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Sina und die „verwelkte“ Zahnbürste


„Sina, bist du fertig?“ wollte die Mutter wissen, „wir müssen gehen.“
„Neihein, ich kann mir nicht die Zähne putzen“, rief die vier Jahre alte Sina aus dem Badezimmer.
„Und warum nicht?“ erkundigte sich die Mutter.
„Weil meine neue Zahnbürste spinnt, die ist einfach verwelkt“, kam die prompte Antwort aus dem Bad.
„Deine neue Zahnbürste ist was?“ fragte die Mutter verblüfft.
„Die ist verwelhelkt“, rief Sina.
Die Mutter schaute durch die Badezimmertür und was sah sie? Sinas Zahnbürste stand aufrecht wie immer in ihrem Zahnbecher.
„Sinamaus, nun genug mit Deinen Spielchen, wir müssen wirklich gehen, sonst kommen wir zu spät.“
Sina starrte empört auf ihre Zahnbürste, denn kaum hatte die Mutter sich entfernt, schwupps, ließ die böse Zahnbürste wieder den Bürstenkopf hängen.
„Warum tust du das? Wenn Mama guckt, stehst du da wie immer, und wenn sie weg ist, bist du verwelkt, und keiner glaubt mir das.“
„Warum ich das mache?“, sagte die Zahnbürste verdrießlich, „weil ich keine Lust habe, in deinem Mund herumzuputzen.“
„Aber dazu bist du doch da?“ sagte Sina hilflos.
„Ph“, machte die Zahnbürste, „ich bin zu Höherem geboren, als deinen Mund sauber zu machen.“
„Was ist Höheres?“ fragte Sina erstaunt, „bin ich auch was Höheres?“
„Duuu?“, sagte die Zahnbürste verächtlich, „du bist doch ein Mensch.“
„Sina, was ist denn nun“, erklang wieder die Stimme der Mutter. Sina schaute ihre Zahnbürste plötzlich entschlossen an.
„Pass auf“, sagte sie mit fester Stimme, „du kannst es dir überlegen, wenn du nachher, wenn wir wiederkommen, immer noch verwelkt bist, schmeiße ich dich in den Müll.“
Die Zahnbürste schnappte empört nach Luft:
„In den Müll?“ stieß sie zischend heraus, „bist du denn übergeschnappt?“
„Nee, ich nicht, aber du, ist eine Zahnbürste und will keine Zähne putzen, so was gibt es doch nicht.“
Sina lief aus dem Bad und hüpfte zur Mutter.
„Mama“, sagte sie ganz laut, „kaufst du mir gleich in der Stadt eine neue Zahnbürste?“
Die Zahnbürste richtete sich in ihrem Zahnbecher auf und lauschte, aber sie konnte die Antwort der Mutter nicht hören, denn die Haustür war ins Schloss gefallen.
„Was mache ich jetzt?“ dachte sie nun doch ein wenig ängstlich, „wenn ich weiterhin die verwelkte spiele, schmeißt sie mich womöglich in den Müll, igitt, zu all dem anderen Abfall, nein, dazu bin ich wirklich zu schön. Hm, ich hab ja noch ein wenig Zeit zum Überlegen.“
„Was gibt es da zu überlegen“, brummte die Zahncreme, „entweder du tust, wozu du da bist, oder du wanderst in den Müll.“
„Stimmt“, sagte der Zahnbecher, „so eine eingebildete Zahnbürste habe ich noch nie beherbergt.“
„Ja, ist ja gut“, meinte die Zahnbürste kleinlaut, „eigentlich seid ihr ja alle ganz nett, dann bleibe ich eben bei euch.“
Als Sina nach Hause kam, rannte sie sofort ins Bad, aufrecht stand ihre Zahnbürste im Becher und ruckelte ein wenig, als wolle sie, dass Sina sie in die Hand nahm.
„Na, also, geht doch“, lächelte sie und lief zur Mutter in die Küche, und bevor sie am Abend ins Bett ging, konnte sie zum ersten Mal ihre neue Zahnbürste ohne Schwierigkeiten benutzen.

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Text: (c) by rosenjule
Publication Date: 01-24-2011

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Dedication:
Für unsere kleine Sina

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