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Ferienhäuser

Schon merkwürdig mit so einem Ferienhaus –

man verzeiht ihm fast alles.

Da kann ein Maulwurf im Garten toben.

Ein sehr steiler Aufstieg bis zum Haus.

Das Brüchige gilt als rustikal.

Das würde man seinem eigenen Haus

nie durchgehen lassen.

Da verlangt man manierliches Auftreten –

und vor allem innere Größe.

Ist doch sehr beengt;

man nennt es gemütlich.

Man macht Abstriche,

man will gar nicht mehr.

Ist der innere Eremit geweckt?

Man schaltet in den Urlaubs-Modus,

man ist sehr gnädig –

äußerst wohlwollend gegenüber der Mitwelt,

auch wenn sie lärmen.

 

Man kauft sich Hummer, lässt es sich gutgehen.

Sachen, die man sich sonst nicht gönnt.

Die große Zeit der Ausnahmen –

hier kommen sie zum Zug.

Warum ist man sonst nicht so gechillt?

Man kommt auch wunderbar zurecht

mit den eigenen Fehlern.

Ist man plötzlich kein Alman mehr,

nur weil man Deutschland verlassen hat?

Färbt das Urlaubsland ab?

Hauptsache, da ist Platz für den Grill.

Der Zustand des Gartens interessiert einen nicht.

Soll der Maulwurf toben

und seinen Beschäftigungen nachgehen.

Man hat keine Verantwortung.

Wer mäht die Wiese? Egal.

 

Der Alman kommt gar nicht zum Zug.

Man ist richtig nachsichtig.

Die eigenen Fehler bitten um eine Audienz –

günstige Gelegenheit,

um dies und das zur Sprache zu bringen,

das Ego hat gute Laune,

das gilt es, ausnutzen.

Die Nachsicht hält Hof,

die gute Laune ist Zeremonienmeister.

Wollte man früher seinem Charakter

die Flötentöne beibringen,

so ist jetzt die innere Harmonie

Hofkapellmeister – macht ihre Sache vorzüglich.

Ausbalanciert – trotz der vielen Schnitzer,

die der Tag sich so leistet.

Früher wurde jeder Lapsus

in eine Strichliste eingetragen.

Man kann die Probleme vertagen,

die stören doch momentan nur.

Der Strand will genossen sein.

Als ob der Windschutz nicht nur

den leichten Wind und seine Ladung Sandkörner

von einem fernhalten würde –

man fühlt sich geschützt –

in diesem Modus kann einem alles gelingen.

Hatte das Leben je Mängel?

Der Urlaub gibt sich ja nicht mal den Anschein,

als ob er um Perfektion bemüht sei –

dennoch kommt er verdammt nah daran:

Wie macht er das?

 

Okay, der Sommerurlaub

hat es wesentlich leichter als der Winterurlaub.

Die Kälte lässt nicht locker:

Sie favorisiert die aktiven Urlauber.

Skifahren, in Gang bleiben,

sonst holt einen die Kälte ein,

ist einem auf den Fersen.

Also rein in die Skistiefel –

und dem Berg zeigen,

mit welchem Ski-Ass er es hier zu tun hat;

wenn es sich auch zunächst

um den Idiotenhügel handelt.

Was soll's?

 

Der Strand fordert nichts von einem,

das Meer plätschert so vor sich hin –

wenn einer der Windgötter gut drauf ist,

serviert er extra-hohe Wellen.

Man surft, man fällt ...

Die Wellen schubsen einen gelegentlich vom Brett.

Die Möwen schauen interessiert zu –

haben aber auch den unbewachten Proviant im Blick.

Man sollte sich diese Urlaubs-Großzügigkeit bewahren.

Man ist verantwortungslos –

es ist alles nur geliehen, gemietet.

Der Masterplan des Lebens ruht –

man schwänzt.

Man muss nicht die Normen im Visier behalten –

auch die Nornen chillen.

Ritterschlag für den Müßiggänger.

Das übliche Arrangement hat Pause.

Man hat keine großen Ansprüche an das Ferienhaus,

aber man versteht sich gut mit ihm.

Man denkt gerne an es zurück,

es hütet ein Stück Glück.

Man wird es vermutlich nie wieder sehen ...

Wie macht es das, dass es einem wertvoll ist?

Sind doch nur ein paar Bretter ...

Bretter, die den Urlaub bedeuten.

 

Die Zeit hat sich verlangsamt –

sie ist im Bummel-Modus;

nichts geht einem auf den Zeiger.

Alman will ausnahmsweise niemanden anzeigen.

Deutsche Pünktlichkeit pausiert.

Man studiert die Gelassenheit.

Man fügt allem ein akademisches Viertel hinzu –

soll die Uhr schlagen,

man gibt sich der Hektik nicht geschlagen.

Die Freizeit steht hoch im Kurs –

Coolness leitet das Seminar.

Der ganze Ferienort ist enthektisiert.

Souvenirs drängen sich auf –

und selbst wenn sie nichts taugen,

erfüllen sie ihren Zweck.

Aus Vitrinen schauen sie einen an,

flüstern einem zu: "Denkst Du gelegentlich an ...?"

Man hat jede Menge Souvenirs –

die meisten abgeschmackt.

Aber sie haben innere Werte:

Behälter für Erinnerungen.

Man würde sich so etwas zuhause niemals kaufen.

Da kauft man nützliche Sachen – keinen Tinnef.

Aus Nützlichkeits-Erwägungen

liegt man aber auch nicht am Strand.

Der Strandkorb ist kein Bürostuhl.

Komisch, dass ausgerechnet

die als nutzlos deklarierte Zeit

einem im Nachhinein als die wertvollste erscheint.

 

Raus aus dem schnellen Modus.

Die Sinne haben Zeit aufzuholen?

Hier sucht man den Sinn gar nicht;

vielleicht lässt man ihm einfach Zeit,

einen einzuholen?

Selbst der Reflexion geht es oft zu schnell –

nur die Reflexe beklagen sich nie.

Sie wehren alles ab.

Aber wenn man nicht so angespannt ist,

ist man flexibler.

Die Seele flexibilisieren.

 

ENDE

 

Imprint

Cover: https://pixabay.com/de/photos/ferienhaus-natur-haus-landschaft-4364291/
Publication Date: 11-11-2020

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