Ich bin froh, dass du jetzt wieder ein Mensch bist, ich hab mir das Vampirdasein damals nicht ausgesucht, aber ich lag im Sterben, Rufus hatte keine andere Wahl“, erzählte er von seiner Vergangenheit.
„Er ist also dein “Vater“, vampirisch gesehen“, erwiderte er.
„Ja, so sieht’s aus, hast du ne Ahnung was du jetzt mit dem restlichen Teil deines neuen Lebens anfängst?“, wollte Kaz von ihm wissen.
„Ich möchte Mingan heiraten“, entgegnete Rufus verträumt.
„Das ist schön zu hören, aber wie willst du sie versorgen?“
„Ich hab mir ehrlich gesagt keine Gedanken darüber gemacht!“
„Es gibt jede Menge Jungvampire und Hexen, die lernen müssen mit ihren Kräften richtig umzugehen“, schlussfolgerte Kaz.
„Ich sollte das hier übernehmen?“, realisierte er.
„Deinen Grandpa würde es sicher freuen. Steht dir zumindest gut der Platz hier“, bemerkte Kaz und Rufus stand wieder auf.
„Tut mir leid wegen deiner Freunde“, entschuldigte sich Rufus plötzlich.
„War doch nicht deine Schuld, Kleiner, trotzdem danke. Ich kannte einige von diesen Leuten schon ein viertel Jahrhundert, sie werden mir fehlen. Ich werde etwas bleiben und dir helfen, dir das hier wieder auf Vordermann zu bringen, wenn du willst“, versprach Kaz und Rufus bedankte sich.
 
„Schätzchen“, weckte Mingan ihren Freund am nächsten Morgen. Er hatte auf einer alten Couch vor dem Schulungsraum Schlaf gefunden die Nacht zuvor. Für eine Sekunde musste er überlegen wo er war.
„War ne lange Nacht, wir haben fast zwei Stunden operiert, na ja, Kans hat operiert, ich hab nur assistiert. Dem Elfen geht es gut, Gott sei Dank. Es war richtig hierher zu kommen, das fühle ich“, war Mingan ziemlich aufgekratzt.
„Bist du sauber gewaschen?“, fragte er.
„Ja, wieso?“
„Dann wird es Zeit dich wieder schmutzig zu machen“, säuselte er und zog die giksende Krankenschwester aufs Sofa und küsste sie wild.
Die beiden Verliebten bemerkten nicht, dass sich Kansas breitbeinig vor sie stellte.
Er räusperte sich und Mingan drehte sich erschreckt zu ihm hin.
„Ich wollte dir sagen, dass du dich heute etwas erholen sollst, aber du bist schon dabei. Rufus, gut, dass du noch da bist, ich hätte dich gern untersucht, ein Fall wie deiner ist einzigartig und einige meiner Kollegen hätten gern weitere Informationen“, bemerkte Kansas.
„Nicht jetzt, Doc“, grummelte Rufus.
„Sicher, danach halt, dann kann ich dein Hormonlevel auch ideal messen“, konterte Kansas und ging von dannen.
„Super, jetzt ist es vorbei mit meiner Stimmung“, murrte Rufus und Mingan legte ihren Kopf auf seine Brust.
„Geh, Süßer, sonst wird er mich den ganzen Tag nerven. Ich könnte etwas Schlaf gebrauchen“, bat sie und er stand auf.
„Dann schlaf gut, mein Engel, ich bin gleich wieder da“, küsste er ihren Kopf und sie döste ein.
 
„Also los“, stand Rufus plötzlich vor dem Schreibtisch des Arztes.
„Wow, so schnell hab ich dich jetzt nicht erwartet, bist wohl nicht mehr so stehfähig, jetzt so als Mensch“, frotzelte der Mediziner und Rufus sah ihn böse an.
„Nicht schlimm, uns älteren Menschen passiert das auch ständig“, konterte er.
„Bring es hinter dich“, zog er sein T-Shirt aus.
„Ich ärger dich doch nur, muss seltsam sein, keine Kräfte zu haben“, versuchte Kansas ihn etwas psychologisch zu beraten und der legte sich auf den Untersuchungstisch.
„Mein Leben war immer komplizierter mit den Kräften, so ist es wirklich besser“, sagte Rufus nur.
Kansas hatte den Sohn seiner Bekannten lang nicht mehr untersucht und er war schockiert, seinen ziemlich verwundeten Oberkörper zu sehen, der durch die Vampire und Rufus‘ wilde Freundin ziemlich demoliert worden war.
„Man, ich hab einige Patienten gehabt in den letzten Jahren, aber an dir haben echt die meisten Wesen geknabbert. Wie konnten da so viele Narben entstehen, wenn du so schnelle Heilkräfte gehabt hast?“, war er verwundert.
„Du bist der Doc, Doc, keine Ahnung, ich bin ja nicht unverwundbar gewesen“, konnte er darauf nicht antworten.
„Wie viel Mal bist du von einem Vampir gebissen worden?“, fragte Kansas und notierte alles akribisch auf einem Pad.
„Vor London nie, dort dreimal, dann von Kazs Kumpel und von Lu. Fünfmal, denk ich, genau sagen kann ich es aber nicht“, erklärte Rufus und zeigte seine Bisswunden.
„Dann ist die hier aus deinen Rein-Mensch-Tagen, oder?“, schlussfolgerte Kansas und sah sich den Biss am Arm an, den Lu ihm zugefügt hatte.
„Ja, das war Lu, er wollte mich nur bewusstlos machen, denk ich. Er war ein netter Kerl, ich hätte nie gedacht, dass er sich einmal gegen mich wenden würde“, dachte er laut nach und sah sich die Wunde an, die noch nicht ganz verheilt war.
„Vampire sind unberechenbar, sie sind wie Tiere, man kann nie wissen, was sie als nächstes tun, das hast du ja am eigenen Leib erlebt. Du warst übrigens der erste Inkubus der sich von einem Vampir beißen ließ“, stellte Kansas klar.
„Du kannst ruhig sagen, dass ich der erste war der so blöd war, sich beißen zu lassen“, konterte Rufus nachdenklich.
„Ich wollte es nicht so ausdrücken, aber ja. Ich hab von Orgien zwischen Inkuben, Sukkuben und Vampiren gehört, die alle meistens ziemlich tödlich ausgegangen sind, aber man wusste nie, wie sie wirklich starben“, erklärte er.
„Tod durch zu viele Orgasmen, man so möchte ich auch eines Tages sterben“, hörten sie plötzlich Kazs verschlafene Stimme. Er hatte auf einer Couch in der Ecke geschlafen.
„Kaz, Alter, wie kommst du hier rein?“
„Kans ich hab hier schon übernachtet, als du noch in den Windeln lagst, ich hab natürlich nen Schlüssel. Hat’s der kleine Erinnerungslöscher überlebt?“, fragte Kaz keck.
„Ja, hat er, warum schläfst du in meinem Büro, außer der Tatsache, dass du es nicht müsstest?“, fragte Kansas genervt.
„Du hast ne tolle Minibar“, schlussfolgerte er.
„Das ist meine Blutbank, Kaz, die sammle ich mühsam von verschiedenen Wesen. Wenn du jetzt eine Feen-Blutspende erwischt hättest, würde es dir echt dreckig gehen“, entschied Kansas vorwurfsvoll.
„Du markierst die ja immer deutlich, aber danke für deine Fürsorge. Kleiner, du siehst ja aus“, kam Kaz zu seinem Patensohn.
„Entschuldige mal, ich hab grad einen Patienten“, murrte Kansas.
„Ich hab dem Kleinen hier schon die Windeln gewechselt, seiner Mutter auch schon, was schon was bizarres hat, denn schließlich schlief ich fast 15 Jahre mit ihr. Okay, ich schweife vom Thema ab, man, deine kleine Werwölfin hat ihre Klauen auch überall gehabt, du kannst echt von Glück reden, dass sie jetzt eine ganz normale Frau ist“, sah Kaz Rufus‘ Oberkörper an.
„Onkel Kaz, ich fühl mich ein bisschen unwohl wenn du mich so anguckst, als wär ich ein Stück Fleisch“, bat Rufus ihn zu gehen.
„Klar, ich schau mal nach deiner zukünftigen Frau“, entschied Kaz.
„Was?“, setzte sich Rufus entsetzt auf.
„Schauen, nicht beißen, ich bin gesättigt, was denkst du denn von mir?“, fragte Kaz kopfschüttelnd.
„Tut mir Leid, hab ne kleine Abneigung gegen Blutsauger entwickelt, kannst du sicher verstehen. Lass sie einfach schlafen, bitte“, bat Rufus und Kansas drückte ihn wieder in die Liegeposition.
„Ja, mach ich, werde ne bisschen zu deiner Familie gehen, mal hallo sagen. Sag mir Bescheid, ob mein Patensohn durchkommt, Kans“, witzelte Kaz und verschwand fast lautlos.
„Arschloch!“, murrte Kansas vor sich her.
„Ihr seid zu oft aufeinander gesessen, was?“, fragte Rufus ihn.
„Sagen wir mal so, ich bin froh, dass jetzt ein Ozean zwischen uns ist. Was? Was guckst du mich so an?“, war der Mediziner verwirrt, als Rufus ihm einen seltsamen Blick zuwarf.
„Er wird ne Weile bleiben, ich will die Schule hier wieder öffnen und brauch etwas seine Hilfe. War seine Idee, nicht meine, also sieh mich nicht so an“, erklärte Rufus.
„Du willst die Schule hier wieder eröffnen? Wann ist denn das passiert?“
„Ich hab das gestern entschieden, nicht gut?“
„Doch, aber das er länger hier ist, ist nicht so toll. Du willst Mingan heiraten?“, war Kansas überrascht.
„Ich hab Channing gestern mit einem Thema ablenken wollen, dass er es nicht so schlimm findet, dass Mingan jetzt rein menschlich ist wie ich, hab sie etwas damit überrumpelt, wir klamüsern das noch etwas aus. Was brauchst du noch von mir?“, wollte Rufus wissen.
„Blut- und Spermaprobe reicht fürs erste“, sagte er trocken.
„Blut kannst du haben, aber Sperma? Vergiss es!“
„Ich hab schon Spermaproben von dir!“
„Ja, ich weiß. Das war mit 18 schon schlimm genug, das wird jetzt schon etwas komplizierter, da ich mich vorher nicht wirklich anstrengen musste, steh ich jetzt etwas unter Druck genau die gleiche Leistung zu bringen wie vorher“, öffnete sich Rufus ihm plötzlich.
„Du bist ein junger Kerl, du wirst es bringen, keine Sorge. Ich würde deine Probe nur gern untersuchen, nur um zu wissen ob sie sich genauso wie du verändert hat“, bat Kansas.
„Meinetwegen, gibt’s nen Ort wo ich dafür Ruhe habe?“, wollte Rufus peinlich berührt wissen.
„Die Toiletten im oberen Stockwerk sind ziemlich abgeschieden“, entgegnete der Arzt.
„Dann gib her“, bat er und bekam einen Plastikbehälter gereicht.
„Man, ich hab echt gedacht, dass müsste ich nie wieder machen“, murmelte er vor sich hin, zog sein T-Shirt wieder an und ging durch die Tür.
 
„Süße, sorry, dass ich dich wecke, aber ich brauch deine Hilfe“, weckte er Mingan sanft.
„Wenn du Kansas abgemurkst hast, sag ich für dich aus, keine Sorge“, murmelte sie schlaftrunken mit dem Kopf in ein Kissen gedrückt.
„Gut zu wissen, er lebt noch, keine Sorge. Bitte, ist was ganz persönliches“, bat er herumdrucksend.
„Okay, ich dachte schon, deine sexuelle Lust ist ganz verschwunden, wo sollen wir hingehen?“, verstand sie, was er wollte.
„Man, wenn wir uns in vierzig Jahren auch noch so ohne Worte verstehen, sollten wir wirklich heiraten. Du musst mir mal zur Hand gehen“, schmunzelte er und zeigte ihr seinen Becher.
„Eine Spermaprobe, Kans will es echt genau wissen. Ich bin beim Rumstöbern hier auf einen Ort gestoßen, da sind wir ungestört. Das hab ich ganz am Anfang unserer “Freunde mit gewissen Vorzügen“-Phase immer für dich gemacht, hätte nicht gedacht, dass ich das als Lebenspartnerin nochmal machen muss. Komm mit“, wusste sie nicht genau, was sie sagen sollte und zog ihn weg. Sie führte ihn zum Dachboden, wo Kissen auf dem Boden lagen und Kerzenständer standen in der Ecke.
„Das ist echt ideal, besser als die Toiletten“, schmunzelte er und öffnete seinen Gürtel.
„Erst mal will ich aber auch was davon haben, was übrig bleibt, kriegt er“, machte sie die Kerzen an und zog ihr T-Shirt aus.
„Oder so“, belächelte er die Situation und zog auch sein Hemd aus.
 
Enfys Gwenhwyfar, eine von Medeas engen Freundinnen und ein Chamäleon-Wesen ging durch den zweiten Stock der Villa. Staubkörnchen fielen in Massen von der Decke.
„Entweder es haben sich langsam Ratten in Menschengröße in eurem Dachboden angesiedelt, oder die Liebeshöhle ist nach langer Zeit mal wieder bewohnt“, bemerkte sie zu Medea, die neben ihr lief.
„Mein Sohn hat den Platz anscheinend entdeckt. Wenn er wissen würde, was schon meine Mutter und mein Vater da getan haben, wäre er vermutlich nicht so munter bei der Sache. Also wir haben das Buch über Vampirismus, das Sukkubus-Buch fehlt uns jetzt noch. Wenn wir Rufus erzählen, dass es hier einer der größten Sammlungen von Büchern über Wesen gibt, wird Mingan ihn vermutlich nie wieder sehen, also verschweigen wir es ihnen lieber. Wie geht’s Lola eigentlich? Wie war Barbados?“, führte sie mit ihrer lesbischen Freundin Smalltalk, während sie zu der Bibliothek der Villa gingen.
„Traumhaft, hätte mir keine besseren Flitterwochen wünschen können, diesmal ist es die Richtige, das fühle ich“, bemerkte Enfys verträumt.
„Ja, wie man sagt, alle guten Dinge sind drei, ich wünsch es dir zumindest. Soyala rief mich gestern noch an, anscheinend wollen Mingan und mein Sohn heiraten, wir wollen das ein bisschen feiern, ich würde mich freuen wenn Lola und du auch kommen“, schlug Medea vor.
„Die beiden heiraten? Das ist schön, ich hatte schon befürchtet sie würde nie jemanden finden, da sie ja keine Kinder bekommen kann und so!“
„Ja, wird traurig sein, keine Enkelkinder zu bekommen, zumindest nicht von ihm, meine Tochter hat auch endlich eine ernsthafte Beziehung, zwar zu einem Feuerdämon, aber immerhin!“
„Feuerdämon und Sukkubus-Gene? Hoffentlich sind wir längst unter der Erde, wenn diese Kinder volljährig werden“, witzelte Enfys.
„Oh ja, das ist dann ihr Problem. Nach dir“, hielt Medea ihr die Tür auf und die farbenfroh gekleidete Dame trat in die große Bibliothek.
 
„Wow“, keuchte Mingan, als sie nur spärlich in eine Decke gewickelt erschöpft auf den Kissen auf dem Dachboden lag.
„Da sagst du was, als Menschen haben wir es auch noch drauf, was? Jetzt haben wir die Probe ganz vergessen“, lobte er sich selbst und beide lachten.
„Heirate mich“, sagte er plötzlich.
„Ich weiß nicht was meine Eltern dazu sagen würden“, witzelte sie und er grinste.
„Ist das ein Ja?“
„Du hast mich ja schon halber für eine Kuh und zwei Schafe gekauft, natürlich ist das ein Ja, du Idiot“, erwiderte sie und setzte sich auf ihn.
„Schon bereit für Runde Zwei?“, fragte sie und er grinste.
„Oh ja“, keuchte er und drückte sie fest an sich.
 
Es war ein wunderschöner Sommertag, als Mingan Roux und Rufus Dewin sich das Jawort gaben. Die Zeremonie war ein Mix aus einer traditionellen nativ-amerikanischen und einer Wicca-Hochzeit. Mingan trug ein wunderschönes schwarzes Kleid mit bunten Federn, die über die Wiese schleiften, als sie im Stadtpark auf den Mann ihrer Träume zuging. Ein Jahr war nun vergangen, seit der zukünftige Ehemann von den Toten auferstanden war und er hatte sich sehr gut entwickelt. Die Schule erstrahlte im neuen Glanz und lief sehr gut. Seine Freunde und alle Freunde seiner und ihrer Eltern kamen zu der Hochzeit und so war es eine große Feier. Crow kam mit Sam, der sie geschwängert hatte und damit Medea und Sebastian zu sehr besorgten Eltern gemacht hatte, denn der Hormonlevel ihrer Tochter bewegte sich auf dem Level einer sehr instabilen Bombe.
 
„Wir sind heute hier alle anwesend, um diesen Mann und diese Frau im heiligen Stand der Ehe zu vereinigen. Dieses Paar hat so viel miteinander durchgestanden, dass die Ehe nur noch ein Spaziergang im Park für sie sein sollte. Wenn ich mir die vielen Leute hier ansehe, die ihnen in dieser Ehe mit Rat und Tat zur Seite stehen werden, bin ich ziemlich sicher, dass ich mich da nicht irre. Ich bitte jetzt die Trauzeugen, dem Paar das ewige Band anzulegen, damit ich mit meiner Zeremonie beginnen kann“, bat die Hohepriesterin und Padriac und Crow banden ein glänzendes rotes Band über die übereinanderliegenden Hände des Brautpaares. Das Paar fand die Farbe passend, denn sie symbolisierte das viele Blut, das fließen musste, um beide aneinander zu binden. Rufus lauschte nur nebensächlich den Worten der Hohepriesterin, er sah die vielen Freunde an, die sich eingefunden hatten, ihm, dem unscheinbaren Bücherwurm aus einer kleinen Stadt in South Dakota, zuzusehen, wie er diese wunderschöne Frau heiratete. Plötzlich riss ein sanfter Tritt ihn aus seinen Gedanken.
„Okay, jetzt wo wir den Bräutigam mit den Gedanken wieder bei uns haben bitte ich ihn den Treueschwur aufzusagen“, bat die Hohepriesterin und mit Aufsagen seines Schwurs steckte Rufus seiner Braut den wunderschönen roten Rubinring auf den Finger, die ihm mit einem Tritt auf den rechten Weg zurückgebracht hatte. Wie schon bei seinen Eltern banden alle Gäste dem Paar Bänder um die Hände, bis sie sich gar nicht mehr voneinander trennen konnten. In diesem Moment wollten die beiden das auch gar nicht, denn zusammen waren sie so stark, wie keine Kraft die sie vorher gehabt hatten.

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Publication Date: 03-30-2014

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