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Die Vergessenen

 

 

 

Da draußen ist es Dunkel, eisig fegt der Wind.

Doch innen, in den Häusern, ist von Kälte nichts zu spüren.

Am Baum die Kerzen leuchten, Hoffnung verspricht ihr Schein.

Wärme durchströmt die Herzen, Frieden macht sich in den Seelen breit.

Glücklich sind die Kinder, glücklich sind auch wir.

Leis erklingt Musik.

Stille Nacht, Heilige Nacht.

 

Man nennt ihn Penner, Clochard und Vagabund.

Unrasiert und schmutzig, zieht er durch diese Stadt.

Die Scham hat er verloren, weil Hunger Scham erstickt.

Er war einmal ein Kind, mit lachendem Gesicht.

Mit Freude in den Augen und sehnsüchtigem Blick.

Er stemmt sich gegen Kälte, sucht einen warmen Platz.

Die Träume sind erfroren, die Hoffnung ist versiegt.

 

 

 

Sie steht vor ihrem Spiegel, doch schaut sie nicht hinein.

Zu groß ist ihre Scham, sich selber anzusehn.

Die ilusion der Liebe ist das, was sie Verkauft.

Falsch ist ihr Lächeln, falsch, denn ihre Seele, die ist Tot.

Gestorben schon vor Jahren, zertrümmert mit Gewalt.

Ihr Körper verspricht Wärme, doch in ihr ist es kalt.

Nun schaut sie in den Spiegel, blickt in ihre Augen, die schon so vieles sahen.

Dann wendet sie sich ab.

Die Männer werden fort bleiben, in dieser Heil`gen Nacht.

 

Er denkt an sein Leben, wie es früher einmal war.

Er denkt an die Sekunden, die er sich vergaß.

Er starrt auf diese Mauern, dass Fenster ist verhangen,

mit Gittern kalt und hart.

Die Tür, die ist verschlossen, für Jahre schloss sie sich.

In dieser Heil`gen Nacht, wird er nicht schlafen können,

weil er getötet hat.

 

Sie liegt hier auf dem Boden, in diesem Bahnhofsklo.

In ihrer Hand die Spritze, die Nadel die ist stumpf.

Die Sehnsucht nach den Träumen setzte ihr den ersten Schuss.

Die Träume sind gewichen, Schmerz der macht sich breit.

Ihr Körper ist zerstört, ihre Seele ist erloschen.

Star schaut sie in die Ferne, ihr Blick, der ist verhangen.

Sie sieht, was niemand sah.

Ein kleines bisschen Hoffnung lässt ihre Lippen lächeln.

Als der Tot durch ihre Adern rinnt

 

 

 

Irgendwo da draußen, auf einem Schlachtfeld dieser Welt.

Am Himmel stehn die Sterne und Schüsse hallen durch die Nacht.

Er blickt hinauf ins Firmament.

Stumm beten seine Lippen, zu seinem Gott empor,

doch hofft er, dass es diesen Gott nicht gibt, damit er nicht bestraft wird,

für das, was selbst er tat.

Er hat hir nichts verloren, ist da, durch den Betrug.

Betrogen um die Jugend, betrogen um die Wahrheit.

Und als die Kugel trifft, betrogen um sein Leben.

 

Sie sitzt in ihrem Zimmer, in diesem Altenheim.

Sie sitzt vor diesem Fenster, blickt hinaus ins Dunkel und fühlt sich so allein.

Sie denkt an ihre Kinder und daran das sie selbst einmal eins war.

Sie hört das Kinderlachen, so lange ist das her.

So viele, viele Jahre war sie da für sie.

War Mutter, Freundin und Vertraute.

Hielt sie im Arm zum trösten, hatte immer eine Hand zum Streicheln, hatte Worte voller Zärtlichkeit.

Die Kinder sind erwachsen, haben eigne Kinder schon.

Sie denkt an vergangene Weihnachtsfeste.

Denkt, wie glücklich sie doch waren.

Sie wurde alt und müde.

Eine Träne rollt ihr über das Gesicht.

Die Kinder haben sie vergessen und Einsamkeit macht sich in ihrer Seele breit.

 

 

Dort draußen auf dem Meer, da treibt ein kleines Boot.

Einhundert Menschenseelen treibt Hoffnung durch die Nacht.

Hinter ihnen verschwimmt der Schwarze Kontinent.

Fast sind sie schon gerettet, von Hunger, Krieg und Tod.

Dort draußen auf dem Meer, zerschellt das kleines Boot.

Einhundert Menschenseelen, vor Europas kalter Grenze, versinken sie im Meer.

Verzweiflung trieb sie an.

Wir wollten sie nicht haben, Verzweifelt sind wir selbst genug.

 

Man trieb ihn aus der Wohnung, nahm Geld und Eigentum.

Harz IV kennt keine Gnade, ein Staat kennt kein Erbarmen.

Nun sitzt er hier im Heim und fühlt sich ganz allein.

Man nahm ihm seine Würde, und Stolz den kennt er nicht.

Jetzt sitzt er hier und weiß, Still ist diese Nacht, doch Heilig ist sie nicht.

 

Es gibt so viele Menschen auf dieser großen Welt.

Es gibt so viele Menschen, die einsam sind und schwach.

Es gibt so wenig Hände, die helfend ausgestreckt.

Es gibt so wenig Liebe, die Einsamkeit vertreibt.

Es gibt so wenig Christen in dieser Heil`gen Nacht.

 

 

Wir sitzen hier im Warmen, doch draußen ist es kalt.

Der Wind, der ist gewichen, Schnee fällt ganz leicht und sanft.

Legt sich auf allem nieder, bedeckt was sichtbar war.

Glück strahlt uns aus den Augen, die Kerzen leuchten sanft.

In unsren Herzen Frieden, Still und Heilig ist die Nacht.

Und das Vergessen fällt so leicht.

 

Ralf von der Brelie

 

 

Imprint

Text: Ralf von der Brelie
Publication Date: 12-24-2013

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