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Wer ist Adele Ekeltrosh?




... Adele Ekeltrosh?

Adele Ekeltrosh ist Weltraumwurmdompteurin aus Leidenschaft. Sie ist Spezialistin für esoterische Gehirnwäsche an extraterroristischen Lebensformen als auch saatlich leidgeprüfte Befindlichkeitsdetekdiebin mit Hausversuchen auf Anfrage. Weiters hat sie sich einen Namen als Synchronstimmen-Vermittlerin für Onomatopoesie (spezialisiert auf Schmatz, Rülps und Dampfgeräusche - sowie Geräusche bei der Verdauung von Nachbarn) gemacht. Adele Ekeltrosh lebt im Kühlregal und hat drei Erbsen im schulpflichtigen Alter.

Über dieses Buch:




Was Sie in diesem Buch finden werden:

Viele aufgeheizte, manchmal etwas verschwurbelte, stets aber mit schwitzender Nasenspitze dahingekackte Essays zu diversen Themen der Medien- und Politlandschaft, Gesellschaft, Zivilisation oder einfach nur hirnverbrannter Schwachsinn. Hier werden sich Zynismus, Sarkasmus, Mindfuck und ernstgemeinte Inhalte die Hand geben und gemeinsam in die Suppe springen.


Was Sie in diesem Buch nicht finden werden:

Kochrezepte, Anleitungen zum Glücklichsein, heiße homoerotische Sexszenen, kalte homoerotische Sexszenen, Sexszenen allgemein, Empfehlungen für die Monatshygiene. Sie werden in diesem Buch nicht erfahren, wie der aktuelle Erkenntnisstand bezüglich meiner Anklage wegen Kakaomittelmissbrauchs (für meine vegane Sachertorte) lautet.

Das folgende Werk behauptet keinen Anspruch auf Vollständigkeit, politische Korrektheit, konsequent angewendetes Binnen-I oder Therapievorschläge. Alle in diesem Buch vorgeschlagenen Gedankengänge sind nicht zur Nachahmung empfohlen. Benutzung der Inhalte für eigene philosophische Überlegungen auf eigene Gefahr.

Es wird ausdrücklich empfohlen, auf Empfehlungen keinen Scheiß zu geben.

Dieses Buch erfährt in regelmäßigen Abständen und ohne Ankündigungen stete Erweiterung.

Zuletzt aktualisiert

 

 

 

am 13. März 2016

 

 

 

Ps: Da ich regelmäßig neue Kapitel hinzufüge*, das Buch aber nicht dauernd in meiner Liste nach vorn schiebe, vermerke ich hier das Aktualisierungsdatum.

*Nein, ich bin keine "Hallo Leute, ich hab wieder drei Zeilen geschrieben - lest mal und bettelt mich an, weiterzuschreiben"-Schlampe. Die Kapitel sind autonom - und ich zu faul, für jedes Essay ein eigenes Buch zu erstellen, da ich unter einem Buch eben ein Buch verstehe - und keine Kolumne.

Tods Opportunisten


Der Tod ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Jahrhundertelang glaubten die Menschen, die Verstorbenen säßen auf Wolken über dem Regen, den Sonnenschein am Scheitel, einen alten wankelmütigen Mann im Nacken, und stalken verbissen die noch Lebenden. Die durch Tod sohin spontan zur Paranoia Bekehrten, begannen von den Verstorbenen zu sprechen wie von Heiligen, Samaritern, Engeln und als wären die nun Entbehrten stets unentbehrlich gewesen.

Gemäß dem Gefühl "Big Death is watching you", trieften den Hinterbliebenen plötzlich verspätete Vorsätze aus den Leichenschmausverschmierten Mäulern, wie sonst nur zu Silvester. Lebende verblassten daneben, wie kaum ein Verblichener - und manch Lebender verbleicht tatsächlich. Unbemerkt. Allein. Mit einem imposant großen, fürsorglich zugetanen Heer an Lebensmenschen, die erst am Grabe ihren Jenen entdeckten, der ihrem Geheul nach, schon immer ihr Nächster und Teuertser war.

Wieviel Polemik muss ich dem entgegensetzen, was 'sich dem Verstorbenen nah Geglaubten' und sich als 'involviert Entdeckende', an Arien und Salven ausstoßen, über einen Menschen, den sie nur der Tragödie halber wieder lieben. Jenem der ihnen ferner nie war, aber durch dessen Ableben sie Großes für sich entdecken, und mit heißen Worthülsen ihr Ego aufblasen. Nicht begreifend, dass es eben diese Heuchelei war, die dem physischem Tod voraus eilte.

'Aberverständnis', wie ich es nenne, wenn man das Verstehen stets durch ein 'Aber' entkräftet - nur um sich trotz aller Nähe zu distanzieren. Der Tod glänzt halt doch nur aus der Ferne edel.

Der Tote ist tot, und kein Du kann er hören. Was du hinter seinem Rücken sagtest, sag auch über seinem Grabe. Es ist nicht Respekt, der Menschen flöten lässt, denn was soll der Tote missen was nicht der Lebende schon vermisste. Es ist die Angst um das eigene Ego, einst kein schmerzlich Vermisster zu sein, einst nicht im Herzen betrauert, und unvergessliches Denkmal der Unentbehrlichkeit. So nieder sind die Speichellecker.
Bloß Opportunisten des Todes.

Ludmillas' Gespür für Schokolade




Gratulation gute Frau, Sie haben den Pfad der Selbstzerstörung eingeschlagen.
[Hier stand viel menstruationsgeschwängertes Blabla, das aufgrund kakaogefährdender Inhalte von der Redaktion entfernt werden musste. Wir empfehlen, stattdessen einen Ohrwurm zu rauchen. Inhalieren ist O.k.]

Es folgen: Impressionen aus dem Arbeitsalltag einer sterbenden Firma.

… und eins muss ich los werden. Im Nebenbüro stinkt es, als wären Ratten krepiert. Gut, ich bin geruchsempfindlich, aber wie die Herren das aushalten, ja noch nicht einmal riechen, ist mir ein Rätsel. Letzte Woche hegte ich schon den Verdacht, der Kollege aus dem Raum nebenan wäre verstorben. Weil er im Urlaub war, hatte er den Schlüssel mit und abgeschlossen, also gut möglich dass er da bereits eine Woche liegt und dahin schimmelt. Zumal der Gestank sich erst gegen Ende der Woche so richtig entfaltete. Aber dieser Kollege stand heute quicklebendig vor mir, mit der Kinnlade auf dem Brustkorb, weil keine Internetverbindung besteht und auch UMTS und Co nicht funktionieren. Es ist in all seiner Traurigkeit auch irrsinnig Ästhetisch, wie das Nicht-Funktionieren sich Bahn bricht. Es ist noch nicht einmal Chaos, denn das wäre durch ein Überengangement ungleicher Kräfte hervor gerufen worden. Es sind eher gar keine Kräfte am Wert, die nicht wirken um etwas nicht zu tun, das auch gar nicht getan werden kann.

Betrachten wir das am Beispiel meines Arbeitsbereichs:

Aufgrund der nicht existierenden Internetverbindung, kann ich keine E-Mails empfangen, wodurch ich keine Druckaufträge annehmen kann, die ich mangels Druckmaschine ohnehin nicht produzieren könnte. Die wenigen Aufträge, die es dennoch schaffen - man bewundere die Kraft hinter einer solchen Aufgabe - müssen dann auf Arbeitsflächen erledigt werden, die ... genau ... nicht existieren. Ein Glück, dass mein Büro zur Hälfte noch einer Schreinerwerkstatt gleicht - denn so finde ich immer wieder ein Stück Holz, Bretter und Böcke, um mir provisorisch einen Tisch zusammenzustellen. Einen, den ich unmittelbar nach der eigentlichen Tätigkeit wieder auflösen muss, denn es ist kein Platz für ihn.

Man bemerke also: Es ist kein Platz für Tische, die nicht da sind, die für Aufträge benötigt werden, die nicht gedruckt werden können, und nicht herein kommen, weil das Email nicht funktioniert. Achja. Hab ich erwähnt, dass die Verrechnung nicht gemacht wird? Die zuständige Kollegin ist nicht anwesend. Sie arbeitet Tagsüber im Büro eines Taxiunternehmens, wo es Email, Tische und vermutlich sogar Aufträge gibt. In der Nacht kommt sie zu uns, um Aufträge zu verrechnen, die nicht ... wir kenne es ja schon.

Wie Sie bemerken, habe ich also Zeit. In einer vernetzten Welt würde ich mich im Internet bewegen, und mir Informationen holen, oder in einem Forum etwas Dampf ablassen. Mary catchs de little dwarf, little dwarf, little dwarf ... Aber - hier bin ich mit mir allein, in einem großen Büro das wie eine dysfunktionale Schreinerwerkstatt aussieht (und ist), ohne alles. In kleinen Häppchen entwickle ich meinen Roman, oder lese in einem Roman. Die Zeiten für große Bestseller brechen an. Unter sechs gleißenden Neonröhren (nicht alles funktioniert nicht) lässt es sich allerdings eher schwer auf eine Vampirgeschichte einstimmen. Vielleicht ist das latente brennen in meinen Augen auch darauf zurückzuführen (oder, naheliegender, dem Gestank im Nebenbüro).

Wenn Sie bis hier her durchgehalten haben, dann verstehen Sie, warum ich unmöglich kündigen kann. Was, so frage ich Sie, könnte für einen Möchtegernschriftsteller inspirierender sein? Immerhin, ich schreibe. Zwar nicht an meinem Bestseller, aber vielleicht ist das auch nicht schlimm.

[… hier kommt … fragt besser nicht. Frau mit Fad im Schädel, und eine Tastatur ...]

Apropos gruselige Fragmente. Was passiert, wenn man, zwischen den Schlägen auf die Snooze Taste des Weckers, von einer hungrigen Katze umkreist wird, die einem beharrlich (über 20 Minuten hinweg) anschreit?
Man träumt trotzdem. Allerdings empfiehlt es sich nicht. In meinem Kopf lief daraufhin ein echt schräger Traum ab. So in etwa "David Lynch meets Tim Curry"...
So stand ich im Herrenhaus einer alten englischen Familie, oder das, was ich dafür hielt, ich war ja noch nie in einem englischen Herrenhaus ... Wichtig daran war aber eigentlich auch nur die schneeweiße Wendeltreppe, - oder besser das, was darauf stand. Nämlich ein kleines Mädchen, etwa acht Jahre alt, mit rotblondem krausen Haar, zu Zöpfen gebändigt. Allerdings nur der Kopf davon. Der Körper war eine zarte Mischung aus magerer Löwe und Hund. Semmelbraun. Sie stand auf den Treppen und öffnete ihren Mund so weit, als wolle sie in einen Krapfen beißen, gab dann aber das schrille "Aaaaaaa!" von sich, das von der Katze in meine Träume rutschte.
Ein Besucher hatte Panik, verständlich. Da kam die Mutter und meinte: „Die tut nix", und faselte, dass es doch nur ihre Tochter wäre und ihr doch unheimlich ähnlich sähe. Das stimmte, die Mutter hatte denselben Kopf, allerdings auf dem rund glänzenden Körper einer Babuschka. Dennoch, der Schrei des Kindes im Hundekörper war gellend und unheimlich (naja, zugegeben, auch das Kind... und die Frau Mama). Irgendwie trat auf einmal ein Knabe ins Bild, wie Gottes Finger bei den Monty Pythons. Satt und reglos stand er da und rezitierte einen zusammenhanglosen Text, den ich als medizinische Abhandlung entschlüsselte. Dabei kristallisierte sich ein Hüftbruch des Mädchens heraus, der nach sich gezogen hatte, dass der Körper des Kindes in einem durchsichtigen Wasserball eingeschlossen werden musste, mit dem das Mädchen über die Sommerferien durch Paris rollte, und als man es im Herbst aus packte, sah es so aus wie es heute aus sah: Kindskopf auf Hundskörper. Der Gast, er wich zurück ... nicht wissend, was schlimmer war, das Kind auf vier Pfoten oder der Schrei, oder aber der reglose Junge mit seiner eigenartigen Art, Befunde zu rezitieren, oder die Mutter, die Normalität ihrer Tochter beschwörend - mit einem Hinweis auf ihre eigene Normalität.
Die Moral von der Geschicht': Ist die Katze hungrig, du Arsch, dann schlafe nicht!

Gerade in einem Internetcafe gewesen. Schnucklig. Internetcafe im 15. Wiener Gemeindebezirk - fest in orientalischer Hand. Haben auch Handyverkauf und Telefonzellen. Die Art der Nutzung dieser Zellen erinnert doch eher an öffentliche Toiletten. Stürmt großer Yussuf in knackig ausgebeulter weißen Jogginghose so eine Kabine. So geräumig, dass er mit dem Hintern an der Tür wetzt, und ohne Gruß und Co schimpft er über jemanden. Drei Minuten lang. Dann verlässt er ebenso schnell die Kabine. Hatte was von Scheißen. Oder Urinieren. Vielleicht war am anderen Ende der Leitung auch gar niemand. Er hat immerhin keinen Kontakt zum Verkäufer gebraucht, keine Cents abgerechnet, oder dergleichen. Vielleicht ist das so ein Gast, der mehrmals am Tag kommt, in einer Kabine verschwindet und drei Minuten alles was ihn ärgert in den Telefonhörer brüllt ... irgendwo hinein in das System tausender Kabel - oder auch nur in die Kanalisation, in die Katakomben ... und unten, unter Wien, sammelt sich all die physische und psychische Scheiße und ernährt die Wiener Seele. Dann stinkt es in den Ecken der Räume und dampft es warm aus den Kanaldeckeln. Denn das tut es. Vielleicht droht die Gefahr aus ganz anderer Richtung. Nicht Geister materialisieren sich in den Ecken der alten Häuser, die nach Verwesung riechen, sondern tief unten in der Kanalisation sitzt ein Scheißedämon und befehligt Zombies. Sie bereiten sich auf den Z-Day vor. Vielleicht gibt es einen Z v/s V day. Nach wie vor ist nicht geklärt, wer wem gefährlicher ist: Zombies Vampiren oder Vampiren Zombies. Ebenso ungeklärt: wonach riecht ein Vampir? Feuchte Erde eigentlich richtig?

Frage am Rande. Warum zeichnet mein Rechtschreibzensor "Scheißedämon" rot an, "en" aber nicht? Scheißedämon ist doch ein sinnvolles Wort mit zielgerichteter Bedeutung. En heißt gar nix. Ich wüsste nicht, was en sein soll, was es bedeuten soll und ob es dem Wort Scheißedämon auch nur im Ansatz das Wasser reichen kann.

Fräulein Ludmilla isst gerade wieder einmal Schokolade und stellt fest, dass die Fünf unten rechts ein Loch hat, durch das der Zucker ganz schön gruslige Impulse ins Schmerzzentrum jagt.

Ich frage mich, ob man nicht nur zum Vampir werden kann, wenn man gebissen wird, sondern auch, wenn man - sagen wir mal – vier Vampirfilme die Woche guckt und dazu mindestens zwei Vampirromane liest, und die Favoritenliste des Webbrowsers von Vampirophilen spricht. Ich frage das, weil ich in letzter Zeit eine etwas eigenartige Art entwickelt habe, Unmut zu äußern oder meine Grenzen abzustecken. Ich hebe meine Hände, krakel meine Finger aus, als plane ich, ganz besonders große Hupen zu drücken, ziehe meine Nase kraus, blecke meine Schneidezähne und mache "cchchchchchchch"... manchmal auch "ssssssss" aber lieber "chchchchch". Dabei rolle ich wahlweise mit den Augen oder säble die Luft mit meinen imaginären Krallen in mehrere Stücke. Ich wirke wie eine Katze auf Speed. (Ich habe keine Ahnung wie eine Katze auf Speed wirkt, kann mir aber vorstellen, dass Speed auf eine Katze wirkt)

Gerade landet ein Email auf meinem Schreibtisch, in dem sich Druckereien, wie auch Handwerker und Liebesdienerinnen, über das Internet prostituieren können. Diesen Daten ist zu entnehmen, dass heute bereits zweiunddreißig Freier den Druckerstrich besucht haben, und in fünf Tagen zweihundertundeinundvierzig. Mittlerweile könnte ich uns als Hure von 'XY-Copy' bezeichnen. Wir steigen mit den Kunden ins Bett, und 'XY-Copy' bekommt das Geld ... (Das macht 'XY-Copy' zum Zuhälter, oder?) Sich in dieses System einzuklinken hätte schon etwas sehr Selbstzerstörerisches, nichtsdestotrotz landet ihr Angebot schon einmal bei uns am Tisch. Ironischerweise auch erst jetzt, wo wir keine Druckmaschine mehr haben. Dafür, dass wir uns mit ein paar hundert Druckereien um dreißig Jobs prügeln dürfen, verlangen die natürlich eine Gebühr. Ist ja klar. Ein Bombengeschäft. Wir sollten mitmachen. Gebühren zahlen, damit wir Aufträge bekommen, die wir dann bei 'XY-Copy' drucken lassen. Wir erledigen kostenlos die Abwicklung mit dem Kunden - denn es ist wahrlich erniedrigend, im Copyshop mit ein paar Leuten anzustehen, die ihre Familie vergrößert haben wollen oder Faxen gemacht bekommen wollen. Ich meine. Wozu bin ich da? Ich bin ja sowieso da. Kann man mich auch gratis dazu benutzen, die Daten die ich im Internetcafe abrufe zu 'XY-Copy' zu tragen, um drucken zu lassen, um sie dann per Post zu verschicken, an einen Kunden der in etwa fünf Meter vom nächsten Copyshop entfernt wohnt. Das ist natürlich super, denn der Kunde müsste bei dem Sauwetter selber vor die Türe und so. Außerdem wird es für ihn billiger, wenn ich das mache, weil ich kontrolliere ob seine Daten passen, verbessere die Fehler die ich finde, produziere alles und das ohne Aufpreis. Die Begründung für diesen Wahnsinn ist: 'Wir wollen unsere Kunden nicht verlieren.' Ich finde, um Kunden nicht zu verlieren, sollten wir ihnen Masseure schicken und ihnen ein paar BMWs zur Verfügung stellen. Das rechnet sich garantiert. Der Kunde wird mit seinen hundert Visitenkarten im Jahr endlich zu uns kommen, und wir haben ihn zufrieden gestellt. Ja klar ... okay ... verdient haben wir nix, und die Kosten decken sich nicht ganz, aber, wir haben das Ziel erreicht: Wir haben keinen Kunden verloren! Und wenn der Masseur weiterhin gut ist, und der BMW es noch ein Jahr macht, dann bekommen wir nächstes Jahr vielleicht wieder einen Visitenkartenauftrag.

Wer meint ich wäre zynisch wird auf der Stelle erschossen.

Da ich eh nix zu tun habe, langweile ich mit weiteren Betrachtungen. So habe ich heute mit Interesse eine Broschüre von 'XY-Copy' durchgeackert, die sie ausliegen hatten (und während ich darauf wartete, dass einer der Mitarbeiter mich findet). Schön darin ist, dass Anspruch und Preis sehr bildlich dargestellt werden. Wenn das Wort 'Quantität' auftaucht, wird immer sehr einleuchtend ein Fächer von drei Fünf-Euro Scheinen zur visuellen Unterstützung abgebildet. Taucht allerdings das Wort 'Qualität' auf, dann werden ebenfalls drei Geldscheine drapiert, allerdings Zweihunderter ... man beachte diese dramatische Wendung. Fünfzehn Euro v/s Sechshundert Euro, für zwei Wörter, die sogar mit den ersten drei gleichen Buchstaben beginnen....

Jubel. Die gesamte Belegschaft fiebert dem morgigen Tag entgegen. Will man den Prophezeiungen des Silberstreifs am Horizont glauben, so wird bereits am morgigen Morgen das Internet wieder gehen. Leider huldige ich bisweilen auch dem Gott des Realismus, und so ist meine Einschätzung der Lage, die ich bereits fast wie einen Wetteinsatz abgab: Die werden in der Früh kommen, den Vormittag über hektisch herum werken und telefonieren, gegen Mittag drauf kommen, dass etwas Entscheidendes fehlt und unverrichteter Dinge wieder abreisen. Nun, der Gott der kleinen Dinge hat soeben die Botschaft gebracht, dass unser ServerDoktor, der Arzt der unsere Vernetzung inne hat, mit einer schweren Grippe im Bett liegt und morgen 'nicht' einsatzfähig ist. Was das für uns bedeutet, haben die Buschtrommeln noch nicht ausgewertet, aber man rottet sich zusammen und munkelt.
Ich sage: der Internetreaktor ist tot. Es lebe die Buschtrommel.

Der werte Leser möchte bewundernd anerkennen, dass ich mittlerweile an einer Bindehautentzündung leide, und ich dies hier unter Einsatz meiner Sehkraft fabriziere. Wobei mir wieder eine nette Anekdote zufliegt. So stand heute morgen ein hagerer Mann in der Tür und wollte zum Chef. Dieser habe ihm Bildschirme versprochen. Nach Rücksprache mit selbigem (der noch irgendwo mit den österreichischen Bundesbahnen verladen wurde) kam heraus, der Mann dürfe in das alte Büro und alles mitnehmen was er wolle.
Ihr hättet daraufhin sehen sollen, wie das Leben in den Mopedkollegen (er heißt so, weil er acht Stunden am Tag Youtubefilmchen über Mopeds anschaut – seit sieben Jahren) schoss, der mir mit brechender Stimme erklärte, dass sein Fernseher ja noch drüben stünde. Innerhalb von zwanzig Sekunden hatten sich, bis auf die Kollegin und mich, alle angezogen und sind rüber gestürmt, um sich zu nehmen was da ist.
Mir war bereits vor zehn Tagen klar, dass sie dreißig Minuten später mit leeren Händen wieder kehren werden.
Das ist das Phänomen Frau. Sie geht durch einen Supermarkt und weiß instinktiv: Salz geht aus, Öl ist noch ein viertel Liter da, Klopapier ist beim übernächsten Einkauf dran. Sie schreitet durch die alten Räume und berechnet instinktiv den Bestand. Wenn Kollegen mit Zeug rüber kommen, subtrahiert ich diese in ihrem Kopf vom Bestand. Somit weiß sie am Ende, was noch drüben steht und ob es lohnt, sich auf den Weg zu machen.
Der Mann dagegen wird vom Jagdinstinkt getrieben. Vielleicht weiß er nach vierhundert Mal stöbern bereits, was da ist und was nicht ... aber sobald alle los stürmen, ist er getrieben vom Fieber, eine Beute zu ergattern. Altes funkelt, Billiges wird teuer. Er wird einen Schatz heben, er wird den goldenen Mammut fangen. Er wird herüberkommen und die Trophäe hoch halten, sich für sein Geschick, sie zu ergattern, bewundern lassen ... Oder aber, er tröpfelt unscheinbar herein und verschwindet hinter seinem Schreibtisch. "Hast was gfundn?" wird die holde Maid sagen und er wird grunzen.
Hab mal gehört: was zu wahr ist ist nicht lustig. Somit haben Sie noch nicht einmal geschmunzelt, stimmts?

Work Flow, oder: Achselhaarwachsen als politisches Statement


Ein Tag im Zeichen des 3-Stooges-Syndrom. Es passiert gelegentlich - nach einer Reihe von Tagen, die kein durchatmen zulassen, in denen man geistloser Sklave äußerer Umstände (Job) ist, nach einem Tag, an dem man so beschäftigt ist damit, Arbeit anzunehmen, das man nicht dazu kommt, sie auch durchzuführen, stundenlang in dieser verbissenen Pose verweilt, irgendwie den frustrierend ansteigenden Stapel abarbeiten zu müssen, ohne einen Schritt weit zu kommen ... und das nach zwölf Stunden ohne Pause, aber viel unsäglich dummer Ärgernisse – dieser Flow einsetzt. Es ist dieser besondere Moment, an dem einem das Wasser bereits ausdauernd einen dreiviertel Meter oberhalb des Scheitels steht und jemand, blind für diese Lage, mit einem - in diesem Kontext - unverschämten Anliegen aufkreuzt:

Auf einmal lösen sich sämtliche Verkrampfungen und man erreicht einen beinahe zenartigen Zustand der Bedürfnislosigkeit. Das Bewusstsein ist dermaßen erweitert, das man sich der Illusion des eigenen Ichs klar wird und übertritt in die Erkenntnis, das man nichts weiter ist, als geistlose Biomasse – Werkzeug marktwirtschaftlicher Energieverschwendung. Man wird es nicht heute, und auch in Zukunft nicht schaffen, ein guter Arbeiter/Mensch/Whatever zu sein. Man versagt ganz einfach. Und das Beste - weswegen ich dieses Flow-Gefühl so liebe – es spielt keine Rolle (mehr). Versagen fühlt sich selten geiler an. Irgendwann, in der vierten Überstunde (alleine, denn die Kollegen, die sich neben einem den ganzen Tag demonstrativ fadisiert haben, sind schon seit Stunden daheim) reift dann auch die Erkenntnis, das nichts von all dem, nichts von dem Zeug, das von einem gefordert wird, auch nur den geringsten Wert im kosmischen Gefüge darstellt. Selbst wenn es einem herangetragen wird, als würde sich unmittelbar ein schwarzes Loch auftun, sollte es nicht zu einer gewissen Zeit erledigt sein, wird nichts weiter passieren, als das langweilige Gezeter einer rachdurstig weil gekränkten Eitelkeit. In der Regel nämlich, wenn jemand verspricht sich billiger ficken zu lassen, spielen Abgabetermine nur noch eine untergeordnete Rolle: Geiz macht halt geil. Das es keine Gerechtigkeit gibt – nicht einmal ein universelles Konzept davon – scheint in diesen Momenten kurioserweise eine ehrliche Befreiung zu sein, auch wenn man eigentlich der Angeschmierte ist. Los lassen und erkennen, das man Nichts ist. Ich lass nicht nur meine eigenen Bedürfnisse fahren, sondern auch die einiger Anderer, und geh einfach heim.
Verschenkte Lebenszeit ist einfach viel zu teuer.

Und dann marschiere ich, schmerzenden Rückens, zittrige, brennende Hände, bepackt wie ein indischer Lieferanten-PKW eine dreiviertel Stunde zu Fuß durch die Nacht nach Hause. Es ist still – fast ein Sog nach der enervierenden Dauerbeschallung durch Verkehr, Maschinen und dem unwichtigen Gebrabbel noch unwichtigerer Leute – nur ein einzelnes Fahrrad surrt durch die laue Nacht. Dieses Geräusch, dieses wunderbare, leichte Surren ist das Geräusch von Unbeschwertheit, Freiheit. Es ist lange her, dass ich ein Geräusch sehnsüchtiger in mich aufgesogen habe. Ich bin versucht, mein Gepäck von mir zu schmeißen, wie ein Geheilter seine Krücken, ich will dieses Gefühl festhalten, dieses Gefühl, unbeschwert zu sein.

Meine Vision?
Ich schwebe Hauptberuflich auf einer Patchouliwolke und schaue mir selbst beim „Achselhaarwachsen als politisches Statement“ zu.

Entpört Euch

 

Wir sind ein Streichelzoo harmoniesüchtiger Opfer, die für die tägliche Hand voll Kröten und ein bisschen Nackenkraulen Männchen machen – vor jedem der es verlangt. Im Kindergarten werden wir schon lahmgeleiert, von dauergrinsenden Erwachsenen die uns wie minderbemittelte Vollidioten behandeln, und sich vor entzücken einnässen, wenn die Kleinen sich verhalten wie dekorative Porzellanpüppchen.

Die Friedfertigkeit wird uns notfalls eingeprügelt, und die Hilflosigkeit durch Dauerbefeuerung von Doppelbindungen erlernt. Flauschige, weiße, harmlose und bundeshymnenträllernde Schafe, die in der Herde trotten wie Schlachtvieh, der freien Marktwirtschaft entgegen, und deren mutigstes aufblöken ein "find ich doof" ist. Wer mit der Herde trottet lernt früh, dass er vor sich stets ein Arschloch hat. Und weil die Herde so schön wärmt, glauben wir auch an den Herrn unseren Hirten, der uns nur dominiert, weil er uns so liebt, nicht aber weil er uns verbraten und verkaufen will.

Wir fassen uns alle an den Händen und schauen nicht über den Tellerrand. Man kann vieles so nicht sagen, am allerwenigsten wie es ist. Wem's nicht passt, kann's ja ändern, und wer's nicht ändert, dem passt es auch.

Stephane Hessel fordert "Empört Euch", dabei wurden wir schon als Kinder entpört.

Bundeshymen und die 'Frau die sich nicht traut'



 

In Österreich werden Tierrechtler, Väterrechtler und Kunststudenten mit dem Terroparagraphen verfolgt, aber wir kümmern uns jetzt mal darum, ob in der Bundeshymne "Töchter" vorhanden sind und freuen uns frenetisch über diese Errungenschaft.
In einem Land, in dem Menschen systematisch und mit gesetzlicher Rückendeckung in die Existenzvernichtung getrieben werden, und es eine gesetzliche Diskriminierung von Männern gibt, ist es jetzt sehr wichtig, dass wir um Quoten bei ein paar Dutzend Aufsichtsräten kämpfen. Meinungsfreiheit ist kaum durchzusetzen, wenn die, die sich äußern, unterbrochen und niedergequasselt werden, oder unter Generalverdacht gestellt und in die U-Haft verfrachtet werden.
Aber wir haben jetzt einen sorglos "Heldinnenplatz". Die Wehrpflicht, ein wichtiges Thema bezüglich Verletzung von Menschenrechten, wird abgewürgt, weil man sonst nicht auf ein Heer von Sozialsklaven zurückgreifen kann. Strache kündigt seine Kanzlermacht 2013 an, und man baut ihm schon jetzt eine Autobahn dahin.


Singt, Leute:

Weil die Statistik mehr zählt, als der Mensch.
Weil das individuelle Bedürfnis ein Ergebnis in der Statistik ist, das bereinigt werden muss.
Weil eine Veränderung der Statistik, eine Veränderung der Bedürfnisse erzwingen soll.
Weil es für vier Millionen österreichische Menschen weiblichen Geschlechts essentiell ist, dass hundert von ihnen durch ihre Ehemänner, Väter, Onkel und Brüder in einen elitären Zirkel gehoben werden.
Weil man den obersten Arschgeigen der Nation auch ein weibliches Gesicht geben will.
Weil man den Zorn des Volkes vielleicht mit weiblichen Bonzen mildern kann.
Weil aktuelle Politikerinnen ebenso, wie ihre männlichen Kollegen, nach ihrer politischen Bankrotterklärung in Aufsichtsräte streben wollen.
Deswegen gibt es die Frauenquote in Aufsichtsräten staatsnaher Betriebe.
Und lässt sich dafür feiern.
Denn damit wurden wieder einmal ein paar Alltagsprobleme des österreichischen Volkes entsorgt.


Die Frau die sich nicht traut:

Anstatt Selbstachtung zu lernen, werfen sich die Frauen in die Dreckpfütze des Verbalvomitus lamentierender Feministinnen, die in ihren Geschlechtsgenossinnen unmündige Püppchen ohne Selbstrespekt sehen. Opfer die sie im Schutze gegen die Täterschafft des Mannes dominieren müssen.
Einst befreit von der unerträglichen Geste des Mannes, der Frau in den Mantel zu helfen und Türen aufzuhalten, ein Symbol für die Unterdrückung der Frau durch den Mann, wird jetzt die Frauenquote die Hilflosigkeit der Frau ins richtige Licht rücken: Die Frau dominiert die Frau. Anstatt ein Gespür für die eigene Kraft zu bekommen, und den Mund nicht nur für die Dokumentation der Befindlichkeiten, sondern auch für die Artikulation der Fähigkeiten zu öffnen, wird eine Statistik nach der anderen zum Belegexemplar des kollektiven Opferbewusstseins. Bloß nie die Frau als präsente individuelle Kraft sehen, sondern stets als darbende Masse, zitternd wie Wackelpudding unter den Stiefeln des Mannes. Doch höret die frohe Botschaft der nichtmännlichen Menschen, denn die Frau darf sich nun endlich frei entfalten, solange es sich mit der Agenda der Feministen deckt.

Eine Krankheit namens Persönlichkeit



In einem System, das auf Konformität und Leistungsbereitschaft baut, wird das Konzept der individuellen Persönlichkeit zu einem Problem.

Noch zu Schulzeiten werden jene als moralisch verwerflich dar gestellt, die nur wegen des Geldes arbeiten gehen, denn die Arbeit habe einem Idealismus zu entspringen und daher sich selbst zu belohnen - jenseits des Gehaltes, das man dann proportional zum Idealismus herunter schrauben kann. Einst noch habe man sich wahrhaft entfalten, und für Interessen frei entscheiden sollen, dabei aber doch möglichst einen lukrativen Beruf anstreben. Der willige Sklave werde belohnt, der begeisterte Idealist werde bestraft, denn Interesse allein bringt kein Geld.

Kindern werden moralische Lebenswerte vermittelt, die spätestens mit der Pubertät Lügen gestraft werden und Erwachsenen das Genick brechen. Die Welt schaut auf Persönlichkeiten, und der Hype auf VIPs ist ungebrochen, doch das lebhafte Kind mit eigenwilligem Charakter, ist ein Problemfall. Der pazifistische Alptraum, des mit einem Holzschwert durch den Kindergarten flitzenden Kindes, wird begraben unter dem sanften Scherenschnitt identer Pappkinder, die einander an den Händen halten und an die Wand genagelt werden.

Weil Zöpfe als Verlängerungen egobepinselnden Kindergrinsens schöner sind, als martialisches Gebrüll aus den Schlammpfützen, und renitentes Verhalten gegen die Behandlung als geistiges Nackerpatzerl, wird der frühe Rebell zum seelisch kranken Kind gestempelt.

Kinder die die Doppelbindungen entschlüsseln, die Erwachsene als Heuchler entlarven und den Finger in die klaffenden Wunden des Systems legen, werden mit Medikamenten ruhig gestellt. Es tut ja auch dem Kinde besser, sich nicht wegen der Blödheit der Erwachsenen so aufzuregen, sondern sie als hirnlose Schafe eines kranken Systems nicht nur hinzunehmen, sondern sie ob ihrer Märtyrerrolle zu bauchpinseln.
Und während sich Eltern, Lehrer und Psychologen um der erfolgreich gebrochenen und in die erlernte Hilflosigkeit entlassenen Kinderseele auf die Schultern klopfen, scheißen zukünftige Chefs den Jungen auf den Schädel und beschimpfen sie ob ihrer Passivität.

Der Idealistisch gebrochene Mensch, der seinen Weg als funktionstüchtiger, den Wirtschaftsanforderungen angepasster Sklave geht, tut dies auch gerne mal als Praktikum, gratis, oder für einen Euro - denn als Opfer auf dem Altar der freien Marktwirtschaft, hat er schon seine Persönlichkeit dar gebracht.

K(l)einkunst präsentiert:




Wider die Sprachkultur - eine transzendentrale Odyssee der lingualen Abgründe von und gegen Karo. - Eine Omasch an Robert & Robert, die letzten Piraten unter der Wonne:

In den Rollen: Der Sollicitartor und Die Ekeltrosh. Kurz S und E.

E: Willkommen in der Mindfuckmedidation, hereinspaziert, hereinspaziert, Großes wird euch erwarten und Kleines passieren. Mir himmelblauen Rocken ist nicht zu blasen, aber wenn die Verbindung pariert, dann schraubt sich das Lamm und gast in den Rahmen. Amen.

S: Fremde Bahnen, fernen Dimensionen. Aufgekoppelt in Käseglocken. Freigeister eingefangen auf Zelluloid. Wer das liest ist doof als Projektil. Profilieren durch Penetrieren. Peregrin als Antichrist. Anarchitekturen auf hierarchischen Ebenen des Patriarchats. Durchförstet und gestriegelt, wie ein Gaul zur Sonnenwende. Tanzend steht der Verlauf der Dinge still in der Dunkelheit des Lichtes. Fürwahr. Schatten sind nicht jedermanns Sache. Doch Jedermann sei ein Opfer wie Faust. Ohne direkten Vergleich. Was solls. Wenn der Mondbrunnen im Equinox erstickt und sterbende Greise sich kugeln. However, Habdank, Habundgut. Habenix.

E: Der Kirschkerndrachen hat in sein Knie gebrochen. Jetzt trieft ihm sein Leguan bis zum Lieferzyklus hinein und schubst grün. Das hat er davon, dass er Keingeist ist und sich in Schnecken röstet, der Bröndblöcher der. Der Grind Kinjon ist ja schon eine Feile dahingehostet, als ihn der Lippi Zander auf die Tonspur juckte.
Samttranige Sabbersägen wägen im Würgeschritt die Tafelspitze hinauf in die Gondelritze. Hartplastig sagte am ratternden Kamin etwas von Trimschlingelscheißen, aber das kann Wicht kein, weil der Weidekorb noch in der Kaltschale dünnte. Was solls, man muss dicht alles schaben was mein Kaufplojer ist. Wendelmecht dagegen versteifte sich mandenseitig in jegliche Klimmkur hinein und profpfte dafür gegen den Besenschlumpf.

S: Da pflanzt sich die Straße aber. So ein Flow im Ohr. Da machst du die Schnecke zum Amboss und die Axt zum Hammer. Wenn das Knatschen zu musikalischen Hormonen wird. Theologisch gesehen ist es Paradox was anderes. Da nicht mal mehr über den Gesprochenen etwas zum Gesagten werden wird. Da vergewaltigt sich die Phonik zur Pentatonik. Akribisch beobachtet Mimik den Verlauf des Marterns. Auch wenn es Pfahl schmeckt.
Es geziemt sich nicht, Zügel zu ziehen, die zerzaust auf Zäunen zerren. Da reißt die Raupe dem Rapps die Rübe runter. So lange man nicht die Symbologie vergisst. Denn symbionisch sind Zypressen das selbe wie Kapern. Auch wenn man ohne Briefe nix zum kentern findet. Da lacht sich der lustige Lurch die Lunte lang. Bis zum großen Knall der Neonfarben, die widersinnig liberal sind. Und dann ist es tiefschwarz im Weiß der verwaisten Weisen. Die Abstinenz von Nichts. Das Fernbleiben von Niemanden. Die Stille des Krachs.

E: Triebtrünnig wachte der Eifer auf den Deck, erspeckte all die Bratmöven übel dem Orgian, hitzschreiend in Leimgewänder gesockt. Mein Lieber, das pfann ja Gas werben. Aber schäm wimmerts? Hodenroden rockt Emanzenpanzern gegen den Niderstand der Hochträchtigkeit. Abgewanzt rattert die Ministerin hernach gegen Rüdenwald und speckt sich eins. Na da düngte es dem Rauen und er rümpfte den Blocken A.

S: Cornelius sprach jedoch: "Gehsteigpanzern sollte es vorgeschrieben werden ein Mindestmaß an Bekleidungslängen einzuhalten." Das fand der weise Wal weniger lustig und entgegnete "Ahab halb lang. Reaktionär reagiert der Reaktor regulär! Richtig runter rollen reißt rote Rillen!" Nur der kleine Kasper musste dabei weinen, und schneuzte sich heftig und hart. Da brach das Spektakel los. Die Spektralebenen der Spekulanten speckten ab. Auf einmal war ein Tumult auf dem Pult, und das Tohuwabohu war perfekt. War am Anfang das War, das war unbekannt. Kant blieb außen vor. Denn innen drin war Fisch. Obwohl säugend keine Zeugen zu gegen waren. Die Gegend war zeitweise verwaist und verödet. Da sprang sogar Ödipus von seiner Alten runter und triebs mit Elektra. Welch Verhöhnung des Gehörnten.

E: Kohlsemmelweisse Schimmelpflocken heimsten sich gegen Nachtgras hinüber in den Nacktspaß und vermümmelten der Lümmel launige Lüster. Kriechsälblinge hingegen glotzten gen Wimmelschal und Klemmen reifen über ihre Wimpern. Da kotzte das Klavier. Besenstielauge schaufelte alle Töne nieder auf untranchierte Betelnüsse, die gekaut schein rotes Ohm erleben. Wen wundete es da, flenn die Tonne schlägt? Hierachen stachen darauf bin lauf Bi Drängel Schein. Aberwachen Drachen. Haste davon.

S: Du dem seine. Mit Wampen und Lampen brauchst mir nicht schwommen. Da hab ich dich ganz foxi an der Epidermis des Sysiphos. So ein Schwert wie Damokles, gab es bis Arthur dazumal nicht. Wobei selbst das Letzte der jenigen von Betrug und Zechprellerei parallelisiert wurde. Pfaff. Und so Stand es auf der Synagoge des buddhistischen Christusordens. Ovum, ovum, quid lacus ego. Wobei das Ego heutzumals auf dem Lokus zu finden sein möge. Aber da mutmaßt der Feigling.

E: Das Schlimmste ist ja nicht, dass der Wicht seine Augen verlor, nein, es war der hellgelbe Sichelschlund, der sich kreuzwegen über den Griechen bog. Da Log die Loge Lobbyisten aus aller Munde gen Völkerranz. Gottlos waren sie allemal alle mal. Rockende Schotten im Schottenrock auf rockendem Schotter der rockende Schock. Da flitzten die fitten Flittchen unter die Fittiche der Sittiche und bebten mit den Tittchen, diese Flittchen. Gelbgebräunte augenbrauenlose körperbestochene Visualterroristen, rüsten in Ubahnschächten zum Kampf gegen den Schlackenbaron. Da erbrach sich das Auge des Betrachters und rief mit seinen Handtaschen Amok. Welcherjener im Hansumdrehen auch Kurt beglückte und Rolf zerstückte und Claudia pflückte als Heinz sich bückte. Und dann waren alle tot. Welch ein Stück.

S: DAS! Das vagst du nicht!! Vermalledeit verhonepipelt der Van Himmelsprach. Von Straße Wegen! So trieb der reibungsvolle Ablauf dem Horst die Eifel wund. Da türmt sich das Wasser zum Gestein! Kein Sohn und Untochter. Da ist die Sippe ganz schnell am Raucher. So brennt das Eis ein Loch ins Vakuum. Darum ist es Wurm wenn es sich am Abend tagsüber ergibt. Doch Aufgeben war nicht. Der Briefbote hatte zu. Dicht war auch die Kanne. Die gab sich aber auch wieder den Menschen, dass aller Schweine Futter war. Da laboriert sogar das Labyrinth der Lapalien von Lilliput. So leichtfällig es auch Schwersinn. Doch fragt mal jemand danach? NEIN! Nein künstlich nicht. Denn der Agrarökognom verschwand im zappenduster und rauscht nüchtern. Verbockt hats die Ziegenmilch. War ja auch sein Feta, aus Bremen.

E: Grüne Tomaten auf halb sechs! Der Keinkünstler stellte seinen Nichtbildausweis in die Schublade zur allgemeinen Verachtung. Selbst die Kitschiger auf dem Fest mussten trappauf nun zulegen, daß der Geniescheich jederzeit kommen könnte. Und da schrie er schon. Das Emanzentanzen hatte beklommen. Ruhig Wut, sagte der Werther, es wird schon sterben. Keine Plage, das Geschmeiß rinnt immer aus allen Poren ehe es genmanipuliert. Korpulenz ist eine Frage der Zeit, entgegenete der Heiser, und warf noch eine Lesbe ins Ohr. Da staunte Rotjäckchen und schielte zum Eichendoof. Da war schon Langes im Busch aber das war ein Gereimnis dass nur für angerannte Pädalogen wertgroll war.

S: Kollaboriert kollidiert der Klang der Kreter mit keineren Kannst als kunstest Kerl krachen. Wer keine Ahnen hat, einfach mal Pässe falten. Ja, das hab ich gesägt. Auch wenns wuselt. Da bienen sich die Eierstöcke zu Ausflusshonig. Ja. Ekel hatte sie viele die Matriachin der Dorfmatratzen. Doch lasset meine Matrikeln in Fried, heulte der verbeulte Kellerkarl und kringelte sich wie ein Snips. Salzgebäck. Von wegen Salzgebäck in einer Schneckenbar?! Da schäumt nicht nur die Wut über Immobilienpreußen über. Reptilien war oft überbewertet. Das Bissen kam vom Magen. Und so öffnet sich der Kreis im Quadrat und tangiert die Momentangeschwindigkeit des Mündungsfeuers. PENG PENG PENG! Da fiel Brot zu Boden.

E: Schatz, hast du das Nein gelbgeschwärzt? Ich kann es irgendwo finden, selbst unter dem Dachfachl Licht! Da krachte der Gnom und schoss sich ins Tiefkühlfach der ortsansässigen Humanfabrik. Herrje, wo schommen die den her? Da frisst man keinmal auf Preisen und schon rasiert Vetters. Lieber die Schraube an der Wand als die Halbe im Fach, pfelgte Schubsbert immer zu wagen. Barette konnte darüber nicht wachen, sie sumpfte die Vase und häutete sich. Vorwiegend lachts. Nichtsdestorotz hatte das Dralle kein Kinn. Wer hat hier eine Abreibung verstellt? Wer ohne Hunde ist, werfe den ersten Schleim. Da erhob sich ein Sonnenbrand und traf ins Genähte. Denn die Runde muss ins Dreckige, wie es so Fön reißt.
In der Goldkettchenfabrik werden Prolos gemacht, sagte Schneeweißchen und hüpfte Rosenrot aufs Toupet. Mach einmal Halblang rotzte die glatzige Maid im Slang und drückte die bleiche Schwester aus. Sie rauchte gerne lange Dünne. „Schatz, es bleibt alles in der Familie. Willst du mir heuer zu Weihnachten einen Proll kaufen?“, raunzte der Bär und sabberte Rosenrots Kicherwaden an. „Ich bin ausgebrannt“, rief derweil Schneeweißchen vom Aschenbecher herüber. „Ich will einen Proll mit Addidashosen“, rief der Gnom von der Fentserbank herüber, wo er den Sommer über in einer Tonschale verbrachte und Sonnenstrahlen für den Winter sammelte. Rosenrot seufzte. Das würde ein langer Herbst werden.

S: Rentiert sich Geweihvieh im Transportunternehmen eigentlich noch? Wenn nicht wirds Zeit die Körner abzugießen und auf Meisen zu stehen. Denn senile Nestflucht war nur bei Kakadeien vermisst. So kapital der Tauschhandel auch werkte. Sonne gab es keine. Die war im Bad. Und quälte Geister. Begeistert besteigen auch Bälger die Balken der Zensur. So gerammelt wurde sonst immer nur am Rummel. Zucker war dämlich nicht das einzige das ein Rohr hatte. So reibte sich Rondan an den Rüben der Republik. Und schwängerte Staatstadten. Delikat gings allerdings nicht von statten. Erst starten die Staatsmänner, bevor Muttersprache ein Wort herausbekam, wars auch schon wieder herbei. Und am Ende blieb ein nasser Fleck. Und den Schleim bewundert der Blauschimmel als Firmament. Da bekam er sogar eine Uhr dafür. Der Praterstern tut braten gern. Soweit zur Lyrik die sich aus der Dialektik verstohlen hatte und das Gramm misshandelte bis es mit Recht Schreibung suchte. Keine Chance für dien Chiwawa. Das hilton nicht mal die A. dabei aus.
Und so schiss er sich von dannen und spülte sich ins Debakel der Debatten. Am Ende des Porzellanlabyrinths erwartete ihn ein braunes Schlacken mehr und ein Licht. Das Chlor lies ihn jedoch erblinden und er sinkte in Dunkelheit. Tragisch trugen ihn die Englein in die Hölle. Wo die Party stieg, die er hier nie hatte. Mit anderen Worte: Von dannen hinken und schmeißen, auf das ganze scheißen, sich nichts erwarten, von Haus und Garten, in die Federn gleiten, auf Wolken reiten, von Titten und Ärschen träumen, und ein paar Elfen verräumen. Im Traumland der unerfüllten Fantasien, Mit tausend Nackedeis die knien, und mundoffen verlangen, die Gabe des Meisters zu empfangen. Mit anderen Worten auf der Wacht: Das wars für jetzt - Gute Nacht.

E: Der Holzkellermichl trante wieder. Großvater packte ihn am Schneewittchen und hexte ihm eins Rüben bis ihm der Schwartel aus dem Kragen lachte. Heute ging es aber wieder dreißig schwer. Kann man nicht Rachen, spukte ragte der Soul und hoppte in die nächste Wadenrinne. Garmkuchenteig ist doch die reschere Varitante neben dem Dämmerbuchen. Immer diese Lämmerstuben und ihre Pflöcke. Da kann man ja Teich Licht Rachen. Semmelschuld. Immer die Leiche. Kaum traut man kahl in den schneller, Schonfrist die Katz aus dem Sand. Blecherstuben sind reine Monumente der Plaghasigkeit vergärter Kleinmeister an ihren Bruchstücken. Der Wirt wurde rechts, bei so viel Transpendende Krummheit.


Verneigung, Verneigung. Applaus, Applaus. Spenden bitte in den Hut am Ausgang. Schönen Abend.

 

Argumentationshilfe für Grundsatzdiskussionen

 

 

Menschen die in Grundsatzdiskussionen zwischen Argumenten und Rechtfertigungen, beziehungsweise Bagatellisierungen, nicht unterscheiden können, weil sie nicht in der Lage sind, zwischen Grundsatz und Ego zu differenzieren, widme ich hiermit einen Text, der den Aufwand eines Dialogs mit ihnen lohnt:

Blablabla blabla, blabla bla blabla. Blablabla, bla blaaaaah bla. BLA! Blablabla bla bla bla, blabla bla, blabla bla. Blablabla BLABLA bla = BLA! BLABLA!!!!Blablabla, blablabla, blablabla. Bla.

Blabla.

Blablabla blablabla, bla. Blablabla, bla, blabla; blablabla, Bla blabla. Blabla bla Bla: "Blabla blablabla, blabla, blablabla bla bla Bla blabla Bla." - Blabla. Blablabla bla? Blablabla bla? Bla" Blablabla. Blabla, bla bla bla, blabla Blabla blablablablablablabla. Blablablabla, blabla, bla blablabla blabla bla. Blaaah, blaaablaaaa, blaaaaaablaaaaa. BLAH! Blabla blablabla Bla, blabla bla bla bla, blablabla, bla. Blablablablabla, blablabla, blablabla. Bla. Bla. Bla. Bla!

Blablabla Bla blabla. Blabla blabla bla! Blabla? Bla!

Bla. Blabla bla. Bla.

Blaaa blaaa blaaa blablablabla blaaabla bla. Bla Bla Bla bla, blabla, blabla. Blablablablablabla blabla, blablablabla blablabla blabla bla, blablabla blabla bla blabla blabla blablabla Blabla Blabla blabla, blablablabla Blablablabla blablabla. Blablabla "Blabla" blabablabla. Blabla blabla bla. Blahblabla blaaaa! Blaaaaa blaaaaa blaaaaaa blaaaaaa! Blah!

Bla.

Kein ... Kommentar

 

In Israel marschiert das Volk für soziale Gerechtigkeit. Lebensmittelpreise steigen, die Mittelschicht ist massiv bedroht. Das Volk marschiert für bezahlbaren Wohnraum und Verbesserungen des Bildungs- und Gesundheitssystems.

In Griechenland demonstriert das Volk gegen Sozialkürzungen. Sparmaßnahmen betreffen in erster Linie Arbeitnehmer und nicht diejenigen, die von den Ursachen der Wirtschaftskrise profitiert haben. Gehälter und Renten wurden gekürzt, viele verloren ihre Arbeit.

In Spanien wird gegen die Perspektivlosigkeit protestiert. Jobs werden schlecht bezahlt, oder sind gar nicht vorhanden, die Renten sind unsicher, dafür blüht die Korruption. Im Gegensatz zu Ägypten, in dem man für Wahlen demonstrierte, kämpft man hier mit der Erkenntnis, dass diese nichts verändern.

In London verdaut man gerade die letzten Ausschreitungen randalierender Demonstranten aus der Unterschicht. Hohe Arbeitslosigkeit, Polizeiwillkür, die immer größer werdende Kluft zwischen dem kolportierten Reichtum und der praktischen Armut, auch hier Perspektivlosigkeit. Sie treibt die Menschen auf die Straßen.

Das Jahr 2011 hat es in sich, an allen Ecken und Enden steht das Volk endlich auf. Während des Arabischen Frühlings, als in Ägypten, Syrien, Libyen, Jemen... für das Wahlrecht und gegen Diktaturen aufgestanden wurde - fand auch in Amerika der Volksaufstand statt. Auch hier ist das Thema Sozialkürzungen, man kämpft gegen den Rotstift im Kranken- und Bildungswesen sowie die Entmachtung der Gewerkschaften.

Irgendwo dazwischen war da auch noch eine Atomkatastrophe in Japan, die derzeit medial zwar untergeht, die Menschen aber wieder gegen Atomkraft mobil gemacht hat.

Und die Frauen kämpfen dafür, den Begriff "Schlampe" zu revolutionieren, sich im Straßenstrichoutfit zu rehabilitieren und dabei nebenbei alle Männer als potentielle Triebtäter abzuqualifizieren.

"..."

Die Kükenprinzessin! Ein schönes Märchen.


Es war einmal eine Prinzessin mit mopsigem Schnauzbart, schwitzender Wampe und einem wenig hellen Geist. Sie Schuf das dunkle Imperium der „Blechkontainer zur Förderung von Koronarerkrankungen“.

Sie besaß überall Territorien von rund vier bis sechs Quadratmetern, fest mit Blechwänden umzäunt, wenn auch wenig gesichert, bestückt mit einem Sklaven mit vielen Kosmonauten im Namen. Im Imperium der Kükenprinzessin waren alle Menschen, außer sie selbst und ihr damischer Prinz, Migranten. Migranten arbeiteten für wenig Geld, sie verzichteten auf ihre Rechte und ihre Existenzangst ließ sich leicht in Demut vor ihrer Hoheit uminterpretieren, was ihren Schnäuzer zufrieden zucken ließ.

Die Kolonien sollten aber nicht nur Koronarerkrankungen fördern, sondern auch Juwelen abwerfen. Sie setzte fettige, tote Tiere für den Bauchgebrauch ein und ließ Kadaver gerne etwa sechs Stunden in den etwa 40° - 50° heißen Innenräumen ihrer Kutschen vorgaren. In denselben Kutschen jedoch ließ sie auch ihre Juwelen transportieren, und eines Tages war das Fleisch so reif, dass es mit den Juwelen einfach so aus dem Auto spazierte. Da zuckte der Schnäuzer der Prinzessin ein wenig heftiger als sonst, und der damische Prinz war angesäuert, da er sich nun die Pediküre für den Juli nicht leisten konnte. Leider war die Prinzessin nicht versichert, da ihre 12 Watt Glühbirne in ihrem Kopf so weit nicht leuchtete.

Die Prinzessin traute nun weder den Kutschen, noch dem Fleisch darin, sondern ließ die Sklaven die Juwelen ab sofort selbst transportieren. Das war auch sicherer. Denn wenn jemand einen Sklaven erschlug, war das nicht so schlimm, wie der Verlust getürmten Fleisches. Zudem betrug der Schaden dann ja nur die paar Diamanten aus einem einzigen Tag pro Kolonie, und nicht die Beute aus allen Kolonialstaaten, von einer ganzen Woche. Die Prinzessin hielt das für klug. Außerdem schloss sie, geläutert, eine Versicherung ab.

Solchermaßen an den Rand ihrer mentalen Kapazitäten gedrückt, vergaß sie, den neuesten Sklaven den sie einstellte, persönlich auf Gebiss und Fruchtbarkeit zu untersuchen. Sie traf erst auf ihn, als ihm dieser die Juwelen aushändigte. Leider ließ dieser Sklave die geforderte Demut missen und betrachtete die Prinzessin wie einen verantwortungsvollen Menschen. Zudem deckte der Sklave so einige Missstände auf, man musste ihn fast schon als gewöhnlichen Angestellten fürchten. Lästig war das, stressig. Man merkte das daran, dass der Schnäuzer der Prinzessin unordentlich gezwirbelt war.

Die Sklaven hatten 12 Stunden ohne eine Pause in den „Blechkontainern zur Förderung von Koronarerkrankungen“ zu stehen, und nicht auf die Toilette ins Ausland zu müssen. In der Kolonie standen Eimer bereit. Weiters waren manche Instrumente zur Förderung von Kornarerkrankung im Ausland platziert, und es geschah, dass Menschen sich schadeten, ohne dafür Juwelen zu hinterlegen. Die Sklaven, denen das Verlassen der Kolonie innerhalb dieser zwölf Stunden faktisch untersagt war, hatten dann die Juwelen aus ihrer eigenen Tasche zu ersetzen. Bisher hatten das die Sklaven auch gemacht, ohne an ihrer Kette zu rasseln, aber dieser neue Sklave, der, und da war sich die Prinzessin mittlerweile sicher, in Wahrheit ein Angestellter war, weigerte sich, Diebe zu decken.

Das erzürnte die Prinzessin, und sie zupfte sich bereits Haare aus ihrem Bart, während der Schweiß wie Sturzbäche entlang der Rückenwirbel in die Hosen goss. Sie ballte die Fäuste und ihr Bauch begann so bedrohlich zu wabbern, dass der damische Prinz ein paar Rückschritte machte. Dieser Sklave war nicht nur so frech, die Prinzessin über die Missstände in der Kolonie zu unterrichten, nein, der Sklave meinte gar, der damische Prinz, der im Hintergrund alles verwaltet, könne sich die Bilanzen ansehen und wiederum mit seiner 12Watt Birne etwas mehr Licht in die Angelegenheit bringen. Wie stellte sich das der Sklave vor? Wie sollte man ein dunkles Imperium führen, wenn die Herrscher auch noch hell in der Birne waren?

Kurz erwog die Prinzessin sogar, Videokameras in den Kolonien zu installieren, um die Sklaven besser bewachen zu können. Da erwies sich der damische Prinz allerdings als nützlich, da er darauf hinwies, dass damit auch die Zustände in den Kolonien fest gehalten würden, besonders die Bedingungen unter denen die Sklaven gehalten wurden. Und das würde wiederum Licht auf das dunkle Imperium werfen. Lästiges, widerliches Licht. Also beschloss man, weiterhin die Politik der Dunkelheit zu fahren. Wäre da nicht dieser eine Sklave, der dauernd auf dieses bescheuerte Licht bestand. Licht in die Angelegenheiten bringen. Die Situation beleuchten.

Doch die Prinzessin hätte kein Imperium zur Förderung von Kronarerkrankungen, wenn sie nicht schlau genug wäre, mit Widersachern umzugehen. Als die Kinder des Sklaven erkrankten, und er darum bat, sich zwei Tage lang um seine Brut zu kümmern, sah die Prinzessin ihre Stunde gekommen. Sie nahm diesen Ungehorsam der Krone gegenüber zum Anlass, sich des Sklaven zu entledigen. Doch der rückschrittliche damische Prinz wusste, das ist nicht legal, da kämen dann Menschen mit Taschenlampen die in die verruchtesten Ecken des Imperiums leuchten würden. Besser wäre, dem Sklaven selbst den Diebstahl zu unterstellen. Welch ein Geniestreich!

Schon der zweite! Denn nur wenige Wochen, nachdem die Prinzessin sich mit der Versicherung eingelassen hatte, kam ein zirka vier Quadratmeter großer Wirbelsturm an einer ihrer Kolonien vorbei und warf 50 Kilo Gesteinsbrocken so wild und unkontrolliert durch die Luft, dass sie eine ca. 5 Kilo Holzbank mit einem leisen "plopp" umwarfen und einen Schaden provozierte, der, welch Glück, der Höhe der durch das Fleisch entwendeten Juwelenmenge entsprach. Heureka!

12 Watt Glühbirnen, auch im Doppelpack, leuchten nicht weit. Und so konnten sie nicht ahnen, dass der Sklave sich an die „Armee der Entrüsteten“ wandte, Ritter, ihrer Rüstung beraubt aber entschlossen zum angedeuteten Widerstand. Ein „schweigsamer Orden der flinken Feder“, der mit eingeschriebenen Briefen schon so manches Imperium zu Fall gebracht hatte. Und während die Prinzessin mit hallendem Gelächter ihre Juwelen zählte und des neuen Sklaven Backenzähne kontrollierte, trabte der gelbe Reiter mit dem Papier der „Armee der Entrüsteten“ des „schweigsamen Ordens der flinken Feder“ an und brachte den Untergang.

Prompt erlitt die Prinzessin eine geförderte Koronarerkrankung, der damische Prinz fing sich gar nicht mehr und stolperte unpedikürt in eine Lichttherapie für saisonale Depressionen. Die Kolonien wurden aufgeteilt unter jenen Königen, die ruchlos Schüler zu Kebap verarbeiteten.

Opa, Jesus und zwei Blumenköpfe


Ich entdeckte, als ich durch den Garten ging, auf der Böschung einige Blumen, die so wild durcheinander wucherten, dass sie einander die Lebensgrundlage raubten, einander umbrachten. Ich suchte ein Stück freie Erde, und bat meinen Opa, der bereits gestorben war, um Hilfe. Er kennt sich mit Pflanzen und dem Garten aus, und er zeigte mir, wie man diese Pflanzen behutsam voneinander trennen, und neu einsetzen kann, so, dass sie sich frei entfalten können.

Leider brachen dabei zwei Blumenköpfe ab, die mir mein Opa in die Hand drückte und sagte: "Verschenke sie."

Dann ging er des Weges und ich überlegte, wie schade es doch sei, dass wir Menschen sterben und alles Wissen mit nehmen. Da wäre das Konzept des Symbionten schon genial, denn sein Wissen könnte so auf einen anderen Menschen übertragen werden.

Jedenfalls betrat ich den Hof, wo Jesus dabei war, neue Jünger um sich zu scharen. Ich dachte, er wäre der richtige Mensch für die Blumenköpfe, und schenkte sie ihm.

Er warf sie ins Gras und sagte: "Ich mag es nicht, wenn man Blumen tötet, um andere Menschen zu beschenken, was ist das für eine morbide Geste."

Ich erklärte ihm: "Im Garten führten zwei Pflanzen miteinander Krieg, ich habe diesen Krieg beendet, aber manchmal kann man nicht alle retten."

Da schaute mich Jesus, der aus gutem Grund wieder auf Erden wandelte, wissend an und sagte: "Das stimmt, man kann nicht alle retten."

Suderanten


Die Österreicher reden nur. Sie sind Maulhelden. Wenn der Samstag der Revolution anbricht, werden sie erst einmal ausschlafen wollen, und dann ein bisschen chillen, bei Kaffee und Kuchen ein Pläuschchen halten, und dann ists eigentlich eh schon zu spät um mit dem Tag etwas anzufangen.

Daheim vor Youtube wird dann angeschaut, was die paar Maxerln, denen nicht gesagt wurde, dass lieber nur groß geredet wird, anstatt wirklich was gemacht, so angezündet haben, im Laufe des Tages. Und, durch die Sicherheit des weichen Sofas, die Revolution überlebt, wird jener Zuseher aus der letzten Reihe es sein, der einst den Jungen erzählt, damals, bei der Revolution, da wäre er dabei gewesen. Weil ... Zeitzeugen nicht zwangsläufig dabei waren, sondern nur zur selben Zeit gelebt haben und bezeugen können, dass es Zeit gewesen wäre, was zu tun ... Sie aber an einem Samstag nicht unbedingt Politik machen wollen ... und unter der Woche gehts eh wegen der Arbeit nicht, und der Sonntag gehört dem Herrn oder dem Wiener Schnitzel, der Feiertag ist hart erarbeitet ... und wenn die Arbeitslosen aufstehen, dann ist denen nur zu fad, weils nix hackeln, also sollns amal was hackeln ... weil, von den Schmarotzern wollen wir uns auch nicht retten lassen, da versinken wir lieber in der Kollektiven Suderei ...

Vam ... Spinnen! Dämon. Pfui. Argh!


In einem älteren, hohen Wohnhaus - es könnte eines der Innenstadtgebäude Wiens sein - spielte sich Seltsames ab. (In Träumen ergibt vieles einen Sinn, das sich im wachen Zustand irrig anfühlt)

Mit Seltsam ist gemeint: In einer der Wohnungen, einer sehr, sehr großen Wohnung mit mehreren hundert Quadratmetern, lebte, oder besser, war tot, ein sehr alter Mann. Die Wohnung war düster und mit altem Prunk ausgestattet. Der Alte lag auf einer Art Bahre, oder Bett. Er hatte einen Bediensteten der sich um das … leibliche ... Wohl kümmerte. In diesem Fall bedeutete das, dass er regelmäßig neue Angestellte heran schaffte. Permanent war man auf der Suche nach Zimmermädchen, Küchenhilfen, Haustechniker und dergleichen. Die Stellenausschreibung war ungeheuer lukrativ, sodass sich immer schnell jemand fand, man sich um Nachschub also keine Sorgen machen musste.

Ihr werdet es erraten haben. Diese Angestellten dienten zur Lebenserhaltung dieses alten Mannes. Tagsüber schien er tot zu sein, Nachts überführte der (einzig langjähirg) vertraute Bedienstete die neuen Angestellten in ... den alten Mann. Also der Alte Mann ernährte sich gewissermaßen von diesen Menschen. Das ging aber eher ... spirituell ab. Als würden die Seelen, die Lebensenergie, direkt in den alten Mann hinein gesogen. Es war ein Zustand des Schreckens, der eine unfassbar grausame, schwarze Aura aus strahlte, obgleich sich das Spektakel an sich eher leuchtend weiss, hell, geradezu religiös erhaben darstellte. Die sterbliche Hülle wurde im Hausmüll entsorgt.

Ich weiß noch, dass ich mir die Frage stellte, ob diese Menschen nicht vermisst würden, immerhin gäbe es da doch einen hohen Verschleiß, so im Laufe eines Jahres. Die Antwort war irgendwie profan. Nach dem Motto, jeder vermisse irgendwann irgend jemanden, und dennoch - wenn kümmerts. Im Traum kann sowas zur Message werden.

Jedenfalls erwachte der Alte nie zu verwegener Aktivität, wie man das vielleicht so von Vampirfilmen kennt, sondern er siechte einfach nur auf seiner Liegestätte dahin. Tagsüber schien er tot, Nachts schwerkrank. Aber der Mann wollte nicht das Leben verlassen, selbst wenn es nichts weiter böte, als endloses Leid, und selbst wenn dafür junge Menschen sterben müssten, Nacht für Nacht. Er hatte keinerlei Sinn für das Leben anderer. Eher noch sah er sich in der gerechten Lage, denn er sieche ja, die anderen lebten, wer wolle ihm da einen Vorwurf machen, nur noch ein klein wenig am Leben zu hängen.

Aber kein Traum ohne Actioneinlage. Eher am Rande der Stadt, in einer eher entlegenen Gasse, gab es eine Art Bazar. Mitten in der Nacht standen dort beleuchtete Marktstände, ähnlich einem Christkindlmarkt, nur stelle man es sich enger, versandelter und düsterer vor - oder - geradewegs aus dem Mittelalter entsprungen. Es wurde dort neben allerhand spirtuellem Kram, wie Schmuck aus speziellen Steinen, Traumfänger, und sonstiges magisches Klumpert auch bizarr grausliches, wie tote Ratten oder Augen irgendwelcher Tiere, angeboten. Ich schlängelte mich durch diesen Markt, wobei ich mich, obgleich eigentlich recht klein, immer wieder bücken musste, unter dem Wulst an seltsamen Tand, der feilgeboten wurde.
Ich wurde dabei magisch angezogen, von einer schrecklichen, schwarzen, angsteinflößenden Aura. Alle Vernunft in mir gebot mir, zu flüchten, und zwar so schnell und so weit weg wie möglich. Aber ein anderer Teil der Vernunft, der wohl eher mit dem Herzen der Welt verbunden war, trieb mich auf dieses gefühlte schwarze Loch zu.

Schließlich betrat ich eine Hütte. Auch diese war klein, beengt, alt, als wäre sie aus dem Mittelalter entsprungen. In ihr befand sich jedoch ein absurd großer Altar. Aber nicht so, wie man ihn aus katholischen Kirchen kennt, sondern es war, als säße eine Spinne an der Wand mit einem überdimensional aufgequollenen Körper, mit einem Durchmesser von rund vier Metern, auf dem Körper Blasen von Eiter. In diesem Körper befand sich ein Dämon. Das war ein Wissen, das einfach da war. In der Hütte lebten eine alte Frau, die scheinbar hundert Jahre auf dem Buckel hatte, und ihre junge, schöne und unschuldige Tochter.
Der Tochter erging es ähnlich wie mir. Ein Teil war beständig auf der Flucht, der andere, eine Art Pflichtgefühl der Welt gegenüber, aber ließ sie bleiben, in diesem beengten Raum, mit dieser stinkenden, ekeligen großen Spinne, die als Altar diente in welchem ein Dämon hauste.

Ständig kamen Menschen, aber immer nur ein oder zwei auf einmal, die diesen Altar anbeteten. In der Regel erhofften sie sich etwas. Meist unredliche Dinge, die Neid oder Eifersucht entsprangen.

Mir wurde klar, dass der Alte in seiner Wohnung, der sich von jungen Hausangestellten ernährte, mit diesem Dämon in einer Verbindung stand. Der Alte nährte wiederum diese Spinne. Mir wurde klar, dass ich den Dämon nicht ausschalten würde können, solange der Alte noch lebte, also wurde es zu meiner Mission, einen alten Mann auf seinem Sterbebett, der seit Jahrhunderten im Sterben lag, zu töten. Und das tat ich auch.

Lebendes Schweigen


Es war auf einem fernen Planeten, dessen Himmel nicht dem unseren entsprach, und auf dem es keinen Tag wie auf der Erde gab. Vielmehr war man beständig vom All umgeben, welches jedoch nicht tiefschwarz, sondern in einem dunklen aber heimeligen Blau getönt war, und die Oberfläche des Planeten war durch die Sterne und Monde erhellt.

Es war also ewige Nacht, aber etwas heller als eine klare Vollmondnacht bei uns, und an dem Ort an dem ich war, existierte eine große Stadt. Es war die Hauptstadt des überschaubaren Planeten. In ihm herrschte ein Patriarch, dessen bevorzugtes Machtinstrument die Manipulation und die Dummheit der Untergebenen war. Sie waren nur allzu leicht durch Aberglauben in eine Richtung zu drängen, die sie auch vor Mord nicht zurückschreckte. Der Herrscher selbst gab sich dabei als gütiger, friedfertiger Vater über diesen Planeten, mit einem kindlichen Volk.

Es geschah immer wieder, dass Raumschiffe fremder Kulturen diesen Planeten besuchten. Der Herrscher gab sich jederzeit positiv eingestellt, gegenüber dieser fremden Kulturen. Er schürte dabei jedoch stets manipulativ Ängste der Bevölkerung, und während er in fürsorglichen Ansprachen die Ankunft eines neuen Raumschiffs, als einen freudevollen Schritt lobte, erzählte er gleichfalls, dass besagte Rasse bereits einen anderen Planeten besucht habe, von welchem er ein Hilfesignal empfangen habe. Dort habe diese Rasse die gesamte Kultur ausgelöscht. Damit brachte er, sich reinen Herzens wähnend, sein Volk dazu, die Neuankömmlinge von anderen Planeten in grausamen Metzelorgien zu vernichten.

Ich saß in der Werkstatt einer der Wissenschaftler dieses Patriarchen.
An der wissenschaftlichen Arbeit befand sich ein alter Professor, dessen Handeln mehr aufgesetzt schien, mehr eine Show, denn echte Wissenschaft. Und dafür gab es auch einen Grund.
Der Wissenschaftler hatte einen Leichnam in einer Kiste vor sich liegen. Um diese herum standen drei Leute, wahllos aus dem Volk gesucht. Sie waren so etwas wie Geschworene, die bei Sezierungen aller Art dabei sein mussten. Das war Gesetz auf diesem Planeten, um Offenheit, ja Transparenz zu simulieren.
Neben der Holzkiste mit der Leiche, stand ein Tisch, an dem ein Gehilfe des Professors saß. Sein Mund war grobschlächtig zugenäht, hatte nur ein kleines Loch für einen Strohhalm frei. Wie ich erfuhr, war das gängige Praxis für Angestellte bei Hofe, damit diese nichts ausplaudern konnten. Wie hoffentlich schon herausgekommen ist, war die geradezu religiöse Friedfertigkeit nichts weiter als grausamer Schein einer außer Rand und Band geratener Macht, die jeglichen Einfluss der diese Macht bedrohen konnte, erbarmungslos vernichtete. Dieser Gehilfe jedenfalls, war dabei, irgendwas mit Leichenteilen zu machen, was handwerkliches, ich weiß es nicht genau, obgleich ich am selben Tisch saß. Viel zu sehr war ich von diesem zugenähten Mund eingenommen.

Der Professor machte sich nun showträchtig daran, die obere Fläche des Leichnams abzunehmen also quasi den Brustkörper und die Bauchdecke. Da dies eine größere Aufgabe war, ging ihm der Gehilfe zur Hand, half, den Leib auseinanderzuklappen. Darunter zeigte sich ein Meer an Blut und Innereien, viel zu flüssig. (Eine Vergiftung lag nahe). Darin schwamm ein Stück Pergament. Offenbar hatte der Mensch, der zu diesem Körper gehörte, die Karte verschluckt, um zu verhindern, dass sie jemand findet.

Derweil setzte sich der Gehilfe wieder, doch etwas war passiert. Als ich ihn ansah, leuchtete es aus der Mitte des Mundes, dort, wo nur der Platz für ein Strohhalm war. Auch durch die Haut leuchtete es. Da wurde mir klar, dass die Seele des Leichnams in den Körper des Gehilfen geschlüpft war, und bekam große Angst. Denn es war klar, dass das bedeuten würde, dass man alle Beteiligten (außer den korrupten Professor) töten würde, da wir Wissen preisgeben könnten, das Macht untergräbt.
Auch der Gehilfe wusste das, und wir traten schnell die Flucht an. Die Leute, die als Geschworene fungierten, wurden noch getötet, ehe wir den Raum verlassen hatten.

Wir befanden uns, im Gebäude des Herrschers, auf einer abenteuerlichen Flucht. Es wurde auch deutlich, dass die Tochter des Herrschers, eine Mischung aus Wolf und Mensch, die heimliche Geliebte des Gehilfen gewesen war. Diese Liebe, die ohnedies unter einem unglücklichen Stern stand, zerbrach somit, denn Allen, restlos Allen war klar, dass er, dass 'wir' nicht überleben würden.

Der Herrscher berief sich dabei aber keineswegs auf Wachen, Polizei und dergleichen. Im Gegenteil, es gab nicht einen Wachtposten, nicht einen einzigen Schergen ... der Herrscher hatte sein Volk dermaßen in Griff, dass es von ganz allein Alle ahndete, die sie als Bedrohung ihres Herrschers wahr nahmen.
Der Herrscher sagte uns auch, sinngemäß, dass sein System der Verfolgung deswegen so exzellent funktioniere, weil er eben niemanden dafür bezahle, keinen dafür bewusst einsetze, sondern jeder einzelne Bewohner des Planeten zugleich auch sein Schütze war. Und es würde sich selbst im entlegensten Winkel, im einfältigsten Menschen, und im Klügsten, jemand finden, der uns ermorden wolle.
Hilfe? Auf Hilfe dürften wir bei Keinem hoffen!

Ich wusste, dass das stimmte. Es gab nur zwei Wege: Entweder für allezeit alleine sein, oder sterben. Das Problem mit dem Alleinsein war, dass der Planet selber sehr klein, und so gut wie jeder Platz besiedelt war. Es war eigentlich unmöglich. Die einzige Chance bestand in der Flucht vom Planeten, die jedoch wiederum nicht möglich war, da das Volk jedes Raumschiff inklusive Besatzung zerstörte.
In diesem Moment, da mir aussichtslose Position klar wurde, erwachte ich. Und selbst drei Tage später noch habe ich die Bilder deutlich vor Augen.

Zombies - ein Traum!


Ich träumte, dass die Massen durch eine Art Hypnose manipuliert waren. Der Hauptplatz war voll mit Menschen, die wie paralysiert den Politikern zuhörten. Ich war abgelenkt, weil Babies die Hauswände hoch krabbelten. Dadurch wurde ich irgendwie nicht so getroffen von der Manipulation, denn ich musste lachen, wenn eines der Babies runter fiel, weil es so ungeschickt war.

Dann waren da die Kinder einer Schule, die die Direktorin über alles priesen. Es war als wären das aufgezogene Marionetten, süße Kinder die fromm und lieblich Lobpreisungen an die Schulverwaltung abließen, und Eltern die mit stolzgeschwellter Brust da standen, sich entzückten daran, dass die Kinder den Weg zu den Behörden durch ihren Liebreiz ebneten.

Ich aber war abgelenkt, als ich ein flüstern hörte, das mir sagte: "Da drüben ist ein Star." Ich sah in die Richtung, erkannte aber niemanden. Allerdings sah ich zwei Menschen miteinander wütend streiten, aber ohne Ton. Auch das holte mich wieder aus der Paralyse dieses zwangsharmonischen Massentreibens, und als ich mich mehr konzentrierte, bekamen die beiden Streithähne auch Stimmen. Der Inhalt des Streits war nicht von Belang, das Unterbewusste suchte mich auf diese Weise wieder vor der Manipulation zu schützen.

Alle waren Menschen in Trance, außer ich, und ich sah meine Aufgabe darin, die Menschen aufzuwecken. Das gelang mir auch, aber die Leute hassten mich dafür, verfolgten mich.
Zwei weitere Menschen, die, wie ich, nicht paralysiert worden waren, dienten mir als Fluchthelfer vor der wütenden Meute, die in diesem Traum zu Zombies mutierten. Infizierte. Entstellte Monster ohne Verstand. Vermutlich war es eine Seuche. Sie waren langsam, ungelenk, aber brutal.

Irgendwann wurden meine beiden Helfer und ich in einer Art Lazarett untergebracht, um uns vom Kampf zu erholen und zu heilen. Denn der Kampf hatte uns erhebliche Wunden zugefügt. Ich beobachtete aus meinem Krankenbett, wie ständig Menschen in dicken, weißen Schutzanzügen "hinaus" gingen, und nahm an, sie säuberten "die Welt".

Ich dachte, alles wäre überstanden, alles würde wieder gut.

Schließlich hing jemand Planen auf, helle Planen durch die hell und wunderschön das Sonnenlicht drang. Um unsere Privatsphäre zu schützen, hieß es, denn es wäre für uns nicht angenehm, zusehen zu müssen, wie da dauernd die Sondereinheiten durch liefen.
Ich dachte, da man sich nun um diese eher banalen Dinge kümmert, scheint der Krieg wirklich vorbei zu sein. Alles wird gut. Ist gut.

Als ein Wind die Plane anhob.

Als ich sie befestigen wollte, und hinaus trat, sah ich überall diese charakteristischen Blutlachen in sich zusammengeschmolzenen Fleisches, einer grässlichen Metamorphose. Körperteile lagen herum und ich fühlte mich zunächst bemüßigt, diese zu sortieren, einen ganzen Menschen daraus zu formen.
Dabei wurde mir bewusst, dass ich immer nur Menschen im Anzug hinaus laufen gesehen habe, aber nie war einer zurück gekommen. Das Grauen kroch mir den Leib hinauf. Ich alarmierte meine beiden Mitstreiter. Es war klar, dass diese Menschen in den Anzügen entweder ebenfalls infiziert wurden, oder aber, sogar die Infektion verursacht haben.

Wir drei waren übrig, flüchteten und landeten schließlich auf einer erhöhten Plattform, in einer Lagerhalle. Von allen Richtungen kamen die Infizierten/Zombies auf uns zu. Nur dass sie nicht mehr ungelenk und langsam waren, sondern pfeilschnell, stark. Sie warfen mit Messern und Ambossen nach uns. Ich wusste, wir hatten keine Chance.
Ich wollte mich töten, aber ich wusste, ich müsste dazu meinen Kopf zerstören, sonst würde ich einer von ihnen, dieses elendige Leben der Infizierten führen. Ich hatte aber keine passende Waffe dafür. Und die Zombies achteten bei ihren Angriffen peinlich darauf, nicht den Kopf zu treffen, sie WOLLTEN mich in dieses Leben zerren, das sie selber leben mussten.

Ihre Kampfmethoden waren phänomenal, da sie nicht nur mit schweren und spitzen Sachen warfen, sondern Halluzinationen auslösten, die einen so verwirrten, dass man paralysiert war. Ich stand da und wusste, dass ich jede Chance zu entkommen verwirkt hatte. Ich würde getötet werden, und so eine elende Kreatur werden, und ich hatte nicht einmal mehr die Chance, mich selbst zu töten... mitten in dieser grauenhaften Erkenntnis, dass es kein Entrinnen gibt und ich auf jeden Fall so ein Zombie werden würde,... wachte ich auf.

Wir sinken nicht, wir sinken nicht, Lalalalala


An manchen Tagen kann man mit einem Lineal die verschiedenen Themen der Medienlandschaft miteinander verbinden und erhält am Schluss das Bild eines wirklich blöd dreinschauenden Ministers. Eines österreichischen Ministers, ohne näherer Zuordnung, viel Ausschuss entsteht dabei ja nicht.

Es sind natürlich wieder mehrere Dinge, die so hübsch glitzern und funkeln im Garten der asubtilen Blödheit, der trostlosen Unfähigkeit, Kausalität als solche zu erkennen - oder die Enzyklopädie auf dem Klo liegen zu haben, das seit Wochen, vom sich erbrechenden Volk, besetzt ist. Seis drum.

In Österreich, so freut man sich, sei die Zahl der Suizide gesunken. Und ja, man wolle natürlich alles tun, um sie weiter zu senken. Alles? Nein, natürlich nicht alles. In einem kleinen Winkel des Lebens gibt es ein monströs desolates Gebilde, das beharrlich Widerstand leistet. Wir nennen es ganz einfach mal "Arbeitsbedingungen". Wir könnten es aber auch jederzeit Wirtschaftssystem nennen, Arbeitsklima, Wertesystem, Marktwirtschaft (vor allem die freie) oder Kapitalismus ... im Namensbuch der hundert beliebtesten Namen für Ausbeutung und Sklaverei haben die Eltern der vergangenen Generationen sich ein paar wirklich wohlklingende Namen einfallen lassen. (Klingt etwa "Zeitarbeit" nicht absolut bezaubernd? Fast so als würde die Zeit für einen arbeiten - so wie doch auch schon Geld für uns arbeitete ... ja ... äh ... )

In Österreich, so freut man sich, sei die Zahl der Schwangeren, die den vorzeitigen Mutterschutz antreten müssten, gesunken. "Schwangeren, die Komplikationen wie Blutungen, starke Migräne oder niedrigen Blutdruck mit Kollapsgefahr aufweisen, steht seither der vorzeitige Mutterschutz nicht mehr zu." Die paar Gschrappen die dabei abgehen, hätten unser System eh nicht gepackt, also ist das doch eine echt gelungene Vorabsortierung, ähnlich der männlichen und daher nutzlosen Küken in Hühnermastbetrieben.
In Österreich, so freut man sich gar nicht, ist die Zahl der Mütter, die drei Jahre Karenz anstreben, anstatt der doch so viel lukrativeren zehn oder zwölf Monate, immer noch so verdammt hoch. Man wird alles tun, um dieses Desaster zu ändern, und die Mütter endlich aus der "Komfortzone" Karenz zu zwingen. Dabei ist Österreich natürlich sehr dahinter, dass das ja keine bösen Halbtagsjobs sind, nein, die frischgebackenen Mütter und Väter mögen doch bitte sofort wieder ganz Einsatzfähig sein und ihre vierzig Stunden, plus Überstundenbereitschaft, ableisten.

Am besten wäre ja, wenn die Mütter ihre Kinder in der Mittagspause in eine Gebärkloschüssel scheißen, von wo aus die Kiddies direkt durch ein verzweigtes Röhrensystem in einer Kindertagesstätte aufgefangen werden, wo sie bereits mit drei Monaten (spätestens) ihre sozial Skills ausbilden, in Fremdsprachen machen und spätestens mit drei Jahren fit genug sind, eine Armee chinesischer Fabrikarbeiter zu befehligen.

In Österreich, so jubelt man, wird es bald keine Invalide, keine Berufsunfähige unter 50 mehr geben. Nein, nein, man hat sich nicht ganz an Dolferls Vorzeigepraktiken gehalten, aber wie ein paar Parteien, die niemanden mehr rechts von sich stehen haben, dabei aber nicht die rechtesten sind, hat er ja auch gute Ideen gehabt. Und was uns Autobahn, Kirchensteuer und der Muttertag ist, kann uns auch eine effiziente Krisen - Arbeitsmarktpolitik sein. Wir wissen ja, dass alle Menschen die nicht arbeiten, Schmarotzer sind, ganz besonders die Kranken, denn die liegen richtig wonniglich in der sozialen Hängematte und machen sich mit kaum 800,-Euro einen wahren Lenz, so zwischen Rollstühlen, Krücken, Beatmungsgeräten, Therapien usw. - dieser Wellnessgesellschaft muss man doch endlich einen Riegel vorschieben! Immerhin macht diese grässliche Untätigkeit erst krank. Die Statistiken sagen, dass Menschen in Invalidenpension kränker sind, als Menschen die arbeiten. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden, und so haben sich die Politiker im Till Eulenspiegel-Seminar weitergebildet und wissen: Sie müssen die Invaliden nur in die Arbeit stecken, dann werden sie so gesund, wie die Berufstätigen. Das ist ja so geil. Welch Geniestreich, Münchhausen, du bist ein netter Kerl, bei dir machen wir wieder ein Fortbildungsseminar!

Österreich ist die Wiege der Psychoanalyse. Und wie Österreich mit dem Nachwuchs umgeht, das wissen wir ja. Er wird zunächst des Landes vertrieben, außer, er ist verblödet und depressiv genug, im eigenen Strudelteig zu versinken und sich Fritattensuppe in den Wanst zu löffeln. Ein Land, das nur überlebt, weil Alkoholismus keine Krankheit sondern ein Kulturgut ist, und wer nicht sauft, macht sich verdächtig. Wer will schon helle Köpfe, verweisen wir sie des Landes. Und so kommt es, dass im Land, das sich die Wiege der Psychoanalyse nennt, die Psychologie ein Stiefkind ist. In Österreich sind aktuell 800.000 Menschen psychisch erkrankt. Immerhin ein stolzes Zehntel. Davon allerdings machen nur 50.000 eine Therapie, den Rest tapst man halbherzig zu, sediert ihn mehr oder weniger heftig. Therapie ist für die Krankenkassen nicht relevant. Sie hat in etwa folgenden Stellenwert: Vor dir stehen rund zwanzig verhungernde Kinder, vieren davon reichst du einen kleinen Apfel und lässt dich auf den "Adabei"-Seiten dafür loben, dass du so ein sozial feiner Kerl bist, der ein Herz für das wahre Leid der Hungernden hat. Du betonst, dass noch viel getan werden muss, und in der Folge gibst du nur noch zwei der Kinder einen Apfel, und beißt den vorher auch noch an. Ja was denn? Schimpfts nicht immer auf uns. Denn wir tun ja alles, was wir können. Alles? Fast alles, da gibt es dieses heiße Eisen, diesen glühenden Stab der unsere Seelen versengt, der die Leute in den Suizid und in die Invalidität treibt, und der leistet erbitterten Widerstand.

Man muss einen Kopf wie ein pralles Kuheuter haben, rosa, rund und prall gefüllt mit oft widergekäutem Stroh, um sich folgende Entwicklung nicht vergegenwärtigt haben zu können:
Mit dem aufkommen neuer Technologie, hat sich unser Leben drastisch verändert. Ein Arbeitstag schaut heute völlig, und zwar grotesk völlig anders aus, als in den Achtzigerjahren. Die Arbeitsbedingungen, die Arbeitsumstände, haben sich so verändert, wie sonst über viele Jahrzehnte nicht. Computer haben unser Leben völlig auf den Kopf gestellt. Handy, Internet... Der Arbeitsalltag fast jeder Branche hat so gut wie nichts mehr mit jenem aus den Achtzigern zu tun.

Wie hätte jemals das Wort "Entschleunigung" erfunden werden können, wenn die Welt sich nicht so absurd beschleunigt hätte? Und war den Leuten in den 70er Jahren noch bewusst, das dies die Welt der Kinder ist, kümmert das seit mehr als zwanzig Jahren keinen mehr, denn es ist die Welt des Wirtschaftswachstums, die Welt der freien Marktwirtschaft, der Globalisierung, des Neoliberalismus.

Kinder sind diese Ausgeburten, die Frauen von der Wertschöpfung in den Betrieben wegreißen, und die ganz und gar unproduktive Berufe wie Kindergärtner, Lehrer und Co erfordern. Wenn sie nicht so bereitwillig manipulierbare Konsumenten wären, die durch das Schuldgefühl von Eltern gefüttert werden, welche diese aufgrund von Zeitmangel entwickeln, hätte man sich schon längst für die vollständige Abschaffung von Nachwuchs ausgesprochen. Nein, nicht wegen Ressourcenschonung, aber das kostet uns nur ein Augenzwinkern, nicht?

Nun. Hat sich das Arbeitsrecht an diese völlig neuen Bedingungen angepasst? Nein. Man hat hier und da ein bisschen Lustlos an einigen unsinnigen, realitätsfernen Stellschrauben herumgespielt, wie ein müder Liebhaber an den ausgetrockneten Brüsten seiner sterbenden Frau, und postwendend einige Dinge wieder rückgängig gemacht, die in eine humane Richtung spaziert wären. Man ließ sich für den Nichtraucherschutz feiern, als hätte man die Sklavenbefreiung durchgesetzt, oder das Wahlrecht für Frauen. Und man lamentiert regelmäßig an einem Gender Pay Gap herum wie an einem Kaugummi, der nach drei Minuten den Geschmack verliert, um damit ein Gefühl für echte Probleme zu demonstrieren. Dass ein Viertel der Arbeitnehmer an der Arbeit zerbricht, ist ein Affront wider die Wirtschaftstreibenden, die Krankenkassen, die Politik, das Bruttosozialprodukt, den Kollegen und eigentlich eh jeden, aber sicher nicht auf die Arbeitsbedingungen zurückzuführen. Oder, nur so gönnerhaft grinsend, wie ein Gigolo belächelt, vielleicht, ja vielleicht könnte es sein, dass es mir nur um das Eine ging, deine Ausbeutung, aber mal ehrlich, du wolltest es doch auch, ich hab doch gesehen wie zappelig du warst und mir beim Bewerbungsgespräch das Blaue vom Himmel gelogen hast, nur um dich vor mich hinzuknien, du Einkommensschlampe du.

In regelmäßigen Abständen dürfen wir der mit glänzenden Augen und stolzgeschwellter Brust vorgetragenen Versprechen lauschen, die Politiker in diverse Mikrophone rülpsen: Wir werden Arbeitsplätze schaffen!

Da fällt dem Volk dann jedes mal die Kinnlade herunter, so viel soziales Engagement, so direkt auf den Kopf zugesprochen. Nein, nicht: Jeder soll überleben können, ohne gedemütigt zu werden - nein, wir, die Politiker sorgen dafür, dass die Basis für industriell hergestellte Demütigung geschaffen wird.
Ich habe mich immer gefragt, wie genau die Politiker es anstellen, diese Arbeitsplätze zu schaffen. Sie sind ja Politiker und kein Weltkonzern, der mal eben so ein paar Fabrikhallen in eine blühende Landschaft setzt, um dort den Rahm des Arbeitslosenheeres abzuschöpfen. Und dass die Weltkonzerne nicht einfach so unser hübsches Reich stürmen, liegt ja auf der Hand, bzw. in den geschönten Unterlagen des Arbeitsmarktservices. Nur, wie kommen diese Konzerne ins Land? Steuervorteile? Subvention? Na da hoffen wir mal, dass diese nicht sofort in High-Tech Anlagen fließen, sonst klappt das mit den Arbeitslosen ja wieder nicht...

Andererseits ist nichts so wertvoll, wie ein so großes Heer an Arbeitslosen. Das hat erbauliche Vorteile:
Man braucht Arbeitsbedingungen nicht verbessern. In Österreich sind rund 800.000 Menschen arbeitslos. Ich weiß, die offiziellen Statistiken lauten anders, die zählen aber nicht alle Arbeitsuchenden auf. Sie zählen in der Regel nicht jene mit, die Sanktionen erhalten wie Sperrung, es fehlen jene Arbeitslosen, die gerade in Krankenstand sind, ebenso fehlen jene, die (noch) keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben (Schüler, Studenten, Menschen die noch nicht Erwerbstätig waren), jene die sich schämen, zu stolz sind, Arbeitslosenalmosen zu kassieren (Akademiker die von Partnern, Eltern, Erbe leben, oder Leute mit gehobenen Berufen, die von Ersparnissen leben, bis sie was finden), außerdem fehlt das Heer an Karenzierten, die nicht wieder in den alten Job zurückkommen, und Leute, die vielleicht noch in der Wehrpflicht oder dem Zivildienst beschäftigt sind...

Also wir haben rund 800.000 Arbeitslose. Gibt es einen besseren Grund, an den Arbeitsbedingungen nichts zu verbessern? Immerhin lassen sich so, auf perfekte Weise, die Löhne senken und die Menschen, sich ihrer Austauschbarkeit bewusst, werden den Teufel tun, zu streiken. Außerdem kann man die ausgelutschten Menschen aus dem Betrieb hauen und gegen Frischfleisch ersetzen, wie alte Geräte. Zahlen müssen die Firmen auch nicht voll, für den Verschleiß. Praktisch. Für alte Geräte muss man noch Abgaben zahlen, Menschen kann man einfach gratis raus hauen.

In Zukunft sollen Mütter nicht so lange in Karenz gehen, weniger in Mutterschutz gehen, außerdem wird das Pensionsalter hinaufgesetzt, und die Invaliden werden wieder auf den Arbeitsmarkt geschleudert. Das alles, während die Technologisierung voranschreitet, welche nach und nach Arbeitsplätze einspart. Ich erinnere mich da an dieses Lied:

Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum, ich krieg am Oarsch die Haut net zam, ich schieb sie hin, ich schieb sie her, die Haut am Oarsch, sie wird nicht mehr...

„So wie man die Arbeitsplätze schafft, so verbessern die Betriebe die Arbeitsumstände um psychische Erkrankungen durch die Arbeitsbelastung vorzubeugen.“ Ja. Genau! Drei Wochen Gnadenalm, mit dem vorher abgerungenen Versprechen, danach aber mindestens 120% zu leisten, aber gefälligst dauerhaft, damit sich die Investition in die Kuh auch gelohnt hat. Oder Betriebspsychologen, die Tabletten verschreiben damit der Chef schöner aus schaut, und es gibt ein offenes Mitarbeitergespräch in dem der Angestellte in offizieller Runde mit Kollegen und Vorgesetzten als krankes Kalb durch den Stall gezogen wird. Klar wird man das in feinstes Neusprech verwandeln und "wie können wir sie unterstützen" sagen, und einem einen "Kollegen zur Seite stellen" oder so einige andere Vorbereitungen, für einen raschen Austritt in die „berufliche Reha“.

Die „berufliche Reha“ setzt diese wandelnden sozialen Belastungen dann in den Kindergarten für Erwachsene, und lässt sie, um ihnen die Freuden der Arbeit wieder beizubringen, gratis Flyer falten, Kuverts sortieren, oder Suppen durch die Gegend balancieren, um nach zwei Jahren aus dem Rachen des „Beruflichen Bildungs und Rehabilitationszentrums“ aufs Arbeitsmarktservice erbrochen zu werden, wo sie sich mit den Bröckerln des restlichen Auswurfs der sozialen Marktwirtschaft vermengen, und sich schon auf Zeitarbeit freuen.

Ich kann nicht umhin, ich kann einfach nicht umhin, immer dieses leise "zink zink" zu hören, dieses typische Geräusch, wenn Heugabeln und Sensen zugespitzt werden.

Und ich kann nicht umhin, ich kann einfach nicht umhin, immer wieder dieses Zitat aus "Fight Club" zu hören:

“Pass auf: Ihr macht Jagd auf die Leute, auf die ihr angewiesen seid! Wir kochen eure Mahlzeiten, fahren eure Krankenwagen, stellen eure Anrufe durch, holen euren Müll ab… Wir bewachen euch, während ihr schlaft… Versucht nicht, uns zu verarschen!”

Aber am lautesten ist immer noch das mit den Fingern in die Ohren gestöpselte:

Wir sinken nicht, wir sinken nicht, lalalalalala!

Was Koalas mit Religion nicht zu tun haben...


...und warum man Erwachsene in den Kindergarten schickt.

Koalas sind rund 18 Stunden am Tag auf Drogenbeschaffung und Drogenkonsum. Ohne Droge werden sie aggressiv. Die Natur hat Koalas, mit dem Eukalyptus, also einen recht cleveren Helper in die Hand gedrückt.

Ich frag mich, ob das bei Menschen nicht auch so... war. Aber wie soll man friedliche Menschen die Hierarchie ablehnen und lieber relaxt herum kullern und philosophisch-ulkige Diskussionen führen dazu bringen, Autorität zu akzeptieren, Krieg zu führen, für die Kassen der Kapitalisten zu ackern ...

Also hat die Religion den Eukalyptus für Menschen verboten, und nutzt seine aggressive Natur durch weitere Manipulation. Die Staaten haben das Erbe der Religion angenommen und führen es weiter. Einzig erlaubte Droge neben Nikotin: Alkohol - der macht aggressiv und hemmungslos - sehr willkommene Eigenschaften - und wer im Heer war, hat dort meist auch das Saufen gelernt.

Das ist so mein kurzer Diskurs zu diesem Thema.

Ein anderes Thema setzt sich mit der Frage auseinander, warum man psychisch kranke Menschen in den Kindergarten steckt.

Natürlich nicht in einen richtigen Kindergarten, sondern in einen etwas adaptierten, aber was uns schon in seichten Komödien irritierte, müssen Betroffene direkt erfahren. Mit den Kranken, die seelische Probleme haben, aber kognitiv durchaus auf der Höhe sind, also ganz normale Menschen, wie man sie tagtäglich trifft, nur etwas verzweifelter, wird geredet, als wären sie keine sechs Jahre alt. Wenn da Leute im Alter zwischen Dreißig und Sechzig in normale Gruppentherapieräume kommen, bietet sich ihnen ein Bild, das sie vom "Tag der offenen Türe" im Kindergarten ihrer Kinder oder Enkel kennen. Die Tische und Stühle sind für Erwachsene, aber ansonsten ist es eine 1:1 Adaption.

Dann wird sich an den Händen gefasst, an die Nase, es werden Wollknäuel geschupft, mit Ton gebastelt, Laubsägearbeit, Speckstein, man malt mit Fingerfarben und schlägt in der Musiktherapie auf Instrumenten herum, wie sie ebenso im Kindergarten verwendet werden.

Jeder der das mitmachen muss, macht sich darüber hinterher mit den Kollegen lustig. Mancher macht sich schon in der Therapie lustig darüber, mancher geht einfach. Außer vielleicht Kindergärtner und Volksschullehrer, findet niemand ein solches Umfeld, eine solche Behandlung, als adäquat und sinnvoll.

Aber ja, was bleibt Therapeuten. Die Probleme der Erwachsenen sind ja nicht allein irgendwie aus dem Inneren gewachsen, sondern finden ihre Ursache doch meist im System. Hilfreich wären intensive philosophische Grundsatzdiskussionen, Systemkritik, die Erkenntnis, dass es nicht immer nur "das innere Kind" ist, das da ordentlich beschädigt ist, sondern einfach wirklich ein unmenschliches Wirtschaftssystem, asozialer Druck, Gesellschaftswerte die Kranke produziert.

Angenommen, anstatt Lebensbäume zu malen und mit einer Rassel unbeholfen rumzufuchteln, würden die Patienten philosophisch gefordert. Sie müssten in Gruppenarbeiten Themen zur Gesellschaft erörtern und dann gibt es Debatten darum. Und natürlich Erkenntnisse! Dass man den Ansprüchen nicht folgen muss. Das manches unethisch ist und daher abzulehnen. Und so weiter. Ich glaube, das würde Vielen mehr helfen, als sich ihre Handflächen mit ungiftigen Farben anzuschmieren und auf ein Papier zu drücken. Aber das wäre freilich problematisch. Therapeuten bräuchten eine ganz andere Härte, Ausbildung - und die Ergebnisse solcher Arbeit könnte Systemkritiker hervorbringen, die eben NICHT mehr in erster Linie für Staat und Wirtschaft Marionette spielen wollen, die nicht mehr dem Konsumwahn frönen... die vielleicht weniger lenkbar sind, weniger manipulierbar. Und die klassische Rollenbilder ablehnen.

Also darf die Behandlung psychischer Krankheiten nur durch Therapien auf Kindergartenniveau und Sedativa erfolgen.

Und um den Bogen zu den kratzbürstigen Koalas zu schlagen:

Wir sind das Ergebnis einer Gesellschaft, die auf Gewalt basiert, und die zugleich Gewalt pathologisiert. Wir müssen uns fraglos Hierarchien unterwerfen, Autoritäten akzeptieren, Wehrpflicht absolvieren, dazu salutieren, dass die Staaten Kriege führen, fremde Menschen hinmetzeln, die Kirchenbrüder Kinder missbrauchen und vieles mehr - und zugleich wird der Rabauke auf dem Spielplatz pathologisiert, der wütende Kollege geschnitten, Rache ist böses Pfui, selbst in der Sprache fürchtet man Gewalt und verweichlicht alles.
Neusprech der Manipulation - die Jugend rebelliert durch Musiktexte, die man postwendend pathologisiert... eine derart der Doppelbindung ausgesetzte Gesellschaft, kann nur erkranken. Aber anstatt sie zu verändern, anstatt Kritik zuzulassen, Hierarchie aufzuweichen, neue Systeme zu etablieren, die Politkarriere zu verbieten ... werden die Menschen, die das nicht mehr ertragen, in den Kindergarten gesteckt und mit Pharmazie zugepumpt ... während man auf der anderen Seite Alkohol und Nikotin als Wirtschaftsfaktor hochhält, wie das heilige Kalb, ein Kulturgut. Idiotisch und Verdorben.

Aber ja... hier möchte ich ein schönes Wort hinstellen, um es wirken zu lassen. Sprecht es jeden Tag als Gebet bevor ihr eure Zeitung lest, den Fernseher einschalten, im Internet surft. Sprecht es wie ein Mantra, wenn ihr euer Auto tankt, euer Smartphone bedient, euch eine Zigarette ansteckt. Sprecht es, wann immer ihr eure Kunden begrüßt, eurem Chef begegnet, eine Stechkarte einlocht. Sagt es laut, wenn ihr euch vor dem Spiegel manipuliert, um euch für die Welt zumutbar zu machen, wenn ihr euch schminkt, frisiert, rasiert und pflegliche Kleidung anlegt, die euren Status symbolisiert. Sagt es euch, wenn ihr euer Lieblingsgetränk zu euch nimmt, und das schnelle Mahl in der Pause, sagt es, wenn ihr euch im Schaufenster kontrolliert, euch im Supermarkt für ein Produkt entscheidet, und Worte für den Smalltalk zusammenträgt:

Alternativlos! Alternativlos! Alternativlos!

Und abends, wenn ihr die Augen schließt um euch von einem weiteren Tag zu verabschieden, dann sagt euch mit beruhigender und zufriedener Stimme:

Gehts der Wirtschaft gut, dann gehts uns allen gut.

Das Amen könnts euch sparen.

Die blaue Kapsel?


In den letzten Tagen stolperte ich vermehrt über die Kritik, oder die Anregung, es wäre unerwünscht, Negatives zu berichten. Man solle sein eigenes Leben auf die Reihe bekommen, anstatt sich um all diese schlimmen Dinge auf der Welt zu kümmern. Man wolle mit diesen Berichten ja nur Mitleid heischen, Tatendrang provozieren oder miese Stimmung verbreiten.

Nun. Dafür, dass es schlimme Dinge auf dieser Welt gibt, kann ich nichts. Dafür, diese zu vertuschen, bin ich nicht. Natürlich ist es gesünder, und schöner, wenn man sich vorstellt, dass sich alle an den Händen fassen, über Blumenwiesen springen anstatt für simple Menschenrechte demonstrieren, ja im Kampf darum sterben zu müssen, gefoltert zu werden. Natürlich wäre es toller, sich vorzustellen, alle Kinder werden geliebt und umsorgt, als zu wissen, dass Kinder gegen Geld geboren werden, um sie zu schänden und töten. Dass in diesem Moment irgendwo Menschen gehalten werden, missbraucht, getötet. Der Markt für geschändete Kinder und Babies, Snuffs, boomt, er ist lukrativ und wenn auf einer Seite ein Kopf abgeschlagen wurde, wachsen, einer Hydra gleich, zwei neue Köpfe nach.

Es wäre genial, daran zu glauben, dass man aktuell die Ressourcenvernichtung im Griff hat, der Equal Pay Day in Zukunft weit ins nächste Jahr hinein verlegt werden kann. Der Gedanke ist auch verlockend, dass man in diesem Moment etwas nachhaltiges gegen den Welthunger unternommen hat, während man eine Methode gefunden hat, wie man Tiere nicht mehr wie Sachen traktieren muss, um aus ihnen Profit zu schlagen. Wäre super, wenn es keine Obdachlosen mehr geben müsste, keine Luftverschmutzung, das saubere Wasser garantiert wäre, Machtverhältnisse nicht ausgebeutet, Jobs fair....

Ich kann diese Sehnsucht nach der heilen Welt so sehr verstehen. Ich selber würde so verdammt gerne daran glauben, und gäbe es eine Pille, die genau das kann, einen Teil der Realität ausblenden, ich nähme sie auf der Stelle. Ich glaube die blaue Pille war das, oder?

Gut. Wir wissen, es gibt schlimme Dinge. Aber warum zum Henker muss ich darüber schreiben? Warum erinnere ich daran? Warum zeige ich darauf? Warum schau ich mir nicht wirklich lieber einen Film an, spiele ein neues Computerspiel oder esse ein leckeres Eis? Nun. Einerseits schließt das eine das andere nicht aus. Ich kann mein Leben genießen, daraus Ressourcen schöpfen, und dennoch, oder eben deswegen, darauf hin weisen, was nicht passt. Ich meine, es stimmt schon, wer jeden Tag darum kämpft, nicht zu verhungern, dem ist egal ob ein Haus weiter ein Kind misshandelt wird, der schaut nur drauf, dass das eigene Kind den Tag überlebt. Wer aber satt ist, trocken gelegt in einem fruchtbaren Land, hat die Kapazitäten frei. Es gäbe kein Greenpeace und andere Organisationen, wenn satte Menschen sich nur auf die Plautze klopfen würden.

So. Aber das beantwortet immer noch nicht das warum.

Es gab einmal eine Familie mit drei Töchtern. Sie lebte in einem Wohnhaus mit acht Parteien, deren Wände so dünn waren, dass man die Nachbarin ihr Ave Maria zur stolpernden Klavierbegleitung raunzen hörte, die quietschenden Turnschuhe im angrezenden Turnsaal, sogar das Gemurmel von Philatelisten! Ja, das stille, verhaltene murmeln von Briefmarkensammlern im Stockwerk darunter am Sonntag morgen, hörte man. In dieser Familie war es üblich, die drei Töchter hin und wieder zu schlagen. Gerechterweise alle drei hintereinander. Die Töchter waren zwischen drei und sieben Jahre alt und sie schrien wie am Spieß. Sie hatten Angst. Und niemand hörte es. Oder anders gesagt: Es muss jeder einzelne Erwachsene in diesem Haus gehört haben. Aber keiner, nicht ein einziger, hat das zugegeben, hat es bemerkt, hat etwas getan. Sie wollten sich nicht mit negativen Dingen befassen, wichtiger war, dass man sich von den schlagenden Eltern Eier für den Kuchen ausborgen konnte, oder Abends zu einem Wein eingeladen wurde. Kuchen und Wein sind schöne, positive Dinge. Schreiende, geschlagene Kinder allerdings sind negative Dinge. Und daher sagte keiner was, jeder kümmerte sich lieber um sein eigenes Leben. Sie bevorzugten die blaue Kapsel (in Österreich kennzeichnend, steht blau für einen blunznwachn Zustand, und für eine Partei die wie ein Welpen dem man auf den Kopf geschlagen hat panisch herumbeißt ohne zu wissen worum es eigentlich geht).

Heute steuern wir auf eine Situation zu, die für die aktuellen Kinder eine Katastrophe ist. Umwelttechnisch und auch politisch. Das wissen wir seit dreißig Jahren oder noch viele Jahrzehnte länger. Aber es ist natürlich unangenehmes, negatives Wissen. Die Eier vom Nachbarn und dessen Wein sind natürlich viel besser. Ich frage mich, ob es ein Zufall ist, dass es in Österreich diese Fritzls gibt, und Priklopils und Co. Ich weiß nicht, ob man sie wirklich niemals hätte entlarven können. Aber wenn ich mir das Beispiel mit den drei Töchtern her nehme: Es interessiert niemanden. Das kann nicht sein, dass der Nachbar..., außerdem gehts mich nix an..., und ich bin ja auch nicht unschuldig, da schwärz ich doch keinen an. Und die blaue K...

Wenn es erlaubt ist, den Kopf in den Sand zu stecken und auf Kollektivignroanz zu machen, dann erlaub ich mir, für jene zu schreiben, denen noch der Wind um die Ohren saust. Keiner muss meine Texte lesen. Sowohl der Klick erfolgt selbständig, als auch die Erfassung meiner Texte.

Wer meint, nur weil ich solche Texte schreibe, mich und mein Leben zur Diskussion stellen zu können, oder müssen, soll das gerne tun. Ich bin zu einer Diskussion bereit. Man bedenke allerdings, dass ich mir dann heraus nehme, auch dessen Leben zur Diskussion zu stellen.

Die Panther

 

Der Angepasste sah hinüber zum nackten Panther.

Wie kann er nur.

In meiner Wohnung.

Doch er sagte nichts. Er wollte kein Spießer sein. Der Panther hatte ihn als Spießer überführt, und nun war es an ihm, zu beweisen, dass er keiner war. Doch das war es nicht alleine. Ein wildes Wesen bewegte sich durch die tote Moderne und belebte sie. Die Aura des Wachstums hatte bereits ihre Wurzeln geschlagen, und die Anwesenheit des Panthers war sein Dünger.

Ein Eindringling, der durch die Natur seiner Selbstverständlichkeit, schon mehr Herr dieses Reichs war, als der Angepasste selbst. Der Panther, er hatte sich die Moderne zu Untertan gemacht, der Angepasste hatte sich der Moderne untergeordnet.

Herr im Hause war nicht derjenige der sich der Komposition desselben unterordnete, sondern jener, den es nicht kümmerte wie es beschaffen war. Herr im Hause konnte nie dessen Besitzer sein. Herr war, wer den Untergang nicht fürchtete. Die Besitzer waren nur Instandhalter. Angepasste. Sie fürchteten die Dinge und ehrten sie mit ihrer Sorge. Es waren Junkies ihrer materiellen Werte.
Nicht Jäger. Gejagte.

Die Panther aber hatten sich selbst. Und nur sich selbst. Die Moderne war ihnen Untertan, und die Angepassten die Untertanen der Moderne.
Die Angepassten waren Diener ihrer eigenen Sklaven. In ihren Augen lag Furcht, in ihren Träumen die Sorgen, in ihren Worten die Panik und in ihrem Atem die eigene Versagung.
Jedes Essen war eine Henkersmahlzeit.

Es hatte sich das vor Jahren herausgebildet.
In Zeiten, die die Angepassten 'die Krise' nannten.
Die Panther nannten diese Zeiten 'die Konsequenz'.

Die Angepassten fühlten Verlust und ihr Bedürfnis nach Sicherheit stieg. Die Tage der Veränderung waren ihnen ein Gräuel, es war der Albtraum für ihre Werte gewesen, aus dem sie mit einer Sucht nach Sauberkeit erwachten. Sie brauchten Klarheit, Reinheit, Ordnung und nannten es Moderne. Sie feilten die Ecken und Kanten aus den Menschen und Dingen. Sie glätteten die Oberflächen und schufen so Kapazitäten für Übersicht.
Freie Sicht.
Kontrolle.

Sie waren es, die sich in Rechtfertigungszwängen entblößten und kein Rätsel hinterließen. Sie brauchten Antworten, fürchteten Fragen. Sie waren das Ende der Individualität, und forcierten selbige als Marke. Etiketten wurden geschaffen. Ansprechend, sauber, klar, deutlich. Individuell fühlte sich, wer sich im Etikett eines Anderen erkannte. Wer niemanden fand der ihm glich, fühlte sich ungesehen und ohne Persönlichkeit. Man musste sein wie Andere. Nur darüber war Selbsterleben möglich.

Die Panther dagegen hatten die Zeit der Konsequenz schon immer vorausgesehen. Sie hatten sie erwartet und sie hatten sie gefeiert. Die Tage der Veränderung waren die Tage ihrer Krönung. Was sie geben mussten, wurde zu ihrer Stärke. Sie liebten das Chaos, Ecken und Kanten, sie mochten den Rost und das Fieber, sie mochten es rau und alt. Sie umgaben sich mit Fragen und verstörten die Angepassten durch ihre Selbstverständlichkeit. Sie wollten keine Kontrolle, sie brauchten keine Sicht, sie sahen durch die Dinge hindurch und das machte sie ruhig und gefährlich. Sie trugen keine Etiketten, sie erkannten sich auch ohne ein Spiegelbild. Sie verstanden sich nicht als Individuell, sondern als Universell. Sie brauchten kein Selbsterleben.

Die Wissenschaft sprach nicht von Panthern und Angepassten, sondern von 'Egos' und 'Non-Egos'.
Die 'Egos' waren die Zivilisierten, die Erbauer, die Bewahrer, die Investoren, die Instandhalter, die Verkäufer, die Käufer, die Bewacher, die Kontrolleure, die Etikette. Und sie waren die mit der Angst.
Die 'Non-Egos' waren die Wilden, die Benutzer, die Verschwender, die Zerstörer, die Sinnlichen, die Ehrlichen, die Gnadenlosen, die Müßiggänger, die Unberechenbaren. Sie waren die ohne Angst.

Panther und Angepasste hatten keine Gründe, miteinander zu verkehren. Sie lebten nebeneinander, jeweils in ihren Welten. Sie erschufen die Umgangssprachliche Bezeichnung füreinander.

Angepasste nannten die 'Non-Egos' Panther, weil diese durch den Stadtdschungel tigerten, als gehörte er ihnen. Sie taten nichts, um ihn zu erbauen, und doch machten sie ihn erst komplett. Sie lebten dort selbstverständlich und ohne sich darum zu kümmern.

Panther nannten die 'Egos' aus naheliegenden Gründen Angepasste. Angepasste waren eine Symbiose eingegangen, mit den Dingen dieser Welt. Sie schienen so abhängig von ihnen wie umgekehrt. Man mochte kaum glauben, dass sie es waren, die Dinge erschufen, sie verhielten sich als wären sie deren Sklaven. Es war, als würden sie nur existieren, um die Dinge zu erschaffen und am Leben zu erhalten, als Gegenleistung bildeten die Dinge ihre Sicherheit, ihre Existenz, ihre Individualität. Sie vertrauten nicht darin, dass sich Dinge entwickelten, sie brauchten die Kontrolle darüber, wie, wann und wie schnell.

Panther und Angepasste entwickelten sich auseinander, und das in jeder Hinsicht.

Selbst die Krankheiten und Todesarten unterschieden sich: Panther wurden nicht alt, sie starben an Unfällen oder Entzündungen. Angepasste dagegen starben in hohen Jahren an Krebs oder dem Metabolen Syndrom.

Angepasste bekamen Kinder, Panther nicht. Angepassten sorgten sich um die Zukunft, wollten weitere Krisen vermeiden, ihre Altersvorsorge sichern. Kinder waren ihr Etikett. Es machte sie individuell mit allen anderen angepassten Eltern. Durch die Reinszenierung ihrer Herkunftsfamilie wiegten sie sich in Sicherheit, spielten Geborgenheit nach.

Panther starben trotzdem nicht aus, denn sie rekrutierten sich aus angepassten Aussteigern. Jeder Panther war einmal ein Angepasster gewesen. Auch das machte sie stärker, sie kannten – im Gegensatz zu den Angepassten, beide Seiten, denn in die andere Richtung ging die Metamorphose nie.

Berührung zwischen Angepassten und den Panthern gab es nur beim Rekrutierungsprozess, der allerdings einsam und freiwillig erfolgte. Kein Panther hatte es notwendig, jemanden zu rekrutieren. Umgekehrt jedoch hegte jeder Angepasste den unwiderstehlichen Drang, Panther zu assimilieren. Nur die große Angst, selber ein Panther zu werden, hielt sie meistens davon ab. Da sie sich nicht vorstellen konnten, wie ein Panther zu leben - sie stellten es sich sehr beängstigend vor - mieden sie den Kontakt oder reduzierten ihn auf die Behörde. Der Versuch der Zähmung erfolgte über Formulare.

Und nun war es geschehen, dass ein Panther in der Wohnung eines Angepassten lebte. Eine Begegnung hatte stattgefunden.

Die Suderanten-Bagage

Ich erinnere mich noch an dem Tag, an dem in meiner letzten Firma Armageddon ausgerufen wurde.

Bereits seit Jahren überfällig, wurde das Computersystem auf das damals nicht mehr ganz so neue MAC OS 10 erneuert. Notwendig wurde das unter anderem, da wir mit vielen anderen Firmen zusammen gearbeitet haben, sowohl Kunden als auch Lieferanten waren mit den veralteten Programmen immer weniger kompatibel, teilweise drohte man damit, Verträge aufzukündigen, da für die Subunternehmen erhöhte Kosten durch unser Verweilen in Vorgestern entstanden.

 Warum so lange gewartet wurde, wurde vor allem in den Tagen klar, die dieser Systemumstellung folgten. Meine Kollegen kannten ihre Handgriffe im Schlaf. Mehr oder weniger mit bis zu einem Promille im Blut, nebenbei Filme anschauend oder sich die Ohren mit Musik weg dröhnend, spulten sie ihre Aufgaben herunter. Mehr oder weniger waren sie die ganze Zeit im Standby-Modus. Zumindest kam man zu diesem Schluss, wenn man miterleben musste, was diese Umstellung auslöste, und wie mit ihr umgegangen wurde.

 Obwohl die praktische Umstellung übers Wochenende erfolgte, also das System am Montag bereits funktionierte – die üblichen Kinderkrankheiten ausgenommen – jeder hat andere Ansprüche und muss sich seinen Arbeitsplatz entsprechend konfigurieren, war die Abteilung meiner Kollegen praktisch für zwei Wochen völlig lahm gelegt.

 Noch ehe der Start-Button des Rechners gedrückt wurde, übte man sich (schon Tage vorher) in Klageliedern. Es wurde bejammert und beweint, dass nun alles anders sein würde. In fröhlicher Erwartung wurde der Teufel an die Wand gemalt und behauptet, nichts, gar nichts würde mehr funktionieren. Man hätte glauben können, der Chef hätte eine Amputation pro Person angeordnet, um die Loyalität zur Firma zu testen. Das Geheule hätte kaum furchtbarer ausfallen können.

 Trotz dieser zuversichtlichen Einstellung, saßen die Kollegen dann vor einem System, in dem – oh Gott – all ihre Befürchtungen eingetreten waren, noch ehe sie ihre Hand auf die Maus gelegt und irgend etwas angeklickt hatten. Natürlich lief das System – von persönlichen Konfigurationen abgesehen – einwandfrei, aber – Panik – es sah anders aus. Vermutlich hat schon irritiert, dass das gewohnte Hintergrundbild fehlte, um in tiefste Verzweiflung und Heimweh zu verfallen. Früher war alles besser, da hatte ich meine pinken Leisten und einen Marienkäfer als Hintergrundbild.

 Mit einigem Erstaunen stellte ich fest, dass die Serviceleute Tag um Tag stundenlang Einschulungen anboten. Ich hatte auch ein neues System erhalten. Den halben Tag war ich beschäftigt damit, meine Konfigurationen einzustellen, Programme zu installieren, die ich als persönliches Must-Have betrachtete. Ich bestritt meine Aufträge wie gehabt – auch wenn ich am ersten Tag etwas länger brauchte, als sonst. Bereits ab Tag Zwei freute ich mich, dass nun viele Aufträge aufgrund der besseren Kompatibilität leichter zu erledigen waren.

 Bei meinen Kollegen aber herrschte noch nach einer ganzen Woche der Ausnahmezustand. Aufträge konnten gar nicht erledigt werden, immer noch schlich der – mittlerweile etwas mitgenommen wirkende – Servicemann in den Büros herum. Dauernd wurde mit ernster, fast verzweifelter Mine von „Einschulung“ gesprochen, davon, wie einem der Kopf schon rauche, von all dem, was man sich nun zu merken habe. Kein Stein läge mehr auf dem anderen.

 Interessehalber besuchte ich mal meine Kollegen bei einer dieser Einschulungen. Ich dachte, ich würde vielleicht wirklich essentielle Dinge verpassen, wenn ich mich nicht beteilige. Ich arbeitete mit den Programmen zwar schon seit einigen Tagen, aber vielleicht hatte ich übersehen, dass man damit – keine Ahnung – zum Mond auch fliegen könnte. Was ich miterleben musste, war erschütternd. Mir tat der Servicemann leid und ich war kurz davor, ihn ins Firmeninterne Alkohollager zu verschleppen um ihm Seelentrost anzubieten.

 Im Endeffekt sah es so aus, dass die Kollegen – das merkte man bereits an den Fragen, die sie stellten, sich noch nicht eine einzige Stunde selbständig an den Rechner gesetzt und mal zumindest einfach nur herumgeklickt hatten – es auf eigene Faust versucht. Sie hatten in ihrem Kopf den genauen Ablauf ihrer Arbeitsvorgänge, wie sie ihn seit Jahren machten, und wollten nun wissen, wie und wo genau sie das jetzt umsetzen sollten. Eigentlich – wenn man es recht betrachtete – wollten sie, dass der Techniker ihnen erklärt, wie sie – Klick für Klick – ihre Arbeit tun sollten.

Man stelle sich das so vor: Man kauft sich ein Programm – etwa Word – und möchte damit einen Brief schreiben. Anstatt sich mit dem Programm auseinanderzusetzen, notfalls die Hilfefunktion zu benutzen, engagiert man den Servicetechniker einer Computerfirma, der Klick für Klick erklärt, wo man ein neues Dokument erstellt, wie man den Schriftschnitt Arial 12Pt einstellt (keineswegs Helvetica 10Pt, weil das wird ja für den speziellen Auftrag nicht gebraucht), wie und wohin man die Datei abspeichert, und so weiter. Man stelle sich weiters vor, man setze sich dann nicht hin und übe ein wenig, sondern erwarte, dass der Techniker am nächsten Tag wieder komme, weil man wolle einen größeren Abstand zwischen den Zeilen oder einen Absatz linksbündig, am dritten Tag möge er bestimmte Wörter kursiv setzen.

Und das nicht etwa, weil man noch nie im Leben mit einem Textbearbeitungsprogramm gearbeitet hatte, sondern weil man statt zb. Word OpenOffice benutzt und die Oberfläche minimal anders aussieht.

Meine Kollegen schrieben mit, auf Notizzettel!!! Ich war fassungslos. Das waren Menschen, die seit über einem Jahrzehnt mit komplexen Programmen gearbeitet hatten, und die eine Woche Einschulung benötigtem, weil ein bestimmter Button fünf Millimeter weiter unten angebracht war, oder die Toolbar mehr nach Metall statt nach Glas aussah.

 Stets – über und neben all dem – die Arie, wie schlecht, wie furchtbar alles sei. Dazu sei gesagt, andere Abteilungen waren auch nach einem Tag eingespielt – konnten dem neuen System mehr abgewinnen – oder fanden es zumindest nicht schlechter. Allerdings waren das alles Leute, die in ihrer Arbeit keine eingefahrenen Strukturen hatten. Jeder Auftrag gestaltete sich etwas anders, sie mussten bei jeder Aufgabe entsprechende Lösungswege suchen. Es war nicht möglich, alles nach Schema F herunterzuspulen. Es war nicht möglich, nebenbei zu saufen, Filme anzusehen oder Musik zu hören. Jeder Auftrag forderte seinen individuellen Lösungsweg.

 Diesen Vorteil hatte besagte Abteilung nicht. Sie hatte sich vor Jahren auf ein System festgelegt und ohne geringste Abweichung wie am Fließband die Klicks herunter gespult. Das erklärte mir auch, warum Aufträge die sie gelegentlich privat machten, so dermaßen schlecht und stümperhaft gesetzt waren. Sie waren nicht kreativ, sie hatten von der Materie in der sie arbeiteten, keine Ahnung mehr. Es gab nie die Notwendigkeit, sich für Neuerungen zu interessieren. Es gab keinen Grund, einmal ein anderes Fenster, einen anderen Reiter anzuklicken. Sie waren Affen geworden, die einfach nur noch wussten: Hier klicken – da kommt die Banane raus.

 Ironie des Schicksals: Genau diese Kollegen aber, waren nicht in der Lage, tatsächliche Affenarbeit zu erledigen. In der Tat hatte ich mal einen Auftrag, der kein Hirn erforderte, nur zwei freie Hände. Man mokierte sich über diese „Schimpansenarbeit“ die unter ihrer Würde sei – aber sie versagten sogar dabei!!! Der Auftrag musste neu produziert werden. So eingefahren waren sie. Auf Affenarbeit übertragen: Ein rotes statt ein grünes Lämpchen, hätte ihren Hungertod bedeutet.

 In den letzten Wochen auf BookRix muss ich immer wieder an diese Episode in dieser Firma denken. Bereits Wochen vor dem geplanten Relaunch wurde gejammert, als wolle man Jesus nochmal ans Kreuz nageln. Noch vor dem Relaunch sind Leute abgesprungen, in Erwartung eines Armageddons. Nach dem Relaunch – Oh Wunder – war natürlich sowieso alles schlecht.

 Interessant dabei fand ich, dass oft genau diejenigen sich am Lautesten darüber beschwerten, dass die Umstellung nicht sofort perfekt lief, sie eben einige Zeit beanspruchte – die selbst keine Arbeitsmoral auf BookRix beweisen. Keine abgeschlossenen Geschichten, mitunter nur Klappentexte und fünf Seiten – danach wochenlang kein Update, kein Hinweis, wann und ob die Geschichte beendet wird (oder ein Hinweis vorher, dass sie eben nicht beendet ist...) und idealerweise irgendwann die stillschweigende Löschung oder ein paar Zeilen, dass man gerade nicht an der Geschichte weiter arbeiten könne. (von Rechtschreibung und Grammatik fangen wir gar nicht erst an!) Wer im Glashaus sitzt …

 In einer anderen Firma machte ich einmal eine grundsätzliche Systemänderung mit. Ja, das ist schwer und es erzeugt Kollateralschäden. Damals empfahl eine Person, die der Firma nahe stand, dass man in solchen Fällen das gesamte Personal auswechseln solle. Hinterher, mit Verzögerung, war das passiert, denn die Mitarbeiter kamen mit dem veränderten System nicht klar.

Für jene Unkenrufe, die den Tod von BookRix ankündigen, weil sie persönlich damit nicht klar kommen, die selbst an eine Abwanderung denken oder ein paar Leute kennen, die abwandern:

Damals hatte die Firma rund zehn Mitarbeiter. Heute hat sie über Hundert! Aus einem wenig ernst zu nehmenden lokalen Betrieb wurde eine regionale Größe! Man hat viele Kunden verloren, noch mehr gewonnen. Man mag sich freilich aufregen, ob die Qualität noch passt, oder nicht. Fakt ist: Sie bietet nun über neunzig Menschen mehr Arbeitsplätze und bedient tausende Kunden mehr als zuvor. Freilich, sie hätte sich auf fünf Mitarbeiter mit zehn Exklusivkunden einpendeln können, denen man den Teppich ausbreitet.

 BookRix ist nicht auf ein paar Hand voll Leute angewiesen, die mit dem System, das es anbietet, nicht klar kommt. Eine Firma, die so operiert, dass es auf einzelne Kunden ankommt, ist schlecht geführt und wird untergehen. Auch das habe ich miterlebt. Der Kunde hat zwar eine geile Zeit, wird hofiert – aber wenn er dann mal woanders ein billigeres Angebot bekommt (und am Ende ist es IMMER die Kohle), nutzt selbst die diamantene Krone als Weihnachtsgeschenk nichts. Eine Firma tut gut daran, lieber mehrere Kunden als wenige qualitative zu finden – wenn sie bestehen will. Das ist zwar nicht meine bevorzugte Philosophie – aber es ist harte Lebensrealität.

 Übrigens kenne ich auch Folgendes aus so gut wie allen Foren: Die ständigen Ankündiger ihrer echauffierten Abreise. Alle paar Wochen oder Monate kündigen sie – meist Wortreich – an, dass sie diese Plattform verlassen. Meist braucht es noch nicht einmal einen Monat, sind sie wieder zurück, nur um kurz später wieder wortreich zu gehen. Jedes mal lassen sie sich auf die Schulter klopfen, bedauern, überreden. Meine Erfahrung: Wer gehen will, weil es ihm reicht, der geht. Der hat keinen Grund, ein Drama aufzuführen, weil es dabei nicht um ihn als Person geht, sondern einfach darum, dass das Angebot nicht mehr mit der Nachfrage kooperiert.

 Oftmals wird wortreich verkündet, man wäre so fair, nicht wortlos zu gehen, sondern immerhin zu sagen, warum. Egoscheiße, nennt man das. Ein Admin oder Techniker hat in der Regel mehr zu tun, als sich den Befindlichkeitjounalismus der User anzutun. Sollte das Interesse also tatsächlich der Optimierung des Systems gelten, wäre ein Email an den Verantwortlichen oder den Support ausreichend. Andere User nämlich, können nichts ausrichten. Sie können ernst nicken, die Knie tätscheln oder meinen, so schlimm ist es nicht. Sie können sich also nur um die Person drehen, die ihren Austritt zelebriert. Dass es tatsächlich reine Egoscheiße ist, ist auch daran zu erkennen, dass betreffende User noch tagelang (wochenlang) rein schauen, um zu sehen, wer sich um ihr Klagelied kümmert.

 

 

Abschließend:

Es gibt da dieses Magische Dreieck: Zeit – Qualität – Kosten

Jeder, der Leistung anbietet, steht vor der bitteren Wahl, denn es sind immer nur zwei dieser drei Punkte möglich.

Soll es schnell und qualitativ werden – wird es teuer.

Soll es billig und qualitativ werden – braucht es Zeit.

Soll es schnell und billig sein – geht es auf Kosten der Qualität.

Das sollte man sich nicht nur bei eigenen Projekten vor Augen halten, sondern auch bei Erwartungen. Mehr oder weniger begegnen wir diesem Prinzip jeden Tag.

 

Soviel ich weiß, zahlt kein User hier auf BookRix, um das Service nutzen zu können. Selbst die Veröffentlichung ist gratis - im Gegenteil: bringt Geld ein. Damit bleibt, gemäß dieses Dreiecks, dass Qualität eben seine Zeit braucht.

D.N.AAAHHH!!!

 

Die Stimmung der Nacht war heiter, ausgelassen – wie das eben so ist, wenn ein schöner warmer Tag zu Ende geht. Irgendjemandem fiel auf, dass der Mond heute irgendwie speziell aussah. Alle stimmten ihm zu. Sichelförmig hob er sich hinter den Bergen hervor, etwas zu kräftig, etwas zu langgezogen, etwas zu schnell. Erst da fiel uns auf, dass das nicht der Mond sein konnte, denn die Sichel wurde länger, war keine Sichel, wuchs heraus, hinter dem Berg hervor und langsam zeigte sich uns der Ausläufer eines gigantischen Gebildes das wir alle kannten.

Eine Doppelhelix.

Eine überdimensionale, riesige Spirale unserer DNA, so riesig, dass wir hofften sie wäre nur nahe, und wünschten sie uns zugleich möglichst weit entfernt. Denn eines wurde uns sofort klar: das konnte nichts Gutes bedeuten. Ein solches Flugobjekt, das technisch keine Vorrichtung hatte, zumindest keine uns bekannte Technologie um es in der Luft zu halten – und es war wirklich riesig, massiv, gewaltig – konnte nicht aus den Werkstätten von Menschen kommen. Nicht einmal aus geheimen Militärlabors. Dieses Dinge das den Himmel erhellte, das sich so schön und zugleich so grässlich anbot – es konnte nur ganz und gar außerirdisch sein. Plötzlich erschien eine Botschaft, nein, es war ... offenbar hatten sie uns studiert. Oder sie hatten unsere Werbung studiert. Auf dem Himmel erschien eine riesige Projektion, eine Hand, die lockend zu sich rief.

"Komm her!", deutete die Hand, winkte, lockte mit dem Zeigefinger wie man Kinder zu sich lockt denen man ein Geheimnis anvertrauen will. Diese Geste rührte an den innersten Gefühlen, sie weckte Vertrauen.

"Komm her!", ertönte auch bald eine Stimme, eine weibliche Stimme. Lockend, rau, sexy – Sie verstehen schon. Eine riesige dreidimensionale Lichtprojektion, in Blau gehalten, bewegte sich über den schwarzen Himmel, und lockte. Es wurden mehr und mehr lockende Hände. Hunderte, vielleicht Tausende oder gar Millionen auf der ganzen Welt. Verdammt, ich spürte den Ruf. Widerstand zu leisten war hart. Ich blickte mich um und sah, dass die Menschen aufgaben, dass sie sich locken ließen. Sie gaben ihren Willen auf, ihren Verstand, ihre Individualität. Ich wehrte mich. Ich, und eine handvoll Leute. SIE, wer auch immer sie waren, kannten sich mit Medien aus. Wir – die handvoll Leute und ich, liefen durch die Menge an Zombies – Menschen, unversehrt aber geistlos – die alle in eine Richtung marschierten wie Lemminge auf die Klippen zu. Wir bugsierten uns gegen den Strom, ahnend, dass hier etwas sehr Böses im Gange war, aber davon spürten die Seelenlosen nichts mehr. Vielleicht spüren sie es auch und konnten sich nicht mehr wehren, hatten keinen Willen mehr.

Irgendwie gelangten wir an einen Bildschirm. Im Fernsehen war ein sehr berühmter und beliebter Star zu sehen. Einer von der Sorte, den alle geil fanden, Männer wie Frauen, weil er dieses gewisse Etwas hatte. Neben ihm einer von IHNEN. Ihr Aussehen war unbeschreiblich! Wirklich, wie unwirklich. Sie hatten den menschlichen Geist, die menschliche Wahrnehmung voll im Griff. Man konnte nur diesen Mann sehen, dem sie unentwegt schmeichelten. Sie klopften ihm auf die Schulter, sagten ihm wie toll er sei, und er glänzte, strahlte und man verfiel seinem Charme. Man war geneigt, SIE zu mögen, ihnen abzunehmen, dass sie gut waren, da sie diesen Mann verehrten. Nun wollte es der Zufall, dass der Sohn dieses Populisten in unserer Gruppe Abtrünniger war. Er zerfiel regelrecht vor Hass. Sein Vater, so meinte er, sei das nicht. Er wisse nicht, wer oder was man den Menschen hier vorsetze, aber sein Vater, sei das gewiss nicht. Das überraschte uns nicht.

Und wieder dieses Locken, das an uns zerrte, als wäre unser Herz an einen Faden gebunden, an dem jemand leicht zog. Wir versuchten, nicht in den Nachthimmel zu sehen, denn dieses locken, diese rufende Hand, diese vertrauensvolle Geste, war sehr stark und forderte die gesamte Willenskraft heraus. Was hier im Gange war, war schrecklich, und doch wäre es so schön, so verlockend gewesen, sich dieser vertrauten – wenn auch falschen – Sicherheit hinzugeben ...

Schnitt.

Waren wir bewusstlos geworden? Hatten wir am Ende der Verlockung nachgegeben? Hatte man uns betäubt? Ich erwachte in einem Sack. Jawohl, wie eine Katze oder ein Ferkel hatte man mich in einen Sack gefangen und ich konnte zwischen den Fasern hindurchsehen. Oh Mann. Ich wusste nicht genau wo es war - aber was es war, das merke ich sofort! Es war eine Art Versammlung. Eine riesige Halle, voll mit Hunderten von IHNEN. Ich kann sie nicht beschreiben, nein, ich will sie nicht beschreiben – sie waren nicht menschlich. Und sie redeten über uns. Über uns als Planet. Sie reden nicht über uns als menschliche Rasse, sondern über uns als Ressource.

Ich wusste nicht warum ich sie verstehen konnte. Vielleicht hatten sie unsere Sprache erlernt. Ich erfuhr, dass sie schon öfter hier auf der Erde gewesen waren. Offenbar hatten sie es schon früher versucht. Was auch immer. Mir blieb das Jahr 1957 in Erinnerung. Und 1974 in Indien. Offenbar Fehlschläge oder nur zeitlich und räumlich begrenzte Tests. Sie redeten über uns als wären wir Bakterien. Nützliche Bakterien. Oh Mann. Ich wünschte mir, sie planten, uns zu vernichten. Das hätte ich barmherziger empfunden. Ja. Wenn sie uns vernichteten, würden sie uns damit Respekt zollen. Das wäre ehrbar, würde uns als Menschen aufwerten. Doch das was ich vernahm, war grauenvoller. Wir waren für sie nützliche Bakterien. Bakterien die sie einsetzen wollten. Wir waren Biomasse.

Was genau wir tun mussten, das wusste ich noch nicht, aber ich erinnerte mich daran, wie wir Menschen mit Lebewesen verfuhren, die wir ausnutzten. Wir setzten sie gezielt ein und vermehrten sie, um etwas bestimmtes von ihnen zu bekommen. Wenn diese Wesen uns nur im Ansatz ähnlich waren – und obgleich sie so widerwärtig aussahen schienen sind es zu sein – wäre es ein Segen gewesen, von ihnen ermordet zu werden, statt ihnen zu dienen. Biomasse. Bakterien. Die niedrigsten Lebewesen. Furchtbar. Sie hatten uns gelockt, wie wir Wildtiere lockten, ihnen Fürsorge vorgaukelten, nur um sie dann zu fangen oder zu quälen und zu töten ...

Am Ende befand ich mich in einem Käfig. Im selben Käfig ein menschliches Männchen. Es war klar, was zu passieren hatte. Wir waren Biomasse. Wertvolle Biomasse die sich vermehren musste.

Lackleder-Vollbart-Mietzekatzen

Man findet sie überall, vor allem aber gern auf Facebook: Menschen die gerne von sich behaupten „verrückt“ zu sein, „anders“ zu ticken als „die anderen“.

Nach einer jüngsten Auseinandersetzung mit sich selbst hingebungsvoll deklarierten Verrückten, weil ihnen ein Text von mir – man bemerke die Ironie – zu verrückt war, frage ich mich, was man unter verrückt eigentlich versteht.

Wiki sagt:

Als Wahnsinn oder Verrücktheit wurden in der Geschichte des Abendlandes bis zum Ende des 19. Jahrhunderts bestimmte Verhaltens- oder Denkmuster bezeichnet, die nicht der akzeptierten sozialen Norm entsprachen.

Was früher aufgrund strenger sozialer Normen also sehr schnell passieren konnte, ist heute freilich eine ziemlich diffuse Angelegenheit. Weiters sah man darunter früher auch mehr oder weniger eine Geisteskrankheit.

Die Moderne versteht unter „verrückt“ oft eher eine liebenswerte Verschrobenheit oder einen rebellischen Geist. In einer Gesellschaft der Massenkompatibilität, in der der Einzelne den Normen gar nicht mehr entsprechen kann, da sie zum Teil höchst widersprüchlich sind, „fühlt“ sich mehr oder weniger jeder verrückt. Da speziell mit sozialem Makel als Herdentier nicht gut umzugehen ist, wird aus der Verrücktheit eine Marke. Es wird „in“ verrückt zu sein.

Im Internet (und im real-life) fühlt sich daher fast jeder dazu bemüßigt, sich als verrückt zu deklarieren, und zeigt sich stolz darauf. Dabei sehen sich die meisten wohl als „zahm und liebenswert rebellisch“, quasi das nie aus der Pubertät entwachsene Kind, oder als „schrullig und verschroben eigensinnig“, ein Kernaspekt des hohen Alters. Man erlaubt sich also, aus dem 'Erwachsensein' auszusteigen und meint, sich kindisch oder senil zu verhalten wäre 'verrückt'. Stimmt aber nicht.

In der Regel wird bei der Selbstdeklaration nicht das unfreiwillige Abweichen von Normen verstanden, sondern Kalkül zur Selbstvermarktung. Es geht also darum, einer Norm zu entsprechen und Massenkompatibel zu sein, indem man den Jugendhype nachäfft oder der Senilität vorgreift und sich dabei schrillbunter Gegenstände, Programme, Zitate bedient, oder, in Ermangelung dessen, sich der Ikone eines alten Hippi, Veterans oder Musikers bedient.

Natürlich ist das alles nicht 'echt'. Es ist kein 'echtes' überschreiten von Normen, sondern ein kleines Spiel, ein Kokketieren damit. Die meisten sich als verrückt bezeichnenden Menschen trauen sich nicht wirklich gegen Normen ihrer Peergroup zu verstoßen, suhlen sich vielmehr im Sud Gleichgesinnter um aus dem Gruppenkuscheln heraus aufs Freiwild zu pissen. Diese 'Avatarverrückten' die sich selbst meist als tolerant bezeichnen, für die Zynismus, Sarkasmus und Ironie fest in ihren Sprachgebrauch verankert sind, kehren sehr schnell ihre reaktionäre Verklemmtheit zutage, sobald jemand gegen „ihre“ Werte verstößt. Ehe sie in der Lage sind, sich in ihren kleinen Köpfen Argumente einfallen zu lassen, greifen sie mal persönlich an und unterstellen sehr allgemein verfasste Untergriffigkeiten, wie man sie von der Sandkiste her kennt: „Du bist dumm. Du hast einen Schaden. Du bist bemitleidenswert.“ Da tritt also die primitive und daher gesellschaftlich voll integrierte Form der Selbstverteidigung zutage, in der realen Auseinandersetzung nur ein Steinschlag (höhö) von der Keule entfernt.

Das ist nicht verrückt, das ist so reaktionär, wie etwas nur reaktionär sein kann.

Der „wahrhaft“ Verrückte aber folgt auch nicht den Normen der Schicki-Micki-Modeverrückten, sondern denkt wirklich anders – und zwar völlig. Dadurch wirkt er auch auf die quietschbunten ich hab ein Tattoo deswegen bin ich Rebell oderich poste auch Totenschädel und Whisky“ oder „ich like Lesbenbondage, ich harte Sau“ Verrückte wie ein Verrückter. All diese „ich bin eine Lackleder-Vollbart-Mietzekatze“-Verrückten schnallen sich lieber die Alltagskluft um und verkriechen sich im Fall des Falles in der Sockenschublade, aus Angst wirklich als Verrückt zu gelten.

Anders gesagt: Wenn ich es schaffe, in einer Gruppe gegen: „bestimmte Verhaltens- oder Denkmuster, die nicht der akzeptierten sozialen Norm entsprechen“ zu verstoßen, können sich die Angehörigen dieser Gruppe nicht verrückt nennen. Ich spreche hier noch nicht einmal von Verletzungen der Regeln, sondern schlicht abweichendes Verhalten und abweichende Denkmuster im Rahmen des akzeptieren Gruppenkodex. Darauf ist man nicht stolz und daher hasse ich auch all dieses „Ich bin so geil und sexy weil ich bin ja soooo verückt – kicher“ -Poster.

Verreckt endlich!

Ps: Mir geht es nicht darum, eine Werteskala zu erstellen, wer sich verrückt nennen darf, wer nicht – wer verrückter ist, oder „wahrhaft“ verrückt. Ich bin nur angepisst auf Menschen die es nötig haben, ihr reaktionär verdrecktes Selbstverständnis damit zu kompensieren, indem sie sich öffentlich an ihrer eigenen Verrücktheit aufgeilen.

Ziel und Schande

 

Frauen verteidigen sich meist, indem sie dich attackieren. Und sie attackieren dich andererseits durch überraschende, seltsame Kapitulation. (Velvet Goldmine)

An dieses Zitat muss ich dieser Tage denken, in denen ich (wieder einmal) Zeuge seltsamer Entwicklungen werde. Haltet mich für einen Chauvi – aber ich glaube, die meisten Frauen haben nicht gelernt zu kämpfen – und daraus in logischer Konsequenz – zu verlieren. Im Gegensatz zu Jungs, denen man Kampf schon im frühen Kindesalter zumutet – es geradezu von ihnen fordert (steh deinen Mann), wird Frauen in der Tat auch heute noch die Tür aufgehalten. Die Frauenquote ist eine dieser Türen. Die fehlende Kampferfahrung schlägt sich später nieder – der Misserfolg wird dann – so wie die aufgehaltene Tür – bei den anderen gesucht – und gerne auch gefunden. Dann ist es Sexismus, oder dass man Frauen nichts zutraut, alle (Männer) sind böse.

In meinem Umfeld gibt es eine Frau, die in einer Frauendomäne Weltmeisterin war. Jahr um Jahr – sie war eben wirklich gut – räumte sie den ersten Platz ab – bis man ihr untersagte, an diesen Wettbewerben teilzunehmen, damit auch den anderen Frauen eine Chance haben. DAS – so meine ich – ist eine Vorgehensweise, die typisch weiblich ist. Stellt euch mal vor, man verbietet dem Gewinner der Tour de France, oder einer Fussballmannschaft, sich zu messen – nur damit die anderen auch eine Chance haben. Undenkbar. Kämpfe für das, an dem dein Herz hängt, gib darin dein bestes, gewinne, verliere … so läuft der Wettbewerb. Für Männer oft auch in Hinblick auf eine Partnerschaft.

Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Bertolt Brecht

Diesen Spruch kennt wohl jeder. Ich meine, Männer kennen ihn eher aus der Praxis als Frauen – denn – und ich sehe und erlebe es oft mit – Männer kämpfen auch für Frauen. Jede Frau kann mit etwas Geschick einen Krieger hinter sich bringen – der notfalls sogar sein Leben für sie lässt. Das klingt drastisch? Nein. Die Soldaten, die gefallen sind, starben für ihre Frauen und Kinder – und nicht, weil sie Krieg geil fanden. Wenn Frauen in einem Heer zugelassen sind, verschont man sie vor tödlichen Einsätzen. Mich wundert nicht, dass Frauen nicht wettbewerbsfähig sind. Sie brauchen sogar ein eigenes Ministerium, das für sie kämpft. Jeder Mann muss für sich die Arbeitsbedingungen aushandeln – oder einer Gewerkschaft beitreten. Die meisten Frauen – es ist echt irre – handeln nicht und sehen auch keinen Grund, sich politisch zu engagieren – erwarten aber Support und sind brüskiert, wenn es ihn nicht gibt. Fragen Sie einen Chef: Wie oft sitzt ein Mann wegen einer Gehaltserhöhung im Büro – wie oft kämpft eine Frau darum. In den meisten Fällen kämpfen in diesen Fällen dann auch wieder die männlichen Kollegen für ihre Kolleginnen (weil – Gleichbehandlung – der Chef dann auch ihren Gehalt anheben muss).

Frauen sind berechnend. Sie kalkulieren den Einsatz, den sie bringen, sehr genau. Sie bemühen sich nicht „für die Sache an sich“, sondern berechnen daraus immer den persönlichen Benefit. Sieht man, wenn man sich ansieht, wie hoch der Anteil von Frauen bei etwa Feuerwehr, Rotes Kreuz, Bundesheer ist. Aber auch bei Dingen wie Wikipedia, Wissenschaft und Politik. Natürlich haben die Frauen oft sofort eine Ausrede parat, warum sie in diversen Organisationen so spärlich vertreten sind – raten Sie mal, wer Schuld ist. Richtig. Die Anderen. Selber kämpfen? Haltet uns die Türe auf.

Was ist nun die Motivation, an einem Wettbewerb teilzunehmen? Natürlich – im Falle eines Gewinnes – die Anerkennung. Aber wir wissen alle, dass es nur einen Gewinner geben kann – je nach Wertung noch zweite und dritte Plätze. Jedem, der zu einem Wettbewerb antritt, muss also klar sein, dass er auch verlieren könnte. Meiner Meinung nach weiß man das bereits VORHER. Wenn also Gewinnstreben ALLES ist, warum machen so viele mit?

Bei der Tour de France machen rund 200 Radfahrer mit – je nachdem rund 20 und mehr Teams. Ihnen allen ist klar: Die Konkurrenz ist groß und die Chance, kein Treppchen zu erreichen, verdammt hoch. Theoretisch also gehen fast 200 Männer das Risiko ein, blamiert zu werden. Sind die dumm? Warum machen sie das? Warum fahren nicht nur drei Männer, damit jeder am Treppchen landen kann?

Vermutlich machen die meisten Menschen an Wettbewerben nicht aus dem einzigen Grund mit, zu gewinnen. Bedenkt man den Aufwand, der damit meist einhergeht – wiegt kaum ein Preis diesen auf. Selbst für die Gewinner ist ein Sieg ein Verlustgeschäft. Ist es also möglich, dass Gewinnen zwar durchaus angestrebt wird, nicht aber Hauptmotivation ist?

Mein persönlicher Grund, an Wettbewerben teilzunehmen, war stets der Spaß an der Sache. Als Kind und Jugendlicher zeichnete ich verdammt gerne. An Wettbewerben nahm ich oft nur Teil, um zeichnen zu dürfen – weil man bei Veranstaltungen nur durch eine Teilnahme an Contest überhaupt Papier, Stifte und Raum bekam. Das Überreichen von Urkunden, Medaillen oder Pokalen empfand ich immer als unangenehm, lästig, peinlich. Ich wollte zeichnen und liebte die Herausforderung, das zu einem bestimmten Thema zu tun.

Die Motivation hat sich heute nicht geändert – auch wenn seitdem rund dreißig Jahre vergangen sind und ich in einem anderen Metier angekommen bin. In erster Linie ist es einfach nur Spaß. Natürlich ist Anerkennung etwas Tolles – würde ich nicht missen wollen – aber sie ist nicht der Grund, weshalb ich Wettbewerbe mitmache.

„Verdacht auf Mord“ - ein Krimi ist alles andere als mein Metier – ich bevorzuge es nicht in Filmen, ich lese es nicht. Das Genre an sich interessiert mich nicht – aber ich fand genau das spannend. Ich fand es lustig, es einfach mal zu versuchen. Ein Spiel. Spaß. Lernen ist ein Orgasmus im Kopf (nicht nur Schreiben betreffend, so eigne ich mir auch Programmkenntnisse an) und mich gelegentlich Herausforderungen stellen – eine Hürde nehmen – ist ein geiles Spiel. Selbst wenn ich den letzten Platz gemacht hätte, hätte das nicht eine Sekunde meinen Spaß geschmälert. Ich wäre genauso motiviert, auch beim nächsten Wettbewerb mitzumachen – sofern mich die Herausforderung interessiert. Unter „Herausforderung“ sehe ich dabei aber nie die anderen Teilnehmer, sondern das Thema.

Gewinnen ist ein Nebenprodukt meiner Freude an der Arbeit. Hier ist dann auch der Punkt, der oft nicht gesehen wird: Gewinnen ist nicht einfach. Man wird gesehen – und dabei nicht immer die Seite, die man gerne zeigen möchte. Man wird auch von Menschen gesehen, die einen nicht mögen oder die man durch seinen Sieg verletzt hat. Zwar haben die Egoprobleme anderer soviel mit mir zu tun – wie meine eigenen mit allen anderen: Gar nichts – aber die Auswirkungen sind spürbar. Gewinner müssen Kritik und Anfeindung vertragen. Verlierer bekommen Zuspruch und Unterstützung. Eine Erfahrung, auf die vor allem Frauen gerne bauen – und ihnen das Zepter der passiven Aggression in die Hand gibt. Sie erwarten das Verlieren – mitunter provozieren sie es sogar – um dann den Trost abzugreifen. Ihnen ist das Soziale wichtiger. Wenn Frauen Systeme organisieren, bauen sie nicht auf Gewinn sondern auf Gemeinsamkeit. Es ist nicht schlecht – ich erachte das sogar als sehr wertvoll … schlimm wird es nur, wenn der Kampf gescheut aber der Gewinn erwartet wird.

Mit einigem Staunen stellte ich fest, dass manche Menschen offenbar nicht aus Spaß an der Materie oder weil sie Feuer für eine Sache gefangen haben an Wettbewerben mitmachen, sondern weil sie sich einen Platz am Treppchen erhoffen – und wie es scheint, ist das der einzige Fokus. Wenn ich Radfahren hasse, eine Tour de France aber nur mache, weil ich siegen will, schmerzt es sicher doppelt und dreifach, zu verlieren. Am Ende bin ich in der Lage, zu sagen, ich mache nicht mehr mit, weil ich verloren habe. Stellen Sie sich einen Sportler vor, der das ins Mikrophon sagen würde: ich habe nicht gewonnen, also nehme ich nie wieder an einem Wettkampf teil.

Der olympische Gedanke: "Dabeisein ist alles" – scheint nicht in jedem Menschen verankert.

Ich hatte in der Familie einige ganz erfolgreiche Radfahrer. Keiner davon hatte die Chance, je eine Tour de France auch nur zu schaffen – Traum war es dennoch für alle. Jedem war klar, er würde nie etwas reißen … aber: Die Aura, der Spaß, das Drumherum genießen. Freilich hätte keiner etwas gegen einen Gewinn gehabt, und jeder hätte nach Leibeskräften dafür gekämpft … aber das war nicht die Hauptmotivation, mitzumachen.

Ehrlich gesagt tun mir Menschen leid, die so viel auf Andere geben und sich dann davon abhalten lassen, etwas zu tun. Ich denke aber auch, dass diesen die Sache, in die sie investieren, einfach nicht am Herzen liegt. Als Autor (und jeder andere Künstler) wird man eines Tages auf Kritik stoßen – vernichtende Kritik. Das sehe ich fast täglich zu meinem Buch „Reingekracht“. Zwar sind die Mehrheit der Kritiken positiv – aber es gibt einige herbe, gemeine mentale Faustschläge. Würde ich „Anerkennung“ zur Priorität meiner Motivation machen, müsste ich das Schreiben sein lassen. Vor allem, weil ich sogar einigen dieser Kritiken zustimmen kann – auch wenn sie etwas herb ausgedrückt sind. Die Leser haben nicht unrecht – auch wenn ihre Kritik mehr mit ihnen selbst zu tun hat, als mit mir. So wie ein Gewinn mehr mit den Anderen (der Jury) zu tun hat, als mit mir.

Das ist ein Prinzip, dass es überall gibt. Ich tu was ich gerne tu – stelle mich Herausforderungen – und würde die Welt meine Werke hassen, ich würde deswegen immer noch gerne schreiben (oder zeichnen). Ich schrieb/zeichnete auch viel, als ich keinem Menschen zeigte, was ich fabriziere – und das war oft viel besser als jenes Zeug, das ich heute veröffentliche. Auch das ist ein Aspekt, den man beim Gewinnen lernen muss: Man erhält die Anerkennung selten für das, was man auch selbst gut findet. Was meine Leser lieben, ist etwas ganz anderes, als ich selbst liebe. Ich denke, das kennt jeder Autor. Die Lieblingswerke der meisten Autoren dümpeln dahin, werden oft gar nicht erst veröffentlicht … dafür erhalten Texte den Ruhm, die der Autor nicht eben zu seinen persönlichen Favoriten zählt. Auch das muss man annehmen lernen. Es ist nicht so leicht, wie man sich das vorstellt – denn mitunter fühlt es sich wie Versagen an, oder wie ein unrechtmäßiger Besitz.

Ich werde auch weiterhin an allen Bewerben mitmachen, die mein Interesse wecken und zu denen ich zugelassen bin. Dabei hoffe ich, alle Mitstreiter empfinden beim Schreiben soviel Spaß, wie ich das tu – und ihre erste Motivation ist auch genau das: Unendlicher Spaß. Bisher bin ich mit diesem Konzept sehr erfolgreich gewesen: Tue, was du liebst! Ich kann es weiterempfehlen.

Und bitte … nicht so tun, als wäre der eigene Einsatz eine Gefälligkeit, die entschädigt werden muss. Vereinbarungen dieser Art müssen immer im Vorfeld geregelt werden. Mache ich wo mit, weil ich davon eine Gewinn (wie auch immer) erwarte, dann muss ich den vorher aushandeln. Dann handelt es sich allerdings um ein Geschäft.

Wer denkt, er kann sein Leben oder Schicksal verhandeln, sollte bedenken, dass er das nur mit den Teufel kann. Ich bin zwar nicht gläubig – aber da zieht das Sprichwort:

Wer nur um Gewinn kämpft, erntet nichts, wofür es sich lohnt zu leben. Antoine de Saint-Exupery

Scheisstour

 

Das wird jetzt hässlich.

Als ich zarte zwanzig war und den Traum hegte, Autor und Maler zu werden, entsprechend auch aktiv war, traf ich auf eine Gruppe Leute, die ebenfalls kreativ war. Endgeil. Es gibt nichts, was ich inspirierender finde, als den Austausch mit anderen Künstlern. Dachte ich.

In dieser Gruppe gab es Bildhauer, Maler, Fotografen und Autoren von Prosa und Lyrik. Eines schönen Sommertags fanden wir uns zu einem Picknick auf einer Wiese ein. Jeder brachte Texte mit, oder Zeichenblöcke oder Fotos. Wir wollten uns austauschen, einander anregen und auch fruchtbare Zusammenarbeit stand im Raum. Mir war, als wäre ich im Paradies gelandet. Dachte ich.

Bisher war es so, dass mich andere kreative Menschen durch ihre reine Existenz motivierten, etwas zu erschaffen – dabei war egal, welcher Kunstform sich diese bedienten. Ein Musiker – selbst wenn ich dessen Musik nicht kannte – regte mich an, selbst zu schreiben oder malen. Es war dieser Glaube, der da entstand, dass es einen Sinn hat, kreative Werke zu erzeugen.

An diesem Tag auf der Sommerwiese erlebte ich die Schattenseite kreativen Austauschs. So wie andere Leute mich inspirieren, will ich andere inspirieren. So wie mir Mut macht, wenn ein anderer erschafft, will auch ich ermutigen. Am liebsten wäre mir, alle Menschen würden sich kreativ betätigen – und es gibt kaum etwas Schöneres, als einer neu erwachenden Leidenschaft beizuwohnen.

Nun las ich also – wie die anderen auch – Texte von mir vor, zeigte Fotos meiner Bilder. Das alles kam verdammt gut an, was doch jedem schmeichelt – allerdings ging das dann in eine derbe Richtung. Leute begannen zu sagen, dass sie nun ihre Sachen verbrennen würden, dass sie nicht mehr schreiben, malen, fotografieren würden. Mein „Talent“ und meine Werke hätten sie demotiviert – ihnen klar gemacht, dass sie die Kunst bleiben lassen sollten.

An diesem Tag kroch ich mit hängenden Schultern heim. War ich schuld, dass diese Leute aufgaben? Zerstöre ich Träume? Vernichte ich Potential? Das war das exakte Gegenteil dessen, was ich hatte erreichen wollen.

In der Zwischenzeit ist mir diese Scheisstour schon öfter begegnet und endlich kann ich sie auch zuordnen. Freilich – keiner der Leute, die behaupten sie würden nie wieder schreiben, malen, fotografieren, hat das auch wirklich bleiben lassen. Es war damals naiv von mir, davon auszugehen, dass Menschen sagen was sie meinen – oder meinen was sie sagen. Heute weiß ich, dass das eine derbe Manipulationsstrategie ist, die einer asozialen Grundhaltung entstammt.

Diese Androhung der Selbstzerstörung soll im Gegenüber Schuldgefühle auslösen. Es soll sich schlecht dafür fühlen, etwas Gutes erschaffen zu haben und idealerweise damit aufhören. Ein Konkurrent weniger. Es ist eine Zermürbungstaktik. Diese Methode, sich märtyrerhaft in den Staub zu werfen, ist eine grausame Taktik der passiven Aggression. Indem man sich zum Opfer macht, macht man den Anderen automatisch zum Täter. Egal ob der andere wirklich Täter ist, diese Rolle will. Das vermeintliche Opfer lebt hier seinen Kontrollwahn aus.

Natürlich gehört dazu auch der narzisstische „fishing for compliments“-Aspekt hinzu. Reflexhaft wird „der Täter“ oder die Zeugen den gesamten Fokus auf das Opfer richten, um es aufzubauen. „Natürlich musst du weiter schreiben, fotografieren, malen.“ Die Manipulation erreicht, was beabsichtigt wurde. Die Aufmerksamkeit geht weg vom „Könner“ der zum „Täter“ gemacht wurde und die ganze Gruppe (nicht selten auch „der Täter“) fokussiert auf das Opfer und bietet ihm Support. Eine bedauernswerte aber auch asoziale Masche.

Was tun, wenn man der ist, gegen den auf diese Weise manipuliert wird? Ein Tipp, den ich erhalten habe, ist, dem „Opfer“ recht zu geben: „Ja, du solltest wirklich nichts kreatives mehr schaffen!“ Vermutlich wird man damit gegen die Manipulationsdynamik an sich nichts ausrichten können – aber man kann die passive Aggression sichtbar machen – und auf offene Aggression kann man reagieren. Eventuell tritt „das Opfer“ ja auch aus seiner Märtyrerrolle heraus und entwickelt so etwas wie Stolz. „Ich lasse mir von dir nichts verbieten – ich schaffe was ich will.“ Damit wäre das Ziel erreicht.

Das Schlimme an diesen defensiven Kampfstrategien ist, dass sie den sozialen Trieb des Menschen als Waffe gegen sich selbst einsetzen. Während man auf einen offenen Angriff sofort den Aggressor und oft auch dessen Beweggründe kennt und daher reagieren kann, ist passive Aggressivität und die damit einhergehende Märtyrerstrategie zermürbend. Der Angegriffene fühlt sich angegriffen, wurde es aber „sichtbar“ nicht. Er fühlt sich schlecht, kann aber nicht reagieren. Egal was er tut oder sagt, er wird dann als der Angreifer gelten. Das ist Sinn und Zweck der passiven Aggression: Austeilen ohne einstecken zu müssen. Austeilen, indem man vorn vornherein das Opfer mimt, das Support braucht.

Menschen, die sich dieser Taktik bedienen, sagen selten direkt heraus, was sie wollen oder denken, sondern verpacken alles in einen Vorwurf oder eine Unterstellung. Sie sagen nicht: „Ich will dies oder das!“, sondern: „Warum bekomme ich nicht dies oder das?“ oder „Dass ich dies oder das nicht bekomme, kränkt/ist mal wieder typisch.“ Der Andere ist damit kein gleichwertiges Gegenüber mehr, sondern ein Täter, ein Bösewicht. Vermutlich führt ihn der soziale Trieb dazu, sich zu entschuldigen oder den Missstand schnell zu beheben. Er wird sich schlecht fühlen, da aus einer neutralen Angelegenheit eine negative Dynamik entstand. Jemand, der so etwas oft durchmacht, oder diese Strategien durchschaut hat, wird eventuell auch mit Aggression reagieren. Man nimmt die Rolle des Täters an um die kognitive Dissonanz zu beenden.

Meine Empfehlung ist, solche Menschen zu meiden. Sie sorgen dafür, dass man sich schlecht fühlt – was auch deren klares Ziel ist. Darüber sollte man sich keine Illusion machen. In der Regel handelt es sich um mit ihrem Leben unglückliche Menschen, die sich besser fühlen, wenn es dem anderen schlechter geht. Sie sind nicht in der Lage, wirklich etwas „gutes“ hervorzubringen – nicht weil sie unbegabt sind, sondern weil sie sich in ihrer defensiven Haltung bestätigen müssen und daher erst gar keinen Einsatz bringen. „Ich schaffe das nie. Ich bin schlecht. Ich bin dumm. Ich bin hässlich.“ Sie scheuen es, tatkräftig und damit „Täter“ zu sein, da damit Verantwortung einhergeht. Passiv aggressive Menschen wollen aber keine Verantwortung – und der Support wird auf eine Weise erschlichen, dass sie im Fall des Falles immer sagen können: „Ich habe darum nicht gebeten – du hast doch unbedingt helfen wollen.“ Auch das ist beabsichtigter Teil der Manipulation. Der „Supporter“ wird ebenfalls in Schuldgefühle hineingezogen. Er hat doch „aus freien Stücken“ zugesagt zu helfen, daher kann er „das Opfer“ doch nicht jetzt im Stich lassen.

Mit dieser Opfer-Täter Masche kann man andere Menschen prima manipulieren, Kontrolle ausüben und jede Verantwortung von sich weisen. Wendet sich jemand von diesen Menschen ab, wird das als hinterhältiger Angriff gewertet. Menschen, die die passive Aggression zelebrieren, wittern sie in jeder Kleinigkeit. Mit an Paranoia grenzender Vorsicht finden sie selbst in Aktivitäten einen Angriff, die nicht mit ihnen zu tun haben.

Sozialphobie 1.0

 

Heute mal ein sehr persönliches Thema.

Was Sozialphobie ist, das kann sich jeder mit wenigen Klicks im Internet zusammensuchen – allerdings findet man dort – wie bei jedem Thema – nur die populäre Variante. Sozialphobiker wären Menschen, die in erster Linie Angst vor negativer Bewertung durch andere hätten. Anders als zum herkömmlich Schüchternen nimmt dies eine Dimension an, die dem Betroffenen ein „normales” Leben verkomplizieren bis – je nach Schweregrad – verunmöglichen. Sozialphobiker fahren die Vermeidungsstrategie und ziehen so ihren Bewegungsradius immer enger. Eine Sozialphobie ist laut diesen Texten in erster Linie durch eine Verhaltenstherapie gut „heilbar”, bei der der Betroffene sukzessive an die angstauslösenden Situationen herangeführt und damit … ich nenne es mal so … emotional abstumpft.

Als jemand, der selbst von einer Sozialphobie betroffen ist, kann ich dem nicht vollständig zustimmen, andererseits ist mir bewusst, dass man nicht jede Information zu einer psychischen Störung gnadenlos verbreiten kann – da ein Heilungserfolg in so esoterischen Gefilden wie den Psychotherapien sehr von der Erwartungshaltung und der Einstellung der Klienten abhängt. Ich erhebe keinen Anspruch auf wissenschaftliche, politische oder sonst irgend eine Korrektheit, sondern schreibe hiermit als Betroffener, der dieses Thema zumindest am Rande immer wieder auch in seinen Büchern aufgreift.

Es stimmt, dass eine Sozialphobie einen gravierenden Eingriff in die Vita nimmt. In meinem Fall hat sie ein Studium verhindert. Es ist für jemanden, der nicht mit solchen Problemen kämpft vermutlich schwer nachvollziehbar, was es bedeutet, eine Phobie vor zwischenmenschlichen Kontakten zu haben. Ich war faktisch nicht in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Es geht dabei nicht in erster Linie um die Menschenansammlung – sie ist unangenehm, nicht aber der eigentliche Stressfaktor. Problematisch wird der Kauf von Karten an einem Schalter (Damals gabs noch keine Automaten und Internet gabs auch nicht in der Form wie heute). Problematisch wird, wenn sich eine andere Person neben einen setzt. Problematisch wird es jedes Mal, wenn irgenwer Person Kontakt aufnimmt oder es nötig wird, Kontakt aufzunehmen. Da man nicht kontrollieren kann, wer auf die Idee kommen könnte, eine Interaktion zu starten, macht auch die Masse Stress. Man vermeidet Blickkontakt und versucht sich in unauffälligem Verhalten – was manchmal erst recht auffällig wird, unter anderem, weil die defensive Haltung wiederum anderen Mut macht, einen im Falle einer Auskunft anzusprechen. Hier wären wir schon bei dem Punkt, den ich in den Beschreibungen am meisten bemängle:

Die vordergründige Angst ist nicht, sich zum Idioten zu machen, schlecht dazustehen – sondern die, vernichtet zu werden. Ich persönlich habe überhaupt kein Problem, wenn mich jemand nicht mag oder gar für ein Arschloch hält. Ich komme gut damit klar, nicht gemocht und akzeptiert zu werden. Meine Angst ist, von anderen Menschen vernichtet zu werden.

Das klingt jetzt mal drastisch – und es fühlt sich auch genau so an – aber das ist die unschöne und daher nicht gern beschriebene Seite des menschlichen Zusammenlebens – vor allem, je dichter der Raum gedrängt, je knapper die Ressourcen und je nötiger die Ellbogentaktik wird. Wie viele andere verfüge auch ich über Erfahrung als Mobbingopfer und wer schon einmal Zielscheibe von Mobbing war, weiß, wie es sich anfühlt, wenn sich die Persönlichkeit auflöst – wenn man … ja … vernichtet wird. Der allgemeine Zwang, kein Feigling zu sein und Dinge bis zum bitteren Ende durchzustehen, da man sonst als Weichei, Inkonsequent, Unglaubwürdig und eine Menge andere Dinge – also praktisch als nicht Überlebensfähig in der Leistungsgesellschaft gilt, neigen viele Mobbingopfer, zumindest beim ersten Mal, zu lange in der Situation zu verweilen und dem fatalen Irrtum anzuhängen, man könne sie lösen.

In der Tat gibt es einen Weg aus dem Mobbing, den wird aber kein Opfer in der ersten Runde beschreiten. Neben Suizid ist also oft Flucht Mittel zur Wahl. Erst in der zweiten und späteren Instanz kommt auch die Erkenntnis, dass zurückschlagen – je nach Schweregrad bis zum Amoklauf – ein Weg ist, wenn auch ein extremer, die Situation zu lösen.

Um wieder auf das Thema Sozialphobie zurückzukommen. Einhergehend mit der Angst vor Vernichtung – die keine abgehobene, verrückte ist, sondern eine ganz konkrete und nicht selten auf unmittelbare Erfahrungen gegründet, kommt oft auch die Angst vor Vereinnahmung und Grenzüberschreitung. Es gibt Instanzen, die schon per Definition grenzüberschreitend sind und daher für einen Sozialphobiker mitunter eine unlösbare Herausforderung darstellen, wie etwa Ärzte oder Behörden. Aber auch im privaten Sektor gibt es immer wieder Menschen, die – mangels Taktgefühl oder anderer Störungen – kein Empfinden für die Grenzen anderer haben.

Ein Sozialphobiker ist bereits mit alltäglichen Kleinigkeiten der menschlichen Interaktion überfordert – was er nicht brauchen kann, ist zusätzlicher sozialer Stress. Daher ziehen sich die meisten Betroffenen irgendwann vollkommen zurück und reduzieren die Kontakte auf ein absolutes Minimum. Ich selbst bin so ein Beispiel.

Eine Belanglosigkeitssendung

 

Manche Bemerkungen sind wie alter Wein: Herb zu Beginn, süß im Abgang.

Da fand ich mich jüngst in einer Diskussion wider, deren eigentlicher Inhalt für die wunderbare Dynamik irrelevant ist. Dennoch eine Vorbemerkung: Kommt jemand mit dem Schlagwort „Neiddebatte” bin ich stets versucht, meine Aufmerksamkeit besseren Dingen zuzuwenden – Lebenszeit ist zu wertvoll, sie mit Egoproblemen anderer zu füllen. Manchmal, das scheint die Arroganz der Belanglosigkeit zu sein, merke ich gar nicht, wie heftig ich eigentlich auf den Füßen anderer herumtrample.

So durfte ich mir zu meinem 1. Jährigen Jubiläum auf BookRix anhören, dass ich „die Öffentlichkeit” mit „Belanglosigkeit vollballere”. Gemeint waren meine Bücher. Dazu ein Minimalexkurs:

15. Dezember 2012 – ich stelle meine ersten beiden Werke „Arrangement” und „Nastyboy” auf BookRix online. Nastyboy war dabei nur ein „Lückenbüßer” da mir peinlich war, mit nur einem Buch vertreten zu sein. Es war eine sogenannte „Schubladengeschichte”. Eigentliches Werk war „Arrangement”. Damals stellte ich sehr, sehr kühne Überlegungen an – Überlegungen von einer Kühnheit, die mir beinahe Schuldgefühle machte: Schaffe ich es, in 2 Jahren 100 Herzen zu bekommen? Auf diese kühne Schätzung kam ich erst, als ich innerhalb weniger Tage 5 Herzen hatte und einfach die Mathematik bemühte.

15. Dezember 2013 – 256 (!) Herzen für „Arrangement” und unzählige tolle Kommentare. „Nastyboy”, mein Stiefkind, bei dem ich mit 0 Herzen rechnete: 31 Herzen, viele nette Kommentare – dabei ist es mein einziges unkorrigiertes Werk – von mir sträflichst vernachlässigt, sowohl inhaltlich als auch das Cover betreffend.

3. Mai 2013 – ich wage den ersten Schritt und gehe mit „Der Kuss” in den Verkauf. Ich habe weiche Knie und rechne damit, in drei Monaten maximal 5 – 20 Verkäufe zu haben. Eine Zahl von 50 scheint mir pervers hoch – 100 wage ich nicht einmal anzudenken. Bereits vier Monate später streife ich die Grenze zu 1.000 Verkäufen. Mittlerweile bin ich mit 9 Büchern im Verkauf – keines davon muss sich, die Verkaufszahlen betreffend, verstecken. Die Gratis-Werbeaktion mit „Reingekracht” bringt mir nicht nur eine Auflage von über 18.000 (!) sondern bisweilen auch 63 (!) Kommentare. Auch wenn es Ergebnis einer Gratisaktion war und ich bei den Kommentaren teilweise ordentlich einstecken musste – da manche mit dem „Homo-Genre” nicht klarkommen und beim Lesen von schwulen Sex einen spontanen Arschkrampf bekamen (wirklich konstruktive Kritik war selten, lese ich aber immer gerne).

Bereits im November wird mir klar: Wenn es so weiter geht, kann ich vom Schreiben leben. Ich bin ein sparsamer Mensch. Ich brauche weder ein Haus, noch einen Garten oder Urlaub, kein Auto, Kleidung kaufe ich nur, wenn sie mir vom Leib fällt – mitunter also alle zehn Jahre. Will sagen: Ich werde durch das Schreiben nicht reich – aber ich kann davon gerade so leben und was braucht man mehr, wenn man es von dem kann, das man LIEBT? Ich bin so privilegiert wie keiner sonst, den ich kenne.

Mir war aber ehrlich gesagt nicht bewusst, wie „privilegiert” ich auch auf BookRix bin. Mir war nicht bewusst, dass ich Menschen ins Gesicht spucke, wenn ich solche Sachen schreibe wie: „Ich lebe vom Schreiben!” oder „Ab 1.000 eBook-Verkäufe pro Buch überlege ich, auch eine Printfassung anzubieten!” Es waren Argumente in einer gewöhnlichen (und leider mehr als nur gewöhnlichen – bisweilen unterirdischen) Debatte. Plötzlich kam der pseudosarkastische erste Angriff mit dem ungefähren Inhalt: Mach einen „richtigen” Job. In weiterer Folge wurde mir gesagt, es wäre bemitleidenswert, dass ich die Öffentlichkeit mit Belanglosigkeiten vollballere – das wäre lästig.

Wie bei manch altem Wein dachte ich erst: Boah, herb. Das heißt – in der allerersten Sekunde schmeckte ich mal nichts – außer viel Nass. Dann kam der herbe Geschmack. „Was ist da los?” Ich begriff, dass das ein Angriff auf mich war. Aber warum? Warum so plötzlich? Ich hatte meines Wissens niemanden persönlich provoziert um einen solch persönlichen Angriff zu „verdienen”. Wie öfter in letzter Zeit, blinkte eine Weile dieser berühmte „What the Fuck” Schriftzug über mir. Der Angriff kam aus unerwarteter Ecke und war unerwartet aggressiv, wenn auch in schöne Tippfehler verpackt. Warum man mir auf diese Weise kommen musste, war mir ein vollständiges Rätsel.

Die nächsten zwölf Stunden war ich mit meinem Offline-Leben beschäftigt. Ich schilderte jemandem von diesem etwas seltsamen Angriff und da kam der Begriff „Neiddebatte”. Unsinn, dachte ich, die involvierten Namen waren mir aus ebenso zahlreichen wie endlosen Diskussionen in diversen Foren bekannt. Seit Monaten stolpere ich bei fast jedem eigentlich interessanten Thread auf diese Battelorgie, die immer im Sand verläuft. Da wird von den Protagonisten sehr viel Zeit und Energie investiert, obwohl offenbar beiden Leuten schon seit MONATEN bekannt zu sein scheint, dass sie nie im Leben auf einen grünen Nenner kommen werden. Dennoch schlagen sie sich „Catfight”-Mäßig in endlosen Runden, entzünden einen Flame-War nach dem anderen. Ich ging daher fälschlicherweise davon aus, es handele sich um „Größen”, Autoren mit einem hohen Verbreitungsgrad, die „einen Namen haben”. In der Kategorie: Die „Dan Browns von BookRix”. Die Unlogik meiner Interpretation fiel mir nicht auf. Ich dachte eben nur: Wer sich in den BookRix Foren so vehement einbringt, muss eben … wichtig sein. Nun. Ich bin in mancherlei Hinsicht naiv.

Nun, das Argument „Neiddebatte” wollte mir dennoch nicht schmecken. Ich dachte: „Mit meinen popeligen 1.000 Verkäufen lachen die über mich.” Ich dachte, die verkaufen das zehnfache. Mindestens. Nur das erlaube eine solche „von oben herab”-Bemerkung. So, wie ich auf noch wackeligen Beinen von „vom Schreiben leben” schreibe, ist das für sie gewiss, als sähen diese röhrenden Zwölfender auf mich noch von der Geburt glitschiges Kitz herab.

Diese Bemerkung, so dachte ich, wäre diese gewohnt-arrogante „Alte Hasen Haltung” die man in Schrifttellerkreisen, oft vorfindet: „Mach was anderes, wenn du kannst.” - „Vom Schreiben kann keiner leben.” Noch dazu bin ich ja eine „Nischenautorin”. Mit schwulen Liebesgeschichten, die einerseits explizit sind, andererseits gesellschaftskritische Kernthemen anschneiden (was nur Leser wissen können – also nicht die Angreifer) bin ich definitiv so Außenseiter, wie man nur sein kann. Neiddebatte – wie lächerlich. Niemals.

Also mal interessehalber recherchiert. Bums. Okay. Ohne zu wissen, habe ich mit so lapidaren Äußerungen wie „Ab 1.000 Verkäufe” und „vom Schreiben leben” ein paar sehr schmerzhafte Ohrfeigen verteilt. Das war mir nicht bewusst. Für jemanden, der noch nicht einmal ein Zehntel an Views einbringt, als ich Herzen – ist es freilich eine offene Kampfansage, wenn ich mich auf meinem Niveau „beklage”. Nun kann ich auch das „Es ist lästig” und „die Öffentlichkeit mit Belanglosigkeit vollballern” nachvollziehen. Muss hart sein, wenn man nur durch endlose Threadschlachten einen Namen erlangt, nicht aber als Autor von Büchern/Geschichten. Völlig nachvollziehbar, dass es nervt, wenn dann eine Homoautorin daherwackelt, behauptet, von ihren Schwulensexstories leben zu können und auch noch die Frechheit besitzt, intelligent genug für Impressumsdebatten zu sein, die nicht bei „du bist aber blöd” enden.

Der Wein war im Abgang sehr süß!

Jetzt schlägts aber 13!

 

Ich habe kein Problem mit schlechter Kritk. Selbst wenn ein Leser spontanen Arschkrampf bekommt, weil er plötzlich über die Liebe und den Sex zwischen Männern liest (was beim Coverlogo Gay-Romance ja sicher nicht zu erwarten war), verstehe ich das. Wenn sich einer verklickt oder wegen der 0,00 Euro Preispolitik IRGENEIN Buch liest, das Genremäßig nicht in sein Interesse passt, und er gibt dann mir die Schuld, weil ich es gratis angeboten und ihn damit zum Wühltischlesen animiert habe – sogar damit habe ich kein Problem. Auch wenn – freilich – schöner wäre, wenn Kritik konstruktiv erfolgen würde. Aber auch „So ein Schrott!”-Rezensionen, mit ihrer inhaltlichen Tiefe, sind kein Problem für mich. Seit Reingekracht bin ich diesbezüglich etwas abgehärtet. „Schulaufsatz” und „Schwulenporno”, „Groschenheft” und so einiges anderes musste ich mir anhören. Alles kein Problem. Leser haben das Buch gelesen, es für schlecht befunden und tun ihre Meinung kund. Für Meinungsfreiheit stehe ich, kämpfe ich, demonstriere ich.

Ich stehe auch voll hinter dem Rückgaberecht, wenn meine Geschichten nicht gefallen.

Aber:

Wenn eine Leserin ein entweder defektes Gerät hat, oder eine schlechte W-Lan-Verbindung oder einfach nicht über technische Kompetenz verfügt, oder ein veraltetes Gerät hat oder den falschen Typus von Gerät, oder was auch immer dafür verantwortlich ist, dass sie ein eBook nicht auf ihren Reader laden kann, dann hat das NICHTS und zwar NICHTS, wirklich überhaupt NICHTS mit meinem Buch zu tun. Wenn diese Leserin dann eine 1-Stern Rezension schreibt, obwohl sie das Gratisbuch NICHT gelesen hat, und in dieser Rezension noch FÜNF weitere Bücher nennt, die sie ebenfalls nicht geschafft hat, auf ihren Reader zu laden, dann hat das mit meiner Geschichte NICHTS zu tun. Noch unverschämter: Bei keinem der fünf anderen Bücher erfolgte eine 1-Stern Rezension. Offenbar wollte mir die Leserin entweder gezielt schaden, oder sie war so angepisst, dass sie nach Zufallsprinzip mein Buch ausgewählt und eine 1-Stern Rezension stellvertretend für insgesamt mindestens fünf Bücher anderer Autoren geschrieben hat, die sie an diesem Nachmittag, aus welchem Grund auch immer, nicht auf ihren Reader laden konnte.

Zwischen einem technischen Support und einer Buchrezension nicht unterscheiden zu können, ist allerdings eine äußerst peinliche Sache.

Ich stelle immer wieder fest, dass es ein Ranking unter den kognitiv Herausgeforderten gibt. Das Wettrennen der Zerebralasketen ist stets ein erschütterndes Schauspiel, aber es auf meinem Rücken auszutragen, das kann ich nicht immer hinnehmen.

(Beitrag um eine Menge sehr ausfallende Kommentare auf ein drittel gegkürzt)

Gelten im Internet andere soziale Regeln?

 

Eine Frage, die mich immer wieder beschäftigt.

Grundsätzlich stellt für mich das Internet eine Entfesselung dar. Als ein Mensch mit sozialen Phobien gelingt es mir selten, im physischen Leben Bekanntschaften (geschweigedenn Freundschaften) zu schließen, es sei denn, ich bin durch etwas dazu genötigt, was man beim Schreiben „Schmelztiegel“ nennt. Also zum Beispiel eine Arbeitsstelle, die Schule, die Familie. Situationen, in denen ich nicht aus kann. Diese sind zwar hilfreich dabei, durch den geografischen und zeitlichen Zwang Kontakte aufzubauen, wirken auf mich allerdings bedrohlich bis traumatisierend. Mitunter brauche ich Tage bis Wochen, mich davon zu erholen oder anderweitig damit klarzukommen. Eines bleibt es immer: Stress.

Diese soziale Zwangsbeglückung generiert selten überdauernde Bekannt- oder Freundschaften. Das Ende des Schmelztiegels ist oft auch das Ende des Kontaktes, wobei ich glaube, dass das auch bei Leuten so ist, die nicht unter sozialen Phobien leiden.

Für mich war das Internet einst ein echter Befreiungsschlag, der dazu beigetragen hat, mich sozial auch im physischen Leben besser zurechtzufinden. Als ehemaliges Mobbingopfer war es erleichternd, einem Bildschirm gegenüberzusitzen und nicht dem „physischen Feind“, als den ich andere Menschen irgendwann sah. Das Internet ist kein Schmelztiegel, die Kontakte können sich lose anbahnen, das geschriebene Wort liegt mir seit jeher besser, als das gesprochene. Ich kann mir Zeit mit Antworten lassen, sie umformulieren, bis sie mich korrekt ausdrücken – allerdings – anders als im physischen Leben – sind diese Konversationen nicht temporär. Man kann sie mitunter noch Jahre später nachlesen (und unser aller Freund die NSA ebenfalls). Ein Grund mehr, mir mehrere Tage Zeit mit Feedback zu nehmen, wenn es um heikle Themen geht.

Die Möglichkeit, mich relativ einfach zurückziehen zu können, wenn es mir zu viel wird (und das wird es bei mir sehr schnell) war und ist eine der von mir höchst geschätzten Aspekte in Beziehungen. Aus diesem Grund haben bei mir auch im physischen Leben nur jene Freundschaften überdauert, in denen genau das möglich war – in denen auch ein Rückzug von einem Jahr kein Problem darstellt, in dem mir dann weder unangenehme Fragen gestellt und noch daraus Vorwürfe gedreht werden. Da mein Rückzug selten mit der anderen Person zu tun hat, ist für mich eine Freundschaft mit jemandem, der es persönlich nimmt, beleidigt ist oder gar panisch reagiert, wenn ich mich für Tage, Wochen oder Monate zurückziehe, praktisch nicht möglich. Nicht nur, weil ich den Druck nicht aushalte, sondern auch, weil ich denjenigen nicht permanent verletzen will. In diesem Fall ist eine Nicht-Freundschaft eine Art invertierte Symbiose.

Sozial gelten für mich online dieselben Grundsätze, wie im „realen“ Leben. Für mich IST online das reale Leben – unter anderem. Ich schreibe dafür, ich lebe davon – wie könnte es nicht real sein? (Daher schreibe ich vom offline-Leben lieber als „physisches Leben“.) Zwischen Freunden zum Anfassen und Freunden, die ich über das Netz habe, unterscheide ich nicht – für mich zählt das, was ein Mensch im Wesen, im Kern ist, was er im Kopf hat, und nicht, dass er einen Körper hat. Zynisch ausgedrückt könnte ich auch durchaus mit einem Bot befreundet sein, wenn er sympathische Parameter erfüllt – warum auch nicht.

Da wie dort gibt es Dinge, mit denen ich sehr schwer klarkomme. Ich kann nicht akzeptieren, wenn mir jemand vorschreiben möchte – und sei es durch passiv aggressives Verhalten – mit wem ich Kontakt haben darf. Wer sich aufgrund der Wahl meiner Gesprächspartner persönlich angegriffen fühlt, sollte besser auf mich verzichten. Meine neurotische Natur greift die Vorwürfe nämlich auf und zersetzt, aus Angst, etwas Falsches zu sagen, nach und nach den unbefangenen Umgang. Die um sich greifende Selbstzensur macht eines unmöglich: Vertrauen und Offenheit. Das vernichtet Freundschaften sehr effizient.Zu einer meiner Mobbingerfahrungen zählt, mich erst zu einer Sache zu ermuntern und motivieren, mir geradezu die Rutsche dahin zu legen, um mir dann, wenn ich sie durchziehe, ein bitteres Drama daraus zu drehen, in das andere mit hineingezogen werden und in dem ich als Verräter und Saboteur gehandelt werde. Ökonomischer kann man mein Vertrauen kaum verlieren.

Ich bin (außer gegenüber Mobbern) nicht nachtragend, aber ich brauche meinen (mitunter rigorosen) Rückzug, um gewisse Retraumatisierungen zu verarbeiten. Erhalte ich den nicht, und wird meine Abwesenheit zu einem Motor für Jagd, Vorwürfe und kryptische Unterstellungen in der Öffentlichkeit, wird jede Chance, dass hier noch was heilen wird, in handliche Stücke gehackt und in alle Winde zerstreut.

Zur Bussi-Gesellschaft habe ich nie gehört. Derlei Geplänkel ist zwar sehr amüsant, hat für mich jedoch kein Gewicht.

Ein ernstes Wort zu …



… Neid.

Seit einiger Zeit bietet BookRix auf dem Dashboard eine Liste »Ranking BookRix« an. Auf dieser kann jeder Autor sehen, wo im Ranking sein Buch steht (Genrespezifisch und gesamt), aber, daraus errechnet, auch seine eigene Position. Simples Prinzip: Viele verkaufte Bücher = bessere Platzierung im Autorenranking.

Ich finde es interessant, zu wissen, wo man bei rund 50.000 (Zahl geschätzt) verkaufenden Autoren gereiht ist. Als das Dashboard frisch installiert wurde, war ich auf Platz 40, aktuell bin ich auf Platz 61. Nicht, dass ich seitdem weniger verkauft hätte, im Gegenteil, meine Verkäufe sind gestiegen, aber es gibt satt Konkurrenz. Als »Homo-Autorin« wird man es vermutlich kaum unter die ersten Plätze schaffen, da es trotz Boom ein Nischengenre bleibt und jede Hetero-Liebesgeschichte ein viel, viel größeres Publikum findet.

Nun lese ich in regelmäßigen Abständen eine Beschwerde über dieses Autorenranking. Das Argument ist, dass es Neid schüren würde und sich die Autoren untereinander die Augen auskratzen würden. Besser wäre, so ein Ranking abzuschaffen, da es sinnlos wäre.

Ehrlich gesagt erstaunen wie erschüttern mich derlei Aussagen. Sie stellen Autoren als missgünstiges Völkchen mit der Infantilität eines unreifen Geistes dar, die statt des eigenen Erfolgs bloß neidisch auf den eines anderen sind. Und das ist kein gutes Licht. Meiner Ansicht nach ist es auch ein völlig verzerrtes Bild, das dieser Autor von seiner eigenen Spezies hat.

Bis heute ist mir noch kein Autor begegnet, der neidisch auf meinen Erfolg war und mir deswegen hätte die Augen auskratzen wollen. (Glaube ich zumindest.) Ebenso wäre mir noch nie die Idee gekommen, böse, neidisch oder sonst etwas zu sein, weil ein Autor »über mir« gereiht ist.

Freilich wächst mein Stolz ein bisschen, wenn ich im Ranking ein paar Plätze aufsteige und ein klein wenig, ein winzig klein wenig, nagt es, wenn ich ein paar Plätze absteige. Andererseits ist mir viel zu bewusst, dass da eine Menge Parameter mitspielen, für die ein Autor nichts kann. Beispielsweise müsste man doch dessen Lesern die Augen auskratzen, weil sie ihn gekauft/gelesen haben, statt die eigenen Bücher. Oder man müsste sauer sein, dass der andere Autor besser den Massengeschmack trifft oder/und schlichtweg bessere Bücher schreibt. Aber …

… wäre diese Energie nicht sinnvoller investiert, sich selbst zu verbessern?

Was ich gerne mache, ist, versuchen herauszufinden, warum manche Bücher/Autoren »gut gehen« und andere nicht.

Einen Punkt schnitt ich schon an: Das Genre. Homoerotische Geschichten sind im Kontrast zu Hetero-Liebesromanen immer noch Nische. Auch Fantasy und Krimi führen vor Homoerotik, und vermutlich noch eine Menge mehr. Ebenso wird jemand, der ein philosophisches Sachbuch zur Selbstwertproblematik der heimischen Hausstaubmilbe schreibt, wohl auch gegen Homoerotik schwer bestehen können. (Wobei ich jetzt echt Interesse entwickle, ein solches Buch zu lesen.)

Dies gilt es also mal ganz nüchtern ins Auge zu fassen.

Wenn überhaupt, müsste man sich Genrespezifisch in einem Ranking messen, um herauszufinden, wie »gut« man ist.

Lässt man diesen Punkt mal unbeachtet, finde ich es interessant, mir anzusehen, was Bücher so beliebt macht, was sie im Ranking nach oben führt. (Denn der gute Buchverkauf hebt das Autorenranking.)

Zunächst, klar, muss man den Zeitgeist und den Massengeschmack treffen. Dann bevorzugen Leser längere Bücher (auch wenn diese anstrengender zu schreiben sind). In den Top fünf sind meist Bücher mit rund 60.000 – 120.000 Worten. Leser wollen in eine Geschichte eintauchen. Weiters scheinen »Serien« beliebt zu sein, was bei näherer Betrachtung logisch ist: Wenn Leser eine »Welt« lieben, wollen sie mehr davon und die anderen Teile ziehen »fast von selbst« mit. Und damit ist etwas Weiteres angesprochen: Der Roman muss  fesseln, unterhalten und den Wunsch nach »mehr« entfachen. Ein ansprechendes Cover und ein guter Schreibstil verstehen sich von selbst.

Neidlos kann man anerkennen, dass andere es besser machen. Ebenso, wie man wohl neidlos akzeptieren wird, dass manche es schlechter machen.

Auch, wenn eine Geschichte gut sein muss, damit sie »zieht«, wissen wir, dass es im Hintergrund tausend bessere Sachen gibt. Dass das eine Buch »entdeckt« wird, das andere nicht, ist keine bösartige Attacke gegen alle anderen Autoren. Es ist wohl eine Mischung aus unter anderem Glück, Zeitgeist und Marketing. Keines für sich könnte den Erfolg ausmachen, aber in der Kombination ist es eine explosive Mischung.

In den »herkömmlichen« Gefilden der Buchwelt wird nicht selten der Autor hinter dem Buch zum Marketing. Vielleicht hat der Autor bereits einen Namen, oder er hat den entsprechenden Background, oder er tut irgendetwas, das ihn bekannt macht. Oft wird auch eine Legende um einen Autor geschaffen. Viele Namen sind Pseudonyme und die entsprechenden Autorenbeschreibungen vorne im Buch rein fiktiv. Wer über einen Nachtwächter schreibt und vorne in seinem bisherigen Job-Repertoire eine Episode als Nachtwächter angibt, verleiht seinem Buch einen authentischen Touch. Und Menschen lieben Authentizität. Wer einen zynischen Roman über einen Protagonisten im Musikbusiness schreibt, hat bessere Chancen, wenn er selbst in der Branche tätig war (oder es überzeugend behaupten kann). Freilich, wenn das jemand aus der Branche liest, wird er schnell erkennen, ob es Fake ist oder echt – man sollte also aufpassen damit. Grundsätzlich ist so etwas aber ein guter Antrieb.

Ich verstehe einfach nicht, warum man Neid entwickeln sollte oder gar einem anderen Autoren die Augen auskratzen. Der dieser Argumentation zugrundeliegende Gedanke entgeht mir völlig. Wer auf dem Niveau der Sandkiste stecken bleibt, darf zwar mit bunten Kübeln spielen und wird von mancher Omi aufgrund der Zöpfchen und der frechen Schnute geliebt, aber ernstgenommen wird man damit eher nicht. Erwachsen werden möchte manch einer bis zum Grab nicht, aber er wird auch nicht ewig als süßes kleines Kind gesehen werden. Irgendwann ist Unreife einfach nur peinlich. Neid und damit einhergehende Destruktivität als Triebfeder ist nicht nur anderen gegenüber, sondern in erster Linie sich selbst gegenüber respektlos.

Sich an den Händen fassen und sagen »Hauptsache du hast dich bemüht« ist zwar im Kindergarten eine adäquate Umgangsform, aber irgendwann sind wir da raus und dann müssen wir uns der Welt stellen. Manche wollen sich aber dennoch am liebsten an den Händen nehmen und sagen: Wisst ihr was, Leser, ihr kauft einfach von ALLEN ein Buch, dann muss niemand eifersüchtig auf den anderen sein.
Ney.

So ist es eben nicht. Wir schreiben. Wir verkaufen. Wir befinden uns im Wettbewerb. Und zu sagen, der Name täte nichts zur Sache, versteht den Sinn einer Marke nicht. Denn durchaus kaufen viele Leser Bücher, weil sie den Autor kennen und mögen. Würde jedes Buch ohne Autorenname auf den Markt kommen, müsste es sich jeweils für sich beweisen. Ob das ehrlicher wäre, sei mal dahingestellt, aber wer unter anderem ganz gut davon lebt, dass sein Name auf dem Cover steht und der daher mit einer Menge Verkäufe »fix« rechnen kann, weil der Namen eben für etwas steht, das Leser schätzen, der muss auch verkraften können, dass er in einem Autorenranking gelistet ist.

Achja: Konkurrenz belebt. Wer bloß die Krallen schärft, ist keine Konkurrenz, sondern denunziert sich als dem Fachgebiet nicht würdig.

Es geht um die Wurst

Österreich ist im Ausnahmezustand. Eh immer, irgendwie, aber im Moment ganz besonders – und anders. Anders zumindest, als man Österreich kennt. Ein Land, in dem sich »wer etwas werden will« besser nicht outet, und wer eine Familie gründen will, besser im anderen Geschlechterpool als dem eigenen fischt, haben wir nun eine Vorzeige-Drag-Queen.

Ich gestehe, ich habe mir den Eurovisions Songcontest nicht angesehen, aber entsprechende Sendungen davor und danach inhaliert. Ich habe ein »seltsames Gefühl«.

Und das schon vor einem Jahr, oder wann auch immer Conchita Wurst es erstmals geschafft hat, ein größeres Publikum zu ergattern. Ich habe weder Fernseher noch Radio, daher ging sie bis vor Kurzem gänzlich an mir vorbei. Klar »kannte« ich die »Frau mit Bart«, selbst bei Medienverweigerung kommt man an den Fotos nicht vorbei, aber sie war mir ehrlich gesagt schnuppe. Ein »Showgirl« eben, wie man in »Too Wong Foo« sagt.

Nungut, zurück zu der Zeit, als sie noch ein kleines Sternchen im ORF war, und die ersten Österreicher diese Frau mit Bart sahen. Leute schwärmten von ihr, die im realen Leben niemals damit klarkommen würden, wenn »so eine/r« in ihrem Umfeld wäre. Das war mir suspekt. Leute, die einen Arschkrampf bekommen, wenn ich mich als Autorin homoerotischer Geschichten oute, stehen nun also auf dieses »Showgirl«. Damals lächelte ich über diese Doppelmoral und ging darüber hinweg. Gibt Wichtigeres als Fernsehen und irgendwelche Shows. Die Schwärmerei für ihre Stimme interessierte mich (gute Musik kann man immer brauchen) – ich kam aber schnell dahinter, dass ich wohl andere Qualitätsansprüche an Musik und Unterhaltung stelle. (Weshalb ich eben auch keinen Radio oder Fernseher habe.)

»Antony and the Johnsons« ist in meinen Ohren gut. Alljährlich zu Weihnachten durfte ich der Musikdarbietung einer Schule beiwohnen und erlebte das Stimmwunder eines Intersexuellen vom Kind bis ins Erwachsenenleben. Auch diese Darbietung schlug das, was uns hier im Zuge des ESC geboten wurde, um Längen. Aber darum soll es nicht gehen. Geschmäcker sind verschieden und ebenso könnte ich eine Diskussion über die musikalische Darbietung verschiedener Heavy-Metal-Bands anstreben.

Nun wurde Conchita Wurst über den ORF gehypt und zum Songcontest geschickt – und hat dort gewonnen. Es ist ein politischer Sieg. Ich kenne zwar die Songs der anderen Teilnehmer nicht, lege aber die Hand ins Feuer, dass es musikalisch weit bessere Darbietungen gab, trotz Songcontest. Der politische Sieg ist toll und in Zeiten, in denen sich die Lage für Homosexuelle wieder verdüstert, mehr als willkommen und notwendig.

Aber.

Aber ich vermisse die Differenzierung. Gewaltige Kräfte sind gefährlich, sie bilden einen Sog. »Wir« sind Songcontest-Sieger, wird da behauptet (ich holte die Berichterstattung im Internet nach). »Ich« bin nicht Österreich, damit fühle ich mich nicht betroffen. Nationalitätsgefühle waren mir immer schon ein Gräuel, ebenso wie Geschlechtsgefühle. Mir sagt man fast täglich, ich wäre in Wahrheit ein Kerl, dabei besitze ich einen enorm weiblichen Körper. Letzteren mag ich zwar nicht besonders und das Kompliment, männlich zu funktionieren/denken nehme ich gerne an, aber ich passe dennoch in keine der Kategorien. Schriftlich (Internet) werde ich oft als Mann wahrgenommen (auch in beruflichen E-Mail-Kontakten wurde ich trotz weiblichem Vornamen seit jeher mit »Herr« angesprochen), körperlich aber bin ich zu eindeutig Frau, um irgendjemanden zu irritieren.

Nun, ich schweife ab.

Was mich an der aktuellen Situation und Debatte stört, ist, dass Homosexuell = Intersexueller (Transgender) dargestellt wird. Beziehungsweise Homosexuell = Mann in Frauenkörper = Transvestit = Intersexueller (Transgender). Diese Gleichung stimmt schlichtweg nicht. Ich mag Gleichmachung grundsätzlich nicht, ich bin so ein Individualitätsfuzzi, – in dieser Angelegenheit wittere ich eine finstere Begleiterscheinung.

Wie schon durch die Medien ging, scheint Conchita Wurst jede Menge Hass entgegenzuschlagen. Das finde ich nicht okay, ist aber (auch wenn es keine Entschuldigung ist) eine »natürliche Reaktion«.

In meinen Diskussionen mit homophoben Menschen war genau dieses Bild immer das große »Angstbild«. Homosexuelle wären penetrant, müssten um jeden Preis auffallen, würden sich aufdrängen, währen keine »echten Männer« (oder Frauen), würden sich weibisch (die Lesben männlich) verhalten, in Frauenkleidern (die Frauen in Holzfällerhemden) herumlaufen und so weiter. Conchita Wurst verkörpert all das und noch viel mehr auf genau diese Art, die die Homophoben fürchten. Wie ich mitbekommen habe, ist sie sehr souverän und kann gut mit dem Shitstorm umgehen. (Ich hoffe, auch dann noch, wenn der Hype vorüber ist.)

Die Schattenseite?

Die Homophoben sind in all ihren Vorurteilen bestätigt. Da aktuell in den Medien nicht differenziert wird und Homophobe ohnedies dazu neigen, alles in einen Topf zu werfen, werden sie tatsächlich in ihren Vorurteilen noch eifrig befeuert. Ich gehe sogar so weit, zu sagen, dass in dieser »Toleranzeuphorie« die aktuell wütet in Wahrheit ein ordentlicher Patzen Homophobie mitschwingt. Conchita Wurst ist ein Feigenblatt. Das Thema wird auf sie reduziert, einen Mann in Frauenkleidern. Das ist nicht dasselbe, wie ein lesbisches Paar, das ein Kind adoptieren möchte. Homosexuelle sind nun schillernde »Showgirls«. Hübsch, talentiert, unterhaltsam, souverän aber nicht realitätsnah.

Ich frage mich, wie es für den durchschnittlichen fünfzehnjährigen Jungen sein muss, der entdeckt, dass er schwul ist und sich nun damit konfrontiert sieht, dass sein gesamtes Umfeld denkt, ein schwuler Kerl will eine Frau sein. Wie geht es so jemandem, der sich männlich fühlt, so, wie jeder heterosexuelle Mann, nur eben Männer statt Frauen liebt und sich nun in einem pseudotoleranten Umfeld wiederfindet. Conchita, das »Showgirl« wird bejubelt und geliebt, aber was, wenn er keine dieser Attribute besitzt, die nun alle mit »den Schwulen« verknüpfen? Wenn er nicht als jemand gesehen werden will, der mit Kleidern herumläuft?

Hier schnappt, so meine ich, gerade gewaltig die Klischeefalle zu.

Das Problem solcher Medienhypes ist ihre (gewollte) Funktion der Verschleierung. Ein taktisches Mittel, das sehr gerne (und vor allem vor Wahlen) eingesetzt wird, um von Skandalen abzulenken. Unter anderem das Brot-und-Spiele-Prinzip. Während sich dann die »Entscheidungsträger« im Fernsehen als »Wir« sind Songcontest feiern, haben sie »ein seltsames Gefühl«, wenn Schwule und Lesben »richtig« heiraten dürfen sollen und auch noch Kinder haben. Ich glaube nicht, dass eine Conchita Wurst sie darin bekräftigt, sich pro Ehe/Adoption für Homosexuelle einzustellen. Vielmehr wird das Gegenteil zementiert … wenn … ja wenn man nicht differenziert. Wenn eine Bühnenfigur mit einer schlichten Lebensrealität gleichgesetzt wird.

Als Frau reagiere ich allergisch auf die Opferrolle, die man »uns« dauernd und beharrlich zuschreiben will. Jede Frau wäre prinzipiell Opfer, weil sie eine Frau ist. Wenn sie dasselbe Verbrechen begeht, wie ein Mann, bekommt sie eine mildere Strafe. Eine Frau darf im Schwimmbad oder dem Spielplatz fotografieren, wenn ein Mann das tut, gilt er als potentieller Pädophiler/Perverser. Das sind alles Auswirkungen der Gleichmacherei und der Ikonisierung von Rollen.

In meinen Augen hat Alfons Haider weit mehr geleistet, nicht nur, weil er länger kämpft, als Conchita Wurst und ich hoffe, dass da nicht einiges durch den Hype kaputtgetreten wird. So ein Medienhype ist wie eine Büffelherde und eine Heuschreckenplage vereint. Da bleiben nur zersplitterte Knochen übrig. Tage später gibt es das neue Maskottchen und die alte Puppe kommt auf den Dachboden, mitsamt ihrer mutigen Worte, die alle auch »ganz großartig« fanden.

Und genau das … dieses »ganz Großartige« ist auch so etwas, das meine Alarmglocken schrillen lässt. Wenn du jemanden fragst, wie es ihm geht, und er betont auffällig intensiv und wortreich, wie »großartig« es bei ihm läuft, weißt du: Oje. Wenn man die Meinung für etwas erfragt, und dafür ein wortreiches, aalglattes »Großartig« erhält, weiß man, damit konnte die Person nichts anfangen. Aktuell wird einfach zu viel »ganz Großartig« gefunden. Eine der Sendungen nach dem Songcontest bestand zu achtzig Prozent aus »total Großartig«.

Ich denke mir dabei: Oje.

Meine bescheidene und vermutlich ketzerische Meinung ist, dass jeder Politiker, Fußballer, Lobbyist, Kollege, Chef … mit einem Outing weit mehr erreichen kann, als Conchita Wurst. Das »Normale« etabliert man nicht durch eine Show. Und genau das ist das Paradoxon: Da wird dauernd betont »wie normal« es ist, schwul zu sein, und macht dies mit etwas, das gar nicht normal sein »darf«, da es Show sein »muss«. Aktuell wird Schwulsein wieder zu einem exaltierten Zustand erhoben, zu Glamour, schrill und bunt, aber das ist eben »nicht« die Norm. Und das sage ich als Individualitätsfuzzi.

Als »Sprachrohr« des ORF und »Österreich« sagt Conchita Wurst außerdem, Österreich wäre ein »tolerantes Land«. Das stimmt definitiv nicht. Ich empfinde das, ehrlich gesagt, fast schon als Verrat, das zu behaupten. Zwar hat sich in Österreich (wie in den meisten europäischen Ländern) einiges verbessert und Österreich mag bereits so manches sein, aber »tolerant« ist es nicht. Damit spuckt Conchita Wurst all jenen Männern und Frauen ins Gesicht, die sich tagtäglich gegen das reaktionäre Umfeld stemmen müssen, sei es im Kampf oder durch Verstecken. Noch eine Woche zuvor tönte ein Salzburger Weihbischof, dass Homosexualität = Pädophilie wäre und daher Schwulen nicht gestattet werden dürfe, Kinder zu adoptieren. Ein Land, in dem ein Würdenträger so etwas behaupten darf, und eine Religion, die trotz solcher »Aushängeschilder« staatliche Sonderrechte erfährt, kann sich nicht »Tolerant« nennen.

Vielleicht wird auch die Begrifflichkeit der Toleranz anders verwendet: Sie bedeutet im Prinzip »Schmerzgrenze«. Mag sein, dass Conchitas Schmerzgrenze weit höher ausgeprägt ist, und Toleranz schon bedeutet: »Ihr habt eh eure Lokale.«

Und ein weiterer Punkt, den ich hier aufgreife, der aber grundsätzlich das Geschlechterthema betrifft. Der schnelle Vorwurf, sexistisch, rassistisch und intolerant zu sein, wenn man einen Kritikpunkt anbringt. Ich erlebe das immer wieder in Diskussionen. Sagt etwa jemand, dass er die musikalische Performance von Conchita Wurst schlecht findet, wird ihm sofort Homophobie unterstellt. Sagt einer, dass Homosexuelle »nur« eine Minderheit darstellen (nicht wertend, sondern faktisch), erntet er den Vorwurf, homophob zu sein und eine ganze Batterie an Leuten fühlt sich bemüßigt, zu erklären wie »normal« Schwulsein doch wäre.

Da sehe ich allerdings auch wieder dieses »Großartig-Phänomen«. Wenn jemand sagt, dass etwa nur zehn Prozent der Menschen Spinat mögen, steigt auch kein halbes Dutzend Leute auf die Barrikaden, um zu erklären, dass Spinatmöger »ganz normal« wären. Täte das jemand, würde das ein »seltsames Gefühl« vermitteln. Dasselbe betrifft auch diverse andere, vor allem oft feministische Themen, oder auch Ausländerthemen. Sagt jemand, dass es auch pädophile Frauen gibt, oder sie im Thema häusliche Gewalt prozentual den Männern in nichts nachstehen, kommt die Sexismuskeule. Dass die Frau Opfer ist, muss unangetastet bleiben, auch wenn rund neunzig Prozent der Gewaltopfer männlichen Geschlechts sind.

Ebenso kommt schnell der Rassismusvorwurf, wenn man etwa sagt, dass in Österreich Schwarze auffallend oft Dealer sind. Auch wenn das eine wertfreie Feststellung ist und einen sehr tragischen Hintergrund hat. Den Rassismus lebt nicht jemand, der das sagt, sondern jene Umstände, die dazu führen, dass das oftmals die einzige Überlebensstrategie ist, weil die Wenigsten jemand Schwarzen einstellen wollen, oder sie sogar vom Gesetzgeber aus gar keinem Job nachgehen dürfen.

So kriege ich auch mit, dass Menschen sofort Homophobie und Intoleranz vorgeworfen wird, wenn sie sagen, dass sie Conchita Wurst nicht schön finden, oder den Bart abstoßend, und das finde ich bedenklich. (Kommt ja auch keiner auf die Idee "Sexismus" zu rufen, wenn einer an einem Mann kein Brustfell mag oder an einer Frau kein langes Haar.) Weil damit auch der Begriff Homophobie verwaschen und bagatellisiert wird, was wiederum die Homophobie fördert. Das untergräbt wiederum die freie Meinungsäußerung und schürt auf der anderen Seite Hass.

Das Prinzip kenne ich aus meinen veganen Jahren. Auch vegan Leben ist ein »Randgruppenphänomen« und der Hass von Omnivoren ist schneller da, als man »Ich bin Veg...« aussprechen kann. Man kann aber niemanden dazu bringen, über Fleischkonsum nachzudenken, wenn man ihn sofort Mörder nennt. In diesem Sinne bitte ich auch, aufzupassen, wie schnell man die Politisch-Korrekt-Keule schwingt. (Die mich in mehrerlei Hinsicht an 1984 erinnert. Nicht die Ursache wird bearbeitet, sondern der Begriff für die Ursache. Der neue Begriff wird von der unbehandelten Ursache »verseucht« und dann muss noch ein korrekterer Begriff gefunden werden. Manche politisch korrekten Begriffe befinden sich in der vierten oder fünften Reinkarnationsphase.)

Zuletzt: Ich finde den Begriff »Homophobie« im Übrigen falsch. Setzt man andere Phobien daneben, wie etwa Sozialphobie, Agoraphobie, Klaustrophobie, so wird der Begriff Homophobie zumeist falsch und überzogen verwendet. Es mag Fälle »echter« Homophobie geben, die ein ähnlich pathologisches Bild abliefern und entsprechende Behandlungsmethoden fordern, wie die anderen Phobien. (Oft ist das "Opfer" von Homophobie der Homophobe selbst und nicht Homosexuelle allgemein. Es ist, wie viele Angsterkrankungen, eine neurotische Fixierung auf ein Thema.) In diesem Falle dürfte man Homophoben ihre Homophobie in etwa so vorwerfen, wie einem Klaustrophobiker seine Angst vor engen Räumen. Es wäre witzlos, da sich ja niemand mit böser Absicht oder aus Intoleranz für eine Angst entscheidet. (Wobei wir hier dann doch wieder beim Toleranzbegriff landen, da Angstpatienten in ihrem Angstgebiet eine niedrigere Schmerztoleranz haben.)

Das, was allgemein als Homophobie bezeichnet wird, fällt aber eben mehr in eine Kategorie wie Sexismus oder Rassismus. Es müsste dann wohl irgendwie Homoismus oder dergleichen heißen.

Oh du mein Töchterlein, willst du keine Österreicherin sein?

 

Oh. Mein. Gott.

Da hat nun irgendein Massenbarde in Österreich das totale Verbrechen begangen. Wie immer hab ich, da weitgehend Medienabstinent, nicht mitbekommen, dass Österreich am seidenen Faden hing, dass die Nation auf einer Nadelspitze kippte, dass die Fahnen sich schwarz zu färben begannen, die Unwetter über die Alpen heraufzogen und ein Barde in Kniehosen die Bundeshymne sang.

Ohne Töchter.

Das heißt, Töchter gab es im Publikum genug und sie waren sicher alle sehr glücklich und wurden nicht rausgeschickt, während dieses atemraubende Katastrophe passierte, aber das Parlamentsgebäude bekam noch mehr Risse und die Frauen der Nation wurden … gedemütigt.

Ich geb’s zu, ich habe nichts gemerkt. Ich sitze, gehe, stehe aufrecht und wenn ich die Bundeshymne singe, dann falsch. Im Ton. Im Text. Denn auch ich schwarze Tochter des Staates, als Homoautorin ohnedies, Wurst hin oder her, irgendwie Abfall der Nation, singe diese Bundeshymne FALSCH. (Eigentlich singe sich sie gar nicht, aber würde ich sie singen, dann aus vollem Halse falsch.)

Für jene, die nicht wissen, worum es geht:

Vor ein paar Monaten, oder Jahren, interessiert in Wahrheit 95% der Österreicher genau nicht, wurde eine Zeile der Bundeshymne gesetzlich geändert, um der Schmach vernachlässigter Frauen zu entgehen.

Statt: »Heimat bist du großer Söhne (Volk, begnadet für das Schöne) …«

MÜSSEN wir (die MinisterIn hat ein Argusauge darauf) jetzt singen:

»Heimat großer Töchter und Söhne (Volk, begnadet für das Schöne)«

Wer auch nur den Schatten eines Gefühls für Versmaß in seinen Adern hat, hat jetzt Gänsehaut. Ich bekomme, ohne Übertreibung, einen leichten Magenkrampf. Ich HASSE holprige Reime. Man könnte fast sagen, ich habe eine Holperreimphobie. Mittlerweile so ausgeprägt, dass ich den Raum verlasse oder mir die Ohren zuhalte, wenn ich so etwas höre. Ich schlage Bücher schreiend zu, wenn sie holprige Reime bieten.

Und dann das!

Aber lassen wir mal diese Vergewaltigung des Versmaßes, denn tut es der Staat, ist es doch legitim, und wenn man sein Sprachgefühl schon durch diese ganzen Jubiläums-50er Zotenballaden zerschrammt hat, merkt man es eh nicht. Womit es die gesamte Bundesregierung vermutlich nicht merkt. Und die, die es merken, haben, man glaube es kaum, wichtigeres zu tun. Klopapier ordern, vielleicht.

Da hat ein Barde also nun das unwagbare gewagt und die »alte« Hymne gesungen. Daraufhin hat sich eine Ministerin öffentlich beschwert und wurde vom Volke mit Dreck beworfen.

Natürlich kann man sagen: Ja, nicht schön vom Volk.

Man könnte auch sagen: Das Volk ist begnadet für das Schöne. Diese Strophe in der Hymne ist aber nicht schön. Sie ist hässlich. Sie tut weh. Was macht ein für das Schöne begnadete Volk, wenn man seine Hymne ramponiert? Es revoltiert.

Es ist wahrscheinlich weniger romantisch und eine Schlammschlacht unfein.

Ich sah dann, halb Absicht halb Zufall, im Internet eine TV-Konfrontation zwischen diesem Sänger und einer Ministerin, in der es um diesen schrecklichen Zwischenfall ging.
Nun.

Ich mag den Barden nicht. Er ist mir eigentlich schnuppe. Er hat bei einem Auftritt die Hymne mit einem Text gesungen, wie er bis 2011 richtig war und sich über die holperige Änderung einfach hinweggesetzt.
Ehrlich gesagt: Juckt das irgendein Schwein?

Ja. Offenbar.

Ich habe schon Diskussionen gesehen, in denen es um echt was ging, um Millionen-Milliarden Steuergelder, Korruption, Veruntreuung, Tierquälerei im großen Stiel, systematische Menschenrechteverletzungen und was nicht noch alles. Dinge, die wirklich heftig sind, und da habe ich nie so einen Empörung erlebt, wie bei dieser Diskussion um ein falsch geträllertes Lied.

Die werte Frau Ministerin tat geradewegs so, als hätte der Barde alle ÖsterreicherInnen geschändet, ach, er wäre glatt ein Frauenhasser, und überhaupt, warum erschießt er denn nicht gleich alle Frauen, wo er doch schon so schamlos den Text falsch singt?

Ich dachte echt, ich spinn.

Mittlerweile müssen Millionen Steuergelder in diese Hymnendiskussion geflossen sein. Während man Invaliden in Österreich die Pension verweigert. Das Geld wäre besser in notleidende Menschen investiert, als in eine hysterische Nonsensediskussion.

Ich schäme mich als Frau dieser Frauenvolksvertreter. Ich fühle mich von keiner dieser Damen vertreten, sondern bespuckt und herabgewürdigt. Weil sie nämlich so tun, als hinge meine Würde, von einer holperigen Textzeile in der Hymne ab. Weil sie so tun, als wäre etwas so sexistisches und würdeloses wie eine Quote in meinem Sinne. Weil sie bei jeder Gelegenheit Männerbashing betreiben, aber ich liebe Männer und ich verachte jeden, der ihnen schaden will. So ist das. Und ich denke, der Großteil der Frauen liebt Männer, seien es ihre Partner, Söhne, Neffen, Enkel, Brüder …

Da fühle ich mich eher von »den großen Söhnen« vertreten. Die haben große Kunst geschaffen, und die ist ein Grundbedürfnis wie Essen oder Schlafen. Sie haben medizinische Meilensteine gelegt, die für mich wesentlich bedeutender sind, als ein paar Berufszicken, die meinen, Töchter müssen in die Hymne.
Große Menschen, egal ob Frauen oder Männer, stehen über solch einem hysterischen Neidgehoppel.

Ich finde das meiste, das der Feminismus heute macht, sehr kleingeistig, und genau daran hat mich diese Diskussion wieder erinnert. Auch diverse Kolumnen zum Thema, in denen dann natürlich schnell mal wieder in paar Mythen auf den Tisch geklatscht wurden, ganz nach 1984 Neusprech. Vielen dieser KolumnenschreiberInnen las man an, dass sie bloß Parolen im Kopf runterrattern und in ihre Texte einfließen lassen, ohne sich selbst jemals WIRKLICH und UMFASSEND informiert zu haben.

Mainstream ist Gehirnwäsche. Und der Großteil der Politisch-Korrekt-Debatten sind genau solche Mainstream-Gehirnwäschen. »Gender-Mainstreaming« ist da ein netter Begriff, fast poetisch, und wird – entgegen seiner ursprünglichen Idee – auch richtig verwurstet und verdreht zur Frauensache erklärt.

Manchmal wünsche ich mir so Gegenteiltage. In denen Menschen für einen Tag oder eine Woche in ihrem Gegenteil leben müssen. Die 50-Jährige Ministerin darf dann gerne mal ein Tag ein 18-Jähriger bei der Jobsuche sein, der abgelehnt wird, weil er noch keinen Präsenzdienst leisten konnte (oder der gerade Präsenzdienst leisten MUSS, oder als Zivi keine Wohnung halten kann), der unter Paruresis leidet aber nur Pissoirs vorfindet, ein 30-Jähriger beim Arzt (es gibt einen Grund, warum Männer nicht gerne dahingehen), oder ein schwuler Kindergärtner (der von Eltern abgelehnt wird, weil ja alle Männer Täter sind), ein junger Vater am Spielplatz (der verjagt wird, weil man ihn für einen Pädophilen hält), einen Tag herumlaufen als Zielscheibe für ein paar Halbstarke, die sich beweisen müssen oder Frauen, die Männerhass frönen müssen, vom anderen Geschlecht wegen Geld ignoriert oder geschätzt werden, gekündigt werden, weil man in Väterkarrenz gehen will, seine Kinder nicht sehen darf, weil die Ex einen Rachefeldzug geplant hat, …

Ich finde, der Feminismus macht sich mit solchen Hymnendiskussionen lächerlich. Ebenso, wenn er Statistiken verdreht, um sich selbst zu legitimieren, die Wünsche der Frauen vernachlässigt, die nicht dem Mainstreamkonzept von der Arbeitsdrohne entsprechen wollen, wenn er es ist, nur noch er, der Frauen permanent in die Opferrolle drängt. Ehrlich, ich kriege mittlerweile jedes Mal einen Koller, wenn wieder irgendsoeine selbsternannte Mutti der Nation lamentiert, was für arme, arme Hascherln wir Frauen sind und wie unterdrückt von den Männern. Kotz.

Aber vielleicht bin ich privilegiert.

Ich führte letztens eine Diskussion zum Thema und die dabei vertretenen Frauen erzählten alle, dass sie bei Bewerbungsgesprächen benachteiligt würden, weil sie im gebärfähigen Alter wären. Wenn auch durch die Blume würde nach Familienplänen gefragt und so weiter.

Ich fühlte mich wie ein Alien. Ich wurde noch nie, ich schwöre, noch nie bei einem Bewerbungsgespräch auf mein Frausein reduziert, niemals wurde meine Reproduktionsfähigkeit Thema. Es ging knallhart um Fakten, was kann man, was kann man nicht, wie bereit ist man, sich in den Betrieb einzubringen. Ich handelte einen Gehalt aus, in Bezugnahme auf meine Fähigkeiten, und fertig. Ich habe nicht weniger verdient als die Männer, interessanterweise aber oft mehr als die Frauen. Niemals hat je ein Mann in der Arbeit von mir verlangt »niedere Dienste«, wie Kaffee machen oder Geschirrspüler einräumen zu verrichten. Seltsamerweise aber mussten das die anderen Frauen.

Nun saß ich also in dieser Runde und fragte mich: Mein Körper ist so Frau, wie er nur Frau sein kann. Rein Optisch könnte ich kein Mann sein, selbst wenn ich es darauf anlegen würde. Okay, ich denke männlich. Das sagen mir alle. Aber wenn das so ist, dann liegt es nicht an dem Teil zwischen den Beinen, das Frauen diskriminiert, sondern an dem Teil zwischen den Ohren. Es ist die Art wie sie selbst sich in der Welt bewegen.

Also nochmal genauer hingesehen:

– Die meisten Frauen, die ich fragte, haben noch nie um eine Gehaltserhöhung gebeten. Argument: Verdirbt die gute Stimmung, oder man wäre nicht »gut genug« oder zu selbstunsicher.

Ich bin sehr selbstunsicher, aber wenn man etwas möchte, muss man auf den Tisch hauen, ist eben so.

– Ich habe beobachtet, dass Frauen sich die »niederen Dienste« selbst auferlegen. In meiner ersten Firma war ich jahrelang die einzige Frau. Ich kam nie auf die Idee, dass ich andere Aufgaben hätte, als die Männer. Dann wurden nach und nach weitere Frauen eingestellt. Erstaunt stellte ich fest, dass sie sich für Kaffee und Geschirr zuständig fühlten. Plötzlich entstand eine Küche mit Geräten, die gepflegt und bedient werden mussten, es wurde hier und da »am Raumklima« gebastelt und irgendwann kamen die Beschwerden: »Ihr Männer macht nichts, immer müssen wir …« Ich stand genauso perplex da, wie die Männer. Wenn ich das ansprach, dass ich ja auch nichts mache, hieß es: Ja, du bist eben ein Kerl.

Mein Motto war immer: Wenn ich etwas nicht tun WILL, dann tu ich es nicht. Wenn ich es tun will, tu ich es und beschwere mich nicht darüber. Dieses Verhalten, erst Arbeit erfinden, sie sich aufhalsen und dann anderen Vorwerfen, sie nicht zu tun, kenne ich nur und ausschließlich von Frauen bisher.

– Die wenigsten Frauen, die ich kenne, haben beim Bewerbungsgespräch um den Gehalt gepokert. Sie nahmen, was der Chef anbot. Hab ich nicht so gemacht. »Ich verdiene das und das.« Wem das nicht passt, soll sich einen andern suchen.

– Die meisten Frauen, die ich kenne, setzen ihre körperlichen Reize ein. Ob in Beruf oder Privat, diesen Aspekt habe ich schlichtweg nie verstanden. Keinen Tag. Die meisten Frauen betonen ihren Körper durch Kleidung und Accessoirs und beschweren sich dann, wenn sie Aufgrund ihres Äußeren beurteilt werden. Ich habe nie den Grund gesehen, für den Beruf weibliche Reize zu betonen. Ich wäre mir ehrlich gesagt albern vorgekommen und hätte Bedenken gehabt, dass man in einem Karnevalskostüm meine Fähigkeiten nicht ernst nimmt. Ich bin da und dort, weil ich etwas KANN und nicht, weil ich dekorativ bin. So handhabe ich das.

Männer haben sich darüber niemals beschwert. Aber von Frauen wurde ich wegen meiner lässigen Haltung zu Kleidung, dass ich nicht geschminkt bin, keine »Frisur« trage, oft angegriffen, in einem Betrieb sogar richtig gemobbt. Merke: Ausgerechnet Frauen, die dauernd klagen, dass man sie aufs Aussehen reduziert, haben MICH wegen meines Aussehens fertig gemacht.

– Die wenigsten Frauen, die ich kenne, verstehen Spaß oder verfügen über ausreichend Selbstironie. Im Vergleich zu den meisten Männern stinken die meisten Frauen echt ab. Wenn ich zuhöre, was in reinen Männerrunden für Scherze gerissen werden, wie man sich da gegenseitig auf der Schaufel hat, das würde keine Frau verkraften. Und meine Beobachtung gibt mir recht. Wieder hilft mir hier wohl, irgendwie trotz allem als Mann durchzugehen. Rüde Scherze sind vor allem bei harter Arbeit, beschissenen Umständen, depperten Kunden, nervösen Chefs ein netter Weg, Druck abzubauen. Sich selbst nicht so ernst nehmen hilft auch, nicht kaputtzugehen vom Druck. Kommen aber Frauen ins Spiel, hört sich der Spaß auf. Schnell sind sie beleidigt, rennen zum Chef, fühlen sich diskriminiert, belästigt herab gesetzt. Dieselben Feen, die andere Frauen wegen falscher Kleidung zerfleischen, heulen bei einem derben Scherz.

Als ich damals in die reine Männerfirma kam, waren alle irgendwie seltsam. Sie redeten komisch und verhielten sich eigenartig gebremst. Ich wusste, dass sie so nicht waren, denn wenn ich aus dem Raum war, hörte ich sie im Nebenzimmer entspannt scherzen. Ich fragte dann mal, was denn da los sei. Sie hätten vom Chef die Order bekommen, sich »zusammenzureissen«, weil jetzt eine Frau da ist (ich). Ich meinte: Bitte nicht! Seid wie ihr seid. Bitte. Und so lief das dann auch. Ich meine, hey, auch Frauen müssen Furzen, Rülpsen, derbe Scherze reißen und es ist toll, das tun zu können. Job ist eh hart genug. Mit den hinzukommenden Frauen verklemmte sich das Klima aber wieder. Leider. Mindestens einmal am Tag gab es Befindlichkeitszoff.

Übrigens, als wir dann so diskutierten, wegen der Bewerbungen, wurde mir allen ernstes gesagt: Dich hat deswegen keiner gefragt, ob du schwanger werden willst oder eine Familie gründen, weil sie dich für lesbisch halten.

Hä? Warum? Mir wurde gesagt: Ohne Schminke, »gemachte« Frisur und lässiger Kleidung, meiner direkten Art – das käme männlich und daher lesbisch.

Seltsam. Von Männern höre ich nämlich oft, genau das mache mich weiblich und zu einer angenehmen Frau.

Wie man sich täuschen kann.

Und ganz abgesehen davon: Homosexuellen wird Reproduktion und Familiensinn per se aberkannt. Toll!

Ich schwebe zwischen den Welten. Und vielleicht verstehe ich auch deswegen den Hymnenquatsch nicht.

Antrag

 

Du warst blasser als die anderen, hässlicher und dass du ein kranker Wichser bist, sah ich auf den ersten Blick. Genau mein Typ, dachte ich, genau mein Typ. Du verführtest mich mit nur einem Wort, einem ziemlich kranken, nebenbei gesagt, aber du weißt eben, was ich mag, und du versprachst, es mir zu geben. Ich bin dir verfallen. Vom ersten Augenblick an – du weißt es – ich weiß es. Die Welt um mich ist vergessen. Die Pläne im Keim erstickt. Alles was ich will, bist du, du, du.

Ich hatte viele vor dir. Ich werde viele nach dir haben. Da möchte ich nichts beschönigen. Dass unsere Beziehung nicht von Dauer sein kann, wissen wir beide. Von der ersten gemeinsamen Sekunde an fürchte ich die unvermeidliche Trennung. Dennoch lasse ich mich auf dich ein. Mit Haut und Haar, mit Herz und Hirn, mit Leben und Zeit. Du hast mich geweckt, etwas in mir entfacht, das ich schon lange nicht mehr gefühlt habe. Du hast mir gezeigt, wer ich bin. Du hast mich zu mir selbst geführt, mir schon in den ersten Minuten vor Augen geführt, dass ich auf dem falschen Weg war, mich verrannt hatte, verloren. Ich möchte dir danke sagen, danke, dass du an diesem Tag da warst. Danke, dass du mit mir mitgegangen bist. Okay, ich habe dich dafür bezahlt, aber das war es mir Wert. Deswegen ist es nicht weniger Liebe.

Ich hätte nie gedacht, dass mir das noch einmal passieren wird. Dein Äußeres war ansprechend, aber ich liebe dich deiner inneren Werte wegen und mit jeder Minute, ach, jeder Sekunde, die wir zusammen verbringen, liebe ich dich ein wenig mehr. Dass ich dazu noch fähig sein würde … Ich war so abgenutzt, so abgebrüht, sah nur noch die Fehler und Makel, glaubte, ich würde nie wieder diese Unschuld fühlen können, diese Begeisterung, diese rotzfreche Zugewandtheit. Hach, du hast mich aufgemacht, ganz weit aufgemacht, du, du, du.

Uns bleiben nur noch wenige Stunden, aber wir werden uns wiedersehen, und wiedersehen, und wiedersehen. Sicher, es wird nicht mehr wie beim ersten Mal sein, das ist es nie, aber es wird tiefer werden, intensiver, es gibt noch so viel zu entdecken.

Schade, dass man Bücher nicht heiraten kann.

Möglichkeiten

 

 

Der Arzt drückt mir das Rezept in die Hand wie eine Urkunde. Wofür die Tabletten genau sind, will ich fragen, tu es aber nicht. Immerhin hat er mir schon drei Minuten seiner wertvollen Zeit in seiner schicken Praxis geopfert, man sollte die Gastfreundschaft nicht überstrtapazieren. Schon, als meine Augen fragend aufflackerten, straffte er kampfbereit die Schultern. Ich ziehe meine ein, bedanke mich und schiebe mich rückwärts und mit tiefen Verbeugungen aus der Tür.

Der Apotheker reicht mir ein Päckchen, so klein wie meine Handfläche. Wie hand-lich, denke ich. Als ich daheim die Packungsbeilage entfalte, verdunkelt sich der Himmel, das dünne Papier schiebt und schiebt sich über die Stadt, das halbe Land, sperrt die Sonne aus, hält den Regen ab und den Nebel fest. Kinder, die in diesen Stunden der Totalabdeckung geboren werden, bekommen einen eigenen Aszendenten.

Prima, frohlocke ich, nachdem ich alles studiert habe, die Nebenwirkungen klingen vielversprechend. Der Beipackzettel lässt sich nicht mehr auf Packungsgröße zusammenfalten, also verstaue ich ihn erst einmal in einem eigenen Kellerabteil, um mich in der Wohnung wieder frei bewegen zu können. Fröhlich werfe ich die ersten beiden Pillen ein und ...

Ich erwache und bin ratlos. Ich weiß nicht, warum ich aufwache ohne wach zu sein und ... was oder wer ich bin. Aber ich habe ein Loch im Bauch, also trotte ich Richtung Küche. Meine Nägel klappern dabei über das Laminat. Ich möchte in den Türrahmen beißen, schaffe es noch rechtzeitig zum Kühlschrank. Was ich esse schmeckt wie Styropor mit Tabasco. Alles. Und ich probiere auch wirklich alles. Styropor. Tabasco. Bis mir schlecht ist. Dann schlurfe ich zur Eingangstür. Der Postbote müsste gleich kommen. Ich lausche und lecke derweil meine Wunden. Ob ich welche habe, weiß ich nicht, aber ich bin mir auch nicht sicher, ob ich einen Körper habe, aber es ist ein Zeitvertreib. Da. Ich höre ihn. Ich flitze los, stürme runter. Postbote weg. Briefkasten leer. Mist. Ich hatte mich schon gefreut, mich in seinen Schenkel zu verbeissen. In den des Postboten. Oder des Briefkastens. Einerlei.

Ich vergrabe meine Knochen unter meiner Decke und schlafe.

Ich erwache und bin ratlos. Ich weiß nicht wer oder was ich bin – außer nicht wach. Gleich einer Schweinehälfte im Gefrierhaus rattere und schwebe ich halb durch die Wohnung bis zu einem Spiegel und entdecke einen mondgesichtigen Hasen. Ich fletsche meine Zähne, verbeisse mich in seine Kehle, knurre jeden an, der mir zu nahe kommt oder mich nur ansieht. Dann jaule ich und verkrieche mich im Bett.

Acht Tage lang.

Ich hole einen Stift und ein Papier:

Liebe Frau und Herr Pharma, danke für die spannende Lektüre zu ihrem Beststeller Dingsbumsol. Sie haben vergessen, zu schreiben, dass man sich nach Einnahme des Präparats in einen siebzehn Jahre alten Hund mit Altersdemenz verwandelt. Das ist keine Beschwerde sondern eine Anregung.

Ob ich den Brief abschicke, weiß ich nicht. Mangels Relevanz gleitet sogar die Zeit durch die Finger. Ein Hundejahr sind sieben Menschenjahre, sagt man. Also sind in den acht Tagen sechsundfünfzig Tage vergangen und auch wenn sich kein Gefühl und kein Gedanke mehr mit irgendwas deckt, so kommt das doch gefühlsmäßig hin. Ich frage mich allerdings, wie ich den neuerlichen Termin beim Arzt wahrnehmen soll, denn der mag keine Haustiere. Keine flauschigen und auch keine kratzbürstigen. Und beides bin ich. Zugleich. Gut möglich, dass ich mein Bein hebe, und ihm auf die Zehen in den Gesundheitssandalen pinkle. Gut möglich. Sehr gut möglich.

"Ohne"

Badewannengedanken.

 

Pflegeprodukte:

Ohne Farbstoffe

Ohne Pafume

Ohne Mineralöle

Ohne Konservierungsmittel

 

Nahrungsmittel:

Ohne Farbstoffe

Ohne Koservierungsmittel

Ohne Zucker

Ohne gesättigte Fettsäuren

 

Ich trinke Zero. Null.

Ohne Kalorien

 

Kein Produkt, auf dem nicht "ohne" steht.

Das "Ohne" ist ein Qualitätsmerkmal.

Das nennt man Dekadenz.

 

Nur die Medikamente sind "mit".

Mit Nebenwirkungen.

Mit Begleiterscheinungen.

 

Fünf Tabletten am Tag gegen Depressionen.

Vier Tabletten am Tag haben "Depressionen" als Nebenwirkung.

Nicht ohne. Dafür Zuviel.

Am Ende hocke ich in der Badewanne und erlebe:

Emotional-psychische Stasis.

Zuviel Ohne.

Zuviel Mit.

So kann man einen Menschen effizient ausräumen.

 

Kooky

Ohne Gefühle

Ohne Gedanken

Ohne Interessen

Ohne Motivation

 

Ich brauche ein T-Shirt.

"Ohne Inhalstsstoffe"

 

Badewannengedanken Ende.

Schwester der Misanthropie

 

 Ich tippe darauf, dass ich so ziemlich das unromantischste Geschöpf unter der trüben Wolkendecke bin (ja, TROTZ meiner Geschichten), aber von Schneeschippen geweckt werden, den Kopf heben, die weiße Flauscheschicht auf dem Dach des Nachbarhauses sehen und sich tiefer in die zwei Decken graben unter denen man liegt, finde ich eines der romantischsten Erlebnisse.

In der Tat liebe ich die Vorstellung, da draußen müht sich jemand ab, mit gefrorenen Fingern und Wangen aber Schweiß am Rücken, um eine verhältnismäßig sinnlose Tätigkeit zu vollführen (in zwei Stunden ist eh wieder alles dicht), während meine größte Unannehmlichkeit ist, dass mir unter der weichen, warmen Matratze allmählich das Kreuz wehtut und ich mich in absehbarer Zeit auf die andere Seite werde rollen müssen.

Ich liebe das Schürfen der großen Metallschaufeln, das Brummen der Motoren dieser großen Maschinen, das matschige Rauschen der Autoreifen, das bald wattig sanft wird, weil die Naturgewalt der Stadtverwaltung den Stinkefinger zeigt, und seufze:

 

Ach weiße Anarchie,

du Schwester meiner Misanthropie,

mögest du toben, mögest du walten,

ich werde im Bett die Stellung halten.

Die Choreografie des Engagements

 

Ansichten eines ehemaligen Idealisten.

 

Wenn du wirklich etwas verändern willst, musst du zunächst auf dich bauen, auf dich, und niemanden sonst. Du musst bereit sein, deine Gesundheit, deine Freiheit und dein Privatleben völlig dem Idealismus und dem Kampf unterzuordnen. Du musst bereit sein, für dein Ziel zu sterben oder Jahrzehnte im Gefängnis zu verbringen. Selbst humanistische, vernünftige und emotional nachvollziehbare Ziele werden zu Repression führen, durch den Staat oder die Wirtschaft. Du musst damit rechnen, dass nicht nur du, sondern auch dein Umfeld (Familie, Freunde) Repressalien verschiedenster Art ausgesetzt werden. Du musst damit rechnen, dass deine Feinde viele Anhänger und Freunde in deinem Umfeld haben, die versuchen, dich unglaubwürdig zu machen oder dich durch Sabotage und passive Aggression zu zermürben.

Erst, wenn du bereit bist, das in Kauf zu nehmen, kannst du etwas verändern und hoffen, auch andere Menschen zu finden, die sich einsetzen, um etwas zu verändern. Da dieses Opfer Hardcore ist, da die Leute spätestens dann keinen Spaß mehr verstehen, wenn ihre Freunde und Familien durch ihren Aktivismus Schaden nehmen könnten, oder sie in ihrem Umfeld an Status verlieren, wirst du meistens nur Leute finden, die Lippenbekenntnisse abgeben, doch den Schwanz einziehen, sobald Einsatz nötig wird.

Beobachte das im Alltag oder bereits in Diskussionen im Internet. Irgendeine Person, eine von acht Milliarden, schreibt in einem Forum, dass sie vegan lebt. Sofort werden sich Menschen finden, die diese Person nicht kennen, mit ihr nie zu tun haben werden, die niemals angesprochen wurden, geschweige denn persönlich angegriffen wurden, die erklären müssen, dass sie Fleisch essen und warum sie das tun. Merke: Sie wurden NICHT aufgefordert, auf Fleisch zu verzichten. Alleine, dass irgendjemand sagt, er lebe vegan, reicht, dass sie eine Gegenposition einnehmen und in einen Rechtfertigungszwang fallen.

Dieses Prinzip existiert bei sämtlichen Themen. Bereits die Äußerung einer Position zieht mindestens so viele Gegner an, wie Mitstreiter. Die Gefahr bei dieser Dynamik ist, dass es nicht mehr darum geht, das Thema an sich voranzutreiben, sondern ein Krieg um Animositäten entsteht. Statt etwa aktiv für Tierrechte oder Freiheit zu kämpfen, fließt die Energie in eine sinnlose Diskussion um die Ansichten von Menschen, die deine Gegner sind, ohnedies nichts zu entscheiden haben und sich zudem niemals umbesinnen werden. Der einzige eher sinnlose Sinn solcher Diskussionen, ist, für jene zu sprechen, die ohnehin bereits auf deiner Seite sind. Jene, mit denen du bereits aktiv etwas unternehmen könntest, statt dich in Egostreitereien mit den Anhängern der Gegner zu verstricken.

Bist du nicht gewillt, den anfangs genannten Einsatz zu bringen, und für deinen Kampf Repression bis hin zu Haft und Folter oder gar Tod hinzunehmen, bleibt dir nur der passive Kampf für deine Sache, indem DU so handelst, wie es für DICH moralisch vertretbar ist. DU lebst vegan. DU achtest darauf, welche Produkte du konsumierst oder welche Sicherheitsstandards du benutzt. DU beteiligst dich an (politischen) Aktionen. Wer möchte, wen es interessiert, wird sich ein Beispiel nehmen, alle anderen kannst du nicht mitnehmen.

Ohne Erklärung oder Rechtfertigung handeln, macht Menschen neugieriger und offener für deine Belange, als ihnen ungefragt argumentativ zu begegnen.Am meisten erreicht man, wenn man andere zum Nachdenken anregt. In der Regel erreicht man das nicht, indem man sie mit Argumenten und Schuldgefühlen zupflastert, sondern in dem man ihre Neugier weckt. Einfach mal beobachten, wann man selbst etwas lernt. Doch nicht, weil einer sagt: Tu das!, sondern weil man über etwas gestolpert ist, das interessant ist. Man sucht freiwillig nach mehr Information, und ist für das Thema und Denkrichtungsänderungen offen.

Am meisten lassen wir uns von Menschen sagen, die uns sympathisch sind und – ganz wichtig – die souverän sind. Solche Leute missionieren nicht, sie agieren ihrer Einstellung entsprechend, gehen aber gerne auf Fragen und Interesse ein.Wer sich (durch missionarischen Eifer) unbeliebt macht, dessen Worte prallen schnell ab oder rasseln durch die Wahrnehmung. Wenn du also Menschen erreichen willst, sei nett, interessiere dich aufrichtig(!) für andere, sei authentisch und souverän, nur so kann sich ein fruchtbarer Austausch ergeben.

Verschwende keine Energie an Anhänger der Gegner, denn die wirst du nicht erreichen. Nur die Gegner selbst können bei ihren Anhängern etwas erreichen. Wende dich also direkt an die Gegner.

Logische Argumente und Empathie haben kein Gewicht. Die Einstellung der Menschen beruht selten auf Logik oder Empathie, sondern auf Tradition und Bequemlichkeit. Der Mensch ist eines der anpassungsfähigsten Lebewesen. Die dunkle Seite dieses Talents ist Trägheit. Heißt: So lange sich mit einer Umwelt leben lässt, wird daran festgehalten. Erst wenn die Umstände (Not) es erfordern, wird der Hintern gehoben. Aus einem bequemen Wohnzimmersessel heraus entsteht keine Revolution. Unter anderem deswegen gibt es Unterhaltung und finanzielle Unterstützung. Wer etwas zu verlieren hat, riskiert meistens nichts.

Siehe etwa Arbeitskampf. Jemand wird unter unverschämten Umständen gekündigt. Sofort erklären sich die Kollegen solidarisch. (Benefit: soziale Anerkennung unter den Kollegen, Zusammengehörigkeitsgefühl.) Geht es aber dann darum, etwas zu tun, also etwa durch Streik, Aussagen vor Arbeitsgerichten oder gar solidarische Kündigung aktiv zu werden, ziehen fast 100% der Leute ihren Schwanz ein, da ein Job und damit Geld, Status und familiärer Frieden wichtiger ist. Zudem gewöhnt man sich nur zu schnell an den abwesenden Kollegen, während Familie, Chef und Vermieter noch präsent sind. Idealismus und Moral sterben also mit dem Status quo.

Störend ist dieser Pragmatismus für die meisten Menschen erst dann, wenn sie selbst betroffen sind. Spätestens dann entsteht für sie Handlungsbedarf und erst da werden sie erfahren, dass sie von Lippenbekenntnissen umgeben sind und den Leuten zwei Stunden Wohnzimmersofa wichtiger sind, als Gerechtigkeit, Freiheit oder das Überleben eines anderen. Gerne wird vergessen, dass man selbst noch vor wenigen Tagen auch noch keinen Grund sah, für andere einen persönlichen Nachteil einzugehen.

Früher oder später scheitert jeder Idealismus an der Grenze zwischen Aufwand und Ergebnis, da die Mühe, andere zu motivieren und die Einstellung anderer zu ändern, unverhältnismäßig groß für ein verhältnismäßig karges Ergebnis ist. Das ist Ressourcenvernichtung und bei begrenzten Mitteln schlicht tödlich. Dabei sind die Methoden der Indoktrinierung bekannt und werden z.B. von Werbung oder auch Staaten gerne genutzt. Sie verlangen allerdings ein Budget, das den meisten idealistischen Aktivitäten nicht zur Verfügung steht, zumal einmalige Aktionen relativ fruchtlos bleiben und wieder nur bereits Leute ansprechen, die ohnehin derselben Meinung sind. Um Anhänger der Gegner zu indoktrinieren, braucht es daher beständiges Tröpfeln in die richtigen Gefäße. Wobei man so schlau vorgehen muss, die Indoktrination der Gegner zu übertönen, ohne dabei »sichtbar« zu werden, denn was Menschen nicht mögen: Spüren, dass sie manipuliert werden.

Wenn man also was erreichen will, ist es am Sinnvollsten, sich mit Menschen zusammenzutun, die bereits dasselbe Ziel verfolgen und nicht, Gegner zu überzeugen. Veränderung geschieht, indem man diese Veränderung lebt. Erst, wenn Leute sehen, dass dieser oder jener Lebensstil möglich ist und ihnen entgegenkommt, (etwa Leid minimieren, Freiheit maximieren), wacht ihr Interesse und vor allem MUT, ihn zu versuchen.

Mut ist hier ein wichtiges Wort. Jeglicher Aktivismus, der darauf abzielt, das eigene Verhalten, Denken und den eigenen Lebensstil zu hinterfragen und zu verändern bedeutet Mut. Immerhin bedeutet eine solche Veränderung IMMER, mit seinem Umfeld auf die eine oder andere Weise anzuecken. Da die meisten Leute statusorientiert sind und Angst haben, unbeliebt zu werden, ist der soziale Trieb der Anpassung größer, als sich aus moralischen Gründen in ihrem sozialen Umfeld querzustellen. Das bedeutet: Der Veränderungsprozess erfolgt nur in seltenen Fällen von heute auf morgen. Manchmal brauchen Interessierte Jahre bis Jahrzehnte, ehe sie genug Mut haben, auch Taten zu setzen.

In einer Dystopie sind die meisten Menschen glücklich. Systeme können nicht von einer Minderheit installiert werden, nicht einmal mit Waffengewalt (Atombomben und dergleichen mal ausgenommen, aber die widersprechen in der Regel auch den Regierungs- und Wirtschaftsinteressen.) Das bedeutet: Die Mehrheit ist immer mit dem vorhandenen System einverstanden und hat sich daran angepasst. Eine Dystopie ist es also nur für einzelne »Helden«, die mit dem System nicht einverstanden sind. So sie überhaupt je vom System wahrgenommen werden (meist ist es doch eine persönliche Empfindungssache) gelten sie als unerwünschte Elemente und werden je nach Schwere geduldet oder eliminiert. Der Mitmensch gilt dabei zumeist als der Soldat des Systems und nicht als Mitstreiter, ist also Gegner. Erst, wenn Leid und Not überhandnehmen und sich die Mehrheit eines Systems unwohl fühlt, wird sich etwas verändern.

In Sachen Tierrechte aber wird sich die Mehrheit nicht unwohl fühlen, da sowohl Haltung als auch Schlachtung im Verborgenen stattfinden. Ans Tageslicht und damit in die Köpfe der Menschen dringen nur satte Wiesen und wohlproportionierte Tiere mit gesundem Fell, die eventuell sogar noch sprechen können. Würde statt des Geschmacks eines Tierprodukts und der romantisierten Vorstellung einer Liebesbeziehung zwischen Bauer und Schwein, der Alltag in Tierfabriken gezeigt, würde mehr Menschen unwohl sein und ein Missverhältnis zwischen Genuss und Lebensphilosophie früher oder später eine Entscheidung zu einer Handlung provozieren.

Die Realität ist aber, dass die Menschen gerne den Boten hinrichten. Tierschützer werden unter anderem wegen der grausamen Fotos gehasst, weil sie moralisch unbehagliche Gefühle erzeugen. Statt aber die Industrie anzuklagen oder zu beschließen, da nicht mitzumachen, werden die Boten in Misskredit gebracht. Beliebtestes Mittel dabei ist das Voranstellen von Adjektiven. Beliebt sind Worte wie »militant« oder »radikal«. Gerade in Gegenden mit faschistischem Erbe beschmutzen diese Worte effizient jedes Image.

Damit ist dann nicht mehr der unverhältnismäßige Fleischkonsum (von 10kg/Jahr 1910 zu 100 kg/Jahr 2010) oder die unerträgliche Tierindustrie im Zentrum der Kritik, sondern der »militante Tierrechtler«, der den Menschen Schuldgefühle einredet. Dieses Bild ist mittlerweile so stark im Massenempfinden implementiert, dass Fleischesser bereits mit Rechtfertigungen beginnen, sobald fünf Tische weiter ein Veganer sitzt. Wenn dessen Blick auch noch durchs Lokal schweift, unterstellen sie ihm bereits militantes Missionieren.Auch das ist saubere Arbeit von Indoktrination.

Demonstrationen und Streiks sind (noch) legitime Mittel im Kampf um Inhalte. Doch immer mehr Menschen sehen darin einen persönlichen Angriff auf ihre Bequemlichkeit. Lieber möchten sie das Recht auf einen Arbeitskampf oder den Kampf für einen anderen Inhalt völlig abschaffen, als gelegentlich bestimmte Straßen nicht befahren zu können oder bestimmter Dienstleistungen entbehren zu müssen. Die Leute sehen mehr Recht auf Bequemlichkeit denn Recht auf Freiheit. Wenn man einmal genauer beobachtet, für welch geringen Preis Leute bereit sind, sich und ihre Rechte zu verkaufen, hat man es schwer, noch an die Menschen zu glauben. Die Gefahr besteht, dass man zu dem Schluss kommt, dass sie »mehr« gar nicht verdient, ja, sogar genau die Katastrophen verdient hätten, auf die sie zusteuern.

Besonders spannend wird es, wenn ein Kämpfer den Kampf aufgibt. Selbst wenn er danach seine Lebensphilosophie lebt, sich also passiv immer noch weit mehr engagiert als andere, wird ihm seine Passivität vorgehalten – meist von jenen –, die nicht daran denken, selbst etwas zu tun, sondern ihm sein Leben lang den Kampf erschwert haben.

 

Peripheriegenörgel mit einem Schuss Misanthropie.

 

 

Oder: Ein Trend, wer böses denkt.

 

Seit Monaten spaziere ich fast täglich über die noch qualmenden Reste eines Schlachtfeldes, ohne je eine Schlacht mitzuerleben. Fast täglich lese ich Berichte über namenlose Feinde. Ich lese Nachrufe auf gefallene Werte wie Reife, Anstand, Menschlichkeit. Ich lese die gekreuzten Klingen von Rechtfertigungen, die blutigen Fetzen versorgter Wunden, das warme Bad voll Mitgefühl und voll Verständnis.

Da draußen, so scheint es, tobt ein Untier, in seinem Gefolge ein namenloses Heer. Sammelte man die Berichte dieser Schlacht in einen Band, so lautete die Sage: »Von jenen, über die wir nicht sprechen«. Mittlerweile füllten bereits bloß die Ausläufer der zahlreichen Schlachten einen Schmöker. Die Schlacht indes bleibt unsichtbar, und mit ihr die Feinde.

Gelegentlich legt einer die weiße Rose eines weisen Spruchs aufs rauchende Trümmerfeld – und mir fällt auf: In den düsteren Worten ist keiner verlegen sie zahlreich zu verstreuen, der weise Blick jedoch ist immer ein Zitat – und meist nur eine Zeile lang. Fremde Federn. Die Taube, der sie gehören, längst tot.

Ich möchte von alledem nicht wissen, begehrt es mich zu sagen, und stolpere über Ironie. Denn auch dies ist einer jener Texte, die diesen Schmöker füllen. Auch ich weiß keine Namen und keinen Ort der Schlacht. Was ich schreibe ist bloß wie ein dampfender Fächer, um die Schwaden der Schlacht von meinem Blick zu wirbeln. Völlig nutzlos.

Ich möchte von alledem nichts wissen, und weiß nicht wie. Soll ich mit verbundenen Augen über die Seiten wandern? Die Bedrohung ist diffus. Ist der Feind auch in meinen Reihen? Ich weiß es nicht. Sind Leser. Sind Autoren. Sind Blogger. Sind alle. Ist keiner. Gibt es die Schlacht überhaupt? Herrscht Krieg oder Frieden?

Ich wünschte, ich müsste von alledem nichts wissen, doch ist es wie mit jedem Krieg: Er trifft auch jene, die sich daran nicht beteiligen – und sei es, dass die fruchtbare Erde ein Ascheacker wird. Will ich mich weiterhin verbarrikadieren, oder wissen, woher die Bedrohung kommt? Nützen mir Namen und Inhalte, um den Nebel zu lichten? Ich habe bereits einen qualmtrüben Blick auf alles, brennende Augen, kratzende Kehle, beißender Missmut auf der Zunge.

Wie jeder Krieg: Er zermürbt. Frommer Wille beendet ihn nicht. Ich denke an Flucht und will nicht zurücklassen, was ich aufgebaut habe. Es ist nicht viel, aber kaum stehe ich an den Grenzen, schlurfe ich noch einmal zurück, suche die Hoffnung und finde wieder: Gräber für gefallene Werte.

Ich bin Mars. Machtlosigkeit schürt Wut. Adrenalin kocht in den Adern und die Energie der tausend Statusposts verhärtet sich zu geschliffenen Waffen. Kämpfen. Metzeln. Beenden. Ein für allemal. Hungrig, Kriegslüstern, nennt mir Namen, gebt den eisernen Engeln ein Ziel. Ich hab es satt Trümmer zu fressen. Ich bin nicht souverän, ich bin angepisst. Nicht länger fürchte ich die Berichte, ich fresse sie, ich ernähre mich von ihnen. Ihr füttert einen Misanthropen.

Gebt mir recht, ihr Feinde und Verbannten, gebt mir recht, ihr Opfer und Verdammten, die Welt ist schlecht und ungerecht, und ihr seid der Beweis.

Punkt.

Und so beende ich einen weiteren Bericht von der Peripherie einer fernen Schlacht, mit sichtbaren Opfern aber namenlosen Feinden, reiße die Seite aus meinem Notizbuch und füge sie in den Sagenband »Von jenen, über die wir nicht sprechen.«

 

Die Mitte der Welt

 Lese mal wieder ein Buch, dass mich vor Jahren schonmal verzaubert hat und es jetzt wieder tut. In besonderer Erinnerung ist es mir auch, weil es damals Grundlage eines Gesprächs war, in dem ich über meine Träume sprach, Schriftstellerin zu werden. Damals war das kaum mehr als ein utopischer Wunsch und ein sehr theoretisch angehauchtes Gespräch.

Vor diesem Hintergrund das Buch nun noch einmal zu lesen, entwickelt noch einen viel tieferen Zauber. So hielt ich gestern das Buch vor meiner Nase und auf einmal wurde mir bewusst, dass ein ebenso umfangreiches Buch VON MIR existiert. Dass ich genau das geschafft habe, was einst utopischer Wunsch war.

Das war ein wahrlich seltsamer Moment, wie sich die unverschämten Träume von damals mit der Realität von heute Sablonenartig übereinanderlegten. Ihr kennt das aus Filmen, wenn sich zwei einander ähnelnde Szenen aus Parallelwelten oder Träumen in einer Art Hologramm auflösen, übereinanderschieben und eine neue Wirklichkeit bilden. So ein Gefühl war das. Ich las und die Schablone meines lesenden Ichs von vor zehn Jahren vereinte sich mit dem Jetzt und plötzlich war alles anders - wie verzaubert, was nicht zuletzt auch der Stimmung des Buches zuzuschreiben ist. Es ist eines der wenigen Bücher, die mein Hirn so richtig ins Schwingen bringen.

Seit meinem Burnout habe ich Probleme, in meinem Kopf konkrete Bilder entstehen zu lassen, da entstehen nur sehr diffuse Schatten, was ich denke bleibt oft bildlos rational, aber wenn ich diese Geschichte lese, explodiert die Fantasie. Erkläre ich mir unter anderem damit, dass sich mein Gehirn bei den Worten an seine früheren Fähigkeiten erinnert.

Ein einschneidend positives Erlebnis, das ziemlich viel wieder geraderückt. Ich verspüre eine Form von Hoffnung und Zuversicht, wie sie mir seit vielen Monaten schon fehlt. Denn wenn Wünsche von Damals heute Alltag sind, was ist dann noch in Zukunft möglich, das ich jetzt für naive Träumerei halte? Da ist nun ein Licht in mir angegangen, und ich hoffe, das leuchtet mir den weiteren Weg und etabliert in mir wieder Zuversicht.

(Das Buch heißt: Die Mitte der Welt. Von Andreas Steinhöfel.)

Apokalypse

 

Traumtagebuch:

Und so begab es sich, dass auf einer waldigen Anhöhe eine Wohnsiedlung erbaut wurde. Wunderschöne, nahezu luxuriöse Häuser für ein bis vier Familien, die in Dreiergruppen beieinanderstanden, in der Mitte stets ein ziemlich avantgartistisches Kunstwerk, dass sich als Kinderspielzeug entpuppte (Karrusel und so).

Ich war Teil einer riesigen Familie ohne Blutsverwandtschaft. Was uns zusammenbrachte weiß ich nicht, doch ich fühlte mich sehr verantwortlich für eine Menge Kinder, denen ich weder Schwester noch Mutter war, eher eine Nanny - für immer. Zwei Jungs, sieben oder acht, stritten wegen einer DVD so heftig, dass sie einander regelrecht zerfleischen wollte und ich sagte ihnen: Wenn ihr beide dasselbe so sehr wollt, dann seid ihr Brüder im Geiste. Ihr seid Freunde, keine Feinde, kapiert das. Und sie weinten und vertrugen sich.

Da war ein blindes Mädchen, reif wie eine Vierjährige, Größe einer Einjährigen, und sie tastete die ganze Wohnung ab und fand stets Dinge, die keiner sonst sah, die praktisch erst mit ihrer Berührung und den Fragen sichtbar wurden.

Alles in allem war es eine Situation, die das Mondäne im Gedrungenen hatte, ein bisschen wie Filme aus den Siebzigern, auch Kleidungstil und Licht betreffend. Es gab einen Raum, einen wirklich schönen, nahezu perfekten Raum - ohne Fenster. Darin saßen wir manchmal und keinem fiel auf, dass es dunkel war, fast, als würden wir diese Finsternis ersehnen.

Plötzlich begann der Traum von vorne, nur mit kleinen Änderungen, gerade so viel, dass mir das auffiel, dass es nicht als Dejavu durchgehen konnte. In der Dusche standen plötzlich zwei nasse, schmutzige Asiaten und einer sagte: "Es hat begonnen." Irgendwie hat zunächst niemand darauf geachtet. (Wen irritieren schon zwei nackte Männer im Bad?) und der andere sagte: "Da lebt ihr in euren schicken Häusern, habt euch eingerichtet, es euch schön gemacht, hübsch und sauber, aber ihr denkt nicht daran, dass euch das alles nichts nützen wird."

Und dann sah ich, dass aus der Brause eine braune, ölähnliche Substanz kam, mit pechschwarzen Brocken. Plötzlich kam aus keinem der Wasserhähne mehr etwas anderes. Und es war auf einmal so bewusst, es gibt kein Trinkwasser mehr. Nirgens. Das war die Apokalypse. So leise, so friedlich, so tödlich. Und ich blickte auf eine Frau mit einem Baby im Arm und sah ihren Blick, diesen Blick ins Ende. Mein Mund schmeckte plötzlich dieses Wasser, bitter, so unendlich bitter und ekelig von der ölig-bröckeligen Substanz ...

Bin aus dem Schlaf hochgeschreckt. Keuchend, schwitzend, heulend, jeder Zentimeter Haut tat weh. Mein Unterbewusstsein ist schon ein Hund, manchmal. Was es mir wohl sagen will ...

Seelendusche

 

Zutaten:

10 Tage über 30°

3 Tage über 40°

2 Nächte über 25°

1 Nacht über 30°

1 Gewitterfront

1 Sonne

1 Erde

1 Abend

 

Rezept:

Über eine Strecke von 10 Tagen jenseits 30° Tagestemperatur bringe man sich allmählich in einen Zustand leichter Angerührtheit. Richtig weichgekocht ist man, wenn man beim Schreiben halbflacher Texte heult. Danach dünne man die Haut über weitere drei Tage über 40° aus und vermeide leichte Erholungserlebnisse durch kühle Nächte. Nach zwei auf diese Weise albtraumdurchschwitzter Nächten steigere das ganze noch einmal auf eine 30° Nacht nach einem 45° Tag, an der du auf der Schwelle der Balkontür liegst wie ein Verdurstender zehn Zentimeter vor der Wasserquelle. Stelle sicher, dass der Wüstenwind dabei ausreichend durch dein Haar kämmt, dass du ein ständiges Pochen in der rechten Hirnhälfte spürst und am folgenden Tag das Gefühl hast, permanent einen Schacht abwärtszurasen, obwohl du überall festpappst und mit Möbeln verschmilzt, unabhängig davon, ob das physikalisch möglich ist. Versichere dich, dass du in einer Verfassung bist, in der du deinen eigenen Aggregatzustand nicht mehr bestimmen kannst, nicht, weil er unbestimmbar wäre, sondern weil dein Gehirn durch den Fußboden in die Wohnung darunter tropft.

Jetzt schreckst du das ganze System ab. Sorge dafür, dass Du durch die Wasserwand eines Unwetters das Haus gegenüber nicht mehr erkennen kannst und erlebe einen Temperatursturz von 30°. Fröstele mit Begeisterung, nie sonst sitzt du so gern bei 10° mit Unterwäsche da. Genieße das eine Weile und lass die Erde ein bisschen drehen.

Als nächstes sorgst du dafür, dass gegen Abend hin ein Blitz den Himmel aufreißt, auf dass du dich für ungefähr eine Stunde dem rot-orangenen Himmelbrand eines Sonnenuntergangs hingeben kannst, während hinter dir die Nacht mit Blitzen zuckt und sich von links über rechts über der Silhouette einer Großstadt ein Regenbogen spannt. Begreife, dass der Moment nicht begreifbar ist. Begreife, dass du sterblich bist. Begreife, dass du das nur einmal erleben wirst. Begreife, dass es ein erstes und ein letztes Mal ist. Denke nicht eine Sekunde darüber nach, das in die profane Technik eines Smartphones zu pressen, denn Erleben kann man nicht speichern, nur im Augenblick genießen. Spüre die Gänsehaut im Herzen, wenn du dir nun bewusst machst, dass das hier, dieses Spektakel, nur zustandekommt, weil in der Unendlichkeit des Universums ein Feuerball hängt, um den ein Brocken tanzt und du hockst auf diesem Brocken an genau dieser Stelle, auf der sich das Licht des Feuers und die Tränen des Brockens küssen und einen Regenbogen weinen.

Schluchze.

Soeben wurde deine Seele geduscht.

 

Leere

 

 

Laune im Sturzflug und leer bis obenhin. Aversionen ohne Ende, eine Haut wie aufgeschürft, so wund, so dünn, fast unsichtbar. Will schaffen aber schaffe nicht. Hab Plots wie Schweinedärme, die lose hängen, dicht an dich, doch nichts, das ich hineinfüllen kann. Wer bist du, schreie ich die Protagonisten an, all jene, die auffetten sollen, die überhaupt erst entstehen lassen sollen, doch halte ich nur Ohren fest, eins links, eins rechts, dazwischen gähnende Leere. Nein. Ich. Ich bin dazwischen und im Moment ein Nichts. Im Spiegel nichts zu sehen, Mensch ohne Eigenschaften, Mensch ohne Willen, ohne Ziel, ein jeder Prota nur durch Flucht definiert, nicht aber im Streben. Ist es die Zeit? Die Vergangenheit? Der Schmerz des Wollens und nicht Könnens, des Könnens ohne zu können, wie eingegossen in Glas, spastisch verdreht, auf den Tisch einer Tafel gestellt. Alles sichtbar, alles hörbar, doch selbst in die Starre gezwungen. Nehm Buch um Buch und die Form eines Satzes löst Tränen, da er das Unvermögen trägt. Mein Unvermögen. Wie das? Wo ist das Brennen? Es wird wieder, sage ich mir, es wird, es wurde immer noch. Blick ich in die Welt da draußen, da die Türen zu meiner verriegelt, sehe ich Heuchelei und so viel Falsches, so viel Verdrehtes und Verkehrtes und eine so unerträgliche Machtlosigkeit. Mir scheint, es ist mit der Menschlichkeit wie mit dem Hunger. Sie wird gesättigt und muss sich neu als Bedürfnis entfalten. Sie kommt, sie geht, sie kommt, sie geht, sie wächst nicht an sich, macht nur mal fett und mal dünn. Meine Welt wurde erschaffen als Insel, als Haut, in die ich schlüpfen kann, um trotzdem zu leben, doch irgendwie hat sie sich abgeschabt, irgendwie ist die Insel gesunken. Schlangenhäute und Schweinedärme, dort war ich, da ist noch nichts. Irgendwie wird irgendwo geboren und ich schwebe noch, höre ganz weit weg das Ticken eines Lebens, den Puls einer Uhr, Zeit und Haut, in die ich wieder schlüpfen kann. Irgendwann.

Die Nazikeule




Schon seit einigen Jahren fällt mir das auf, in den letzten Monaten aber ist es unerträglicherweise zum "guten Ton" geworden. Jede Meinung, die nicht politisch korrekt ist, oder die vom Konsens der Medien, der Politik oder der Masse abweicht, wird sofort als rechtes Gedankengut dargestellt.

Schon länger frage ich mich, was konkret man damit erreichen will. In der Form, wie die Nazikeule ausgepackt wird, könnte man jeden zum Nazi erklären, der eine Autobahn benutzt, Kirchensteuer zahlt und/oder den Muttertag feiert, und Vieles anderes auch. Hätte das einen Sinn? Würde das etwas ändern?

Hierzulande (zumindest Österreich und Deutschland) gibt es wohl kaum etwas Diffamierenderes, als jemandem zu unterstellen, mit Nazis zu sympathisieren. Deswegen ist es auch so beliebt, jeden, der einem nicht in den Kram passt, ins rechte Eck zu stellen. Mit welcher Folge? Die rechten Parteien holen auf. Jene, die auf diese Weise aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden, bleiben ja immer noch da, nur eben auf der anderen Seite. Und je mehr Menschen man zu Nazis erklärt, umso mehr Nazis wird es geben. Logisch?

In vielen Fällen ist mir nicht klar, warum eine Meinung ins rechte Eck gestellt wird. Ziemlich früh dachte ich mir das bei der Männerpartei. Der wurde und wird gerne unterstellt, rechts zu sein. Meiner Ansicht nach betrifft das nicht irgendwelche Inhalte, sondern da wird der Nazivorwurf einfach hingeklatscht, um Menschen oder Anliegen schlecht darzustellen.

Mittlerweile geht das so weit, dass jeder automatisch zum Nazi wird, der eine bestimmte Website aufruft, der sich mit bestimmten Menschen unterhält und so weiter. Nun frage ich mich, wie man einen Dialog herstellen kann, wie man das "echte" Naziproblem lösen soll, wenn man Menschen ächtet? Wenn man jeden, der sich mit ihnen Unterhält, ebenfalls als Nazi abstempelt? Und ich frage mich, seit wann das überhaupt erlaubt ist und zum "guten Ton" gehört, in Talkshows etwa lautstark herauszubrüllen, XY wäre ein Nazi.

In den allermeisten Fällen hat die Nazikeule nichts mit Inhalten zu tun, sondern sind nur ein Totschlagargument. Ebenso wie Gutmensch. Ein Wort und ein Mensch ist Schubladisiert, seine Meinung geächtet. Wer ihm zuhört, wer ihm zustimmt, hüte sich, denn er wird zwangsläufig auch zum Nazi oder Gutmensch.

Wem hilft das? Ernsthaft. Wem nützt das? Wenn sich Leute entzweien und entfreunden. Ich merke auf Facebook jeden Tag, wie aussortiert wird, wessen Meinung einem nicht passt. Was konkret ist das? Man stelle sich das physisch vor. Da wird ein Graben gezogen. Da wird mitten durch die Stadt oder das Land eine Grenze gezogen. Es entstehen Meinungsghettos und jeder, der auch nur ansatzweise mit einer anderen Meinung sympathisiert, wird sofort in ein Lager gesteckt, ettikettiert, geächtet.

Ich stelle mir das mal in einer Familie vor. Sohnemann hat eine andere Meinung als der Rest der Familie. Doch statt mit ihm zu reden, statt ihn zu fragen, wie er zu dieser Ansicht kommt, statt ihm zuzuhören und eventuell die eigene Position dazulegen, statt einen Dialog zu suchen, wird er in sein Zimmer gesperrt, oder aus dem Haus geworfen. Und weil sich der Rest der Familie so erhaben fühlt, spottet sie beim Abendessen über den Sohn. Dummkopf. Blödmann. Hirni.
Was wird der Sohn tun? Sich der Meinung jener anschließen, die ihn spotten, die ihn ächten, die ihn wegsperren, die mit ihm jeden Kontakt unterbrechen? Oder wird er sich etwa mit Gleichgesinnten zusammentun? Natürlich sind dann die Gleichgesinnten auch Idioten, über die man sich sattlachen kann. Oh ja, das hilft ungemein.

Mitunter ist es wirklich lachhaft, wie schnell man ein Nazi ist. Es reicht schon, zu sagen, dass manche Frauen gerne die ersten drei Jahre bei ihren Kindern zu Hause bleiben, statt diese mit einem Jahr in eine Krippe zu abzugeben. Peng. Nazi. Oder man sagt, dass es hierzulande Obdachlose gibt, die Hilfe benötigen. Peng. Nazi. Man äußert Bedenken, dass die Flüchtlingswelle finanzielle Aufwände und damit in einem hochverschuldeten Land auch Engpässe bedeutet. Peng. Nazi.

Ich stelle fest, dass ich mich selbst permanent zensiere. Rund drei Posts am Tag lösche ich wieder, ehe ich sie abgeschickt habe. Seit längerem habe ich keine Artikel mehr in "Kooky Seufzt" oder hier in "Kopfgas" geschrieben … das heißt, geschrieben habe ich genug, hochgeladen habe ich es nicht. Warum? Angst. Angst, in eine Ecke gedrängt und geächtet zu werden.

Wir leben in einer Welt, in der fast jeder, dem du begegnest, ein Spitzel und Soldat ist. Konnte man früher noch seine Wut äußern, kann das heute bereits dazu führen, dass die Polizei die Bude stürmt. Ich dachte, die Bespitzelung durch Vorratsdatenspeicherung, Firmen und NSA wäre schlimm, doch dem ist noch eine größere Gefahr hinzugekommen: Der Mitmensch.

Es gab eine Zeit, in der habe ich meine politische Meinung angstfrei geäußert. Es gab keinen Tag X, an dem sich das geändert hat, der Prozess passierte schleichend. Man beobachtet und zieht Schlüsse, man beobachtet und zieht Konsequenzen, man beobachtet und zensiert sich selbst. Denn es ist eine Sache, mit jemandem einen heftigen Diskurs zu führen, weil man verschiedene Ansichten hat, eine ganz andere, wenn man sofort in ein Eck geschubst wird. Der Naziduft geht so schwer ab wie der Duft des Vorwurfs, pädophil zu sein oder Vergewaltiger. Die Leute, die derart mit Dreck um sich schleudern, wissen genau, was die Peitschen der heutigen Welt sind. Zielsicher ist klar, dass man einem Mann am besten und nachhaltig schaden, ihn fürs Leben ruinieren kann, wenn man ihm sexuellen Missbrauch unterstellt. Selbst wenn das gelogen ist und das rauskommt, ist das Leben zerstört. Wer einmal als Nazi galt, dessen Argument, egal wie sinnvoll, wird nie wieder für voll genommen werden.

Und da ist eben genau jene Gefahr, die das Internet mit sich bringt. Es speichert alles ab. Alles. Und was dir einmal anhaftet, haftet dir für immer an. Du kannst deine Meinung ändern, aber das ändert nichts, denn du wirst mit veralteten Ansichten verbunden. Und da lauert ja auch die Gefahr der Überwachung. Zum Reife- und Lernprozess eines Menschen gehört auch, seine Meinung zu ändern. Das ist normal. Ich sehe heute auch viele Dinge anders als vor zwanzig Jahren. Gottseidank gab es damals nicht solche Möglichkeiten, sich zu äußern, bzw. habe ich immer versucht, Spuren zu verwischen. Am Ende hängt man in der Rechtfertigungsschleife.

Mich erschüttert mitunter auch, wie schnell man angeblich einen Nazi entlarven, beziehungsweise ettikettieren kann. "Ich bin ja kein Nazu, aber …" Viele Menschen geben offen zu, so jemandem nicht mehr zuzuhören oder ihn sofort ins rechte Eck zu stellen. Sehr erwachsen. Das nenne ich Mut zum Diskurs. Das nenne ich Willen zum Dialog. Das nenne ich Humanismus. Nicht. Wie kann man sich damit brüsten, intolerant, arrogant und ignorant zu sein? Denn für mich geht das alles nicht nur in eine Richtung.

Der Mensch ist ein soziales Tier. Der soziale Trieb ist einer der stärksten, die er hat, manchmal sogar stärker als das eigene Leben (zb. für jemand anderen sterben.) Ächtung ist die schlimmste Strafe, die böseste Sanktion, die man verhängen kann, und man sollte sich immer klar darüber sein, dass das keine guten Konsequenzen hat. Denn die Geächteten verschwinden nicht, sie haben nur weniger zu verlieren. Und viele Menschen lassen nur deswegen die Pfoten von Unsinn, weil sie etwas zu verlieren haben. Wir sollten also überlegen, wie leichtfertig wir jemanden mit einem Ettikett versehen. Der Aufschwung der rechten Parteien ist die Konsequenz. Und mit jedem weiteren Menschen, dem man wegen einer unliebsamen Meinung das Ettikett ansteckt, wird man das Heer der Gegner, das Meer der Geächteten vergrößern. Und dann sind alle geschockt und alarmiert, woher plötzlich die vielen Nazis herkommen. Leute, ihr habt sie deklariert.

Mir fällt auf, dass die Posts rechtsradikalen Gedankenguts, die so in die Medien gespült werden, von enorm mieser Orthografie sind. Viele Achtjährige schreiben besser. Nun gibt es mehrere Möglichkeiten, warum das so ist.
Eine davon: Die Leute, die sich gerne über Nazis lustig machen oder echauffieren, suchen gezielt die dümmsten aller Posts heraus.
Eine andere: In diesen Kreisen herrscht tatsächlich Bildungsnotstand.
Aber ist es geil, sich über Leute lustig zu machen, die, warum auch immer, keine ausreichende Bildung erhalten haben? Wessen Idee war das mit dem Zugang zu Bildung für alle? Und an wem liegt es, dass das nicht funktioniert? Und jetzt sage ich etwas sehr, sehr böses: Wenn in einer Schulklasse von 30 Schülern mehr als 25 der deutschen Sprache nicht oder kaum mächtig sind, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das zu Lasten einer guten Ausbildung geht. Nein, ich denke nicht, dass das immer und überall der Grund ist, aber zu behaupten, es spiele überhaupt keine Rolle ist ebenso falsch. Und jemand, der keinen einzigen Satz ohne mindestens zwei grobe Rechtschreibfehler schreiben kann (selbst wenn er sich bemüht), wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in anderen Bildungsbereichen das Nachsehen haben. Wie eben Geschichte. Und wenn man mit solchen Menschen nicht mitfühlend umgeht und sie respektiert, werden sie weder Mitgefühl noch Respekt vor anderen haben. Das sollte man immer im Hinterkopf behalten. Mit Menschen, die sich irgendwann (zurecht) aus Prinzip angegriffen fühlen, ist fast kein Dialog mehr möglich. Da ist jedes Entgegenkommen zunächst ein Angriff. Muss man es so weit kommen lassen?

Es gibt Idioten. Keine Frage. Leute, die es besser wissen müssten, die in besseren Verhältnissen und mit besseren Chancen aufgewachsen sind und dennoch schlichtweg Arschlöcher sind. Intellektuell Minderbegabte würde ich nicht zwangsläufig zu diesen zählen, die sind nur leichter zu manipulieren, in die eine und in die andere Richtung. Wenn Minderbegabung mit weiteren sozialen Benachteiligungen zusammenkommt, braut sich da schnell mal was zusammen. Das wissen Führungspersönlichkeiten. Die einen nehmen sich dieser Leute an, die anderen spotten sie. Wir dürfen raten, was passiert.

Ich stimme zu, dass man nicht mit jedem diskutieren kann. Dass manchmal groteskes Gedankengut so tief verwurzelt ist, dass man da nicht rankommt. Muss man auch nicht. Aber man kann im Vorfeld überlegen, wie schnell und wen man ächtet, und ob es nicht doch sinnvoll ist, zuzuhören, statt die Keule zu schwingen.

 

Strich für Dankbarkeit



Gestern stieß ich wieder im Internet auf einen Gesprächsfaden, Diskussion war es eher nicht, in dem es um Hilfe für bedürftige Menschen geht. In diesem Fall wurde ein Video vorangestellt, in dem ein junger Mann Obdachlosen Nahrungsmittel schenkt.

In den Kommentaren rief die Posterin dieses Videos auf, Obdachlosen doch etwas zu spenden, der Lohn wäre "die Dankbarkeit in den Augen". Mehrere Leute sprangen auf den Zug auf. Geld oder Nahrungsmittel, und immer mit dieser Erwartung oder Forderung, "Dankbarkeit in den Augen" zu sehen. Eine der Posterinnen hatte bedenken, Geld zu schenken, denn die Obdachlosen kaufen sich davon nur Alkohol. Ihr wurde vorgeschlagen, ihnen dann einfach Essen zu schenken. Jemand anderer meinte, man müsse sie, durchaus auch gegen ihren Willen, zum Sozialamt schleppen. Und auch hier: Man ernet "dieses Lächeln".

Mich regte dieser Gesprächsfaden nicht nur auf, ich fand ihn zum Kotzen. Die Menschen, die da posteten, empfand ich als grausam überheblich, narzisstisch und bevormundend.

Ich fragte mich die ganze Zeit: Was, wenn der Beschenkte "nicht" dankbar ist? Was, wenn er nicht lächeln kann? Wird er dann als undankbar gemieden? Verdient er dann keine Hilfe mehr? Abgesehen davon finde ich es total armseelig, sich ein dankbares Lächeln einkaufen zu müssen. Mal ehrlich, wie narzisstisch muss man veranlagt sein? Wie leer muss die eigene Seele sein? Und vor allem: Wie arrogant ist diese gönnerhafte Haltung? Ich schenke, also sei Dankbar.

Jemandem einfach Nahrungsmittel zu schenken, von denen man glaubt, dass sie für den Obdachlosen "gut" oder "richtig" sind, ohne ihn vorher zu fragen, was er braucht, finde ich unfassbar jovial und bevormundend und in vermutlich nicht zu wenig Fällen brüskierend. Ich meine damit keinesfalls, dass man Obdachlosen nichts geben soll, aber auch, wenn jemand arm ist und auf der Straße lebt, kann er Überzeugungen haben, Vorlieben, Glaube oder Lebensmittelallergien. Man sollte ihm die Würde lassen. Ich hörte den Spruch "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Das ist aber keine Forderung, dass sich jemand die Würde nicht antatschen lassen soll, sondern dass man sie dem anderen lassen soll. Jemandem irgendwelche Sachen zu schenken und "Dankbarkeit in den Augen" zu erwarten, ist alles andere als Respekt. Auch, wenn Obdachlose viele Abstriche machen müssen, ist Selbstbestimmund immer noch wichtig.

Und das bedeutet: Wenn ein Obdachloser Alkohol will oder braucht, dann hat er das Recht, ihn sich zu kaufen. Nur, weil man ihm den einmal in einer generösen Geste verwehrt, heißt das nicht, dass ein Alkoholiker vor lauter Dankbarkeit über diesen erhobenen Zeigefinger das Saufen lässt. Alkohol ist unter anderem eine körperliche Sucht, das heißt, ein entsprechend Süchtiger LEIDET, wenn er keinen bekommt, das ist dann keine böswillige Entscheidung mehr, um der Gesellschaft zu schädigen, sondern eine Krankheit, an der auch viel besser Gestellte zugrundegehen. Ab einem gewissen Schweregrad bringt es nichts, jemandem den Alkohol zu verbieten, der Entzug muss sehr behutsam vonstatten gehen, sonst bringt man die Leute um.

Nicht alle Obdachlose sind Alkoholiker!


Das Leben auf der Straße ist verdammt hart. Wer von den generösen Spendern könnte dort schlafen, könnte es dort bei vollem Bewusstsein aushalten? Man bedenke, dass zudem meistens schlimme Schicksalsschläge dazu führten, auf der Straße zu landen. Alleine der seelische Schmerz ist für manche nur zu ertragen, indem sie sich gelegentlich betäuben. Will man sich wirklich über ein paar Stunden Schlaf erheben? Wie würde jeder der edlen Spender reagieren, wenn man ihm das, was er zur Stressbewältigung benötigt, vorenthält? Kein gutes Gefühl, oder?

Nochmal: Bei weitem sind nicht alle Obdachlose Alkoholiker, und es ist ein Armutszeugnis, jemandem nur deswegen kein Geld zu geben, weil man fürchtet, er gäbe es für Alkohol aus. Die meisten Obdachlosen erkennt man gar nicht, Stichtwort Würde, sie schämen sich, als solche erkannt zu werden.

Um zu untermauern, was ich kritisiere, schildere ich hier zwei Beobachtungen.

Die eine zerriss mir fast das Herz. Ein Mann wollte einem Obdachlosen etwas schenken, kaufte daher in einem Supermarkt eine Wurstsemmel und etwas zu trinken. Als er die Nahrungsmittel schenken wollte, musste der Obdachlose das ablehnen, da er kein Schweinefleisch isst. Damit lief eine wunderbare Geste ins Leere, brüskierte nicht nur den Obdachlosen, sondern auch den Schenker, denn er wollte Gutes tun. Deswegen rate ich, wenn man einem Obdachlosen schon kein Geld geben will, sollte man ihn vorher fragen, was er möchte. Es kann Gründe geben, warum manche Lebensmittel nicht konsumiert werden können. Das Leben auf der Straße macht krank, und wenn man schon Gutes tun möchte, dann doch richtig, oder? Man fragt doch andere Leute auch, was sie sich wünschen, oder lauscht ihren Sehnsüchten, ehe man sie beschenkt. Ich denke, wir alle wissen auch, wie beschissen es sich anfühlt, etwas zu bekommen, mit dem man nichts anfangen kann, und dennoch "Dankbarkeit zeigen zu müssen", vor allem, wenn Schenker von dieser Dankbarkeit trinken wie Vampire Blut. Nun stelle man sich vor, man befände sich auch noch in diesem Statusgefälle, man wäre sogar auf Hilfe angewiesen, und muss sie zurückweisen. Vermutlich wird sie oft trotzdem angenommen und weiterverschenkt.

Eine andere Beobachtung machte ich im Internet. Jemand verdiente zu wenig Geld, woraufhin ihm jemand aus seinem Umfeld Geld geliehen hatte. Nun postete dieser Mittellose, dass er sich bei einer geilen Gelegenheit für insgesamt 75 Cent zwei Spiele gekauft hatte. Daraufhin wurde er öffentlich von der Person, die ihm das Geld lieh, fertiggemacht, er solle das Geld lieber für Nudeln ausgeben, er leihe nie wieder Geld, wenn er es nur beim Fenster rauswerfe. Einige andere fielen dieses Schimpfen mitein. Man rechnete ihm vor, für dieses Geld hätte dieser Mittellose zwei Kilo Nudeln kaufen können. (Offensichtlich ist Nahrung in Deutschland spottbillig.) Übrigens sprechen wir hier um geliehene 12(!) Euro. Wegen 12 verdammten Euro glaubte der Leiher, er könne nun über den anderen verfügen, könne sein Konsumverhalten kontrollieren und habe das Recht, ihn öffentlich zu brüskieren. Es ist dies leider ein Denken, das viele Menschen haben. Sie glauben, wenn sie etwas leihen, erwerben sie Anteile der anderen Seele und sitzen fortan im Aufsichtsrat seines Hirns und dürften an seiner Lebensgestaltung mitwirken. Es wird "Dankbarkeit" erwartet, nicht selten sogar Unterwürfigkeit. (Und für zu viele Menschen gibt es zwischen den beiden keinen Unterschied.)

Ein Sonderfall in dem anfangs erwähnten Gespräch war jemand, der meinte, "man" solle Obdachlose lieber zum Sozialamt schleppen, ihnen stehe ja vom Staat etwas zu.

Ich habe bereits selbst einen solchen Gang begleitet und kann sagen: Das ist keine Sache von einer halben Stunde. Und es ist nicht gratis. Oft gibt es keine Dokumente mehr, dann müssen (zumindest in Österreich) erst einmal Staatsbürgerschaftsnachweis, Geburtsuhrkunde und Reisepass nachbeordert werden. Das kostet nicht nur Zeit und Nerven, sondern auch Geld. Zudem ist es verdammt schwierig, das durchzuboxen, wenn keine Wohnadresse exisitert. Man bekommt auch kein Bankkonto ohne Wohnadresse. Wer je mit Behörden zu tun hatte, weiß, das ist ein Projekt von wenigstens Tagen, eher aber Wochen, und es ist eine demütigende Angelegenheit.

Unter anderem dies, diese Demütigung, ist es, warum sich viele Obdachlose diesen Kampf nicht antun. Weiters ist es mit einem einzigen Antrag nicht gemacht, man muss regelmäßig neu ansuchen, sich erklären, sich als unwillig oder faul abstempeln lassen. Ein nicht zu geringer Anteil an Obdachlosen verlor aufgrund psychischer Erkrankungen die Wohnung. Der Behördenweg in der untersten Ebene ist eine menschenrechtliche Katastrophe, und wer ohnehin schon angeschlagen ist, macht das nicht mal so eben mit. Wer begleitet, muss auch mentale Aufbauhilfe leisten.

Besagte Person in dem eingangs erwähnten Gespräch meinte, sie habe Obdachlose auch schon "gegen ihren Willen" zum Sozialamt geschleppt, und man erhalte dann später, wenn man diese Person wiedersieht "dieses Lächeln". Nun, ich weiß nicht, ob da wirklich einer nach seiner Nachtschicht (Behörden haben nur sehr beschränkte Öffnungszeiten), in seinem Urlaub oder an seinem freien Tag loszieht, und Obdachlose durch den Behördenwahnsinn zerrt, gegen ihren Willen, oder ob es sich bei diesem Menschen um einen Sozialarbeiter handelt. Immerhin muss man wissen, dass es da Ansprüche gibt, und wo man sie erhält. Das wissen Lieschen und Heinz, die nie mit Obdachlosigkeit zu tun hatten, nicht. (Und, das ist zwar traurig aber Realität, erführen sie es, wären sie neidisch, dass Obdachlose Geld vom Staat bekommen, Geld, das "sie" einzahlen, dafür dass sich da einer vor der Arbeit drücken kann.)

Ich frage mich, ob in diesen Fällen, wo jemand gegen seinen Willen in den Behördenmoloch gezerrt wird, "dieses Lächeln" nicht ein Servicelächeln ist. Denn genau das haben Menschen, auf deren Würde andere mit Freude herumtrampeln, oft drauf. Ein dümmliches Servicelächeln, weil eben alle Welt Dankbarkeit und "Lächle, die Welt lächelt zurück" erwarten.

Ich schlage vor, behandelt Obdachlose so, wie ihr jeden anderen Menschen auch behandeln würdet, es sind immer noch Menschen. Wenn ihr etwas spenden wollt, dann fragt sie, was hilft. Jeder Mensch ist anders, auch bei Obdachlosen, jeder braucht etwas anderes. Der eine freut sich wirklich über Wurstsemmel und Apfelsaft, der andere braucht vielleicht eher eine Zahnbürste, ein anderer möchte dir nicht erklären müssen, was er für Bedürfnisse hat und wäre mit Geld glücklich. Obdachlose sind auch nicht immer einsam. Manche helfen auch anderen. Es ist ein Leben von Tag zu Tag, von Gelegenheit zu Gelegenheit. Mit meinem Essay hier müchte ich keineswegs davon abhalten, zu spenden, ganz im Gegenteil, aber macht es auf Augenhöhe. Bevormundet nicht. Seid lieb und verwechselt Spenden nicht mit einem Strich für Dankbarkeit.

Rant zur Zeit

 

Ich gestehe, dass ich mich nur noch sehr wenig um das aktuelle Tagesgeschehen da draußen kümmere. Das war früher anders. Ich habe jeden Tag Zeitung gelesen, musste alles wissen, habe mich mit vielen politischen Systemen auseinandergesetzt, ging auf Demos. Ich empfand mich und war ein sehr politischer Mensch, der auch als das Internet kam, einige Blogs mit politischen Statements führte, Kommentare schrieb und in vielen Foren kämpfte. Selbst in Foren, die unpolitisch waren, fand man mich in den »Plauderrubriken« immer an der kämpfenden Front. Ich war wohl der Protagonist aus dem Meme »Can’t go offline, someone is wrong in the internet«. :)

Aber irgendwie bin ich des Kämpfens so müde geworden. Vor allem habe ich auf all diese Kämpfe und Krämpfe immer auch aus einer Metaperspektive draufgeschaut. Ich entdeckte so viele Diskussionsparallelen, regelrechte Choreografien, die sich immer und immer wiederholten. Irgendwann kam der Punkt, an dem ich merkte, dass es nichts bringt, dass solche Diskussionen auch ohne mich ablaufen, und zwar exakt, echt, exakt nach demselben Script. Wozu also noch?

Als Beispiel könnte ich etwa das Thema Veganismus bringen. Den blöden Satz: »Veganer essen meinem Essen das Essen weg.« Selbst nach fünfzehn Jahren finde ich diesen Spruch immer und unter JEDEM Beitrag, der auch nur den Schatten einer Verwandtschaft zum Thema Vegetarismus wirft. Und jedes Mal dieselben Argumente, auf dieser wie auf jener Seite. Da denke ich mir, warum nicht alle Diskussionen mit etwas schriftstellerischer Eleganz zu einer einzigen zusammenführen, die dann all das sagt, was millionenfach immer auf dieselbe Art gesagt wird, und statt einer Diskussion dann schlicht den Link hinstellen.

Würde auch nicht funktionieren und die Groteske hervorbringen, dass darunter wieder exakt dieselbe Diskussion stattfände, die ohnehin im Buch durchchoreografiert ist.

Das zermürbt.

Vermutlich hat auch viel dazu beigetragen, was ich im Rahmen der Diskussionskultur und Postingkultur auf FB erlebt habe. Kürzlich las ich den Satz: »Heute kann ich für ein und dieselbe Meinung als Nazi und als linkslinker Gutmensch diffamiert werden.« Ich fand es katastrophal, mitzuerleben, wie selbstgerecht User andere Leute wegen einer anderen politischen Meinung gesperrt haben. Richtig erhaben und gut haben sie sich gefühlt. Oder, wenn sie sich lustig gemacht haben über die schlechte Rechtschreibung der Rechten.

Ich selbst habe mich immer als links begriffen, aber hier schämte ich mich für die sogenannten Linken. Seit wann ist Ignoranz gut und gerecht? Seit wann spottet man Menschen, denen der Zugang zu Bildung erschwert wurde? Plötzlich beobachtete ich, dass die Linken all die Dinge, die sie an Rechten verachteten, selbst taten, nur unter dem irrwitzigen Glauben, gut und richtig zu sein. Und mag man meinen, die Rechten handelten entsprechend ihrer Doktrin, weil sie weniger gebildet sind und eine vergrößerte Amygdala haben, was haben dann bitte die Linken, mit ihrer Bildung und ihrer Fähigkeit zur Weltoffenheit für eine Ausrede, sich dermaßen kleingeistig zu verhalten und so zu überhöhen?

Aber wehe, ich kritisiere, dann bin ich Nazi. Weil auch die Linken nur noch schwarz-weiß denken und jegliche Kritikfähigkeit verloren haben.

So gesehen kotzt mich diese Debattenkultur an, diese ständige Wehleidigkeit der Rechten, die Selbstgerechtigkeit der Linken, die Raubzüge der Kapitalisten, die Blindheit der Konservativen, die Borniertheit der Religiösen und so weiter und so fort. Zu dem addiert sich dieses Gefühl, nichts tun zu können, nichts ändern zu können. Ich meine, was hilft es mir, mich akribisch mit Trump zu befassen? Kann ich ihn absetzen? Kann ich IRGENDETWAS tun? Nein. Gott, wie habe ich früher Menschen gehasst, die so etwas gesagt haben, während ich auf 180 war und gekämpft habe. Wie kann man so lahm sein, so desinteressiert.

Aber es ist kein Desinteresse, es ist eher Frustration oder Kapitulation.

So sah ich gestern einen Beitrag, da wurden Leute gefragt, was sie hassen, oder nicht mögen oder zum Kotzen finden. Und durch die Bank hieß es, die bösen Politiker und die bösen Steuern.

Scheiße, wie sehr haben mich diese faulen, dummen Menschen angewidert.

Ich bin überzeugt, keiner, nicht einer von ihnen, hat je über das Wahlrecht hinaus irgendetwas getan, um an der politischen Lage etwas zu ändern. Das waren alles genau diese Straightheads, die sich aufregen, weil ihnen Demos das Adventsshopping vermiesen. Woher kommt denn der Asphalt unter ihren Füßen, die Ampel, die dafür sorgt, dass sie unbeschadet über die Kreuzung kommen und der Bulle, den sie bei einem Einbruch rufen können, die Schulen und Krankenhäuser? Wollen sie das etwa alles selbst bezahlen, immer dann, wenn sie es brauchen, und wenn noch dazu alles privatisiert und dem »freien Markt« unterworfen ist?

Und wenn sie auf die angeblichen »Sozialschmarotzer« hinhauen. Was denken die denn, was passiert, wenn all diese Leute plötzlich keine Wohnungen und kein Essen mehr haben? Dass die sich zum Sterben in den Straßengraben legen? Nein. Die werden sich das holen, was sie brauchen, nötigenfalls mit Gewalt. Wenn Gewalt in einem Land ansteigt, dann nicht, weil die Leute gut versorgt sind, sondern weil Armut herrscht.

Aber das klammern die Leute, die auf ihren »Leistungen« hocken, die keine sind, aus. Mal ehrlich, wer hat irgendetwas dafür getan, zufällig HIER geboren worden zu sein? Warum hat man, wenn man hier geboren ist, mehr recht auf Wohlstand, als beispielsweise jemand, der in Afrika geboren wurde? Wie können sich ausgerechnet Leute, die unverdient in die reichste Region der Erde geboren wurden, anderen, die dieses Scheißglück nicht hatten, verwehren, hierherzukommen, um ebenfalls Wohlstand zu genießen? Und wenn dann das Argument kommt, sie sollten dort, wo auch immer, Wohlstand aufbauen, vergessen die lieben Selbstgerechten, dass sie mit ihrem eigenen täglichen Furzkonsumverhalten genau das verhindern.

Mich kotzte so dermaßen die Haltung Deutschlands in der Wirtschaftskrise an, zu Ländern wie Spanien und Co. Dass die eben weniger Löhne zahlen sollen. Für ein Exportland, das darauf ANGEWIESEN ist, dass andere Länder ihre Produkte kaufen, die also Preise halten müssen, die andere Länder zahlen können, ist das der erfolgreichste Schuss ins Knie, den man gerade erleben kann. Denn die logische Konsequenz ist, dass die Löhne im eigenen Land sinken müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben.

Und der ach so angebliche Facharbeitermangel? Man sollte ja meinen, wenn ein Mangel an Facharbeitern herrscht, würden die entsprechenden Löhne steigen. Pustekuchen. Man hat es geschafft, während der »händeringenden« Suche nach Facharbeitern deren Löhne um rund 60% zu SENKEN!!! Muss man ja auch, wenn man den Krempel dann an Länder abtreten will, die ihren Leuten geringe Löhne zahlen sollen, um die Schulden ...

Und dann stehen wir vor Industrie 4.0 und immer noch unken welche, dass das Bedingungslose Grundeinkommen nicht praktikabel wäre. Die Argumente sind in der Regel reiner Menschenhass und diese Leute widersprechen sich bereits innerhalb eines Satzes. Sah da jüngst so einen Self-Made-Idioten, der erst in großen esoterischen Reden daherschwadronierte, Leute sollten nicht nur des Geldes wegen arbeiten, sondern aus einer inneren Leidenschaft heraus, aus Berufung und so weiter. Nur um fünf Minuten später zu sagen, man könne kein Bedingungsloses Grundeinkommen einführen, denn dann hätten die Leute keinen Anreiz mehr, zu arbeiten. Na was nun?

Abgesehen davon, dass ein System mit den Mängeln eines anderen Systems abgelehnt wird. Und das oft von Menschen, denen ich ein Mindestmaß an Inteligenz und Bildung zumute. SO intelligent bin ich auch wieder nicht, um als Einzige zu begreifen, dass man ein System erst einmal verstehen muss und Argumente INNERHALB dieses Systems finden muss, um es zu testen. Ich meine echt. Das wäre so, als würde man sagen, wir bauen keine Autos, weil Fahrräder keinen Benzintank haben. Aber genau diese Argumentationslinie soll auf einmal gelten?

Von der humanistischen Sicht ganz zu schweigen, die sich auch hier findet: Ich bin heilig, fleißig, gut und selbstgerecht, aber alle anderen sind faul und schlecht und derartige Untermenschen, dass man ihnen einen eigenen Willen und gute Absichten von vornherein absprechen muss.

Widerlich.

Und das Schlimme ist, dass ich dabei beobachte, wie man von all diesen brisanten Themen ablenkt – mit oberflächlichem Wawa. Auf einmal ist die ganze Welt hysterisch wegen Trump.

Ich erinnere mich noch, wie die ganze Welt euphorish wegen Obama war. Auch ich, gebe ich zu. Oh, welch Hoffnungen setzte man auf ihn, sogar einen Friedensnobelpreis bekam er, während es Guantanamo weiterhin gibt, während Snowden zeigte, was aktuell passiert, während Kriege geführt werden und so weiter. Wenn Trump so viel ändert wie Obama, wenn er so böse ist, wie Obama gut war, dann haben wir genau NICHTS zu befürchten. Alles nur Hysterie, um nicht ins eigene Scheißhaus schauen zu müssen. Denn es ist ja sooo edelmütig, intellektuell und zielführend, mit dem Zeigefinger über den Teich zu zeigen und sich über Amerikas Entwicklung echauffiert zu fühlen, sich vor lauter Entrüstung bei Starbucks mit dem Mac über Twitter, Facebook oder Snapchat zu entladen, und zwischendurch der Whats-App-Gruppe vom letzten Hollywoodfilm vorzuschwärmen.

Heuchler, wohin das Auge reicht.

Aber wozu auch was machen? Heute glaubt ja jeder, der sein FB-Avatar in Regenbogenfarben einfärbt, er wäre politischer Aktivist. Empört einen Artikel teilen und Daumen hoch oder runter posten, und die Leute glauben, sie verbessern die Welt.

WER bitte macht denn Leute wie Trump und Hofer und LePenn und Petry groß? Nicht deren Fans, sondern deren angeblichen Gegner. All die Betroffenheitsjournalisten, die Mahner vor dem Herrn, die Hysteriker, die aber mehr, als posten und liken auch nicht können. Aber sie würden der Polizei sofort verraten, wo das nächste »Nazischwein« hockt, damit es abtransportiert wird.

Denn das ist es, was ich mit Besorgnis sehe: Man definiert wieder die guten Menschen mit den richtigen Werten, und die bösen Menschen, die Untermenschen, die weniger Wert sind. Und viele der selbstgerechten Sperrer gegen unliebsame Meinungen würden wieder Leute verraten, wären berufene Aufseher, oder würden schlicht wegsehen, stillhalten. Man hat diese schlechten Menschen ohnehin gesperrt, da sieht man wenigstens nicht, wie sie verschwinden.

Weg mit dem unliebsamen Pack.

So schlecht wird heute Kritik, so schlecht ein echter Diskurs vertragen.

All das ist der Grund, warum ich mich immer mehr zurückziehe. Warum ich das, was ich sehe, mit großer Distanz und kritischem Blick betrachte.

Ich habe mal bei einer Zeitung gearbeitet, nur kurz, aber da habe ich mitbekommen, wie es läuft.

Es gibt dieses Phänomen, ich weiß nun den Begriff nicht, aber sinngemäß funktioniert es so: Wenn man von einem Bereich oder Ereignis echte Kenntnis besitzt, und man liest dazu einen Artikel, stellt man fest, dass der zu 80% nicht stimmt. Muss nicht mal böswillig sein, kann aufgrund der Kürze, der eingeschränkten Sichtweise des Schreibers, unvollständiger Informationen so sein. Wie auch immer, man weiß, dass der Artikel nur zu 20% der Wahrheit entspricht. Dann blättert man um und liest etwas, worin man keine gesonderte Kenntnis besitzt. Aber plötzlich hält man das, was dort steht, für sinnvolle Information. Man geht nicht mehr davon aus, dass sehr wahrscheinlich auch hier 80% nicht so sind, wie es da steht. Und diese 80% Nonsense-Information, die mit der Wahrheit nichts zu tun hat, wird zum Meinungs- und Weltbild. Hinzu kommt dann noch die persönliche Sichtweise, die sowieso alles verdreht, dass es zum eigenen Weltbild passt.

Ich meine, es ist schon interessant, welche Artikel man anklickt und welche nicht. Warum soll die eine Info relevanter sein als die andere? Willkommen in der Filterbubble. Hallo in der Echokammer. Und man macht sich um Fake-News Sorgen?

Jetzt geht hiesigen Politikern der Arsch auf Grundeis, dass die »Sozialen Netzwerke« die Wahlen manipulieren könnten. Aber ich wette, wette, wette, jede Partei und jeder Politiker würde sofort seinen Arsch verkaufen, wenn er all diese Techniken für sich nutzen könnte. Ich wette, sogenannte »gute« Parteien glauben, derartige Manipulation durch »Fake-News« wäre GUT und gerecht, wenn man damit die AfD verhindern könnte.

Vielleicht bin ich doch nicht so unpolitisch, wie ich denke. NOCH nicht. Vielleicht wird mir nur alles zu viel. Definitiv wird mir das alles zu viel. Ich glaube, wir sind an dem Punkt, wo wir froh sein müssen, wenn wenigstens 20% von dem, was wir erfahren, halbwegs der Realität entspricht. Und nein, ich bin kein Lügenpresse-Schreier, weil die Presse ohnehin selbst Opfer des ganzen Wahnsinns ist. Mittlerweile ist nicht mehr klar, wessen Gehirne von wem gewaschen werden, ich glaube, die ganze Welt wäscht sich ständig gegenseitig das Hirn. Könnte auch diese emphatische Sterilität erklären und die sozialen Superinfektionen aufgrund der intellektuellen Antibiotikaresistenz.

Und worüber ich mich auch immer sehr aufrege, dies als Schlusspunkt dieser Tirade: Wenn Leute Chaos mit Anarchie gleichsetzen, bzw. als Synonym benutzen. Das eine hat mit dem anderen ABSOLUT NICHTS zu tun.
Punkt.

Requiem für den Verstand I

 

Manchmal deprimiert es mich einfach nur.

Man sollte eine gesunde Seelenschutzschicht auftragen, wenn man mit anderen Menschen in Kontakt kommt. Und wenn man mit Medien Kontakt aufnimmt, sollte man mindestens Blödschutzfaktor 50+ auftragen, sonst wirds schmerzhaft.

Manchmal aber, da reicht auch das nicht. Manchmal, da gelingt es mir nicht, den Kloß runterzuschlucken, elende Blödheit elende Blödheit sein zu lassen, und weiterzumachen. Manchmal, da tut es einfach nur noch weh.

Wie eben gerade. Ich stolpere mal wieder über einen Bericht christlicher Funamentalistinnen (One Million Mom), die sich gegen Homosexualität stark machen und sich dafür auf die Bibel berufen. Seufz.

Ehrlich gesagt ist mein Verständnis für religiösen Wahn endenwollend. Wenn jemand persönlich Trost daraus zieht, zu einem imaginären Himmelvater zu beten, meine Güte, was juckt es mich. Andere schwärmen für He-Man oder reden mit ihren Katzen. Jedem Tierchen sein Plesierchen heißt es doch.

Wo mir aber regelmäßig das Geimpfte aufgeht, ist, wenn Leute ihren imaginären Freund zur Ausrede nehmen, anderen das Leben schwer zu machen. Ich trete ja auch keinem Christen oder Moslem in die Kniekehle, weil mein regenbogenfarbener Pelikan Omo-Ogino-Puhbert das von mir verlangt. Noch weniger käme ich auf die Idee, mich mit anderen zusammenzuschließen, die sich auch ein paar komische Seelenvögel für abstruse Stunden ausgedacht haben, um mit ihnen kollektiv durch die Welt zu ziehen und zu haten.

Was mich an diesen ganzen "Christen gegen Menschen"-Aktionen am meiten stört, ist, dass sich das Christentum doch als so nächstenliebend darstellt. Als Österreicherin war ich praktisch automatisch Katholikin, in der Schule hatten wir katholischen Religionsunterricht. Eine der obersten Richtlinien, immer, war, dass das Christentum eine sehr humane Religion wäre. Sogar Mörder wurden geliebt, Folterknechten verziehen und so weiter und so fort. Eigentlich war es schon übermenschliche Nächstenliebe.
Ich erinnere mich nicht, jemals in einem der vielen Religionsbücher, die wir im Laufe der Schulzeit bekamen, ein Bild von Jesus gesehen zu haben, in dem er gegen Schwule hetzt.

Heute bin ich Atheist aus Überzeugung. Ich glaube an keinen Gott, dieses Konzept erscheint mir reichlich absurd. Aber wenn jemand diese Krücke zum Leben braucht, werde ich sie ihm nicht wegstoßen, nur weil ich persönlich meine, dass man ohne sie durchs Leben gehen können sollte. Leider aber habe ich immer wieder sehr enervierende Gespräche und Diskussionen mit Christen durchlebt, die mich missionieren wollten.

Sie sprechen mir einfach meine Fähigkeit für Mitgefühl und Nächstenliebe ab, als hätte allein das Christentum sein Patentrecht darauf. Christen können sich nicht vorstellen, dass jemans aus freien Stücken, aus innerem Antrieb heraus anderen Menschen gegenüber nett ist. Sie brauchen dafür eine Art Gesetzbuch, eine Vorschrift, denn ohne diese Krücke wären sie des Nächstenhasses verfallen. Sie können die Liebe nicht in sich finden, sie müssen sie mühsam auswendig lernen. Moral und Ehtik ist nichts, das sie sich erarbeiten müssen oder wollen, sie folgen einfach einem Leitfaden. Und wenn dieser Leitfaden sagt, dass bestimmte Menschen weniger Wert sind oder bestimmte Rechte nicht erhalten sollten, dann nehmen sie das an. Unreflektiert. Zumindest genau so kommt es rüber, auf diese Ansicht laufen all die Gespräche heraus und das, was man an öffentlichen Aktivitäten so miterlebt.

Hätten diese Christen tatsächlich eine innere Veranlagung zu Nächstenliebe, hätten sie ein Herz, hätten sie ein Hirn, hätten sie ein Gefühl für Ethik und Moral, könnten ihnen solche menschenverachtenden Zeilen allerhöchstens als albernes, peinliches Relikt aus einer Zeit erscheinen, in der man es nicht besser wusste. Alles in ihnen würde sich gegen all die menschenverachtenden Passagen wehren, und sie würden vielleicht sogar darauf bestehen, die Bibel den modernen Gegebenheiten anzupassen.

Auch Menschen anderer Weltreligionen muss ich die Fähigkeit zum Denken und Fühlen absprechen. Für mich geht es nicht zusammen, sich sklavisch an ein Buch zu halten und für sich humanistische Werte zu deklamieren. Man ist kein guter Mensch, nur weil man sich an ein Gesetz hält. Man ist ein guter Mensch, wenn man fähig zu Mitgefühl für alle anderen Lebewesen ist. Wenn man sich durch eigenes Denken und Fühlen ein humanistisches Weltbild erschließt und dabei nicht irgendein Dogma wie Scheuklappen anlegt, um die Erfahrungswelt einzudämmen.

Ehrlich gesagt habe ich auch die Nase gestrichen voll von all den Religiösen, die behaupten, ihre Religion sei so friedlich und nächstenliebend, sobald mal wieder wo Tote im Namen Gottes zu beklagen sind, oder ein Missbrauchsfall bekannt wird. Es ist blödes Gerede, Selbstbeschwichtigung, Selbstlüge.

Man gehört nicht umsonst einer Ideologie an und beweist diese auch öffentlich in Form von Ritualen und Symbolen. Man sucht die Stärke in der Gemeinschaft, die Gemeinschaft ist die größte Stärke. Wenn sich nun innerhalb dieser Gemeinschaft Menschen gegen den akzeptierten Kodex stellen, muss die Gesellschaft das sanktionieren. Und zwar nicht, indem sie Vergewaltiger in andere Gemeinden versetzt oder in Talkshows deklamiert, solche Missetäter wären gar nicht echte Religiöse. Wieso wird nicht rigoros exkommuniziert und an den Staatsanwalt übergeben? Warum tritt die Glaubensgemeinschaft auf und behauptet nicht nur wischiwaschi, das wäre so gar nicht Religionslike, sondern schmeißt diese Typen knallhart raus. Keine Jungfrauen im Jenseits, keine Heldentaten. Wer tötet, wer vergewaltigt, wer schlägt und hasst, der fliegt. Punkt. Denn Nächstenliebe endet nicht bei der Kirchentür und gilt nicht nur für Anhänger der eigenen Religion. Und eine Gemeinschaft, die die Täter in den eigenen Reihen schützt und damit deren Opfer verhöhnt, darf sich nicht wundern, wenn sie durch all diese Verbrechen einen immer mieseren Ruf erhält.

Und so nenne ich diese heutige Information über die christlichen Hassmütter mal wieder ein Requiem für den Verstand. Halleluja.

KSVV

 

Es gibt einen Grund, warum ich seit zehn Jahren keinen Fernseher mehr habe. Eine Zeit lang habe ich mir aber gerne so Talk-Sendungen angesehen, Anne Will, Maybrit Illner, Hart aber Fair, Maischberger bei den Deutschen, Talk im Hangar, Pro und Contra sowie Im Zentrum bei uns Österreichern. Irgendwann fiel mir auf, dass ich schon viele Monate, fast eineinhalb Jahre nicht mehr solche Sendungen angesehen habe – ohne es zu bemerken, ohne es richtig entschieden zu haben.

Still und heimlich ging ich immer mehr dazu über, mir Gespräche zwischen zwei Menschen anzusehen, die Minimum eine Stunde, nicht selten aber drei Stunden und gelegentlich länger dauern. Letzters fand ich bislang am ehesten im englischsprachigen Raum. Damit hat sich zwangsläufig mein Englisch im vergangenen Jahr deutlich verbessert.

Warum aber schaue ich mir lieber drei Stunden eine englischsprachige Diskussion zwischen zwei Menschen an, statt eine Diskussion zwischen sechs bis acht Leuten auf deutsch, die nur rund fünfzig Minuten dauert?

 

Deswegen!

 

Mir war das lange nicht in der Form bewusst. Erst, als ich nach langer Zeit mal wieder entsprechende Talkrunden gesehen habe. Ich fand es unerträglich, dass kein Gedanke zuende gedacht, kein Thema zuende besprochen wurde. Kaum wurde es ein WENIG interessanter, ging es ein WENIG in die Tiefe, greift der Moderator ein. Ist heute nicht das Thema. Wollen wir jetzt nicht vertiefen. Wollen erst eine Antwort auf dies oder jenes. Hinzu kommt, dass keine der Anwesenden wirklich "da" ist. Also wirklich im Thema, wirklich mit dem Kopf dabei und ehrlich diskussionswillig. Mehr wirken solche Sendungen wie Dauerwerbesendungen für Ideen. Interessiert sich Werbung für das Konkurrenzprodukt? Nein. Interessiert irgendeinen der Diskussionsteilnehmer wirklich, wie der andere denkt, und vor allem: warum? Nein.

Ich habe dann mal nachgerechnet: Sechs Gäste in fünfzig Minuten, das macht etwa acht Minuten pro Person. Dann spricht aber auch noch der Moderator, führt in die Sendung ein, führt aus der Sendung heraus, meistens kommen ein oder zwei Filmchen zum Thema und es wird der Eine oder andere aus dem Publikum befragt. So gesehen bekommt keiner der Gäste wirklich mehr als fünf Minuten Sprechzeit. Da es nicht gerne gesehen wird, wenn einer länger redet, werden diese fünf Minuten noch auf mindestens fünf Einheiten aufgesplittet. Da verschiedene Aspekte eines Themas besprochen werden sollen, bleibt also pro Thema oder pro Aspekt eines Themas eine Minute. Das ... ist praktisch nichts. Hinzu kommt, dass sich wohl eingebürgert hat, dem anderen vorzuwerfen, mehr zu reden als man selbst, oder einem zu unterbrechen und so weiter. Also für diese eine Minute pro Thema können gut und gerne noch einige Sekunden abgezogen werden für das spontane Zeitlimit-Hickhack während der Sendung.

So. Welcher seriöse Mensch geht zu einer Sendung, in der er ungefähr vier Minuten Nettozeit hat, fünf verschiedene Aspekte eines Themas zu besprechen? Manche Blickwinkel lassen sich nicht in ein Twitter-Statement pressen. Für manches muss man ausholen, es in einen Kontext stellen. Wie essenziell das ist, beweisen schon Zitate, die durch das Internet geistern, und die so auseinandergepflückt werden, dass ihre eigene Aussage pervertiert und ins Gegenteil verkehrt wird.

Was also passiert? Die Leute boxen ihre Slogans durch. Das ist alles. Hauptsache, irgendwie die eigene Agenda angebracht. Punkt. Es ist einfach nur eine Arena voller Werbetexte, die man sich hinschreit, und der Moderator knetet sie ein bisschen zu so was wie eine Sendung zusammen. Am Ende ist keiner klüger. Am Ende ist man keinen Schritt weiter. Es ist so frustrierend.

Wie schlimm so was ist merke ich vor allem, wenn Leute eingeladen sind, die ich aus langen Gesprächen kenne. Die ich sonst in bis zu zweistündigen Zwiegesprächen gesehen habe, in denen sie ihre Erkenntnisse auch wirklich ausbreiten und erklären konnten. Wie völlig verdreht die oft in solchen Shit-Talks rüberkommen.

Mittlerweile betrachte ich solche Sendungen als kognitives sebstverletzendes Verhalten.

 

Bullshit-Maschine

 

Gestern habe ich mich wieder kognitivem selbstverletzendem Verhalten hingegeben und eine Talkrunde angesehen, in der es um die Politik Österreichs geht. Genauer gesagt, wie unser junger Bundeskanzler den Sozialstaat abbaut. Das Gespräch war so fruchtbar wie erwartet: gar nicht. Geht bei solchen Gesprächsrunden auch nicht, wie ich im vorherigen Kapitel dargelegt habe.

Aber es gibt einen anderen Grund, warum ich diese Sendung bemerkenswert fand:

Da war eine Dame der ÖVP-Akademie. Also so was wie ein Thinktank oder Gedankenschmiede. Vielleicht kann man es auch Gehirnwäschezentrum nennen, oder Bullshit-Schmiede.

Bist du deppert, also was diese Dame an Bullshit rausgehauen hat, das war unfassbar. Eigentlich kam kein einziger Satz von ihr, dem Menschen, sondern das waren alles Slogans. Es ging vor allem um das Thema Mindestsicherung, also Sozialhilfe, die die ÖVP nun drastisch abbauen will. Denn laut dieser christlich-sozialen Partei sind alle Arbeitslose und arme Menschen einfach nur faul. Sie stehen in der früh nicht auf, leisten nicht ihren Anteil, liegen in der sozialen Hängematte. Seit die neue Regierung an der Macht ist vergeht kaum eine Woche, in der nicht wieder auf die Ärmsten der Armen in Österreich hingetreten wird. In der ihnen nicht irgendetwas Neues unterstellt wird. Da wird sukzessive ein Feindbild kreiert, um Stimmung zu machen, um den Leuten die "Leistung erbringen", den "braven Steuerzahlern" und den "hart arbeitenden Menschen" die "in der Früh aufstehen" einen Sündenbock hinzustellen. Hier, auf die dürft ihr draufhauen, die dürft ihr bespucken – mfg Eure Regierung.

Mich erinnert dieses Aufbauen eines Sündenbocks, der praktisch Schuld daran ist, dass die "brave Mittelschicht" so heftige Einbußen hinnehmen muss, an andere Zeiten, die wir seit über siebzig Jahre überstanden glaubten. Ganz wie anno dazumal werden Bilder erzeugt. Bilder die eingängig sind und bei jemandem, der seinen Job hasst, sehr gut funktionieren. Wer bekommt keinen Groll, wenn er um fünf Uhr früh aufstehen muss, sich bei minus fünf Grad und noch in der Dunkelheit den Arsch abfriert, um zu einer Arbeit zu fahren, die man hasst, mit Kollegen, die man hasst, einem Chef, den man hasst, und Kunden, die man hasst, die einem die wertvollste Zeit des Tages raubt, alle Energie, Zeit mit Kindern und Ehepartner, und für die man so schlecht bezahlt wird, dass man gerade seine Fixkosten decken kann, trotzdem aber jeden Monat ins Minus rutscht – und dann bekommt er das Bild eines Menschen präsentiert, der lange ausschlafen kann, friedlich in der bequemen Hängematte, und am Ende des Monats fürs Nichtstun mit Hundertern überhäuft wird? Es ist Manipulation vom Feinsten. Dass an beschissenen Arbeitsbedingungen und an beschämenden Löhnen aber nicht die Ärmsten der Armen schuld sind, sondern die Wirtschaftstreibenden, kommt da nicht an. Denn der gute Bundeskanzler zeichnet ja nicht das Bild vom satten Millionär, der sich mit Brathähnchen vollstopft und seine Untergebenen für einen Mindestlohn schuften lässt, damit er sich am Ende des Monats einen neuen Ferrari kaufen kann. Dieses Bild stimmt so wenig wie das über Mindestsicherungsbezieher. Aber es wird nicht gezeichnet.

Schon schräg eigentlich. Man sollte immer meinen, man wäre auf jene neidig, die mehr haben, als man selbst. Die ein besseres Leben haben, mehr verdienen, gesünder sind, höheren Status haben und so weiter. Was sagt das über ein Land aus, in dem die Leute die Ärmsten der Armen beneiden? Körperlich und psychisch Kranke, Leute, die so wenig verdienen, dass sie aufstocken müssen. Leute am untersten Ende der Gesellschaft? Neid nach unten. Wie erregend. Ich meine, das mag zwar jetzt sehr zynisch klingen, aber im Dritten Reich hat man wenigstens Leute beneidet, die tatsächlich geschäftstüchtiger, gebildeter und intelligenter waren. (Dass die Juden das werden mussten, erklärt sich durch ihre harte Geschichte. Der Mensch wächst mit der Herausforderung, das Hirn bleibt neuroplastisch, erzeugt mehr Verbindungen. Jage ein Volk über Jahre, und es wird zwangsläufig klüger werden, es werden sich zwangsläufig die Stärkeren, Erfolgreicheren und Klügeren durchsetzen.)

Nun denke ich nicht, dass die Leute WIRKLICH die Armen beneiden. Wäre dem so, wäre es ja recht einfach, dort zu landen. Schlage jedes Erbe aus, kündige, warte, bis du nichts mehr von Wert hast, verliere jeden Status und das Ansehen durch ein Umfeld, sei ganz unten, lass dich durch die Behördenmangel drehen, die dir jeden Selbstwert abschraubt. Nach einigen Monaten bekommst du vielleicht sogar eine Depression oben gratis drauf, die dich ins Bett zwingt. Dann hast du das Traumleben, das du anderen so geneidet hast. Nein. Ich glaube nicht, dass jemand WIRKLICH das Leben eines Armen führen möchte. Dieser Neid ist geschürt. Er wird durch Bundeskanzler und Co in wunderbaren Farben gezeichnet.

Und durch einen riesigen, stinkenden Haufen Bullshit. Da kommen nur Phrasen, Worthülsen, Euphemismen.

David Graeber hat das Buch "Bullshit-Jobs" geschrieben, in dem er darlegt, welche Jobs keinerlei Nutzen für die Gesellschaft haben und am ehesten der Digitalisierung zum Opfer fallen werden. In erster Linie sind das Jobs, die, würden sie nicht erledigt, keinerlei Schaden anrichten würden. Vielleicht sogar im Gegenteil: Schaden vermeiden würden.

Was unseren geschätzten Bundeskanzler betrifft, denke ich mir manchmal, dass man den auch ganz gut durch einen Automaten ersetzen könnte. Oben wirft man einen Euro ein, unten kommt ein Glückskeks heraus mit einem Spruch darin. "Leistung muss sich lohnen." (Womit nicht gemeint ist, dass Leistung besser bezahlt wird, sondern Armut härter bestraft.)

Aber warum ich das alles hier eigentlich schreibe, ist der Bullshit, den die nette Marionette aus dem ÖVP-Gehirnwäschelager von sich gegeben hat:

"Wir wollen die Leute von der Abhängigkeit vom Staat befreien."

Damit ist konkret gemeint, den Armen das Leben zur Hölle zu machen. Quasi der Arschtritt in die Selbständigkeit. An Zynismus ist dieser Satz nicht mehr zu überbieten. Zumal die Leute, die da "befreit" werden sollen, aus gesundheitlichen Gründen oft gar nicht arbeiten können, ein drittel dieser Armen sind Kinder, und achzig Prozent verdienen zu wenig, wofür man eigentlich die Arbeitgeber sanktionieren sollte. Weiters wird in der ÖVP-Slogan-Hitparade ständig so getan, als gäbe es 400.000 offene Stellen und nur 70.000 Arbeitslose, und daher muss jeder Arbeitslose eine faule Sau sein, die lieber ausschläft und in der Hängematte baumelt, währen sie das Vermögen, das ihnen die "fleißigen Leistungsträger" zuwirft, mehrt.

In Realität ist es umgekehrt. Selbst, wenn heute ALLE Jobs sofort besetzt würden, es also keine einzie offene Stelle in ganz Österreich mehr gäbe, wären 330.000 Menschen arbeitslos. Daran kann man auch nichts ändern, wenn man ihnen das Geld wegnimmt oder ihnen sagt, sie sollen fleißiger sein, oder ihnen "Anreize zur Arbeit" bieten möchte. Was konkret könnten sie tun. "Sich von der Abhängigkeit vom Staat befreien" kann natürlich auch sein, sich das Zeug zum Lebensunterhalt anderweitig zu beschaffen. Wenn es über Jobs nicht geht, weil nicht vorhanden, und der Staat bloß nicht angezapft werden sollte, tjaaa, also da wird es dann ein wenig eng. Mir fiele da jetzt eigentlich nur Kriminalität ein. Denn sich selbständig machen braucht nicht nur Kapital, das immer weniger haben, sondern auch Kunden, die das Zeug brauchen. Oft ist das so prekär, dass man erst recht aufstocken müsste.

Immer wieder stieß ich auch auf die Behauptung, dass trotz "Hochkonjunktur" die Zahl der Mindestsicherungsbezieher gestiegen sei. Das geht manchen Politikern nicht ein. Man kann ihnen noch tausend Mal sagen, dass der absolute Großteil der Mindestsicherungesbezieher Aufstocker sind. Wenn bei guter Konjunktur die Bezieher von Mindestsicherung steigen, kann das also ein Hinweis darauf sein, dass da was mit den Löhnen nicht stimmt. Die Mieten explodieren. Die Löhne steigen nicht, bzw. die paar Cent, die man dann und wann zugesteht, werden von der Inflation gefressen. Immer weniger Menschen können sich etwas aufbauen, und damit können sie immer weniger vererben. Hinzu kommt, dass hinkünftig von Leuten, die arbeitslos werden und nicht sofort einen Job finden, sämtliches Vermögen herangezogen wird. Heutzutage kann dir leicht passieren, mit fünfzig gekündigt zu werden und keinen Job mehr zu kriegen. Dann ist alles, was du dir im Leben aufgebaut hast, weg. Wenn du dann alt genug für die Pension wirst, ist nichts mehr übrig und du verdienst im blödesten Fall so wenig, dass du erst Recht Mindestsicherungsbezieher wirst, weil aufgestockt werden muss. Viel Spaß.

Das heißt natürlich auch, dass immer weniger Leute erben werden, dass mit weniger Erbe weniger Firmen gegründet werden können, weniger gebaut werden kann. Vor allem: wer baut sich etwas auf, wenn er weiß, dass ihm alles wieder weggenommen wird, sollte er irgendwann im Laufe eines Lebens arbeitslos werden (was enorm wahrscheinlich ist) oder krank werden. Depressionen und Burnout nimmt zu, auch das dann ideal, um alles zu verlieren. Ach ja, mal davon abgesehen, dass man sich von den Löhnen eh kaum was aufbauen kann.

"Wir befreien die Leute von der Abhängigkeit vom Staat", als Euphemismus dafür, Armen und kranken die Sozialhilfe streitig zu machen, ... also wie kommt es, dass ich da an einen anderen Zynismus denken muss, der eine Freiheit proklamierte. Oh, ich wette, ich wette, wenn der Spruch "Arbeit macht frei" nicht so hässlich belegt wäre, die ÖVP hätte ihn bereits genutzt. Den eigentlich besagt dieser Bullshit-Spruch nichts anderes, nur mit verwascheneren Worten.

Übrigens, wie wäre es, die Leute von Besitz zu befreien? Schaut man sich um, scheint Besitz ja eine wahre Bürde zu sein. So sehr, dass man ihn quasi von der Steuer befreien muss. Warum ist es zulässig, hier die Leute in einer Abhänigkeit zu halten, ja, diese Abhängigkeit sogar zu fördern?

Gott, ich kann nicht so viel essen wie ich kotzen möchte. Was mir aber wirklich Gänsehaut bereitet, sind die Parallelen. Vielleicht reagiere ich auch empfindlicher, weil ich derzeit in einem Buch lese, das sich sehr intensiv mit dem Nationalsozialismus befasst. Ich sehe so schlimme Parallelen. Und schaue ich über die Grenzen, ist es nicht besser. In Ungarn ist Obdachlosigkeit verboten. Wie zynisch ist das denn? Was soll man denn tun, wenn man nichts mehr hat? In Österreich ist man kurz davor. Jedenfalls ist es in manchen Gegenden verboten, und man (der Obdachlose) muss 200,- Strafe zahlen, wenn er wo in der Öffentlichkeit schläft. Ich meine, als könnte er das. Nicht selten sind Obdachlos doch Leute, die durch das soziale Netz fallen, meistens psychisch krank.

Aber es ist auch konsequent, dass man zwar Armut erschafft, sie aber zugleich verbietet. Oder wenigstens verbietet, dass sie sichtbar ist. Konsequent ist auch, dass man Armut schafft und gleichzeitig die Exekutive aufrüstet. Denn klar steigt die Kriminalität, wenn die Leute sich das, was sie zum Leben brauchen, anderweitig holen müssen. Wenn Leute herumlaufen, die nichts mehr zu verlieren haben.

Weiters setzt das Arbeitnehmer massiv unter Druck und sie sind leichter erpressbar. Denn der soziale Abstieg lauert hinter jedem Nein zu einem 12-Stunden-Tag oder einer 60-Stunden-Woche, die man idealerweise eingeführt hat, damit die Überstunden, die geleistet werden, nicht so teuer werden. Interessant ist, dass man zwar keine Experten befragt hat, aber dauernd behauptet hat, das wäre alles zum Wohle der Arbeitnehmer. Weniger Löhne und mehr Arbeit, die Armut wird gefördert und kriminalisiert, um die Arbeiter unter Druck zu setzen und verhandlungsunfähig zu machen ...

Ich frage mich, wie lange es dauert, bis bei uns die ersten Gelbwesten kommen. Österreicher sind ja ein bisschen langsam und bequem und schimpfen lieber, statt zu handeln. Aber dafür haben wir uns ja frisches Blut kommen lassen. Größere Demos gegen die Regierung gabs ja schon. Aber wen juckt das, außer ein paar angepisste Advents-shopper? Die Infrastruktur lahmlegen, das würde den Buben da oben schon eher dazu bringen, mal, wenn nicht schon auf Experten, dann wenigstens auf die zu hören, die ihn dafür bezahlen, einen guten Job zu machen. Oder, äh, wird er nebenher von anderen Interessensträgern noch besser bezahlt, sodass ihm die Bürger egal sein können? Es gibt Unkenrufe hierzu. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Vielleicht, ja, vielleicht hat sich der gute Bua bereits von seiner Abhängigkeit vom Staat befreit und versucht sich quasi als freier Unternehmer.

Imprint

Text: Narrentod/Adele Ekeltrosh
Images: Narrentod/Adele Ekeltrosh
Publication Date: 03-07-2013

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Gewidmet: Meiner Katze

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