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Kapitel 1

Kapitel 1

 

„Hey Gina, komm her und sieh dir diese Anzeige an“, rief Danny seine Freundin herbei. Er saß in seinem Wohnzimmer und sah den Immobilienmarkt der Zeitung durch. Seit Monaten redeten sie darüber zusammenzuziehen. Nicht in eine gemeinsame Wohnung. Nein, es sollte gleich ein hübsches Häuschen sein. Bislang lebten sie nämlich noch getrennt. Gina hatte eine einfache 2 Zimmer Wohnung in Berlin Kreuzberg. Danny besaß eine Eigentumswohnung in Charlottenburg.

Seit fünf Jahren war Gina mit Danny zusammen und noch immer lebten sie in getrennten Wohnungen. Gina kam aus einer einfachen Familie, die nicht viel Geld hatte, und hatte immer hart gearbeitet um sich ihre Wohnung leisten zu können.

Danny hingegen war der einzige Sohn des Ehepaares Krause, denen die bekannte Berliner Süßigkeitenfabrik Zuckertraum gehörte. Sie stellten Süßigkeiten aller Art her, die sich wunderbar verkauften. So wuchs Danny in dieses Geschäft herein und hatte es übernommen, als seine Eltern sich zu alt für diese Arbeit fühlten. Dannys Eltern gingen in Rente und machten eine Weltreise, nachdem sie ihrem Sohn das komplette Geschäft überschrieben hatten. Dieser nahm seine Arbeit sehr ernst und war stets viel beschäftigt. Er war ein guter Geschäftsmann, der immer pünktlich zu seinen Terminen erschien. Keine Geschäftsreise war ihm zu weit oder zu kurzfristig.

Das er Geld hatte sah man Danny an und man spürte es an seinem Wesen. Er kleidete sich nur mit den schönsten und teuersten Kleidungstücken. Für ihn kamen nur Anzüge von Amarni oder Joop infrage. Der Mann war überall hoch angesehen und war Mitglied in diversen Golf- und Countryclubs.

Das viele Geld machte ihn ein wenig arrogant. Doch Gina fand das süß. Sie liebte ihren Danny über alles. Sie liebte es, wenn seine braunen Augen einen besserwisserischen Ausdruck annahmen, wenn er ein Gespräch führte. Sie liebte es, wie er sich siegessicher mit der Hand, durch sein kurzes schwarzes Haar fuhr, wenn er gerade ein Geschäft abgeschlossen hatte. Sein erhabenes Lächeln ließ ihn als etwas Besseres erscheinen. Gina war stolz einen Mann wie Danny gefunden zu haben. Nie hätte sie gedacht, dass sie einmal mit einem reichen Mann zusammenkommen würde.

Als sie Danny kennenlernte, wusste sie nicht wer er ist. Sie hatte in einem noblen Restaurant im Berliner Stadtbezirk Wilmersdorf als Kellnerin gearbeitet und Danny versehentlich das Essen auf die Hose gekippt, anstatt den Teller ordnungsgemäß auf dem Tisch abzustellen. Es war ein blödes Missgeschick, welches Gina den Job kostete. Doch dafür kam sie dann mit Danny zusammen.

Nachdem Gina ihm das Essen auf die Hose gekippt hatte, sprang er wütend auf und schrie sie so laut an, dass alle es im Restaurant mitbekamen. Er schimpfte und fluchte, dass sie seine Designerklamotten ruiniert hätte und sie zu dumm zum Kellnern sei. Mit einer ruppigen Handbewegung griff er nach seiner Serviette und versuchte damit sein Mittagessen von der Hose zu wischen, was nicht viel nutzte. Da Gina es nicht schaffte den Mann zu beruhigen, wurde sie auf der Stelle fristlos entlassen.

Gina konnte es nicht fassen. Sie verließ fluchtartig das Restaurant. Draußen setzte sie sich auf die Bordsteinkante und begann zu weinen. Sie hatte ihren Job verloren und konnte somit nicht mehr ihre Miete zahlen. Es würde dauern, bis sie einen neuen Job finden würde. Der Arbeitsmarkt war in Berlin total überlastet. Was sollte sie nur tun? Sie wollte auf keinen Fall auf der Straße enden. Sie saß eine ganze Weile vor dem Restaurant, auf der Bordsteinkante und dachte nach.

Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter und sah wie sich jemand zu ihr hinunterbeugte. Es war Danny. Der Typ, wegen dem sie ihren Job verloren hatte. Danny hatte die ganze Zeit beobachtet, wie sie da gesessen und getrauert hatte. Er bereute seinen Wutanfall und entschuldigte sich bei Gina. „Na besten Dank auch, davon bekomme ich den Job auch nicht wieder“, fauchte sie ihn an. Sie geigte ihm ordentlich die Meinung, ließ sich aber am Ende doch noch von ihm zu einem Kaffee einladen. Er wollte ihr helfen, eine gemeinsame Lösung zu finden. Gina nahm das Angebot an, schließlich wollte sie so schnell wie möglich wieder eine Arbeit finden.

Aus einem Kaffee und einem kurzen Gespräch wurde schnell ein langer Abend. Danny hatte Gina regelrecht verzaubert. Sie hatte schon nach wenigen Minuten ganz vergessen, dass sie seinetwegen entlassen wurde. Er wickelte sie mit seinem Charme ein, zog sie in seinen Bann. Er erzählte ihr wer er war und was ihm alles gehörte. Er bot Gina natürlich auch einen Job in seiner Fabrik an. Sie nahm den Job an, ohne zu wissen was sie dort zu tun haben würde. Es war dem Mädchen im Prinzip egal, solange sie genug Geld verdiente, um ihre Miete zahlen zu können. Als sich die beiden nach stundenlangem Reden und Kaffeetrinken verabschiedeten, waren Ginas Sorgen und ihr Frust wie weggefegt. Sie fühlte sich irgendwie frei und beschwingt. Fast so, als hätte sie sich einen leichten Schwips angetrunken.

Schon am nächsten Morgen sollte sie in der Fabrik anfangen.

Die Süßigkeitenfabrik befand sich in Schöneweide. Dies war ein Stadtteil, der bekannt war für seine zahlreichen Fabriken und Gewerbeflächen. Wer eine hübsche kleine Fabrik mitten in der grünen Natur erwartete, lag damit vollkommen falsch. Hier standen die Fabriken dicht bei einander. Leider spürte man das auch sehr an der Luft. Hier roch es stark nach Abgasen, welche von den vielen Autos und den Fabrikschornsteinen kamen. Das Atmen war hier wirklich nicht angenehm.

Sie kam pünktlich und freute sich auf die neue Herausforderung. Gina hatte noch nie in einer Fabrik gearbeitet und wusste nicht was sie zu erwarten hatte. Sie ließ sich überraschen.

In der Fabrik nahm Danny sie gleich persönlich in Empfang und führte sie zunächst in sein Büro. Dort stellte er sofort fest, dass Gina viel zu zarte Hände hatte, um am Fließband oder an irgendwelchen Maschinen zu arbeiten.

Eine Sekretärin brauchte Danny eigentlich nicht, doch er bot ihr trotzdem genau diesen Job an. Gina lehnte das Angebot nicht ab. Sie mochte Danny schon zu diesem Zeitpunkt sehr gerne und würde so in seiner Nähe sein können. Er wollte sie als seine eigene, ganz persönliche Sekretärin haben. Somit würde sie bei ihm mit im Büro sitzen und ihn zu seinen Terminen begleiten dürfen.

Es war von Anfang an mehr als eine reine Geschäftsbeziehung. Es dauerte nicht lange, bis Gina nicht mehr nur seine Sekretärin, sondern auch seine Geliebte wurde. Aus einer heißen Büroaffäre wurde eine innige und liebliche Beziehung, welche inzwischen fünf Jahre andauerte.

Für Danny war es zunächst ein Problem sich mit Gina als Frau an seiner Seite zu zeigen. Es schickte sich nicht, seine Sekretärin als Freundin zu haben. Außerdem kam sie nicht aus einer reichen Familie. Danny schickte Gina auf eine Benimmschule. Auf dieser lernte sie was Körperhaltung bedeutete und wie man in gehobenen Kreisen zu sprechen hatte. Gina ließ sich von Danny verbiegen ohne Ende. Sie liebte den Mann und tat alles um ihn vollends für sich zu gewinnen. Sie lernte schnell und war innerhalb kürzester Zeit in den Kreisen der gehobenen Leute aufgenommen und akzeptiert worden. Sie hatte es geschafft. Sie gehörte zu den Reichen, wurde akzeptiert und lebte dank Danny ein gut ausgestattetes Leben.

Doch noch immer lebten sie in getrennten Wohnungen. Es war höchste Zeit zusammenzuziehen. Danny wollte seine Eigentumswohnung sowieso verkaufen um sich etwas Größeres zu suchen. Also fragte er Gina, ob sie sich vorstellen könnte mit ihm ein Haus zu kaufen und mit ihm, Danny, darin leben zu können. Gina war außer sich vor Freude und willigte ohne zu zögern ein. Die beiden waren noch nicht verheiratet, doch würden sie erstmal zusammen wohnen, würde die Hochzeit nicht mehr lange auf sich warten lassen. Darin waren sich beide einig.

 

„Ja, das klingt toll, wann wollen wir uns das Haus ansehen?“, Fragte Gina, nachdem sie sich das Zeitungsinserat, das Danny ihr unter die Nase hielt, angesehen hatte.

„Na wenn du möchtest, dann fahren wir gleich los. Zieh dich vorher noch um, so kann ich dich nicht zu einer Hausbesichtigung mitnehmen“, antwortete er ihr und gab ihr einen kleinen Klaps auf den Hintern, als sie aufstand um sich im Schlafzimmer etwas Angemesseneres anzuziehen. Gina war zwar bei Danny in der Wohnung, doch trotzdem hatte sie hier reichlich schöne Kleider im Schrank. Danny hatte dafür gesorgt, das Gina bei sich Zuhause und bei ihm Zuhause für jeden Anlass etwas Passendes anzuziehen hatte.

So machte sich die junge Frau auf in das Schlafzimmer ihres Freundes um sich ein schönes Kleid überzustreifen. Es war Sonntagmittag. Ein Tag an dem keine Termine stattfanden. Daher hatte sie eine kurze Jeans und ein einfaches T-Shirt angehabt. Gina liebte die teuren Kleider, die Danny ihr schenkte. Doch hin und wieder mochte sie es etwas bequemer. Ihm gefiel das nicht gut, doch er fand sich damit ab, solange sich Gina in der Öffentlichkeit in anständiger Kleidung zeigte.

Gina entschied sich für ein weißes leichtes Sommerkleid. Es war Hochsommer und die Temperaturen lagen bei fast 30°C im Schatten. Somit würde das Kleid das passende Kleidungsstück für die Hausbesichtigung sein. Anschließend steckte sie sich noch weiße Perlenohringe an und steckte sich ihr langes, braunes Haar nach oben. Sie brauchte nicht lange. Sie war es gewohnt sich in kürzester Zeit ausgehfertig zu machen. Keine fünfzehn Minuten später stand Gina fertig angezogen vor ihrem Liebsten.

„Wow, du siehst fantastisch aus“, sagte Danny entzückt und zog sie an sich um sie zu küssen. Gina genoss den Kuss und seine Nähe. Viel zu selten hatten sie Gelegenheit sich auf diese Weise ihre Liebe zu zeigen. Danny war so viel beschäftigt, dass ihre Beziehung manchmal zu kurz kam. Das würde sich bestimmt ändern, wenn sie zusammenwohnten.

Nach dem schönen aber viel zu kurzen Kuss verließen sie Dannys Wohnung, um in seinem roten Porsche einzusteigen. Danny hatte ein gutes Gedächtnis und sich die Adresse des Hauses gemerkt. Er fuhr los und fand den Weg ohne Schwierigkeiten. Die Fahrt dauerte knappe zwanzig Minuten. Danny wohnte mitten in der Stadt, doch das Haus hingegen befand sich in Grunewald was so ziemlich am Stadtrand von Berlin ist. Es war eine schöne Gegend. Es gab viel Grün. Riesige Wiesen und große Wälder. Die Häuser in der Gegend sahen alle schön aus, doch Danny hielt den Wagen vor dem prunkvollsten Gebäude der ganzen Straße an. Es war nicht nur ein einfaches Haus, es war das reinste Schloss! Gina war sprachlos vor Bewunderung. Sie konnte garnicht fassen was sie da sah.

Die Villa war wunderschön. Sie kam sich vor wie in einem Märchen. Es war ein schneeweißes Haus mit hellroten Dachziegeln. Bei dem Dach handelte es sich um ein sehr verspieltes Dach. An manchen Stellen war ein Flachdach zu sehen. Andere Teile der Villa besaßen wiederum ein Spitzdach. Die Fensterrahmen und der Türrahmen waren mit schönen Verzierungen versehen, welche einen leichten Goldschimmer hatten. Die Verzierungen stammten noch aus der Gründerzeit. Es war ein sehr altes, aber gut erhaltenes Gebäude mit einem großen Erker an der Front und einem riesigen Balkon an der Hausrückseite. Der Balkon erstreckte sich über die gesamte Hausbreite. Von jedem Zimmer, im hinteren Bereich des Hauses, konnte man den geräumigen Balkon betreten. Am meisten war Gina jedoch von der Haustür beeindruckt. Es war eine zweiflüglige Eingangstür, die oben einen herrlichen Bogen hatte. In dem Bogen befanden sich drei kleine Fensterscheiben. An der Tür selbst gab es an jedem Türflügel ein schmales, aber langes Fenster. Der Zwischenraum zwischen dem Bogen und den Türflügeln, war mit denselben altertümlichen Verzierungen versehen, wie die Türrahmen.

Vor dem Haus gab es eine breite Auffahrt, die durch einen hohen Zaun vor Eindringlingen geschützt war. Der Zaun erstrahlte in demselben Weiß wie das Haus. Es war ein robuster Metallzaun. Im unteren Teil des Zaunes fanden sich ineinander verschnörkelte Ringe, welche sich über die gesamte Zaunlänge zogen. Der Hauptteil des Zaunes bestand aus weißen Eisenstangen, welche in regelmäßigen Abständen aufgereiht waren. Die Spitzen des Zaunes waren in Gold getaucht.

Danny nickte zufrieden, als er das Haus von außen betrachtete, und Ginas entzücktes Gesicht sah. „Hallo, wollen sie sich das Haus ansehen?“ Fragte eine ältere Dame, welche gerade die Auffahrt hinunter lief um die beiden Gäste zu begrüßen. Danny stellte sich und Gina vor und bejahte die Frage der Dame. Sie schloss das hohe Tor auf und bat die beiden Besucher hinein.

Die Villa war rundum von einem gut gepflegten Garten umgeben. Das Gras roch frisch und war von einem satten Grün. Die Hecken waren künstlerisch gestutzt und die Beete, welche zu beiden Seiten die Auffahrt säumten, waren mit farbenfrohen Blumen versehen.

Die ältere Dame, die sie empfangen hatte, stellte sich als Maklerin vor. Sie hatte das Inserat in der Zeitung aufgegeben und verbrachte ihre Zeit damit, mehreren Interessenten die Villa zu zeigen, mit dem Ziel es zu verkaufen.

Das Haus war tatsächlich so riesig, wie es von außen aussah. Es war ein zweistöckiges Haus mit insgesamt vierzehn Zimmern. Hinzu kamen ein Dachboden und eine volle Unterkellerung. Die Zimmer waren alle großzügig geschnitten und hell. Gina hatte sich in dieses Bauwerk sofort verliebt. Die Gründerzeitvilla hatte einfach Charme.

Dannys Mine hingegen verfinsterte sich von Zimmer zu Zimmer immer mehr. Das Haus war nicht perfekt, man konnte noch nicht gleich einziehen. Es bedarf noch einige Renovierungsarbeiten. Das Haus war seit vielen Jahren unbewohnt gewesen. Es gab im Haus keine Teppiche und kein Laminat. Hier waren nur bloße dunkelbraun lackierte Dielen. Die Tapeten waren alt und rissig und die Decken benötigten einen neuen Anstrich. Die Tapeten blätterten nicht einfach nur ab, sondern entstellten die ganzen Wohnräume regelrecht. Sie waren vergilbt und trugen fürchterliche Blumenmuster. Als Danny fragte, ob das alles noch gemacht wird, bevor das Haus verkauft wird, verneinte dies die Maklerin. „Die Villa wird verkauft wie gesehen. Der Käufer soll es sich individuell gestalten können. Tapeten und Böden nach seinem eigenen Geschmack einbringen“, erklärte die Maklerin. „Okay, ich schätze das ist nichts für uns. Vielen Dank das sie sich Zeit für uns genommen haben“, sagte Danny und drehte sich zum gehen um. Gina wollte dieses ‚Schlösschen’. Sie liebte es und wollte hier einziehen. „Danny bitte warte. Warum willst du das Haus nicht? Es ist perfekt“, sagte Gina zu ihm. „Siehst du nicht was hier für Arbeit reingesteckt werden muss? Es würde Wochen dauern das Haus zu renovieren. Dann hätten wir wochenlang irgendwelche Bauarbeiter in unserem Haus. Willst du das?“ „Nein natürlich nicht. Aber ich will das Haus. Wir könnten es selbst renovieren. Gut es wird dann länger dauern, aber meinst du nicht es könnte auch Spaß machen?“ Gina sah ihren Danny flehentlich an. Dieser schien einen Moment darüber nachzudenken und meinte dann, dass er noch nie irgendwelche Renovierungen gemacht hätte. „Bitte! Wir schaffen das. Du wirst sehen, es wird dir Spaß machen, wenn du erst mal siehst was du mit deinen eigenen Händen geschaffen hast. Den Fortschritt, den du jeden Tag sehen wirst. Es wird wunderschön.“ Danny konnte nicht nein sagen. Gina hatte ihren typischen Dackelblick aufgesetzt. Den setzte sie immer auf, wenn sie etwas haben wollte. Es war nur ein Haus und wenn seine Gina es haben wollte, sollte sie es auch bekommen.

„Na schön, wir kaufen es“, sagte er und strahlte abwechselnd Gina und die Maklerin an. Gina fiel ihm freudig um den Hals und vergaß, dass Danny solche Gefühlsausbrüche in der Öffentlichkeit nicht mochte. Er schob Gina mit einem gequälten Lächeln beiseite und widmete sich der Maklerin.

Während Gina sich das Haus erneut ansah, erledigte Danny den geschäftlichen Teil des Hauskaufs. Danny tätigte solche Geschäfte lieber alleine. Gina hatte in solchen Momenten nichts in seiner Nähe zu suchen. Erstrecht nicht, wenn es sich um etwas handelte, das er für Gina kaufte. Es ging sie nichts an, was er für das Haus bezahlte. Schließlich war es sozusagen ein Geschenk für Gina. 1,5 Millionen Euro sollte das schmucke Häuschen kosten. Danny unterschrieb einen Vertrag bei der Maklerin und würde den Rest zunächst telefonisch klären. Ein Termin beim Notar stand für die Vollendung des Hauskaufs noch an. Erst dann dürften Danny und Gina das Haus ihr Eigen nennen.

Zufrieden fuhren Maklerin und die baldigen Hausbesitzer nach Hause. Gina war die Fahrt über sehr aufgeregt und redete wie ein Wasserfall. Sie äußerte ihre Renovierungspläne und malte sich aus wie sie die Zimmer einrichten könnten. Danny kam kaum zu Wort, doch er hatte ein freches Schmunzeln auf dem Gesicht. Er fand es amüsant, wie aufgeregt seine Freundin war. Er fuhr geradewegs zu Ginas Wohnung. Er begleitete sie noch auf einen Kaffee in ihre Wohnung und verabschiedete sich dann von ihr. Es war eine ziemlich freundschaftliche Verabschiedung, fand Gina, doch sie war es gewohnt. Danny war nicht der Typ der seine Gefühle zeigte. Seine Zuneigung konnte er besser durch teure Geschenke ausdrücken, anstatt mit Worten oder körperlicher Nähe.

Kapitel 2

 

Am nächsten Morgen erwachte Gina unausgeschlafen. Sie hatte arge Probleme mit dem Einschlafen gehabt. Zu viele Ideen und Gedanken spukten ihr im Kopf herum. Sie war 32 Jahre und noch nicht verheiratet und Kinderlos. Als jugendliche hatte sie sich vorgenommen im Alter von 30 Jahren einen liebenden Ehemann, ein bis zwei Kinder und ein eigenes Haus zu haben. Das mit dem Haus hatte jetzt endlich geklappt. Nun dachte sie darüber nach, wie lange es noch dauern würde, bis Danny sie endlich heiratete. Es waren Gedanken die sie die halbe Nacht lang um den Schlaf gebracht hatten. Dann spukten ihr auch noch Ideen im Bezug auf das Haus durch den Kopf. Ihre Ideen konnte sie nicht für sich behalten, daher hatte sie in der Nacht ihren Danny drei Mal angerufen. Jedes mal hatte sie ihn aus dem Tiefschlaf gerissen. Das erste Mal fand Danny es noch lustig und tat ihren Anruf mit witzigen Bemerkungen ab. Beim zweiten Anruf bat er sie liebevoll endlich zu schlafen und bis morgen abzuwarten. Als sein Telefon das dritte Mal klingelte, war er weder witzig, noch freundlich. Er fauchte Gina regelrecht an, dass sie endlich damit aufhören solle. „Schlaf endlich, sonst kommst du morgen nicht aus dem Bett“, meckerte er sie an und ließ den Telefonhörer lautstark auf die Gabel zurückfallen. Gina hatte es nicht gewagt ihn nochmals anzurufen. Doch ihre Gedanken nahmen kein Ende. Erst im Morgengrauen fiel sie in einen leichten Schlaf und wurde dann auch noch von Träumen, rund um das neue Haus bestraft.

Nun saß sie erschöpft und unausgeschlafen an ihrem Küchentisch und trank einen starken Kaffee. Sie wartete auf einen Anruf von Danny. Schließlich hatten sie heute viel zu tun. Eine Hausrenovierung stand an. Zumindest in absehbarer Zukunft. Heute wollte Gina schon mal diverse Baumärkte, Antiquariate und Möbelhäuser besuchen. Wenn sie etwas schönes fanden, konnten es sich die beiden ja vielleicht schon kaufen oder reservieren lassen. Sie konnte es kaum erwarten endlich anzufangen und war trotz ihrer Unausgeschlafenheit super hibbelig.

Danny holte seine Gina munter und ausgeschlafen ab. Wegen der nächtlichen Anrufe verlor er kein Wort, begrüßte sie aber mit einem etwas schrägen Blick, der für Gina genug aussagte. Sie sollte Danny heute besser nicht reißen und auch beim Shoppen nicht überfordern.

„Wo möchtest du zuerst hin?“ Fragte Danny, als Gina in sein Auto gestiegen war. „Vielleicht zum Baumarkt? Möbel sollten wir uns erst später aussuchen. Ich denke die Renovierung geht vor“, antwortete Gina nach kurzem Überlegen. „Zum Baumarkt“, schnaubte Danny entsetzt. „Lass uns lieber nach Reinickendorf fahren. Dort gibt es ein Geschäft für Spezialtapeten und Farben. Ich denke dort bekommen wir hochwertigere Produkte.“ Gina zog eine Schnute und konnte schon wieder einmal kaum fassen, dass ihr Freund sich nicht mal mit einem einfachen Baumarkt zufrieden geben konnte. Dort gab es eine viel größere Auswahl und zudem könnten sie im Baumarkt auch gleich noch Werkzeug und so was kaufen. Aber gut, vielleicht findet sich in dem Tapetenladen ja wirklich etwas besonders Schönes, dachte sich Gina und ließ sich von ihrem Freund nach Reinickendorf entführen.

 

Dort angekommen staunte Gina nicht schlecht. Bisher waren ihr nur die Baumarkttapeten bekannt gewesen und diese fand sie schon sehr schön. Doch in dem Tapetenladen gab es tatsächlich eine noch viel bessere Auswahl. Es gab Tapeten in verschiedenen stärken. Glatte Tapeten, raue Tapeten, einfarbige sowie auch gemusterte Tapeten. Auf Anhieb zog eine ganz bestimmte Tapete Ginas Blicke magisch an. Es war eine schöne Strukturtapete, die irgendwie altmodisch, aber dennoch elegant wirkte. Die Tapete war im klassischen Barockstil gehalten. Die Hintergrundfarbe war Grün und die Musterung zeigte ein edles Gold. Berührte man die Tapetenoberfläche, spürte man, dass die Musterung kein billiger Druck war. Es war eine Vynil – Satin Tapete. Hochwertig, hübsch und robust. Auch Danny fand schnell Gefallen an Ginas Auswahl. Nach kurzer Beratung stand fest, dass diese Tapete einen Teil des Eingangsbereiches vom Haus zieren würde. „Wollen wir die gleich mitnehmen?“ Fragte Danny. Gina musste sich ein lautes Lachen verkneifen, denn diese Frage bewies dass Danny wirklich keine Ahnung von Renovierungen hatte. „Das geht nicht Schatz. Wir wissen doch gar nicht wie viel wir brauchen. Zuerst brauchen wir die Maße der Wände. Ein Grundriss des Hauses wäre nicht schlecht, das würde uns schon mal einen kleinen Überblick verschaffen. Und um alles genau zu machen, werden wir uns selbst zum Haus begeben und einfach alles ausmessen und aufschreiben“, erklärte Gina ihrem unerfahrenen Freund die richtige Herangehensweise. „Jetzt gucken wir uns einfach nur ein bisschen um. Seltenheiten werden reserviert und vielleicht auch schon angezahlt. Mehr können wir im Moment noch nicht tun“, setzte sie noch hinterher.

„Aber das ist doch Blödsinn! Weshalb willst du denn dann jetzt schon in die Geschäfte? Wir müssen ja dann sowieso bald noch mal hin“, reagierte Danny verständnislos. Gina versuchte ihm zu erklären, dass es schon sinnvoll ist sich vorher ein paar Sachen anzuschauen. So könnte man viel besser Planen und sich das Traumhäuschen bald schon viel bildlicher vorstellen.

Mit einem Seufzen verließ Danny das Tapetengeschäft und ließ Gina hinter sich hertraben. Im Auto blieb er einen Moment lang still sitzen, so dass Gina ihn schon fragen wollte, was los ist. Doch dann schlug Danny vor einen Kaffee trinken zu gehen. Ohne eine Antwort abzuwarten, startete er den Wagen und fuhr mit ihr zu einem netten kleinen Café, nicht weit weg vom Tapetenladen.

„Gina, da ist noch etwas, das ich dir sagen muss“, begann Danny, nachdem sie im Café saßen und beide ihre Kaffeetassen vor sich hatten. Gina blieb stumm und wartete ab, was nun kommen würde. „Du weißt ja, dass ich für die Süßigkeitenfabrik immer wieder nach neuen Ideen suche. Neue Rezepte, außergewöhnliche Geschmacksrichtungen, Neuerfindungen und interessante Geschäftspartner. Die Fabrik soll weiter expandieren. Wir planen derzeit eine Zweigstelle in Asien. Um das geschäftliche zu regeln bleibt mir keine andere Wahl als hinzureisen.“ „Wann soll denn die Reise losgehen?“, fragte Gina und machte sich nicht wirklich große Gedanken darum. Es war schließlich nicht das erste Mal, das ihr Freund eine Geschäftsreise antreten würde. „Der genaue Termin steht noch nicht fest. Aber vermutlich wird es nur noch ein paar Wochen dauern, bis alles soweit geklärt ist, das ich hinfliegen kann.“ „Ja gut, aber wo ist das Problem? Du weißt doch das ich für deine Arbeit Verständnis habe.“ Gina blickte ihr Gegenüber etwas Verständnislos an. „Kindchen, was ich dir sagen will ist, das wir das Haus etwas unüberlegt gekauft haben. Ich weiß nicht genau wann die Reise losgeht. Ich muss einen Termin mit dem Notar machen, muss dafür sorgen das sämtliche Leitungen verlegt werden und so weiter. Ich weiß nicht ob sich das zeitlich überschneidet. Natürlich versuche ich den Hauskauf vorher noch unter Dach und Fach zu bringen. Aber ich kann es dir nicht versprechen.“ Nun verstand Gina das Problem. Es war also möglich, das sich der endgültige Kauf des Hauses um unbestimmte Zeit verzögern könnte. Wie lange Danny in Asien bleiben würde, könnte er vorher niemals sagen. Solche Geschäftsreisen zogen sich mal unendlich lange hin, mal ging es aber auch super schnell, so das er innerhalb weniger Tage wieder zurück war. Nun konnte sie nur hoffen, dass der Notar rechtzeitig einen freien Termin für sie hatte. Ein großes Problem bei diesem Notar, denn er war stets viel beschäftigt. Es war ein Notar, der sich ausschließlich um Millionäre kümmerte. Nun kam es Gina so vor, als gäbe es davon eindeutig zu viele!

Jetzt war der Punkt erreicht, an dem Gina lustlos wurde. Sie hatte weder Lust noch weiter durch diverse Geschäfte zu tingeln, noch wollte sie länger in diesem Café bleiben. Genau das sagte sie Danny auch. Dieser verstand seine Freundin vollkommen, versicherte ihr aber, sich noch heute mit dem Notar auseinanderzusetzen.

Er versuchte Gina auf dem Heimweg immer wieder aufzumuntern und machte ihr Hoffnungen, an die sie im Moment nicht festhalten konnte. Die Renovierung und der Bezug des Hauses schienen in weite Ferne gerückt zu sein. Die etwas enttäuschte Frau ließ sich von Danny vor ihrer Haustür absetzen und verabschiedete sich mit einem flüchtigen Kuss von ihm.

Zurück in den eigenen vier Wänden dachte Gina in Ruhe nach. So erlang sie ihre Hoffnung schon bald wieder. Danny war ein einflussreicher Mann. Weshalb sollte er also nicht rechtzeitig einen Notartermin bekommen? Er würde das schon irgendwie regeln. Nachdem sie nun wieder etwas besser gelaunt war, rief sie bei Danny an, um sich für ihr Verhalten zu entschuldigen. Er hatte großes Verständnis für Ginas sinkende Laune gezeigt, dennoch wusste sie, dass ihm ein solches Verhalten schlicht und einfach missfiel. Er ging nicht ans Telefon. Doch da auch nicht der Anrufbeantworter ansprang, war das ein Zeichen dafür dass Danny gerade telefonierte. Sie wusste das er die Funktion ‚Anklopfen’ in seiner Telefonanlage eingestellt hatte. Somit bemerkte er beim Telefonieren, das es einen weiteren Anrufer gab. Er würde Gina schon bald zurückrufen. In der Zeit machte Gina es sich auf ihrem alten dunkelbraunen Sofa gemütlich und blätterte in einer typischen Frauenzeitschrift. Gina liebte ihr Sofa. Es war hässlich, das gab sie auch offen zu, doch es war sehr bequem. Es hatte weiche Polster, eine hohe Rückenlehne und super breite Armlehnen. Zudem handelte es sich dabei um eine Schlafcouch. Solange sie nicht auseinander fiel, würde sie dieses Sofa wohl auch nicht zum Sperrmüll bringen. Für Gina stand auch fest, dass ihre Couch einen Platz im neuen Haus finden würde. Das würde eine große Diskussion mit Danny geben, denn er hasste diese Couch, aber da würde er einfach nicht viel zu sagen haben.

 

Als das Telefon klingelte, nahm sie sofort den Hörer in die Hand. Tatsächlich, es war wie erwartet, ihr Freund Danny. „Hey Schatz. Bist du mir noch böse, wegen meiner miesen Laune vorhin?“ Fragte sie mit Reue in der Stimme. „Nein Baby, ich bin dir nicht böse. Du ich habe gerade einen Anruf bekommen. Wegen der Geschäftsreise nach Asien …“ „Okay, das bedeutet, das du nun weißt wann die Reise losgehen soll?“ Unterbrach Gina ihn. „Nein, noch nicht genau. Ich muss noch ein paar Absprachen führen, damit hier in der Fabrik alles seinen Gang geht, wenn ich weg bin. Aber so ungefähr in drei Wochen werde ich wohl rüberfliegen“, antwortete er. „Aber was wird mit dem Notar? Was ist mit dem Haus, ich dachte wir könnten es doch noch vorher schaffen den Kauf richtig abzuschließen, die Schlüssel zu bekommen und das mit der Verlegung der Leitungen zu klären.“

Die Enttäuschung in Ginas Stimme konnte selbst Danny nicht überhören. Und trotzdem musste er ihr sagen, dass er den Notar bis jetzt noch nicht erreicht hatte. Er versprach ihr, dass er alles regeln würde, sobald er wieder da ist. Gina wollte nicht so lange warten und fragte Danny, ob er etwas dagegen hätte wenn sie es allein versuchen würde. Es konnte doch nicht so schwer sein Termine zu machen und diese wahrzunehmen. Eine Vollmacht von Danny würde doch sicher genügen, damit sie alles regeln konnte. Er willigte jedoch nicht ein. Es war seine Angelegenheit das Geschäftliche zu klären. Dafür dürfte sie die Hauptendscheiderin sein, wenn es um die Renovierung und Einrichtung des Hauses ging. Zudem erklärte er Gina dass der Notar ja vielleicht doch noch vorher Zeit finden würde. Schließlich hatte Danny ja noch ein paar Wochen in Berlin.

Enttäuscht legte Gina das Telefon beiseite. Sie hatte sich solche Hoffnungen gemacht dass alles rechtzeitig klappen würde, und nun musste er doch schon in so kurzer Zeit nach Asien.

Gina ging an diesem Tag nicht mehr an ihr Telefon. Sie schmollte und das zu Recht, wie sie fand. Übellaunig räumte Gina ihre Wohnung auf. Das half ihr immer, wenn sie Frust abzubauen hatte. Die Wohnung war zwar nicht verkramt oder unsauber, aber trotzdem putzte sie nun noch mal überall rüber.

 

Bis zum nächsten Tag hörte und sah Gina nichts mehr von ihrem Freund. Die Anruferei bei ihr hatte er schon nach wenigen Versuchen aufgegeben. Er war kein Mensch, der anderen hinterher telefonierte.

Doch dafür überraschte er seine Freundin am nächsten Mittag mit einem Besuch. Ohne Ankündigung stand er vor ihrer Tür und grinste sie breit an. „Hast du ausgeschmollt?“ Fragte er und schaute sie mit neugierigem Blick an. Gina trat einen Schritt beiseite und bat ihren Schatz rein. Kaum hatte Danny einen Fuß über die Türschwelle gesetzt, konnte er nicht mehr länger an sich halten. Er platzte ganz direkt mit einer Neuigkeit raus: „In sieben Tagen haben wir einen Termin beim Notar!“ „Was? So schnell? Wie hast du das geschafft?“ Gina konnte ihr Glück kaum fassen. Nun ging doch noch alles über die Bühne, bevor Danny abreisen musste. Überglücklich über diese Neuigkeit sprang Gina ihrem Schatz in den Arm und küsste ihn innig wie schon lange nicht mehr.

Danny wies seine Freundin keineswegs zurück. Er trat lediglich die Wohnungstür zu, welche noch offen stand, und wandelte dann gekonnt die Freude von Gina in ein Feuer aus Leidenschaft um.

 

In den folgenden Tagen gingen Gina und Danny jeweils ihren eigenen Dingen nach. Gina machte sich Gedanken und Aufzeichnungen für die geplante Renovierung und Danny nutzte seine Zeit wie immer, um geschäftliche Dinge zu erledigen. Er hatte noch viel mit seinen Mitarbeitern, Geschäftsführern und Stellvertretern abzusprechen, bevor er die Geschäftsreise nach Asien antrat. Dennoch fanden beide Zeit sich jeden Abend zu sehen. Mal besuchte Danny Gina, mal besuchte sie ihn. Die sieben Tage vergingen wie im Fluge.

Es war nun soweit, der Notartermin stand an. Danny holte seine Liebste von Zuhause ab, denn sie sollte ihn zum Notar begleiten. So sehr sich Gina auf diesen Tag auch gefreut hatte, während des Termins schlug die Freude schnell in Langeweile um. Es dauerte über zwei Stunden, bis alle Einzelheiten geklärt und geprüft waren. Danny und der Notar sprachen über Dinge, von denen Gina beim besten Willen rein gar nichts verstand. Es wurden Unterlagen ausgetauscht, kopiert, Daten verglichen, Termine vereinbart und Papiere beglaubigt. Von Minute zu Minute schaltete Gina immer mehr ab und hing irgendwelchen belanglosen Gedanken nach, anstatt das Geschehen im Notariatsbüro mitzuverfolgen. Sie war zufrieden, als sie endlich das Büro verlassen konnten.

Danny wirkte sehr zufrieden, also schien alles nach seinen Vorstellungen abgelaufen zu sein. Im Auto drückte er Gina eine Mappe mit Papieren in die Hand. „Sieh dir die Unterlagen Zuhause in Ruhe an, ich gehe sie dort mit dir zusammen durch. Wenn ich in Asien bin, wirst du einige Telefonate tätigen müssen.“ Gina blätterte in dem Ordner rum und entdeckte schnell was Danny meinte. Die Hausanschlüsse waren soweit alle schon verlegt, aber dennoch hatte das Haus weder Strom noch fließend Wasser. Es musste erst alles von den zuständigen Werken wieder freigegeben werden. Ein Nachteil, wenn ein Haus über Jahre leer steht. Gina würde sich also mit dem Wasser- und Stromversorgern auseinandersetzen müssen. Zudem fehlte auch noch ein Termin mit der Maklerin. Schließlich sollte diese den neuen Besitzern nun die Hausschlüssel und den Grundriss überreichen.

„Warum kannst du das nicht machen?“ Fragte Gina beim Durchblättern der Papiere. „Weil ich hier in der Fabrik bereits alles geklärt habe und in Asien auch schon alles für meine Ankunft fertig ist. Ich werde nachher das Flugticket buchen. Wenn möglich möchte ich in vier Tagen abreisen.“

Nun war Gina ganz schön geplättet. Sie wusste dass Danny die letzten Tage an den Vorbereitungen für die Asienreise gearbeitet hatte. Aber dass er alles so schnell auf die Beine stellen würde, hatte sie nicht angenommen. Mit ihr besprochen hatte er es ebenfalls nicht. Im Gegenteil, seine Geschäftsreise kam in der letzten Woche überhaupt nicht mehr zur Sprache.

Die Fahrt zu Gina verlief ohne weitere große Worte. Wieder einmal war Gina so ziemlich enttäuscht von ihrem Lebensgefährten.

Mehr widerwillig als freiwillig, ließ sie Danny in ihre Wohnung ein. Sie hatte keine große Wahl, schließlich musste er ihr erklären bei wem sie wegen der ganzen Angelegenheiten anrufen musste. Das Wasserwerk und der Stromversorger mussten informiert werden. Viel wichtiger jedoch war es, dass sie einen Termin mit der Maklerin ausmachte. Ohne Schlüssel würde Gina schließlich weder ins Haus noch in den Keller kommen. Räumlichkeiten, welche wegen der Leitungen zugänglich sein mussten. In den Unterlagen befand sich auch eine Telefonnummer der Berliner Gaswerke. Diese Nummer strich Danny jedoch durch, denn das Haus hatte keinen Gasanschluss. Weder Herd noch Heizung liefen über Gas. Mehr als fließend Wasser und Strom würden sie also nicht benötigen. Des Weiteren sollte Gina sich auch um einen Telefonanschluss kümmern. „Es ist wichtig, dass du für einen Telefonanschluss im Haus sorgst. Schließlich will ich dich doch dort erreichen können, wenn du dich an die Renovierung machst“, sagte Danny und zwinkerte ihr zu.

„Soll das heißen ich soll damit auch schon anfangen wenn du in Asien bist?“ Fragte Gina mit entsetztem Gesichtsausdruck. Ihre Stimme verriet jedoch ihre aufsteigende Vorfreude. Sie hatte nicht erwartet, dass Danny ihr erlauben würde die Renovierung selbst in die Hand zu nehmen. „Ja, und wehe es ist nicht alles fertig, wenn ich wieder Heim komme“, witzelte er. „Aber wenn ich dir schon die ganze Arbeit überlasse, möchte ich wenigstens ein bisschen Entscheidungsrecht bei der Möbelauswahl haben. Wie wäre es, wenn wir morgen noch mal losziehen und schon ein paar Schränke, Tische, Stühle und so was reservieren lassen? “ Gina willigte nur zu gerne ein. Die Beiden verabredeten sich für den folgenden Morgen, bevor Danny sich von seiner Freundin verabschiedete. Er wollte nicht übernacht bei ihr bleiben. Als Ausrede erwähnte er weitere Vorbereitungen für seine Reise. Gina kannte jedoch den wahren Grund. Er war einfach nicht gerne bei ihr Zuhause. Es war ihm zu einfach. Für seinen Geschmack einfach nicht stilvoll genug. Gina konnte damit leben, schließlich würden sie bald mehr als genug Zeit miteinander verbringen. Dann wenn das Haus bezugsfertig und Danny aus Asien zurück war.

 

Pünktlich um zehn Uhr morgens klingelte Danny bei Gina an der Tür. Diese war schon vorzeitig fertig gewesen und hatte ihren Freund schon sehnsüchtig erwartet. Wie immer schlug Gina eine sehr einfache Möglichkeit vor, nach Möbeln zu gucken. Sie wollte in ein Möbelhaus. Danny hingegen zog es vor, sich in diversen Antiquariaten umzusehen. „Mein Büro soll aus antiken Möbeln bestehen. Wie du dein Zimmer einrichtest ist mir egal. In meinem Heimbüro kommen jedenfalls keine Möbelhaus Schränke rein“, beschloss Danny und fuhr also nach Mitte zu einem Antiquariat, in dem er auch schon wahre Schätze für seine derzeitige Wohnung gefunden und gekauft hatte. Kaum hatten die beiden den Laden betreten, nahm Danny sich auch schon den Verkäufer zur Seite und zeigte auf diverse Möbelstücke. Im Handumdrehen war fast eine komplette Zimmereinrichtung reserviert. Auf eine Anzahlung verzichtete der Verkäufer, welcher auch gleichzeitig der Ladeninhaber zu sein schien. Er kannte Danny und wusste, dass er nichts aussuchte, was er nicht auch später abholen und bezahlen würde.

In das von Gina verlangte Möbelhaus fuhren die beiden an diesem Tag nicht mehr. Jedoch statteten sie dem Tapetenladen in Reinickendorf erneut einen Besuch ab. Danny wollte Gina zeigen, welche Tapeten sie unbedingt für das neue Häuschen kaufen sollte. Ganz freie Hand ließ er ihr also tatsächlich nicht. Als nächstes fuhren sie nach Neukölln. Dort gab es eine Fußbodenfirma. Danny ließ sich einige Muster diverser Bodenbeläge zeigen und suchte gemeinsam mit Gina passende Beläge aus. Wie viel sie von den Materialien benötigten, konnten sie der Firma noch nicht sagen. Doch Danny versprach, dass sich Gina mit ihnen in Verbindung setzen würde. Die Firma war also sozusagen engagiert. Nur der Starttermin fehlte noch. „Oder wolltest du die Fußböden auch noch selbst verlegen?“ Fragte Danny, nachdem sie die Bodenfirma wieder verlassen hatten. „Nein, um ehrlich zu sein hast du mir schon genug Arbeit verschafft. Ich werde gar keine Zeit finden dich zu vermissen.“ „Hey, ich will dass du jeden Tag an mich denkst wenn ich weg bin. Ansonsten darfst du das Haus nicht betreten, bis ich wieder zurück bin“, drohte Danny ihr scherzhaft an.

 

Der Tag der Abreise war nun gekommen. Am Abend zuvor hatte Danny seine Liebste zu sich in die Wohnung geholt. Er wollte die Nacht mit ihr verbringen, schließlich würden sie sich nun eine Weile nicht mehr sehen. Für wie lange Danny wegbleiben würde, stand noch in den Sternen. Jedoch versprach er ihr, dass er sie jeden Tag anrufen würde.

Mit Dannys Abreise begannen die Arbeiten für Gina. Sie nahm sich ein Taxi für den Heimweg, denn die Anrufe wollte sie lieber in ihren eigenen vier Wänden tätigen. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause zu fahren kam Gina gar nicht erst in den Sinn. Es war Ewigkeiten her, dass sie Bus und Bahn genutzt hatte. Bislang hatte sie sich immer auf Danny verlassen können, der sie überall hinfuhr oder ihr zumindest jemanden schickte, der sie fahren konnte. An einen Chauffeur für Gina hatte Danny vor seiner Abreise jedoch nicht gedacht. So musste sie nun also selbst zurecht kommen. Jedoch hatte er ihr eine große Menge Bargeld dagelassen. Über eine Visakarte verfügte sie ebenfalls.

Endlich wieder Daheim, bereitete sie sich erstmal ein Mikrowellenessen zu. Gina mochte solche Fertigessen eigentlich nicht, aber sie hatte einfach keine Lust zu kochen. Nachdem sie das Fertigessen gierig hinuntergeschlungen hatte, breitete Gina die Unterlagen auf dem kleinen Glastisch vor ihrer gemütlichen Couch aus. Anschließend begann sie zu sortieren. Sie sortierte die Unterlagen nach Wichtigkeit. Ganz oben auf lag die Telefonnummer der Maklerin. Anschließend würde sie die Versorgungsfirmen wegen der Anschlüsse anrufen und zuletzt kam die Fußbodenfirma dran.

Die Maklerin war nicht in ihrem Büro zu erreichen. Also wählte Gina die Handynummer der Frau. Bereits nach dem ersten Klingeln hob sie ab und meldete sich gekonnt

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Publisher: BookRix GmbH & Co. KG

Text: Nancy Noack
Images: Nikita Kolinz
Editing: Gerd Kirvel BVK-Buchverlag Krefeld
Publication Date: 02-27-2015
ISBN: 978-3-7368-8120-4

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