Cover

Ponton Kids in Aktion!

 

Fortsetzung des Buches: 'Ponton Kids', mit dem 2. und 3. Teil ,

illustriert von der Autorin Siegrid Graunke Gruel

 

 

 

Inhalt 2. Teil:

 

Wo ist Jonas

Beste Freundin in der Tasche

Frühalarm!

Hallo schöner Morgen!

Frühstück bei Tiffany

Geheime Sache

Pontonshipkaper

Verpatzter Einkauf und süße Babysachen

Pause als Weiberheld

Überall - woanders

Jonas, Pirat und Held

Nicht mehr weit zu Joni...

Teamshippern mit Actiondrink

Wer gehört noch zu wem?

Dumme Eifersucht

Babylove

 

Inhalt 3. Teil 

 

Aufbruch für Gernot

Willkommen

Julias Kirschbaum

Ein Weg durch Himmelpforten

Schlimme Nachrichten

Los geht's!

Ein Lotse hilft

Liebeskummer

Geistige Mitarbeit

Am Enterhaken

Liebeskummerstreit

Treue und Einsatz 

Liebe

Davonmachen

Schnaps bei Onkel Franz

Gemeine Überraschung

Süße Äffchen

Houserooming

Beim Biohof

Gernots Lebensplan

Sylvesterparty

Schlechte Nachrichten

Gute Nachrichten

Tim's Schmerz

Schule im Wald

Ich bin Leila

Sorgen machen, nicht nötig

Ein langer Weg

Auf einem guten Weg!

 

Wo ist Jonas?

Kalle sitzt einsam und allein im Wohnmobil. Das vierte Bier steht geöffnet vor ihm auf dem Tisch.

Wo ist Jonas?

Diese Frage beschäftigt ihn seit mehreren Wochen, denn Jonas ließ sich nicht mehr blicken, - weder er, noch Julia. Vergeblich hatte Kalle mehrmals versucht, ihn anzurufen, - bis er feststellen musste, dass die Klingeltöne direkt vom Bettlager seines Freundes kamen, wo sich das Handy unter dem Doppelschlafsack wieder fand.

'Ne, was war bloß passiert?!...

Gut, er war ja selber nur noch selten zuhause, seit er mit Friedhelm wieder Geschäfte macht und deshalb viel zu tun hat - und auch, weil er mit den anderen wieder öfters abhängt. Und das war auch gut so, denn Jonas' und Julias ewiges Liebesgetue war ihm sowieso nur noch auf die Nerven gegangen. Außerdem brauchte er Geld. Aber - , dass Jonas ihn solange allein ließ, das war noch nie vorgekommen, - seit er ihn kannte nich’...

Ja, ja wenn Mädels dazwischenkommen, dann geht sowieso nich’ mehr viel. Das war ja auch schon immer sein Leitspruch gewesen, und wenn es sich dabei um Campingmiezen handelte, machte das alles nur noch schlimmer. Man, wohin hatte sie ihn bloß hin geschleppt?...'

Kalle trinkt das Bier aus und starrt dabei aus dem Heckfenster des Wohnmobils. Aber da zeigt sich ein kalter, polarlichtiger Himmel, und das grelle Tageslicht blendet ihn bloß. Er steht auf und zieht die kleinen Gardinen zu. „Man Jonas, wo bist du?!“, sagte er dabei laut zu sich selbst. 'Ne, so geht das nich’ weiter. Dafür hatte er nich’ sein Leben, mit Leib und Seele dem Tierschutzkampf geopfert! Nicht dafür, dass so eine blöde Julia herkam und mit seinem besten Kumpel durchging! Die war ja so ganz nett, aber wenn sie Jonas auf dumme spießige Abwege führte, … ja, dann sollte sie Kalle Bloom mal nicht unterschätzen! Mitmachen wollte sie, hatte sie mal zu ihm gesagt. Mitmachen! Bei einer Sache, wovon eine behütete Campingmieze nich’ ma’ eine Ahnung haben kann, was das überhaupt heißt! Und Jonas?! Ne, dass er auf so was reinfiel. Wohin hatte sie ihn bloß mitgeschleppt!?!...'

Er kramt das vorletzte Bier aus dem Sixpack hervor, welches er, auf dem Weg nachhaus, von der Tanke mitgebracht hat und stellt es auf den Tisch. Dann nimmt er das Handy von Jonas in die Hand und tippt eine Nummer ein, die er seit Wochen in seiner Hosentasche mit sich rumträgt. Ja, ...Karin, die Freundin von Julia, die war ja ganz anders, ...sexy und unkompliziert. Ein Glück, dass sie eines Tages in sein Wohnmobil reingeschneit kam, ...bestimmt weiß sie mehr'.

„Karin?“, hört er ihre Stimme nach fünfmal anklingeln sich melden.

„Hallo o, Kalle hier. Na, was machst denn so?“, sagt er, aber es kommt keine Antwort. Da erinnert er sich aber doch, dass sie eher eine kleine Lady ist, wie er findet und kein gewöhnlicher Kumpel - und versucht es dann noch einmal besser.

„Hallo o? Mädel! - Wunders’ dich wohl, dass ich mich jetz’ bei dir melde, was?“

„Was? - Kalle?“

„Ja, Mädel.“

„Warte mal, warte mal, Kalle.“

Jetzt hört er nur noch Geräusche und Gerede im Hintergrund und das Zuknallen einer Tür.

„So, ich bin wieder dran, - 'tschuldige, meine Mutter. Das ist ja super, dass du mal wieder von dir hören lässt.“

„Ja, was denn sonst. Du sach’ mal, ich will ma’ wissen, wann du wieder rauskommst, ähm mit Julia. Jonas wartet auch schon auf sie“, sagt Kalle und muss husten, denn lügen kann er nicht besonders gut. Nach einem Moment der Stille, hört er sie sagen: „Sach mal Kalle, bist du besoffen oder so? Julia ist doch jetzt mit Jonas zusammen und...“

„Ja“, unterbricht er sie schnell, - sicherheitshalber,"weiß ich doch, - sollte bloß ein Witz sein.“

„So? Sehr komisch“, sagt Karin unbeeindruckt. „Dann lass mich mal eben mit Julia sprechen.“

"Die is' nich da, - is' mit Jonas die Szene unsicher machen", fügt er noch hinzu."Aber komm trotzdem raus. Ich vermiss dich."

Und das stimmte sogar. Noch nie hatte ihm eine Stimme in der Einsamkeit so gut getan, wie Karins.

„Moment…“, sagt Karin. „Dieses Wochenende geht gar nicht, - schon verplant. Nächstes?“

„Klar, - geht auch“, sagt Kalle.

„Gut, du musst mich aber auf jeden Fall vom Bahnhof abholen. Ich ruf dann noch mal an, tschü hüß“, sagt Karin fröhlich und legt auf.

'Na, wenigstens das, denkt sich Kalle, einigermaßen beruhigt. Na, - dann!'

 

 

 

 

Sie verabredeten sich in der nächsten Woche im Bahnhofsrestaurant Stade. Dort hatte sich Karin ja schon einmal kurz aufgehalten mit Julia, - als sie das erste Mal zu Jonas und Kalle mit rausgefahren ist. Das war im März gewesen, und jetzt ist schon Oktober. Seit sie und Julia nicht mehr in die Schule gehen und Karin eine Lehre als Friseurin macht, haben sie sich noch nicht wieder gesehen. Und jetzt, wo Karin allein vor ihrem Kaffee sitzt, hier im Bahnhofsrestaurant, kommt es ihr so vor als wäre alles schon viel länger her gewesen. 'Mensch, wann kommt denn dieser Kalle endlich mal?! Sollte sie hier vielleicht versauern?!'

Sie bestellt sich noch einen Campari Soda, um etwas in Stimmung zu kommen, denn sie ist jetzt schon ziemlich sauer auf Kalle. Um neunzehn Uhr waren sie verabredet, aber die Bahnhofsuhr zeigt schon zwanzig vor acht an. 'Musik über ihren MP3 Player hat sie ja schon die ganze Fahrt über, mehr als genug, auf den Ohren gehabt..., mensch, wo bleibt der?!'

Endlich geht die Tür auf und Kalle stapft wie ein 'Bandido' in den alten Bahnhofssaal. Er ist wie immer etwas schlampig gekleidet und nicht besonders sauber.

„Und? Ist es jetzt vielleicht sieben?“, sagt Karin, als er sich schwerfällig auf den Stuhl neben sie fallen lässt.

„Mm, - tut mir leid. Is’ später geworden. Was trinkst du denn da?“, kommentiert Kalle aber bloß und grinst sie dabei an.

'Kann man sich das vorstellen?’

„Fünf vor acht, - was?! Und ich sitz’ immer noch hier rum?!“, schreit Karin kurz auf, als ihr Blick wieder auf die Bahnhofsuhr fällt. Sie hatte inzwischen mit ihrer Cousine gesimst und deshalb gar nicht gemerkt, dass es schon so spät ist.

„Na, da hast du aber Glück, mein Lieber. Normalerweise wär’ ich längst wieder weg“, fügt sie noch etwas böse hinzu.

„Tut mir leid, hab ich schon gesagt. Was trinkst du denn da? Kann ich auch so einen haben?“, gibt Kalle ihr aber nur, als eine Art Antwort, zurück. '...Das fehlte noch, dass ihm ein Mädel Vorschriften macht'.

Doch als Karins Miene immer noch finster bleibt und sie ihn weiterhin anstarrt, als wäre er ihr eine Erklärung schuldig, sagt er noch gereizt dazu: „Man! Auf der Straße steh’n überall Blitzer. Bleib ma’ cool Mädel.“

„So, so; also das hättest du auch gleich sagen können“, bemerkt Karin dazu und etwas lauter zu dem Kellner, der gerade an ihrem Tisch vorbeieilt, „bitte noch zweimal Campari Soda!“ Jetzt muss sie plötzlich lachen. 'Blitzer! Als ob Kalle mit seinem Miniroller Geschwindigkeitsgrenzen überschreiten könnte!'

Aber wahrscheinlich kennt sie da Kalle nicht gut genug.

Als die Getränke mit einem Mal auf den Tisch kommen, riecht Kalle mißtrauisch daran und kippt seines dann mit einem Schluck runter.

„Getränk is’ was anderes“, sagt er und verzieht das Gesicht schmerzhaft. „Lass uns woanders hingehn, Mädel.“

„Klar, gerne. Wo is’ denn hier im Kaff wirklich was los?“, fragt Karin und zieht sich schon ihre Jacke über.

„Bootsluke“, sagte Kalle. „Bezahl mal mit, für mich. Kohle hab ich jetz’ noch nich’, krieg ich ers' später. Kanns' auslegen?“

„Was?“

Jetzt erklärt Kalle umständlich, dass er bloß heute kein Geld habe, weil er erst morgen Kohle von seinem Kollegen Friedhelm bekäme und fragt gleichzeitig noch mal nach, ob das jetzt etwa ein Problem wär.

'Na, - nicht unbedingt, bloß erstmal raus hier! Bootsluke...? Also endlich mal was Neues!'

 

 

 

 

Beste Freundin in der Tasche

In der Bootsluke ist es laut, heiß und voll mit verschwitzten Leuten.

Bis Karin und Kalle einen freien Platz an der Bar einnehmen können, müssen sie noch eine Weile rum stehen und abwarten bis endlich mal jemand auf die Tanzfläche geht. Jedenfalls spekuliert Kalle darauf, und tatsächlich, kaum dass nervige, noch lautere Technomucke ertönt, wird gleich die halbe Vorderfront an der Bar frei. Sie bestellen sich Bier und Baccardi Cola, - und Karin muss erstmal die Toilette aufsuchen, um sich neu überzuschminken. „Bin gleich wieder bei dir, Kallebär“, schreit sie laut in sein Ohr, denn Kalle ist kräftig, und stark wie ein Bär. „Jo u“, sagt Kalle, trinkt sein Bier mit großen Zügen aus, und bestellt sich gleich noch eins. '…Na, das kann ja wieder teuer werden', denkt Karin, und verschwindet schnell in dem dunklen schmalen Gang, wo anscheinend die Toiletten sind. Als sie die Klinke von den Damentoiletten gerade runterdrückt und immer noch im Dunklen steht, hört sie hinter sich jemanden ankommen.

„Man muss das Licht hier selber an - und wieder ausmachen“, sagt dann eine nette Mädchenstimme, und klick, klick, flackert gleich darauf grelles Licht durch den Raum. „Wegen der Stromkosten, und dem Energiesparen - “, sagt sie erklärend und fügt hinzu, „find ich ne gute Idee übrigens.“

„Das muss man wissen“, sagt Karin und platziert ihre Tasche auf dem Waschtisch, „sonst wär’ ich bestimmt gleich zur Bedienung gerannt.“

Sie kämmen sich beide und machen sich frisch zurecht. Und als Karin dann im offenem Deckelinlett der Tasche des Mädchens ein Foto erspäht, auf dem, neben dem Gesicht des Mädchen - , Julia zu erkennen ist, ruft sie völlig verblüfft aus: „Was?! Du kennst Julia!?“

Das Mädchen guckt etwas argwöhnisch zur Seite. „Wenn’s kein Verbrechen ist“, sagt sie. „Sie ist meine beste Freundin, wieso o?“

„Na, weil Julia auch meine Freundin ist!", sagt Karin entgeistert. „Mensch! Wir suchen sie, - also mein Freund und ich. Also dann weißt du doch bestimmt, wo sie ist! Mensch das is ja super!“

Ja, vielleicht, aber doch etwas merkwürdig, findet Corinna. Was soll denn das für ne Freundin von Julia sein? Eine, die nicht weiß, wo Julia sich aufhält...? Hat die denn keine Handynummer von ihr? 'Ziemlich aufgedonnert sieht die ja mal aus…'

„Ich bin Karin,“ sagt Karin jetzt und hält ihr ihre Hand hin.

„Corinna“, sagt Corinna, noch immer distanziert. „Hab deinen Namen noch nie von Shuli gehört.“

„Ach das macht doch nichts“, sagt Karin jetzt etwas schnippisch, „Wir sind bloß in die gleiche Klasse gegangen, wenn’s dir nichts ausmacht. Claus Theodor Gesamtschule in Lüneburg.“

Sie zieht sich etwas verärgert die Lippen nach, denn sie war es wirklich nicht gewohnt, dass man ihrer Freundlichkeit mit Misstrauen begegnete. Was is denn das für ne - ´Dorftusse´?

Aber sie entscheidet sich, doch lieber freundlich zu bleiben, denn sie will unbedingt wissen, wo Julia ist.

„Julia und ich, wir - haben uns nur aus den Augen verloren“, fährt sie deshalb unbeirrt fort, „ - seit sie mit Jonas zusammen ist. Ich mach jetzt ja ne Lehre. Also du weißt nicht, wo sie ist? - Na super.“

Corinna weiß bloß soviel, dass Julia, seit sie von der Schule ist, mit Jonas zusammen in der Nähe von Brunsbüttel Kog, lebt. Das hatte Julia ihr über Handy mitgeteilt und ebenso, dass sie diesen Sommer nicht auf den Campingplatz kommen könnte.

„Klar, weiß ich wo Julia ist. Sie ist meine beste Freundin“, sagt sie einfach cool und betont.  Diese Karin ist ihr einfach nicht besonders sympathisch, denn Corinna ist ein typisch nordisches Mädchen, - unkompliziert und geradeheraus. Ebenso ist sie auch einfach gekleidet, Jeans, T-Shirt und kaum geschminkt, während diese komische Karin, mit der dreifachen Menge geschminkt, wie auf ein Gesicht passt, - maskiert und in hohen Stiefeln daherkam, - in Nahtstrümpfen, Minirock und hautenger Bluse...

„Ja, dann sag doch mal bitte wo sie denn ist, wenn’s dir nichts ausmacht“, plappert Karin also weiter. „Ich bin nämlich nur selten hier draußen in der Provinz und würd’ sie gern wiedersehen, heut Abend, - wo ich schon mal hier bin.“

„Tja, das mag ja sein“, sagt Corinna und kramt in ihrer Tasche nach ihrem Handy. „Aber, - du musst schon entschuldigen, da - muss ich erstmal Julia fragen, ob es ihr auch recht ist.“

'Hinterweltlerin', denkt Karin sich dazu, ist aber einverstanden. 'Eigentlich ja noch besser, - immerhin eine aktuelle Handynummer von Julia...'

„Ne, - geht nich’ ran“, sagt Corinna schließlich, nachdem sie es mehrmals anklingeln ließ und packt ihr Handy wieder ein.

Natürlich konnte sie nicht wissen, dass Julia seit ein paar Tagen ein neues Handy hat, und dass auch sonst einiges jetzt anders ist; - weil es doch schon ein paar Wochen her ist, dass sie telefoniert hatten.

Und deshalb ahnt sie natürlich auch nicht, dass ihre Freundin, gerade jetzt, zur selben Zeit, in einem schönen, blauen, Himmelbett schläft, zusammen mit ihrem liebsten Jonas. Und natürlich ahnt sie auch nicht, dass noch etwas ganz, ganz Kleines dabei mit in Julia schläft, denn - psst...; unsere liebe Julia ist nämlich inzwischen - schwanger.
Aber das sollte noch niemand wissen, außer Jonas, und dieser freut sich bereits riesig genug darüber.

Ach ne e, ne’!“, sagt Karin verstimmt und „ach ja - , wahrscheinlich hat sie ne neue Nummer.“

„Das wüsste ich aber“, kommentiert Corinna sofort.

Dazu fällt Karin aber jetzt nichts mehr ein. Sie klappt ihren Schminkspiegel zusammen, verstaut ihn in ihrer Tasche, geht zur Tür. Da bleibt sie aber noch einen Moment stehen und dreht sich wieder zu Corinna um.

„Willst du dich nich’ mit zu uns an die Bar setzen, Corinna?“ , sagt sie jetzt etwas einschmeichelnd freundlich. „Dann können wir uns weiter unterhalten; - ich lad dich ein.“

Na, besonders begeistert ist Corinna nicht gerade, aber was soll’s... Sie ist an diesem Abend sowieso allein hier und hatte nicht besonders viel Spaß. Und so könnte sie ja Julias so genannte Freunde mal genauer unter die Lupe nehmen...

„Ok“, sagt sie, „klar, - warum nicht.“

 

Aber weil es an der Bar so laut ist, so dass man überhaupt nichts verstehen kann beim Reden, ist sie dann auch noch damit einverstanden, woanders hinzugehen, ins 'Freenet' nämlich, eine kleine Internetkneipe, ganz in der Nähe. Nur, dass die dummerweise zu hat, als die drei, nach fünf Minuten zu Fuß, davor stehen.

„Man, jetzt hab ich aber kein Bock mehr!“, äußert Kalle sich verdrießlich. „Lass uns zu mir geh’n Mädels. Ich hab noch ne Flasche Woddyka stehen. Erst will Corinna ja nicht mit, denn dieser Kalle ist ihr nicht besonders geheuer, aber als Karin sich gleich bei ihr unterhakt, belustigt und leicht angetrunken sagt: „Klar, kommst du mit, Corinna, - oder hast du kein Bock wegen diesem Kerl hier? Keine Angst, das is’ sowieso meiner, auf den pass ich auf“, geht sie dann doch erstmal mit.

Neugierig ist sie ja schon, zu sehen, wo Julia, mit Jonas zusammen, den Sommer über gewohnt hat...

 

 

 

 

Frühalarm

Ja, wie sieht’s denn nun aus bei Kalle, in seinem besonderen Wohnmobil, von dem Julia so geschwärmt hat?

Also supermäßigstilvoll ist wohl was anderes. Drinnen ist es absolut chaotisch. Überall liegen Sachen verstreut herum, Kleidungsstücke und schmutziges Geschirr auf - und um den Tisch verteilt. „Wartet Mädels“, sagt Kalle aber gleich, bevor die Mädchen sich irgendwo niederlassen können. „Ich mach Ordnung, - geht schnell.“

Und bevor sich jemand beschweren kann, - denn man kennt ja die Mädels - , sammelt er kurz alles ein und verstaut die Sachen im vorderen Teil des Wagens. Und das Geschirr kommt ruck zuck in die kleine Spüle.

„Setzt euch“, sagt er, legt Zigaretten auf den Tisch und holt Gläser aus der 'Board Küche'. Und sogar das grelle Deckenlicht knipst er aus, stellt eine kleine Petroleumlampe auf den Tisch. Ja so o ist’s doch schon mal gemütlicher. Es gibt Wodka mit Cola und für jeden ers’mal eine Zigarette.

„Was is denn mit Musik, Kalle?“, sagt Karin. Na klar, Mucke hat Kalle natürlich auch. Eine CD mit Country Oldis, - das passt doch am Besten, findet Kalle und sorgt also weiter für Stimmung. Corinna sagt erstmal gar nichts, denn all das hier verschlägt ihr irgendwie ein wenig die Sprache. Karin und Kalle albern bloß ziemlich dumm herum, und sie hat gute Lust gleich wieder aufzubrechen.

„So, hier hat Julia also gewohnt“, kommt ihr dann aber doch über die Lippen, während sie, etwas hilflos, versucht einen Einblick ins Innere, vom anderen Teil des Wagens zu bekommen.

„ Ja hat sie, mit Jonas, mein Kumpel“, sagt Kalle schon ziemlich besoffen, denn er hatte ja in der Bootsluke schon ein paar Biere, schenkt sich aber noch mal neu ein, „... bis... d die Schöne ihn weggeschleppt hat. Woll... t ihr auch noch?“

„Sag mal Kalle, bist du jetzt völlig bekloppt, oder was?“ sagt Karin aufgebracht. „ Julia hat ihn doch nicht weggeschleppt, geh mal zum Arzt!“

Sie schenkt sich und Corinna selber noch mal nach. „Erzähl uns mal lieber, was eigentlich passiert ist. Wo sind die zwei?! Wir möchten das jetzt wissen.“

„Keine Ahnung, weg eben“, sagt Kalle und legt seinen Kopf zwischen seine verschränkten Arme auf den Tisch. „ ...W wenn ich wüss...de wohin, wär’ ich schlauer.“

Es sieht beinah so aus, als würde er gleich losheulen, aber nichts dergleichen geschieht. Er bleibt einfach in der Position liegen und sagt kein Wort mehr.

Die beiden Mädchen sehen sich etwas ratlos an.

„Du, das wusste ich nicht, ehrlich“, sagt Karin schließlich. „Er hat mich angelogen, dieser Spinner. Ich dachte die beiden sind bloß heut Abend unterwegs.“

„Ach, die sind doch schon lange ausgezogen“, sagt Corinna nur dazu. „Hat Julia dir wohl nich’ erzählt?“

„Ne, hat sie wohl nicht“, sagt Karin beleidigt.

 

Aber weil die beiden Mädchen jetzt noch soviel Wodka haben, dass es für den ganzen Abend reicht, und ein gewisser Kalle Bloom aus der Neuzeit schon wieder auf der Tischkante eingepennt ist, wird der Abend dann doch noch ganz sinnvoll. Selber Schuld Kalle!

Und nun haben sich zwei Freundinnen von Julia doch noch so Einiges zu erzählen und sogar über Vieles zu lachen obendrauf.

Wo Julia abgeblieben war, bleibt auch nicht mehr so absolut rätselhaft, da Corinna endlich berichtete, dass sie und Jonas nach Brunsbüttel umgezogen sind.

Ja, so was passiert eben, wenn der Wodka so erfrischend immer besser schmeckt und man auch nicht mehr allein nachhaus gehen mag, sondern sich am nächsten Morgen auf einem Podest wieder findet, auf dem die eigens beste Freundin viele schöne Nächte mit Jonas verbracht hat.

Aber konnte man denn ahnen, was dieser nächste Morgen noch so alles mit sich bringt?...

Ein lautes Klopfen an der Wohnmobiltür, reißt nämlich plötzlich erstmal drei Personen aus dem Schlaf.

 

Kalle ist der Erste, der davon wach wird. Er liegt in der Tischbank am Heck und ist ganz schnell am Fenster, lugt durch einen Spalt der zugezogenen Gardinen, kann aber niemanden entdecken. Um die Ecke sieht er ja leider nicht so gut. Er wartet einen Moment gespannt ab, bis das Klopfen aufhört und gibt der verdutzten Corinna ein Handzeichen zu bleiben, wo sie ist. Dann starrt er wieder weiter aus dem Fenster. Endlich lassen sich zwei Leute erkennen, - ein junger Mann in Zivilkleidung, begleitet von einem Ortspolizisten. Sie gehen jetzt um den Wagen herum, und Kalle zieht schnell seinen Kopf vom Fenster weg. Ihre Stimmen sind aber laut genug, um etwas verstehen zu können.

„Ne, scheint niemand zu haus zu sein. Aber der Wagen steht schon seit Monaten hier rum.“

Sie rufen auch ein paar Mal laut"Hallo" und "ist jemand zuhause?!“; klopfen beim Herumgehen mehrmals an den Wagen. Schließlich ist dann gerade noch zu hören, wie einer zum anderen sagt: „Ich werde jetzt veranlassen, dass der Wagen wegtransportiert wird. Es liegt keine Platzgenehmigung vor. Muss sich der Besitzer eben beim Amt melden, wenn er ihn wiederhaben will!“

Und nun folgt nur noch Gemurmel und kurzes Gelächter, weil sich die Beiden wieder entfernen.

„Shit!“, ruft Kalle laut aus. Man, das hat ihm gerade noch gefehlt…! Bullen!

Und dabei brummte es jetzt auch noch fürchterlich, und wild durcheinander in seinem Schädel herum. Sein Wohnmobil wollen sie wegholen!

„Was... ? Wer war das denn?!“, hört er, von der anderen Seite her, die Stimme von Corinna fragen.

„Weiß nich’“, brummt Kalle schlechtgelaunt zurück. „Wär’ aber besser, wenn ihr beide jetz’ aufsteht. Ah, au u!" Sein Kopf tut ihm weh.

„Kann’s ma’ Kaffe machen, Mädel? Ne, lass ma’, mach ich.“

Aber Corinna entschließt sich gleich, ihm dabei zu helfen und zieht schnell ihre Schuhe über. Was ist hier los?...

Neben ihr liegt Karin, die sich verschlafen umdreht und eine Wolldecke über sich zieht. Corinna tappt sich zur Board Küche durch, wo Kalle umständlich dabei ist, Kaffe in einen Filter zu löffeln. Leider geht dabei die Hälfte daneben. „Lass mich das machen“, sagt sie, nimmt ihm den Löffel aus der Hand. „Hol doch schon mal Wasser, Kalle.“

Na auch gut, … wo war ma’ noch der Wassereimer?

Nach einer halben Stunde, sitzen dann alle drei vor ihren heißen Kaffe Bechern am Tisch, denn; weiterschlafen in einer bedrohlichen Lage, das geht doch wohl gar nich’!

„So, - was war jetzt los Kalle?“, will Karin jetzt unbedingt wissen und nippt an ihrem Becher. Gibt es denn keine Milch in diesem Haushalt?! Sie ist ebenfalls ziemlich schlecht gelaunt, denn auf so eine ungnädige Art und Weise, aus tiefstem Schlaf, gerissen zu werden, war nicht gerade nach ihrem Geschmack.

„Ich muss weg hier“, sagt Kalle. „Das war’n die Bull’n. Die hab’n vor, mein Wohnwagen wegzuschleppen.“

„Was?“

„Ja nichts, has' du doch gehört, Mädel. Was is’ heute für’n Tach?“

„Sonnabend“, sagen beide Mädchen gleichzeitig.

„Sonnabend, dann sind die Montag, Dienstag, wieder hier“, überlegt Kalle laut und trinkt seinen Becher unruhig und schnell aus. „Die brauchen erst noch ne Genehmigung... auf sicher.“

„Was denn für ne’ G e n e m i g u n g?", fragt Karin gedehnt und lässt ihn nicht aus den Augen, während sie schlückchenweise ihren Kaffe trinkt.

„Ich glaub davon versteht ihr Mädels nichts. Jedenfalls muss ich weg hier.“ Kalle tippt jetzt eine Nummer ins Handy ein.

„Ich fahr er’s ma’ zum Kollegen“, erklärt er dabei, so als ginge alles nur um ihn. Doch bevor sich, nach langem Anklingeln, überhaupt einer meldet, hören sie alle gleichzeitig das Geräusch eines parkenden Autos, ganz in der Nähe.

„Man die sind schon da!“ ruft Kalle, völlig entsetzt, aus und steckt schnell das Handy ein. „Kommt Mädels, raus hier! Die dürfen mich nich’ finden!“

Und das kam jetzt so deutlich an, dass die Mädchen nur noch schnell ihre Taschen und Jacken schnappen und zur Tür stürmen. Kalle kramt noch schnell seinen Rucksack unter der Bank hervor, der für alle Fälle da immer bereit liegt. Ach, - den Schlafsack nich’ vergessen!

Ne, mit der Polizei will wirklich keiner zu tun haben. Bloß weg hier!

 

 

 

Hallo, schöner Morgen

„Julia? Ju - li - a, schläfst du?“

Ja, wahrscheinlich, denn die liebe Julia rührt sich kein bisschen. Sie liegt auf der Seite, zum Fenster hingedreht, von wo aus sich das erste Hell der Morgendämmerung zeigt. Jonas steht leise auf, um sie nicht unbedingt zu wecken und zieht sich schnell an.

Heute ist ja Dienstag, und er muss sich beeilen, denn sein 'Pontonship', - so wie der Ponton inzwischen heißt, soll heute, schon früh, von einer Touristengesellschaft inspiziert werden. Bisher hatte er es zweimal über die Elbe hin - und zurückgesteuert, voll mit Schulkindern, seit es mit einem Motor ausgerüstet ist. Und das hatte Spaß gemacht! Zweihundert Euro konnte er dabei jeweils, zusammen auf einen Schlag verdienen. Man war das super! Und das, wo Julia jetzt auch noch schwanger ist…, whou! Was hat er plötzlich für ein Glück!

 

Japan Touring Group Sightseeing - 10 Uhr , steht auf seinem Dienstplan. Um sieben ist Inspektion und die Ausrichtung für ein Frühstücksbüfett an Board. Also dann, - alles beisammen?

Jonas nimmt seine Boardtasche über die Schulter, wo alles Wichtige, das er benötigt, eingepackt ist und verlässt leise sein - und Julias 'Gartenhausheimchen'.

Ja, alles bestens, - das wird ein guter Tag!

„Schlaf gut, meine Schöne“, sagt er beim Rausgehen und dreht sich noch einmal um zu ihr. 'Wie schön sie aussieht, im ersten Sonnenstrahl, der auf die Bettdecke fällt..., schön wie ein Engel, seine Prizessin', denkt er sich dabei. 'Ja, das ist sie,

Imprint

Publisher: BookRix GmbH & Co. KG

Images: Eigene Bildillustrationen
Cover: Eigenes Cover
Publication Date: 09-08-2022
ISBN: 978-3-7554-2032-3

All Rights Reserved

Dedication:
Meinen Söhnen Garrit und Max gewidmet, ohne die dieses Buch nicht entstanden wäre und an alle Tierschützer

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