Cover

Leseprobe

LIEBESGLÜCK UND WINTERZAUBER

ROMANTISCHE KOMÖDIE

AMELIE WINTER

BUCHBESCHREIBUNG

Harper braucht keinen Mann an ihrer Seite – denn sie hat Shane, mit dem sie schon seit der Schulzeit befreundet ist. Besonders begehrt ist sie sowieso nicht, da die meisten Männer zu ihr aufschauen müssen. Als Frau ist sie mit ihren eins achtundachtzig viel zu groß. Damit ihre Mom nicht länger fürchten muss, Harper würde ewig Single bleiben, bittet sie Shane, über die Weihnachtsfeiertage ihren Verlobten zu mimen. Das allein wäre für ihn ein Kinderspiel. Aber eine Reise in seine Heimatstadt bedeutet, dass er sich seiner Vergangenheit stellen muss. War Harper immer die Größte in der Klasse, so war Shane der Schwerste. Der pummelige Junge von damals lässt heute Frauenherzen höherschlagen. Aber die Richtige findet er trotzdem nicht!

Ob die gemeinsame Reise im Herzen beider Gefühle entfachen kann, die dort schon lange schlummern?

INHALT

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Über die Autorin

1

Harper rieb sich die verklebten Augen, während das Handy auf ihrem Nachttisch unaufhörlich bimmelte. Träge griff sie danach. Ihre Mom war dran. Es war neun Uhr morgens, was bedeutete, Harper hatte verschlafen. Zudem war ihr übel. Gestern Abend hatte sie es auf der Weihnachtsfeier mit dem Brandy eindeutig übertrieben, aber sie hatte Spaß gehabt. Shane war auch gekommen, vermutlich nur, um sie abzufüllen.

›Noch ein Drink, Happy?‹, sagte er dann immer. Wenn Harper betrunken war, kicherte sie unaufhörlich. Früher hatte er sie ›Harpy‹ genannt, irgendwann war ›Happy‹ daraus geworden. Der Spitzname passte nicht zu ihr, aber Shane sah das anders.

Wie war sie überhaupt nach Hause gekommen?

»Mom?«, nuschelte sie müde ins Telefon. Ihre Mutter rief sie mindestens einmal wöchentlich an, aber meist am Samstag, und dann telefonierten sie lange miteinander. Heute hingegen war Freitag – und morgen war Heiligabend.

»Wann fährst du los?«, fiel ihre Mutter mit der Tür ins Haus. Harper richtete sich im Bett auf und kämmte mit den Fingern durch ihr glattes rotblondes Haar, das sie bis zur Schulter trug. Sie gähnte ungeniert und blinzelte ein paarmal. Leider war sie noch nicht richtig wach.

»Du willst doch nicht absagen!«, donnerte ihre Mutter.

»Nein«, versicherte ihr Harper sofort. »Ich habe dir doch versprochen, dass ich dieses Jahr an Weihnachten nach Hause komme!« Sie massierte mit den Händen ihre Wangen. Gestern hatte sie wirklich zu viel gekichert. Hatte sie sich blamiert? Nein, bestimmt nicht, denn Shane war doch da gewesen. Er passte immer auf sie auf, oder nicht? Dummerweise machte es ihm großen Spaß, sie in Verlegenheit zu bringen. Was hatte sie gestern nur angestellt? Wenn sie sich zum Affen gemacht hatte, dann war Shane sicherlich zur Stelle gewesen, um ein Video davon aufzunehmen und die Peinlichkeit für die Nachwelt festzuhalten. Das sah ihm ähnlich!

»Das hast du mir letztes Jahr auch versprochen«, schimpfte ihre Mom. Harper guckte grimmig. Sie hatte keine Lust auf ein Familientreffen. In den letzten zwei Jahren hatte sie immer eine Ausrede parat gehabt: dass ihr die Arbeit über den Kopf wuchs; oder dass sie mit jemandem zusammen war und deswegen Weihnachten bei seiner Familie verbrachte. Natürlich hatte ihre Mom den ominösen Mann unbedingt kennenlernen wollen, und Harper hatte sich in einem Netz aus Lügen verfangen, aus dem sie sich nur schwer hatte befreien können. Aber dieses Jahr konnte sie sich nicht vor dem Familientreffen drücken. Nicht schon wieder!

»Bringst du jemanden mit?«, wollte ihre Mom wissen. Harper hatte sich bereits gewundert, dass ihre Mutter diese obligatorische Frage nicht früher gestellt hatte. »Oder kommst du wieder allein?«, ergänzte sie vorwurfsvoll. Harper liebte Weihnachten – aber sie konnte ihre Familie nicht leiden. Ihre Mutter war nämlich großartig darin, ihr das Gefühl zu geben, sie hätte im Leben versagt, weil sie mit fünfunddreißig Jahren noch Single war. Harper hatte zwei Schwestern und einen Bruder. Alle drei waren glücklich liiert. Ihre Nichten und Neffen würde sie bald nicht mehr an einer Hand abzählen können, da die Freundin ihres Bruders jetzt auch schwanger war – mit Zwillingen! Die O’Sullivans waren Familienmenschen. Nur Harper nicht.

»Ich … bringe jemanden mit«, log sie emotionslos, um es sich zu ersparen, dass ihre Mom sie zum gefühlten tausendsten Mal in diesem mitleidigen und gleichzeitig strengen Ton darauf hinwies, dass ihre biologische Uhr tickte. Auf ein solches Gespräch konnte sich Harper erst einlassen, nachdem sie eine Tasse Kaffee getrunken hatte.

Resigniert hockte sie in ihrem rosaroten Pyjama auf dem Bett, rieb die nackten Zehen aneinander und fühlte sich wie ein Kind, das etwas ausgefressen hatte.

»Du bringst jemanden mit?« Ihre Mom klang euphorisch. »Hast du dich mit Brian versöhnt? Warum erfahre ich erst jetzt davon?«

»Weil du immer so eine große Sache daraus machst, wenn ich mit jemandem zusammen bin!« – Und wieder passierte es! Harper war gerade dabei, eine Lüge nach der anderen zu erzählen. Sie hatte nämlich keinen Freund, da sie sich nichts aus Beziehungen machte. Sie war glücklich, unabhängig – und bestimmt nicht auf der Suche nach jemandem, der ihr Leben verkomplizierte.

Gemeinsam mit Shane hatte sie vor acht Jahren ein E-Commerce-Business aufgebaut, das ihren Namen trug. Harper’s hatte als winziger Online-Geschenkeladen gestartet, wo ausschließlich Selbstgebasteltes verkauft wurde: Schmuck, Handtaschen, Kleidung und Dekorationsstücke. ›Mit Liebe gemacht‹, war ihr Slogan. Der winzige Online-Handel hatte sich über die Jahre zu einer größeren Plattform gewandelt. Mittlerweile verkauften sie dort eine breite Palette an Produkten. Zu dieser Jahreszeit gab es vor allem Weihnachtsdekorationen und Geschenkideen zu erwerben.

Harper war zufrieden mit ihrem Leben. Sie liebte ihren Job, hatte tolle Mitarbeiter, eine hübsche Wohnung – und sie hatte Shane.

»Ich bin so gespannt, ihn kennenzulernen!«, rief ihre Mom.

»Was …? Wen?« Harper stutzte.

»Brian! Du hast doch eben gesagt, dass …!«

»Ich bin nicht mit …« Harper hielt inne und seufzte tief. »Ich bin nicht wieder mit Brian zusammen.« Dieser Brian existierte gar nicht. Den hatte sie sich aus ihrem Lügenhut gezaubert!

»Wen bringst du dann mit?«, wollte ihre Mom wissen.

Harper kaute nervös an ihren Fingernägeln.

»Ist eine Überraschung«, meinte sie. »Ich bin erst aufgestanden, Mom. Ich brauche jetzt einen Kaffee! Wir sehen uns morgen!«

Sie legte einfach auf, bevor ihre Mutter sie mit weiteren Fragen löchern konnte. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, ihre Mom dermaßen zu belügen? Und warum konnte sie es nicht lassen? Wenn sie mit ihrer Mutter sprach, sprudelten die Lügen unkontrolliert aus ihrem Mund. Sonst war Harper immer ehrlich! Shane hatte sie deswegen sogar mal gerügt. ›Du darfst nicht ständig sagen, was du dir denkst. Manchmal ist es besser, die Wahrheit zu verschweigen.‹ Dann hätte er diesem Gespräch mal lauschen sollen! Harper war die Lügenkönigin!

Kopfschüttelnd stand sie vom Bett auf und schleppte sich in die Küche. Half Kaffee gegen den Kater? Zumindest half er gegen die Kopfschmerzen. Während sie ihre tägliche Koffeinration vorbereitete, überlegte sie fieberhaft, wie sie ihrer Mom plausibel erklären konnte, warum sie am Ende allein zu Hause erscheinen würde.

Harper war in Clones aufgewachsen, einem kleinen Dorf an der Grenze zu Nordirland im County Monaghan. Der bekannte irische Poet Patrick Kavanagh hatte den Boden dort in einem seiner berühmten Gedichte als ›steingrau‹ beschrieben. Er hätte ›gefroren‹ hinzufügen sollen. Nirgends sonst in Irland dauerte es so lange, bis das Gras nach dem Winter zu wachsen begann. Sogar in Nordirland war das Klima milder, da das Gebiet näher an der Küste lag. Die Wetterstation in Clones meldete im Jahr durchschnittlich an achtzehn Tagen Schnee oder Schneeregen. Somit war Clones einer der kältesten und schneereichsten Orte auf der grünen Insel. Harper hatte es lieber warm. Leider fiel auch in Cork an mehreren Tagen im Jahr Schnee, und die Winter waren fast genauso kalt.

Gähnend rieb sie sich den Nacken. Lügen war anstrengend. Sollte sie ihrer Mom erzählen, es hätte einen Notfall in der Familie ihres Fantasiefreundes gegeben? Aber dann würde ihre Mutter wissen wollen, um welchen Notfall es sich handelte. Ein medizinischer? Harper würde sie während der Feiertage immer auf dem Laufenden halten und so tun müssen, als würde sie mit ihrem Freund telefonieren. Nein, sie brauchte eine andere Lüge. Eine Lüge, die aufrechtzuerhalten weniger anstrengend war.

Sie griff nach dem Handy und öffnete den Messenger.

›Wieder nüchtern?‹, hatte ihre Freundin Bridget geschrieben.

Wie schlimm sich Harper gestern wohl aufgeführt hatte? Sie würde Shane fragen müssen. Der trank nämlich nie Alkohol. Shane war ein Gesundheitsfreak. Er achtete penibel darauf, was er seinem Körper zuführte und in welchen Mengen. Aber das war nicht immer so gewesen.

Der Kaffee war fertig, und sie nippte an der Tasse. Erneut griff sie nach dem Handy und drückte auf die Eins. Sie hatte Shane auf der Kurzwahl. Er hasste Clones. Sie waren beide dort aufgewachsen und auf dieselbe Schule gegangen. Shane war immerzu gehänselt worden. Die anderen Kinder hatten ihn ›Fettklops‹ genannt – nicht ohne Grund! Seine Mom hatte die Schuluniform nach Maß für ihn schneidern lassen müssen. Er war das dickste Kind in der Klasse gewesen, aber mittlerweile wog er weniger als Harper. Er hatte hart an sich gearbeitet. ›Fettklops‹ war nicht mehr fett.

Sie hatten sich sehr schnell angefreundet, weil sie etwas gemeinsam gehabt hatten: Beide waren sie Außenseiter gewesen. Während Shane der dickste Junge gewesen war, hatte Harper stets alle um einen Kopf überragt. Daran hatte sich bis heute nichts geändert. Mit ihren eins achtundachtzig war sie für eine Frau überdurchschnittlich groß. Hatte sie sich früher manchmal gewünscht, kleiner und schmächtiger zu sein, so war sie mittlerweile stolz auf ihre hohe Statur. Harper hatte Gefallen daran gefunden, auf andere hinabzuschauen. Sie ging nur selten mit niedrigen Schuhen aus dem Haus. An die vielen Blicke, die sie regelmäßig auf sich zog, hatte sie sich schon längst gewöhnt. Wenn sie ihre Lieblingsstiefeletten trug, maß sie stolze eins fünfundneunzig!

Seufzend lauschte sie dem Wählton und wartete geduldig, bis Shane abhob. Endlich meldete er sich.

»Hi Happy«, kam schnaufend aus dem Telefon. Trainierte er wieder? Ständig war er auf seinem Laufband, oder sonst rannte er wie ein Irrer durch die Stadt. Er würde sich noch den Tod holen! Um diese Jahreszeit war es doch eiskalt. Aber warum war Harper überrascht? Er schien es darauf anzulegen, sein Leben zu verkürzen. Seit Jahren versuchte er, sie zu einem Christmas Swim zu überreden. Aber das hätte ihr gerade noch gefehlt: am Weihnachtstag ins kalte Wasser zu springen! So verrückt war sie nicht.

»Wieder nüchtern?«, kam aus dem Telefon. Sie musste sich gestern Abend schrecklich aufgeführt haben.

»Wie schlimm war es?«, meinte sie zähneknirschend.

»War schon schlimmer!« Er lachte schallend. Harper veranstaltete jedes Jahr eine Weihnachtsparty, um mit ihren Mitarbeitern ausgelassen zu feiern.

»Hast du mich nach Hause gebracht?«

Wieder lachte er. Mit gerunzelter Stirn schaute sie an sich hinab. Das Pyjamaoberteil hatte sie verkehrt herum an. Mitten in der Nacht war sie aufgewacht und hatte sich umgezogen. Daran erinnerte sie sich noch.

»Du weißt doch, dass du dich auf mich verlassen kannst«, meinte er amüsiert. Sie hatte es verabsäumt, nach dem Aufstehen in den Spiegel zu gucken. Er hatte doch nicht mit einem Marker etwas auf ihr Gesicht gemalt? Eine derart kindische Aktion war ihm zuzutrauen. Dann würde Harper wieder ewig lange mit Seife ihr Antlitz sauber rubbeln müssen. ›Ihr beide seid zwei der klügsten Menschen, die mir je begegnet sind‹, hatte Bridget mal zu ihr gesagt. ›Aber wenn ihr zusammen seid, verhaltet ihr euch wie kleine Kinder!‹ Das war wohl eine Anspielung darauf, dass Harper und Shane immerzu herumalberten und sich gegenseitig triezten, wenn sie sich im selben Raum aufhielten.

»Warum rufst du an?«, fragte er und klang ernst.

»Meine Mom hat sich gerade eben bei mir gemeldet und mir erfolgreich den Tag versaut.«

»Der Tag fängt doch erst an!«

»Ich soll unbedingt Weihnachten nach Hause kommen«, brummte sie.

»Hattest du keine Ausrede parat?«

»Nein! Ich kann mich nicht wieder davor drücken!«

»Und? Was geht mich das an?« Noch immer atmete er zu schnell. Wahrscheinlich hatte er die Geschwindigkeit am Laufband nur gedrosselt, und nun wischte er sich den Schweiß mit dem Handtuch von der Stirn, während er das Handy ans Ohr presste. Er unterbrach sein Training nie, erst recht nicht, wenn Harper ihn anrief.

»Trainierst du wieder wie ein Wahnsinniger? Willst du für deine neue Freundin gut aussehen?«, fragte sie frech.

»Du denkst, ich habe eine neue Freundin?«, gab er verschmitzt zurück.

»Du hast doch immer eine neue Freundin!«

»Ich bin eben ein Mann mit Bedürfnissen. Kann ja nicht jeder enthaltsam leben wie du! Willst du noch jungfräulich sterben?«

»Ich bin keine Jungfrau mehr«, murrte sie.

»Ach, wie hieß der Typ noch mal?«

»Ted.«

»Der Kerl war so langweilig wie sein Name.«

»Halt die Klappe«, jammerte Harper.

»Und hässlich war er auch! An diese Augenbrauen habe ich mich nie gewöhnen können!«

Harper stutzte. Erst nach langem Grübeln fiel ihr ein, dass Teds Augenbrauen viel zu buschig gewesen waren. Irgendwie hatte sie das Gefühl, Shane könnte sich an ihren Ex-Freund besser erinnern als sie selbst. Dabei hatte sie mit dem Kerl vor vielen Jahren Schluss gemacht und war nur wenige Wochen mit ihm zusammen gewesen. Shane war auch gar nicht für sein großartiges Gedächtnis bekannt.

»Und wie oft hast du’s mit ihm getan? Zweimal?« Er ließ nicht locker. Shane war doch sonst nicht so ein Quälgeist!

»Zu oft«, gab sie hochmütig zurück. Die richtige Antwort war: fünfmal. Harper hatte nur fünfmal in ihrem Leben Sex gehabt. Aber das sollte Shane nicht wissen. Niemand sollte das wissen. Harper fand Sex gruselig. Sie war nicht der romantische Typ. Leider neigte sie nicht dazu, in Verzückung zu geraten, wenn sie ein Kerl betatschte. Beziehungen fand sie nervig, und nervige Dinge versauten ihr den Tag. Deswegen war sie schlecht gelaunt. Weil es sie nervte, an Weihnachten nach Clones fahren zu müssen!

»Vergiss einfach, dass ich angerufen habe«, sagte sie seufzend und legte auf. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, sich bei Shane zu melden? Er konnte ihr doch auch nicht helfen! Gleich darauf bimmelte ihr Handy, und selbstverständlich war ihr bester Freund dran. Stoisch starrte sie auf das Display. Es klingelte unaufhörlich weiter. Schließlich hob Harper ab, ohne ein Wort zu sagen.

»Was ist los, Happy?«, meinte er sanft. »Warum erzählst du mir, dass du an Weihnachten zu Hause sein musst?«

»Ich will nicht allein nach Clones fahren!«, platzte es aus ihr heraus. Am anderen Ende der Leitung wurde es still.

»Shane …?«, fragte sie verwundert. War die Verbindung abgebrochen?

»Du glaubst, ich komme mit?! Spinnst du?«, donnerte er plötzlich.

»Tu’s für mich!« Sie bemühte sich um einen weinerlichen Ton.

»Nein!« Seine Stimme hörte sich schrill an.

»Ich dachte, wir sind Freunde …«, nuschelte Harper. »Beste Freunde.« Diese Masche zog sonst immer. »Allerbeste Freunde!«, fügte sie hinzu.

»Was soll ich da überhaupt?!« Shane war hörbar aufgeregt. Er hatte Clones schon vor etlichen Jahren den Rücken gekehrt. Seine Eltern hatten sich vor langer Zeit getrennt, da war er noch nicht mal zur Highschool gegangen. Seine Mutter hatte einen anderen Mann geheiratet, und sein Vater war vor fünf Jahren nach Belfast gezogen. Shane hatte ihn dort bisher nur einmal besucht.

»Ich … habe meiner Mom erzählt, dass ich einen Freund habe«, murmelte Harper. Wieder kaute sie an ihren Fingernägeln. Das sollte sie nicht zur Gewohnheit werden lassen!

»Das ist doch nichts Neues! Hast du ihr vor zwei Jahren auch schon erzählt!«

»Aber diesmal kann ich mich nicht davor drücken, mit meiner Familie Weihnachten zu feiern! Und meine Mom will meinen Freund kennenlernen!« Sie hatte ihre Stimme erhoben.

»Du verarschst mich«, hauchte er entsetzt. Shane war gewieft. Natürlich verstand er sofort, worum sie ihn mit diesem Anruf bat.

»Ich stehe ewig in deiner Schuld!« Wenn es klappte, würde sie eine Weile Ruhe haben! Sie würde ihrer Mom erzählen können, wie verliebt sie war und wie toll die Beziehung lief. Harper spann sich bereits das nächste Lügengebäude in ihrem Kopf zusammen. Sie musste kreativ sein. Bleierne Stille schlug ihr vom anderen Ende der Leitung entgegen.

»Meine Mom mochte dich immer …«

»So ein Quatsch! Sie erinnert sich doch kaum an mich! Außerdem hat sie ständig die Nase gerümpft, wenn wir uns begegnet sind!«

Harper presste die Lippen zusammen und schwieg. ›Du solltest nicht mit diesem dicken Jungen herumhängen‹, hatte ihre Mutter früher zu ihr gesagt. ›Das ist kein Umgang für dich!‹ Dass Shane zu viele Pfunde auf die Waage gebracht hatte, war nicht das Problem gewesen. Aber im Dorf hatte jeder gewusst, dass sein Vater trank, seine Abende regelmäßig in Pubs verbrachte und erst spätnachts nach Hause torkelte. Auch war niemandem entgangen, dass seine Mom, die immer adrett zurechtgemacht gewesen war, eine Affäre gehabt hatte. Harpers Eltern – vor allem ihre Mutter! – waren streng katholisch. Fremdgehen war eine Sünde! Und sündhafte Menschen waren kein Umgang für ihre Kinder.

»Meine Mom wird dich bestimmt super finden«, erwiderte Harper kleinlaut. Der ›dicke Junge‹ war mittlerweile ein erfolgreicher Unternehmensberater. Ohne Shane würde es Harper’s nicht geben. Kein Wunder, dass sie ihn auf Kurzwahl hatte! Shane war immer auf Achse. Mal war er in Limerick, mal in Dublin, dann wieder ganz woanders. Er hatte sich einen Namen gemacht. Von seinem Job verstand er eine Menge, auch Harpers Online-Business hatte er zum Erfolg geführt. Shane wusste, wie man ein Produkt und eine Marke verkaufte. War er früher introvertiert gewesen, war er heute der Liebling aller. Ständig stand er im Mittelpunkt und scharte mit seinem Charme Menschen um sich. Manchmal wunderte sie sich darüber, wie sehr sich Shane verändert hatte. Sie beneidete ihn um sein Talent, wie ein leuchtender Stern jedes Dunkel zu erhellen.

»Ich soll also so tun, als wäre ich in dich verliebt?«, jammerte er. Im Moment merkte sie von seinem Charme leider gar nichts.

»Das klingt so, als wäre es wahnsinnig abwegig, dass du in mich verliebt bist!«, schimpfte Harper.

»Ist es auch!«

»Was meinst du denn damit?«, grummelte sie.

»Wir beide? Das ist … verrückt.«

»Wir müssen doch nur so tun als ob!«, rief sie aufgeregt.

»Wie soll ich so tun, als wäre ich in dich verliebt?«

»So schwierig kann das doch nicht sein«, zischte sie.

»Und ob das schwierig ist!« Harpers linkes Auge zuckte. Das passierte häufig, wenn sie sich ärgerte. »Übrigens dachte ich, unter eins neunzig läuft bei dir nichts? Was wird deine Familie denken, wenn du mit einem Kerl aufkreuzt, der kleiner ist als du?«

Shane war nicht klein. Zwar war er kleiner als Harper, aber das traf auf die meisten Männer zu. Aus einem unerklärlichen Grund hielt sich hartnäckig das Gerücht, Harper hätte nur an Männern Interesse, die größer waren als sie. Bisher hatte sie sich nicht darum bemüht, dies richtigzustellen. So hatte sie wenigstens ihre Ruhe! Sie war an Männern nicht interessiert – egal, ob die klein oder groß waren, dick oder dünn, blond oder dunkelhaarig.

»Ist schon gut! Tut mir leid, dass ich dich gefragt habe!« Sie wollte wieder auflegen, als er sie davon abhielt.

»Wann fährst du denn? Schon heute?«, fragte er in versöhnlichem Ton.

»Ich fahre morgen.« Schluckte er den Köder nun doch? Auf Shane hatte sie sich immer verlassen können.

»Dann wünsche ich dir schöne Weihnachten!«, trällerte er.

»Danke. Wünsch ich dir auch!«, gab sie sarkastisch zurück.

Er legte einfach auf, und Harper fühlte sich miserabel. Sie hätte ihn nicht um so etwas bitten sollen! Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Schließlich hatte sie von ihm verlangt, mit ihr gemeinsam eine Reise in die Hölle anzutreten. Es schüttelte sie. Gänsehaut breitete sich auf ihren Armen aus. Sie wollte bestimmt nicht zwei Wochen mit ihrer Familie verbringen, aber diesmal würde sie sich notgedrungen dazu überwinden müssen.

Seufzend legte sie das Handy weg. Shane hatte ihr noch nie einen Wunsch abgeschlagen. Aber dass er in Clones gemeinsam mit ihrer Familie Weihnachten feiern sollte, war offenbar zu viel des Guten.

2

Shane stieg vom Laufband und schob das Handy zurück in die Hosentasche seiner Shorts. Er konnte nicht glauben, was Harper von ihm verlangte! Hatte sie komplett den Verstand verloren? Er wollte nicht mit ihren spießigen Eltern und ihren ausgeflippten Geschwistern Weihnachten feiern!

Seufzend trocknete er sich mit dem Handtuch ab. Seine Stirn, sein Nacken und sein Rücken waren völlig verschwitzt. Er musste in Form bleiben. Je älter er wurde, desto schwieriger war es, nicht zuzunehmen. Aber er hatte es sich geschworen, nie wieder über hundert Kilo auf die Waage zu bringen. Jahrelang hatte er das Gefühl gehabt, in seinem eigenen Körper eingesperrt zu sein. Viel hatte sich seitdem nicht geändert. Shane hielt sich penibel an seine Diät und trainierte regelmäßig. Wenn er über die Stränge schlug, musste er hart daran arbeiten, die überschüssigen Kalorien wieder loszuwerden. Mit seinem Körper focht er nach wie vor einen Kampf aus – nur jetzt sah er besser aus!

Erschöpft trabte er in die Küche und bereitete schnell einen Proteinshake zu. Dann ging er duschen. Er drehte das kalte Wasser auf, in der Hoffnung, der Ärger, der in ihm brodelte, würde abkühlen. Fünf Minuten später verließ er nackt – und immer noch schlecht gelaunt – das Bad. Das Ganze wühlte ihn mehr auf, als er es jemals für möglich gehalten hätte! Er hatte es in den letzten Jahren wunderbar geschafft, seine Kindheit zu verdrängen. Dass Harper nun von ihm erwartete, er würde sich diesem Grauen stellen – nach so langer Zeit!

Mit dem Handtuch rubbelte er über das dunkelblonde Haar, das fast genauso kurz war wie sein Stoppelbart. Bei dieser Länge musste er es nicht föhnen. Da sein Haar so kurz war, kamen die blauen Augen, hohen Wangenknochen und das markante Kinn besser zur Geltung. Shane gefielen seine Gesichtszüge. Die hatte er übrigens erst spät entdeckt. Früher hatte sein Gesicht wie ein Pfannkuchen ausgesehen. Er hatte sich über die Jahre sehr verändert. Seine vollen Wangen waren eingefallen, Augen und Nase wirkten deswegen größer. Er hatte ein ausdrucksstarkes Gesicht – das fanden zumindest die Frauen!

Im Schlafzimmer stellte er sich vor den Spiegel und betrachtete seinen nackten Körper. Hatte er um den Bauch herum etwas zugelegt? Sein Wunschgewicht hatte er erst vor fünf Jahren erreicht. Shane zupfte an der Haut auf Bauchhöhe. Sein Körperfett hatte sich stark reduziert, aber die Haut hatte sich nicht gänzlich zurückgebildet. Sie war zu elastisch, genau deswegen machte er auch Krafttraining.

Wem wollte er eigentlich etwas beweisen?

Shane sah heiß aus. Keine seiner Ex-Freundinnen war je auf die Idee gekommen, dass dies nicht immer so gewesen war. ›Übertreibst du nicht etwas?‹, hatte Harper kürzlich gesagt, als er ein enges Trainingsshirt getragen hatte, worin seine wohldefinierten Brustmuskeln und sein Bizeps überdeutlich zu sehen gewesen waren. Ein solcher Körper beeindruckte sie nicht. Für Harper war nur eins wichtig: Größe. Und damit meinte sie nicht die Größe des Teils, das sich zwischen seinen Beinen befand, sondern die Körpergröße. Er hatte wirklich versucht, Harper einzuholen. Eine Zeitlang hatte er sogar geglaubt, es würde ihm gelingen. Leider hatte er sich bereits vor vielen Jahren seine Niederlage eingestehen müssen. Wenn sich Shane besonders reckte und streckte, schaffte er es mit Mühe auf eins dreiundachtzig – oder zweiundachtzig, wenn er ehrlich war. Das war ganz ordentlich, aber nicht ausreichend. Vor allem da Harper es liebte, mit ihren hohen Schuhen herumzustöckeln und wie eine Riesin auf alles und jeden herabzuschauen. Kein Wunder, dass sie keinen Kerl fand! Der musste mindestens zwei Meter groß sein, damit Harper ihn überhaupt bemerkte!

Grimmig öffnete er den Schrank, um nach frischen Anziehsachen zu suchen, als es an der Tür klingelte. Shane machte sich auf den Weg und schaute nach, wer ihm so früh am Morgen einen Überraschungsbesuch abstattete. Er drückte auf den Knopf an der Sprechanlage und schaltete die Kamera ein. Auf dem Display erschien Harpers hübsches Gesicht. Sie trug einen honiggelben Wollmantel und eine braune Mütze mit Quaste. Das breite Lächeln, das sie ihm präsentierte, verhieß nichts Gutes.

»Was willst du hier?«, fragte er forsch.

»Mich entschuldigen! Ich habe Mince Pie mitgebracht!« Sie hob einen Teller in die Kamera. »Siehst du?«

»Ich zieh mich gerade an!«, jammerte er.

»Ich guck dir bestimmt nichts weg!«

Shane seufzte tief. Das glaubte er ihr sofort! Harper interessierte sich nicht für nackte Männer – und für ihn schon gar nicht. Für diesen Ted schien sie sich auch nicht interessiert zu haben. Shane wusste bis heute nicht, warum sie überhaupt mit ihm zusammen gewesen war. Vermutlich hatte sie nur mal ausprobieren wollen, wie es war, eine Beziehung zu haben. Harper testete alles aus. Aber es hatte ihr nicht gefallen, also hatte sie mit ihm Schluss gemacht.

Seufzend öffnete er die Eingangstür, bevor er ins Schlafzimmer hastete und wenigstens weite Boxershorts anzog. Gleich darauf klingelte es erneut. Er steckte den Kopf in den Kragen des T-Shirts und eilte zu Harper, deren Zeigefinger offenbar an der Klingel festklebte. Das penetrante Bimmeln machte ihn noch verrückt!

»Ich komm ja schon!«, rief er und öffnete die Tür. Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, und Shane verzog den Mund zu einem hässlichen Grinsen. Unter dem gelben Wollmantel trug sie den rosaroten Pyjama mit schwarzen Playboy-Häschen, den er ihr mal zum Geburtstag geschenkt hatte, um sie zu triezen. Natürlich hatte sie die braunen Wildlederstiefel mit den hohen Absätzen an, und Shane musste wie so oft zu ihr aufschauen. Besonders jetzt, da er barfuß war.

»Du bist im Pyjama herübergekommen?«, meinte er schmunzelnd. Sie hatte es wohl eilig gehabt. Da war es ihr dann auch egal, einen modischen Fauxpas zu begehen. Sonst achtete Harper immer darauf, sich gut anzuziehen. Er mochte ihren Stil. Meist trug sie Kleider – elegant, aber doch bequem. Sie hatte auch eine umfangreiche Sammlung an schicken Blazern und langen Mänteln. Markenmode kombinierte sie mit selbstgenähten Stücken.

Sie lächelte ihn an. Shane wollte gerade seinen linken Arm ins T-Shirt fädeln, um nicht länger halb nackt vor ihr zu stehen, als Harper ihn in die Seite zwickte.

»Bald bist du nur noch Haut und Knochen«, sagte sie.

»Stimmt doch nicht! Ich habe zugelegt!«

»So ein Quatsch!« Harper tätschelte seinen nackten Bauch und ging dann schnurstracks in die Küche. Sie verhielten sich wie Geschwister. Über die Jahre war ihr Umgang miteinander immer vertrauter geworden. Nach der Highschool hatten sie sich aus den Augen verloren und beruflich in andere Richtungen entwickelt. Shane hatte in Dublin einen Master in Consulting absolviert, Harper hatte in Cork City Marketing studiert. Aber dann, nach dem College, hatten sie wieder zueinandergefunden. Er hatte sich spontan dazu entschlossen, nach Cork zu ziehen, wo sie sich zufällig auf der Straße über den Weg gelaufen waren. Bald darauf war ihnen klar geworden, dass sie quasi Nachbarn waren. Zwar lebten sie nicht im selben Gebäude, aber in derselben Straße.

Shane folgte ihr in die Küche, wo sie zwei Tassen aus dem Schrank räumte. Bei jedem Schritt, den sie machte, hörte er ein lautes Klacken. Harper war nie leise! Wie konnte eine Frau, die mit ihren hohen Absätzen stolze eins fünfundneunzig maß, auch leise sein? Sie trampelte wie ein Elefant durch seine Wohnung, während sie ihn vollquasselte. Shane hörte gar nicht hin. Ihre Stimme hatte einen glockigen Ton. Wollte sie sich entschuldigen oder ihn doch noch dazu überreden, mit ihr nach Clones zu fahren? Aber er wagte sich nicht in die Höhle des Löwen. In seine Heimatstadt zurückkehren? Ihm wurde schon allein beim Gedanken schlecht! Sollte er an der Schule vorbeifahren, würde er sich wieder daran erinnern, wie die Kinder im Kreis um ihn herumgestanden und mit dem Finger auf ihn gezeigt hatten, während sie ›Fettklops!‹ gerufen hatten.

War er tatsächlich noch nicht darüber hinweg? Shane war zu alt, um sich über so etwas Gedanken zu machen. Dennoch waren diese Erinnerungen nach all den Jahren erschreckend lebendig. Er wollte seine Kindheitstraumata nicht erneut durchleben müssen. Wie es Harper wohl ging? Shane wusste, wie sehr es ihr zusetzte, Zeit mit ihrer Familie zu verbringen. Ihre Mutter war sehr streng und altmodisch. Die beiden Frauen hatten völlig unterschiedliche Vorstellungen von einem erfolgreichen Leben. Für ihre Mom stand die Familie an erster Stelle, für Harper der Job.

Die O’Sullivans waren stets arm gewesen – in Irland damals nicht ungewöhnlich! Erst um die Jahrtausendwende hatte sich das einstige Armenhaus Europas zu einem der reichsten Länder der Welt entwickelt. Harper war die jüngste – aber auch die größte – Tochter in der Familie und hatte stets die Sachen ihrer älteren Schwestern anziehen müssen. Sie hatte kaum je etwas Eigenes gehabt. Als sie älter geworden war, hatten ihr die Sachen nicht mehr gepasst. Ihre Mutter hatte die Hosenbeine provisorisch verlängert. Anfangs hatte sie den Saum umgestülpt, aber als Harper immer weiter gewachsen war, hatte ihre Mom einfach ein Stück einer anderen Jeans an die Hosenbeine angenäht. Das Ergebnis hatte lächerlich ausgesehen. ›Wenn dir das Leben eine Zitrone gibt, mach Limonade daraus!‹, war Harpers Motto. Sie ließ sich nicht unterkriegen und neigte dazu, alles Schlechte ins Gegenteil zu verkehren. Also hatte sie angefangen, selbst zu nähen und richtig coole Jeans kreiert. Sie hatte mit verschiedenen Stoffen und Materialien experimentiert, mit Rüschen und Spitzen die Hosen verlängert. So hatte sie ihre Leidenschaft fürs Nähen und Basteln entdeckt und erstmals ihrer Kreativität freien Lauf lassen können. Später hatte sie zusätzlich Schuhe verziert, Halsketten gebastelt und Handtaschen genäht. Sie war nicht nur eine Meisterin im Upcycling, sondern auch darin, mit billigen Materialien etwas herzustellen, das nicht nur hochwertig aussah, sondern auch trendy war. Sie hatte einen Riecher dafür, was gut ankam, deswegen war ihr Online-Handel ein großer Erfolg. Harper’s war anfänglich nur eine verrückte Idee gewesen, aber mittlerweile war ihr kleines E-Commerce-Business ziemlich gewachsen.

Sie hatte Tee gemacht. In seiner Wohnung verhielt sie sich immer, als wäre sie hier zu Hause. Er verhielt sich in ihrer kaum anders. Ständig hingen sie miteinander herum – wenn er sich in Cork aufhielt. Shane reiste viel. Unternehmen aus ganz Irland kontaktierten C&C Consulting. Gemeinsam mit seinem Freund Patrick hatte er vor vielen Jahren eine kleine Beratungsfirma gegründet. Als seine Freundin sich dazu entschieden hatte, ein Online-Business zu starten, hatten Shane und Patrick ihr unter die Arme gegriffen. Harper’s war eins der ersten Unternehmen gewesen, das sie beraten hatten. Seit Kurzem überlegte er, sich noch jemanden ins Boot zu holen. Hatten anfangs nur kleine Unternehmen ihre Leistungen in Anspruch genommen, so meldeten sich nun immer größere Firmen.

»Die musst du kosten! Sind mir super gelungen!«, schwärmte Harper, während sie von einem Mince Pie abbiss. Das Törtchen aus Mürbteig mit Fruchtmischung sah köstlich aus. Sie hatte jedes einzelne mit einem Stern verziert. Shane setzte sich mürrisch zu ihr an den Tisch, wo sie schon eine Tasse Tee für ihn hingestellt hatte. Harper kaute mit vollen Backen, während sie gleichzeitig versuchte, das Törtchen, von dem sie bereits abgebissen hatte, mit Gewalt in seinen Mund zu schieben. Shane drehte den Kopf weg.

»Was ist?«, nuschelte sie und schluckte den großen Bissen hinunter.

»Du willst mich überreden, doch noch mitzukommen!«, sagte er vorwurfsvoll. Nur deswegen hockte sie jetzt hier und versuchte, ihn zu füttern wie ein Kleinkind. Zudem hatten diese Törtchen zu viele Kalorien, und Harper wusste das. Sie wusste auch, dass Shane seine Diät sehr ernst nahm, nur an Weihnachten nicht.

»Aber nein! Es tut mir leid, dass ich dich gefragt habe. Iss endlich!«

Er schnappte sich griesgrämig das Gebäck. Alles, was Harper machte, schmeckte großartig. Leider. Da konnte Shane nicht widerstehen.

»Was hast du jetzt an Weihnachten vor?«, wollte sie plötzlich wissen. »Ohne mich … so ganz allein …« Sie grinste hämisch. »Wirst du mich wenigstens vermissen?«

Normalerweise verbrachten sie die Festtage gemeinsam. Sie trafen sich in Harpers Wohnung, wo sie ein leckeres Christmas Dinner zubereitete. Danach schliefen sie mit vollen Mägen vor dem Fernseher ein. Harper liebte kitschige Weihnachtsfilme. Dazwischen fanden sie noch Zeit, jedem übers Handy fröhliche Weihnachten zu wünschen, Sprüche und Bilder zu verschicken und eine Kerze im Fenster anzuzünden, wie es zur Tradition gehörte. Über die Feiertage war Harper am liebsten in ihrer Wohnung. Sie war froh, mal die Füße hochlegen zu können, sich Weihnachtslieder anzuhören, ihre selbst gebackenen Kekse zu verspeisen und Punsch zu trinken, bis sie komplett hinüber war. Dann musste Shane sie immer ins Bett bringen, was einer Herkulesaufgabe gleichkam. Harper war nicht nur groß, sondern auch schwer. Der breite Knochenbau schlug sich auf der Waage nieder. Sie hatte Schultern wie ein Mann, und ihre Hüften waren keineswegs schmal. Dennoch war Harper schlank. Sie hatte kaum Busen!

»Ich werde Weihnachten mit einem heißen Tinder-Date verbringen«, log Shane. Sie hielt ihn sowieso für einen Aufreißer – einen noch schlimmeren als Patrick! Aber Shane war fünfunddreißig. Die wilden Jahre hatte er hinter sich. Seine Jungfräulichkeit hatte er erst mit dreiundzwanzig verloren. Vorher hatte er bei den Damen nicht viel Glück gehabt. Bei einem Kerl, der weit über hundert Kilo auf die Waage brachte, standen die Frauen nicht Schlange. Shane hatte viel aufzuholen gehabt und sich ordentlich ausgetobt. Kein Wunder, dass Harper glaubte, er ließe nichts anbrennen! Einem One-Night-Stand war er nie abgeneigt gewesen. Aber jetzt wollte er Ernst machen. Er wollte endlich versuchen, eine richtige Beziehung zu führen. Es war auch nicht sein erster Versuch, sondern sein dritter. Vor ein paar Wochen hatte er eine Frau kennengelernt, die ihm gefiel, aber Harper hatte er noch nichts davon erzählt. Er wollte es so lange wie möglich vor ihr geheim halten, denn sonst würde sie Freya unbedingt kennenlernen wollen – und damit fingen die Probleme immer an! Keine seiner Freundinnen hatte Harper leiden können.

»Ein Tinder-Date? Wie traurig«, meinte sie spöttisch.

Shane grinste gequält. »Besser als Weihnachten mit deiner Familie in Clones zu verbringen, ist es allemal.«

»Du lässt mich also wirklich hängen?«, hakte sie nach und bemühte sich um einen vorwurfsvollen Ton. Da ihr Lächeln erloschen war, sah sie ziemlich streng aus. Daran waren ihre Augenbrauen schuld, die von Natur aus dünn und hochgezogen waren. Harper war gut darin, andere einzuschüchtern. Und zwar nicht nur, weil sie die meisten Menschen – egal ob Mann oder Frau – überragte, sondern weil sie kühl und unnahbar wirkte. Dabei war Harper in Wahrheit ein riesengroßes Baby mit einem Herzen aus Gold. Trotzdem war es ihr immer schwergefallen, Freunde zu finden. Harper scherte sich nicht darum, was andere über sie dachten. Zwar war sie cool, aber sie war auch ein wenig seltsam; sozial ungeschickt, auch wenn sie sich dessen nicht bewusst war. Sie war zu direkt und zu ehrlich. Es gab gewisse Regeln, die man im Umgang mit anderen Menschen beachten musste, und Harper kannte diese nicht. Oder vielleicht hielt sie sich bewusst nicht daran.

»Tut mir leid, Happy«, sagte er ernst.

»Schon klar!«, gab sie trotzig zurück und biss wieder von ihrem Mince Pie ab. »Ich krieg das auch ohne dich hin!«

Shane verspeiste schuldbewusst noch ein Törtchen. Seine Freundin hatte schon immer alles allein hingekriegt. Zudem konnte sie niemand von ihren Vorhaben abbringen. Shane hatte sich oft gefragt, wie sein Leben verlaufen wäre, hätte er Harper nicht kennengelernt.

»Die sind super lecker«, lobte er ihr Gebäck.

»Weiß ich doch!«

Gedankenverloren blickte sie ins Leere, während sie ab und zu an ihrer Tasse nippte. Sie war etwas blass, aber der Pyjama war niedlich. Sein Blick wanderte unbewusst tiefer. Sie trug nicht mal einen BH! Warum fiel ihm das erst jetzt auf? War sie aus dem Bett gestiegen und dann gleich zu ihm herübergerannt?

»Wann fährst du morgen?«, fragte er.

»Nach dem Mittagessen.«

Er wollte ihr viel Spaß wünschen, aber das würde sie nur falsch auffassen. Also ließen sie sich die Mürbteigtörtchen schmecken und wechselten das Thema. Harper hätte ihn bestimmt nicht um so etwas gebeten, wenn sie nicht verzweifelt gewesen wäre. Als sie das letzte Mal zu Weihnachten nach Hause gefahren war und ihre Mutter sie ständig gefragt hatte, warum sie denn noch immer keinen Freund hatte, war sie später fast zwei Wochen lang deprimiert gewesen. Shane hatte sich Sorgen gemacht, denn Harper neigte nicht zum Trübsalblasen. Es schien ihr jedoch zuzusetzen, dass ihre Mom mit ihrem Lebensstil unzufrieden war. Harper war unabhängig und erfolgreich. Sie hatte allen Grund, stolz auf sich zu sein, aber niemand in ihrer Familie schien ihr mal auf die Schulter zu klopfen und ein Wort des Lobes auszusprechen. Jeder bemitleidete sie, weil sie Single war. Dabei war Harper nicht auf der Suche nach einem Mann, sonst würde sich bestimmt einer finden. Sie hatte eine Menge zu bieten.

›Was für eine heiße Braut!‹, hatte Patrick damals gemeint, nachdem er Harper zum ersten Mal begegnet war. Shane war völlig perplex gewesen. ›Hast du was an den Augen, Mann?‹, hatte sein Freund daraufhin gesagt. Die elfenbeinfarbene Haut, das rotblonde Haar, die ellenlangen Beine, die vollen Lippen: Vermutlich war Harper wirklich eine heiße Braut. Aber aufgrund ihrer Größe und ihrer Eigenwilligkeit wagte sich kaum ein Mann an sie heran. Sie verhielt sich auch gar nicht wie eine Frau!

Verstohlen schielte er zu ihr hinüber. Es mit ihr zu versuchen, war ihm nie in den Sinn gekommen. Den Stress wollte er sich nicht antun! Außerdem wusste er, dass er keine Chance bei ihr hatte.

3

Harper befand sich in ihrem Schlafzimmer und kniete auf dem großen Koffer, der zum Bersten vollgestopft war. Sie beschwerte ihn mit ihrem Körpergewicht, in der Hoffnung, so den Reißverschluss zuziehen zu können. Ursprünglich hatte sie nur eine Reisetasche mitnehmen wollen, aber leider hatte sie ihrer Mom versprechen müssen, ganze vierzehn Tage in Clones zu verbringen. Eins stand hingegen fest: Wenn sie dieses Abenteuer überlebte, dann würde sie sich die nächsten zwei Jahre bestimmt nicht mehr an Weihnachten zu Hause blicken lassen.

Als sie es endlich geschafft hatte, den Koffer zu schließen, bimmelte das Handy. Sie griff danach – das Ding lag auf dem Nachttisch – und setzte sich erschöpft aufs Bett. Es war fast Mittag, und ihr Magen knurrte. Heiligabend war ohnehin ein Fastentag. Die letzten Stunden hatte sie mit Aufräumen und Packen verbracht, weswegen sie schlichtweg vergessen hatte, etwas zu sich zu nehmen.

»Was ist, Mom?«, seufzte sie ins Telefon. Ihre Mutter bombardierte sie geradezu mit Anrufen.

»Wann kommst du an?«

»Ich fahre in einer Stunde los!«, rief Harper. Sie war genervt. Ihre Mutter würde sie im schlimmsten Fall auch während der Fahrt mehrmals anrufen, nur um sicherzugehen, dass sie es bloß nicht wagte, kurz vor dem Ziel abzubiegen und eine andere Richtung einzuschlagen. Der Gedanke war verlockend!

»Bis zum Abend bin ich da!« Harper beabsichtigte nicht, vorzeitig zu Hause anzukommen, sonst hätte sie früher losfahren müssen.

»Super! Wir freuen uns schon!«

»Mom, ich muss jetzt weiter packen, okay?«

»Sicher, Schatz! Fahrt bloß vorsichtig!«

»Machen wir!«

Harper legte auf und stopfte das Handy kopfschüttelnd in die Hosentasche. ›Fahrt bloß vorsichtig‹ – Ihrer Mom hatte sie noch nicht verklickert, dass sie allein kommen würde.

Seufzend richtete sie sich auf und schob den Koffer hinaus in den Flur. Dort standen bereits eine Reisetasche und vier große Einkaufstüten. Die vergangenen Tage war sie damit beschäftigt gewesen, für ihre Familie Weihnachtsgeschenke zu basteln. Ein Geschenk für Shane war auch dabei. Harper würde es ihm vor die Tür stellen, bevor sie losfuhr. Da er seit Jahren versuchte, sie zu einem Christmas Swim zu überreden, hatte sie für ihn eine knallrote Badehose angefertigt, doppellagig, mit dem Gesicht von Santa Claus im Schritt und einer Sprechblase, wo ›Ho, ho, ho!‹ drinstand. Das Ding sah lächerlich aus. ›Damit du dir nicht deine Kronjuwelen abfrierst‹, hatte sie auf die Weihnachtskarte geschrieben. Wie schade, dass sie sein Gesicht nicht sah, wenn er das Geschenk auspackte! Sicher würde er ihr einen dummen Spruch schicken und Rache schwören. Aber da musste er sich diesmal etwas Besseres einfallen lassen, als ihr einen Playboy-Pyjama zu schenken. Der war nämlich super bequem und gefiel ihr richtig gut.

Harper schüttelte amüsiert den Kopf. Zum allerersten Mal in ihrem Leben ließ er sie hängen. Sie hatte unterschätzt, wie sehr er es hasste, nach Clones zurückkehren zu müssen.

Ein letztes Mal kontrollierte sie, ob das Licht überall in der Wohnung ausgeschaltet war. Auch der Herd und das Radio waren aus. Sie fühlte sich träge und schwach, weil sie letzte Nacht zu wenig geschlafen hatte. Viel zu sehr ärgerte es sie, Weihnachten zu Hause verbringen zu müssen. Aber diesmal konnte sich Harper nicht mehr herausreden.

Es war ja nicht so, als würde sie ihre Eltern nie besuchen. Sie verbrachte unter dem Jahr ab und zu ein paar Tage in Clones, aber an Weihnachten blieb sie dem Familienchaos lieber fern. Dabei freute sie sich jedes Jahr auf die Feiertage. Sie mochte die Dekorationen, die festliche Stimmung, die Geschenke. Auch ihr Online-Business boomte zurzeit. Sie hatte etliche neue Produkte in ihren Shop aufgenommen. Weihnachten war doch das Fest der Liebe, und diese Liebe drückten die Menschen auch dadurch aus, indem sie sich großzügig beschenkten.

Harper zog die Hausschuhe aus und schlüpfte in ihre warm gefütterten Sneakers. Die Winterstiefel mit den hohen Absätzen eigneten sich nicht zum Autofahren. Gestern Abend war sie lange wach gelegen, um sich eine plausible Erklärung auszudenken, warum ihr neuer Freund sich so plötzlich in Luft aufgelöst hatte. Leider war ihr nichts eingefallen. Es war wirklich an der Zeit, mit dem Lügen aufzuhören. Harper war kein kleines Kind mehr, sie war eine erwachsene Frau. Sie sollte ihrer Mom endlich die Meinung sagen: Dass sie es satthatte, ständig von ihr dafür verurteilt zu werden, sich für ein Leben ohne Mann entschieden zu haben. Harper war Single und glücklich. Nach Ansicht ihrer Mom und ihrer Geschwister war so etwas absolut unmöglich. ›Willst du allein sterben?‹, hatte ihre Mom sie mal gefragt. Harper hatte zwei Schwestern und einen Bruder, etliche Nichten und Neffen und sonstige Verwandte. Da würde sich doch bestimmt jemand finden, der sie am Krankenbett besuchen kam und an ihrem Grab eine Träne verdrückte!

Seufzend öffnete sie die Wohnungstür und schob den großen Koffer mühevoll hinaus. Das Ding war echt schwer! Als sie kurz den Kopf hob, glaubte sie, ihren Augen nicht zu trauen: Shane lehnte lässig an der gegenüberliegenden Wand, die Miene erstarrt. Harpers Mund klappte vor Überraschung auf. Er war also doch gekommen?

»Sag jetzt bloß nichts! Sonst überlege ich es mir noch anders!«, donnerte er, bevor sie einen Laut von sich geben konnte. Harper presste die Lippen zusammen und gab sich große Mühe, nicht vor Glück loszuheulen. Er kam näher – und nun konnte sie nicht anders. Sie ließ den Koffer los und warf die Arme überschwänglich um seinen Hals. Wenn Shane sie begleitete, dann würde sie Weihnachten ohne seelische Narben überstehen! Er klopfte ihr mitleidig auf den Rücken, und jetzt bildeten sich doch noch klitzekleine Tränen in ihren Augenwinkeln, die sie schnell wegblinzelte. Sonst würde er sie wieder triezen!

»Schon gut, schon gut! Fängst du jetzt an zu heulen? Gruselig!«

Seufzend löste sie sich von ihm und inspizierte ihn von Kopf bis Fuß.

»Du siehst verdammt heiß aus!« Harper hatte ausgesprochen, was offensichtlich war: Shane hatte sich schick gemacht. Unter dem knielangen braunen Mantel trug er eine dunkelblaue Jeans und ein beiges Sakko. Er hatte sich sogar eine Krawatte umgebunden. Die Reisetasche aus dunklem Leder, die er bei sich hatte, passte perfekt zum restlichen Outfit. Der Dreitagebart war wie immer gepflegt. Die wachen Augen und die hohen Wangenknochen taten ihr Übriges, um ihn äußerst attraktiv erscheinen zu lassen. Kein Wunder, dass die Frauen auf ihn flogen. Shane war sexy – früher war er süß gewesen. Manchmal erinnerte sich Harper noch an die dicken Backen und das Doppelkinn. Mit dem massigen Körper war er nur sehr schwer vorangekommen. Heute hingegen war er flink und agil.

»Jetzt übertreib mal nicht«, murrte er, unbeeindruckt von ihren Komplimenten. »Ich will gut aussehen, wenn ich deinen Freund spielen muss!« Shane war ein Verwandlungskünstler, ein Chamäleon. Wenn sie gemeinsam auf dem Sofa herumlümmelten, trug er bevorzugt ausgeleierte T-Shirts, die er meist vollgeschwitzt hatte, wobei er wusste, dass Harper üble Körpergerüche nicht leiden konnte. Er machte sich aber nicht die Mühe zu duschen, sondern rückte meist absichtlich näher zu ihr hin, sodass sie sich die Nase zuhalten musste. Jetzt hingegen sah er aus, als wäre er auf dem Weg zu einer geschäftlichen Besprechung – oder einem Fotoshooting. Ihre Mom würde begeistert sein, denn Shane war der perfekte Vorzeigefreund. So jemand sagte ihrer Mutter zu: erfolgreich, gut aussehend, schick gekleidet, souverän – und clever. Shane war immer schon clever gewesen. Nur sein Minderwertigkeitskomplex hatte ihn lange davon abgehalten, seine Talente zu erkennen. Heute jedoch stand ein Mann vor ihr, den nichts und niemand aufhalten konnte.

Manchmal hatte Harper das Gefühl, er hätte sie überholt. Zwar war ihr Online-Business erfolgreich, aber sie war immer noch dieselbe. Sogar die Frisur hatte sie in den letzten fünfzehn Jahren nicht geändert. Lange Haare standen ihr nicht, kurze noch weniger, also trug sie ihr Haar bis zur Schulter, glatter Schnitt. Zumindest war die Farbe hübsch: ein schimmerndes Rotblond. Das hatte sie von ihrer Mom. Die braunen Augen mit den grünen Punkten hatte sie hingegen von ihrem Dad.

War Harper langweilig? Shane zog mit seinem Charme und gutem Aussehen Aufmerksamkeit auf sich. Sie hingegen tat das nach wie vor nur mit ihrer Größe.

Ihr Blick wanderte zu seinen Schuhen. Die Chelsea-Stiefel waren stylisch. Mit den hohen Absätzen konnte er mindestens drei Zentimeter herausschlagen. Sie grinste garstig. Shane schien es nach wie vor zu stören, dass er kleiner war als sie.

Eilig schloss sie die Tür ab.

»Das werde ich noch bereuen! Ganz bestimmt«, jammerte er theatralisch und ließ

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Text: Amelie Winter
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Proofreading: Dr. Andreas Fischer
Publication Date: 10-11-2022
ISBN: 978-3-7554-2303-4

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