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Not good enough

„Eleanor Filan, komm schon! Wir haben nicht ewig Zeit!“ Ich brauche sie nicht einmal anzuschauen um zu sehen, dass Lucy mit den Augen rollt.

„Nur noch ein paar Minuten! Was meinst du, mag Noah die Feuerwehr oder den Bagger lieber?“ ich hole jeweils eines der genannten Fahrzeuge aus dem Regal und halte sie demonstrativ hoch.

„Elle, er ist knapp 3. Ihn interessiert die Verpackung viel mehr!“ sie grinst, legt ihren Kopf schief und deutet dann auf die Feuerwehr „Aber damit hast du die besseren Chancen!“
„Gut, dann nehm ich die Feuerwehr.“ Ich strahle sie an und lege das Spielzeug in den Einkaufswagen.

„Du weißt schon, dass das Ding richtiges Wasser spritzen kann, oder?“ Lucy zieht eine Augenbraue hoch.

„Jedenfalls sind wir dann bestens ausgerüstet, wenn der Baum in Flammen aufgeht.“ Lache ich und sie stimmt mit ein.

Wir bahnen uns weiter unseren Weg durch die Massen an Menschen, die am 23. Dezember den Großmarkt unsicher machen.

„Was fehlt uns denn noch?“ Lucy versucht sich einen Überblick darüber zu verschaffen, was schon alles in unserem Korb liegt.

„Weiß nicht! Ich denke, wir haben alles für einen schönen Weihnachtsabend zusammen!“ ich zucke mit den Schultern und betrachte den Inhalt unseres Wagens „Wenn alle Stricke reißen, dann gibt es ja immer noch die Tankstelle.“ Ich zwinkere ihr zu.
„Ich glaube, du hast Recht. Wir haben ja auch fast den ganzen Laden leer gekauft!“ sie nickt mir lachend zu und wir steuern die Kassen an.

30 Minuten später ist unser Mamuteinkauf dann auch in meinem Kombi verstaut und wir machen uns auf den Weg nach Hause.

Wir singen furchtbar schief Weihnachtslieder und haben schon Bauchschmerzen, als ich endlich einen Parkplatz nicht allzu weit entfernt von unserer Wohnung bekomme.

Dann heißt es, alle Sachen in den dritten Stock schleppen und ich mache drei Kreuze, als endlich die letzten Tüten oben sind.

Wir packen unseren Weihnachtsbaum, der seit einer Woche auf dem Balkon steht aus und beginnen ihn mit allem was wir zur Verfügung haben zu schmücken. Er ist bunt, mit blinkenden Lichterketten und völlig überladen.

Ich glaube, wenn ich ihn zu lange anschaue, dann verfalle ich in Trance…

Aber er ist schön… wirklich schön.

„Wann holst du Noah ab?“ Lucy steckt die Baumspitze in Form eines dicken Schneemanns an und sieht mich dann fragend an.
„Ich hole ihn gegen 6 Uhr ab, dann hat er seine Medikamente schon bekommen und wir haben Ruhe bis morgen früh.“ ich reiche ihr den Stecker der letzten Lichterkette.
„Bereit?“ fragt sie kichernd und baut sich vor der Steckdose auf.
„Bereit! Licht an!“ ich klatsche in die Hände und im nächsten Augenblick blinkt eine weitere Lichterkette am Baum. Unser Wohnzimmer sieht fast ein bisschen märchenhaft in diesem Licht auf, Lucy und ich Watte als Schnee ausgelegt, überall stehen kleine Wichtel herum und am Kamin hängen drei riesige Socken, die Lucy versucht hat mit der Nähmaschine selber zu nähen.

Sie sind schief, aber das passt zu uns…

Überglücklich nehme ich sie in den Arm.

„Meinst du es gefällt ihm?“ sie legt ihren Kopf auf meine Schulter und ich schlinge meinen Arm um sie.
„Ja, ich denke er wird es lieben!“ sage ich sicher und drücke ihr einen Kuss auf die Wange.

Lucy, eigentlich Lucille ist schon etwas besonders…

Sie ist ausgeflippt und meistens nicht zu bremsen, aber wenn es um Noah geht, dann ist sie weich wie Butter. Vor drei Tagen hat sie ihre sonst immer grünen, kurzen Haare in blond und rot umgefärbt.

Sie meint, das passt besser zu Weihnachten.

Jetzt hat sie einen knallroten Pony, der ihr wie immer ins Gesicht hängt und der Rest ist platinblond. Ihre grünen Augen bilden einen starken Kontrast dazu und ich grinse sie an. Das ist Lucy wie sie leibt und lebt...

Dagegen wirke ich mit meinen einfach nur braunen, langen Haaren fast schon wie eine Bibliothekarin, aber das ist neben Lucy auch nicht schwer.

„Hast du eigentlich noch mal mit Mrs. Black telefoniert?“ sie sieht mich fragend an und ich schlucke.
„Ja, sie meint meine Chancen stehen schlecht bis sehr schlecht. Ich bin allein stehend, habe nicht genügend Sicherheiten und ich bin zu jung.“ ich lasse mich seufzend auf die Couch fallen.

„Ich verstehe das einfach nicht, Noah liebt dich und du liebst ihn. Warum machen sie es euch so schwer?“ Lucy kommt mit Tee aus der Küche zurück und reicht mir eine Tasse.

„Ich weiß es doch auch nicht. Er hat vielleicht noch ein Jahr und ich möchte das er zu mir gehört, aber das Amt stellt sich quer.“ ich puste in meine Tasse und nehme vorsichtig einen Schluck.
„Wir machen ihm ein ganz tolles Weihnachtsfest, er soll es nie vergessen!“ Lucys Augen strahlen und ich lächle.
„Wir werden es auch nie vergessen!“ ich nehme ihre Hand in meine.
„Oh, man es ist so viel passiert im letzten Jahr. Du hast dich endlich von Brian getrennt, ich habe Declan kenne gelernt und wir sind sogar immer noch zusammen...“ ihre Augen strahlen „...Wir sind zusammen gezogen… du hast im St. Jopseph´s angefangen und ich im Betty´s Diner. Du hast Noah kennen gelernt und wir haben Chimney aufgenommen.“ Sie grinst mich an und krault liebevoll unser Findelkind.
Chimney ist ein kleines strahlend weißes Kätzchen, das wir vor drei Monaten in unserem Keller gefunden haben. Sie war so verdreckt, dass sie fast schwarz wirkte. Ihre eigentliche Farbe konnte man nicht einmal erahnen. Wir tauften sie Chimney, was soviel wie Schornstein bedeutet. Sie sah damals aus, als sei sie durch einen Schornstein gerutscht und selbst als sich heraus stellte, das sie weiß ist blieb es bei dem Namen.
Declan und Lucy sind eine Story für sich.

Erst wollten sie und er nicht, dann er und sie nicht… Es hat tatsächlich 3 Jahre gedauert bis sie sich einig waren und auch, wenn sie sich manchmal benehmen wie Hund und Katze, jeder der sie zusammen sieht, erkennt, wie sehr sie sich lieben. Ich mag Deco, wie ich ihn liebevoll nenne, um ihn zu ärgern und ich bin wirklich froh, das sich die beiden endlich gefunden haben.

„Es ist kaum zu glauben, dass ich Noah jetzt schon fast ein Jahr kenne.“ Ich grinse Lucy an.

„Er hat dich eben im Sturm erobert.“ Sie schubst mich leicht.

„Ich werde nie seinen Blick vergessen, als ich meinen ersten Tag hatte…“ ich lächle leicht „Seine himmelblauen Augen haben mich angestrahlt und es war um mich geschehen.“

„Du machst ihn glücklich.“ Lucy schüttelt leicht den Kopf „Warum machen sie es euch nur so schwer? Ganz ehrlich Elle, ihr gehört zusammen.“

„Ich weiß es nicht, aber ich gebe nicht auf…“ sage ich sicher und sehe zur Uhr. „Ich werde ihn jetzt abholen, sonst denkt er womöglich noch, ich habe ihn vergessen.“ Ich stelle meine Tasse auf den Tisch und stehe auf.

„Also gut…“ ich sehe mich um „Ich bin in gut zwei Stunden mit ihm da, mach bitte...“ beginne ich.
„Ja, ja ich mach noch die Kekse fertig. Packe seine Geschenke ein und mache sein Bett!“ hebt sie lachend die Hände.

„Gut, dann wäre das geklärt!“ fest nehme ich sie in den Arm.
„Denk bitte an den Monitor, den brauchen wir!“ erinnert sie mich und reicht mir meinen Autoschlüssel.
„Mach ich! Bis gleich!“ ich angle mir meine Jacke und meine Wollmütze von der Garderobe und ziehe die Tür hinter mir zu.

So schnell es geht laufe ich zum Auto und fahre die 5 Kilometer zum Ballina Central Hospital.

Aber ich habe nicht mit den Feiertagsverkehr gerechnet und brauche tatsächlich fast eine halbe Stunde bis ich das Klinikgelände erreiche.

Wo wollen die ganzen Menschen nur hin?

Völlig genervt parke ich den Wagen auf dem Klinikparkplatz, ziehe ein Parkticket und gehe damit zum Pförtner.
„Hallo Jordan! Fröhliche Weihnachten!“ ich reiche ihm mein Ticket, damit er es abstempeln kann. Dadurch, dass ich hier arbeite parke ich umsonst, doch leider habe ich mal wieder meine Parkkarte zu Hause vergessen.
„Hallo Elle! Hast du Dienst?“ er sieht mich fragend an und entwertet grinsend das Parkticket.
„Nein, nein ich hole Noah ab. Er bleibt die Feiertage bei mir und Lucy.“ Ich strahle ihn an.

„Bei euch beiden Verrückten? Da wird er sicher viel Spaß haben!“ lacht er und reicht mir mein Ticket.
„Aber sicher doch! Es soll unvergesslich für ihn werden!“ ich nehme das Ticket wieder an mich und verstaue es in meiner Jackentasche.

„Er hat Glück, das er jemanden wie dich hat!“ Jordan beugt sich über seinen Schalter und gibt mir einen Kuss auf die Wange.
„Ich bin froh, dass ich ihn habe!“ lächle ich verlegen.

Zügig gehe ich zum Haupteingang und drücke auf den Knopf für den Fahrstuhl. Ehrlich gesagt könnte ich auch die Treppe in den 3. Stock nehmen, aber ich bin meistens zu faul dazu. Ich renne am Tag bestimmt 10 Kilometer auf Station, da kann ich mir ruhig den Fahrstuhl genehmigen. Endlich hält er im Erdgeschoss und die Türen springen mit einem Pling auf. Ich lehne mich gegen die Seitenwand und drücke auf die 3. Im Display beobachte ich wie ich den 1. und den 2. Stock passiere, ehe der Fahrstuhl hält und die Türen aufgleiten. Lächelnd stürme ich aus dem Fahrstuhl und laufe prompt in jemanden hinein.

„Hey Elle! Wohin so stürmisch?“ Dr. Philipp Greene, der leitende Arzt der Kinderstation, kommt aus dem Treppenhaus und sieht mich schmunzelnd an.
„Ich hole Noah ab.“ Ich strahle ihn an.
„Ach ja, er hat heute den ganzen Tag etwas von Elle und Lucy gebrabbelt. Er war kaum ruhig zu halten!“ erzählt er mir lächelnd.

„Ja, er liebt mich halt!“ erwidere ich selbstsicher und wir gehen in Richtung der Anmeldung der Kinderkrebsstation.
„Ja, wer kann ihm das schon verübeln. Hast du eigentlich noch mal mit dem Jugendamt gesprochen?“ sein Gesicht wird plötzlich ernst.

„Ja, ich habe mit Mrs. Black gesprochen. Sie macht mir wenig Hoffnung, ich bin zu jung, ich bin ledig und ich habe nicht genügend finanzielle Sicherheiten für eine Adoption.“ Ich sehe ihn traurig an „Ich bin nicht gut genug.“ Füge ich leise hinzu.
„Wir werden noch mal mit Mrs. Black sprechen, unserer Meinung nach, bist du das Beste was Noah passieren konnte.“ Er nimmt mich in den Arm.

Als wir durch die große Milchglastür treten stehen wir plötzlich unzähligen Anzugträgern und einem Reporter gegenüber und ich sehe fragend zu Philipp.

„Was ist denn hier los?“ flüstere ich und wir bahnen uns unseren Weg durch die Menge.
„Wir haben heute prominenten Besuch!“ er deutet auf die Männer. „Die sind von McKenzie Industries und spenden einen Haufen Geld für die Station.“
„McKenzie Industries?“ frage ich leise.
„Du kennst die Firma?“ er zieht eine Augenbraue hoch.
„Philipp, das ist der Konzern überhaupt in Ballina, die haben die höchsten Umsatzzahlen in ganz Irland. Ich wohne jetzt seit drei Jahren hier. Würde ich McKenzie Industries nicht kennen, wäre ich blind oder taub, oder vielleicht beides!“ lache ich.
„Stimmt!“ erwidert er lächelnd „Dann sieh mal nach was dein Kleiner macht, bevor er denkt du kommst nicht mehr!“ er gibt mir einen kleinen Schubs.
Ich schlängle mich Entschuldigungen murmelnd durch die Anzugträger und meine Kollegin Annie entdeckt mich.

Ich nehme meine Mütze ab und öffne erst einmal meine Jacke, es ist im Gegensatz zu draußen mollig warm hier.
„Elle! Komm mal her!“ sie zieht an meiner Jacke. „Darf ich vorstellen? Das ist Schwester Eleanor, einer unserer Engel! Und das ist der Vorstand von McKenzie Industries.“ stellt sie mich vor. Ich bin ein wenig verwundert, die sehen alle nicht älter aus als Ende 20, höchstens Mitte 30. Wenn ich ehrlich bin, dann habe ich etwas anderes erwartet…

„Hallo Eleanor…“ setzt einer der Männer an.

„Elle.“ Unterbreche ich ihn lächelnd.

Es ist für mich immer ein wenig merkwürdig mit meinem vollen Namen angesprochen zu werden. Eigentlich nennt mich kaum einer Eleanor, nicht einmal meine Mum und mein Dad. Nur wenn ich was ausgefressen habe, dann kommt das ganz schnell wieder in Mode…

„Hallo Elle, ich bin Marcus. Marc.“ Er reicht mir seine Hand und ich ergreife sie.

„Vielen Dank, wir wissen es sehr zu schätzen, was sie für unsere Station tun.“ Ich lächle ihn freundlich an und seine warmen braunen Augen bekommen kleine Lachfältchen als er es erwidert.

„Und das sind Ethan und Cameron.“ Stellt er mir die anderen Männer vor und ich schüttele brav auch ihre Hände. Ich weiß, das wir es uns mit unseren Sponsoren nicht verscherzen dürfen, denn viele Sachen sind nur durch Spenden möglich.
„Was machst du eigentlich hier? Du hast doch Urlaub!“ fragt Annie leicht erstaunt.
„Es freut mich auch dich zu sehen…“ ich grinse sie an „Ich hole Noah für die Feiertage zu mir nach Hause, er wartet bestimmt schon auf mich.“ Erkläre ich ihr lächelnd.

„Ist Noah dein Sohn?“ Ethan sieht mich verunsichert an.
„Nein, er ist ein kleiner Patient.“ grinse ich. Er wirkt immer noch leicht verwirrt.
„Noah war unser kleines Sorgenkind, bis Elle kam. Er ist fast 3 und seit 20 Monaten bei uns. Er hat einen inoperablen Gehirntumor und durch Elle hat er gelernt, was es heißt geliebt zu werden. Seine leibliche Mutter hat ihn gleich nach der Geburt zur Adoption frei gegeben und Elle ist für ihn wie eine Mum...“ sie legt ihren Arm um meine Schulter „...aber sie hat natürlich nie ihre anderen Patienten vergessen!“ fügt sie lachend hinzu.

Das war jetzt die Kurzversion der Kurzversion… aber eigentlich hat sie alles gesagt.
„Dann wollen wir den kleinen Mann mal kennen lernen!“ Marc bietet mir seinen Arm an.
„Okay...“ ich hake mich bei ihm unter „...dann kommt mal mit!“
Wir gehen den Flur entlang zu Noahs Zimmer. Seine Tür ist mit bunten Tieren beklebt und wir haben ein Namensschild gebastelt, auf Noahs ist ein Löwe. Er liebt Löwen…

Leise öffne ich die Tür und Noah sieht gespannt auf. Als er mich erkennt, hüpft er vom Bett, schnappt sich seinen Infusionsständer, fängt an zu strahlen und kommt zu mir gelaufen.

Ich hocke mich hin und nehme ihn fest in den Arm.

„Hallo Baby!“ ich gebe ihm einen Kuss auf seine gespitzten Lippen.
„Elle!“ quiekt er fröhlich und hält mich fest.

„Na, hast du schon gepackt?“ ich nehme sein Gesicht in meine Hände und sehe ihn gespannt an.
„Schau mal!“ er zieht mich mit sich zum Tisch und deutet auf ein Bild.

„Für mich?“ frage ich lächelnd.
„Nein. Für Lucy!“ er klatscht freudig in die Hände.
„Für Lucy?“ ich nehme das Bild in die Hand und bewundere es eingehend.

Eine Sonne, ein Baum und Strichmännchen, einfach wunderschön und mit so viel Enthusiasmus gezeichnet.
„Ja! Lucy und Chimney!“ kichert er.
„Ach, so meine beste Freundin und unsere Katze bekommen ein Bild. Und ich?“ ich ziehe eine Schnute.

„Für dich!“ Noah sieht mich ernst an und streckt mir seine Ärmchen entgegen.
„Was ist für mich?“ ich lege meinen Kopf schief.
„Das!“ er gibt mir einen dicken Kuss.
„Wenn das so ist, dann kann Lucy gerne das Bild haben!“ ich strubble ihm durch seine dunkelblonden Haare, die seit der letzten Chemo schon wieder ein gutes Stück gewachsen sind. Meine Hand gleitet vorsichtig über die dicken Narben die seinen kleinen Kopf zieren und ich schlucke kurz.

Was hat er nicht schon alles mitmachen müssen?

6 schwere Operationen, 3 Chemotherapien und etliche experimentelle Therapien… alles ohne den gewünschten Effekt.
„Wer ist das?“ jetzt scheint Noah auch die Männer, die mit mir zusammen eingetreten sind, zu registrieren.
„Das sind Marc, Cameron und Ethan. Sie haben euch Geschenke mit gebracht und werden ein paar Weihnachtslieder mit euch singen!“ ich gehe in die Hocke „Sagst du ihnen mal Hallo?“
„Na gut!“ er geht selbstbewusst zu den Männern. „Ich bin Noah!“ er reicht jedem die Hand.
„Hallo kleiner Mann!“ Cameron schüttelt die kleine angebotene Hand.

„Hallo Noah, ich bin Marc!“ auch Marc nimmt seine Hand und beugt sich zu ihm runter. „Was meinst du, wollen wir mit den anderen ein paar Weihnachtslieder singen?“ er sieht ihn fragend an.
„Oh, ja!“ Noah ist nun nicht mehr zu halten. „Komm!“ er nimmt Marc an die eine und Ethan an die andere Hand.
„Und wenn du fertig bist, dann fahren wir zu Lucy!“ mische ich mich kurz ein „Wenn du noch mit willst?“ ich grinse ihn an.
„Aber ja! Erst singen! Bitte!“ seine blauen Augen sehen mich bittend an und ich lächle.

„Nicht den Bitte – Bitte – Blick Noah Jenson! ...“ ich versuche ihn strafend anzusehen „Okay.“ Sage ich schließlich grinsend und er strahlt mich an.

„Mann, Kleiner, sie frisst dir ja aus der Hand!“ erklärt ihm Ethan lächelnd und Noah strahlt übers ganze Gesicht und kichert.
„Dann geh mal singen und ich packe deine Sachen ins Auto..“ ich winke ihm hinterher, als Annie reinkommt. „Hilfst du mir bitte mit dem Monitor?“ ich sehe sie bittend an und sie nickt.

„Aber sicher!“ lächelt sie und beginnt die Kabel einzurollen.

„Wann ist die letzte Infusion durch?“ ich sehe auf Noahs Behandlungsplan.

„Wenn du die Sachen runter bringst, dann entferne ich die jetzige Infusion. Die nächste ist dann erst wieder um 22 Uhr dran. In der Mappe liegt ein Plan für dich und im Karton neben der Tür sind alle Infusionen für die nächsten Tage.“ Sie zwinkert mir zu.

„Ich danke dir.“ Gebe ich zurück und nehme Noah Tasche und lege sie auf den Karton.

Nach und nach finden alle Sachen in meinem Kombi Platz und als ich 20 Minuten später endlich alles verstaut habe, gehe ich in den Gruppenraum und beobachte die Kinder und die Vorstandsmitglieder von McKenzie Industries beim Singen.

Noah sitzt mittendrin und strahlt mit den Anderen um die Wette. Es wäre schön, wenn wir öfter etwas mit Allen zusammen machen könnten, aber leider sind viele Kinder durch die Medikamente zu geschwächt. Für die Feiertage wurden die Medikamente gedrosselt, die Kinder sollen ein schönes Weihnachten haben und es genießen können. Nach 45 Minuten wird das Weihnachtssingen beendet und ich nehme einen glücklich und endlich von den Schläuchen befreiten Noah in den Arm.

Ich habe seine Jacke, seine Schuhe, seine Mütze und seine Handschuhe in der Hand und beginne ihn anzuziehen.

Ethan kommt auf uns zu und reicht mir einen kleinen Präsentkorb.
„Für dich! Fröhliche Weihnachten!“ er strahlt mich an und wieder einmal staune ich, wie jung die alle sind. Ethan wirkt so jugendlich und unbeschwert…

Ich glaube, ich muss mein Bild von McKenzie Industries etwas revidieren…
„Danke!“ erwidere ich gerührt.
„Hast du dir verdient!“ Marc tritt hinter Ethan und reicht mir die Hand „Für einen Engel tun wir so etwas gerne!“ fügt er schelmisch hinzu.
Ich merke wie mir augenblicklich die Röte ins Gesicht schießt und ich konzentriere mich schnell wieder darauf Noah anzuziehen.

„Danke!“ nuschele ich.
„Mach sie doch nicht verlegen!“ Cameron grinst mich an und ich werfe ihm einen Vielen – Dank – auch - Blick zu.
„Sehr nett, danke!“ ich binde Noah die Mütze zu.

„Sind wir immer musst du wissen.“ Ethan zwinkert mir zu und ich grinse.
„So, da sind wir wieder!“ er geht mit Cameron im Schlepptau wieder zu den anderen Kindern und sie winken mir kurz zu.
Ich nehme Noah auf den Arm und sehe Marc lange an.

Seine braunen Augen mustern mich und seine dunkelbraunen Haare stehen im leicht verwegen in alle Richtungen vom Kopf ab, was aber auch daran liegen könnte, dass Oliver, mit knapp einem Jahr unser jüngster Patient, es liebt allen Leuten durch die Haare zu wuscheln.
„Danke, das ihr ihm einen so schönen Nachmittag gemacht habt!“ ich lächele ihn unsicher an.
„Das haben wir wirklich gerne gemacht!“ nun wirkt er leicht verlegen.
„Sag mal, magst du Pferde?“ fragt er plötzlich und sieht Noah gespannt an.
„Ja.“ Noah legt seinen Kopf schief und mustert ihn.
„Willst du mich dann mal besuchen und ich zeige dir meine Pferde?“ Marc sieht erst Noah und dann mich gespannt an.
„Ja! Darf ich?“ Noah nimmt mein Gesicht in seine Hände.
„Noah!“ stöhne ich gespielt genervt.
„Bitte! Bitte!“ er gibt mir einen Kuss und streichelt meine Wange.

Also wenn einer weiß, wie man mich um den kleinen Finger wickelt, dann Noah.
„Okay.“ Gebe ich schließlich nach und Marc und Noah schlagen ein.
„Morgen?“ fragt Noah natürlich gleich aufgeregt.
„Nein, morgen nicht!“ erwidert Marc lachend „Wie wäre es mit dem zweiten Wochenende im Januar? Dann ist der ganze Trubel vorbei.“
„Ich weiß nicht, ob ich arbeiten muss.“ ich sehe ihn unsicher an.
„Dann geh schnell fragen, ich passe so lange auf ihn auf.“ er nimmt mir Noah ab und ich gehe zu Annie. Ehrlich gesagt fühle ich mich ein wenig überfahren, aber ich weiß, wie toll es Noah finden wird. Annie und ich schieben ein paar Dienste und ich komme lächelnd zurück zu Marc und Noah. Zum Glück werden unsere Dienstpläne immer schon sechs Wochen im Voraus geschrieben.

Die Beiden sitzen im Wartebereich und spielen mit einträchtig mit Legosteinen.
„So Noah, wir müssen los! Lucy hat Kekse für dich gebacken und Chimney wartet bestimmt schon auf uns!“ ich halte ihm grinsend meine Hand hin.
„Oh, ja Kekse! Grrr...“ er nimmt meine Hand.
„Bist du etwa das Krümelmonster?“ Marc weicht gespielt erschrocken zurück.
„Nein, ich bin das Keksmonster!“ erwidert Noah lachend und stürzt sich auf ihn.
„Rette mich!“ lacht Marc und ich nehme Noah auf den Arm.
„Du bist wirklich ein Engel! Du hast mich gerade vor dem Keksmonster gerettet!“ er stupst Noah auf die Nase.
„Ja, ich denke ein 3-jähriger kann mehr Schaden anrichten als man denkt.“ ich sehe zu Noah der sich vor Lachen kringelt.
„Und was ist mit dem Wochenende?“ Marc steht auf und begleitet mich zum Fahrstuhl.
„Alles geregelt, ich habe frei.“ ich lasse Noah runter und er drückt auf den Knopf für den Fahrstuhl.
„Super, dann hole ich euch ab. Wo wohnst du?“ er sieht mich gespannt an.
„Riverside Drive 7. Klingel bei Filan und Connely!“ erwidere ich lachend und steige mit Noah in den Fahrstuhl, sofort drückt er auf das E für Erdgeschoss und ich lächle Marc kurz an.

„Bis dann! Bye Noah! Bye Elle!“ er winkt uns zu und die Türen schließen sich.

Mein Herz donnert heftig in meiner Brust und ich zwinge mich, tief durchzuatmen.

„Alles gut?“ Noah sieht mich besorgt an.

„Alles gut.“ Ich lächle ihn an und wir erreichen das Erdgeschoss.

Dieser Marc hat etwas an sich, das mich einfach nicht los lässt… Er ist wunderbar im Umgang mit den Kindern und hat ein Ausstrahlung, der ich mich nur schwer entziehen kann. Seine braunen Augen sind das Tüpfelchen auf dem i, aber auch der Rest ist nicht zu verachten. Er ist groß und sieht aus, als würde er regelmäßig trainieren und seine Haare laden wirklich dazu ein, sie durch zu wuscheln. Er hat weiche Gesichtszüge und sieht irgendwie nicht nach hartem Geschäftsmann aus, aber er scheint einer zu sein… er sitzt im Vorstand von McKenzie Industries und die hatten im letzten Jahr einen ungefähren Jahresumsatz von 10 Millionen Euro.

Ich hieve Noah in den Kindersitz und schnalle ihn an.

„Startklar, Baby?“ grinse ich und er reckt seinen Daumen in die Höhe.

Ich steige vorne ein und wir fahren lachend und 'Ich sehe was, was du nichts siehst' spielend nach Hause.

Ich hebe ihn aus dem Auto und er läuft sofort zur Haustür. Grinsend folge ich ihm und nehme ihn auf den Arm, denn so gerne er auch möchte, seine Kraftreserven sind begrenzt…

Ich klingele unten und Lucy steht schon oben an der Tür, als wir die letzten Stufen hoch steigen.

„Da seid ihr ja endlich!“ sie nimmt mir Noah ab und geht gleich mit ihm ins Wohnzimmer. „Augen zu kleiner Mann!“ sie legt ihre Hand über seine Augen.
Ich ziehe meine Jacke aus und trete hinter die beiden.
„Augen auf!“ flüstert Lucy.
„Oh!“ Noah strahlt mit dem Baum um die Wette.
„Gefällt es dir?“ frage ich ihn leise, während Lucy ihn absetzt.
„Es ist so schön!“ flüstert er andächtig und kommt zu mir.
„Nur für dich!“ ich gebe ihm einen Kuss.
„Für mich?“ Noah sieht mich und Lucy mit seinen großen blauen Augen an.
„Ja sicher kleiner Mann!“ Lucy fängt an ihn auszuziehen.
„Ich hole schnell die anderen Sachen aus dem Auto.“ ich laufe zu Tür und pralle dort mit Declan zusammen.

Scheint als habe ich es heute darauf angelegt, jeden über den Haufen zu rennen, der sich mir in den Weg stellt.
„Hey Elle! Nun mal langsam!“ er nimmt mich lachend in den Arm.
„Was machst du denn hier?“ ich sehe ihn gespielt überrascht an.

Mal ehrlich, wann ist er mal nicht hier? Hat er überhaupt noch eine eigene Wohnung?
„Ich habe mich entschieden mit euch Dreien Weihnachten zu feiern.“ Er zwinkert mir zu.
„Wirklich? Und deine Familie?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch. Declans Eltern ist das Weihnachtsfest heilig, so viel weiß selbst ich...
„Sie verstehen es! Wo sind die Kekse und wo ist der Rest?“ er sieht an mir vorbei in die Küche.
„Im Wohnzimmer und bestaunen den Baum!“ erwidere ich lachend und nehme meinen Autoschlüssel wieder in die Hand.
„Und wo willst du hin?“ er deutet auf den Autoschlüssel.
„Ich hole noch ein paar Sachen aus dem Auto. Bin gleich wieder da!“ ich werfe ihm eine Kusshand zu.
Ich hole den Monitor und die anderen Sachen aus dem Auto und schließe alles in Noahs Zimmer an. Früher war das einmal das Arbeitszimmer, aber da Noah sooft wie nur möglich bei uns ist, ist es zu seinem Zimmer geworden… Ich habe von der Station extra einen Infusionsständer bekommen und wir haben ihn bunt beklebt und angemalt, damit er nicht so sehr nach Krankenhaus aussieht. Für den Monitor hat Declan extra ein Regal gebaut, ich stelle ihn hinein und entknote die Kabel.

Nachdem ich soweit fertig bin, sammle ich Noahs Sachen ein, die im Flur verstreut herum liegen und gehe ins Wohnzimmer zu den Anderen.

Declan, Lucy und Noah sitzen zusammen unter dem Baum und Declan erzählt die Weihnachtsgeschichte. Noah sieht ihn mit großen Augen an und lauscht ihm gespannt.

Ich lächle und setze mich zu ihnen, sofort krabbelt Noah auf meinen Schoß und ich drücke ihn an mich.

„Das ist so schön.“ Flüstert er leise und sieht zu Declan.

„Deco kann toll Geschichten erzählen, oder?“ grinse ich und Noah nickt lebhaft.

Zum Abendessen habe ich Noahs Lieblingsessen vorbereitet und er stürzt sich auf die Spaghetti.

Ganz ehrlich, was auch sonst?

Ich habe bisher kein Kind getroffen was keine Spaghetti mag, aber Noah ist da eigen. Er mag sie ohne Sauce, nur mit einem kleinen Klecks Ketschup.

Ich bin froh, dass er endlich wieder ein bisschen Appetit hat und sehe ihm selig dabei zu, wie er sich mit dem Ketschup einschmiert. Er hat viel zu selten die Gelegenheit mal wirklich Kind zu sein und ich wünsche mir so sehr, dass es nicht so wäre.

Nach dem Essen merke ich, wie er langsam aber sicher müde wird. Er kuschelt sich in meinen Schoß und ich kraule seinen Rücken.

„Hey Baby…“ ich stehe mit ihm auf und er sieht mich müde an „Zeit fürs Bett, oder?“

„Hmm.“ Nuschelt er und ich trage ihn zu seinem Bett.

„Ich mache jetzt zuerst deine Kabel fest und dann den Schlauch an deinem Arm, ja?“ ich ziehe ihm seinen Schlafanzug an und wechsle seine Windel.

„Wie immer.“ Brummt er und ich verkabele ihn.

„Träum süß, Baby!“ ich hauche ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Milch und Kekse für den Weihnachtsmann.“ Flüstert er und ich grinse.

„Alles schon fertig.“ Versichere ich ihm und drücke ihm seinen Teddy in den Arm, er hat die Augen schon zu, als ich in den Flur gehe.

Ich gehe zurück zu Declan und Lucy. Sie haben es sich zwischenzeitlich mit einem Glas Rotwein auf der Couch gemütlich gemacht.

„Warum hast du vorhin eigentlich so lange gebraucht?“ Lucy sieht mich fragend an und ein lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht.

„Wir hatten hohen Besuch auf Station.“ Grinse ich.

„Echt? Wen denn?“ Declan kommt leicht hoch und sieht mich gespannt an.

„Der Vorstand von McKenzie Industries war da und hat Weihnachtslieder mit den Kleinen gesungen.“ Erkläre ich ihm und kann dabei dieses dümmliche Grinsen einfach nicht abstellen.

„Wie sind die denn so?“ Lucy legt ihren Kopf wieder auf Declans Brust und er hält sie fest an sich gepresst.

„Wirklich nett und verdammt jung.“ Erwidere ich und Lucy zieht eine Augenbraue hoch. Ich sehe zu Declan und auch er grinst wissend.

„Deco…“ warne ich ihn, als er den Mund aufmacht.

„Was denn?“ kommt es sofort.

„Ich weiß, was du denkst.“ Gebe ich zurück.

„Ach ja? Bist du unter die Gedankenleser gegangen?“ lacht er auf.

„Nein…“ ich schüttele belustigt meinen Kopf „Aber ich kenne dich. Ich kenne dich besser, als du denkst.“

„Na dann… Erleuchte mich.“ Er lehnt sich selbstgefällig zurück.

„Ja, es stimmt…“ lache ich leise „Einer von ihnen sieht verdammt gut aus und ist obendrein noch sehr nett.“ gestehe ich.

„Ha, ich habe es gewusst.“ triumphiert Declan.

„Und ich habe gewusst, dass du genau das denkst.“ lache ich.

„Und erzähl schon. Wie heißt er?“ Lucys Grinsen nimmt ihr ganzes Gesicht ein und ich glaube, wenn sie will, dann kann sie im Kreis lächeln…

„Er heißt Marc. Ich schätze er ist Anfang, höchstens Mitte 30 und er sieht wirklich gut aus.“ Ich nehme mir mein Weinglas vom Tisch und kuschele mich in den Sessel.

„Und weiter?“ Lucy verdreht die Augen „Da ist doch noch was, oder?“

„Ja…“ ich atme tief durch und betrachte den tiefroten Wein in meinem Glas „… Er hat Noah und mich in drei Wochen zum Reiten eingeladen.“

„Echt jetzt?“ Declan sieht mich erstaunt an.

„Ja Deco, echt jetzt.“ lache ich.

„Und?“ Lucy sieht mich gespannt an.

„Ich habe zugesagt.“ Ich seufze leise „Er hat Noah gegen mich ausgespielt, ich hatte gar keine Wahl. Ihr wisst, dass ich Noah keinen Wunsch abschlagen kann.“

„Natürlich und dass er dir gefällt, hat natürlich keine Rolle gespielt?“ Lucy zieht eine Augenbraue hoch und ich lächle.

„Es ist ein Bonus…“ gebe ich zu „Aber ganz ehrlich, Noah steht an erster Stelle. Ich kann mich auf nichts einlassen, so lange ich nicht weiß, was mit ihm passiert.“ Ich nehme einen großen Schluck vom Wein.

„Du bist und bleibst eine Weltverbesserin.“ Declan prostet mir zu.

„Und du bist und bleibst…“ ich sehe ihn kurz an „… Deco.“ Ich proste ihm ebenfalls zu und er trinkt leise lachend.

„Was haben wir eigentlich die nächsten Tage vor?“ Declan sieht zu Lucy runter und sieht dann mich an.

„Morgen bleiben wir unter uns. Wir haben beschlossen, dass Noah seine Geschenke morgen früh bekommt. Dann machen wir uns einen richtig schönen Tag, mit Plätzchen, Kakao und Kuscheln. Am ersten Feiertag sind wir bei meinen Eltern eingeladen und am zweiten Feiertag bei Rose und Pat.“ erkläre ich ihm. Rose und Pat sind Lucys Eltern und sie freuen sich schon darauf, uns zu bewirten. Auch meine Eltern sind völlig aus dem Häuschen, dass wir mit Noah vorbei kommen, sie lieben ihn heiß und innig und er liebt sie.

Declan nickt „Das klingt toll.“ gibt er zu „Und jetzt sehen wir uns den Film an, den ich mitgebracht habe.“ Er nimmt die Fernbedienung zur Hand und wir schauen uns eine Komödie an bei der wir uns an manchen Stellen krümmen vor Lachen. So etwas brauche ich ab und zu und ich bin dankbar, dass Declan so genau weiß, was mir und Lucy gut tut.

Wir gehen nicht allzu spät ins Bett, denn Noah hat gegen 7 Uhr ausgeschlafen und er gönnt uns dann auch keine weitere Minute Schlaf.

Ich überprüfe seinen Monitor und entferne die durchgelaufene Infusion ehe ich in mein Bett gehe und die Tür zu Noahs Zimmer nur angelehnt lasse. Mein Zimmer ist gleich neben seinem und ich will ihn hören, wenn er aufwacht.

Declan stellt noch Kekse und Milch für den Weihnachtsmann hin, natürlich isst und trinkt er ein wenig davon und wir gehen alle mit dem guten Gefühl, ein besonderes Weihnachtsfest für Noah in Planung zu haben, ins Bett.

„Elle! Elle!“ werde ich am nächsten Morgen von Noahs Stimme geweckt und komme leicht hoch.
„Komme!“ antworte ich noch recht verschlafen und tapse zu ihm ins Zimmer.
Er sitzt in seinem Bett und strahlt mich mit seinen himmelblauen Augen voller Vorfreude an.

„Gut geschlafen Baby?“ ich gehe zu ihm und er nickt eifrig.

„Gut Baby, erst einmal…“ ich nehme die verschiedenen Kabel „…machen wir das alles ab.“ Erkläre ich ihm meine Handlung und er sieht mir begeistert auf die Finger.

„Bereit?“ frage ich grinsend und er streckt mir seine Ärmchen entgegen.

Ich nehme ich auf den Arm und drücke ihn an mich, während er mir einen feuchten Schmatzer gibt.

Dann beginnt er zu zappeln und ich setze ihn ab, sofort will er ins Wohnzimmer stürmen, aber ich halte ihn an seinem Kragen fest.

„Hey! Nicht so schnell! Komm wir wecken noch Lucy und Declan!“ ich grinse ihn verschwörerisch an.
„Ja!“ jubelt er und folgt mir über den Flur.
„Seid ihr wach?“ ich klopfte lautstark an Lucys Tür. „Und die wichtigere Frage: Seid ihr angezogen?“
„Ja!“ kommt es grummelnd.
„Na, denn mal los!“ ich öffne die Tür und Noah stürmt jauchzend hinein.

„Deco! Lucy!“ kreischt er und krabbelt auf das Bett.

„Du bist ja schon wach.“ Kommentiert Declan trocken und Noah stürzt sich auf ihn.

„Ja! Komm! Geschenke!“ er hopst auf dem Bett herum und ich beobachte ihn lächelnd.

Er bringt Declan und Lucy tatsächlich innerhalb von nur zwei Minuten dazu aufzustehen. Noch sichtlich müde folgen wir ihm alle ins Wohnzimmer und Declan nimmt seine Kamera zur Hand, um zu filmen.

Das soll später einmal meine Erinnerung an Noah sein, auch wenn ich gar nicht daran denken mag, dass er eines Tages nicht mehr da sein wird. Doch die Narben an seinem Kopf zeigen mir überdeutlich, dass er noch weit vor seiner eigentlichen Zeit gehen wird.

„Der Weihnachtsmann war da!“ jubelt er und deutet auf Milch und Kekse.
„Was hast du denn gedacht? Wir haben ihm doch extra Bescheid gesagt, das du hier bist.“ Erkläre ich ihm ernst und er strahlt.

„Sind die für mich?“ er deutet auf seine Geschenke und ich nicke.

„Klar doch, liebe Jungs bekommen doch immer ganz viele Geschenke oder? Du warst doch lieb, nicht wahr?“ ich hocke mich vor ihm hin.

„Ja, ich bin immer lieb…“ er sieht mich prüfend an, dann legt er seinen Kopf schief „Danke, das du dem Weihnachtsmann nicht gesagt hast, dass ich ab du zu auch mal nicht so lieb bin.“ Er gibt mir einen Kuss und ich nehme ihn mit Tränen in den Augen in den Arm.

„Für dich doch immer, Baby.“ Ich schlucke schwer „Und jetzt schau dir an, was er dir alles gebracht hat.“ Ich gebe ihm einen kleinen Schubs.

Er stürmt zu seinen Geschenken und bei jedem werden seine Augen noch größer und er strahlt noch ein wenig mehr. Mein Herz überschlägt sich fast bei diesem Anblick, Lucy und ich haben also alles richtig gemacht…

Die Feuerwehr und die Legosteine schlagen ein wie eine Bombe, aber mit Abstand am Meisten freut er sich über einen Plüschlöwen von Declan.

„Der heißt Deco! Genau wie du!“ er sieht Declan strahlend an.
„Wow, es ist mir eine Ehre!“ Declan gibt Lucy die Kamera und nimmt Noah auf den Arm.

„Richtige Löwen haben ein Kämpferherz, genau wie du.“ erklärt er ihm und Noah drückt den Löwen an seine Brust.

„Ich weiß, sie kämpfen immer…“ gibt er sicher zurück.

„Ja, genau.“ stimmt ihm Declan zu und lässt ihn wieder runter.

„Hier kann man ja Wasser rein machen.“ Er bestaunt die Feuerwehr und ich hole lächelnd einen Becher Wasser aus der Küche.

Der erste Strahl trifft Chimney, die sofort miauend aufspringt und sich hinter der Couch versteckt, was Noah dazu bringt fröhlich zu lachen.

Zum Glück haben wir im Wohnzimmer Laminat und es ist nicht so schlimm, dass alles nass wird. Es ist ja auch nur Wasser und eine halbe Stunde später versuchen wir alle, die Kerze, die Lucy auf den Tisch gestellt hat mit Hilfe der Feuerwehr zu löschen.

Nicht nur Noah hat seinen Spaß, auch Lucy, Declan und ich finden Gefallen daran. Irgendwann fängt Noah an uns zu “löschen“ und wir albern herum.

Eine knappe Stunde später ziehe ich ihn um und er bekommt seine Morgenmedikamente. Brav schluckt er alle seine Tabletten und wir setzen uns alle zusammen auf die Couch um Zeichentrickfilme zu schauen.

Noah sitzt zwischen mit und Lucy und genießt es sichtlich von uns gekrault und gestreichelt zu werden. Auch Chimney traut sich endlich wieder raus und legt sich bei Noah auf dem Schoß.

Eigentlich ist sie keine Schmusekatze, aber bei Noah macht sie eine Ausnahme und, auch wenn er sie manchmal etwas grob anpackt, sie würde ihn nie kratzen. Ich glaube sie spürt, wie besonders Noah ist.

Schließlich lege ich Noah mit seiner Infusion zum Mittagsschlaf hin und Lucy und ich räumen ein wenig auf, während sich Declan daran macht, das Abendessen vorzubereiten. Heute gibt es Pizza und er belegt sie mit allem, was Noah gerne isst und essen darf, denn er darf längst nicht alles essen, was er gerne will. Eis und Milchprodukte müssen laktosefrei sein und alle Mehlprodukte glutenfrei. Manchmal nicht so einfach, aber wir machen viel selber und haben so einen guten Überblick.

Tatsächlich schläft er nach den Anstrengungen des Vormittages fast drei Stunden und ich atme ein wenig durch.

„Ich habe meine Eltern angerufen und Bescheid gesagt, das Deco auch mitkommt.“ Erklärt mir Lucy, als ich wieder ins Wohnzimmer komme.

„Meine Eltern wissen auch Bescheid. Meine Mum hat sogar selber Pasta gemacht für Noah. Rein Bio und Öko.“ lache ich.

„Hauptsache sie schmeckt.“ Declan sieht mich leicht zweifelnd an. Die Pasta die wir für Noah immer kaufen schmeckt uns nicht so sehr. Aber es ist schwer eine richtig gute glutenfreie Pasta zu bekommen.

„Du kennst doch meine Mum…“ ich verdrehe die Augen „Bei ihr kommt nichts auf den Tisch, was sie nicht selber probiert hat. Wie ich sie kenne, hat sie mindestens 10 verschiedene Rezepte ausprobiert und mein Dad durfte die letzten beiden Wochen fast nur Pasta essen.“

Declan und Lucy lachen auf, weil sie genau wissen, dass ich Recht habe.

„Meine Mum macht auch ein Extra Noah Menü…“ Lucy lächelt mich wissend an.

„Ich weiß ja nicht, wie der Kleine das macht, aber er wickelt jeden um den kleinen Finger.“ Declan sieht mich an.

„Tja Deco… der Zug für dich ist wohl abgefahren.“ kommentiere ich trocken.

„Du bist mal wieder so gut zu mir.“ Er verdreht die Augen und ich verbeuge mich.

Nachdem Noah endlich wieder wach ist, backen wir noch Kekse und die Hälfte des Teiges landet mal wieder roh in seinem Magen…

Am Abend liest Declan uns allen eine Geschichte vor. Er ist so wahnsinnig gut darin und selbst Lucy und ich lauschen ihm gespannt.

Natürlich schmeißt uns Noah am nächsten Morgen mal wieder viel zu früh aus dem Bett und es bricht, wie nicht anders zu erwarten kurzzeitig ein kleines Chaos aus, ehe wir alle im Auto sitzen und in Richtung meiner Eltern fahren. Diese wohnen in Killala, nur 15 Minuten von Ballina entfernt, direkt am Strand.

Es war toll in Killala aufzuwachsen. Ich bin ein Dorfkind durch und durch und kenne alle Nachbarn im Umkreis von 5 Kilometern, eben alle die ich auf meinem Pferd immer mal wieder besucht habe. Leider haben meine Eltern schon seit ein paar Jahren keine Pferde mehr, nachdem ich vor 7 Jahren mit 19 ausgezogen bin, fehlte ihnen das Interesse dafür.

Die Fahrt vergeht schnell und kaum dass wir auf den Hof fahren, stürmt meine Mum schon nach draußen und nimmt natürlich zu allererst Noah in den Arm.

„Mein kleiner Noah!“ begrüßt sie in strahlend und er lässt sich an ihre mütterliche Brust drücken. Meine Mum ist eine rundliche Frau, aber ich kenne sie nur so und, ganz ehrlich, ich würde nie auch nur eine Kleinigkeit an ihr ändern. Sie trägt ihre hellbraunen mit grauen Strähnen durchsetzten Haare, mal wieder zu einem kunstvollen Dutt und zum wiederholten Male frage ich mich, wie sie das hinbekommt.

„Ich bin dein Kind.“ merke ich an und sie grinst.

„Komm her mein Kind!“ sie setzt Noah ab und nimmt nun mich in ihre Fangarme.

„Oh mein Kind, du bist viel zu dünn.“ kommt es mal wieder zu allererst von ihr.

Typisch… anstatt einem freundlichen ’Hallo mein Kind, wie geht es dir?’ bekomme ich ein ’Du bist viel zu dünn…’

„Mum…“ stöhne ich und mache mich los „Ich esse regelmäßig.“ Ich strecke ihr die Zunge raus und sie lacht auf, ehe sie auch Lucy und Declan in die Arme schließt.

„Hallo Sophie!“ Lucy strahlt sie an und wir gehen alle in Richtung Haus.

Mein Dad, ein stattlicher Mann mit einem ebenso stattlichen Wohlfühlbäuchlein empfängt uns an der Eingangstür und auch er begrüßt zuerst Noah.

„Hey Champion!“ er gibt ihm High Five und dann nimmt er mich in den Arm.

„Hallo Prinzessin! Es ist schön, dass ihr hier seid.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Wange und ich lächele ihn glücklich an.

„Wir freuen uns wirklich hier zu sein.“ Ich schlinge meine Arme um seinen Hals und drücke ihn fest.

Mein Dad ist mein Held, mein Ritter in schimmernder Rüstung und ich bin sein kleines Mädchen…

So muss das sein, oder?

„Wie oft musstest du Nudeln essen?“ ich lasse ihn eine wenig los und er verdreht die Augen.

„Frag lieber nicht. Der hier…“ er deutet auf seinen Bauch „… kommt nicht von ungefähr.“

„Ach Daddy.“ Ich lächle ihn an und ziehe dann meine Jacke aus.

Auch er begrüßt Lucy und Declan und wir gehen ins Wohnzimmer. Sofort fühle ich mich in meine Kindheit zurück versetzt, der viel zu große Weihnachtsbaum mit den weinroten und silbernen Kugeln und den Unmengen an Lametta, das man allein bei dem Anblick schon eine Bleivergiftung bekommt. Die Teelichter überall und der Duft von Räucherkerzen.

„Schau Mal Noah, das hat der Weihnachtsmann bei uns abgegeben.“ Meine Mum reicht ihm ein Päckchen und er bekommt große Augen.

„Echt?“ fragt er erstaunt und sieht zu meinem Dad, der lebhaft nickt.

„Ja, wir mussten ihm versprechen, dass du es auch wirklich bekommst.“ erwidert dieser ernst und Noah sieht nun mich an, ich nicke leicht und er beginnt das Papier aufzureißen. Ein riesiges Malbuch und eine Megapackung Filzstifte kommen ans Licht und er strahlt.

„Wow, so viele Farben!“ Er betrachtet fasziniert die Stifte.

„Vor dem Mittagessen haben wir ja noch Zeit. Wollen wir sie ausprobieren?“ mein Dad sieht ihn an und natürlich ist Noah sofort Feuer und Flamme.

Die beiden setzen sich einträchtig an den Tisch im Wohnzimmer und ich weiß, dass ich Noah wohl in den nächsten ein, zwei Stunden nicht zu Gesicht bekommen werde.

Lucy, Declan und ich folgen meiner Mum in die Küche und ich schaue erst einmal in alle Töpfe.

„Finger weg.“ Schimpft meine Mum und stellt uns Dreien jeweils eine Tasse Kaffee auf den Tisch.

„Ich will doch nur nachschauen.“ Wehre ich mich und setze mich dann doch lieber hin.

Meine Mum mit einem Holzlöffel in der Hand ist keine gute Kombination.

„Ach Lucy, ich habe heute Morgen schon mit deiner Mum gesprochen, sie hat sich noch ein paar Rezepte für Noah geben lassen.“ Meine Mum sieht zu Lucy.

„Also verhungern wird der Zwerg nicht.“ Sie zuckt mit den Schultern.

Lucys und meine Eltern kennen sich schon Jahrzehnte und ihre Eltern wohnen nur 10 Minuten entfernt in Ross. Lucy und ich waren schon im Kindergarten die besten Freundinnen und ich möchte sie wirklich nicht missen. Wer weiß, wie farblos und trist mein Leben ohne sie wäre…

Selbst als ich meine Ausbildung zur Krankenschwester und sie ihre zur Restaurantfachfrau gemacht hat, haben wir uns nicht aus den Augen verloren und vor 3 Jahren haben wir dann beschlossen zusammen zu ziehen. Es war eine spontane Idee, aus einer Laune heraus und ich bereue sie nicht eine Sekunde.

„Und Declan, wie sieht es bei dir aus?“ meine Mum sieht ihn fragend an.
„Sehr gut Mary, ich habe den Job in der Autowerkstatt endlich fest bekommen.“ Er grinst sie an.

„Du bist eben ein geschicktes Kerlchen.“ Neckt sie ihn und er lacht.

„Danke.“ Er verbeugt sich leicht und nun lacht meine Mum.

Schon früher waren meine Freunde viel bei mir, meine Mum liebte es Alle zu bekochen und zu verwöhnen. Lucy und Declan sind keine Ausnahmen und Lucy ist sowieso die zweite Tochter.

Wir unterhalten uns über alles Mögliche und dann ist das Essen endlich fertig. Wir helfen alle beim Tisch decken und ich gehe zu meinem Dad und Noah ins Wohnzimmer.

„Essen!“ rufe ich und Noah und Dad schauen von ihrem Meisterwerk auf.

„Schau mal Elle!“ er hält das Buch hoch „Charlie und ich haben das toll gemacht, oder?“ er sieht zu meinem Dad und dieser grinst.

„Ja Elle, das haben wir toll gemacht, oder?“ ahmt er Noah nach und ich lache.

„Das haben meine beiden Lieblingsmänner ganz hervorragend gemacht.“ gebe ich zu „Und jetzt Hände waschen und essen kommen.“ Ich klatsche in die Hände und Noah springt auf, fragend sieht er zu meinem Dad.

„Charlie, du musst auch Hände waschen.“ Er nimmt ihn an die Hand und während ich lachend ins Esszimmer gehe, zieht Noah meinen Dad ins Bad.

„Wo sind die Beiden?“ meine Mum sieht mich fragend an.

„Noah und Daddy gehen sich die Hände waschen. Stell dir vor, Daddy wollte sich davor drücken.“ lache ich.

„Natürlich hat Noah das nicht zugelassen.“ erahnt sie und ich nicke.

Als die Beiden dann auch endlich am Tisch sitzen, bitte ich Noah das Tischgebet zu sprechen.

„Lieber Gott im Himmel…“ beginnt er und schließt konzentriert seine Augen „Ich will Danke sagen. Danke für Mary, Charlie, Lucy und Declan. Ein extra großes Danke dafür, dass du Elle zu mir geschickt hast. Ich habe sie ganz, ganz doll lieb und ich will, dass sie nie mehr weg geht. Auch musst du dem Weihnachtsmann sagen, dass dieses Jahr das allerbesteste Weihnachtsfest ist und alle meine Wünsche sind wahr geworden. Mach dir keine Sorgen um mich, hier unten passen alle auf mich auf. Dann sage ich natürlich noch Danke für das Essen und das Trinken. Bis bald dein Noah. Amen!“ er sieht mich an und ich schlucke schwer.

Mein Dad ergreift meine Hand und drückt sie sanft.

„Das war ganz toll Noah!“ lobt meine Mum ihn und füllt ihm Nudeln auf.

„Guten Appetit.“ Declan klatscht in die Hände und wir fangen lachend an unsere Teller zu beladen.

Nach dem Essen gehen wir, nachdem wir unser Geschirr in die Geschirrspülmaschine gestellt haben, alle ins Wohnzimmer. Noah kuschelt sich auf meinen Schoß und nach seinen Tabletten fallen ihm die Augen zu. Gedankenverloren starre ich aus dem Fenster hinaus auf das tobende Meer. So ruhig wie jetzt trifft man uns alle eigentlich nur nach dem Essen an…

Alle satt und zufrieden.

„Hast du noch mal mit dem Jugendamt gesprochen?“ mein Dad sieht mich prüfend an und ich unterdrücke meine Tränen.

„Ich bin nicht gut genug. Sie haben mich zum wiederholten Male abgewiesen.“ Sage ich leise und er haucht mir einen Kuss auf den Scheitel.

„Lass dir niemals einreden du bist nicht gut genug meine Prinzessin…“ er streicht mir über die Haare „…Du bist das Besteste, was Noah passieren konnte, das Allerbesteste.“ Er grinst.

Für Noah ist ’Besteste’ das Wort überhaupt, egal wie oft ich ihm erkläre, dass es dieses Wort gar nicht gibt…

Das Besteste ist besser als gut, besser als irgendetwas anderes auf der Welt. Es gibt nur eine Steigerung: Allerbestestes.

Ich küsse Noahs Scheitel und er regt sich leicht in meinem Arm.

„Nein Daddy, er ist das Allerbesteste, was mir passieren konnte.“ erwidere ich und drücke ihn fest an mich.

Nachdem Noah ausgeschlafen hat, spielen wir alle noch ein bisschen mit ihm und gegen Abend machen wir uns mit gefühlten 100 Tupperdosen auf den Weg nach Hause.

Noah schläft im Auto ein und ich muss ihn zu Hause für seine Tabletten und seine Infusion wecken. Er ist ein wenig nörgelig, aber schläft schnell weiter, nachdem ich ihn seinen Pyjama angezogen und ihn verkabelt habe.

Declan zeigt uns das Video vom Vortag und ich sehe gerührt auf den Bildschirm. Noah freut sich so sehr und mein Herz krampft sich zusammen. Ich will wirklich nicht weinen, aber ich kann nicht verhindern, dass mir eine Träne übers Gesicht läuft.

„Hey Elle…“ Declan nimmt mich fürsorglich in den Arm „Egal was passiert, er hatte das schönste Weihnachtsfest aller Zeiten. Das Allerbesteste eben.“ Er hält mich in seinen Armen und immer mehr Tränen laufen mir übers Gesicht. Er wiegt mich in seinen Armen und ich sehe auf in seine grasgrünen Augen.

„Ich danke euch so sehr.“ flüstere ich „Ohne euch, wäre das alles nicht möglich.“

„Ach was…“ er lächelt leicht und seine strahlend weißen Zähne blitzen mich an. „Für Noah tun wir alles und das weißt du.“

„Ja.“ Ich kuschele mich an seine Brust.

Declan ist nur halb so ausgeflippt wie Lucy… eigentlich ist er gar nicht ausgeflippt, sondern eher bodenständig, aber genau das ist es, was Lucy braucht. Schließlich hat sie Energie für mindestens 5 ausgewachsene Menschen und es passt wirklich gut, dass Declan so ausgeglichen ist. Alles andere würde in einer Katastrophe enden…

Gegensätze ziehen sich an und das ist auch gut so.

Nach einer Weile habe ich mich beruhigt und sehe ihn entschuldigend an.

„Nun schau nicht so Elle.“ er wischt die letzten Tränen weg „Weihnachten ist nun mal das Heulfest.“ grinst er.

„Du bist unmöglich.“ schniefe ich.

„Genau deswegen liebst du mich ja.“ gibt er zurück und ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange.

„Ja Deco, genau deswegen liebe ich dich.“ bestätige ich ihm und er lächelt. „Du wirst um ihn kämpfen und du wirst gewinnen.“ Versichert er mir.

Wie gerne würde ich ihm glauben…

Aber ich werde so schnell nicht genügend finanzielle Mittel aufbringen können und heiraten in so kurzer Zeit?

Wohl eher nicht, ich will schließlich nur einmal im Leben heiraten und dann auch nur aus Liebe…

Der nächste Tag bei Lucys Eltern zusammen mit ihren drei Schwestern und deren Familien wird laut, bunt und chaotisch. Lucy alleine reicht ja schon um Chaos zu stiften, aber Lucy hoch drei ist Katastrophenalarm Güteklasse A. Aber Noah hat Spaß und das ist die Hauptsache…

Dass er am Abend wie erschlagen ins Bett fällt, muss ich nicht extra erwähnen.

Am 28. Dezember bringe ich ihn zurück ins Krankenhaus und er schart seine Geschenke um sich, wie Schätze. Er erzählt jedem, was ihm der Weihnachtsmann alles gebracht hat und dabei ist es egal, ob der- oder diejenige ihm überhaupt zuhört.

Er ist aufgedreht und kaum zu bremsen, er wirkt wie ein ganz normaler 3-jähriger…

Auch die anderen Kinder hatten wunderbare Weihnachten und ich darf mir in jedem Zimmer die Geschichten der Weihnachtsfeste anhören und mir die Geschenke zeigen lassen.

Es ist wirklich schön. Viel zu selten ist es so fröhlich auf der Station und ich genieße es.

Ich habe in der Silvesternacht zwar keinen Dienst, aber dennoch verbringe ich ihn auf Station. Lucy und Declan sind nur nach endlosen Diskussionen auf die Party eines Freundes gegangen und ich gönne ihnen einen Abend mit Spaß, Alkohol und unseren Freunden aus ganzem Herzen.

Ich stapele alle möglichen Kissen im Spielzimmer und sehe um Mitternacht mit den Kindern das Feuerwerk über Ballina durch das große Panoramafenster.

Mein Blick schweift über die Kinder und Eltern, die schon alle Freunde geworden sind, weil sie so viel Zeit hier verbringen. Schlagartig trifft mich der Gedanke, dass nicht alle der Kinder ein weiteres Silvester erleben werden. Es ist schwer, einen seiner Schützlinge zu verlieren und ich schlucke. Ich weiß nicht, ob Noah ein weiteres Silvester vergönnt ist…

Er strahlt mich an und gibt mir einen Kuss.

„Du sollst das Besteste neue Jahr haben.“ Er sieht mich an und ich drücke ihn an mich.

„Du auch Baby! Das Allerbesteste!“ lächle ich.

Wir stoßen alle mit Kindersekt an und die Kinder sind selig.

Eine Stunde später sitze ich mit den da gebliebenen Eltern im Schwesterzimmer und wir genehmigen uns einen Tee, da alle Kinder friedlich schlafen. Wir haben beschlossen, sie im Spielzimmer zu lassen und haben sie alle zugedeckt.

„Das war wirklich schön, danke Elle.“ Die Mum von Oliver schenkt mir ein dankbares Lächeln.

„Gern geschehen. Hauptsache die Racker hatten Spaß.“ Ich zwinkere ihr zu.

„Das hatten sie.“ Sie sieht zum Spielzimmer.

Ich schlucke schwer, warum wird einem immer in solchen Momenten bewusst, wie vergänglich das Leben ist?

Ganz einfach, ich habe mir meinem Beruf ausgesucht… ich bin mit Leib und Seele Krankenschwester und habe mir wirklich gut überlegt, ob ich dem Dienst auf der Kinderkrebsstation gewachsen bin. Ich habe beschlossen, dass ich stark genug bin, auch wenn ich sehr oft an meine Grenzen stoße…

Dann hat uns der Alltag wieder, die Chemotherapien und Behandlungen gehen wieder los. Es wird wieder ruhiger auf Station und das Lachen der Feiertage verhallt in den langen Korridoren. Ich wünschte mir, es wäre immer Weihnachten…

Das erste Januarwochenende habe ich Dienst und ich nutze die Wochenenddienste immer gerne, um etwas Besonderes mit den Kindern zu machen. Dieses Mal habe ich einen großen Kasten Fingerfarben gekauft und es ist ein Spaß den Kindern beim Gestalten ihrer Meisterwerke zuzusehen.

Da ich nach einem Wochenenddienst in der darauf folgenden Woche immer zwei frei Tage habe, beschließe ich diese am Dienstag und Freitag zu nehmen, um so ein verlängertes Wochenende zu haben. Dieses Wochenende werden Noah und ich von Marc abgeholt und ich freue mich wirklich darauf. Zum einen freue ich mich, dass Noah ein tolles Erlebnis mit den Pferden haben wird und zum anderen freue ich mich, Marc wieder zu sehen.

Den Dienstag nutzen ich und Lucy, um unsere Wohnung wieder in ihren Ursprungszustand zurück zu versetzen und das Weihnachtszeug zu verstauen.

Als ich am Mittwochmorgen zu meiner Schicht komme und Philipp gleich auf mich zu kommt, habe ich sofort ein ungutes Gefühl in der Magengegend.

„Was ist mit ihm?“ frage ich.

„Er hatte eine kleine Hirnblutung…“ er sieht mich an und ich schließe gequält die Augen „… Wir haben es unter Kontrolle. Wir haben ihn gleich operiert und er schläft jetzt. Wahrscheinlich wird er die nächsten Tage noch angeschlagen sein, aber er wird wieder.“ versucht er mich zu beruhigen.

Ich arbeite meinen normalen Dienst auf der Station und schaue immer wieder nach Noah. Ich kann mich nicht dazu durchringen, nach meinem Dienst nach Hause zu fahren und setze mich zu ihm ans Bett.

„Hey Baby…“ ich nehme seine kleine Hand in meine „Ich lese dir ein wenig vor, ja?“ ich nehme sein neues Buch vom Nachttisch und lese ihm die Geschichten von Leo dem Löwen vor. Jedes Mal wenn er eine OP hinter sich hat braucht er mehrere Tage, um sich davon zu erholen. Diese Phasen werden mit jeder OP länger und ich weiß, was das bedeutet. Das ist nicht gut, sein kleiner Körper braucht immer länger, um sich zu regenerieren. Ein großes Pflaster klebt auf seiner linken Schläfe, aber dieses Mal mussten sie ihm wenigstens seine Haare nicht abrasieren, er ist so stolz, dass seine dunkelblonden Locken schon wieder ein ganzes Stück gewachsen sind und er sich auch mal ohne Mütze zeigen kann.

Am Abend lässt Annie mir ein Zustellbett in sein Zimmer bringen und ich verbringe die Nacht bei ihm. Erst am Donnerstagnachmittag kann Annie mich überreden nach Hause zu fahren und Lucy empfängt mich, als ich den Schlüssel im Schloss herum drehe. Natürlich ist sie auf dem Laufenden, was Noah angeht und sie nimmt mich erst einmal in den Arm.

Sie bugsiert mich auf die Couch.

„Du musst dein Treffen mit Marc absagen.“ erinnert sie mich und ich schlage mir mit der flachen Hand an die Stirn.

„Kannst du mir jetzt mal sagen, wie ich ihn erreichen soll?“ ich sehe zu Lucy und sie denkt angestrengt nach.

„Ruf einfach bei McKenzie Industries an. So viele mit dem Namen Marc wird es da schon nicht geben.“ Sie reicht mir das Telefon.

„Wie du meinst.“ Ich wähle die Nummer der Auskunft, es ist ja nicht so, dass ich schon mal bei McKenzie Industries angerufen hätte.

„McKenzie Industries, Telefonzentrale, mein Name ist Peter Hannigan. Wie kann ich ihnen helfen?“ ertönt kurz darauf eine freundliche Stimme, nachdem ich mich habe weiter verbinden lassen.

„Guten Tag, mein Name ist Eleanor Filan. Können sie mir sagen, ob ein Marcus bei ihnen arbeitet? Er müsste im Vorstand sitzen.“ Frage ich verunsichert.

„Haben sie einen Nachnamen?“ fragt der Mann höflich.

„Leider nein.“ Gebe ich zu.

„Warten sie einen Moment.“ Ich höre, wie er auf seiner Tastatur herum tippt.

„Miss Filan? Ich habe nur einen Marcus, der im Vorstand sitzt.“ Entschuldigt er sich.

„Wäre es dann möglich ihn zu sprechen?“ frage ich zögerlich.

„Einen Moment, ich verbinde sie.“ Ich höre ein Klicken in der Leitung und Warteschleifenmusik ertönt.

„Büro Marcus McKenzie, ich bin Miranda Ford. Wie kann ich ihnen helfen?“ ertönt die Stimme einer Frau und ich schlucke.

Marcus McKenzie?

So wie McKenzie Industries?

Oh mein Gott…

„Hallo?“ fragt die Frau nun verwirrt.

„Entschuldigung, mein Name ist Eleanor Filan, wäre es möglich kurz mit Mr. McKenzie zu sprechen?“ meine Stimme zittert und Lucy sieht mich mit großen Augen an.

„Worum geht es Miss Filan? Haben sie einen telefonischen Termin?“ erkundigt sie sich nun nicht mehr ganz so freundlich.

„Nein…“ stottere ich „Ich müsste ein Treffen mit ihm am Wochenende absagen.“

„Dann kann ich sie nicht durchstellen, aber ich werde es ihm ausrichten.“ Gibt sie mir nun mit Nachdruck zu verstehen.

„Danke.“ Erwidere ich perplex und dann klickt es auch schon in der Leitung.

„Heilige Scheiße, Marc ist Marcus McKenzie?“ Lucy sieht mich an und ich nicke. Immer noch starre ich das Telefon in meiner Hand an.

„Was ist denn mit euch los?“ Declan kommt herein und sieht mich und Lucy fragend an.

„Elle hat gerade heraus gefunden, das ihr Marc doch tatsächlich Marcus McKenzie ist.“ Erklärt Lucy ihm ehrfürchtig.

„Abgefahren…“ Declan setzt sich zu Lucy auf die Couch „Ich wusste ja schon immer, das Elle einen sehr auserwählten Geschmack hat, was Männer angeht, aber einen Multimillionär?“

„Hör auf mit dem Scheiß.“ rügt Lucy ihn.

„Das ist ein Spaß…“ ich schüttele ungläubig meinen Kopf.

„Das haben wir gleich…“ Declan nimmt sein Handy in die Hand und sucht einen Moment, dann hält er mir ein Bild vor die Nase und auf dem Bild ist unverkennbar Marc. Darunter steht in deutlichen, schwarzen Buchstaben

Marcus Aaron McKenzie, CEO McKenzie Industries

Ich schließe meine Augen.

„Gott bin ich dämlich…“ ich schlage mir erneut mit der flachen Hand an die Stirn.

„Hör auf dich selbst zu geißeln…“ grinst Declan.

„Ich habe ihn nicht einmal nach seinem Nachnamen gefragt.“ Ich schüttele über meine eigene Dummheit den Kopf.

„Wer kann so etwas auch ahnen? Mann, der ist gerade mal 31 und leitet ein Riesenimperium. Ehrlich Elle, ich hätte das auch nicht vermutet.“ versucht er mich zu beruhigen.

„Ich hätte fragen müssen.“ Ich sehe ihn mit großen Augen an.

„Elle, atme erst einmal durch.“ Declan lächelt leicht.

„Deco, mir ist nicht nach…“ setze ich an.

„Dir ist nicht nach atmen?“ sein lächeln wird immer breiter.

„Gott Deco!“ stöhne ich auf.

Plötzlich klingelt das Telefon in meiner Hand und ich lasse es vor Schreck auf den Fußboden fallen. Zum Glück hat das Ding schon weitaus mehr durchgemacht und klingelt unerschrocken weiter. Nur Chimney straft mich mit einem Blick und springt auf die Lehne der Couch.

Lucy verdreht die Augen und hebt das Telefon auf, um ran zu gehen.

„Connely und Filan. Zentrale der Irrenanstalt Ballina Süd.“ Meldet sie sich lachend.

„Ja klar…“ stottert sie plötzlich und wird fast so rot wie ihr Pony. „Für dich.“ Sie hält mir das Telefon hin, ich sehe sie verständnislos an und mache keine Anstalten ihr das Telefon abzunehmen.

„Geh endlich ran!“ zischt sie und ich nehme das Telefon in die Hand.

„Filan.“ frage ich eher, als ich sage.

„Hallo Elle, hier ist Marc.“ ertönt eine mir bekannte Stimme und das Telefon hätte beinahe ein zweites Mal mit dem Fußboden Bekanntschaft gemacht.

„Hallo?“ fragt er, nachdem ich nichts sage.

„Hallo.“ kommt es endlich von mir und Lucy und Declan atmen beide erleichtert aus.

„Wir lassen dich mal kurz alleine.“ Declan zieht Lucy von der Couch und sie schenkt ihm einen durchdringenden Blick.

„Meine Güte Lucy, Elle braucht auch mal Privatsphäre.“ lacht er und zieht sie unerbittlich in den Flur.

„Hallo Marc.“ sage ich unsicher.

„Sorry wegen eben, meine Sekretärin hat es nur gut gemeint.“ entschuldigt er sich.

„Kein Problem, du bist bestimmt viel beschäftigt.“ erwidere ich und wünsche mir sehnlichst, meine Stimme würde sicherer klingen.

„Es tut mir leid Elle.“ kommt es reuevoll.

„Schon gut…“ versuche ich ihn zu beruhigen.

„Nein Elle, ich war nicht ehrlich zu dir…“ er atmet tief durch „Aber genauso viele Türen wie mein Name öffnet, schließt er auch. Manchmal will ich einfach nur Marc sein.“ gibt er zu.

„Bist du doch.“ gebe ich ehrlich zurück.

„Nein, egal wie sehr ich mich anstrenge, ich werde nie einfach nur Marc sein können.“ seine Stimme klingt traurig. „Deswegen hast du doch abgesagt, oder?“

„Nein. Wie kommst du denn darauf?“ beeile ich mich zu sagen „Bis vor 10 Minuten wusste ich deinen Nachnamen nicht.“

„Aber warum sagst du denn ab?“ fragt er vorsichtig.

„Noah geht es nicht gut. Er musste gestern operiert werden und ist einfach zu schwach für einen Ausflug.“ meine Stimme klingt ruhig und monoton, aber ich schlucke schwer.

„Oh mein Gott Elle…“ er klingt wirklich besorgt „Wie geht es ihm? Und wie geht es dir?“

„Er ist stabil, ich war letzte Nacht die ganze Nacht da. Er schläft viel, aber Philipp, unser Stationsarzt meint in drei, vier Wochen hat er sich wieder erholt.“ erkläre ich ihm. ’Wenn dann nicht wieder was Neues kommt…’ füge ich in Gedanken hinzu.

„Und wie geht es dir?“ erkundigt er sich mitfühlend.

„Ganz okay. Er hat mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt.“ gebe ich zu.

„Darf ich euch denn am Wochenende im Krankenhaus besuchen?“ bittet er mich.

„Du würdest dich nur langweilen.“ Ich schüttele meinen Kopf.

Was soll er im Krankenhaus?

Noah schläft fast nur und muss sich erholen…

„Nein, glaub mir, ich möchte euch wirklich gerne besuchen.“ bittet er mich nur eindringlich.

„Du weißt ja, wo du uns findest.“ gebe ich schließlich nach.

„Danke.“ kommt es erleichtert und ich lächle ganz zaghaft.

„Am Sonntag?“

„Dann bis Sonntag.“ antworte ich.

„Er wird wieder, ganz bestimmt.“ macht er mir Mut.

„Er ist ein Kämpfer.“ bestätige ich ihm.

„Bis Sonntag Elle.“ verabschiedet er sich.

„Bis dann Marc.“ Ich lege auf und Lucy kommt sofort ins Wohnzimmer gestürzt.

„Und?“ sie lässt sich auf die Couch plumpsen.

„Nun tu nicht so, als hätte ich wirklich Privatsphäre gehabt.“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch.

„Er kommt also am Sonntag ins Krankenhaus?“ sie grinst.

„Ja, scheint so.“ gebe ich zurück und lege das Telefon auf den Tisch.

„Freust du dich denn nicht ihn wiederzusehen?“ sie legt ihren Kopf schief.

„Ich weiß nicht…“ ich fahre mir durch die Haare „… Mein Gott, er ist Marcus McKenzie.“

„Und?“ sie zuckt mit den Schultern und nimmt Chimney vom Boden hoch. Sie krault sie und das weiße Fellknäuel rollt sich auf ihrem Schoß zusammen.

„Er sagt, er will manchmal einfach Marc sein…“ ich sehe sie skeptisch an „… Aber ich weiß nicht, ob ich wirklich ausblenden kann, wer und was er ist.“ gestehe ich.

„Bisher war er doch auch einfach nur Marc.“ Lucy krault die schnurrende Chimney am Kopf.

„Da wusste ich auch nicht, wer er wirklich ist.“ kontere ich.

„Schön und gut, er hat mehr Geld, als ein normaler Mensch ausgeben kann, aber ehrlich, ändert es etwas daran, wer er ist?“ sie fixiert mich.

„Eigentlich nicht.“ gebe ich zu.

„Siehst du.“ triumphiert sie „Lass ihn einfach Marc sein.“

„Ich gebe mir Mühe.“ verspreche ich. „Wo ist eigentlich Deco hin?“

„Die Werkstatt hat angerufen…“ sie verdreht die Augen „Er musste hin.“

„Oh Mann, ohne Deco läuft ja gar nichts…“ ich grinse und sie erwidert es.

„Und jetzt gehst du duschen und dann ins Bett. Ganz ehrlich Elle, du siehst Scheiße aus.“ Sie betrachtet mich eingehend und ich sehe zur Uhr, kurz nach 17 Uhr.

„Na danke auch.“ Ich reibe meine Augen. Klar habe ich gestern Nacht bei Noah geschlafen, aber viel Schlaf habe ich nicht bekommen. Irgendeins seiner Geräte sprang ständig an und ich saß jedes Mal aufrecht im Bett.

„Ich habe dich lieb!“ ruft sie mir hinterher, als ich aus dem Wohnzimmer trotte.

„Ja, ja…“ lache ich und genehmige mir dann wirklich erst einmal eine heiße Dusche. Mein Nacken ist von der Nacht auf dem Beistellbett völlig verspannt und ich frage mich, wie manche Eltern es aushalten wochenlang auf denen zu schlafen.

Als ich aus der Dusche trete, fühle ich mich zwar besser, aber ein Blick in den Spiegel zeigt mir, dass ich nicht ein Stück besser aussehe.

Meine dunkelblauen Augen sind rot und weisen ordentliche Augenringe auf.

Hmm Lucy hat Recht, ich sehe wirklich Scheiße aus.

„Ich leg mich hin.“ Ich strecke den Kopf ins Wohnzimmer.

„Schlaf schön.“ ruft mir Lucy zu und spielt weiter mit Chimney. Sie hat irgendein Geschenkband gefunden und Chimney jagt es wie wild.

Ich gehe nur mit einem Handtuch in mein Zimmer und ziehe mir ein Shirt und eine dünne lange Hose an, ehe ich unter meine Bettdecke krabbele.

Ich schlafe fast augenblicklich ein und habe Mühe mich zu orientieren als mein Wecker am nächsten Morgen klingelt.

Gott, habe ich wirklich gerade 13 Stunden am Stück geschlafen?

Ich rappele mich auf und tapse im Dunklen ins Bad. Nur mühsam unterdrücke ich ein Gähnen und putze meine Zähne. Meine Augen sehen schon besser aus, aber dafür gleicht mein Haar einem Vogelnest. Ich sollte wirklich nicht mit nassen Haaren schlafen gehen…

Nachdem ich es irgendwie geschafft habe mir einen Zopf zu flechten und mich annähernd wie einen Menschen herzurichten, gönne ich mir ein kleines Frühstück, bestehend aus Müsli und einem Toast.

Ich ziehe mir meine Winterjacke an, binde meine Schal um und setze meine dicke Wollmütze auf.

Als ich auf die Straße trete, traue ich meinen Augen nicht. Es hat geschneit!

Oh Mann, ich sollte ab und zu mal aus dem Fenster sehen.

Ich befreie mein Auto vom Schnee und krieche zur Arbeit, dass mein Auto mit Schnee nicht wirklich klar kommt, lasse ich jetzt einfach mal weg.

Als ich endlich auf Station ankomme, werde ich von Annie und Lory mit einer Tasse Kaffee begrüßt.

„Hast du dich ein wenig erholt?“ Annie betrachtet mich eingehend.

„Ein wenig.“ gebe ich zurück. „Wie geht es Noah?“

„Er war gestern Abend kurz wach. Er hat nach dir gefragt und ich habe ihm gesagt, dass du nur kurz zu Hause bist, um zu duschen. Er ist gleich wieder eingeschlafen, seitdem ist alles ruhig.“ erklärt mir Lory und ich nicke ihr dankbar zu.

„Was liegt heute an?“ ich sehe auf unseren Tagesplan, auf dem sind alle Chemotherapien und andere Behandlungen vorgemerkt und jeder von uns hat vier Patienten, die er zu betreuen hat.

„Du musst Oliver in die Radiologie bringen. Sein dritter Chemoblock startet heute.“ Lory sieht mich an und ich nicke.

„Die neuen Laborwerte von Josh sind da, die sehen super aus.“ Annie reicht mir eine Akte und ich überfliege die Zahlen.

„Scheint so, als würde er uns bald verlassen können.“ grinse ich.

Das sind die wirklich schönen Momente… Die Momente, wenn man begreift, dass ein Kind wirklich geheilt ist.

„Peter und Amy haben noch Pause und ich denke ihre Eltern werden sie heute für ein paar Tage mit nach Hause nehmen können.“ Annie sieht mich an und reicht mir dann eine weitere Akte.

„Aber Noah ist doch heute dein Patient?“ ich sehe sie mit einem Blick auf die Akte fragend an.

„Bevor du mir ständig dazwischen pfuschst…“ sie lächelt und ich schicke ihr einen Handkuss.

„Danke Annie, du bist die Beste.“ freue ich mich.

„Das weiß ich, wäre ja schlimm, wenn nicht.“ gibt sie zurück und wir trinken unseren Kaffee aus und besprechen auch die anderen kleinen Patienten kurz. Dann kommt Philipp und die Morgenvisite startet.

Ehe ich mich versehe sind wir an Noahs Zimmer angekommen und gehen leise hinein. Die Sonne scheint gedämpft durch die geschlossenen Vorhänge, aber er macht die Augen auf, als wir reinkommen.

„Elle.“ Flüstert er und ich streiche ihm über die Stirn.

„Er hat seit gestern Abend leichte Temperatur.“ Ich sehe zu Philipp und dieser studiert die Akte.

„Ja, ich sehe es. Na, Noah. Wie geht es deinem Kopf?“ er setzt sich auf die Bettkante und Noah sieht ihn müde an.

„Aua.“ sagt er leise.

„Ich weiß, Kleiner. Ich gebe dir was, damit das Aua nicht mehr so schlimm ist und dann ruhst du dich noch ein wenig aus, ja?“ Er streicht ihm seinen Pony aus der Stirn und überprüft, ob das Pflaster noch richtig sitzt.

„Ich komme später wieder Baby.“ verspreche ich ihm und hauche ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Muss ich mir wegen dem Fieber Sorgen machen?“ ich sehe Philipp an. Fieber kann alles bedeuten oder eben nichts…

„Nein, seine Werte sehen gut aus. Er bekommt ein stärkeres Schmerzmittel und wird wohl noch ein paar Tage müde sein. Wir lassen ihn an der künstlichen Ernährung und an den Infusionen, in ein paar Tagen ist der ganze Spuk vergessen.“ Er klopft mir leicht auf die Schulter und ich sehe ihn dankbar an.

Ehe ich mich versehe ist Freitagnachmittag und obwohl ich keinen Dienst habe bin ich mal wieder auf Station. Ich schaue nach Oliver und seiner Mum und spreche ihnen Mut zu. Die ersten Tage der Chemo sind die Schlimmsten und egal wie oft man das mitmacht, es ist schwer zu verstehen, dass es den Kindern immer erst schlechter geht, ehe es wieder besser wird.

Gegen Abend kommt Declan vorbei und liest Noah vor, während ich und Lucy einkaufen fahren und das Abendessen vor bereiten.

Als Declan kommt, essen wir die selbstgemachte Pizza und genehmigen uns einen faulen Abend vor dem Fernseher. Am Samstag schlafe ich fast bis 9 Uhr und Lucy und ich starten einen Großputz, am Abend fahren wir noch alle zu Noah und er freut sich uns zu sehen, auch wenn er gleich weiter schläft. Am Sonntag bin ich wie gewohnt um 7 Uhr wach und trödele ein wenig herum. Das erste Mal seit fast 2 Wochen fühle ich mich annähernd ausgeruht… Ich ziehe mir eine dunkelblaue Jeans und ein hellrosanes, einfaches Shirt an. Da ich heute ja nur Privat im Krankenhaus bin, lasse ich meine langen Haare mal offen und sie fallen mir glatt und seidig bis zur Mitte meines Rückens. Ich packe Noah ein wenig von der eingefroren Pasta meiner Mum ein und mache mich auf den Weg. Marc und ich haben keine Zeit vereinbart und ich habe nicht die geringste Ahnung, wann er auftaucht.

Als ich Noahs Zimmer betrete sind die Vorhänge geöffnet und das Zimmer wirkt nicht mehr so deprimierend, wie die letzten Tage.

„Hey, Baby!“ ich setze mich auf sein Bett. Er sieht in diesem großen Krankenhausbett immer so verloren zwischen der hellblauen Bettwäsche aus und ich streiche ihm den Pony aus der Stirn.

„Hey Elle.“ nuschelt er.

„Ich habe dir Nudeln von Mary mitgebracht und sie und Charlie grüßen dich ganz lieb, ich soll dir einen ganz dicken Kuss geben.“ Ich beuge mich über ihn und hauche ihm einen Kuss auf die Stirn.

Er wirkt heute wacher, als die letzten Tage, aber dennoch ist er noch weit davon entfernt, der fröhlich herum hopsende kleine Kerl zu sein, den ich so sehr liebe.

„Meinst du, du willst heute mal was essen?“ ich sehe ihn fragend an.

„Mal gucken.“ gibt er zurück und zieht mich zu sich.

Ich ziehe meine Sweatjacke aus und lege mich zu ihm ins Bett. Für den Augenblick zufrieden, kuschelt er sich an mich und ich betrachte ihn. Er sieht blass aus und hat seine Augen schon wieder geschlossen. Der Sauerstoffschlauch in seiner Nase zischt ganz leise und die unzähligen Kabel, die von ihm ausgehen zeigen ganz deutlich, wie krank er ist…

Mein armes kleines Baby…

Ich lehne mich nach hinten und nehme sein Buch zur Hand, um ihm vorzulesen.

Nach der ersten Geschichte bin ich dann diejenige, die gähnt und ich lege es wieder zur Seite, um den Fernseher anzuschalten. Es läuft natürlich nur Müll, aber ich lasse mich einfach nur berieseln.

Es klopft leise und im nächsten Moment steht Marc in der Tür.

Er sieht so anders aus, ohne seinen Anzug…

Er trägt eine verwaschene Jeans und unter seinem dunkelgrauen Mantel einfach nur einen dünnen hellgrauen Pullover mit V-Ausschnitt. Er wirkt dieses Mal wirklich, wie 31 und unsere Blicke treffen sich. Haselnussbraun trifft auf Kobaltblau und wir verharren in unseren Bewegungen.

„Komm rein.“ sage ich leise und er sieht besorgt zu Noah.

„Hey, Baby…“ ich streiche Noah über den Kopf „Schau mal, du hast Besuch.“ wecke ich ihn sanft und er schlägt die Augen auf.

Er sieht Marc und lächelt ein wenig.

„Hallo Marc. Wo sind die Pferde?“ er kommt leicht hoch.

„Die sind bei meinen Eltern zu Hause.“ erklärt dieser ihm lächelnd.

„Ach so.“ Noah lässt sich zurück auf sein Kissen sinken und schließt wieder die Augen.

„Er ist noch ziemlich geschafft.“ Erkläre ich Marc und entwinde mich Noahs Umarmung, der das mit einem Quengeln quittiert.

„Ich bleibe hier, Baby.“ flüstere ich ihm ins Ohr und er entspannt sich wieder.

Ich stehe auf und sehe Marc ein wenig unschlüssig an.

„Hallo Marc.“ sage ich schließlich und er lächelt erleichtert.

„Hallo Elle.“ Er macht einen Schritt auf mich zu und nimmt mich in den Arm.

Einen Moment bin ich überrascht von dieser Geste, aber im nächsten Moment erwidere ich sie.

„Es ist schön dich zu sehen.“ gesteht er leise und ich mache mich lächelnd von ihm los.

„Ich freue mich auch, dass du hier bist.“ Ich nicke leicht.

Doch wirklich, ich freue mich. Auch wenn ich mir in den letzten Tagen den Kopf darüber zerbrochen habe, wie ich ihm gegenüber treten soll. Jetzt ist es plötzlich ganz einfach, denn er ist einfach nur Marc und nicht Marcus McKenzie, der CEO.

„Kaffee?“ ich sehe ihn fragend an und er nickt lächelnd.

„Gerne.“

„Ich bin mit Marc kurz draußen. Wenn was ist, dann klingelst du, ja Baby?“ ich beuge mich zu Noah und er nickt verschlafen.

„Okay.“ flüstert er.

„Deine Jacke kannst du hier lassen.“ Ich deute auf meine Jacke, die ich über den Stuhl gelegt habe.

Er zieht seinen Mantel aus und legt ihn ebenfalls über den Stuhl, ehe er mir in den Gang folgt.

„Ich hole uns mal eben einen Kaffee aus dem Schwesternzimmer. Da hinten ist eine kleine Sitzecke.“ Ich deute den Flur entlang und er macht sich auf den Weg, während ich den Kaffee hole.

Niemals im Leben würde ich ihm einen aus der Cafeteria anbieten, ganz ehrlich, das, was die Kaffee nennen, gibt man nicht einmal seinen Feinden.

Ich hole zwei Tassen aus dem Schrank und fülle sie mit dem Inhalt der Kaffeemaschine und, da ich kein Unmensch bin, setze ich gleich Neuen auf.

Als ich um die Ecke komme sitzt Marc in der Sitzgruppe und sieht nach draußen. Noch immer ist alles weiß und der Winter zeigt sich mal von seiner schönen Seite. Er ist völlig in seinen Gedanken verloren und sieht wirklich nicht aus, wie ein knallharter CEO, eher wie der nette Mann von Nebenan. Nicht dass ich einen hätte…

„Darf ich stören?“ ich setze mich neben ihn und reiche ihm eine Tasse.

„Du störst nie.“ antwortet er lächelnd und seine braunen Augen mustern mich einen Moment lang.

„Mach mich nicht immer verlegen.“ wehre ich mich und reiße mich von seinem Blick los.

„Ich?“ er lacht und sein Lachen klingt befreit und ungezwungen.

„Wer denn sonst?“ ich sehe mich um. „Es ist nett, dass du vorbei kommst, auch wenn Noah noch müde ist.“ Ich sehe in meine Kaffeetasse.

„Geht es dem Kleinen wirklich gut? Ich meine…“ er bricht ab und ich sehe ihn an. Er ist wirklich besorgt.

„Wegen der ganzen Kabel?“ frage ich.

Ich kenne das schon, viele Eltern sind verängstigt, wenn sie ihre Kinder so sehen und Noah ist für ihn ja quasi ein Fremder, das kann schon verunsichernd wirken.

„Hmm.“ Er nickt leicht.

„Ja, es geht ihn besser. Gut noch nicht, aber wirklich besser. Die Kabel sind nur dazu da, damit es so bleibt und er bekommt Sauerstoff weil seine Atmung ein wenig Unterstützung braucht. Unser Stationsarzt hat mir heute versichert, das er spätestens in zwei Wochen wie der Alte ist.“ Ich lächle leicht.

„Das ist gut, ich meine das ist wirklich gut.“ Er atmet erleichtert aus.

„Warum bist du hier?“ ich lege meinen Kopf schief.

„Du bist direkt…“ er sieht mich anerkennend an.

„Warum sollte ich das nicht sein?“ ich nehme einen Schluck von meinem Kaffee.

„Na ja, am Telefon wirktest du ziemlich eingeschüchtert.“ gibt er zu.

„War ich…“ ich lache leise „Glaub mir, das war ich wirklich. Aber meine beste Freundin, mit der ich auch zufällig zusammen wohne, hat mir geraten, das ich dich einfach weiterhin einfach nur Marc sein lassen soll.“

„Schlaue Freundin.“ grinst er.

„Ja, und du bist auch ziemlich schlau. Geschickt vom Thema abgelenkt…“ ich zwinkere ihm zu. „Also einfach nur Marc, warum bist du hier?“

„Weil ich dich sehen wollte.“ gibt er zögernd zu.

Auf der einen Seite ist es genau das, was ich mir erhofft habe. Auf der anderen Seite, aber auch das, was ich befürchtet habe…

„Marc…“ ich drehe mich zu ihm „Versteh mich jetzt nicht falsch.“ bitte ich ihn „Ich finde dich wirklich attraktiv und ja, du gefällst mir…“

„Aber du hast einen Freund?…“ er sieht mich durchdringend an.

„Ja, so kann man es nennen. Er ist zwar gerade mal 90 cm groß und eigentlich noch kein richtiger Mann, aber ja Noah steht bei mir an erster Stelle. Ich weiß nicht, wie lange ich ihn noch habe und mein Leben dreht sich außerhalb der Arbeit nur um ihn. Wenn du es so sehen willst, dann ist er der Mann in meinem Leben.“ Ich sehe ihn entschuldigend an.

Sein Blick wird weich und er nimmt meine Hand, nachdem er seine Kaffeetasse auf den kleinen Tisch gestellt hat.

„Es ist wunderbar, wie sehr du ihn liebst.“ Er lächelt und küsst meine Fingerknöchel. Ein Kribbeln breitet sich schon durch diese kleine Berührung in mir aus und ich sehe ihn flehentlich an. „Ich akzeptiere den anderen Mann in deinem Leben, aber bitte, schließ mich nicht aus. Ich würde dich gerne kennen lernen. Ganz unverfänglich…“ er lächelt. „Freunde?“

„Freunde.“ Sage ich sicher und er sieht mich strahlend an.

„Danke.“ Er lässt meine Hand los und greift wieder nach seiner Kaffeetasse. „Erzähl mir seine Geschichte.“ bittet er mich.

„Die ist lang…“ seufze ich.

„Ich habe Zeit.“ Er lehnt sich zurück.

Ich ziehe meine Beine an und umschlinge sie mit meinen Armen, meine Hände halten die Kaffeetasse fest umschlungen.

„Ich habe vorletztes Jahr im Oktober hier angefangen. Ich habe mir lange überlegt, ob ich dem Job mit meinem jungen Alter gerecht werden kann…“ ich lächele leicht als ich seinen verständnislosen Blick sehe. „Weißt du, die meisten meiner Kolleginnen hier sind Ende 30, weil es schon einiges an Lebenserfahrung braucht, um mit alle dem hier klar zu kommen. Als ich anfing war ich gerade Mal 24, aber ich beschloss für mich, das ich das kann.“ Ich drehe die Tasse in meinen Händen. „Es verlangt einem alles ab und ich musste schon oft über meine Grenzen gehen.“ erkläre ich ihm „Aber ich denke, ich bin ein Mensch, der das Leben jetzt viel mehr zu schätzen weiß… Oh entschuldige, ich schweife vom Thema ab.“ unterbreche ich mich selbst in meinem Redeschwall.

„Nein, nein erzähl ruhig weiter.“ bittet er mich.

Ich lächle und versinke einen kurzen Augenblick in seinen Augen, die mich bittend mustern.

Oh je, mit diesem Mann befreundet zu sein, wird mich auf eine wirklich harte Probe stellen…

Ich räuspere mich kurz. „Gleich in meiner ersten Schicht habe ich Noah das erste Mal gesehen. Er war noch nicht einmal 2 und hing an all diesen Geräten und Maschinen. Seine blauen Augen sahen mich so verzweifelt und traurig an...“ ich schüttele meinen Kopf, um die Bilder von damals zu vertreiben „Die Ärzte hatten ihn fast aufgegeben. Aber ich nicht, ich bin jeden Tag nach meinem Dienst zu ihm und habe ihm vorgelesen, mit ihm gespielt, gemalt oder gepuzzelt. Er sprach kein Wort, ich glaube es hat fast zwei Monate gedauert, bis er das erste Wort sagte.“ Ich lächle „Und jetzt plappert er wie ein Wasserfall.“ füge ich lächelnd hinzu. „Er hat dann irgendwann gemerkt, dass ich nicht wieder weg gehe und ich verliebte mich jeden Tag ein wenig mehr in diesen wunderbaren, perfekten kleinen Jungen. Dann erfuhr ich seine ganze Geschichte…“ ich fahre mir durch die Haare „Seine Mutter hat ihn gleich nach seiner Geburt zur Adoption frei gegeben. Als er geboren wurde hatte er einen riesigen Tumor an seinem Kopf und sie wollte ihn nicht einmal sehen.“ Ich schließe gequält meine Augen „Wie kann man sein eigenes Kind nicht sehen wollen?“ frage ich traurig „Die Ärzte haben ihn sofort operiert, aber der Tumor war auch in seinem Gehirn und dort konnte er nicht ohne weiteres entfernt werden. In den nächsten fast 2 Jahren wurde er 30 Mal operiert und schlussendlich, im Juli letzten Jahres, hierher verlegt. Sie hoffen so, wenigstens das Wachstum des Tumors stoppen zu können…“ ich atme tief durch „Das ist Noahs Geschichte. Er hat mich zu einem besseren, zu einem viel besseren Menschen gemacht.“

Marc sieht mich traurig an und ihm fehlen die Worte.

„Wer ist denn sein Vormund?“ fragt er nach ein paar Minuten.

„Das Jugendamt. Sie kommen einmal im Monat vorbei und schauen, wie es ihm geht, sie bezahlen seine Krankenhausrechnungen und ab und zu kommt ein Paket mit Kleiderspenden.“ erkläre ich ihm.

„Kleiderspenden?“ er sieht mich fragend an.

„Ja, aber die Sachen benutzen wir nicht. Das sind fast nie anständige Sachen dabei. Lucy hat drei Schwestern und die haben alle Söhne. Mindestens alle drei Monate bekommt Noah ein Riesenpaket, Wir haben bei uns in der Wohnung ein Kinderzimmer für ihn und da hat er auch einen Kleiderschrank. Hier braucht er ja fast nur Pyjamas und die kaufen wir je nach Bedarf, ab und zu schenken ihm auch die Eltern der anderen Kinder etwas. Glaub mir, er ist wirklich gut ausgestattet.“ erkläre ich ihm.

Da Noah alle um den kleinen Finger wickeln kann, bekommt er natürlich auch von meinen Eltern und von Lucys Eltern Anziehsachen, wenn er Neue braucht und ab und zu gehe ich auch mit ihm schoppen, obwohl er dafür nicht wirklich zu begeistern ist.

„Und die kommen nur ein Mal im Monat vorbei?“ er sieht mich mit großen Augen an.

„Glaub mir, ich bin froh, dass dieser Drachen nur einmal im Monat kommt. Öfter würde ich die gar nicht ertragen. Sie kümmert sich nicht darum, wie es ihm geht. Sie denkt nur darüber nach, wie lange der Staat noch für ihn aufkommen muss.“ Ich schnaube verächtlich.

„Warum adoptierst du ihn nicht?“ er sieht mich fragend an.

„Weil ich nicht gut genug bin.“ erwidere ich leise.

„Wie bitte?“ er sieht mich schockiert an.

„Ich verfüge nicht über die geforderten Sicherheiten, ich bin zu jung und ich bin ledig.“ Ich zucke mit den Schultern.

„Das kann doch nur ein Scherz sein.“ Er sieht mich fassungslos an.

„Nein… leider nicht.“ Ich sehe in den Kaffeesatz meines Kaffees, als würden sich alle Probleme in Luft auflösen, wenn ich ihn entziffern könnte…

„Du zweifelst doch nicht an dir, oder?“ er sieht mich erstaunt an.

„Es ist hart ins Gesicht gesagt zu bekommen, dass man nicht gut genug ist.“ gebe ich zu.

„Lass dir das ja nicht einreden.“ Er zieht mich in seine Arme und ich schließe meine Augen. Er riecht nach irgendeinem teuren Aftershave und das riecht wirklich verdammt gut, nach frisch gewaschener Wäsche und irgendwie nach Sommer…

Er hält mich fest in seinen Armen und ich genieße das Gefühl, auch einmal beschützt zu werden, einen Moment lang.

Dann besinne ich mich und mache mich sanft von ihm los. Ich sehe auf in seine warmen Augen und schlucke schwer.

Warum taucht er jetzt in meinem Leben auf?

Gerade jetzt, wo ich all meine Kräfte für Noah brauche?

Langsam kommt sein Gesicht meinem immer näher und schließlich legen sich seine Lippen ganz sanft auf meine. Es ist nur ein Hauch von einem Kuss, aber mein Herz setzt einen Schlag lang aus.

Dann scheint er sich zu besinnen und haucht mir einen Kuss auf die Stirn.

„Es tut mir leid.“ flüstert er.

So gerne würde ich ihm sagen, dass ihm nichts leid tun muss, aber kein Ton kommt über meine Lippen, auf denen ich immer noch seine spüren kann.

„Philipp! Elle!“ schreit Annie und ich springe auf. Allein schon ihr Tonfall reicht aus, um mir zu sagen, dass etwas nicht stimmt.

Ich stürme an ihr vorbei in Noahs Zimmer, er liegt flach auf dem Rücken und versucht Luft zu bekommen.

„Baby!“ ich stürze zu ihm und setze ihn ein wenig auf. „Ganz ruhig atmen, hörst du mich.“ flehe ich ihn an und merke, dass mein Gesicht nass von Tränen ist.

Philipp kommt herein gestürzt und sieht auf Noah.

„Ein Anfall.“ sagt er mehr zu sich, als zu mir und kommt zu uns. Er macht seinen Arm frei und dreht sich zu Annie um „10 ml Antroden.“ weist er sie an und sie läuft los, um das Medikament zu holen.

Noah versucht immer verzweifelter Luft in seine Lungen zu bekommen und ich halte ihn fest und rede beruhigend auf ihn ein.

Annie kommt zurück und Philipp verabreicht Noah das Medikament, nach einer kurzen Weile entspannt sich sein Körper und er holt tief Luft.

Erleichtert streiche ich ihm seine nassen Haare aus der Stirn.

Ich sehe dankbar zu Philipp.

„Er hatte eine Verkrampfung der Bronchien, wahrscheinlich als Nebenwirkungen von den Schmerzmitteln. Ich werde mich morgen mit Kevin und William beraten. Er bekommt bald ein anderes.“ verspricht er mir und tätschelt meine Hand.

„Alles wird gut, Baby.“ flüstere ich Noah ins Ohr und decke ihn zu.

Ich schließe meine Augen und atme selber tief durch. Ich spüre eine Hand auf meiner Schulter und drehe mich langsam um.

Marc zieht mich in seine Arme und ich lasse mich an ihn drücken.

„Alles wird gut.“ sagt er leise und ich nicke weinend an seiner Brust.

„Er hat mir einen Schrecken eingejagt.“ flüstere ich.

„Und mir erst.“ gibt Marc zu und ich schmiege mich an ihn.

Er streicht mir sanft über die Haare und nimmt mein Gesicht in seine Hände. „Ich werde alles dafür tun, dass ihn dir niemand wegnehmen kann.“ verspricht er mir und ich will ihm so gerne glauben.

„Ich verspreche es dir.“ flüstert er und ich nicke leicht.

„Danke.“ Hauche ich und lege meinen Kopf wieder an seine Brust.

Wir verbringen den Rest des Tages in Noahs Zimmer und lesen ihm vor oder schauen Zeichentrickfilme. Am Nachmittag wird er kurz wach und isst eine Kleinigkeit. Ein gutes Zeichen, ein wirklich gutes Zeichen!

„Ich muss nach Hause, morgen um 7 Uhr beginnt mein Dienst.“ ich stehe von der Bettkante auf und strecke mich.

„Ich auch.“ Marc steht ebenfalls auf und reicht mir meine Jacke.

„Bye, Baby! Bis morgen früh.“ Ich hauche Noah einen Kuss auf die Stirn.

„Bye Kleiner.“ Marc nimmt Noahs Hand in seine und drückt sie ganz leicht „Immer kämpfen.“ flüstert er ihm ins Ohr und wir gehen in den hell beleuchteten Flur.

Ich gehe kurz ins Schwesternzimmer und verabschiede mich vorerst.

Marc hat am Fahrstuhl gewartet und wir steigen beide ein.

„Darf ich wieder vorbei kommen?“ er sieht mich fragend an, als sich der Fahrstuhl in Bewegung setzt.

„Aber sicher.“ Ich kaue auf meiner Unterlippe.

„Ich bitte dich Elle. Lass das.“ flüstert er dicht neben meinem Ohr.

Ertappt lasse ich meine Lippe los und drehe mich zu ihm um.

„Marc…“ setze ich an.

„Freunde.“ sagt er heiser und ich nicke.

Dann springe ich über meinen eigenen Schatten und ziehe ihn am Kragen seines Pullovers zu mir.

Ich schließe meine Augen, als sich unsere Lippen berühren und in meinem Magen schwirren tausend Schmetterlinge. Er zieht mich dichter an sich heran und seine Zunge verlangt Einlass in meinen Mund. Ich gewähre es ihm und unsere Zungen spielen neckend miteinander. Es fühlt sich an, wie schweben mit Bodenkontakt… unbeschreiblich und eigentlich unmöglich.

Als wir im Erdgeschoss ankommen und die Fahrstuhltüren aufgleiten, sehen wir uns atemlos an.

„Was tun wir hier?“ ich sehe ihn mit großen Augen an.

„Keine Ahnung.“ gibt er zu „Ich habe wirklich nur vor, dein Freund zu sein, aber ehrlich…“ er fährt sich durch die Haare.

„Bitte, bitte Marc tu das jetzt nicht…“ bitte ich ihn und nehme seine Hände in meine.

„Okay…“ sagt er schließlich und wir lassen uns los.

Auf dem Parkplatz angekommen, schließt er seinen SUV von Chevrolet mit der Fernbedienung auf und ich sehe ihn an.

„Also so ganz einfach Marc, bist du nicht…“ ich deute grinsend auf sein Auto „Den kann ich mir in tausend Jahren nicht leisten. Ich begnüge mich mit einem Wagen fürs Fußvolk.“ Ich deute auf meinen ziemlich alten VW Kombi.

Er verzieht das Gesicht.

„War nicht so gemeint.“ lächle ich „Bis bald!“ ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange und atme tief den Geruch seines Aftershaves ein.

„Bis bald, Elle.“ Er winkt mir zu, als ich bei meinem Auto ankomme und einsteige.

Als ich zu Hause ankomme, stelle ich fest, dass Declan und Lucy ausgeflogen sind. Auf einem Zettel teilen sie mir mit, dass sie sich eine spontane Auszeit gönnen und ich grinse. Die haben sie sich verdient.

Ich hingegen, gönne mir ein heißes Bad und krieche dann in mein Bett.

Marc stellt mein Leben stärker auf den Kopf, als mir gut tut…

Ich muss ihn auf Abstand halten, sonst tue ich ihm und im Endeffekt auch mir weh.

Noah erholt sich in der kommenden Woche erstaunlich gut und Lucy und Declan tauchen am Mittwochabend auch wieder auf. Sie waren in Dublin und haben die Tage wirklich genossen, aber da ich Früh- und sie Spätdienst habe, sehen wir uns nur kurz und sie muss ihr Frage-Antwort-Quiz Marc betreffend, erst einmal verschieben.

Als wir am Freitagabend mit chinesischen Essen und Sushi auf der Couch sitzen und Declan beim Fußball ist, da weiß ich, dass mein Stündlein geschlagen hat.

„Und nun, sag schon…“ sie knufft mich. „Wie war es am Sonntag mit Marc?“

„Sehr nett, wir sind uns einig Freunde zu werden.“ Ich sehe sie an und sie verdreht die Augen.

„Echt jetzt?“ fragt sie stöhnend.

„Ja, Noah braucht mich und ich kann nicht ihm und Marc gerecht werden…“ ich stecke mir einen Wan Tan in den Mund „… Auch wenn seine Küsse der Hammer sind.“ füge ich lächelnd hinzu.

„Ihr habt euch geküsst?“ Lucy lässt vor Schreck ihr Sushiröllchen fallen und Chimney stürzt sich sofort darauf.

„Böse Katze!“ schimpft Lucy mit ihr. Chimney schnappt sich den Leckerbissen und trägt ihn triumphierend davon „Und noch bösere Elle.“ Sie sieht zu mir.

Ich atme schwer „Glaub mir, auf der einen Seite würde ich mich ihm am Liebsten an den Hals werfen, aber mein gesunder Menschenverstand sagt mir, dass ich damit im Moment nicht umgehen kann.“

„Oh Mann, du bist viel zu vernünftig.“ rügt sie mich.

„Einer von uns muss es ja sein.“ Ich sehe sie an.

„Das gucke ich mir ja an… Du und dein Traumprinz nur Kumpel… Ha, ha.“ Sie steckt sich ein Sushiröllchen in den Mund.

Ich lächle gequält…

„Tolle Freundin. Danke.“ gebe ich trocken zurück.

An den nächsten Wochenenden kommt Marc jeden Sonntag vorbei. Wir malen, spielen und machen Quatsch mit Noah und den anderen Kindern, dennoch bleibe ich mir treu und halte ihn auf Abstand…

Manchmal kommt Marc auch am Samstag und wir gehen, wenn das Wetter schön ist, im Park spazieren. Bald darf Noah wieder ein Wochenende zu mir und Lucy und wir wollen endlich unseren Reitausflug nachholen.

Das letzte Wochenende im März begleiten mich Declan und Lucy beide Tage zu Noah.

Wobei ich mir sicher bin, dass Lucy nur Marc sehen will. Aber dieser kommt, entgegen seiner Art, nicht am Samstag und auch nicht am Sonntag. Ich gebe zu, ich bin ein wenig enttäuscht, aber wem mache ich hier was vor… Er ist mir keine Rechenschaft schuldig.

Am Mittwochnachmittag kommen meine Eltern und Lucy vorbei, um ein wenig zu feiern, dass es Noah wieder richtig gut geht. Der sitzt auf seinem Bett und sein Strahlen erhellt den ganzen Raum.

Meine Mum hat einen Kuchen für ihn gebacken und Lucy und ich haben Kindersekt gekauft. Er liebt dieses süße, klebrige Zeug.

„Darf ich erfahren, was hier vor sich geht?“ Mrs. Black vom Jugendamt steht in der Tür und sieht uns fragend an. „Ich will sie sofort sprechen Miss Filan.“ Sie sieht mich durchdringend an und meine Nackenhaare stellen sich unwillkürlich auf.

Zu sagen, ich mag diese Frau nicht, ist die Untertreibung des Jahrhunderts. Ich hasse sie, sie kommt sich so wichtig mit ihren kleinen grauen Akte unter dem Arm vor, ihre grauen Haare hat sie zu einem strengen Knoten gebunden und die Kostüme, die sie immer trägt, scheint es nur in schwarz und dunkelgrau zu geben und dazu sitzen sie noch ziemlich schlecht. Ihre zu Schlitzen zusammen gepressten Augen mustern mich abwertend, als ich vor die Tür trete.

„Ich habe es ihnen schon mehrmals gesagt und ich wiederhole mich gerne. Ich möchte nicht, dass sie eine Bindung zu diesem Jungen aufbauen.“ fährt sie mich an und ich zucke zusammen.

„Warum denn nicht? Denken sie wirklich, sie finden Pflege- oder Adoptiveltern, die ihren Ansprüchen genügen, für ein todkrankes Kind?“ ich sehe sie an und halte ihrem feindseligen Blick stand.

„Das lassen sie mal ganz allein meine Sorge sein.“ blafft sie mich an und wieder zucke ich ungewollt zusammen. „Sie werden niemals den Ansprüchen genügen, so viel kann ich ihnen versichern und dabei ist es egal, wie viele Leumundszeugen sie aus dem Arm schütteln.“

Mein Dad kommt, wohl angelockt von dem lauten Tonfall Mrs. Blacks, aus dem Zimmer und sieht sie wütend an.

„So reden sie nicht mit meiner Tochter.“ sagt er gefährlich leise.

„Ich müsste nicht so mit ihr reden, wenn sie ihren Job macht und es dabei belässt.“ Sie sieht ihn abwertend an.

„Geh wieder rein. Bitte Daddy.“ sage ich flehentlich und er tut mir tatsächlich den Gefallen, auch wenn ich einen Moment denke, dass er gleich das erste Mal in seinem Leben eine Frau schlägt.

„Mrs. Black…“ ich sehe in ihre eisig grauen Augen „… Was muss ich tun, damit sie den Antrag erneut bearbeiten?“

Sie lacht gehässig „Sie können rein gar nichts tun. Sie sind nicht gut genug und werden es nie sein. Ich erwarte, dass, wenn ich nächsten Monat komme, sie nicht um ihn herum scharwenzeln. Habe ich mich deutlich ausgedrückt? Ansonsten sehe ich mich gezwungen ihn verlegen zu lassen.“ Sie sieht mich prüfend an.

„Ja, Mrs. Black.“ sage ich leise.

Ich hasse es, von ihr so zu Recht gewiesen zu werden, aber ich weiß leider auch, dass sie am längeren Hebel sitzt.

Sie macht auf dem Absatz kehrt und stöckelt davon.

Geschockt von der Drohung, lasse ich mich an der Wand hinunter gleiten und beginne zu schluchzen.

„Mein Gott, Elle.“ Starke Arme helfen mir auf und ich nehme den Geruch von frischer Wäsche und Sommer wahr. Ich öffne meine Augen und sehe in die von Marc.

„So darf sie nicht mit dir reden.“ flüstert er mir ins Ohr und zieht mich in seine Arme.

„Du hast es gehört?“ frage ich verzweifelt.

„Ja und sie hat Unrecht. Niemals wird jemand besser für ihn sein als du.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Stirn.

„Oh Marc.“ schluchze ich und halte mich an ihm fest.

Vergessen ist, dass ich gestern noch enttäuscht von ihm war. Dass er jetzt hier ist, ist alles was zählt…

Meine Mum kommt aus Noahs Zimmer und sieht mich schockiert an.

„Diese Krähe ist das Letzte.“ schimpft sie und entzieht mich Marcs Armen.

„Oh Mum.“ weine ich.

„Komm, Noah weint und will dich sehen.“ Sie bugsiert mich ins Zimmer und Marc folgt uns.

„Elle!“ Noah streckt seine Arme nach mir aus und ich ziehe ihn in eine feste Umarmung.

„Alles gut, Baby.“ flüstere ich in sein Ohr.

Eine Weile halten wir uns aneinander fest.

„Ich mag sie nicht.“ sagt Noah plötzlich und sieht mich mit großen Augen an „Sie ist doof.“

„Wer denn Baby?“ ich wische ihm seine Tränen weg.

„Die Krähe.“ Er sieht zu meiner Mum und ich muss lächeln.

„Mum, könntest du aufhören, ihm so einen Quatsch beizubringen?“ ich sehe sie an.

„Entschuldige, mein Kind.“ gibt sie nicht sehr überzeugend zurück.

Jetzt entdeckt Noah Marc und beginnt zu strahlen.

„Marc.“ Er stellt sich aufs Bett und lässt sich von Marc umarmen.

„Hey mein Kleiner!“ Er strubbelt ihm durch die Haare „Wie geht es dir heute?“

„Gut und dir?“ Noah lässt sich aufs Bett plumpsen und Marc zieht seine Jacke aus und setzt sich auf die Bettkante.

„Sehr gut, ich war die letzten Tage in London. Schau mal, was ich dir mitgebracht habe.“ Er holt eine Figur der Leibgarde der Queen mit einem Wackelkopf aus der Tasche und gibt sie Noah.

Dieser quiekt vergnügt und zieht jedes Mal, wenn der Kopf wackelt, Grimassen.

„Das ist lustig.“ gackert er.

Auch Marc lacht und meine Mum sieht mich strafend an. Als ich dann noch einen unsanften Ellenbogenstoß in meine Rippen von Lucy bekomme, sammele ich mich.

„Wie unhöflich…“ ich verdrehe die Augen „Darf ich vorstellen. Meine Mum Mary, mein Dad Charlie und meine beste Freundin Lucy.“ stelle ich Alle vor und Marc sieht in die Runde.

„Und das ist Marcus Mc…“ setzte ich an.

„Marc. Freut mich.“ Er reicht jedem die Hand.

„Marc ist echt cool…“ Noah strahlt ihn an „Guck mal Charlie, den hat er mir aus Paris mitgebracht…“ er deutet auf einen kleinen Eifelturm der irgendein richtig nerviges französisches Lied spielt „Und den hier aus Dublin.“ Er deutet auf einen Bären mit einer Schärpe.

„Aus Berlin.“ korrigiere ich ihn.

„Cool oder?“ er sieht meinen Dad strahlend an.

„Echt cool.“ grinst mein Dad.

„Es freut mich echt, dich endlich mal live und in Farbe kennen zu lernen.“ Lucy mustert Marc und dieser lacht.

„Ganz ehrlich, du wirst den Beschreibungen Elles nicht gerecht.“ Er zwinkert ihr zu.

„Oh wow, sie redet über mich?“ Lucy wird glatt 5 Zentimeter größer.

„Natürlich und über sie habe ich ebenfalls nur gute Dinge gehört.“ Er sieht zu meinen Eltern.

„Wow, sie redet über uns?“ ahmt mein Dad Lucy nach und diese lacht los.

„Witzig Charlie, wirklich witzig.“ Sie treckt ihm die Zunge raus.

„Nun aber mal nicht so förmlich, bevor du noch auf die Idee kommst uns Mr. und Mrs. Filan zu nennen. Ich bin Mary und das ist Charlie.“ Meine Mum grinst Marc an. „Vielleicht sehen wir dich ja irgendwann mal zum Essen bei uns.“ Sie strahlt ihn an.

„Mum!“ gehe ich dazwischen und sehe zu Marc „Sie sind sonst nicht so…“ ich sehe meine grinsenden Eltern und meine ebenfalls grinsende beste Freundin an „Eine Lüge…“ seufze ich „Sie sind immer so, wenn nicht noch schlimmer.“

„Sie sind genauso nett und witzig, wie du sie mir beschrieben hast.“ gibt er lachend zurück.

„Wenn sie dich uns doch auch nur beschrieben hätte.“ meine Mum stöhnt leicht.

„Echt jetzt Mum? Ich bin 26, ich muss dir nicht über alles Rechenschaft ablegen.“ Ich sehe sie an und sie lächelt einfach weiter.

„Ich liebe dich auch mein Kind.“ Sie schickt mir einen Handkuss.

Noah findet das alles und seinen Wackel-Gardisten oberkomisch und kringelt sich vor Lachen.

„Und du findest das hier wohl super witzig, was?“ ich sehe ihn an und stürze mich lachen auf ihn. Er quiekt und windet sich und ich habe vor lachen schon Tränen in den Augen.

Dann machen wir uns über den Kuchen her und echt, meine Mum wird immer besser darin Laktose- und Glutenfrei zu backen. Der Kuchen schmeckt echt lecker…

Nachdem wir dann auch den Kindersekt geleert haben machen sich meine Eltern wieder auf den Weg nach Hause.

„Es hat mich echt gefreut dich kennen zu lernen. Ich hoffe wie sehen uns bald wieder.“ verabschiedet sich mein Dad von Marc und ich bin mehr als erstaunt. Bisher hat noch niemals ein männliches Wesen den Dad - Test bestanden und Marc scheint ihn bestanden zu haben, ohne das Dad ihm auch nur einmal mit der Axt gedroht hat.

„Mich hat es auch gefreut Charlie.“ Marc nimmt die angebotene Hand und die beiden Männer grinsen sich an.

Dann nimmt mein Dad mich in den Arm „Er ist ein guter Junge, Elle.“ flüstert er mir ins Ohr.

„Ich weiß, Daddy.“ gebe ich zurück.

„Ich liebe Dich Prinzessin.“ Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn und reicht meiner Mum ihre Jacke.

„Machs gut, Marc, und pass mir ein bisschen auf Elle auf.“ Meine Mum knufft ihn in die Wange und ich senke beschämt meinen Blick.

„Mum, er ist 31 und nicht 12.“ stöhne ich, als sie mich in die Arme nimmt.

„Ich liebe Dich auch, mein Kind.“ Sie tätschelt meine Wange und ich stöhne auf.

„Tschüss Mary und ich verspreche, ich gebe mein Bestes.“ Er winkt meinen Eltern hinterher als sie durch die Tür treten.

„So, ich muss auch los. Declan ist in 20 Minuten zu Hause und braucht wahrscheinlich wieder Streicheleinheiten, weil sie auf der Arbeit so böse zu ihm sind.“ Lucy grinst mich an.

„Sei lieb zu Deco!“ bitte ich sie.

„Immer doch! Bye Elle!“ sie drückt mir einen Kuss auf die Wange.

„Bye Marc!“ sie winkt ihm zu und wir sind mit Noah alleine.

„Endlich ein wenig Ruhe.“ Ich setze mich in den Sessel und schließe einen Moment meine Augen.

Kaum, dass ich es ausgesprochen habe geht die Tür auf und Philipp kommt rein.

„Hey Kumpel!“ begrüßt er Noah strahlend. „Hallo Marc!“ er reicht ihm die Hand.

„Hallo Philipp. Wie geht’s?“ Marc sieht ihn an und kurz darauf sind die beiden in eine Gespräch vertieft. Kein Wunder, dass McKenzie Industries so erfolgreich ist, wenn Marc bei seinen Geschäftspartnern auch so charmant ist, dann hat der kometenhafte Aufstieg des Unternehmens eindeutig seine Handschrift.

Draußen dämmert es schon und wir essen zusammen mit Noah Abendbrot.

„Liest du mir noch eine Geschichte vor?“ Noah setzt seinen Hundeblick auf und sieht zu Marc.

„Aber nur eine und dann ab ins Bett.“ Er grinst ihn an und setzt sich zu ihm aufs Bett.

Ich beobachte die Beiden so gerne. Noah ist begeistert von Marc und Marc nimmt sich Zeit für ihn. Er hat einen tollen Umgang mit Kindern und ist die Geduld in Person.

Nachdem Noah eingeschlafen ist reiche ich Marc seine Jacke.

„Musst du morgen arbeiten?“ er sieht mich fragend an und ich nicke.

„Zum Glück erst Spätschicht.“ Ich strecke mich und ziehe meine Jacke über.

„Bye Annie! Bye Lory!“ rufe ich ins Schwesternzimmer.

„Bye Elle! Bye Marc!“ kommt es im Chor zurück und wir gehen zu den Aufzügen.

Als wir einsteigen berühren sich unsere Hände, als wir beide auf das E für das Erdgeschoss drücken wollen und ein wohliger Schauer durchfährt mich.

„Danke.“ sage ich leise, als sich die Fahrstuhltüren geschlossen haben.

Er sieht mich nur an, macht dann einen Schritt auf mich zu und zieht mich in seine Arme.

„Du bist die Besteste!“ grinst er und nimmt mein Gesicht in seine Hände.

„Danke für alles.“ hauche ich.

„Du brauchst dich nicht zu bedanken.“ Er beugt sich vor und unsere Lippen finden sich zu einem Kuss. Scheu und zärtlich zugleich. Ich schließe meine Augen und genieße diesen Moment.

Wie sehr habe ich das Gefühl, seiner Lippen auf meinen vermisst. Seit unserem ersten Kuss im Fahrstuhl haben wir uns nicht wieder geküsst…

Moment, wir sind jetzt auch im Fahrstuhl.

Irgendetwas scheint dieser Fahrstuhl an sich zu haben.

Die Türen gleiten auf.

„Ich muss mich dringend von diesen Dingern fern halten.“ Marc deutet auf den Fahrstuhl und grinst mich an, als er sich von mir löst.

„Dito.“ Gebe ich zurück und wir treten hinaus in die kalte Märzluft.

„Bis Samstag!“ er drückt mir einen Kuss auf die Stirn und ich sehe wie er zu seinem Auto geht.

Wie lange kann ich mich ihm noch entziehen?

Und wie lange will ich es noch? Ist er nicht genauso, wie ich um Noah besorgt? Würde er nicht auch fast alles für ihn tun?

Ich seufze leise und steige in mein Auto. Als ich die Tür aufschließe, springt mich Lucy quasi an.

„Er ist echt der Hammer, dein Marc.“ grinst sie und ich lache.

„Er ist nicht mein Marc.“ gebe ich zurück und hänge meine Jacke an die Garderobe.

„Der ist total in dich verknallt, das sieht ein Blinder.“ Sie lacht ebenfalls und wir gehen ins Wohnzimmer. „Gott Deco, was hast du denn gemacht?“ ich stürme zu ihm und betrachte sein ziemlich ramponiertes Gesicht.

„Arbeitsunfall.“ gibt er zerknirscht zurück.

„Hat sich das ein Arzt angeschaut?“ ich befühle die Schrammen und Kratzer neben seinem rechten Auge.

„Quatsch.“ gibt er zurück.

„Du musst das kühlen, sonst hast du morgen ein Mega-Veilchen.“ Ich gehe in die Küche und hole eine Tüte tiefgefrorene Erbsen aus dem Tiefkühler.

„Hier drauf drücken. Gott, was hast du denn gemacht?“ ich sehe ihn mitfühlend an.

„Hab den Kopf nicht eingezogen. Kann mal passieren.“ Er drückt die Tüte auf sein Auge „Scheiße, das ist kalt.“

„Ich sagte ja auch kühlen, du Memme!“ ich setze mich auf die Couch zu Lucy und sie sieht Declan mitleidig an.

„Ich pflege dich nachher.“ verspricht sie ihm und er schenkt ihr ein anzügliches Grinsen.

„Pfui bäh, so einen Schweinkram will ich nicht in meiner Wohnung.“ Ich sehe Lucy gespielt strafend an.

„Das ist auch meine Wohnung und du bist bloß neidisch…“ sie streckt mir die Zunge raus.

Wir albern noch eine ganze Weile herum und dann gehen wir relativ früh zu Bett.

Es ist ungewohnt mal wieder auszuschlafen und ich trödele extra herum, weil ich es genieße mich nicht abhetzen zu müssen.

Gut gelaunt komme ich auf Station an und die Arbeit geht wie von selbst, auch die nächsten Tage hält meine ausgesprochen gute Laune an und es geht mir alles leicht von der Hand.

Am Freitagabend nehme ich Noah mit zu mir und Lucy und er nimmt erst einmal Declan in Beschlag und malträtiert Chimney. Die Arme macht, glaube ich, drei Kreuze, als ich ihn endlich ins Bett verfrachte.

Dafür ist er am nächsten Morgen schon um 6 Uhr wach und ich quäle mich aus dem Bett. Marc will um 10 Uhr hier sein und ich bringe Noah tatsächlich noch dazu, eine Stunde in meinem Bett zu schlafen.

Dann lässt er sich aber nicht mehr länger hinhalten und wir stehen auf. Nachdem er seine Morgentabletten bekommen hat, mache ich uns ein Frühstück und wir singen zu den Liedern im Radio schrecklich schief mit. Er strahlt und die Narbe von seiner letzten OP ist fast nicht mehr zu sehen.

„Komm anziehen.“ Ich halte ihm die Hand hin und wir gehen ins sein Zimmer.

„Was stellt sich der junge Mann denn heute vor?“ ich öffne seinen Kleiderschrank.

„Die da.“ Er zeigt auf eine dunkelblaue Jeans und ich hole sie aus dem Schrank.

„Und dazu den?“ ich halte ihm einen dicken weinroten Pullover hin und er nickt.

„Body und Strümpfe.“ Er zeigt auf die Schubladen und ich hole einen Body und eine Strumpfhose raus.

„Noch was?“ ich sehe ihn fragend an.

„Nein.“ Sagt er sicher und legt sich auf den Teppich.

Da er heute mitarbeitet hat er schnell seine Anziehsachen und eine neue Pampers an.

„Jetzt geh ich mich anziehen, ja? Spielst du ein wenig?“ ich sehe ihn bittend an und er nickt begeistert.

Ich weiß jetzt schon, dass in spätestens 10 Minuten sein Zimmer wie nach einem Bombenangriff aussieht…

Ich ziehe mir ebenfalls eine Jeans an und dazu einen einfachen dunkelblauen Pullover und ein weißes Poloshirt. Ich binde meine Haare im Nacken locker zusammen und gehe wieder zu Noah.

Entgegen meiner Erwartungen sieht es nicht so schlimm aus, wie befürchtet und ich setze mich mit ihm auf den Teppich, um mit seinen Autos zu spielen.

Als es klingelt springen wir beide auf und laufen zur Tür, aber Lucy, die zwischenzeitlich aufgestanden ist, ist schneller und öffnet die Tür.

„Morgen!“ sie strahlt Marc an.

„Guten Morgen!“ er erwidert ihr Strahlen. „Na bereit?“ er sieht zu mir und Noah.

„Ja!“ Noah läuft zu ihm und lässt sich auf den Arm nehmen.

„Wie wäre es mit Schuhen, einer Jacke und einer Mütze?“ ich sehe zu Noah und Marc setzt ihn wieder ab.

„Okay.“ Er kommt zu mir und ich ziehe ihn zu Ende an.

Dann ziehe auch ich mir meine Stiefel und meine Jacke an.

„Guten Morgen.“ Ich gebe Marc einen Kuss auf die Wange.

„Guten Morgen.“ grinst er verschmitzt.

Wir holen schnell Noahs Kindersitz aus meinem Auto und dann fahren wir los.

„Fahren wir jetzt zu dir oder deinen Eltern?“ ich sehe Marc etwas skeptisch an.

„Zu meinen Eltern. Sie haben meine Pferde bei sich. Ich schaffe es einfach nicht mehr, mich um sie zu kümmern und auf dem Hof meiner Eltern sind eh schon Pferde, da fallen meine 3 gar nichts auf.“ Er zwinkert mir zu.

„Darf ich reiten?“ bettelt Noah und ich lache.

„Natürlich, aber nur mit Helm.“ Ich drehe mich zu ihm um und er reckt seinen Daumen in die Höhe.

Als wir knapp 45 Minuten später in Newport bei Marcs Eltern ankommen, bin erstaunt. Es ist eine kleine, gemütliche Pferderanch und sieht ganz bodenständig aus.

„Nur weil ich etwas mehr Geld habe, heißt das nicht gleich, dass ich und meine Familie abgehoben sind.“ Marc zwinkert mir zu, als wir auf den Hof fahren.

Kaum haben wir geparkt, kommt eine ältere Frau aus dem Haus.

„Mein verlorener Sohn!“ seine Mum nimmt Marc in den Arm und ich schnalle erst einmal Noah ab und stelle ihn vor das Auto.

„Und du musst Eleanor sein.“ Sie sieht mich lächelnd an.

„Elle.“ sage ich und reiche ihr meine Hand.

„Ich bin Molly, es ist wirklich schön dich kennen zu lernen.“ Sie zieht mich in ihre Arme.

Ich bin erst ein bisschen steif, aber ich habe mich schnell wieder im Griff.

Ein junger Mann, vielleicht 20 kommt zu uns und sieht zu Noah.

Auch Marcs Dad begrüßt mich freundlich, dann sieht er zu Noah.
„Wer bist du denn?“ er geht vor ihm in die Hocke.
„Ich bin Noah! Wo sind die Pferde?“ er sieht ihn schüchtern an.
„Du willst die Pferde sehen?“ er hält ihm die Hand hin.
„Hmm!“ er nickt leicht verunsichert.
„Dann komm mal mit! Ich bin Peter und zeige dir alles. Hast du Lust?“ er sieht ihn gespannt an.
Noah ergreift seine Hand und sieht dann zu mir.
„Geh schon!“ meine ich lächelnd.
„Was dagegen wenn ich mitkomme?“ mischt sich nun der junge Mann ein.
„Wer bist denn du?“ Noah betrachtet ihn skeptisch.
„Ich bin Colin, ich bin Marcs Bruder. Und das ist unsere Mum Molly.“ Er grinst Noah an.

„Hallo Colin! Hallo Molly!“ Noah sieht alle nach einander an. „Ich bin Noah!“
„Dann komm mal mit Noah.“ Colin grinst ihn an.
Mit Peter an der einen und Collin an der anderen Hand geht er Richtung Stallungen.

„Denkst du an einen Helm?“ rufe ich hinterher.

„Die machen das schon! Möchtest du einen Tee?“ Molly legt ihren Arm um meine Schultern und führt mich ins Haus. Marc folgt uns und ich sehe immer noch Noah, Peter und Colin hinterher.

„Glaub mir Kleines, Pete macht das schon.“ versucht mich Molly erneut zu beruhigen. „Und Tee?“ sie nimmt mir die Jacke ab und gibt sie Marc, der sie zusammen mit seiner an die Garderobe hängt.

„Gerne.“ ich nicke und die Nervosität fällt langsam von mir ab.
„Und was ist mit mir?“ Marc sieht seine Mum gespielt beleidigt an.

„Kannst ja mitkommen!“ erwidert Molly lachend und Marc folgt uns in die Küche.
Wir können von dort auf die Koppel sehen und die anderen beobachten. Lächelnd beobachte ich Noah, wie er alles erklärt bekommt und förmlich an Peters Lippen hängt.

„Er ist wirklich ganz zauberhaft?“ Molly folgt meinem Blick.

„Ja.“ Ich lächle leicht und Marc nimmt meine Hand.

„Es ist schrecklich zu wissen, dass er so krank ist.“ Molly sieht mich mitfühlend an. Es scheint als habe ihr Marc von mir und Noah erzählt.

„Ja, es zerreißt einem das Herz.“ Ich nehme die angebotene Teetasse und nippe an dem Tee. „Ich möchte nur, dass Noah jeden einzelnen Tag genießen kann.“ Ich beobachte wie Peter Noah auf ein Pony setzt und dieser strahlt. „Dafür tue ich alles.“ füge ich leise hinzu.
„Gut, was isst Noah am liebsten?“ Molly steht auf.

„Pasta, aber das ist ein wenig kompliziert.“ Gebe ich zu.

„Ich weiß glutenfrei und laktosefrei. Mark hat mich bestens informiert und da ich auch zwei Jungs mehr oder weniger groß gezogen habe, habe ich laktosefreies Schokoladeneis, das auch nach Eis schmeckt, glutenfreie Pasta und selbstgemachten Ketchup.“ Sie strahlt mich an.

„Das wäre wirklich nicht nötig gewesen.“ Ich sehe Marc beschämt an.

„Hey, dem Kleinen soll es doch schmecken, oder?“ grinst er und ich drücke seine Hand.

„Es tut mir leid, dass du so viele Umstände wegen uns hast.“ Ich sehe entschuldigend zu Molly.

„Papperlapapp…“ sie winkt ab „Ich habe es wirklich gern gemacht.“

„Dann helfe ich dir jetzt ein bisschen.“ Ich stehe auf.

„Ach was…“ sie winkt erneut ab „Lass dir von Marc mal alles zeigen und vielleicht schwingt er seinen hübschen Hintern mal wieder auf den Rücken eines seiner Pferde.“ Sie zwinkert ihm zu und er verdreht die Augen.

„Führung gefällig?“ er verbeugt sich und hält mir seine Hand hin.

„Gerne.“ Ich mache einen kleinen Knicks.

Lachend holen wir unsere Jacken und gehen erst einmal auf die Koppel. Noah ist völlig in seinem Element und strahlt heller, als die Sonne.

„Das ist das Besteste, was ich gemacht habe.“ freut er sich und Marc und ich lächeln.

„Du machst das ganz super.“ lobe ich ihn.

„Marc und ich reiten auch kurz aus. Stell nichts an und sei lieb.“ rufe ich zu ihm rüber und Marc sieht mich fragend an.

„Du kannst reiten? Warum hast du denn nichts gesagt?“ er legt den Kopf schief.

„Du hast mich nicht gefragt. Ich bin mit Pferden aufgewachsen, ich konnte schon reiten, bevor ich laufen konnte.“ erkläre ich ihm. „Meine Eltern haben nach meinem Auszug die Pferde verkauft, die Zeit war einfach nicht mehr da.“

„Dann komm, ich stell dir Buttercup, Zorro und Kimba vor.“ Wir betreten den Stall.

Die 3 stellen sich als wunderschön heraus und Marc holt uns Sättel. Ich stelle mich vor Zorro, ein schwarzen Hengst und streichele ihn über die Nüstern, die sich unter meiner Hand leicht aufblähen.

„Alles gut, mein Großer.“ rede ich beruhigend auf ihn ein und er entspannt sich

„Du scheinst ein Händchen für ihn zu haben, aber zum ausreiten würde ich dir eher Buttercup empfehlen.“ Marc tritt hinter mich und deutet auf eine braune Stute.

„Ich würde gerne auf Zorro reiten.“ Ich drehe mich zu Marc um.

„Er ist ein wenig schwierig…“ er sieht mich zweifelnd an.

„Marc, ich kann das.“ Ich nehme ihm den Sattel ab und trete in Zorros Box. Ich sattele ihn und rede beruhigend auf ihn ein, damit er sich an meine Stimme gewöhnt.

Ich führe ihn in den Gang und zurre den Sattel erneut fest und nehme von Marc einen Helm entgegen.

„Was für den Kleinen gilt, gilt ja auch für dich.“ Er zwinkert mir zu und ich setze den Helm auf.

„Aber sicher.“ Lächle ich.

„Welche Schuhgröße hast du?“ er sieht mich prüfend an.

„39.“ gebe ich zurück und er geht an einen Schrank, um gleich mit Reitstiefeln zurück zu kommen. Nachdem auch er sich umgezogen hat und er Kimba für sich gesattelt hat, führen wir die Pferde in den Hof.

„Ich hoffe du weißt, was du tust.“ Colin sieht auf mich und dann auf Zorro.

„Ich denke schon.“ antworte ich lächelnd.

„Er ist schwierig, störrisch und sein Temperament geht ab und zu mit ihm durch.“ erklärt mir Peter und Noah sieht mich mit großen Augen an.

„Damit kann ich umgehen.“ Ich steige auf und kraule Zorro.

Marc sitzt auch auf und wir winken Peter, Collin und Noah zu, ehe wir langsam von Hof traben.

Ich betrachte Marc, der es sichtlich genießt auf seinem Pferd zu sitzen und lächle. Er sieht glücklich aus, glücklich und im Einklang mit sich.

Er sieht zu mir und ich zwinkere ihm zu, ehe ich Zorro die Sporen gebe ich und wir davon preschen.

„Warte Elle!“ ruft mir Marc noch zu, aber da bin ich schon zu weit entfernt.

Lachend genieße ich den wilden Ritt und ich gebe zu, ganz so einfach ist Zorro nicht unter Kontrolle zu halten. Aber da ich mich mit Pferden auskenne, komme ich damit klar.

20 Minuten später erreiche ich den Strand und drehe mich um. Marc ist ziemlich dicht hinter mir und schüttelt lachend den Kopf.

„Du bist irre!“ er bremst ab und springt geschickt von seinem Pferd.

Auch ich setze ab und wir lassen Kimba und Zorro ein wenig grasen.

„Du bist echt gut.“ Marc setzt sich zu mir in den Sand.

„Danke.“ Ich strahle ihn an.

„Wenn du lächelst bist du noch schöner.“ Er legt seine Hand an meine Wange.

Ich schließe meine Augen und erwarte irgendwie, dass er mich küsst. Als nach ein paar Sekunden nichts passiert öffne ich langsam meine Augen und sehe in sein nachdenkliches Gesicht.

Verwirrt sehe ich ihn an.

„Oh Elle, versteh mich jetzt bitte nicht falsch…“ er streicht sanft mit seinem Daumen über meine Wange „Aber so gerne ich dich jetzt auch küssen würde. Ich bin nicht sehr gut in diesem Freundschaftsding… Ich meine normalerweise schon, aber nicht mit dir…“ er nimmt seine Hand von meiner Wange und fährt sich durch die Haare „… Ganz oder gar nicht.“ flüstert er.

Ich sehe ihn mit großen Augen an.

„Marc…“ kommt es leise über meine Lippen.

„Elle…“ er sieht mich traurig an „Ich weiß, dass ich jetzt keine Entscheidung erwarten kann, aber ich kann das so nicht. Ich habe mich in dich verliebt und will mit dir zusammen sein, aber ich merke wie du mir immer wieder ausweichst und nicht bereit bist, dich ganz auf mich einzulassen. Aber es geht nur ganz oder gar nicht. Verstehst du mich?“ Er sieht mich bittend an.

Ich nicke leicht.

Wie oft habe ich in den letzten Wochen darüber nachgedacht?

Wie oft habe ich mir gewünscht, in seinen Armen zu liegen?

Ich sehe auf meine ineinander verschlungenen Hände und bin zu keiner Reaktion fähig.

Ich will ihn nicht verlieren…

Aber Noah geht vor.

„Wir müssen zurück, meine Mum wartet auf uns.“ Er reicht mir seine Hand und zieht mich wieder auf die Beine.

In meinem Inneren tobt ein Kampf. Kopf gegen Herz und ich bin verwirrt von all den Gefühlen die auf mich einwirken. Ich sitze wieder auf und gebe Zorro sofort die Sporen. Ich erreiche die Stallungen weit vor Marc und sitze ab.

„Wo hast du Marc gelassen?“ Peter sieht mich belustigt an.

„Den habe ich wohl abgehängt.“ Ich zucke mit den Schultern und sattele Zorro ab. Ich lege den Sattel auf eine der Sattelbänke und beginne Zorro zu putzen.

Als Marc herein kommt wage ich es nicht, ihn anzusehen, zu sehr verwirrt mich all das Gesagte.

„Ich wollte dich nicht verwirren.“ entschuldigt er sich leise.

„Du hast mich nicht verwirrt.“ lüge ich und bringe Zorro in seine Box.

„Elle!“ Noah kommt von der Koppel zu mir gelaufen und ich fange ihn auf.

„Hey, Baby! Na, bist du schon ein richtiger Reiter?“ ich sehe ihn gespannt an.

„Ja, der Besteste auf der Welt!“ strahlt er und ich sehe ihn lächelnd an.

Gefühle für Marc hin oder her, Noah braucht mich…

„Hast du Hunger?“ Colin kommt zu uns und sieht Noah fragend an.

„Oh ja.“ Er reibt sich den Bauch.

„Dann komm, meine Mum ist mit dem Essen fertig.“ Er hält Noah die Hand hin und er ergreift sie.

„Kommst du auch, Marc?“ Noah sieht zu Marc und dieser lächelt.

„Ich bin gleich da.“ verspricht er ihm.

Ich sehe ihn prüfend an, er wirkt niedergeschlagen und es tut mir in der Seele weh, ihn so zu sehen.

Egal, wie erfolgreich er ist, egal, wie viel Geld er hat und egal, was für ein Imperium er leitet… Er ist ein normaler junger Mann, der sich nach Liebe sehnt.

Und ich kann sie ihm einfach nicht geben…

Nicht jetzt.

Als wir in die Küche kommen, schenke ich Molly ein Lächeln. Gut, ich versuche es… aber ich weiß nicht, ob es mir wirklich gelingt.

„Hey, Baby! Deine Tabletten!“ rufe ich Noah hinterher und er kommt zu mir.

Ich setze ihn auf den Küchentresen und hole seine Tabletten aus meiner Tasche. Molly reicht mir ein Glas Wasser und Noah nimmt alle Tabletten ohne mit der Wimper zu zucken.

„So, jetzt Hände waschen und dann essen.“ Ich setze ihn ab und er geht lachend mit Colin ins Bad.

„War der Ausritt schön?“ Molly sieht mich mit einer Spur Besorgnis an.

„Hmm.“ Ich nicke leicht.

Das Essen verläuft eher schweigend, was mich und Marc betrifft, dafür unterhält uns Noah und ich lächle das eine oder andere Mal. Ich merke das Molly mich und Marc mit Argusaugen beobachtet, aber sie hält sich zurück und stellt keine Fragen.

Nach dem Essen rufe ich Lucy an und bitte sie, mich und Noah abzuholen. Mein Herz fühlt sich, wie in einem Schraubstock und ich kann Marc einfach nicht in die Augen sehen. Ich habe ihm weh getan und genau das tut mir eben auch wahnsinnig weh.

Als Lucy mit meinem Auto auf den Hof kommt, sieht mich Marc verständnislos an.

„Aber wir wollten doch den ganzen Tag bleiben.“ er sieht zu Lucy, die aus dem Auto aussteigt und zu uns kommt.

„Sei mir nicht böse.“ Ich sehe ihn bittend an. „Noah!“ rufe ich ihn von Colin und Peter zu mir und er entdeckt Lucy.

„Lucy!“ er stürmt zu ihr und sie nimmt ihn auf den Arm.

„Danke Molly, es war wirklich sehr schön.“ Ich gehe zu Molly und reiche ihr meine Hand.

„Warum wollt ihr denn schon los?“ sie hält meine Hand fest.

„Es tut mir leid.“ Ich mache mich von ihr los und winke Peter und Colin zu, ehe ich Noah anschnalle und Lucy sich hinters Steuer setzt.

„Wohin jetzt?“ sie sieht mich an und ich zucke mit den Schultern.

„Weißt du was, wir fahren jetzt zu deinen Eltern. Ich habe keine Ahnung, was Marc zu dir gesagt hat, aber du bist echt durch den Wind.“ Sie legt ihre Hand tröstend auf meinen Unterarm.

Es ist erstaunlich ruhig im Auto und als ich mich zu Noah umdrehe, da weiß ich auch wieso. Dieser schläft total erschöpft vom Vormittag und ich starre aus dem Fenster. Felder und Bauernhöfe ziehen an uns vorbei und ich versuche meine Gefühle zu sortieren.

Als wir bei meinen Eltern ankommen, staunen diese nicht schlecht.

Noah schläft noch und mein Dad trägt ihn ins Haus.

„Was ist denn los mein Kind?“ meine Mum sieht mich besorgt an, allein dieser Blick reicht und ich breche ich Tränen aus.

„Komm erst einmal rein.“ Sie wischt meine Tränen weg und wir gehen ins Haus.

Ich setze mich auf den Sessel im Wohnzimmer und schluchze leise.

„Was ist passiert?“ fragt meine Mum behutsam.

„Marc hat mir gesagt, dass er mich liebt.“ Ich verberge mein Gesicht in meinen Händen.

„Und?“ fragt Lucy verwirrt.

„Und? Ich konnte auf seine Bitte: Ganz oder gar nicht…“ ich schluchze erneut „Einfach nichts erwidern.“ Ich zucke hilflos mit den Schultern.

„Aber Prinzessin.“ Mein Dad setzt sich auf die Lehne des Sessels und zieht mich in seine Arme. „Machst du dir Sorgen um Noah?“ ahnt er und ich nicke.

„Ja, wie soll ich denn, ihm und Marc gerecht werden?“ ich sehe ihn an und er lächelt.

„Ach Prinzessin, er ist vernarrt in Noah, er kennt alle seine Bedürfnisse und weiß, dass er dich teilen muss.“ erklärt er mir. „Er weiß, dass es dich nur im Doppelpack gibt und glaub mir, er ist wirklich in die verliebt.“ Er küsst meine Stirn.

„Ich habe Mist gebaut, oder?“ ich sehe ihn unter Tränen an.

„Ach Prinzessin.“ Er lächelt erneut „Glaubst du, Marc lässt sich so leicht entmutigen?“

„Ich weiß nicht…“ ich nehme das Taschentuch, das meine Mum mir reicht.

„Nein, ein Marc McKenzie lässt sich nicht von einem Korb aus der Bahn werfen.“ Sagt Lucy sicher und meine Eltern sehe sie an.

„McKenzie?“ meine Mum sieht wieder zu mir.

„Ja, Marcus McKenzie.“ gestehe ich.

„Wie in McKenzie Industries?“ mein Dad sieht mich an und legt seinen Kopf schief.

„Ja, ihm gehört der Laden.“ winkt Lucy ab.

„Wow…“ meiner Mum fehlen tatsächlich mal die Worte.

„Können wir kurz zu meinem Problem zurück kehren?“ ich sehe in die Runde. „Was mache ich denn jetzt?“

„Eine Frage… Eine Antwort. Liebst du ihn?“ Lucy sieht mich prüfend an.

„Ja, aber…“ setze ich an.

„Nein verdammt noch mal, kein aber.“ Sie springt auf. „Du setzt dich jetzt ins Auto und erlöst den armen Kerl.“ Sie schubst mich vor sich her.

„Jacke?“ stottere ich, als ich schon draußen auf dem Hof bin.

„Brauchst du nicht.“ Sie öffnet die Tür meines Autos „Rein da!“ befiehlt sie mir und ich steige ein.

„Aber Noah…“ beginne ich und sie lacht.

„Nichts Noah, der ist bei mir und deinen Eltern in den besten Händen. Handtasche?“ sie sieht mich fragend an und ich reiche ihr meine Handtasche aus dem Fußraum auf der Beifahrerseite.

Sie kramt darin herum und reicht mir mein Handy.

„Ich lasse mich nachher von Charlie nach Ballina bringen. Keine Angst, ich kenne mich mit Noahs Geräten aus und komme, wie immer, Bestestens klar.“ Sie grinst „Schnapp ihn dir endlich.“ Sie schlägt die Tür zu und ich starte den Motor. „Fahr vorsichtig!“ ruft sie mir noch hinterher, als ich vom Hof fahre.

Verdammt, war der Hinweg zu meinen Eltern auch schon so lang gewesen?

Als ich endlich in die Auffahrt von Marcs Eltern einbiege, fällt mir sofort auf, dass Marcs Auto nicht mehr da ist und ich schlage mit der flachen Hand aufs Lenkrad. Ich bleibe mitten in der Auffahrt stehen.

„Verdammt! Wie kann man nur so dämlich sein? Gut gemacht Eleanor Filan, wirklich ganz toll!“ fluche ich.

Ein Klopfen an meinem Fenster lässt mich zusammen zucken und ich sehe in Colins Gesicht. Ich fahre die Scheibe runter und er grinst.

„So schnell wieder hier?“ grinst er.

„Wo ist er?“ frage ich bittend.

„Zu sich gefahren.“ Er zuckt mit den Schultern „Er war ziemlich durch den Wind. Kann sein, dass er noch bei Ethan vorbei fährt. Weißt du wo das ist?“ er zieht eine Augenbraue hoch.

„Nein.“ Gestehe ich leise.

„Gib mir dein Navi.“ Er deutet auf mein Navigationsgerät, welches mit einem Saugnapf an meinem Armaturenbrett fest gemacht ist.

Er tippt kurz darauf herum und reicht es mir wieder.

„Ich habe dir Marcs Adresse eingegeben und die von Ethan.“ Erklärt er mir und ich befestige es wieder.

„Danke Colin.“ Ich sehe ihn unendlich dankbar an.

„Kein Problem Elle. Ich weiß, er mag dich echt gern. Ich glaube sogar fast, mein großer Bruder ist verliebt.“ Er zwinkert mir zu und ich presche rückwärts aus der Auffahrt.

„Ab und zu solltest du mal nach links und rechts schauen, du bist nicht allein auf der Straße…“ Colin winkt mir zu „Nur als Tipp, wenn du in einem Stück ankommen willst.“ Fügt er hinzu und ich winke ihm kurz zu.

Mein Navi führt mich nach Ardnaree, einem kleinen Vorort von Ballina und ich parke vor einem großen, schweren Tor.

Wow, Marc hat echt Kohle…. Schießt es mir beim Anblick des Hauses durch den Kopf.

Ich drücke bestimmt 5 Minuten lang auf die Klingel aber nichts rührt sich.

„Also zu Ethan…“ sage ich zu mir selbst und setze mich wieder hinters Lenkrad. Kaum zu glauben das ich schon 2 Stunden kreuz und quer durch die Weltgeschichte fahre.

Nach weiteren 20 Minuten halte ich vor einem Einfamilienhaus und entdecke endlich Marcs Auto. Erleichtert steige ich aus und laufe zur Haustür. Meine Jacke bei meinen Eltern zu lassen, war nicht meine allerbeste Idee. Im Grunde genommen war es ja nicht meine Idee, sondern Lucys…

Ich atme tief durch und drücke auf die Klingel.

„Ich geh schon.“ Ertönt eine männliche Stimme und einen Augenblick später stehe ich Ethan gegenüber.

„Hallo Ethan, ich weiß nicht ob du dich noch an mich erinnerst…“ beginne ich mit zittriger Stimme.

„Mich an dich erinnern? Aber klar doch…“ er bittet mich herein „Er ist im Wohnzimmer.“ Er sieht mich an und ich nicke. Schnell ziehe ich mir meine Schuhe aus und Ethan schüttelt lachend den Kopf. „Geh schon.“ Er schubst mich vor sich her.

Gut, ich bin mit 1,70m keine sehr große Person, aber ständig geschubst zu werden ist auch nicht das, was ich will.

Dann sehe ich ihn und er sieht mich erstaunt an.

„Was machst du denn hier?“ er steht auf und zwei Frauen und ein weiterer Mann, der mit im Krankenhaus war sehen mich ebenfalls ziemlich überrascht an.

„Ich… Ich…“ stottere ich und schließe meine Augen.

Reiß dich zusammen! Beschwöre ich mich selbst.

„Was Eleanor?“ Marc steht plötzlich vor mir und ich reiße meine Augen auf, sein Duft steigt mir in die Nase und ich atme tief durch.

Ich sehe in seine Augen, sie sehen mich verletzt und unsicher an.

„Ich wollte…“ beginne ich erneut „Es tut mir leid.“ flüstere ich.

„Was genau?“ er sieht mich prüfend an. „Dass du einfach von meinen Eltern abgehauen bist? Dass du keine Entscheidung treffen kannst?“ er hebt herausfordernd eine Augenbraue.

„Das auch…“ ich suche seinen Blick „Aber am Meisten tut es mir leid, dass ich das hier nicht gleich getan habe.“ Ich stelle mich auf die Zehenspitzen, ziehe ihn zu mir und küsse ihn sanft.

Seine Arme umschlingen mich und er erwidert meinen Kuss. Erleichtert schlinge ich meine Arme um seinen Nacken und lächle ihn an, als wir uns voneinander lösen.

„Das ich das noch erleben darf!“ Ethan schlägt Marc freundschaftlich auf die Schulter und grinst mich an.

„Du hast ihn ganz schön zappeln lassen.“

„Es tut mir leid.“ Ich sehe reumütig zu Marc und er lächelt.

„Ich weiß ja, worauf ich gewartet habe.“ Er verstärkt den Druck um meine Hüfte.

„Ich nehme mal ganz stark an, dass du zum Essen nun doch nicht unser Gast bist, richtig?“ eine Frau steht auf und kommt zu uns. „Hallo, ich bin Susanna…“ sie reicht mir ihre Hand „Ich bin Ethans Frau.“ fügt sie hinzu.

„Elle.“ erwidere ich und sie lacht auf.

„Das weiß ich.“

„Und ich bin Sophie, ich bin mit Cameron verheiratet.“ Die andere Frau winkt mir kurz zu und ich erwidere ihren Gruß.

„Ich bleibe nicht zum essen.“ beantwortet Marc jetzt Susannas Frage. „Habt ihr was dagegen, wenn ich mich mit Elle vom Acker mache?“ er sieht fragend in die Runde.

„Du hast unser Einverständnis.“ Cameron verbeugt sich und ich lache leise.

Marc sieht mich an und ich nicke leicht.

„Wo ist eigentlich der Kleine?“ er legt seinen Kopf schief.

„Bei Lucy und meinen Eltern. Mein Dad fährt sie heute Abend nach Hause und ich bin mir sicher Lucy hat alles im Griff. Zur Not ist ja auch Deco da.“ Ich sehe ihn an und ein schelmisches Grinsen umspielt seine Lippen.

„Wir müssen los.“ Er bugsiert mich zur Tür.

Das muss echt Spaß machen, mich durch die Gegend zu schubsen… Aber dieses Mal gefällt es mir ausnahmsweise.

Ich ziehe meine Schuhe wieder an und Marc sieht von mir zu Ethan.

„Ich habe ihr nicht gesagt, sie soll die Schuhe ausziehen.“ Kommt es sofort von ihm.

„Ich bin so erzogen worden.“ Gebe ich zu und beide sehen mich an.

„Ab mit euch, bevor die Frauen dich in ein nie enden wollendes Frage-Antwort-Quiz verwickeln.“ Ethan zwinkert mir zu und schon stehe ich mit Marc draußen auf der Straße.

Er zieht mich zu seinem Auto.

„Und mein Auto?“ ich sehe zu meinem, zugegebenermaßen, nicht sehr gut eingeparkten Wagen und wieder zu Marc.

„Holen wir morgen ab, oder so.“ er schließt sein Auto auf und ich krabbele auf den Beifahrersitz.

Er startet mit einem Lächeln den Motor und setzt rückwärts aus der Auffahrt. Ich nehme die Hand, die auf dem Schaltknauf liegt in meine und streiche über seinen Handrücken.

„Warum hast du deine Meinung geändert?“ er sieht mich liebevoll an.

„Weil ich weiß, wie sehr du Noah liebst und es Platz in meinem Herzen für euch Beide gibt.“ erkläre ich ihm und er strahlt. „Ich habe mich in dich verliebt, aber konnte es nicht zulassen.“ füge ich leise hinzu.

„Die Hauptsache ist, dass du jetzt bei mir bist und glaub mir, so schnell werde ich dich nicht wieder gehen lassen.“ Er drückt meine Hand und beugt sich an einer Ampel zu mir, um mich zu küssen.

„An der nächsten Ampel würde ich erst einmal gerade aus weiter fahren, links ist ein Unfall.“ Ich sehe ihn an und deute auf die nächste Ampel.

„Woher weißt du das?“ er sieht mich erstaunt an und ordnet sich auf der Geradeausspur ein.

„Weil ich schon bei dir war und davor bei deinen Eltern.“ Gebe ich zu und er grinst.

„Ich musste es dir einfach sagen, du sahst so verletzt aus, als ich gefahren bin.“ Ich senke meinen Blick.

„Hey Prinzessin…“ sagt er leise und ich sehe ihn an. So nennt mich mein Daddy immer und ich fühle mich durch diesen Kosenamen mehr geliebt als durch alles andere.

„Ich war nicht verletzt, ich war unsicher und, als du plötzlich los bist, da dachte ich, ich habe zu hoch gepokert und verloren.“ erklärt er mir.

Wir halten kurz vor dem Tor seines Hauses und er drückt auf eine Fernbedienung, die es aufgleiten lässt.

Er parkt direkt vor der Haustür und holt seinen Schlüssel aus der Hosentasche. Ich schlinge die Arme um mich und versuche das Zittern zu unterdrücken als ich ihm folge.

„Komm.“ Er nimmt meine Hand und zieht mich ins Haus.

Ich habe gar keine Zeit mich großartig umzusehen, denn sofort zieht er mich in seine Arme und küsst mich begierig.

Seine Hände streicheln meinen Rücken und meinen Po und ich presse mich an ihn.

„Oh Prinzessin…“ stöhnt er kehlig.

Seine sanften Finger schieben sich unter meinen Pullover und mein Shirt und zeichnen kleine Kreise auf meinen Rücken. Jede dieser Berührungen hinterlässt eine Spur aus Feuer und ich stöhne nun ebenfalls. Langsam schiebt er meinen Pullover und das Shirt hoch und ich recke meine Arme in die Höhe, sekundenspäter liegen besagte Kleidungsstücke auf dem Boden und er betrachtet meine Brüste.

„Wie wunderschön du bist.“ sagt er andächtig und küsst die Rundungen meiner Brüste. Mit einer geschickten Handbewegung öffnet er meinen BH und nimmt meine Brustwarze in den Mund. Ich kralle mich in seinen Haaren fest und winde mich unter ihm.

Nun ziehe ich ihm seinen Pullover über den Kopf und atme den berauschenden Duft seines Aftershaves ein.

Er ist trainiert und seine Muskeln fühlen sich hart unter meinen Händen an. Ich zeichne mit meinem Zeigefinger eine Linie von seiner Brust hinunter bis zum Bund seiner Jeans nach und er sieht mich lüstern an.

„Ich will nicht mehr warten.“ Er küsst mich hart und öffnet meine Jeans.

„Ich auch nicht.“ stimme ich ihm zu.

Unser Vorspiel dauert schon 3 Monate, ich will ihn endlich spüren…

Der Anblick seines steifen Penis bringt mich einen Moment aus dem Konzept, er ist wirklich außerordentlich gut bestückt… Sanft umschließe ich seine Erektion und spüre die Härte. Er habt mich mühelos hoch und positioniert mich über sich, dann lässt er mich ganz langsam auf sich herabsinken und ich gebe einen erstickten Schrei von mir. Noch niemals hat mich jemand so gedehnt und ausgefüllt. Er setzt mich auf den Rand einer Kommode und stößt immer wieder hart in mich. Meine Muskeln spannen sich an und ich merke, dass ich kurz vor einem Orgasmus stehe. Sein Atem geht ebenfalls schnell und flach und dann rollt er über mich…. Reißt mich mit sich und katapultiert mich in Sphären in denen ich noch nie vorher war. Ich merke, wie sich Marc einen Augenblick später ebenfalls anspannt und sich pulsierend in mich ergießt.

Wow…

Mein Kopf liegt an seiner Schulter und ich versuche meine Atmung unter Kontrolle zu bekommen. Er hält mich fest an sich gepresst und ich höre wie sein Herz in seiner Brust hämmert, als würde es jeden Moment raus springen.

Nach ein paar Minuten lösen wir uns von einander und ich sehe leicht beschämt zu Boden. Klar, ich habe schon mit Männern, zwei um genau zu sein, geschlafen, aber das hier…

So etwas habe ich noch nie erlebt.

Weder habe ich mich mit jemandem im Hellen, noch außerhalb eines Bettes vergnügt.

Er legt sanft seine Hand unter mein Kinn und zwingt mich ihn anzusehen.

„Ich liebe Dich.“ haucht er und mir treten Tränen in die Augen.

„Ich liebe Dich auch.“ flüstere ich und er küsst mich liebevoll.

Dann hilft er mir von der Kommode und reicht mir einen Bademantel, den er schnell aus dem Bad holt.

Erst jetzt komme ich dazu mich ein wenig umzusehen. Das Haus ist wunderschön, hell, freundlich und gemütlich. Helles Holz und warme Naturfarben dominieren alles und ich sehe zu Marc.

„Ich gebe zu, ich habe einen Innenarchitekten beauftragt.“ Er zwinkert mir zu und legt seinen Arm um mich und führt mich ins Wohnzimmer.

Wir setzen uns, immer noch ein wenig außer Atem, auf die große beige Ledercouch und ich lege meinen Kopf auf seine Brust.

Ich glaube, das ist ab jetzt mein Lieblingsplatz auf der Welt…

In seinen Armen.

Er greift neben sich und im nächsten Moment fährt der größte Fernseher, den ich bisher in meinem Leben gesehen habe, aus einem Schrank nach oben.

„Oh wow…“ ich sehe zu ihm auf.

„Nur ein bisschen Männerspielzeug.“ grinst er.

Er schaltet die Börsennachrichten ein und studiert sie kurz.

„Na, gewonnen oder verloren?“ frage ich ihn leise und fahre mit meiner Hand über seine Brust.

„Heute nur gewonnen.“ lacht er leise, nimmt meine Hand und küsst meine Fingerknöchel.

Mein Magen meldet sich lautstark und wir fangen beide an zu lachen.

„Hunger?“ grinst Marc und ich nicke leicht.

„Ja, ein wenig schon. Das ganze Hin- und Hergefahre hat mich irgendwie hungrig gemacht.“ gestehe ich und er zieht mich von der Couch.

Also diese Küche ist mal wirklich mit allem Schnickschnack ausgestattet…

„Worauf hast du Hunger?“ Marc sieht in seinen Kühlschrank.

„Hmm keine Ahnung… Überrasch mich.“ Ich setze mich auf einen der Barhocker an den Küchentresen.

„Hähnchen und Salat?“ er sieht mich an und ich lächle.

„Klingt gut.“ gebe ich zu.

Er holt einen Teller aus dem Kühlschrank und stellt ihn in die Mikrowelle, dann folgt eine Schüssel und er füllt uns Salat auf.

„Kocht dein Kühlschrank?“ frage ich lachend.

„Nein, meine Haushälterin.“ Er zuckt mit den Schultern.

„Echt jetzt?“ ich sehe ihn geschockt an.

„Ja, ich habe einfach keine Zeit. Ich bin entweder im Büro, auf Geschäftsreise oder bei euch. Wann soll ich da denn noch kochen?“ er kommt zu mir und nimmt mich in den Arm.

„Oh Mann…“ seufze ich und lehne meinen Kopf an seine Schulter. „Du lebst echt in einer anderen Welt.“

„Nein Prinzessin…“ er küsst mich zärtlich „Ich habe nur das große Glück, mir einen gewissen Luxus leisten zu können.“ Er stupst mir auf die Nase als die Mikrowelle klingelt.

„Gewissen Luxus?“ ich sehe mich um „Ich komme mir vor wie in einem Raumschiff… Ganz ehrlich, weißt du für was das alles gut ist?“

„Das Meiste.“ gibt er zu und stellt mir meinen fertigen Teller hin.

Ich nehme meine Gabel und probiere vorsichtig. „Das ist wirklich lecker.“ gebe ich zu.

„Freut mich, dass es dir schmeckt.“ Er setzt sich mir gegenüber und beginnt auch zu essen.

Wir essen schweigend, aber unsere Blicken sagen mehr als tausend Worte. Es ist ein angenehmes Schweigen, eines bei dem man irgendwie weiß, dass es richtig ist.

„Soll ich dich nachher zu deinem Auto bringen?“ Marc sieht auf und ich lächle.

„Nein, ich weiß Lucy hat alles im Griff und wenn ich darf, dann würde ich gerne heute Nacht bei dir bleiben.“ Ich stehe auf und gehe um den Tresen herum.

„Wenn du darfst?“ er sieht mich grinsend an und zieht mich zu sich. Seine Hände wandern unter meinen Bademantel und ich erschaudere.

„Ich muss Lucy aber wenigstens Bescheid sagen.“ flüstere ich in sein Ohr, als er meinen Hals küsst.

„Später.“ raunt er nun und küsst mich verlangend.

Ich schließe meine Augen und lege meine Arme um seinen Nacken. Ich will einfach an nichts außer an ihn… an uns denken.

Er setzt zieht mich auf seinen Schoß und der Barhocker wackelt verdächtig.

„Gibt es in diesem Palast auch ein Schlafzimmer?“ ich sehe ihn an und er lächelt, kleine Lachfältchen bilden sich um seine warmen Augen herum und noch nie hat ein Mann in meinen Augen so schön ausgesehen.

Er setzt mich wieder auf den Boden und nimmt mich an die Hand. Wir steigen die große Treppe im Flur hoch und er öffnet eine Tür. Ein riesengroßes Bett steht unter der Fensterfront und er tritt hinter mich.

„Genügt das ihren Ansprüchen Prinzessin?“ er knabbert zärtlich an meinem Ohrläppchen.

„Gerade so.“ gebe ich zurück und er lacht leise.

„So anspruchsvoll?“ fragt er neckend.

„Manchmal…“ wir bewegen uns weiter auf das Bett zu und er dreht mich zu sich um.

Er öffnet den Gürtel des viel zu großen Bademantel und lässt ihn geräuschlos zu Boden gleiten.

Ich sehe ihm in die Augen und versinke in ihnen. Ich fühle mich nicht unsicher in seiner Gegenwart, alles, was wir tun, ist irgendwie richtig und das erschreckt mich ein wenig.

Kann man so gut mit jemandem harmonieren?

Er lächelt und küsst mich, ehe er mich aufs Bett drückt.

Ich sinke in die weichen Kissen und ziehe ihn zu mir. Auch er zieht seinen Bademantel aus und folgt meiner Einladung.

Wir küssen uns, unsere Hände erkunden jeden Zentimeter des anderen und ich zergehe unter seinen Händen.

Langsam drängt er sich zwischen meine Schenkel und als er in mich eindringt, da stöhne ich leise auf. Wir lieben uns zärtlich und gefühlvoll und ich komme mir vor, wie in einem Traum.

Der Orgasmus kommt langsam und bricht dann wie ein Orkan über mich herein. Meine Hände liegen auf seinem Rücken und ich kralle mich an ihm fest, auch sein ganzer Körper spannt sich an und er findet Erlösung. Glücklich halte ich ihn in meinen Armen.

Er rollt sich langsam von mir runter und streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht.

„Ich liebe Dich Eleanor.“ Er grinst.

„Und ich liebe Dich Marcus.“ Erwidere ich und küsse ihn. Ich will nie wieder aufhören ihn zu küssen…

Ich sehe auf die Uhr, kurz nach 17 Uhr, und stehe auf. Marc sieht mir lächelnd zu, wie ich den Bademantel wieder überziehe. Ich gehe die Treppen runter und finde meine Jeans im Flur und ziehe mein Handy aus der Hosentasche. Lucy hat mehrmals versucht mich anzurufen und ich drücke auf die Rückruftaste.

„Elle.“ schluchzt sie und mein Herz droht aus meiner Brust zu springen.

„Was ist los?“ frage ich panisch.

„Noah ist im Krankenhaus, er hatte einen Anfall und wird gerade operiert.“ weint sie und mir weicht sämtliche Farbe aus dem Gesicht.

„Ich bin gleich da.“ Ich lege auf und beginne mich hektisch anzuziehen.

„Was ist los?“ Mark kommt die Treppe runter und ich sehe ihn mit Tränen in den Augen an.

„Noah wird gerade operiert…“ ich ziehe mir meinen Pullover über.

„Ich zieh mich an, ich bin gleich wieder da.“ Er sprintet die Treppe nach oben.

Ich sehe ihm hinterher und schüttele meinen Kopf…

Ich ziehe meine Schuhe an und laufe zur Straße. Zum Glück kommt ein Taxi vorbei und ich winke es heran. Ich habe gar keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen, dass ich kein Geld dabei habe und gebe dem Fahrer die Adresse des Krankenhauses. Als wir halten bitte ich ihn kurz zu warten und laufe zum Pförtnerhäuschen. Jordan sieht mich an und mir laufen die Tränen übers Gesicht.

„Ich bezahle das Taxi.“ Er winkt mich durch und ich laufe zum Eingang, ich nehme die Treppe und immer zwei Stufen auf einmal bis hoch in den 5. Stock, wo die OPs sind.

Kaum dass ich vor den OPs ankomme, entdeckt mich mein Dad und kommt zu mir.

„Wir wissen noch nichts.“ Er sieht mich an und zieht mich in seine Arme.

Ich sacke zusammen und mein Dad hält mich fest.

„Alles wird gut Prinzessin.“ flüstert er mir ins Ohr und ich schluchze auf.

„Elle…“ Marc steigt aus dem Fahrstuhl und mein Dad lässt mich los. Ich sehe zu Marc und immer mehr Tränen laufen über mein Gesicht.

„Warum hast du nicht gewartet?“ er sieht mich verwirrt an.

„Das mit uns geht nicht…“ ich wehre seinen Arm ab, den er um mich legen will.

„Prinzessin…“ er sieht mich erschrocken an.

„Während ich mich mit dir vergnügt habe, hatte Noah einen Anfall und ich war nicht da. Ich konnte ihm nicht helfen, weil ich mich dazu verleitet lassen habe, mich auf dich einzulassen.“ Meine Stimme wird lauter als beabsichtigt. „Ich dachte ich kann mich für die Option GANZ entscheiden, aber das hier zeigt mir mehr als deutlich, dass ich mich für die Option GAR NICHT im Bezug auf uns entscheiden muss.“ Ich sehe ihn seine Augen „Es tut mir leid.“ Ich drehe mich um und gehe zu Lucy, die mich sofort in den Arm nimmt.

Ich höre wie sich Marcs Schritte entfernen und setze mich in den Wartebereich zu den anderen.

„Das war ganz schön hart.“ sagt Lucy nach einer Weile.

„Ich kann nicht beiden gerecht werden, ich sehe ja, wo das endet…“ ich schüttele den Kopf und mein Dad streicht über meinen Rücken.

„Es tut mir so leid Prinzessin.“ sagt er bedauernd.

Ich sehe Philipp aus dem OP komme und stürme auf ihn zu.

„Wie geht es ihm?“ ich sehe ihn an und er nimmt seine OP Haube ab.

„Er ist stabil, er hatte einen Gehirnkrampf und wieder eine kleine Blutung.“ erklärt er mir. „Wir haben alles unter Kontrolle, er ist ein Kämpfer und wird auch das überstehen.“ Er nimmt mich in den Arm „Wir bringen ihn gleich auf die Intensiv, dann kannst du zu ihm.“

„Danke Philipp.“ Ich sehe ihn erleichtert an.

„Du hättest nichts tun können, selbst wenn du dabei gewesen wärst.“ Er nimmt meine Hand.

Ich nicke benommen und gehe zurück zu meinen Eltern und Lucy.

„Er ist stabil, sie bringen ihn gleich auf die Intensiv. Ich bleibe bei ihm. Fahrt ihr nach Hause, ich rufe an, wenn es was Neues gibt.“ Ich nehme meine Mum in den Arm, dann drehe ich mich zu meinem Dad um. „Daddy magst du Lucy in die Paddocks Avenue in Ardnaree bringen? Mein Auto steht da.“ Ich sehe ihn fragend an und er nickt.

„Sicher Prinzessin.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Stirn.

Dann nehme ich Lucy in den Arm. „Ich komme wohl erst einmal nicht nach Hause. Bringst du mir ein paar Sachen?“ „Klar doch, es tut mir so leid.“ Sie hat schon wieder Tränen in den Augen.

„Es ist Okay.“ flüstere ich.

Dann sehe ich Philipp und er winkt mich zu sich.

Ich laufe zu ihm und folge ihm auf die Intensivstation. Ich bekomme grüne Schutzkleidung und darf dann endlich zu Noah. Er ist an unzählige Geräte angeschlossen und obwohl ich dieses Bild mittlerweile gewöhnt bin, erschreckt es mich dennoch.

Ich setze mich an sein Bett und nehme seine Hand in meine.

„Ich lasse dich nie wieder alleine.“ verspreche ich ihm und küsse seine Hand.

Die nächsten beiden Tage verbringe ich an seinem Bett, ich spreche mit ihm, singe für ihn und lese ihm aus seinem Buch vor. Dann endlich schlägt er seine Augen auf und himmelblau sehen sie mich müde an.

„Hey, Baby.“ Ich sehe ihn erleichtert an.

„Elle.“ flüstert er und ich streiche ihm sanft über seine Wange.

„Ich bin da, Baby.“ sage ich leise und setze mich auf die Bettkante. Er sieht mich liebevoll an und schmiegt sich an meine Hand. Dieses Mal erholt er sich erstaunlicherweise schneller und kann schon nach drei Tagen wieder auf “unsere“ Station. Damit beginnt auch mein Dienst wieder und ich habe gar keine Zeit wirklich nachzudenken. Ich will auch nicht nachdenken, denn dann würde ich an Marc denken und das würde mir das Herz endgültig in tausend Teile zerschmettern… Annie schaut sich das erstaunlicherweise die ganze restliche Woche an, am Samstagmorgen nimmt sie mich dann aber doch zur Seite.

„Du fährst jetzt nach Hause und schläfst dich mal richtig aus.“ Annie sieht mich prüfend an.

„Ich will…“ setze ich an.

„Nein Elle, du fährst nach Hause. Das ist keine Bitte sondern eine Anweisung deiner Oberschwester.“ sagt sie streng und ich nicke leicht.

Ich gehe zu Noah ins Zimmer und er strahlt mich an.

„Hey Elle.“ Er klopft neben sich aufs Bett und ich setze mich zu ihm.

„Ich fahre jetzt mal zu Chimney und Lucy. Morgen früh bin ich wieder da, ja?“ ich ziehe ihn in meine Arme.

„Okay.“ sagt er leise „Vielleicht kommt ja Marc vorbei.“

„Ich denke eher nicht…“ ich versuche meine Tränen zu unterdrücken.

„Aber warum denn nicht?“ Noah rückt ein Stück von mir weg und legt seine kleine Hand auf meine Wange „Ist er auf Geschäftsreise?“

„Ja genau…“ ich merke wie die ersten Tränen über meine Wangen kullern.

„Und deswegen bist du traurig?“ Er sieht mich verwirrt an.

„Ja, Baby.“ lüge ich ihn an und er nickt leicht.

„Ich bin auch traurig, wenn er nicht da ist.“ gibt er zu und ich schluchze.

„Oh, mein Baby!“ ich ziehe ihn in meine Arme und halte ihn fest an mich gedrückt.

„Nicht traurig sein, er ist ja bald wieder da.“ versucht er mich zu trösten und ich versuche meiner Gefühle Herr zu werden.

„Ja, du hast Recht.“ Ich wische meine Tränen weg. „Sei lieb, ja?“ ich nehme sein Gesicht in meine Hände und er nickt lebhaft.

„Ich verspreche es dir.“ Er hebt eine Hand zum Schwur.

„Wenn du mich brauchst, ich bin in einer halben Stunde hier.“ Ich gebe ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Ich weiß.“ Er grinst mich an und ich gehe aus seinem Zimmer.

Ich gehe mich umziehen und nehme mir dann ein Taxi nach Hause. Als ich den Schlüssel im Schloss herum drehe kommt Lucy aus dem Wohnzimmer und nimmt mich in den Arm. Sofort beginne ich zu weinen und wir sinken zu Boden. Sie hält mich einfach nur fest und wiegt mich in ihren Armen.

„Es tut mir so schrecklich leid.“ flüstert sie immer und immer wieder. Nach einer Stunde habe ich mich ein wenig beruhigt und sehe sie an.

„Braucht es nicht, ich hätte auf meinen Verstand hören müssen…“ ich rappele mich vom Fußboden auf und helfe ihr hoch. „Es ist nicht deine Schuld, ganz und gar nicht.“ Ich sehe sie an und versuche mich zu einem Lächeln durchzuringen.

„Du liebst ihn.“ sagt sie leise.

„Ja, aber manchmal muss man Prioritäten setzen und meine oberste Priorität ist Noah.“ erkläre ich ihr.

Declan kommt aus dem Wohnzimmer und nimmt mich ebenfalls in den Arm.

„Sag jetzt nicht, es tut dir leid…“ bitte ich ihn „Ich kann es nicht mehr hören. Seit einer Woche höre ich nicht anderes von Lucy und meinen Eltern.“

„Schön, das du hier bist.“ kommt es von ihm und ich sehe ihn dankbar an.

„Ich gehe baden und dann ins Bett.“ Ich sehe auf die Uhr, kurz nach 10 Uhr morgens…

Egal, ich brauche Schlaf und ich muss meine verkrampften Muskeln entspannen.

Die Badewanne bringt mir nicht die gewünschte Entspannung und, als ich in meinem Bett liege, da bricht alles über mich hinein…

Wie konnte ich Marc nur so abservieren? Hat er nicht mehr verdient?

Und ich vermisse ihn so sehr, das mein Herz weh tut. Nicht nur im übertragenen Sinne, nein ich habe wirklich Herzschmerzen. Jede Faser meines Körpers vermisst ihn und ich schluchze haltlos in meine Kissen.

Irgendwann gewinnt mein müder Körper die Oberhand und ich schlafe endlich ein. Als ich aufwache, ist es noch dunkel draußen und ein Blick auf meinen Wecker sagt mir, dass es 4 Uhr nachts ist. Dennoch stehe ich auf und schleiche ins Bad, das Bild, das sich mir bietet ist - um es milde auszudrücken – furchtbar.

Meine Augen sind rot umrandet und verquollen vom Weinen und, obwohl ich so lange geschlafen habe, sehe ich müde aus.

Da muss ich jetzt wohl durch…

Ich binde mir einen geflochtenen Zopf und putze mir die Zähne, dann mache ich mir einen starken Kaffee und gehe wieder in mein Zimmer. Ich setze mich in meinen Sessel und starre in die Nacht.

Ich will nicht nachdenken, aber mein Kopf gibt einfach keine Ruhe… Immer wieder fange ich bei dem bloßen Gedanken an Marc an zu weinen und bin froh als es endlich um 6:30 Uhr ist und ich zur Arbeit kann.

Annie sieht mich besorgt an, als ich ins Schwesternzimmer komme. Aber zu meinem Glück verkneift sie sich ein Kommentar.

Da Wochenende ist, geht es ruhiger zu und ich finde Zeit meinen liegen gebliebenen Papierkram endlich zu bearbeiten. Ich nehme mir alles und setze mich zu Noah ins Zimmer, der sich zu mir setzt und malt.

„Schau mal, das habe ich mit Marc gemalt.“ Er hält mir sein Malbuch hin und deutet stolz auf eine Bild.

„Das ist wunderschön.“ Ich schlucke schwer.

„Du bist immer traurig, dass er weg ist, oder?“ er sieht mich entschuldigend an.

„Ja Baby.“ Gestehe ich.

„Ich bin auch traurig, aber er wird bestimmt bald wieder kommen.“ sagt er sicher und ich bringe es nichts übers Herz ihm zu sagen, das Marc wohl nie wieder kommen wird, weil ich ihn aus meinem und somit aus Noah Leben verjagt habe.

In der zweiten Maiwoche beginnt für Noah eine neue Chemo und die ersten Tage sind schrecklich, ich hoffe und bete dafür, dass es sich dieses Mal wenigstens lohnt.

Ich habe immer noch das Gefühl, teilweise neben mir zu stehen… Der Schmerz ist nicht weg, er umklammert jeden einzelnen Tag mein Herz. Zum Glück fragt Noah, nicht mehr sooft nach ihm, es ist ja auch schon 6 Wochen her…

Ich schlafe kaum und vergrabe mich in meiner Arbeit, ich darf nicht darüber nachdenken, dass ich Marc einfach aus meinem Leben verjagt habe…

Hat er nicht alles versucht?

Noah übersteht den Chemoblock ganz gut, er erholt sich relativ schnell und freut sich auf den Sommer, der sich Anfang Juni so langsam ankündigt.

Ich sehe mich auf der heute ruhigen Station um, es ist Freitag und viele der Kinder im Wochenendurlaub zu Hause. Deswegen mag ich die Freitage, die Kinder freuen sich immer so sehr darauf. Ich bin gerade mit dem sortieren der letzten Laborergebnisse fertig und bin auf den Weg ins Spielzimmer um aufzuräumen.

„Jetzt reicht es…“ Mrs. Black kommt durch die Milchglastür getreten und sieht mich funkelnd an.

Erschrocken weiche ich einen Schritt zurück.

Was macht sie hier?

Zwei Besuche in nur einer Woche?

Das ist nicht gut…

Gar nicht gut.

„Was kann ich für sie tun Mrs. Black?“ frage ich vorsichtig.

„Was sie für mich tun können?“ sie lacht hohl „Ich habe mir Akteneinsicht in die Krankenhausakte des Jungen beschafft und muss sehen, das sie sich nicht nur meinen Anweisungen widersetzen, was die Zeit mit ihm angeht…“ sie macht einen Schritt auf mich zu „Nein, sie nehmen ihn auch noch übers Wochenende mit zu sich.“ Ihre Stimme überschlägt sich fast und immer mehr Eltern und Kinder kommen, angelockt durch die Lautstärke die Mrs. Black an den Tag legt, aus ihren Zimmern. „Mir reicht es jetzt endgültig, sie scheinen eine selten dumme Person zu sein, wenn sie nicht einmal die einfachsten Anweisungen befolgen können. Der Junge wird ins Dublin Central verlegt. So schnell wie möglich…“ sie funkelt mich an „Ich habe es ihnen gesagt und jetzt haben sie ihre Grenzen endgültig überschritten. Sie sind nicht gut genug und werden es nie sein.“ Sie sieht mich kalt an und knallt Annie ein Schriftstück auf den Tresen als sie nach draußen stürmt.

Geschockt starre ich ihr hinterher und bin zu keiner Regung fähig. Plötzlich sickern die gesagten Worte in mein Gehirn und dann wird alles schwarz vor meinen Augen…

Sie nehmen ihn mir weg!

Sie bringen ihn nach Dublin!

Sie nehmen mir mein Baby weg!

Ich erlange die Kontrolle über mich zurück und öffne meine Augen. Ich sehe ihn Annies geschocktes Gesicht und in Philipps, der sich über mich beugt. Er leuchtet mir mit einer Pupillenreflexleuchte in die Augen und ich kneife meine Augen zusammen.

„Komm hoch…“ er hält mir seine Hand hin und zieht mich auf die Beine „Geht es wieder?“ fragt er besorgt.

„Hmm…“ ich lehne mich gegen die Wand. „Sie will ihn nach Dublin verlegen lassen.“ Ich sehe geschockt zu Annie.

„Ich weiß…“ betreten erwidert sie meinen Blick „Ich weiß…“

„Aber…“ ich sehe mich panisch um. „Ich muss was machen.“

„Elle ganz ruhig, erst einmal wird er nirgendwo hin verlegt. Sie brauchen mein Einverständnis und das gebe ich ihnen vorerst nicht. Aber in spätestens 2 Wochen muss ich es ihnen geben. Es tut mir so wahnsinnig leid.“ Er nimmt mich in den Arm.

„Ich habe Lucy und Declan angerufen, sie sind gleich hier.“ Annie sieht mich an und ich nicke leicht.

„Wer soll ihm das nur sagen?“ ich sehe mit großen Augen zu Philipp.

„Keine Ahnung.“ gibt er zu.

Ich gehe wie in Trance in Noahs Zimmer und nehme ihn einfach nur in den Arm.

„Ich liebe Dich, Baby.“ sage ich leise und seine großen blauen Augen sehen mich verständnislos an.

„Ich liebe Dich auch, Mummy.“ flüstert er und ich beginne zu weinen.

„Egal was passiert, ich will, dass du das nie vergisst.“ Ich nehme sein Gesicht in meine Hände und sehe ihn bittend an. „Niemals.“

„Niemals, versprochen… Du bist doch meine Mummy.“ Er drückt sich an mich.

Das Wort Mummy aus seinem Mund zu hören, macht mich auf der einen Seite so unglaublich glücklich und auf der anderen Seite zerreißt es mir das Herz…

Er wird es nicht verstehen…

Er wird denken ich verlasse ihn.

Wie seine richtige Mum…

Lucy und Declan kommen eine halbe Stunde später atemlos ins Zimmer gestürzt und ich werfe mich in Lucys Arme. Declan setzt sich zu Noah, der angesichts dessen, was hier los ist, nun auch weint.

Irgendwann lässt Lucy mich los und geht kurz raus. Ich nutze die Zeit um mich zu beruhigen und Noah zu erklären was in nächster Zeit passieren wird.

Ich muss es ihm sagen, ich will nicht, dass er es von jemand anderem als von mir erfährt.

„Baby?“ ich lege mich zu ihm ins Bett und er sieht mich mit Tränen in den Augen an. „Du weißt, wie sehr ich dich liebe…“ ich schließe kurz meine Augen „Aber ich bin nicht deine Mummy. Glaub mir, ich wünsche es mir so sehr, aber ich bin es nicht.“ Ich gebe ihm einen Kuss „Du wirst bald in ein anderes Krankenhaus kommen. Dort sind ganz liebe Schwestern und super tolle Ärzte, sie werden alles versuchen um dir zu helfen…“ ich zwinge ihn mich anzusehen „Aber ich werde dich da nicht besuchen können.“ Sage ich leise und beginne zu weinen, als ich sehe wie seine Unterlippe bebt.

„Ich will nicht weg von dir.“ Er hält sich an mir fest. „Nein, ich will, dass du bei mir bleibst.“ weint er.

Ich halte ihn fest und wiege ihn sanft.

Die Zeit läuft einfach weiter… einfach so und mein Herz ist endgültig gebrochen…

Gebrochen trifft es nicht, es ist zerschmettert…

Lucy kommt wieder rein und ich sehe, dass sie sich Tränen aus den Augen wischt. Sie will für mich und Noah stark sein und ich bewundere sie so sehr.

Sie legt sich zu uns und Declan setzt sich auf die Bettkante.

Wir bekommen zum Mittag nichts runter, aber ich überrede wenigstens Noah dazu eine Kleinigkeit zu essen. Declan legt Noahs Lieblingsfilm ein, aber auch der kann ihn nicht aufheitern… ich sehe ihn an und es zerreißt mich fast.

Mein Leben scheint unter meinen Händen zu zerbrechen. All das, wofür ich die letzten fast 2 Jahre gelebt habe, wird mir mit einem Schlag genommen…

Wir sind doch gerade dabei Noahs Geburtstag am 7. Juli zu planen, es sind doch nur noch 4 Wochen… und jetzt soll er ihn mit Fremden feiern, die ihn gar nicht kennen?

Und den Menschen, den ich neben Noah, am meisten liebe, den habe ich vor den Kopf gestoßen… Kaum zu glauben, das auch das schon über zwei Monate her ist.

Wo ist die Zeit hin?

Ich habe doch nur ein einziges Mal geblinzelt…

Noah weint die ganze Zeit und will mich nicht loslassen.

„Es tut mir so leid.“ flüstere ich immer wieder.

„Nein, Mummy.“ weint er und Lucy und Declan sehen mich traurig an „Ich will nicht weg.“ Seine Stimme klingt so verzweifelt und ich streiche ihm über seinen Kopf.

Am frühen Abend schläft er endlich und ich sitze an seinem Bett.

„Ich muss Geld auftreiben…“ ich sehe Lucy und Declan an „Ich muss heraus finden, wie viele Sicherheiten die vom Jugendamt verlangen und ich muss…“ meine Stimme bricht ab und Lucy führt mich nach draußen.

„Elle.“ Sie zwingt mich sie anzusehen.

„Nein Lucy, ich kann ihn nicht gehen lassen. Er zerbricht daran…“ weine ich.

„Ich weiß…“ sie streicht mir über den Kopf.

„Elle?“ ertönt eine mir bekannte Stimme und ich sehe in Richtung Aufzug. Marc steigt gerade aus und sieht mich an.

Er sieht abhetzt aus, sein Krawatte ist gelockert und der oberste Hemdknopf auf, er trägt kein Jackett und sein Hemd ist bis zu den Ellenbogen hoch gekrempelt.

Egal was die letzten Wochen passiert ist, egal was ich zu ihm gesagt habe, ich will zu ihm. Jede Faser meines Körpers braucht ihn jetzt, um nicht endgültig den Boden unter den Füßen zu verlieren.

Ich mache mich von Lucy los und laufe zu ihm, weinend falle ich ihm in die Arme und er hält mich fest.

„Hey.“ Er versucht mich zu beruhigen.

„Sie nehmen ihn mir weg.“ weine ich.

„Wer denn nur? Ich habe nur die Hälfte von Lucys Nachricht verstanden.“ Er nimmt mein Gesicht in seine Hände „Was ist passiert?“ er sieht mich fragend an.

„Das Jugendamt lässt Noah nach Dublin verlegen. Sie nimmt ihn mir weg.“ schluchze ich verzweifelt.

„Nein, das werde ich nicht zulassen.“ Er zieht mich wieder in seine Arme.

„Es tut mir alles so leid. Ich war dir gegenüber nicht fair.“ Meine Tränen durchnässen sein weißes Hemd „Ich habe dich gar nicht verdient.“

„Oh Prinzessin, du hast mir so sehr gefehlt.“ Er legt seine Hand unter mein Kinn „Ich liebe Dich, ich liebe Dich und Noah so sehr.“ Sanft küsst er mich.

„Du hast mir so sehr gefehlt.“ wimmere ich.

„Du mir auch, du kannst dir gar nicht vorstellen wie sehr.“ Er drückt mich wieder an seine Brust.

Lucy kommt zu uns und Marc nimmt auch sie in den Arm und begrüßt Declan.

„Danke, dass du mich angerufen hast.“ Er sieht zu Lucy.

„Ich kann es nicht mehr ertragen, dass sie sich jede Nacht in den Schlaf weint.“ Sie streicht mir über die Wange. „Sie schläft kaum, sie isst kaum und sie ist nicht mehr glücklich seitdem du weg bist.“

Mein Kopf liegt an Marcs Brust gelehnt und ich flüstere einen leisen Dank.

„Wir müssen uns was einfallen lassen…“ Declan boxt gegen die Wand und Lucy legt ihren Arm um ihn.

„Ja.“ Stimmt Marc ihm zu „Okay…“ er atmet tief durch und zwingt mich erneut ihn anzusehen „Das ist jetzt nicht annähernd so romantisch, wie ich es irgendwann einmal geplant habe, aber…“ er geht in die Knie „Eleanor Filan, willst du meine Frau werden?“

Ich starre ihn an und erst ein unsanfter Rippenstoß von Lucy holt mich aus meiner Schockstarre.

„Wie bitte?“ ich sehe Marc perplex an.

„Heirate mich Prinzessin. Werde meine Frau.“ Er kommt wieder hoch.

„Sag was.“ Declan sieht mich an und ich sehe wieder zu Marc.

„Ja.“ sage ich schließlich und er küsst mich zärtlich.

„Sehr gut, ich kenne einen Pastor, der uns helfen kann.“ Er zieht mich mit sich „Bleibt ihr bei Noah?“ er sieht zu Lucy und Declan und die beiden nicken verwirrt.

„Gut, sagt ihm, dass alles gut wird. Niemand bringt ihn irgendwo hin.“ Er bugsiert mich in den Fahrstuhl.

„Was hast du vor?“ ich sehe ihn an und er küsst mich erneut.

„Erstens Mal werde ich dafür sorgen, dass du nicht noch einmal weg läufst und wir holen uns Noah.“ Er legt seinen Kopf an meine Stirn. „Sie haben gesagt, sie verweigern dir das Sorgerecht, weil du allein stehend und mittellos bist…“ er sieht mich an und ich nicke leicht „Beide Hindernisse werden so schnell wie möglich aus dem Weg geräumt und dann gehen wir zum Direktor des Jugendamtes. Für was heiße ich Marcus McKenzie, wenn es nicht ab und zu ganz nützlich ist Einfluss zu haben?“

„So schnell wie möglich wird nicht reichen. Wir haben 2 Wochen.“ Ich sehe ihn zweifelnd an.

„Vertrau mir.“ Wir steigen im Erdgeschoss aus und gehen zu einem mir unbekannten Wagen.

„Wo ist dein Auto?“ ich steige verwirrt ein.

„In Dublin am Flughafen, ich hatte vor wieder dort zu landen und musste mir von Ethan sein Auto ausleihen.“ Erklärt er mir.

„Wo warst du denn?“ ich schnalle mich an.

„In Paris zum einem Geschäftsabschluss.“ Er startet den Motor.

„Du bist aus Paris gekommen?“ ich sehe ihn erstaunt an.

„Glaub mir, für dich und Noah wäre ich aus Alaska gekommen, wenn es nötig gewesen wäre.“

„Aber du hast die Verantwortung für deine Firma.“ Mir steht der Mund offen und er lächelt.

„Im Augenblick steht meine Verantwortung für dich und Noah im Vordergrund.“ Er küsst meine Hand „Und das Geschäft ist abgeschlossen, deshalb konnte ich ja nicht ans Handy gehe und Lucy musste auf meine Mailbox sprechen. Ich habe zwar nur die Hälfte verstanden, aber ich musste sofort zu dir.“

„Ich habe dich angeschrien.“ sage ich leise.

„Ich liebe dich…“ er sieht kurz zu mir „Das war nicht nett, aber da ich für dich wirklich alles tun würde…“ er lächelt leicht „Ich kann nur erahnen, wie hart es sein muss, eine solche Verantwortung zu tragen, wie du sie trägst. Du hast mir mal gesagt, dass Noah aus dir einen besseren Menschen gemacht hat.“

Ich sehe ihn an und nicke ganz sachte.

„Du und Noah ihr habt aus mir einen besseren Menschen gemacht. Ich kann dir alles verzeihen, wenn ich nur sicher sein kann, das du mich liebst.“ Er hält an einer Ampel und sieht mich an.

„Ich liebe dich.“ flüstere ich und er küsst mich, ehe er weiter fährt.

„Das ist gut, denn ich habe immer gesagt, ich heirate aus Liebe.“ Er steuert den Wagen durch die Innenstadt und steckt sein Handy in die Freisprecheinrichtung.

Muss ich mich jetzt wundern, dass sein Handy in die Einrichtung passt, obwohl das nicht einmal sein Auto ist?

„Mum zu Hause.“ Sagt er zum Telefon und das wahnsinnig schlaue Teil wählt.

„Marc mein Schatz…“ geht seine Mum verwirrt ran „Ich dachte du bist noch in Paris.“

„Lange Geschichte Mum…“ unterbricht er sie „Kannst du meine Geburtsurkunde und das Familienstammbuch zu Riley in die St. Patrick´s Church bringen? Sagen wir in 1 Stunde?“ bittet er sie.

„Aber…“ setzt seine Mum an.

„Ich erkläre es dir später, bitte Mum.“ bittet er sie eindringlich.

„Okay mein Schatz“ erwidert sie perplex.

„Danke Mum, ich liebe Dich.“ Damit legt er auf.

Dann sieht er mich an.

„Hast du Trauzeugen? Ich glaube wir brauchen jeder Zwei.“

„Lucy und Declan.“ Sage ich sofort.

„Hab ich mir fast gedacht.“ gibt er zu.

„Und du?“ ich nehme seine Hand, sie ist warm im Gegensatz zu meiner, die eiskalt ist.

„Ethan und Cameron.“ Er lacht leise.

„Sie werden dich alle für verrückt halten.“ gebe ich zu bedenken.

„Nachdem, wie ich in den letzten Wochen und Monaten zu ihnen war, werden sie das für die Idee des Jahrhunderts halten. Glaub mir Elle, ohne dich bin ich ziemlich unausstehlich.“ Er zwinkert mir zu und ich sehe auf unsere Hände.

„Es tut mir so leid.“ flüstere ich.

„Nein Prinzessin…“ er drückt meine Hand und fährt an den Straßenrand „Hör auf damit…“ bitte er mich und zieht mich zu sich „Bitte, ich will nicht, das du dich weiter entschuldigst. Klar, das war nicht… sagen wir mal… nett, aber ich weiß jetzt umso sicherer, das ich dich aus ganzen Herzen liebe. Denn man kann nur auf jemanden so böse sein, den man wirklich liebt und ich liebe dich so sehr.“ Er küsst mich und ich halte mich an ihm fest.

„Danke.“ hauche ich ihm ins Ohr.

„Ich danke dir.“ Er sieht mich an und streicht zärtlich über meine Wange. „Und jetzt ruf deine Eltern an, wir brauchen deine Geburtsurkunde und dein Familienstammbuch.“ sagt er liebevoll und ich tippe die Nummer meiner Eltern ins Handy.

„Charlie Filan.“ geht mein Dad förmlich ans Telefon, da er ja die Nummer nicht kennt.

„Daddy, hier ist Elle.“ melde ich mich und Marc fährt weiter, wir lassen Ballina hinter uns und ich weiß, das wir auf den Weg nach Newport sind.

„Elle meine Süße, wie geht es dir? Lucy hat angerufen, deine Mum ist bei Henry und will versuchen einen Kredit aufzunehmen.“ Seine Stimme klingt unsagbar traurig.

„Nein Daddy, sie soll das lassen…“ bitte ich ihn „Ich muss dich um einen Gefallen bitten…“

„Um alles Prinzessin.“ unterbricht er mich.

„Kannst du meine Geburtsurkunde und das Familienstammbuch in die St. Patrick´s Church nach Newport bringen? Jetzt?“ frage ich.

„Aber…“ setzt er erneut an.

„Hallo Charlie, hier ist Marc…“ meldet er sich nun zu Wort „… Ich weiß, ich hätte dich vor deiner Tochter fragen sollen, aber erlaubst du mir, deine Tochter zu meiner Frau zu machen?“

„Sicher… aber ich muss jetzt erst einmal rüber zu Henry und deine Mum holen, ich weiß doch nicht, wo der ganze Papierkram ist.“ Ich höre wie er sich anscheinend die Schuhe anzieht. „Wir sind so schnell wie möglich da.“ verspricht er mir „Ich liebe Dich Prinzessin.“ fügt er noch hinzu und legt auf.

„Oh wow…“ ich sehe zu Marc „Mein Dad ist echt verwirrt. Versprichst du mir was?“ ich sehe ihn an und er greift nach meiner Hand.

„Alles Prinzessin.“ Er sieht mich kurz an, ehe er sich wieder auf die Straße konzentriert. Es regnet mittlerweile wie aus Eimern, aber mit ihm als Fahrer fühle ich mich absolut sicher.

„Wenn du irgendwann auch nur den kleinsten Zweifel an dieser ganzen Sachen haben solltest, dann sag es mir.“ Ich sehe ihn von der Seite an.

„Ich habe keine Zweifel…“ er lächelt mich an „Nicht den Geringsten.“
Auf der restlichen Fahrt führt er noch einige geschäftliche Gespräche und ich bewundere ihn für sein selbstsicheres Auftreten, wenn es um seine Firma geht. Dann halten wir von einer kleinen Kirche, er springt aus dem Auto und hält mir die Tür auf. Fürsorglich hält er seine Jacke über uns beide, als wir zu dem kleinen Wohnhaus neben der Kirche laufen.

Er klopft und Augenblicke später sieht uns ein älterer Mann erstaunt an. „Marc? Was machst du denn hier?“

„Hallo Riley, hast du kurz Zeit?“ Marc sieht ihn bittend an.

„Klar, kommt rein.“ Er deutet ins Innere und wir treten pitschnass in den Flur.

„Sieht ja fast nach Sintflut aus.“ Er geht kurz und bringt uns zwei Handtücher. „Ich habe dich nicht erwartet.“ Er sieht wieder zu Marc.

„Du musst uns helfen.“ Marc rubbelt sich die Haare trocken und ich tue es ihm gleich, dabei fällt mir auf, das ich immer noch meine rosa Schwesternkleidung trage.

„Riley, das ist Eleanor Filan. Elle.“ stellt er mich vor.

„Ich bin Pastor Riley O’Hailey.“ Er reicht mir die Hand.

„Sehr erfreut Pastor O’Hailey.“ erwidere ich freundlich und schüttele die angebotene Hand.

„Riley, mein Kind… große Güte, du hast ja eiskalte Hände.“ Er führt uns ins Wohnzimmer, wo eine große, mit weinrotem Samt bezogene Couch vor dem lodernden Kamin steht.

Tja einen Kamin im Juni haben auch nur die Iren an… Wir kennen eben unser Wetter.

„Setzt euch. Was kann ich für euch tun?“ er sieht von Marc zu mir und dieser nimmt meine Hand.

„Du kannst uns trauen…“ Marc lächelt mich liebevoll an „So schnell wie möglich.“

„Was genau heißt ’So schnell wie möglich.’? Er legt seinen Kopf leicht zur Seite.

„Am 12.?“ Marc fährt sich mit der freien Hand durch die Haare.

„Diesen Sonntag? Marc, das sind nicht einmal mehr 48 Stunden…“ setzt Riley an.

„Riley, ich würde dich nicht darum bitten, wenn es nicht wichtig wäre….“ Marc beginnt ihm die Gründe zu erläutern und schließlich nickt Riley.

„Gut, Kinder, ich brauche eure Geburtsurkunden und die Familienstammbücher. Ich kann noch Toby, einen Freund aus Limerick dazu holen. Er ist Standesbeamter und kann es gleich abzeichnen, so spart ihr einen Weg zum Amt. Ihr braucht jeder zwei Trauzeugen und ich brauche noch heute Abend die Kopien ihrer Ausweise. Bekommt ihr das hin?“ er sieht von Marc zu mir.

„Meine Eltern müssten gleich hier sein…“ setzt Marc an und in diesem Moment klopft es.

„Dann werden sie das wohl sein.“ Riley steht auf und kommt mit meiner Mum und meinem Dad herein.

Meine Mum fällt mir sofort um den Hals. „Oh mein Kind…“ weint sie.

„Nicht weinen Mum, ich bitte dich…“ ich streiche ihr eine Strähne aus dem Gesicht „Wir schaffen das.“ sage ich sicher.

„Marc mein Junge.“ Nun wird auch Marc in den Arm genommen.

„Hallo Mary.“ Er lächelt leicht.

„Prinzessin.“ Mein Dad zieht mich in seine starken Arme.

„Alles wird gut.“ versichere ich ihm.

„Was ist hier überhaupt los?“ meine Mum lässt Marc endlich los und sieht uns an.

Gerade als ich zu einer Erklärung ansetzen will klopft es erneut.

„Ich nehme mal an, das sind jetzt Pete und Molly.“ Riley steht auf und kommt mit Marcs Eltern zurück.

„Marc.“ Molly drückt ihn an sich und zieht in zu sich runter, denn Marc mit seinen fast 1,90 m überragt sie um eine ganzes Stück.

„Alles gut, Mum.“ Er streicht ihr über den Rücken.

„Hallo Dad.“ Marc entwindet sich der Umarmung seiner Mum und nimmt seinen Dad in den Arm.

„Darf ich euch Elles Eltern vorstellen. Charlie und Mary.“ Er deutet auf meine Eltern und alle reichen sich die Hand.

„Also Junge, was ist hier los?“ Peter setzt sich zu meinem Dad an den Tisch und Riley lehnt sich gegen eben jenen, während unsere Mütter uns abwartend ansehen.

„Elle und ich werden Sonntag heiraten.“ lässt Marc die Katze aus dem Sack und alle sehen uns erstaunt an.

„Aber ist das nicht ein wenig übereilt? Ich meine bis heute Morgen…“ Molly sieht mich an.

„Mum, ich liebe sie. Ich liebe sie wirklich sehr und ich liebe Noah. Sie wollen ihr Noah wegnehmen und von ihr weg bringen…“ er sieht zu mir und zieht mich in seine Arme „Sie wollen ihn von uns weg bringen. Ich habe am ersten Tag gewusst, das ich sie heiraten will.“

Molly wischt sich über die Augen „Ach mein Schatz, du hattest mich schon nach dem ’Ich liebe sie.’ auf deiner Seite.“ gesteht sie und Marc steht auf, um sie in den Arm zu nehmen.

„Ich brauche die Geburtsurkunden und die Familienstammbücher.“ meldet sich nun Riley zu Wort.

„Natürlich.“ Meine Mum schnäuzt sich und reicht ihm die Papiere, was Molly ihr gleich tut.

„Gut, ich habe jetzt alles, wir sehen uns am Sonntag um 11 Uhr.“ Riley sieht uns alle an und wir stehen auf. „Marc, ich brauche die Ausweiskopien heute Abend noch.“ erinnert er Marc und dieser nickt.

„Ich muss mit Elle zurück nach Ballina.“ Marc sieht seine Eltern entschuldigend an.

„Charlie? Mary? Kommt ihr noch mit zu uns? Wir müssen noch einige Sachen besprechen.“ Molly sieht meine Eltern fragend an und diese nehmen dankbar an.

Draußen verabschiede ich mich von allen und wir laufen zum Auto.

„So, erste Etappe erledigt.“ Marc atmet durch, beugt sich zu mir und küsst mich „In weniger wie 48 Stunden bist du Mrs. McKenzie.“

„Oh wow… und ich habe nicht einmal ein Kleid.“ Ich sehe ihn an und deute auf meine Sachen.

„Ich heirate dich auch in diesen Sachen.“ Er zwinkert mir zu. „Aber ich gebe dir meine goldene Amex Karte und du gehst mit Lucy morgen Schoppen. Kauf alles, was du für nötig hältst…“ er küsst meine Hand.

„Aber…“ setze ich an.

„Widersprich mir nicht.“ ermahnt er mich milde „Du bist bald die Frau eines Millionärs, wenn ich dich erinnern darf.“
„Das braucht wohl eine Weile, bis das in meinem Kopf angekommen ist.“ gebe ich zu.

„Du gewöhnst dich dran…“ er lacht leise „Versprochen.“

„Ich liebe dich so sehr.“ gebe ich grinsend zurück.

„Ich hoffe, du würdest mich auch ohne mein Geld lieben.“ Er sieht mich an und ich merke, wie unsicher er sein kann.

Kaum zu glauben, ein Mann der ein Multimillionen Unternehmen leitet ist unsicher wegen mir… Einer kleinen Krankenschwester aus Killala.

„Ich würde dich auch lieben, wenn du nicht einen Cent in der Tasche hättest.“ Ich küsse ihn innig.

Er lächelt und fährt dann los, eine knappe Stunde später halten wir vor dem Haupteingang des Krankenhauses.

„Ich bin in einer halben Stunde wieder da…“ er sieht auf die Uhr, kurz nach 20 Uhr „Besorg die Kopien und verabrede dich für morgen mit Lucy, bitte Declan so lange bei Noah zu bleiben und bitte Prinzessin, fang an dich wenigstens ein bisschen zu freuen.“ bittet er mich und ich küsse ihn.

„Ja, Baby.“ Ich lächle und er erwidert es verschmitzt.

Ich springe aus dem Auto und laufe ins Krankenhaus, ich nehme wieder die Treppe und komme außer Atem im 4. Stock an. Declan steht im Flur und ich falle ihm in die Arme.

„Elle.“ Er drückt mich an sich. „Noah schläft, Lucy holt uns gerade einen Kaffee.“ erklärt er mir und ich sehe ihn dankbar an.

„Ich muss euch um was bitten.“ Ich drehe mich suchend nach Lucy um. Diese kommt aus dem Schwesternzimmer und lächelt als sie mich sieht.

„Alles geklärt?“ sie reicht Declan einen Becher mit Kaffee und nimmt einen Schluck von ihrem.

„Ja, so weit, so gut.“ Ich sehe Beide an „Ich brauche Kopien von euren Ausweisen. Jetzt.“

„Für was das denn?“ Declan holt sein Portemonnaie aus seiner Gesäßtasche und Lucy holt ihre Handtasche. Beide reichen mir ihre Ausweise.

„Ich heirate am Sonntag um 11 Uhr in der St. Patrick´s Church in Newport und ihr seid meine Trauzeugen.“ Ich nehme die Ausweise „Und ich brauche eine Kopie deswegen. Ich meine, wenn ihr meine Trauzeugen sein wollt?“ ich sehe beide fragend an.

„Aber sicher.“ antworten beide gleichzeitig.

„Sonntag, so wie, diesen Sonntag?“ Lucy legt ihren Kopf schief und ihr Pony fällt ihr ins Gesicht.

„Ja.“ Gebe ich zurück und gehe ins Schwesternzimmer und mache eine Kopie von den beiden Ausweisen.

„Soll das heißen, du bist in weniger wie 48 Stunden Mrs. McKenzie?“ Declan sieht mich an und ich nicke.

„Unglaublich, oder?“ ich zucke mit den Schultern.

„Der Hammer.“ Lucy fällt mir um den Hals.

„Hast du morgen Zeit? Ich brauche ein Hochzeitskleid und noch ein paar andere Kleinigkeiten.“ Ich sehe sie an und sie kreischt los.

„Aber sicher.“ jubelt sie und wirbelt mich herum.

„Um 10 Uhr? Ich komme zu uns in die Wohnung.“ Frage ich sie und sie hüpft aufgeregt um mich herum.

„Deco kannst du…“ setze ich an.

„Ich bleibe hier und halte die Stellung.“ verspricht er mir und ich drücke ihn.

„Ich liebe Dich Deco…“ ich ziehe Lucy in meinen anderen Arm „Und dich auch Lucy.“

„Alles geklärt?“ Marc steigt aus dem Fahrstuhl und kommt auf uns zu.

Triumphierend halte ich die Zettel mit den Kopien hoch. Marc kommt bei uns an und nimmt mich in den Arm.

„Habt ihr ein Fax?“ er gibt mir einen kurzen Kuss und nimmt die Zettel an sich.

„Ja, im Schwesternzimmer, du musst die 0 vorweg wählen.“ erkläre ich ihm und er geht grinsend über den Flur.

„Wow Elle, ich fass das alles nicht.“ Lucy schüttelt den Kopf.

„Ich auch nicht.“ gebe ich zu.

Nach ein paar Minuten kommt Marc wieder. „Wir schauen noch mal kurz nach Noah und dann müssen wir los.“ Ich sehe zu Lucy und sie nickt.

„Deco und ich bleiben hier, wenn er aufwacht sagen wir ihm, dass ihr morgen vorbei kommt.“ verspricht sie mir.

Marc legt den Arm um meine Schultern und wir gehen leise in Noahs Zimmer.

Er liegt so friedlich, an seinen Kuschellöwen gepresst in seinem Bett und ich streiche ihm über den Kopf.

„Alles wird gut, Baby.“ verspreche ich ihm und hauche ihm einen Kuss auf die Stirn.

Er öffnet langsam seine Augen und sieht mich an.

„Mummy, du bist da.“ flüstert er.

„Ja mein Baby.“ Ich nehme ihn in den Arm. Er ist noch völlig verschlafen und ich bin mir sicher, er wird gleich weiter schlafen. Dann entdeckt er Marc und ein Lächeln huscht über sein Gesicht.

„Marc.“ flüstert er.

„Hey mein Kleiner.“ Marc setzt sich zu uns und streicht ihm sanft über den Kopf.

„Ich habe dich vermisst.“ Noah sieht ihn kurz an.

„Ich dich auch, mein Kleiner.“ gesteht Marc und ich sehe ihn liebevoll an.

„Schaf jetzt weiter…“ sage ich behutsam und decke ihn wieder zu. „… Morgen kommen wir wieder.“

„Marc auch?“ nuschelt er.

„Ja Baby, Marc auch.“ verspreche ich ihm und küsse seine Stirn ein letztes Mal, ehe wir wieder raus gehen.

„Warum ist er an so viele Infusionen angeschlossen?“ Marc sieht mich fragend an.

„Er hat einem Chemoblock hinter sich und das ist die Nachsorge.“ Ich zucke mit den Schultern.

„Komm her Prinzessin.“ Er küsst mich „Ich werde alles tun, um ihm zu helfen.“ Versichert er mir und ich nicke an seiner Brust.

Wir gehen zu Declan und Lucy in den Warteraum. „Er schläft wieder.“ sage ich und setze mich neben Lucy „Ich danke euch.“ wiederhole mich zum x-ten Mal heute Abend.

„Dafür nicht.“ gibt sie zurück und nimmt meine Hand. „Wow, meine beste Freundin heiratet.“ grinst sie.

„Hmm.“ Ich lächle verlegen.

„Wir müssen. Ich habe noch Unmengen an Anrufen zu erledigen und ich denke wir brauchen einfach mal ein paar Minuten Ruhe, um alles zu verarbeiten.“ Marc hält mir lächelnd seine Hand hin.

Ich nicke Lucy zu und gebe ihr einen Kuss auf die Wange, dann ergreife ich Marcs Hand und schenke Declan einen dankbaren Blick.

Im Fahrstuhl sieht mich Marc sorgenvoll an.

„Was geht in deinem hübschen Kopf vor?“ er drückt mich gegen die Rückwand des Fahrstuhls und zwingt mich ihn anzusehen.

„Ist das verrückt, was wir hier tun?“ frage ich leise.

„Nein Prinzessin, ganz und gar nicht.“ antwortet er sicher.

Er kommt meinem Gesicht ganz nah und haucht mir einen Kuss auf die Lippen bei dem ich das Gefühl habe, meine Beine geben gleich nach. Wir steigen im Erdgeschoss aus und laufen schnell zum Auto.

„Wo hast du das denn jetzt wieder her?“ ich steige ein und sehe Marc an.

„Das ist einer von meinen.“ gibt er zurück „Ethan hat mich kurz zu mir gefahren, damit er sein Auto wieder bekommt.“

„Einer von deinen?“ ich sehe ihn an und er lacht.

„Ja, ich habe zwei oder drei.“ Er zuckt mit den Schultern „Oder sollte ich jetzt sagen wir?“

„Wir?“ frage ich verständnislos.

„Was mein ist, ist auch dein.“ Er startet den Motor und ich starre ihn an „Komm Prinzessin, atmen nicht vergessen.“ lacht er.

Darüber habe ich nicht nach gedacht. Klar, ich weiß, wir haben alle Sicherheiten, aber ehrlich, wir sind weit darüber hinaus. Ich heirate einen gottverdammten, irren Millionär…

Als er 20 Minuten später vor seinem Haus hält und mir hinaus hilft, da habe ich noch immer meine Schwierigkeiten, das alles in meinem Kopf zusammen zu setzen…

Als wir im Flur sind und ich die Kommode sehe, da merke ich wie mir die Röte ins Gesicht steigt.

„Verlegen?“ grinst Marc und zieht mich schnell in seine Arme. Dann nimmt er mein Gesicht in seine Hände „Ganz ehrlich Prinzessin, wir brauchen jetzt unbedingt eine heiße Dusche.“ Er bugsiert mich die Treppe hinauf und schubst mich quasi ins Bad.

„Handtücher sind im Schrank.“ Er küsst mich innig.

„Ich dachte, WIR brauchen eine Dusche?“ frage ich enttäuscht, laufe hinter ihm her und halte ihn an seinem Hemdkragen fest.

„Ja, du hier und ich im anderen Bad. Glaubst du, ich habe nur ein Bad?“ er grinst.

Ich trete einen Schritt zurück „Bekommst du das auch in deinem anderen Bad geboten?“ ich ziehe meinen Kasak über den Kopf und schlüpfe aus meiner Hose. Ich stehe nur noch in schwarzer Spitzenunterwäsche vor ihm und er schluckt schwer.

„Nein.“ gibt er zu.

„Und wie sieht es hiermit aus?“ ich öffne meinen BH, lasse ihn über meine Schultern gleiten und entledige mich meines Slips.

„Bestimmt nicht.“ Seine Stimme klingt rau und er schluckt erneut.

Ich gehe langsam auf ihn zu und merke wie sein Blick über meinen Körper schweift. Ganz ernsthaft, ich habe heute schon verrücktere Dinge getan… Immerhin werde ich diesen Mann in etwas mehr als 24 Stunden heiraten.

Ich ziehe ihn an seiner Krawatte zu mir runter.

„Ich warte unter der Dusche auf dich.“ hauche ich ihm ins Ohr und gebe ihm einen kurzen Kuss.

Ich trete in die wirklich beeindruckend große Dusche und betätige ein paar Knöpfe. Keine Ahnung was das alles bezweckt, aber der heiße Strahl auf meinem Rücken und der aufsteigende Dampf bestätigen mir, dass es augenscheinlich die richtigen Knöpfe sind.

Ich schließe meine Augen und wende mein Gesicht dem heißen Strahl zu, während mich heißer Dampf umhüllt.

Kühle Hände treffen auf meinen nun erhitzten Körper und streichen sanft über meinen Rücken. Wohlig stöhne ich auf und reibe mich an ihm, was ihm nun ein heiseres Stöhnen entlockt. Ich spüre seine Männlichkeit an meinem Po und seine Hände wandern nun über meine Brüste und massieren sie mit festem Druck.

Er küsst meinen Hals und ich drehe meinen Kopf leicht zur Seite. Mit einer ruckartigen Bewegung dreht er mich um und ich sehe in seine vor Lust glänzenden Augen.

„Nimm. Mich.“ hauche ich und ich brauche ihm das kein zweites Mal zu sagen.

Er drückt mich gegen die geflieste Wand und die Kühle der Fliesen bringt mich dazu scharf einzuatmen. Er drängt sich zwischen meine Beine und hebt mich leicht an.

Ich schließe meine Augen und nur Sekunden später füllt er mich aus und dehnt mich bis an meine Schmerzgrenze.

Ich stütze mich an der Wand hinter mir ab, versuche Halt zu finden und er taumelt rückwärts gegen die Glasscheibe der Dusche.

Meine Hände hinerlassen an ihr feuchte Abdrücke und ich stöhne auf, als ich merke, dass sich alles in meinem Unterleib zusammen zieht.

„Sieh. Mich. An.“ kommt es gepresst von ihm und ich öffne meine Augen. Ich sehe in seine, die mich lüstern ansehen und ich fahre ihm durch die Haare. Dann entlädt sich all die Anspannung der letzten Wochen und Monate und des heutigen Tages in einem Orgasmus ungeahnten Ausmaßes und ich halte mich an ihm fest.

„Gott. Ich. Liebe. Dich.“ raunt er kehlig.

„Ich. Dich. Auch.“ kommt es stoßweise von mir und ich merke wie sich seine Rückenmuskeln anspannen. Erschöpft lege ich meinen Kopf auf seine Schulter und halte mich an ihm fest.

Ich bin nicht in der Lage meinen Körper zu beruhigen, das Blut rauscht in meinen Ohren und er setzt mich ab. Ich bin mir nicht sicher, ob meine Beine mich tragen wollen, aber augenscheinlich tun sie es.

Ein glückliches Lächeln umspielt seine Lippen und er beginnt mich sanft einzuseifen. Ich tue es ihm gleich und meine Hände wandern über seine muskulöse Brust. Wir schaffen es tatsächlich irgendwann aus der Dusche heraus und das ganze Bad gleicht einer Sauna.

Er hüllt mich fürsorglich in einen Bademantel und zieht sich ebenfalls einen an. An der Hand zieht er mich ins Schlafzimmer und ich lasse mich aufs Bett fallen.

„Wolltest du wirklich im anderen Bad duschen?“ necke ich ihn, als ich in seinen Armen liege.

„Eigentlich schon, ich wusste, ich kann deinen Reizen nicht widerstehen und eigentlich muss ich noch einige Anrufe machen.“ Er küsst meine Stirn und ich seine Brust.

„Entschuldigung.“ gebe ich nicht sehr reumütig zurück.

„Muss es nicht…“ ich spüre wie er leise lacht „Das war Millionen Mal besser.“

Ich komme leicht hoch und küsse ihn herausfordernd.

„Wiederholung?“ frage ich leise und er lacht wieder.

„Miss Filan, so…“ setzt er lachend an.

„Ja, so heiß auf meinen zukünftigen Mann.“ beende ich seinen Satz und setze mich auf seinen Schoß „Und sie scheinen auch nicht abgeneigt zu sein.“ stelle ich grinsend fest.

„Ganz und gar nicht.“ gibt er zu und gleitet in mich.

„Gott.“ stöhne ich leise und er lächelt, als ich ihn ansehe. „Keine Höhenflüge, Mr. McKenzie.“ füge ich atemlos hinzu.

Ich weiß nicht, wann wir endlich einschlafen, aber, als ich aufwache, bin ich allein.

Ich höre seine Stimme von nebenan und stehe leise auf. Ich wickele die Bettdecke wie eine Toga um mich und tapse in den Flur, es ist trüb draußen und ich habe keine Ahnung wie spät es ist.

Ich bleibe in der Tür stehen, er sitzt nur in Boxershorts an einem großen Schreibtisch und führt ein Telefonat in einer Sprache die ich nicht kenne.

Er sieht auf und entdeckt mich, ein süffisantes Lächeln umspielt seine Augen und ich trete an den Schreibtisch heran.

Ich lüfte die Decke ein wenig und er zieht eine Augenbraue hoch. Ich setze mich auf seine Tischkante und erhasche einen Blick auf die Uhr, die auf seinem Schreibtisch steht, kurz nach 8 Uhr morgens. Verführerisch schlage ich meine Beine übereinander und ich beobachte wie er hektisch schluckt.

Ich meine, ansonsten bin ich nicht so, aber ist das Leben nicht viel zu kurz, um sich an alle Regeln zu halten?

Langsam rutsche ich von der Kante und gehe um den Schreibtisch herum, ich setze mich direkt vor ihm auf den Schreibtisch und lasse die Decke fallen. Er reißt seine Augen auf und sieht mich bewundernd an. Ich sehe ihm tief in die Augen und benetze meine Lippen.

Er spricht nun ziemlich abgehetzt mit seinem Gesprächspartner und legt dann schnell auf.
„Was genau machst du da?“ er kommt näher und steht auf.

Ich lächle nur und schlinge meine Beine um ihn.

„Nach was sieht es denn aus Mr. McKenzie?“ frage ich ihn neckend.

„Es sieht so aus, als sei meine zukünftige Frau ein kleines Biest.“ Er zieht mich zu sich und ich spüre seine deutliche Erregung.

„Wenn es dir nicht gefällt, dann kann ich auch wieder ins Bett gehen.“ lächle ich.

„Untersteh dich.“ Er greift mit einer Hand in meinen Nacken und küsst mich hart.

Er nimmt mich auf seinem Schreibtisch und ich liege danach schwer atmend in seinen Armen.

„Duschen?“ haucht er mir ins Ohr und ich nicke schwach.

Er hebt mich auf seinen Arm und trägt mich ins Bad. Wieder umhüllt uns heißer Dampf und ich komme langsam wieder zu mir. Marc hält mich in seinen Armen und ich lege meinen Kopf an seine Schulter.

„Ich werde dich heiraten.“ sage ich leise und er lacht.

„Ja Prinzessin.“ Er küsst meinen Scheitel.

Wir seifen uns gegenseitig ein und anschließend schlüpfe ich in ein Hemd und Boxershorts von ihm. Ich habe ja keine Sache mit und kann schlecht in nassen Sachen vom Vortag in meine und Lucys Wohnung. Irgendwo findet er noch eine Jogginghose für mich und wir setzen uns in die Küche, um eine Kleinigkeit zu frühstücken.

Ich sehe aus dem Augenwinkel wie er mich die ganze Zeit beobachtet und esse mein Obst.

„Was?“ ich sehe ihn an und seine Augen funkeln mich an.

„Habe ich dir heute schon gesagt, wie wunderschön du aussiehst?“ er legt seinen Kopf schief und ich lächle.

„Nein.“ gebe ich zu und stelle meine Müslischale in den Geschirrspüler.

Er folgt mir und umarmt mich von hinten „Dann sage ich es dir jetzt.“ Er küsst meinen Nacken.

„Marc, ich muss los. Lucy wartet auf mich und ich darf dich bis zur Hochzeit morgen nicht mehr sehen.“ Ich drehe mich um und küsse ihn.

„Ich soll die Nacht vor unserer Hochzeit allein verbringen?“ er sieht mich schockiert an.

„Ja, das oder fahr zu Ethan.“ Ich tätschele seine Wange.

„Kurze Frage…“ er kommt mir hinterher in den Flur.

„Ja?“ ich binde meine Turnschuhe zu und sehe ihn an.

„Zum Ersten, würde ich gerne wissen wollen, wie du zu Lucy kommst und zum Zweiten womit willst du bezahlen?“ er lehnt sich an den Türrahmen und grinst mich an.

Oh stimmt, da war noch was…

Ich sehe ihn an und er deutet mir an zu ihm zu kommen.

„Einen Kuss.“ Sagt er streng und ich küsse ihn innig. „Sehr gut, nimm den SUV von Audi, der steht in der Garage vorne…“ er reicht mir einen Schlüssel „Und hier ist meine Kreditkarte, sollten sie irgendwo damit ein Problem haben, dann sollen sie mich anrufen.“ Er küsst meine Stirn „Ich zähle die Sekunden bis du wieder in meinen Armen liegst. Ich liebe dich.“ haucht er mir ins Ohr.

„Ich dich auch.“ flüstere ich und trete hinaus in den Regen. Er öffnet die Garage und ich besteige den dunkelblauen Audi Q8, der vorn steht.

Das ist mal ein großes Auto, ich hoffe ich komme an dem vor dem Haus geparktem BMW vorbei ohne ihn zu rammen. Aber eines ist hier ja ausreichend vorhanden: Platz. Ich fahre über den Rasen, um dem BMW nicht zu nahe zu kommen und Marc steht im Türrahmen und lacht.

Ich fahre viel zu schnell, aber das Auto lädt mich auch geradezu dazu ein, ich bin schon nach 10 Minuten vor unserem Haus und versuche einen Parkplatz für das Monster zu finden.

Ich finde eine Parklücke gegenüber unserem Haus, allerdings habe ich keine Ahnung wie ich dieses Monstrum da rein bekommen soll. Ein Knopf mit Parkassistent lächelt mich an und ich betätige ihn.

„Fahren sie an gewünschten Parkmöglichkeit parallel vorbei.“ weist mich das Auto an und ich tue ihm den Gefallen. „Die Parkmöglichkeit ist ausreichend.“ ertönt es erneut. Dann bewegt sich das Lenkrad von alleine und ich kreische kurz auf.

Hey, das Auto parkt alleine ein…

Ich steige aus und schließe das Auto mit der Fernbedienung ab. Ich laufe die Treppen hoch und will gerade klopfen als die Tür geöffnet wird und Lucy mich belustigt ansieht.

„Wie siehst du denn aus?“ lacht sie.

„Ich habe keine Sachen bei Marc.“ gebe ich zurück und nehme sie in den Arm.

„Zieh dich um, ich habe mit deiner Mum telefoniert. Wir haben viel vor.“ Sie schubst mich in mein Zimmer und ich ziehe mir eine Jeans und einen Pullover an.

„Meine Mum?“ frage ich als ich umgezogen wieder in den Flur trete.

„Ja, wir treffen uns mit ihr in 20 Minuten am Bishops Einkaufcenter.“ erklärt sie mir und drückt mir meine Jacke in die Hand, während ich in meine Stiefel schlüpfe.

„Dein Tank ist fast leer.“ Lucy sieht mich betreten an, als wir auf die Straße treten.

„Wie gut, dass mein Zukünftiger mehr als ein Auto hat.“ Ich drücke auf die Fernbedienung und die Lichter am Audi leuchten kurz auf.

„Echt jetzt? Wahnsinn.“ Lucy grinst mich an, als wir zum Auto gehen.

20 Minuten später parken wir im Parkhaus des großen Einkaufzentrums und ich entdecke meine Mum.

„Mum!“ ich laufe zu ihr und nehme sie in den Arm. Fragend sieht sie aufs Auto.

„Lange Geschichte.“ winke ich ab.

Dann geht es los, ich hatte ja keine Ahnung auf was ich mich da eingelassen habe. Um 15 Uhr verlassen wir endlich mit gefühlten 100 Tüten den Brautmodeladen und ich mache drei Kreuze. Meine Mum und Lucy kennen kein Erbarmen und schließlich bin ich diejenige, die sie dazu überredet ihnen auch noch schicke Kleider zu kaufen. Auch einen Anzug für Declan und meinen Dad kaufen wir, schließlich müssen die Beiden ja auch gut aussehen. Meine Mum ist heute so sensibel, dass sie bei jedem bisschen anfängt zu weinen und mir erzählt, wie schlimm es ist, dass ihr kleines Mädchen erwachsen ist.

Hallo Mum? Ich bin fast 27…

Als wir uns bei einem Italiener eine kurze Pause gönnen, kommt ein junger Mann auf mich zu.

„Sind sie Eleanor Filan?“ er sieht mich fragend an und ich nicke leicht.

„Dann ist das für sie Ma’am.“ Er reicht mir ein kleines Päckchen. „Einen schönen Tag noch.“ verabschiedet er sich und ich sehe auf das Päckchen in meiner Hand.

„Was ist das?“ fragen meine Mum und Lucy gleichzeitig.

„Ich kann nicht hellsehen.“ grinse ich und nehme das kleine Kärtchen.

Prinzessin! Es soll ja niemand sagen, ich mache nur halbe Sachen. Ich liebe Dich! Marc

Ich reiche meiner Mum die Karte und nestele an dem Papier herum, eine kleine Schachtel von Cartier kommt zum Vorschein und als ich sie öffne, da strahlt mich ein wunderschöner Ring an. Er ist aus Weißgold mit einem kleinen Diamanten. Ich schlucke und streife ihn über meinen Finger, er passt wie angegossen.

„Er ist verrückt.“ lächle ich unter Tränen.

„Er liebt dich eben.“ Lucy zuckt mit den Schultern und beißt von ihrer Pizza ab.

Wie kann sie jetzt was essen?

Schließlich setze ich mein Mum um 17 Uhr in ihr Auto und sie winkt mir und Lucy zu, ehe sie los fährt.

„Noah?“ Lucy sieht mich an und ich nicke.

„Er wartet bestimmt schon auf mich.“ grinse ich und wir steigen ins Auto.

Als wir beide die Station betreten kommt Annie auf mich zu und nimmt mich in den Arm.

„Wir haben heute den Verlegungstermin bekommen. Sie holen ihn schon am Montag ab…“ berichtet sie mir geschockt.

Ich atme tief durch „Keine Sorge Annie, sie werden ihn nirgendwo hin bringen.“ sage ich sicher und gehe zu Noah ins Zimmer.

Er sitzt mit Declan auf dem Bett und streckt mir seine Ärmchen entgegen als er mich sieht.

„Hallo Mummy.“ Er kuschelt sich an mich.

„Hallo Baby.“ flüstere ich ihm ins Ohr.

„Marc war auch da, schau mal.“ Er deutet auf ein großes Polizeiauto und strahlt übers ganze Gesicht.

„Das ist ja Klasse.“ Ich betrachte es eingehend und er nimmt es wieder an sich.

„Ich soll dir von ihm ausrichten, dass er hofft, dass du sein Geschenk erhalten hast und, dass er es kaum abwarten kann.“ Declan grinst mich an.

„Ja, das Geschenk ist angekommen.“ Ich halte meine Hand hoch und er betrachtet lächelnd meinen Ring.

„Wow, Mummy, der ist schön.“ Noah sieht mich an und ich nehme ihn in meine Arme.

„Ja, er ist wirklich schön. Weißt du, Marc hat ihn mir geschenkt. Wir werden morgen heiraten.“ versuche ihm zu erklären.

„Was ist denn das?“ er legt seinen Kopf schief und ich grinse.

„Wenn sich eine Frau und ein Mann ganz doll lieb haben, dann gehen sie in eine Kirche und der Pastor macht sie dann zu Mann und Frau.“ Ich sehe zu Declan und er lacht los.

„Mach es besser Deco.“ Ich sehe ihn strafend an.

„Weißt du Knirps. Wenn deine Mummy einen Mann heiratete, dann werden sie, du und er eine kleine Familie.“ Erklärt er ihm und Noah klatscht in die Hände.

„Oh ja, dann habe ich einen Daddy? Kann ich mir einen aussuchen?“ er sieht mich fragend an.

„Ich denke wir nehmen Marc, oder?“ ich strubble ihm durch die Haare.

„Gute Idee, Mummy.“ stimmt er mir zu und ich sehe zu Declan.

„So macht man das.“ meint er mit stolz geschwollener Brust.

„Männerlogik.“ sagt Lucy und nimmt Declan in den Arm.

„Hey Baby, meinst du, dass du heute Nacht und morgen mit Annie und Lory klar kommst? Marc und ich kommen Montag. Was sagst du?“ ich sehe ihn fragend an.

„Klaro Mummy.“ Er reckt seinen Daumen in die Höhe und gibt Declan ein High Five.

„Du bist der Besteste.“ lobe ich ihn und er lacht vergnügt.

„Wir müssen. Morgen früh um 7 Uhr steht die Friseurin auf der Matte und die Maniküre kommt um 7:30 Uhr.“ Lucy sieht mich an und ich drücke Noah einen Kuss auf die Stirn.

„Ich liebe Dich, Baby.“ Ich winke ihm zu und nehme meine Tasche.

„Ich dich auch, Mummy! Bye Lucy! Bye Deco!“ ruft er uns hinterher.

Als wir in den Flur hinaus treten kommt Philipp zu mir.

„Ich habe es schon gehört…“ ich hebe meine Hand „Sorge dafür, dass sie ihn nicht weg bringen, bevor ich da bin.“ Ich sehe ihn eindringlich an.

„Aber sicher, er hat morgens noch Untersuchungen, die sicher bis in den späten Nachmittag dauern.“ Er zwinkert mir zu.

„Du bist der Beste!“ ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange und laufe Declan und Lucy hinterher.

Bei uns angekommen, lasse ich mich geschafft auf die Couch fallen. Declan grinst mich, selig darüber, dass er das Auto nach Hause fahren durfte, an und ich lege meine Füße hoch. Sofort springt mich Chimney auf den Schoß und malträtiert mich mit ihren Pfoten.

„Ist ja gut Süße.“ beruhige ich sie und Lucy raschelt in der Küche mit ihrem Futter. Sofort macht sie einen Satz runter von meinem Schoß und sprintet ihrem Futter entgegen.

„Deine letzte Nacht als unverheiratete Frau.“ Declan legt seine Füße ebenfalls auf den Tisch. „Wäre da nicht eine Junggesellinnenabschied angesagt?“ er zieht eine Augenbraue hoch.

„Ich bin zu müde, um an so etwas, wie eine Party, zu denken.“ Ich strecke ich mich.

„Du bist die lahmste Braut, die ich kenne.“ lacht er auf.

„Na und?“ ich strecke ihm die Zunge raus „Wie viele Bräute kennst du denn?“

„Dich.“ gibt er zurück und ich werfe mein Kissen nach ihm.

Plötzlich springt er auf.

„Für deine Kinder und Enkel wird dieser Abend heute fest gehalten.“ Er holt sein Handy aus der Tasche und beginnt zu filmen.

Lucy kommt mit Sekt aus der Küche und wir amüsieren uns noch richtig gut. Lucy und ich singen, auf der Couch hüpfend irgendwann –Girls just wanna have fun- und laufen lachend durchs Wohnzimmer. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so ausgelassen und so einfach ich war.

„Ich liebe dich!“ ich nehme Declans Handy und filme mich und Declan. Ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange und wir lachen in die Kamera.

„Ich hoffe dein zukünftiger Mann nimmt mir das nicht übel.“ grinst er.

„Ganz ehrlich…“ wir lassen uns über die Rückenlehne auf die Couch fallen und er hält das Handy über uns „Ich glaube, ich habe noch nie einen Menschen so sehr geliebt wie Marc. Außer Noah natürlich…“ gebe ich zu „Und er hat mir alles verziehen…“ ich sehe zu Declan.

„Du bist glücklich, oder?“ lächelt er.

„Ja, das bin ich…“ ich schließe meine Augen und hoffe so, das Karussell dazu zu bringen, anzuhalten „… Wir legen ein ganz schönes Tempo vor, oder?“ ich sehe zu Lucy die sich neben mich hat plumpsen lassen.

„Die Hauptsache ist, du bist glücklich.“ Sie strahlt mich an.

„Hier mein Hochzeitgruß an dich und Marc…“ Declan hält das Handy über sich „Meine liebste Elle, ich wünsche dir, das du so glücklich wirst, wie du es verdienst und dass sich all deine Träume erfüllen. Du bist neben Lucy meine beste Freundin und ich bewundere dich.“ Er schickt der Kamera einen Kuss „Marc, du bist neu und ich kenne dich kaum, aber wie auch? Elle hat dich ja zwischenzeitlich eiskalt abserviert. Hey, mach dir nichts draus, ist mir bei Lucy auch das eine oder andere Mal passiert. Behandele meine Elle gut, mach sie glücklich und pass mir ja auf Noah auf. Alles klar Kumpel… ansonsten bist du tot. Das meine ich Ernst.“ Er sieht in die Kamera und schaltet sie dann endlich ab.

Ich sehe mich um, mittlerweile stehen 4 Sektflaschen auf dem Tisch und ich will nur kurz meine Augen schließen, um mich zu erholen, denn dieses verdammte Karussell will einfach nicht stehen bleiben.

Es dreht sich, dreht sich und dreht sich...

Ein Klingeln lässt mich aufschrecken und ich sehe Declan verwirrtes Gesicht neben mir, ich drehe meinen Kopf und Lucy sieht mich an, wir liegen immer noch auf der Couch und ich komme schwerfällig hoch.

„Scheiße.“ brumme ich und öffne die Tür.

„Gefeiert?“ eine Frau sieht mich an und ich nicke leicht.

„Dann wollen wir mal.“ Sie schubst mich in die Küche und beginnt tatsächlich meinen brummenden Schädel zu bearbeiten.

Lucy erbarmt sich und bringt mir zwei Aspirin und ein Stück trockenen Toast. Ob mir allerdings wirklich von der Nacht oder aber von dem was vor mir liegt schlecht ist, das weiß ich wirklich nicht.

„So vollbracht.“ Lucy sieht mich an und schlägt eine Hand vor den Mund.

„Du bist so wunderschön.“ Sie nimmt meine Hand und ich drehe mich zum großen Spiegel um.

Das bin wirklich ich?

Ich trage ein einfaches, schulterfreies Brautkleid, ohne großen Tüllrock oder ähnliches. Es ist mir Spitze verziert und schmiegt sich an meinen schlanken Körper. Es ist bodenlang und unten etwas weiter. Mir hat es gefallen, weil es nicht zu aufdringlich ist, aber dem Anlass einfach voll und ganz entspricht. Meine Haare sind hoch gesteckt und ein langer Schleier eingearbeitet. Weiße Perlenohringe funkeln an meinen Ohren und die passende Kette ziert meinen Hals.

Meine Augen strahlen und ich merke wie die Aufregung immer mehr von mir Besitz ergreift. Ich nehme zitternd Lucys Hand in meine.

„Bereit Ladys? Wir müssen los.“ Declan steht in schwarzen Anzug mit Fliege in der Tür und sieht mich lächelnd an.

„Wenn eine von euch heult, bring ich euch um, die Kosmetikerin ist gerade los.“ Er nimmt Lucy und mich in den Arm.

Lucy sieht zauberhaft in ihrem hellblauen, kurzen Kleid aus. Die Friseurin hat ihre Haare hellbraun gefärbt und plötzlich wirkt sie so brav. Meine Lucy… ich falle ihr um den Hals.

„Echt jetzt Mädels, wir müssen.“ drängelt Declan und ich reiche ihm den Autoschlüssel.

„Ich habe mich schon gefragt, ob die Braut selbst fahren will.“ grinst er und auch ich lächle.

Als wir auf die Straße treten, scheint tatsächlich die Sonne und es ist wirklich sommerlich. So wie man es für Anfang Juni im Allgemeinen erwarten kann…

„Das ist ein Omen…“ Lucy hilft mir beim Einsteigen und ich wundere mich nicht, dass sie weiß, was ich denke.

Die Fahrt über versucht Lucy mich zu beruhigen und redet mir gut zu. Ich halte mich krampfhaft an meinem Brautstrauß aus lilanem Flieder fest und versuche nicht durchzudrehen.

„Wir sind da.“ Declan dreht sich zu uns um und mein Dad öffnet die Autotür.

„Du siehst wunderschön aus meine Prinzessin.“ Er reicht mir seine Hand und ich nehme ihn in den Arm. „Dein zukünftiger Mann macht sich schon Sorgen, er deutet auf die Uhr.

Ich bin tatsächlich 5 Minuten zu spät, aber Declan hat sich auf den letzten Kilometern auch extra Zeit gelassen. Ich sehe zu ihm und er zwinkert mir zu.

„Bereit?“ fragt mein Dad und ich nicke nur.

Wir gehen auf die Kirche zu und Lucy und Declan treten vor mir ein. Ich atme tief durch und entdecke Marc in seinem schwarzen Smoking vor dem Altar, er lächelt mich an und eine einzelne Träne läuft über sein Gesicht. Mein Dad richtet meinen Schleier und wir schreiten zum obligatorischen Hochzeitsmarsch nach vorne. Ich nehme niemanden außer Marc wahr und setze bedächtig einen Fuß vor den anderen.

Dann überreicht mein Dad meine Hand an Marc und dieser strahlt mich an.

Wir drehen uns zu Riley.

„Wir haben uns heute hier versammelt um diese Frau und diesem Mann vor Gott und ihren Freunden zu vermählen. Sollte irgendjemand etwas gegen diese Verbindung einzuwenden haben, so möge er jetzt sprechen oder für immer schweigen.“ Riley wartet einen Moment und ich atme durch, als er fort fährt.

Man weiß ja nie…

„Marc hat mich gebeten sein eigenes Gelübde vortragen zu dürfen und alle die mich kennen, die wissen, dass ich ihm keinen Wunsch abschlage.“ Riley sieht hinter uns und einzelne kleine Lacher sind zu hören.

Marc nimmt meine vor Aufregung nassen Hände in seine und sieht mich an. „Elle…“ setzt er an und drückt leicht meine Hände „Als ich dich das erste Mal sah, da wusste ich, ich will diese Frau heiraten…“ er lächelt „Ich habe niemals an die Liebe auf den ersten Blick geglaubt, bis ich in deine wunderschönen Augen gesehen habe. Ich dachte mir, wie schwer kann es sein, das Herz dieser Frau zu erobern…Tja, schwerer als gedacht, denn Erstes, gab es dich nur im Doppelpack mit Noah und zum Zweiten, bist du sehr impulsiv, aber genau das liebe ich so sehr an dir. Du bist eine so wunderbare Frau, du ergänzt mich und machst mich zu einem besseren Menschen. Ich verehre dich und es ist mir eine Ehre dein Mann zu werden. Ich will dich beschützen, ich will dich ehren und ich will dich lieben bis ans Ende meiner Tage.“ Er sieht mich an und mir laufen die Tränen über die Wangen.

„Eleanor Julienne Filan willst du den hier anwesenden Marcus Aaron McKenzie zu deinem rechtmäßig angetrauten Ehemann nehmen. Willst du ihn lieben und ehren, in Gesundheit und in Krankheit, in Armut und in Reichtum bis das der Tod euch scheidet? So antworte bitte Ja, mit Gottes Hilfe.“ Riley sieht mich an und reicht mir Marcs Ehering.

„Ja, mit Gottes Hilfe.“ meine Stimme klingt verloren in der großen Kirche und mit zittrigen Fingern stecke ich Marc seinen Ehering an.

„Ich habe leider nicht die Möglichkeit gehabt mit der Braut zu reden. Elle, möchtest du etwas sagen, bevor ich Marc frage?“ Riley sieht mich an und ich nicke leicht.

„Marc. Du bist das Besteste…“ ich grinse schüchtern und er erwidert es „… was mir neben Noah in meinem Leben bisher passiert ist. Vom ersten Augenblick an hast du mich fasziniert und in deinen Armen zu liegen ist, wie nach Hause zu kommen. Du bist alles, was ich mir jemals von einem Mann erträumt habe und sogar noch mehr. Ich weiß, dass wir das hier für Noah tun und ich danke dir so sehr. Ich liebe dich so sehr, dass ich in den letzten Wochen keine Nacht schlafen konnte ohne darüber nachzudenken, wie impulsiv ich doch war.“ Ich lächle zaghaft „Du bist liebevoll, gütig und du nimmst mich mit allen meinen Fehlern. Ich weiß, du musst mich lieben.“ Wieder lächle ich und ich höre Lucy leise lachen „Ich will neben dir einschlafen und aufwachen, dir soll mein erster Gedanken am Morgen und mein Letzter am Abend gelten. Ich will dich lieben bis zu meinem letztem Atemzug.“ Ich sehe zu Riley und dann wieder zu Marc, ihm laufen Tränen der Rührung über die Wangen, ich wische sie sanft fort und ich sehe ihn liebevoll an.

„Marcus Aaron McKenzie, willst du die hier anwesende Eleanor Julienne Filan zu deiner rechtmäßig angetrauten Ehefrau nehmen. Willst du sie lieben und ehren, in Gesundheit und in Krankheit, in Armut und in Reichtum bis das der Tod euch scheidet? So antworte bitte Ja, mit Gottes Hilfe.“ Riley sieht zu Marc und reicht ihm nun meinen Ehering.

„Ja, mit Gottes Hilfe.“ sagt er mit belegter Stimme und streift mir scheinbar mühelos meinen Ehering über.

„Dann erkläre ich euch hiermit vor Gott und euren Freunden zu Ehemann und Ehefrau. Marc, wenn du möchtest, dann darfst du Elle jetzt küssen.“ Riley grinst ihn an. Marc nimmt mein Gesicht in seine Hände und küsst mich zärtlich.

„Mrs. McKenzie.“ lächelt er und ich streiche ihm eine Träne weg.

„Mr. McKenzie.“ Ich küsse ihn erneut.

Applaus flammt auf und ich und Marc drehen uns um. Normalerweise würden wir jetzt die Kirche verlassen, aber da Riley uns zunickt und ein weiterer Mann zu uns kommt, bleiben wir an Ort und Stelle.

„Hallo, ich bin Toby, ich habe hier eure Papiere, da Riley mir erklärt hat, wie eilig ihr es habt.“ Er zwinkert uns zu und legt uns Papiere auf den kleinen Altar. „Ich brauche noch Unterschriften eurer Trauzeugen und dann ist es offiziell.“

Ich drehe mich um zu Lucy und Declan. Declan legt die Fotokamera aus der Hand und sie kommen zu uns und unterschreiben. Auch Ethan und Cameron kommen und setzen ihre Unterschriften unter die Schriftstücke.

„Hier ist euer eigenes Familienstammbuch. Meine herzlichsten Glückwünsche Mr. und Mrs. McKenzie.“ Er reicht uns die Hand und gibt Marc dann das Buch in die Hand.

Jetzt gehen wir zu den anderen. Da nicht viele in der Kirche sind, ist es überschaubar und als Erstes nimmt mich mein Dad in den Arm.

„Ich bin so unheimlich stolz auf dich.“ haucht er mir ins Ohr und ich streiche ihm über die Wange.

„Danke Daddy.“ sage ich gerührt. Dann werde ich weiter gereicht und alle gratulieren uns. Ethan nimmt mich in den Arm.

„Gott, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie froh ich bin. Dein Mann ist ohne dich ein echter Kotzbrocken.“ Er zwinkert mir zu.

„Ich habe da so etwas gehört.“ gebe ich zu und er küsst meine Wange.

„Alles Gute.“

„Wir fahren jetzt ins McHughs, es ist kein 5 Sterne Restaurant, aber so schnell das Einzige was wir auftreiben konnten. Clark freut such auf uns.“ Molly sieht in die Runde und dann sitzen Marc und ich auf dem Rücksitz einer Limousine.

„Eine Limousine?“ ich grinse ihn an und küsse ihn.

„Nicht meine Idee. Das ist auf dem Mist von Ethan und Cameron gewachsen.“ Er streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht. „Ich kann es nicht glauben, dass du wirklich meine Frau bist.“

„Doch.“ Ich halte meinen Ring hoch „Ganz offiziell Mrs. McKenzie.“ lächle ich.

„Du bist so atemberaubend schön, wenn du lächelst.“ Er küsst mich erneut.

„Wir müssen gleich morgen zum Jugendamt, sie wollen Noah schon morgen verlegen.“ Ich sehe ihn an und er nickt.

„Ich weiß, Philipp hat mich angerufen. Wir bekommen das hin.“ Er küsst meine Fingerknöchel „Und jetzt genießen wir unsere Hochzeitsfeier.“ Er zwinkert mir zu und die Limousine hält. Die Tür wird geöffnet und ich finde mich vor einem urigen kleinen Pub wieder.

„Clara ist die beste Köchin weit und breit.“ Marc küsst mich und wir betreten das Pub. Sofort applaudieren wieder alle und wir werden zu unserem Tisch begleitet. Das ganze Pub ist mit Margeriten und Wildblumen geschmückt und es sieht so wahnsinnig schön aus.

Alle finden ihre Plätze und mir wird ein Glas Sekt gereicht.

„Kann ich lieber einen alkoholfreien haben? Wir haben es gestern Abend ein wenig übertrieben.“ ich sehe die ältere Dame freundlich an und sie nickt lächelnd.

Dann haben alle ihre Gläser und mein Dad steht auf. Da wir so eine kleine Runde sind, wird wohl fast jeder zu Wort kommen, ehe wir Essen können. Ich lächle meinen Daddy glücklich an.

„Mein kleine Elle, meine Prinzessin. Dich heute so glücklich zu sehen erfüllt mein Herz mit Freude. Das genau ist es, was ich mir für dich gewünscht habe. Du wirst immer mein kleines Mädchen bleiben.“ Er prostet mir zu „Marc, du bist ein guter Junge und ein Gewinn für unsere Familie. Pass auf mein kleines Mädchen auf.“ Er prostet auch ihm zu. Zum Glück ist mein Dad kein Mann vieler Worte.

Dann erhebt sich Molly und ich und Marc sehen zu ihr.

„Mein Sohn…“ sie strahlt ihn an „Du bist immer für eine Überraschung gut.“ Sie zwinkert ihm zu „Ich will nicht ins Detail gehen, aber er hat es geschafft, das Herz seiner Mutter das ein oder andere Mal ganz schön aus dem Takt zu bringen. Ich freue mich für euch Beide…“ sie prostet mir und Marc zu „Ihr liebt euch, etwas anderes muss ich als Mutter nicht wissen um ihn ruhigen Gewissen dir anzuvertrauen.“ Sie nickt mir zu.

„Danke Molly.“ erwidere ich gerührt.

Dann steht Ethan auf und Marc stöhnt leicht.

„Ja Marc…“ Ethan sieht ihn an „Ich könnte jetzt damit anfangen, das du mir erst wochenlang wegen Elle in den Ohren gelegen hast, sie dann endlich bekommen hast und sie dich dann hat abblitzen lassen…“ er sieht zu mir und ich lege meine Hand auf Marcs Wange „Ich könnte auch erzählen, wie unausstehlich du in den letzten Wochen und Monaten warst, wie oft du mich und Cam als Blitzableiter missbraucht hast, dass wir dachten unsere Köpfe qualmen schon. Ganz zu schweigen von den Mordplänen, die wir ausgeheckt haben…“ Er lächelt „Aber als du gestern Abend bei mir geklingelt hast und mir strahlend erzählt hast, dass du Elle heute heiratest, da reichte ein Blick und ich wusste, du bist dir deiner Sache sicher. Ich kenne dich mein ganzes Leben und ich weiß, ihr werdet glücklich, denn ein Blinder kann sehen wie sehr ihr euch liebt. Dass Noah dadurch eine Familie bekommt, ist hier nicht der ausschlaggebende Punkt. Ich bin mir sicher, auch wenn es Noah nicht geben würde, so würdet ihr jetzt hier vor mir sitzen. Zugegeben nicht so schnell, aber irgendwann wären wir genau hier gelandet. Ich wünsche euch nur das Beste und dass ihr Alles hin bekommt, was ihr euch wünscht.“ Er prostet in die Runde.

Tatsächlich meldet sich jetzt Lucy zu Wort und das obwohl ich weiß, dass ihr Reden nicht liegen.

„Hallo ich bin Lucy…“ sie sieht in die ihr unbekannten Gesichter. „Ich kenne Elle seit meiner Geburt, wir sind zusammen aufgewachsen, auf den Rücken unserer Pferde über die Felder geprescht, haben das Leid der Schulzeit mit einander geteilt und wir haben die Pubertät überlebt. Sie war praktisch mein ganzes Leben an meiner Seite. Ich bin an ihr gewachsen…“ sie sieht mich an und ich forme ein Danke „Sie ist der aufopferndste, liebevollste und gütigste Mensch, den ich kenne. Wenn sie jemanden liebt, dann tut sie alles, was sie für Richtig hält, um es demjenigen zu zeigen, selbst wenn sie sich selbst dabei vergisst. Marc, ich danke dir, dass du ihr verziehen hast, dass sie Noah über alles gestellt hat. So ist sie…“ sie zuckt mit den Schultern „Sie würde niemals jemandem absichtlich weh tun. Während du in den letzten Wochen deine Freunde als Blitzableiter benutzt hast.“ Sie sieht zu Marc „Hat sich Elle in ihre Arbeit gestürzt und sich nur dann erlaubt zu weinen, wenn sie alleine war. Ich würde es nicht ertragen, sie jemals wieder so traurig zu sehen. Sei gut zu ihr und pass mir auf sie und Noah auf.“ Sie schickt mir einen Handkuss und Marc küsst mich.

Dann ist es jetzt wohl an uns etwas zu sagen. Ich sehe zu Marc und stehe auf.

„Danke, dass ihr diesen ganz besonderen Tag mit uns teilt. Ich weiß, es kam für alle überraschend… besonders für mich.“ Ich lache leise „Aber ich liebe ihn, ich liebe ihn so sehr, wie ich noch niemals einen Mann geliebt habe. Ich danke dir.“ Ich beuge mich zu Marc runter und küsse ihn.

Dann setze ich mich wieder, ich bin eben die Tochter meines Vaters…

Marc steht nun auf und allgemeines Gestöhne ertönt. „Kommt schon, ich weiß ihr habt Hunger… Okay, ich auch.“ gibt er zu „Ich will euch danken, für eure Unterstützung… nicht nur am heutigen Tag, sondern die ganzen Jahre lang. Ohne dich Ethan, wäre McKenzie Industries nicht da, wo es heute ist und ohne dich, wäre ich nicht hier. Denn du und Susanna seid ein leuchtendes Vorbild für mich, genau wir du Mum und du Dad. Ich weiß, ich bin sonst kein Mann der übereilten Entscheidungen, weder im Privaten noch im Geschäftlichen, aber das hier ist Richtig. Ich liebe Elle und werde alles, was in meiner Macht steht tun, um sie glücklich zu machen. Danke.“ Er setzt sich wieder und ich ziehe ihn zu mir.

„Du bist wundervoll.“ sage ich leise und küsse ihn.

Dann wird das Essen aufgetragen und es ist wirklich köstlich. Ich habe selten so gutes Lamm gegessen. Die Stimmung ist gut und selbst der Wirt und die Köchin setzen sich später zu uns.

„Wenn das alles hinter uns liegt, dann feiern wir noch mal richtig.“ Marc sieht mich an.

„Warum? Es ist perfekt.“ Ich lächle ihn an und er nimmt meine Hand, es ist schon kurz nach 1 Uhr.

„Elle und ich müssen jetzt los.“ Er sieht entschuldigend in die Runde.

„Aber sicher.“ Meine Mum steht auf „Ich hoffe ihr kommt am nächsten Wochenende zum Essen.“ Sie sieht mich an und ich nicke.

Wir verabschieden uns auch von allen anderen und ich gebe Declan den Autoschlüssel des Audis.

„Pass mir auf Lucy auf.“ Ich zwinkere ihm zu.

Dann sitzen Marc und ich wieder in der Limousine und ich lehne meinen Kopf an seine Schulter.

„Ich liebe Dich.“ flüstere ich leise, ehe mir die Augen zufallen.

„Prinzessin, wir sind da.“ weckt mich Marc sanft und nimmt mich auf den Arm. Ich öffne meine Augen und mein Ehemann trägt mich tatsächlich über die Schwelle und sogar bis hinauf ins Schlafzimmer.

Wir ziehen uns aus und legen uns ins Bett, eigentlich bin ich müde, aber ein Kuss von Marc reicht und meine Müdigkeit ist vergessen…

Am nächsten Morgen erwache ich allein in meinem Bett und betrachte verträumt meinen Ehering.

Ich bin wirklich Mrs. McKenzie….

Ich stehe auf und ziehe mir meinen Slip und sein Hemd an ehe ich über den Flur gehe und ins Arbeitszimmer sehe, weil ich erwarte ihn dort zu finden. Doch dort ist er nicht, ich höre seine Stimme und gehe die Treppe runter ins Wohnzimmer. Er trägt schon seinen Anzug und ich sehe auf die Uhr, kurz nach 8 Uhr. Er telefoniert energisch mit jemandem und entdeckt mich, langsam kommt er auf mich zu und gibt mir einen kurzen Kuss.

„… Ich erwarte, das man mich und meine Frau in einer Stunde empfängt.“ beendet er das Gespräch.

Ich sehe ihn fragend an.

„Wir werden in einer Stunde vom Direktor des Jugendamtes erwartet.“ Er nickt mir zu und küsst meine Stirn, als er meinen besorgten Gesichtsausdruck bemerkt.

„Geh dich umziehen.“ sagt er sanft.

„Ich habe nichts hier.“ gebe ich zu und er lacht leise.

„Oh doch Prinzessin… Kleiderschrank.“ Er zwinkert mir zu und schiebt mich in Richtung Treppe.

Ich gehe ins Schlafzimmer und öffne den Kleiderschrank, der sich als begehbar entpuppt. Auf der linken Seite hängen fein säuberlich seine Anzüge, seine Hemden und seine Krawatten. Darunter sind Fächer mit seinen Jeans, T-Shirts und Pullovern und eine für einen Mann ganz beachtliche Schuhsammlung. Ich drehe mich um und schlage meine Hand vor meinen Mund. Die rechte Seite hängt voll mit Kleidern, Hosenanzügen, Kostümen und allem was das Frauenherz begehrt. Ich nehme ein hellgraues Etuikleid und einen schwarzen, dünnen Bolero. Wie diese Sachen hierher gekommen sind und woher er meine Größen weiß, muss ich auf später verschieben…

Ich öffne eine Schublade und entnehme dieser einen Slip und einen sündhaft teuer aussehenden BH. Ich finde nach etwas suchen halterlose Strümpfe und entscheide mich für schwarze, nicht allzu hohe Pumps.

Ich gehe ins Bad und mache mich fertig, meine Hände zittern und das hochstecken meiner Haare fällt mir so schwer, das ich sie schlussendlich auflasse. Ich schminke mich dezent und schlüpfe zuletzt in die schwarzen Pumps, diese wie alle anderen Sachen wie angegossen passen. Ich werfe einen Blick in den Spiegel, ich sehe so… erwachsen und anders aus.

Nicht dass es mir nicht gefällt, aber Elle in Jeans und Top passt einfach mehr zu mir.

Ich weiß aber auch, dass ich mit Marc auch eine gewisse Verantwortung geheiratet habe. Wieder betrachte ich meinen Ring.

„Bist du fertig?“ Marc kommt herein und lächelt mich an.

„Du siehst bezaubernd aus.“ Er küsst mich innig „Holen wir uns unseren Sohn.“ Er küsst meine Stirn und ich schließe meine Augen für ein Stoßgebet.

Ich hole mir noch schnell den Bolero aus dem Schrank und sehe ihn an.

„Gefällt es dir?“ fragt er leicht verunsichert.

„Gefallen? Das ist wie eine Boutique im Kleiderschrank. Woher?“ ich sehe ihn lächelnd an.

Ich vergesse immer, das der knallharte Geschäftsmann Marcus McKenzie eine unsichere Seite hat… die des Ehemannes Marc McKenzie, der versucht, mir eine Freude zu machen und nicht weiß, wie ich reagiere.

„Ich habe deine Mum, Lucy und das Brautmodengeschäft gefragt und dann eine persönliche Einkäuferin los geschickt. Ich hoffe sie hat deinen Geschmack getroffen.“ Er nimmt mich in den Arm und küsst mich.

„Es ist perfekt.“ Erwidere ich selig.

„Wir müssen.“ Er hilft mir in den Bolero, wir gehen die Treppen runter und treten schließlich hinaus in die Junisonne Ballinas.

Ich atme tief durch.

„Egal was passiert, sie werden ihn uns nicht wegnehmen.“ sagt er sicher und ich weiß, er wird mit allen Mitteln kämpfen.

Die Fahrt verläuft eher schweigend, wir sind Beide viel zu angespannt und ich nehme seine Hand in meine, als wir in den Fahrstuhl steigen. Viel zu oft war ich schon hier und ich erinnere mich nicht gern an die Treffen mit Mrs. Black…

Wir fahren hoch in den 9. Stock, hier war ich noch nie, denn die ist wohl den hohen Tieren vorbehalten. Als wir den Fahrstuhl verlassen, kommt uns eine junge Frau entgegen.

„Mr. und Mrs. McKenzie, Mr. Evans erwartet sie.“ sagt sie freundlich und mir entgeht nicht, dass sie mich von oben bis unten mustert.

Marc drückt meine Hand und wir betreten ein großes Büro, hinter dem Schreibtisch sitzt ein Mann mittleren Alters und er steht auf, als wir eintreten.

„Mr. McKenzie.“ Er reicht Marc die Hand.

„Und Mrs. McKenzie nehme ich an.“ er reicht auch mir die Hand.

„Ja.“ sage ich so sicher wie ich kann.

„Nehmen sie Platz, ich muss gestehen ihr Anruf hat mich überrascht.“ gesteht er und nimmt Platz, als ich und Marc auf den mit Leder bezogenen Stühlen ebenfalls Platz genommen haben.

„Ich habe ihnen bereits geschildert um welchen Fall es geht.“ Marc ergreift wieder meine Hand „Meine Frau und ich wollen Noah adoptieren und angesichts seiner Akte nehme ich an, sie wissen um welche Dringlichkeit es sich handelt.“

Ich sehe erstaunt zu Marc, er klingt so selbstsicher und Mr. Evans nimmt sie die Akte zur Hand.

„Ja Mr. McKenzie…“ sagt er schließlich „Mrs. Black, die zuständige Sachbearbeiterin, hat allerdings beschlossen, das Noah heute noch in die Obhut des Jugendamtes in Dublin überstellt wird.“

„Bei allem nötigen Respekt…“ Marc räuspert sich und ich erkenne wie sehr er sich zusammen reißen muss „Ihre Sachbearbeiterin versteht in meinen Augen nicht wirklich etwas von ihrem Job.“

„Bei allem nötigen Respekt, aber Mrs. Black ist eine langjährige und effiziente Mitarbeiterin.“ Mr. Evans mustert Marc eindringlich.

„Mrs. Black verweigert einer aufopferungsvollen jungen Frau seit fast zwei Jahren die Adoption. Diese tut alles um die Anforderungen zu erfüllen, wird aber von ihrer Mitarbeiterin herablassend und abwertend behandelt und das nennen sie dann effizient? Wenn das ihre Ansicht von Effizienz ist Mr. Evans, dann sollte ich wohl bei meinem nächsten Treffen mit dem Bürgermeister diese Vorgehensweise besprechen.“ Marc sieht ihn herausfordernd an.

„In dieser Akte sind keine vermerke über eine Antragstellung vermerkt.“ Mr. Evan sieht Marc verwirrt an.

„Das ist nicht möglich, denn ich habe ihrer Mitarbeiterin ein Leumundszeugnis zukommen lassen und das muss in der Akte sein.“ Marc lässt ihn nicht aus dem Blick und ich bewundere meinen Mann, der so für mich und Noah kämpft.

„Wie ich bereits sagte, diese Akte besteht fast nur aus Krankenhausakten.“ Er schüttelt den Kopf „Ich kann mir keinen Reim auf ihre Geschichte machen. Sind sie sich denn sicher?“

„Oh ja.“ Sagt Marc selbstsicher.

„Mr. McKenzie, vielleicht handelt es sich einfach um einen anderen Fall.“ Mr. Evans lässt die Akte sinken.

„Nein, denn bei der Antragstellerin handelt es sich um meine Frau. Sie können also sicher sein, das ich mir SICHER bin.“ Marc sieht zu mir „Die Arbeitsmethoden ihrer Angestellten sind mehr als fragwürdig. Warum verweigert das Jugendamt einer jungen Frau das Adoptionsrecht? Oder räumt ihr nicht wenigstens ein teilweises Sorgerecht ein? Der Junge hat nicht mehr lange zu leben und sollte es da nicht in ihrem Interesse sein, dass er es so gut wie möglich hat?“

„Da haben sie Recht.“ gibt Mr. Evans zu. „Was genau erwarten sie jetzt von mir?“

„Was ich von ihnen erwarte? Ich erwarte, dass uns, mir und meiner Frau, das sofortige Sorgerecht übertragen wird und die Adoption nur noch eine Formsache ist. Ich will, dass mein Sohn meinen Namen trägt und ich will nie wieder etwas von ihrer Behörde hören.“ Marc seine Stimme erhebt sich leicht.

„Das kann ich nicht.“ kommt es sofort von Mr. Evans.

„Und wie sie das können. Die Anwälte meiner Firma warten nur auf meinen Anruf, ich habe alles mehrmals prüfen lassen…“ er zieht mehrere Schriftstücke aus der Innentasche seinen Anzuges. „Das hier sind alle Unterlagen die sie brauchen. Ich möchte in einer halben Stunde die unterzeichneten Papiere.“ Marc reicht ihm die Papiere „Und ich werde Beschwerde gegen ihre Mitarbeiterin einlegen.“ fügt er wie nebenbei hinzu.

„Einen Moment.“ Mr. Evan springt auf und geht mit den Papieren nach nebenan.

„Dein Sohn?“ ich sehe mit Tränen in den Augen zu Marc.

„Ja, mein Sohn…“ er lächelt und küsst mich „Declan hat mir erzählt, das Noah mich schließlich ausgesucht hat.“ Er zwinkert mir zu.

Ich kann kaum still sitzen und stehe schließlich auf.

„Was macht der denn jetzt?“ ich fahre mir durch die Haare.

„Auch er muss die Anwälte anrufen, was wir hier machen ist eine Sorgerechtsübertragung und die muss abgesegnet werden.“ Er sieht mich an.

„Du hast dich echt damit beschäftigt.“ Ich sehe ihn erstaunt an.

„Ich gebe zu nicht ich, aber meine Anwälte.“ Er steht nun auch auf und nimmt mich in den Arm.

„Wenn er nein sagt, dann stehen hier morgen 6 Anwälte auf der Matte die ihr Geld wirklich wert sind.“ Er streicht beruhigend über meinen Rücken.

„Mr. und Mrs. McKenzie.“ Mr. Evans kommt wieder und ich sehe ihn an.

Marc lässt mich los und geht auf ihn zu.

„Noah ist in ihr Familienstammbuch eingetragen. Er trägt jetzt offiziell den Namen McKenzie und sie haben das alleinige Sorgerecht.“ Er reicht Marc ein paar Schriftstücke.

Dass er von ihm absolut eingeschüchtert ist, sieht man ihm an der Nasenspitze an.

Ich denke mein Herz setzt aus und falle Marc um den Hals.

„Ich liebe dich so sehr.“ Ich merke wie eine Träne über meine Wange läuft.

„Nicht weinen Prinzessin.“ bittet er mich „Und jetzt gehen wir zu unserem Sohn.“ Er zwingt mich ihn anzusehen „Ich liebe Dich.“ sagt er andächtig und ich küsse ihn.

So schnell es geht, fahren wir zum Krankenhaus, schon als wir aus dem Fahrstuhl steigen höre ich das herzzerreißende weinen von Noah.

„Ich will zu meiner Mummy!“ schreit er aus Leibeskräften.

Ich sehe kurz zu Marc und laufe dann los in Noahs Zimmer.

Mrs. Black steht vor seinem Bett und sieht ihn strafend an.

„Du hast keine Mum.“ sagt sie streng.

„Oh doch, ich habe eine Mummy und die hat mich lieb.“ wehrt sich Noah trotzig und ich muss trotz alledem, was hier gerade passiert, grinsen.

„Nein und jetzt zieh deine Jacke an.“ fährt sie ihn an.

Noah sieht auf und entdeckt mich.

„Mummy!“ mit einem Satz ist er vom Bett und lässt sich in meine Arme fallen.

„Alles ist gut Baby.“ beruhige ich ihn.

„Ich will nicht weg.“ schluchzt er.

„Du musst nicht weg, versprochen.“ Ich gebe ihm einen dicken Kuss.

„Was glauben sie, wer sie sind?“ Mrs. Black hat sich vor mir und Noah aufgebaut und funkelt mich an.

„Ich glaube, da kann ich helfen.“ Marc steht wie aus dem Nichts neben mir.

„Wer sind sie denn?“ Mrs. Black sieht ihn abschätzig an.

Abschätzig? Die weiß eindeutig nicht, wann sie ihre Grenzen überschreitet.

„Wie unhöflich…“ Marc sieht sie prüfend an „Ich bin Marcus McKenzie, CEO von McKenzie Industries und ich würde es wirklich zu schätzen wissen, wenn sie meiner Frau ein wenig mehr Respekt entgegen bringen würden.“

„Ihrer Frau? Das ich nicht lache.“ Ihr Blick wandert zu mir.

Marc reicht ihr unser Familienstammbuch „Wie sie sehen ist Eleanor meine Frau und, wenn sie sich die Mühe machen Seite 3 aufzuschlagen, dann sehen sie auch, das Noah Jenson jetzt Noah McKenzie ist und somit offiziell unser Sohn.“ fährt er unbeeindruckt fort.

„Das muss ich mir erst bestätigen lassen.“ Sie schnappt nach Luft und ich sehe wie sie blass wird.

„Tun sie das, Mr. Evans wartet mit Sicherheit gespannt auf ihren Anruf. Wir haben ihn vor einer Stunde zu einem Gespräch getroffen und den Fall Noah besprochen. Es scheint, als sei die Akte vom Jugendamt unvollständig.“ Marc wirft ihr einen Blick zu, bei dem selbst ich meinen Mund halten würde.

„Für wen halten sie sich?“ sie schnappt erneut nach Luft.

„Lassen sie mich nachdenken…“ er sieht kurz zu mir und Noah „Ich denke, ich bin der Mann der Ihnen ab jetzt das Leben so schwer machen wird, wie sie es meiner Frau gemacht haben.“

„Das werden wir sehen…“ sie stapft aus der Tür.

„Das werden wir mit Sicherheit Mrs. Black, die Beschwerde wird sie morgen auf dem Postweg erreichen.“ ruft ihr Marc hinterher.

„Bist du jetzt meine richtige Mummy?“ Noah sieht mich mit großen Augen an.

„Ja Baby.“ erwidere ich glücklich und seine Ärmchen legen sich fest um meinen Hals.

„Das ist gut.“ sagt er leise.

„Ja, das ist das Besteste.“ stimme ich ihm zu.

„Hey Kleiner.“ Marc geht in die Hocke und Noah läuft zu ihm.

„Hallo Marc.“ Er drückt ihn fest an sich.

„Alles ist gut.“ Marc streicht ihm über seine blonden Haare.

„Jetzt bleibt Marc hier, oder? Und du bist nicht mehr traurig wegen ihm, stimmt's?“ Noah sieht zu mir und ich nicke.

„Stimmt.“

„Wenn wir jetzt eine Familie sind, dann bist du mein Daddy?“ Noah sieht wieder zu Marc.

„Ja, aber wenn du willst, dann bin ich einfach weiter Marc für dich.“ Er stupst ihm auf die Nase.

„Nein, nein…“ Noah winkt ab „Ich habe mir dich ja ausgesucht als meinen Daddy.“

Marc nimmt ihn gerührt in den Arm. „Danke Kleiner.“

„Schon gut Daddy.“ Noah tätschelt ihm den Arm.

Philipp kommt herein und sieht uns erstaunt an.

„Was ist denn hier los?“ er sieht mich an und stutzt einen Moment.

„Philipp, wäre es möglich, dass Marc und ich wegen der weiterführenden Behandlung unseres Sohnes mit dir sprechen?“ ich grinse leicht.

„Eures Sohnes?“ Philipp versteht nicht worauf ich hinaus will.

„Ja…“ lache ich „Marc und ich sind verheiratet und wir haben das uneingeschränkte Sorgerecht für Noah.“

„Das ist Wahnsinn!“ Philipp nimmt mich in den Arm „Wow, eine echte McKenzie.“ grinst er.

„Ja und eine Mini-McKenzie.“ Ich deute auf Noah.

„Klar, nehme ich mir Zeit für euch. In einer halben Stunde.“ verspricht er mir.

„Ich glaub es nicht, da wird geheiratet und adoptiert und ich bekomme nichts mit…“ er geht vor sich hin murmelnd hinaus. Im Flur trifft er auf Annie.

„Wusstest du das?“ er sieht sie an.

„Was?“ fragt sie verwundert.

„Na, dass Elle und Marc geheiratet haben und dass sie Noah adoptiert haben?“ Philipp klingt immer noch fassungslos.

Ich sehe zu Marc „Pass auf… 3,2,1.“ Ich sehe zur geöffneten Tür und Annie sieht mich an.

„Echt?“ grinst sie und ich halte meine Hand mit dem Ehering hoch.

„Ihr seid ja durchgeknallt.“ lacht sie und fällt mir um den Hals.

„Was ist durchgeknallt?“ Noah sieht fragend zu mir.

„Dein Daddy und ich.“ gebe ich zurück.

Annie strahlt uns an und nimmt Noah auf den Arm „Und wie findest du es, dass du jetzt eine Mummy und einen Daddy hast?“

„Ich habe meine Mummy doch schon lange.“ Er sieht zu mir und ich lächele.

„Wir gehen jetzt kurz zu Philipp und sind gleich wieder da.“ Ich sehe zu Noah und er nickt. Ich ergreife Marcs Hand und wir gehen zum Philipps Büro.

In der nächsten Stunde erläutert er uns alle Möglichkeiten und ich merke, wie Marc immer wieder den Kopf schüttelt, als wir wieder in den Flur treten sieht er mich lange an.

„Ich muss ein paar Telefonate führen.“ Er drückt mir einen Kuss auf den Mund und geht schnellen Schrittes zum Fahrstuhl.

„Marc.“ Rufe ich ihm hinter, aber die Türen schließen sich schon. Ich setze mich auf die Couch und eine einzelne Träne läuft über mein Gesicht.

Noahs Zustand hat sich durch die Chemotherapie nicht verbessert, der Tumor wächst weiter… Es wird nicht mehr lange dauern und wir werden die ersten Einschränkungen merken. Die Liste die Philipp uns genannt hat klingt erschreckend und ich will nicht, dass das meinem Baby widerfährt.

Einschränkungen der Bewegungen bis hin zur vollständigen Lähmung, bis schließlich auch die Muskulatur, die ihm das Atmen ermöglicht und die Herzmuskulatur gelähmt sein werden und er stirbt…

Das ist es, was auf uns zukommt.

Wie viel Zeit wir noch haben, kann uns Philipp nicht sagen. Er will es uns auch nicht sagen, er will keine falsche Hoffnungen wecken… immerhin sind wir gerade Eltern geworden. Dass es Noah bisher so gut geht, grenzt an ein Wunder.

Ich beruhige mich und gehe zu Noah, wir malen und lachen und all die schlimmen Gedanken rücken in den Hintergrund. Die Zeit, die wir mit haben, soll die beste Zeit werden. Ich weiß, wenn Philipp auch nur den Hauch einer Chance sehen würde, dann würde er etwas tun.

Ich beschließe mit Marc zu besprechen, dass ich beruflich eine Pause mache und mich nur auf Noah konzentrieren will. Ganz ehrlich… finanziell sollte das kein großes Problem darstellen.

Am frühen Abend kommt Marc mit Philipp ins Zimmer und ich sehe beide verwundert an.

„Wo warst du denn?“ ich stehe auf und gebe Marc einen Kuss.

„Ich habe herum telefoniert, ich habe einen Spezialisten in Los Angeles aufgetrieben der sich übermorgen Noah anschaut.“ erklärt er mir und sieht mich an.

Ich sehe zu Philipp.

„Einen Versuch ist es Wert.“ Er klingt nicht sehr überzeugt, aber ich weiß, dass Marc niemals nur eine Meinung ausreichen wird.

„Okay.“ sage ich leise und Marc küsst meine Stirn, ehe er sich zu Noah aufs Bett setzt und die Beiden beginnen zu toben.

Philipp zieht mich in den Flur.

„Er lässt sich nicht abbringen…“ setzt er an und fährt sich durch die Haare.

„Ich weiß.“ Ich zucke mit den Schultern „Kann dieser Spezialist uns helfen?“

„Ich denke nicht, aber wie schon gesagt, einen Versuch ist es Wert. Noah hat Flugfreigabe von mir, er ist seit 3 Wochen mit der Chemo durch und er ist soweit gesund.“ Er legt seinen Arm um meine Schultern. „Du musst mit Marc sprechen, es sei denn du willst, das Noah die Zeit, die er noch hat im Krankenhaus verbringt.“ Er sieht mich durchdringend an.

„Ich weiß.“ wiederhole ich mich.

Mein Mann macht keine halben Sachen, er will das Noah alles bekommt…

Aber Noah braucht nur Zeit mit uns, ich habe das schon vor langer Zeit begriffen, aber für ihn ist das neu.

Ich gehe wieder ins Zimmer und Noah mit Marc so unbeschwert herum tollen zu sehen erfüllt mich mit einer solchen Liebe für die Beiden, das mein Herz zu zerspringen droht.

Ich setze mich auch aufs Bett und Marc und ich kitzeln Noah bis er sich quiekend windet.

„So Baby…“ ich decke Noah bis zur Nasenspitze zu „Guten Nacht. Träum was Schönes.“

„Du auch Mummy. Ich liebe Dich.“ Er legt seine Hand auf meine Wange und ich lege meine Hand auf seine.

„Ich dich auch Baby.“ Ich küsse seine Handfläche.

Auch Marc sagt ihm Gute Nacht.

„Ich freue mich mit einem Flugzeug zu fliegen.“ Noah sieht Marc aufgeregt an.

„Das wird bestimmt ganz toll.“ verspricht er ihm und küsst seine Stirn „Und jetzt schläfst du, morgen sind Mummy und ich wieder da.“

Marc reicht mir meinen Bolero und legt seinen Arm um mich, ich schicke Noah einen Handkuss und wir treten in den Flur. Einen Moment lang überlege ich, ob ich jetzt mit ihm über Noah sprechen soll, aber ich entscheide mich dagegen.

Ich muss den richtigen Moment abpassen…

„Wie lange hast du dir frei genommen?“ Marc sieht mich fragend an, als wir ins Auto steigen.

Ich war vorhin bei Annie und sie hat sich sehr verständnisvoll für meine Situation gezeigt und mir vorerst 2 Wochen Urlaub gegeben, allerdings hat sie auch gesagt, ich soll unbedingt Bescheid sagen, wenn ich eine längere Pause plane.

„2 Wochen.“ sage ich schließlich.

„Wir fliegen morgen Mittag von hier aus nach Los Angeles. Meine Privatmaschine erwartet uns…“ er sieht mich an „Du weißt, dass ich nichts unversucht lassen kann, oder?“

„Ja, dafür kenne ich dich einfach schon zu gut.“ gebe ich zu und nehme seine Hand.

Kaum zu Hause angekommen, fällt mein Mann quasi über mich her und ich liege eine Stunde später glücklich auf der Couch.

„Ich kann es noch gar nicht glauben…“ ich fahre mit dem Zeigefinger über Marcs Brust.

„Was denn Prinzessin?“ er haucht mir einen Kuss auf die Haare.

„Dass Noah wirklich zu uns gehört. Der Kampf ist endlich gewonnen… Dank dir.“ füge ich hinzu und küsse seine Brust „Ich danke dir so sehr.“

„Du hast diesen Kampf allein gekämpft, ich kam nur zur richtigen Zeit und wir haben die richtigen Entscheidungen getroffen.“ Er zieht mich ein Stück hoch um mich richtig zu küssen.

„Ich habe einen Riesenrespekt vor dir, wenn du den harten Geschäftsmann mimst.“ gebe ich zu und er lacht leise.

„Ich weiß, wie ich zu meinem Recht komme.“ Er küsst mich erneut „Bisher hat es nur ein einziges Mal nicht funktioniert.“ Er sieht mich grinsend an.

„Na ja, im Endeffekt ja schon.“ Ich halte meinen Ehering hoch.

„Stimmt auch wieder.“ gibt er lachend zu.

Am nächsten Morgen ist es hektisch, ich renne mit meinem Handy am Ohr und Lucy in der Leitung durchs Haus und versuche meinen Koffer zu packen.

„Ja Lucy, ich melde mich von L.A. aus.“ verspreche ich zum hundertsten Mal. „Keine Ahnung. Deco kann ihn erst einmal behalten.“ Ich verdrehe die Augen, ich habe gerade andere Sachen im Kopf als den Audi.

„Ich muss Schluss machen. Ich liebe Dich, Lucy.“ Damit lege ich auf, bevor meine beste Freundin mir noch mehr unsinnige Fragen stellen kann.

Marc steht im Türrahmen, beobachtet mich und grinst. Er trägt heute wieder eine Jeans und ein Poloshirt und auch ich stecke wieder in einer Jeans und einer engen, kurzärmeligen Bluse. Das bin mehr ich… und ich glaube, das ist auch mehr Marc.

„Und fertig?“ er zieht eine Augenbraue hoch.

„Ich denke ja, mein Kleiderschrank ist ja bestens ausgerüstet.“ Ich zwinkere ihm zu. „Aber ich habe keine Sachen für Noah hier.“

„Größe?“ er sieht mich fragend an.

„92. Schuhgröße 23.“ gebe ich zurück.

„Es wird alles da sein.“ verspricht er mir und nimmt sein Handy zur Hand. „Übrigens kommen morgen die Handwerker her und bauen das Zimmer hinten im Flur für Noah um.“ Er zwinkert mir zu und wählt eine Nummer, während ich ihn staunend hinterher sehe.

Ein Mann schneller Entscheidungen… entgegen seiner eigenen Meinung von sich, hat er das in den letzten Tagen wohl oft genug bewiesen.

Aber das ist gut, ich will, dass Noah nicht mehr in ein Krankenhaus muss. Wenn ich alles hier habe, dann kann ich mich zu Hause um ihn kümmern.

Zwei Stunden später besteigen wir den Privatjet von McKenzie Industries und Noah kommt aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.

„Wow, das ist so cool.“ Er strahlt Marc an und dieser geht mit ihm ins Cockpit, während ich es mir auf einem der acht beigen Ledersitze gemütlich mache.

„Guten Tag Mrs. McKenzie. Im Namen der Crew wünschen wir ihnen und Mr. McKenzie alles Gute zu Hochzeit und, wenn ich es sagen darf, sie haben einen bezaubernden Sohn.“ Eine junge Frau sieht mich strahlend an.

„Vielen Dank…“ ich sehe auf ihr Namensschild „Olivia.“

„Wir beginnen jetzt mit den Startvorbereitungen, in 20 Minuten haben wir Startfreigabe und in 15 Stunden landen wir, nach einem Zwischenstopp in New York, in Los Angeles. Landezeit vor Ort wird 23 Uhr sein.“ teilt sie mir mit und ich rechne nach, das sind 7 Stunden Zeitunterschied. Hoffentlich macht Noah das alles gut mit.

„Vielen Dank.“ Ich lächle sie freundlich an.

„Gern geschehen Mrs. McKenzie. Wenn sie etwas brauchen, dann sagen sie einfach Bescheid.“ Sie nickt mir zu und geht wieder nach vorne.

Aufgeregt kommt Noah zu mir gelaufen. „Das ist so toll da vorne, ich darf nachher wieder hin.“ Er lässt sich neben mich in den Sitz plumpsen und ich rücke ihm die Kapitänsmütze, die er zweifelsohne dem Flugkapitän abgeluchst hat, zurecht.

„Das ist wirklich super cool.“ Ich lächle ihn an und er strahlt.

Marc setzt sich uns gegenüber und dann rollen wir in die Startposition.

„Die Sachen für Noah sind alle da, sie stehen hinten im Schlafzimmer.“ Er lächelt, als ich bei dem Wort Schlafzimmer die Augenbrauen hoch ziehe.

„Das ist ein Privatjet Prinzessin und wir haben einen 15 Stunden Flug vor uns.“ Er zwinkert mir zu und ich sehe zu Noah, der wie gebannt aus dem Fenster starrt.

Für Noah ist der ganze Flug ein Riesenspaß und er amüsiert sich köstlich, während ich augenscheinlich flugkrank bin und mich kaum auf den Beinen halten kann. Ich liege die meiste Zeit im Bett, was sich als wirklich bequem herausstellt, und muss Marc Noahs Bespaßung überlassen.

Zum Glück ist es schon spät abends, als wir in Los Angeles landen, denn ist wirklich heiß. Ich will gar nicht wissen, wie es am Tag ist.

Wir werden von einem Fahrer ins Marriott Hotel am Strand von Santa Monica gebracht und Noah schläft auf der Autofahrt ein. Er hat immer noch die Kapitänsmütze auf und diese hängt ihm schräg ins Gesicht. Marc hat mir im Flugzeug Fotos von dem Hotel gezeigt und ich bin wirklich begeistert, es liegt direkt am Strand und ich weiß, Noah liebt den Strand. Bisher war er erst einziges Mal am Strand in Ballina, aber leider war es meistens einfach zu kalt und sein Immunsystem ist nicht das Beste.

Ich richte ihm die Mütze und drücke ihn nach hinten in den Kindersitz, damit er nicht wie ein Schluck Wasser in der Kurve darin sitzt.

„Den hat der Flug umgehauen.“ Marc grinst mich an.

„Mich auch.“ Ich reibe meinen Bauch, mir geht es schon viel besser, seitdem ich festen Boden unter den Füßen habe.

„Ich mache mir echt Sorgen um dich.“ Marc steigt aus, als wir halten und hält mir schließlich die Tür auf.

„Es ist schon besser.“ beruhige ich ihn.

Er nimmt Noah auf den Arm und ich nehme die Mütze in die Hand.

„Ihr Gepäck wird gleich in ihr Zimmer gebracht.“ Teilt uns ein Page mit, als wir an ihm vorbei gehen.

„Vielen Dank.“ erwidert Marc und wir treten an die Rezeption „Willkommen im Marriott Hotel. Mein Name ist Kenneth, was kann ich für sie tun?“

„Guten Abend, wir haben reserviert. McKenzie.“ erklärt Marc dem jungen Mann hinter dem Tresen.

„Mr. und Mrs. McKenzie mit Sohn.“ Er sieht auf seinen Monitor. „Wir haben eine Senior High Class Suite für sie gebucht. Der Zimmerservice steht ihnen 24 Stunden, Tag und Nacht zur Verfügung.“ Er reicht uns eine Karte „Ihr Gepäck wird sofort hinauf gebracht, die Suite befindet sich im 5. Stock und hat eine angeschlossene, abgeschirmte Sonnenterrasse und einen Whirlpool im Außenbereich.“ erklärt er uns weiter und Marc nickt.

„Ich habe zwei Nachrichten für sie. Ihr Leihwagen steht in der Tiefgarage auf Parkplatz 4 G.“ er reicht mir einen Autoschlüssel „Ein Kindersitz wurde installiert und Dr. Joseph Morgan erwartet sie morgen um 12 Uhr im St. Johns.“ Er reicht mir einen Zettel und ich nicke.

Im Moment will ich nur noch in ein Bett. „Willkommen in Santa Monica.“ fügt er noch hinzu und wir gehen in Richtung Fahrstuhl.

Als wir in der Suite ankommen staune ich nicht schlecht, hier passt meine und Lucys Wohnung locker 3 Mal rein.

Marc legt Noah in sein Bett, in einem Zimmer neben unserem Schlafzimmer. Er zieht ihm vorsichtig die Schuhe aus und ich verkabele ihn. Der Monitor findet auf dem Nachtschrank Platz und zum Glück hat Marc an die Wechselstecker gedacht. Die grüne Linie tanzt im Einklang mit Noahs Herzschlag und gibt das mir so bekannte Piepen von sich. Zärtlich decke ich ihn zu.

„Guten Nacht, Baby.“ Ich gebe ihm einen Kuss „Ich liebe Dich.“ sage ich leise, ehe ich die Tür anlehne.

„Und ich liebe Dich.“ Marc umarmt mich von hinten und ich lehne meinen Kopf an seine Schulter.

„Ich dich auch, aber ich schwöre dir, ich schlafe gleich im Stehen ein.“ Ich unterdrücke eine Gähnen und er lässt mich los.

„Dann komm.“ Er nimmt meine Hand und wir gehen ins Schlafzimmer. Ich kann den Ozean sehen und es ist ein so wunderschönes Bild, selbst jetzt bei Nacht. Marc drückt einen Knopf und die Scheiben verdunkeln sich.

„Das ist echt abgefahren.“ grinse ich und ziehe mich aus.

Ich schlüpfe nur im Top und Hotpants unter die Bettdecke und Marcs Hand fährt meinen Bauch entlang.

„Ich bin wirklich müde, Baby.“ sage ich entschuldigend und kuschele mich fest in seine Arme.

„Schlaf schön, Prinzessin.“ Er küsst meinen Nacken und ich stöhne wohlig auf.

„Du auch.“ gebe ich murmelnd von mir.

„Mummy? Daddy?“ werde ich am nächsten Morgen geweckt und brauche einen Moment um mich zu orientieren.

Mir ist immer noch, oder schon wieder – sucht es euch aus – schlecht und ich schaffe es gerade so zur Toilette, während Marc Noah abkabelt.

„Geht es, Prinzessin?“ Marc nimmt mich in den Arm, als ich ins Wohnzimmer komme.

„Hmm. Also von Seekrankheit habe ich echt schon viel gelesen, aber Flugkrankheit ist echt kein bisschen besser.“ Ich setze mich an den reich gedeckten Frühstückstisch auf der Terrasse und nehme mir eine trockne Scheibe Toast…

Noah hat schon frische Sachen an und isst eine große Schüssel Cornflakes mit Milch. Angstvoll sehe ich zu Marc.

„Gluten- und Laktosefrei.“ Er zwinkert mir zu und ich atme erleichtert aus. „Was denkst du denn vor mir? Ich bin sein Dad.“

„Es tut mir leid.“ gebe ich zu und ziehe mein Bein an, um den wunderbaren Ausblick zu genießen.

„Gehen wir heute zum Strand?“ Noah strahlt uns an.

„Morgen bestimmt aber heute gehen wir zu einem Arzt, er untersucht dich und will schauen, ob er dir helfen kann.“ Erklärt Marc ihm und Noah nickt.

Ob er das alles so verstanden hat, wird sich spätestens bei der ersten Blutabnahme heraus stellen…

Nach meinem eher mageren Frühstück gehe ich duschen und schlüpfe in ein zartrosa Sommerkleid. Die Luft ist heiß und ich mache mir Sorgen, wie Noah das alles verkraftet.

„Wir müssen los.“ Marc kommt ins Schlafzimmer und nimmt mich in den Arm.

„Okay.“ sage ich leise „Ziehst du Noah Schuhe an?“

„Ja klar.“ Er dreht sich um und ruft Noah zu sich, während ich in weiße Ballerinas schlüpfe.

Eine Stunde später sitzen wir in einem Krankhausflur und Noah will meine Hand partout nicht los lassen.

„Mr. und Mrs. McKenzie?“ ein älterer Arzt kommt auf uns zu und Mark und ich stehen auf.

„Ja Dr. Morgan nehme ich an.“ Marc reicht ihm die Hand.

„Ja genau, aber nennen sie mich Jo.“ Er geht in die Hocke „Und du musst Noah sein.“

„Ja.“ kommt es skeptisch von ihm und er sieht mich an.

„Alles gut, Baby.“ beruhige ich ihn.

„Dann folgen sie mir bitte. Mr. und Mrs. McKenzie.“ Jo steht wieder auf.

„Elle.“ Ich lächle ihn schüchtern an.

„Marc.“ bietet auch mein Mann dem Arzt das Du an. Er steht auf, nickt Jo zu und greift nach meiner Hand.

Wir gehen in ein Behandlungszimmer und Noah darf sich in die Ecke setzen und malen. Natürlich lässt er sich das nicht zweimal sagen und ist sofort mit Feuereifer dabei.

„Darf ich offen sein?“ Jo setzt sich uns gegenüber und ich nicke.

„Sicher.“ sagt Marc und ich sehe zu ihm, er wirkt angespannt und auch sein Sunnyboy-Lächeln täuscht darüber nicht hinweg.

„Ich habe mir alle Unterlagen von St. Josephs zuschicken lassen.“ Er blättert in den Unterlagen „Bevor ich meine endgültige Meinung abgebe, möchte ich aber gerne ein paar Untersuchungen mit Noah machen. Wir nehmen ihm Blut ab und machen ein neues CT und einen Ganzkörperscan. Ich werde alles bis übermorgen auswerten und dann unterhalten wir uns noch einmal. Ich möchte euch keine Hoffnungen machen, wenn ich mir nicht sicher bin. Eins aber steht fest, wenn – und ich betone wenn - ich mich dazu entschließen sollte Noah zu operieren ist das mit erheblichen Risiken verbunden.“ erklärt er uns und ich nicke erneut. „Wir nehmen auch ihnen beiden Blut ab, wenn es zu der OP kommt, dann sind wir wahrscheinlich auf Blut angewiesen.“

„Noah ist nicht unser leiblicher Sohn.“ Marc sieht ihn an.

„Das weiß ich Marc, aber wenn die Blutgruppe stimmt, dann kommt auch ein nicht Blutsverwandter in frage.“ Jo nickt ihm zu. „Ich würde sagen, ihr geht nach unten ins Labor und ich kümmere mich um Noah. Keine Sorge, er ist bei mir in den besten Händen.“ verspricht er uns. „Ihr könnt gerne warten, aber ich will gründlich sein, ehe ich meine Meinung abgebe und es wird wohl etwas dauern.“

„Wir warten.“ sagen Marc und ich wie aus einem Mund und Jo lächelt.

„Das habe ich mir gedacht. Im Innenhof ist unsere Cafeteria. Ich komme zu euch, wenn ich was weiß.“ verspricht er uns.

Ich gehe zu Noah und setze mich auf einen viel zu kleinen Stuhl zu ihm. „Hey, Baby, meinst du, du kannst eine Weile bei Jo bleiben? Er möchte dich ganz, ganz genau untersuchen.“ Ich sehe ihn fragend an und male mit auf seinem Blatt.

„Klar Mummy.“ Er sieht mich ein wenig ängstlich an.

„Ich und Marc sind hier, wenn was ist, dann sind wir sofort bei dir.“ Ich gebe ihm einen Kuss auf den gespitzten Mund.

„Du meinst du und Daddy.“ lacht er und ich nicke.

„Ja, ich und Daddy. Weißt du, für mich ist das alles neu.“ lache nun auch ich.

„Für mich auch Mummy, aber du musst das lernen.“ erklärt er mir.

„Versprochen.“ Ich halte meine Hand zum Schwur hoch.

„Gut…“ er steht auf und geht zu Marc. „Bye Daddy, bis später.“ Marc nimmt ihn auf den Arm und drückt ihn an sich.

„Bye Mummy…“ er winkt mir zu und geht dann zu Jo. „Ich bin fertig.“ sagt er sicher und Jo lacht.

„Na, du bist mir ja Einer.“ grinst er und Marc und ich gehen hinaus.

Wir gehen schweigend hinunter ins Labor und uns werden gefühlte 100 Röhrchen Blut abgenommen.

Eine halbe Stunde später sitzen wir mit einem Kaffee, der besser ist als der Ruf von Krankenhauskaffee, in der Cafeteria und ich nehme Marcs Hand.

„Alles wird gut.“ sagt er mehr zu sich als zu mir und ich weiß, er muss über das Gesagte erst einmal nachdenken.

Ich kenne solche Situationen… Alles auf eine Karte setzen und die Gefahr eingehen, dass man verliert oder das Spiel laufen lassen und es nehmen wie es kommt. Keine leichte Entscheidung und schon gar nicht, wenn es das eigene Kind betrifft…

Wir hängen beide unseren Gedanken nach und essen eine Kleinigkeit… ich biete meinen Magen lieber noch nicht so viel an und bin froh, das es mir anscheinend bekommt.

Über unser Nachdenken verlieren wir die Zeit aus dem Blick, ich beobachte die Menschen um uns herum und Marc scheint in seiner ganz eigenen Welt versunken zu sein. Er hält meine Hand und drückt sie manchmal so fest, dass es fast weh tut.

„Marc? Elle? Jo möchte sie kurz sprechen. Noah ist für heute fertig.“ Eine junge Schwester kommt zu uns und mit den Kaffeebechern in der Hand folgen wir ihr.

Bei Jo im Büro werden wir erst einmal stürmisch von Noah begrüßt und er geht malen, während Marc und ich uns setzen.

„Ich habe mir noch nicht alle Daten angeschaut und möchte daher noch keine Meinung äußern…“ beginnt er und ich nicke leicht.

Damit habe ich gerechnet, kein Arzt, der was auf sich hält, sagt etwas ohne alle Untersuchungsergebnisse gesehen zu haben.

„Wir haben aber schon die Ergebnisse ihrer Blutuntersuchungen, nur Elle kommt in Frage, aber da gibt es ein kleines Problem…“ er sieht mich an und ich nippe an meinem Kaffee.

Marc sitzt plötzlich kerzengerade neben mir und sieht Jo durchdringend an.

„Elle?“ Jo sieht zu mir und ich sehe auf. „Den Kaffee sollten sie in den nächsten Monaten weg lassen.“ Er lächelt leicht und ich lege verwirrt meinen Kopf schief.

„Hä?“ kommt es nicht gerade sehr schlau von mir und ich nippe tatsächlich noch einmal an meinem Kaffee.

„Elle, du bist in der 10. Woche.“ Jo grinst mich an und ich verschlucke mich.

„Wie bitte?“ frage ich, nachdem ich mich von meinem Hustenanfall erholt habe.

„Elle, du bist schwanger.“ Jo reicht mir seine Hand „Herzlichen Glückwunsch.“

„Danke.“ stottere ich.

„Dr. Montgomery hat gleich Zeit für dich.“ Er zwinkert mir zu „Marc, würdest du noch einen Moment bleiben? Ich muss noch etwas mit dir besprechen.“ Jo sieht zu Marc und dieser nickt, dann sieht Marc mich an.

Mir ist sämtliche Farbe aus dem Gesicht gewichen und ich umklammere die Armlehnen meines Stuhls.

„Prinzessin?“ fragt er leise und ich sehe auf.

„Es tut mir leid.“ stammele ich.

Von allen Sätzen in meinem Kopf, spuckt mein Gehirn gerade diesen aus und ich sehe ihn geschockt an. Schwanger?

Aber ich habe immer verhütet…

Ich nehme doch die Pille…

„Gott, Prinzessin.“ Er steht auf und zieht mich hoch „Was in aller Welt tut dir denn leid?“ er lächelt mich mit Tränen in den Augen an.

„Ich nehme die Pille… immer, ich habe nie eine vergessen.“ Eine Träne läuft über meine Wange.

„Oh nein Prinzessin, nicht weinen. Das ist so wundervoll, so unbeschreiblich… ich liebe dich so sehr.“ Er nimmt mich in den Arm.

„Aber…“ setze ich an.

„Was aber? Wir haben uns versöhnt, verlobt und haben geheiratet und das allein in den letzten 4 Tagen… Ein Baby ist die Krönung unserer Liebe.“ Er küsst mich.

„Baby?“ Noah steht auf und kommt zu uns.

„Ja Kleiner…“ Marc geht in die Hocke „ Du bekommst einen Bruder oder eine Schwester. In Mummys Bauch wächst ein Baby.“ erklärt er ihm liebevoll.

„Darf ich es mir aussuchen?“ Noah sieht ihn skeptisch an.

„Eher nicht.“ gibt Marc zu „Aber egal ob ein Bruder oder eine Schwester, das Baby wird dich sehr lieb haben.“ verspricht er ihm.

„Dann ist gut.“ Noah nickt „Wann ist das Baby da?“ er sieht zu Jo.

„Ein wenig musst du schon noch warten.“ gibt dieser zu.

„Oh man.“ Noah verdreht die Augen „Ich geh dann so lange noch malen.“ erklärt er und geht wieder zu dem kleinen Tisch.

Da musst du lange malen…

„So Elle, du gehst jetzt den Flur links runter. Kim wird auf dich warten.“ Jo steht auf und führt mich zu Tür.

Ich habe das Gefühl nun endgültig und völlig neben mir zu stehen und meine Füße bewegen sich automatisch. Eine junge Frau empfängt mich strahlend.

„Hallo, du bist bestimmt Elle.“ Sie reicht mir die Hand und ich nicke.

„Komm rein.“ Sie führt mich in ein Behandlungszimmer und bittet mich, mich auf die Untersuchungsliege zu legen.

Sie übergeht meinen abwesenden Gesichtsausdruck und beginnt fröhlich plaudernd die Untersuchung.

„… Der Fötus ist 3,5 cm lang und das Herz schlägt kräftig…“ sie legt ihre Hand auf meinen Arm und ich sehe zum Monitor. Tatsächlich kann ich unser Baby erkennen, es ist so winzig und ich kann nicht fassen, dass in mir ein neues Leben heran wächst. „Laut meinen Berechnungen bist du 10 plus 4, der errechnete Termin ist der 18. Dezember.“ Sie strahlt mich an und ich nicke, meinen Blick immer noch auf den Monitor gerichtet.

Sie wischt meinen Bauch ab und druckt mir ein paar Bilder aus. „Ich stelle dir einen vorläufigen Mutterpass aus, deinen richtigen Pass musst du dir von deinem Arzt in Irland holen.“ Sie hilft mir, mich aufzusetzen.

Dann schreibt sie eine Weile und ich starre vor mich hin. Jeder wird denken, wir haben wegen dem Baby geheiratet und jeder wird denken, ich habe es darauf angelegt…

„Was ist los Elle?“ Kim sieht mich an und ich zucke mit den Schultern. „Komm schon, wenn du nicht drüber redest, dann frisst es dich auf.“ Sie nickt mir aufmunternd zu und ich gleite von der Untersuchungsliege und setze mich ihr gegenüber.

„Marc und ich haben einen Sohn, er hat einen Gehirntumor, den man nicht operieren kann, deswegen sind wir hier…“ beginne ich.

„Ein Tumor ist keine Erbkrankheit, das hat nichts zu bedeuten…“ setzt nun sie an.

„Das weiß ich, Noah ist nicht unser leiblicher Sohn…“ ich atme tief durch, wenn ich jetzt nicht irgendjemanden von meinen Ängsten erzähle, dann fressen sie mich auf „… Marc und ich haben uns im Dezember letzten Jahres kennen gelernt. Ihm gehört eine der größten Firmen in Irland. Es hat Wochen gedauert bis ich mich auf ihn eingelassen habe, denn ich habe all meine Kraft und Liebe für Noah gebraucht. Ich bin Krankenschwester auf der Kinderkrebsstation in einem Krankenhaus in Irland und Noah stand unter der Obhut des Jugendamtes.“ Gott, das klingt selbst für mich verwirrend… „Ich konnte einfach nicht glauben, dass einer wie er sich für eine wie mich interessiert.“ Ich sehe zu ihr und sie lächelt „Aber er tat es, ich bin über meinen Schatten gesprungen und in dieser Nacht ist wohl zum einen unser Baby entstanden…“ nun lächle ich „Und zum anderen hatte Noah eine Hirnblutung und wurde notoperiert.“ Ich atme tief durch „Ich habe Marc abserviert, ich hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen. Wie kann ich mich amüsieren und Noah liegt im OP? Wir haben bis vor 4 Tagen nicht mit einander gesprochen. Das Jugendamt wollte mir Noah wegnehmen und Marc war da. Er machte mir einen Heiratsantrag und wir haben am Sonntag geheiratet und am Montag das Sorgerecht für Noah bekommen. Mit einem Millionär und exzellenten Geschäftsmann verheiratet zu sein, hat auch Vorteile…“ ich versuche zu lächeln „Und jetzt das… Jeder wird denken ich habe es darauf angelegt, sie werden denken ich habe ihn gezwungen mich zu heiraten.“ Ich schlage meine Hände vors Gesicht.

„Ach Elle…“ sie nimmt meine Hand „Das wird niemand denken, alle Menschen, die Wichtig sind, kennen dich viel zu gut.“ beruhigt sie mich „Konzentrier dich auf dein Baby, auf Noah und auf deinen Mann. Denn mehr brauchst du nicht um glücklich zu sein.“

Ich denke über ihre Worte nach. Sie hat Recht, was interessiert es mich, was der Rest der Welt von mir denkt? Marc, Noah, das Baby und ich sind wichtig… Nichts anderes zählt, auch wenn eine schwere Zeit vor uns liegt.

„Danke.“ Sage ich leise und sie nickt.

„Kein Problem.“ Sie drückt mir die Bilder und den Pass in die Hand. „Alles sieht wunderbar aus. Dem Baby geht es Bestens. Und, bitte Elle, achte auf dich und sorge dafür, dass es so bleibt.“

„Vielen Dank Kim.“ Ich stehe auf und verlasse mit wackligen Beinen ihr Untersuchungszimmer.

„Mummy!“ empfängt mich Noah strahlend und ich hocke mich hin um ihn an mich zu drücken.

„Hey, Baby.“ flüstere ich.

„Ich bin jetzt nicht mehr das Baby…“ er sieht mich an und reckt stolz seinen Hals „Ich bin jetzt der Große.“ erklärt er mir und ich lächle.

„Da hast du natürlich Recht.“ pflichte ich ihm bei.

„Hey, Mummy.“ Marc zieht mich auf die Beine und küsst mich innig.

„Hey, Daddy.“ erwidere ich lächelnd, als er sich von mir löst.

„Ich habe Hunger.“ Noah sieht uns an und Marc nimmt ihn an die eine und ich an die andere Hand. Wir werden später, wenn Noah im Bett ist darüber reden.

„Dann gehen wir jetzt was essen. Worauf hast du Lust?“ Marc sieht ihn an.

„Hotdogs. Jo hat gesagt hier gibt es die Bestesten.“ strahlt er.

„Okay, dann Hotdog.“ Marc lacht und wir lassen Noah hoch fliegen, als wir in die Abendsonne Santa Monicas treten.

Wir finden einen Hotdog Stand und der hat tatsächlich glutenfreie Brötchen. Noah ist begeistert und schaufelt sich gleich zwei Stück rein.

„Du musst auch was essen.“ Marc sieht zu mir, ich knabbere immer noch an meinen Hotdog herum.

„Das schmeckt mir nicht.“ Ich sehe ihn entschuldigend an. Normalerweise liebe ich Hotdogs, aber heute…. Nein, eher nicht.

„Worauf hast du denn Hunger?“ er nimmt mir den Hotdog ab.

„Keine Ahnung…“ ich zucke mit den Schultern „Fisch?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch. Normalerweise mag ich kein Fisch…

„Gut, wir fahren gleich zurück ins Hotel und du bekommst deinen Fisch.“ Er küsst mich und ich lächle ihn dankbar an.

Als Noah aufgegessen hat fahren wir zurück und machen Noah erst einmal bettfertig. Mark bestellt mir ein Lachsfilet mit allerhand Beilagen und während er Noah vorliest, esse ich.

Hat Fisch schon immer so gut geschmeckt? Tatsächlich esse ich alles auf.

Marc sieht zufrieden auf den Teller, als er aus Noahs Zimmer kommt.

„Jetzt komm mal her.“ Er zieht mich hoch und drückt mich an sich „Freust du dich?“ haucht er mir ins Ohr.

„Natürlich freue ich mich, es kam nur etwas überraschend.“ gestehe ich „Ich habe Angst, was die anderen denken.“ füge ich hinzu.

„Oh Prinzessin…“ er küsst mich innig „Es ist völlig egal was die anderen denken…“ er lächelt „Ich war noch nie in meinem Leben so glücklich.“ gesteht er mir und ich schmiege mich an ihn.

Wir gehen hinaus auf die Terrasse. Es ist unglaublich, wie viel Kraft die Sonne trotz des fortgeschrittenen Abends hat.

Ich setze mich auf eine der breiten Sonnenliegen und Marc legt sich neben mich.

„Was wollte Jo mit dir besprechen?“ frage ich vorsichtig.

„Er macht sich Sorgen um dich.“ gibt er zu „Er weiß, dass wir wegen Noah hier sind und hatte ein schlechtes Gewissen, weil er sich auch in deine Gesundheit einmischt, schließlich ist er Kinderarzt.“

„Na ja, so ganz falsch ist das ja nicht.“ Ich grinse schief.

„Ich kann es nicht glauben…“ er legt seine Hand auf meinen Bauch „Wir bekommen wirklich ein Baby.“ Er küsst mich zärtlich „Hast du denn gar nichts bemerkt?“

„Ich hatte in letzter Zeit so viel um die Ohren… Die Chemo von Noah, die Sache mit dir, das Jugendamt…“ ich sehe ihn entschuldigend an.

„Das ist alles Geschichte. Bitte konzentriere dich mehr auf dich.“ bittet er mich inständig.

„Aber…“ setze ich an.

„Kein aber…“ er zwingt mich ihn anzusehen „Meine Familie ist mir das Wichtigste. Ich kümmere mich um alles.“ verspricht er mir „Jo meint, deine Stressparameter sind viel zu hoch. Bitte, Prinzessin.“

„Ich gebe mir Mühe, ganz fest versprochen.“ Ich ziehe ihn zu mir.

„Was wird das jetzt? Ich dachte immer mit einer Schwangerschaft ist das Eheleben erst einmal flach gelegt.“ grinst er.

„Du kennst mich nicht.“ grinse ich.

„Das glaube ich auch.“ Seine Hand wandert mein Bein hoch.

„Lass uns in den Whirlpool gehen.“ Ich stehe auf und ziehe mein Kleid über den Kopf.

„Was machst du nur mit mir?“ lacht er.

„Ich hoffe doch, dich glücklich.“ ich steige in Unterwäsche in den Whirlpool und drücke ein paar Knöpfe, es beginnt zu blubbern und sprudeln und ich lasse mich langsam in das warme Wasser gleiten.

Marc zieht sich grinsend sein T-Shirt aus und ich beobachte fasziniert das Spiel seiner Muskeln.

„Ich hoffe ihnen gefällt, was sie sehen Mrs. McKenzie…“ er zieht sich auch seine Bermudashorts aus und trägt jetzt nur noch seine Boxershorts „Denn sie haben schon das Gesamtpaket, ohne Rückgaberecht, gekauft.“ Er steigt zu mir und beugt sich über mich.

„Ich liebe Dich.“ Ich küsse ihn und er stöhnt leise.

„Ich dich auch und ja, du und Noah, ihr macht mich glücklich und das Baby macht mich zum glücklichsten Menschen auf der Welt.“ Er streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht „Und jetzt psst… Ich will meine Frau verführen.“ Raunt er mir ins Ohr und beginnt sanft meine Brüste zu massieren.

Diese sind so sensibel, das sich meine Brustwarzen, trotz des warmen Wassers sofort aufrichten.

Ich streichele über seinen Bauch und fahre mit der Hand in seine Shorts. Überrascht sieht er mich an und ich grinse schelmisch.

Ich spüre seine Erektion und küsse ihn verlangend. Seine Hände wandern über meinen Körper und ich genieße es, sie überall zu spüren. Er zieht sich seine Shorts aus und befreit mich in einer kleinen Tauchaktion von meinem Slip, auch mein BH landet neben dem Whirlpool. Als er in mich eindringt, versinkt die Sonne glutrot im Ozean und ich schließe meine Augen.

Ich umklammere ihn mit meinen Beinen und will am Liebsten für immer eins mit ihm sein.

Wir nutzen den Whirlpool wirklich aus und ich fühle mich durch die Schwangerschaft plötzlich weiblicher als jemals zuvor.

Erst weit nach Mitternacht kommen wir ins Bett und ich kuschele mich glücklich an ihn.

„Ich liebe Dich.“ flüstere ich und lege meinen Kopf auf seine Brust.

„Ich dich auch.“ haucht er mir ins Ohr und ich schließe zufrieden meine Augen.

„Mummy? Daddy?“ ertönt unser Wecker und mein erster Weg führt mich mal wieder zur Toilette, während Marc Noah holt.

Wir sollen um 9 Uhr bei Jo sein, viel Zeit haben wir nicht, aber da mein Frühstück nur aus Toast und Tee besteht liegen wir gut in der Zeit.

Ich entscheide mich für ein geblümtes Sommerkleid und ziehe es straff über meinen Bauch. Kritisch betrachte ich mich im Spiegel. Wenn ich ganz genau hinschaue, dann kann ich schon ein kleines Bäuchlein erkennen…

Ich lege meine Hände auf meinen Bauch und schließe die Augen.

In meinem Bauch wächst ein neues Leben… Unglaublich.

Starke Hände legen sich auf meine und ich lächle.

„Was machst du denn?“ fragt Marc leise neben meinem Ohr.

„Schauen, ob man schon was sieht.“ gebe ich zu.

„Du bist wunderschön…“ er dreht mich zu sich und legt seine rechte Hand auf meinen Bauch „Ihr werdet immer wunderschön sein…“ er küsst mich innig „Und ja, seitdem ich weiß, das du schwanger bist, seitdem sehe ich es.“ Er zwinkert mir zu und wir gehen lachend zu Noah.

„Da seid ihr ja endlich.“ stöhnt er theatralisch und ich helfe ihm seine Sandalen anzuziehen.

„Fahren wir zum Strand?“ er sieht mich mit großen Augen an.

„Später… Versprochen.“ Ich gebe ihm einen Kuss „Aber erst müssen wir zu Jo, okay?“

„Okay.“ Er hüpft den Flur vom Zimmer zum Fahrstuhl entlang. Wenn er, wie jetzt, ein Basecap trägt und keiner seine Narben sieht, dann sieht er aus wie ein ganz normaler kleiner Junge. Ein wenig zu klein für sein Alter, aber ganz normal…

Ich würde alles dafür geben, wenn es doch nur so wäre.

Jo wartet schon auf uns und eine Schwester nimmt Noah zum Basteln mit, während Marc und ich uns setzen.

„Wie sieht es aus?“ Marc nimmt meine Hand und wir sehen zu Jo.

„Nun da mir alle Untersuchungsergebnisse vorliegen kann ich mich der Meinung von Philipp nur anschließen, leider sitzt der Tumor direkt am Hirnstamm. Natürlich kann ich versuchen zu operieren…“ beginnt er.

„Dann tun sie es.“ Marc sieht ihn an und ich sehe zu Marc.

„Aber…“ setze nun ich an.

Jo hebt die Hand und ich verstumme.

„Wie gesagt, ich könnte ihn, auf euren Wunsch hin, operieren, aber die OP birgt unkalkulierbare Risiken. Noah könnte gelähmt werden, er könnte blind, taub oder beides werden. Und das größte Risiko, nämlich das, dass er auf dem OP-Tisch stirbt, nicht zu vergessen. Marc, du hast mich um meine Meinung gebeten und das ist sie.“ Er sieht zu Marc.

„Wie lange hat er noch ohne eine OP?“ ich sehe Marc an, das er sich kaum traut, die Frage auszusprechen.

„3 bis 4 Monate, wenn alles gut geht.“ Jo sieht zu mir und ich nicke. Das ist genau das, was mir Philipp nach der letzten Chemo erklärt hat.

„Ich erwarte keine sofortige Entscheidung.“ fügt er hinzu „Lasst die Informationen sacken und wenn ihr eine Entscheidung getroffen habt, dann ruft mich an.“ er reicht mir die Hand.

„Vielen Dank Jo.“ Ich nicke ihm kurz zu.

Marc bedankt sich kurz und knapp und wir holen Noah. Marc ist schweigsam auf dem Weg zum Strand und wir kaufen Noah ein Strandset, damit er buddeln kann.

Am Strand angekommen creme ich Noah ein weiteres Mal ein und ziehe ihm seinen Badeoverall an. Er hüpft davon und beginnt begeistert zu buddeln und eine Sandburg zu bauen. Marc hat sich in den Sand gesetzt und ich setze mich neben ihn.

„Baby?“ frage ich vorsichtig und er sieht mich an. „Worüber denkst du nach?“

„Ich muss in Irland anrufen, mein Büro soll mir weitere Spezialisten raus suchen. Jo kann nicht die letzte Anlaufstelle gewesen sein.“ Er sieht mich an und atmet tief durch „Und natürlich denke ich über die OP nach, du nicht?“

„Nein.“ gebe ich ehrlich zu und seine Augen weiten sich erstaunt.

„Du denkst nicht darüber nach? Aber willst du nicht das Beste für Noah?“ er sieht zu Noah.

„Doch, ich will das Beste für Noah…“ ich nehme seine Hand „Sieh ihn dir an.“ ich deute auf Noah „Das ist genau das, was er braucht.“ Ich zwinge ihn mich anzusehen „Er braucht dich und mich. Nichts weiter…“ ich küsse ihn „Er wird sterben.“ Ich merke wie mir Tränen in die Augen steigen „Ich wusste es vom allerersten Tag an. Ich kann nichts tun, so sehr ich es mir wünsche. Er wird sterben bevor seine eigentliche Zeit gekommen ist und meine Aufgabe war es immer, ihm die Zeit, die er noch hat, so schön wie möglich zu machen. Er soll nicht in einem Krankenhaus oder auf einem OP-Tisch sterben, ich will, das er in meinen Armen stirbt.“ Eine Träne läuft über meine Wange. „In unseren Armen. In den Armen seiner Mum und seines Dads.“

„Warum hast du dann zugestimmt, dass wir hierher fliegen?“ er sieht mich an und ich lege meine Hand auf seine Wange.

„Weil ich wusste, dass du eine zweite Meinung brauchtest.“ Ich lächle unter Tränen „Du könntest ihn niemals, mit dem Gedanken nicht alles versucht zu haben, gehen lassen.“

Nun laufen auch ihm Tränen übers Gesicht „Woher wusstest du das?“ fragt er mit erstickter Stimme.

„Weil ich dich liebe.“ antworte ich und er küsst mich.

„Keine OP. Keine weiteren Ärzte…“ sagt er sicher und ich schüttele meinen Kopf.

„Nein, Baby.“ sage ich leise.

„Nur du, Noah und ich.“ Er wischt sich unbeholfen die Tränen weg.

„Genau.“ Ich ziehe ihn in meine Arme.

Diese Erkenntnis ist schmerzhaft, sie trifft einen wie ein Hammerschlag aus dem Nichts, doch sie ist auch heilsam, weil man sich endlich auf das Wesentliche konzentrieren kann.

„Mummy schau mal!“ Noah deutet auf seine Sandburg und ich applaudiere.

„Die ist super mein Großer!“ lobe ich ihn.

„Wir bleiben noch etwas hier.“ beschließt Marc mit einem Blick auf Noah und ich nicke lächelnd.

„Was heißt denn bei dir etwas?“ ich lege meinen Kopf schief.

„So lange ich Ethan davon überzeugen kann ohne mich klar zu kommen.“ Er zwinkert mir zu.

„Ich habe mir überlegt, dass ich gerne zu Hause bleiben würde. Ich meine, jetzt wo ich schwanger bin, ist es natürlich etwas anderes, aber ich will das Noah seine letzte Zeit zu Hause verbringt.“ Ich sehe ihn fragend an.

„Natürlich, aber ich werde eine Krankenschwester einstellen, wenn es zuviel wird.“ erklärt er mir und nun nicke ich.

„Natürlich.“ Ich stehe auf und halte ihm eine Hand hin. „Unser Sohn möchte seine Sandburg bestimmt noch ausbauen.“

Er ergreift meine Hand und wir toben den ganzen Tag mit Noah über den Strand.

Er ist so glücklich… Das ist es was zählt.

Noch am Abend telefoniert Marc mit Jo und teilt ihm unsere Entscheidung mit. Dieser ist nicht wirklich überrascht und freut sich für Noah, dass wir uns gegen eine OP entschieden haben.

Als wir abends im Bett liegen und ich mich an ihn ran kuschele, weiß ich, egal was passiert, er wird, genau wie ich, alles dafür tun, Noah eine schöne Zeit zu machen. Die Besteste eben…

Am nächsten Morgen gehen wir gleich zum Strand und Noah plant begeistert seine Geburtstagsparty. Nachdem die Gästeliste steht zieht sich Marc zum Telefonieren zurück. Ich beobachte ihn skeptisch, aber sein schelmisches Grinsen zeigt mir, dass er auf meiner Seite ist.

Wir verbringen drei wunderschöne Wochen in Santa Barbara und Noah blüht auf. Marc ist besorgt um mich, weil ich immer noch jeden Morgen die Toilette aufsuche. Aber ich habe das Gefühl es wird langsam besser.

Ich habe meine Mum und Lucy angerufen und ihnen von meiner Schwangerschaft erzählt. Ich wollte ihnen ein paar Tage geben um das zu verarbeiten. Marc hat auch seine Eltern angerufen und alle sind total aus dem Häuschen.

Erst einen Tag vor Noahs Geburtstag fliegen wir zurück und am Flughafen ist es etwas chaotisch, da der Privatjet keine Startfreigabe bekommt.

„Wir sind in der Warteschleife.“ Marc setzt sich zu mir und zieht mich in seine Arme. Noah ist natürlich im Cockpit, um ja nichts zu verpassen und findet es überhaupt nicht schlimm, dass wir warten müssen.

Als wir auf dem kleinen Flughafen in Ballina landen, werden wir schon von Lucy, Declan und Ethan erwartet.

„Hey Kleiner! Mann, bist du braun!“ Lucy begrüßt natürlich zu allererst Noah und wirbelt ihn herum.

„Hey Mrs. McKenzie!“ Ethan nimmt mich in den Arm „Was höre ich denn da? Weiterer Zuwachs in der Familie?“ er sieht mich an und ich nicke leicht.

„Ansonsten hätte ich sagen müssen, dass du zugelegt hast.“ lacht er „Alles Gute!“

„Danke Ethan.“ gebe ich grinsend zurück.

„Macht es dir was aus, wenn ich deinen Mann für ein paar Stunden entführe? In der Firma brennt’s und der Chef wird verlangt.“ Er sieht mich nicht sehr glücklich an.

„Aber sicher. Ich hatte ihn die letzten 3 Wochen, da werde ich ein paar Stunden ohne ihn überleben.“ Ich zwinkere ihm zu.

„Es tut mir leid.“ Marc hat das Gespräch mitbekommen und küsst mich.

„Ach was, kümmere du dich um deine Firma, ich und Noah schauen uns sein Kinderzimmer an.“ lächle ich.

Marc begrüßt nun auch kurz Lucy und Declan und muss sich dann gleich wieder verabschieden und zu Ethan ins Auto stiegen.

„Ich bring ihn nachher zu dir.“ Ethan grinst.

„In einem Stück, wenn es geht.“ lache ich und die Beiden fahren los.

„Elle!“ Lucy fällt mir um den Hals.

„Lucy.“ lache ich und drücke sie an mich.

„Ich glaub das alles nicht!“ jubelt sie und legt ihre Hand auf meinen Bauch.

„Glaub mir, ich auch nicht.“ lächle ich.

„Meine Mummy bekommt ein Baby. Jetzt bin ich der Große!“ erklärt Noah stolz und Declan lacht auf.

„Na dann, Großer. Wollen wir uns dein neues Zimmer anschauen?“ er hält ihm die Hand hin und Noah ergreift sie freudig.

Lucy plappert die ganze Autofahrt zu Marcs Haus wie aufgezogen und ich habe vor Lachen schon Bauchschmerzen.

„Was sagt eigentlich Annie dazu, das du so bald nicht wieder kommst?“ Lucy sieht mich fragend an.

„Sie ist nicht begeistert, aber sie hat es kommen sehen. Ich wollte ja hauptsächlich wegen Noah zu Hause bleiben und das Baby… Tja, was soll ich sagen?“ grinse ich.

„Das ist der Knaller, echt jetzt Elle.“ Sie nimmt meine Hand „Du bist verheiratet, hast einen Sohn und bekommst ein Baby.“ Sie kann das Gesagte kaum selber fassen.

„Und das alles, in nur einem Monat.“ lächle ich.

„Und die Leute sagen immer, ich habe einen an der Klatsche.“ Sie sieht zu Declan.

„Hey komm, damit konnte keine rechnen.“ wehrt er sich.

Wir fahren die Auffahrt hoch und ich sehe fragend zu Lucy.

„Woher kennt ihr den Weg?“

„Wir waren in den letzten Wochen ein paar Mal mit deinen Eltern hier, um uns den Umbau anzuschauen.“ gibt sie zu.

„Das Haus ist der Wahnsinn.“ Sie steigt aus und ich tue es ihr gleich.

„Wir kommt ihr eigentlich mit Ethan und Cameron zurecht?“ ich sehe zu Declan.

„Super, die Beiden sind echt nett.“ Er zieht mich zur Haustür und schließt auf.

„Ihr habt einen Schlüssel?“ ich lege den Kopf schief und merke wie Noah meine Hand nimmt, auch er ist aufgeregt, denn Marc hat ihm nicht erzählen wollen, wie sein Zimmer aussieht.

„Also hier unten haben sie nicht viel gemacht.“ erklärt mir Lucy und ich grinse. Sie führt mich durch unser Haus…

Dann zieht sie mich die Treppe hoch und wir stehen vor dem ehemaligem Arbeitszimmer „Dazu kommen wir gleich, aber erst einmal…“ sie geht eine Tür weiter. „Hier ist dein Reich Noah!“ Sie öffnet die Tür und Noah lässt mich los um hinein zu gehen. Natürlich folge ich ihm und sehe mich staunend um. Wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich sagen, ich bin im Film König der Löwen.

„Wow Mummy…“ Noah betrachtet alles ganz genau.

„Das ist toll, oder?“ ich gehe zu dem gelben Hochbett und lächle. Hier ist für alles Platz, auch für all die medizinischen Geräte und ein Teil ist sogar hier. Marc hat sie gekauft, was auch sonst…

„Deco spielst du mit mir?“ Noah deutet auf ein Regal in dem alle seine Autos untergebracht sind.

„Aber klar Kleiner.“ Er geht zu ihm und Noah gibt ihm ein Auto.

„So, die Beiden sind beschäftigt…“ Lucy reibt sich die Hände „Dann komm.“ Sie zieht mich zum ehemaligen Arbeitszimmer und öffnet die Tür.

„Das ist nicht sein Ernst?“ ich schüttele lächelnd den Kopf. Ein komplett ausgestattetes Babyzimmer in hellem Holz mit weißen Sternen… Die Wände sind in einem hellen Orangeton gestrichen und eine Bordüre mit Tieren verläuft einmal rund herum.

„Überraschung.“ sagt Lucy und ich strahle sie an.

„Ist gelungen.“ gebe ich zu.

„Weißt du eigentlich irgendetwas von Noahs Geburtstagsparty?“ ich sehe sie an und sie winkt ab.

„Aus mir bekommst du nichts raus. Nur so viel, morgen um 14 Uhr bei Marcs Eltern.“ antwortet sie verschwörerisch.

„Okay.“ gebe ich lang gezogen zurück.

Wir gehen ins Wohnzimmer und ich erzähle ihr von den letzten drei Wochen, dann ist es für Noah auch schon Abendbrotzeit und wir essen alle zusammen. Noah freut sich, dass Lucy und Declan wieder da sind und lässt beiden kaum eine Minute zum Durchatmen.

„Deco? Bringst du mich ins Bett? Mit Geschichte?“ Noah zieht eine Flunsch und Declan lacht.

„Lesen dir deine Mum und dein Dad nichts vor?“ er sieht ihn erstaunt an.

„Doch, aber keiner kann das so wie du.“ Noah sieht entschuldigend zu mir.

Ich höre das nicht zum ersten Mal und lächle „Glaub mir Deco, wir haben unser Bestes versucht, aber an dich kommen wir nicht ran… Das durften wir uns jeden Abend anhören.“

„Wenn das so ist, dann komm mal mit.“ Deco strahlt übers ganze Gesicht und geht mit Noah hoch.

Lucy und ich räumen auf und ich schenke ihr ein Glas Wein ein, während ich mich mit Apfelsaft begnüge.

„Wie fühlst du dich?“ fragt Lucy und ich weiß, was sie meint.

„Wir schaffen das.“ gebe ich zurück „Es wird hart, aber wir sind uns einig Noah eine tolle Zeit zu ermöglichen.“

„Ihr Beide seid wirklich toll.“ Sie nimmt mich in den Arm.

„Danke Lucy, ich weiß nicht, ob ich das ohne dich durch gestanden hätte.“ Ich drücke sie fest an mich und schluchze leise.

„So sensibel?“ sie grinst leicht.

„Hör bloß auf, ich kann wegen jedem bisschen heulen.“ gebe ich zu.

Wir setzen uns auf die Couch und sie streicht mir über den Kopf, während ich meinen Kopf in ihren Schoß lege. Wir sehen uns schweigend eine Fernsehsendung an. Im Moment brauchen wir keine Worte.

Eine halbe Stunde später kommt Declan wieder und setzt sich neben Lucy. Ich drehe mich um und sehe die beiden von unten an.

„Ihr wisst, wie wichtig ihr mir seid?“ frage ich leise.

„Aber sicher.“ grinst Declan und küsst meine Stirn.

Ein Schlüssel wird im Schloss gedreht und ich komme hoch. Marc steht in der Tür und lächelt entschuldigend.

„Es tut mir so leid.“ Er hängt seine Jacke auf und kommt zu uns.

Er zieht mich hoch und nimmt mich in den Arm. „Ich habe dich vermisst.“ haucht er mir ins Ohr, dann sieht er sich um „Ist Noah schon im Bett?“

„Ja, dank Deco. Noah hat mal wieder zum Besten gegeben, wie schlecht wir im Geschichten vorlesen sind.“ Ich grinse Declan an.

„Tja, Declan werden wir wohl nie das Wasser reichen können.“ lacht Marc leise.

„Danke!“ Declan verneigt sich und wir lachen alle.

„Nein ehrlich Declan…“ Marc setzt sich auf den Sessel und zieht mich auf seinen Schoß „Was müssen wir tun, damit wir so gut werden wie du?“

„Hey, mein Mann ist nicht kopierbar.“ Lucy winkt ab.

„Sie hat Recht, Deco ist ein Unikat.“ Ich küsse Marc.

„Okay, verstanden. Kommst du denn jetzt jeden Abend vorbei?“ er sieht zu Declan und dieser tut als müsse er nachdenken.

„Mal schauen, was ich einrichten kann.“ Er zwinkert ihm zu. „Ach ja, bevor ich mich noch an ihn gewöhne.“ Er legt den Schlüssel des Audis auf den Tisch.

„Behalte ihn.“ Marc winkt ab und Declan sieht ihn ungläubig an.

„Willst du mich bestechen, damit ich Noah vorlese?“ lächelt er verschmitzt.

„Wirkt es denn?“ fragt Marc lachend.

„Ein bisschen.“ gibt Declan zu und nimmt den Schlüssel strahlend wieder an sich.

„Nein, nein…“ Marc grinst ihn an „Das ist keine Bestechung, aber mal ehrlich Lucys und Elles Auto ist eine Gefahr für den Straßenverkehr.“

„Wo du Recht hast.“ Declan sieht entschuldigend zu Lucy.

„Schon okay, ich trauere dem Auto auch nicht über den Weg. Sag mal, Elle, ist es eigentlich schlimm das Deco eingezogen ist?“ sie sieht lächelnd zu mir.

„Hat er nicht sowieso bei uns gewohnt?“ frage ich grinsend.

„Irgendwie schon.“ gibt sie zu.

„Also…“ ich zucke mit den Schultern.

„So, da wir davon sprechen. Lucy, du musst in 30 Minuten auf Arbeit sein und ich muss morgen früh hoch.“ Declan sieht zu Lucy und sie sieht auf ihre Uhr.

„Alles klar.“ Beide stehen auf und ich nehme sie in den Arm.

„Hier für dich.“ Declan holt eine DVD aus der Tasche und zwinkert mir zu.

„Danke Deco.“ sage ich gerührt und bringe sie zur Tür.

„Was ist das?“ Marc sieht mich fragend an und deutet auf die DVD.

Ich reiche sie ihm und setze mich auf die Couch. Als erstes erscheint Noahs lachendes Gesicht am Weihnachtstag und ich lächle ebenfalls.

Marc setzt sich zu mir und ich kuschele mich an seine Brust. Nach dem Weihnachtsfest kommen einige Aufnahmen von Noah bei uns zu Hause, wie er Chimney jagt oder wie er und Lucy herum toben, dann kommt ein Schnitt und mein “Junggesellinnenabend“ startet. Die DVD endet mit Declan Androhung an Marc und dann ist es ganz still im Raum.

„Bist du dir eigentlich bewusst, wie wunderbar ihr alle seid?“ fragt Marc leise.

„Wir sind zusammen unschlagbar.“ weine ich.

„Hey, was ist denn los?“ fragt Marc besorgt und zwingt mich ihn anzusehen.

„Ist dir bewusst, dass wir das wahrscheinlich letzte Weihnachtsfest von Noah gesehen haben?“ frage ich tränenerstickt.

„Ja, aber wie er schon sagte, es war sein Bestestes.“ Er küsst mich. „Das ist alles was zählt.“

Ich kann nicht aufhören zu weinen, alle angestauten Gefühle wollen an die Oberfläche und ich bin nicht in der Lage sie aufzuhalten. Ich habe schon oft wegen Noah geweint, aber noch nie vor Marc. Er hält mich fest, stellt keine Fragen und trägt mich irgendwann ins Bett. Ich bin erschöpft, aber ich weiß, ich werde morgen aufstehen und wieder stark sein.

Der nächste Morgen beginnt mit dem Geschenke auspacken und Noah strahlt übers ganze Gesicht. Marc filmt alles mit seinem Handy. Ich denke, er hat sich ein Beispiel an Declan genommen… Diese Momente kommen nie wieder und sie werden ein wertvoller Schatz für uns sein.

Anschließend gibt es ein Pancakefrühstück ganz nach Noahs Wünschen und dann müssen Marc und Noah alle seine neuen Spielsachen ausprobieren. Ich sehe ihnen lächelnd zu und wünsche mir, es könnte immer so bleiben…

Nachdem Noah seinen Mittagsschlaf hatte, fahren wir zu Molly und Peter. Als wir ankommen, traue ich meinen Augen nicht. Eine riesige Hüpfburg ist aufgebaut, Pony reiten und eine kleine Gokart Bahn. Überall Luftballons und Luftschlagen, das reinste Kinderparadies.

„Wow Mummy!“ Noah springt aus dem Auto, als wir halten und stürmt zu seinen Gästen.

Ich entdecke meine Mum und sie nimmt mich mit Tränen in den Augen in den Arm.

„Hallo mein Kind.“ Sie wischt sich eine Träne weg.

„Hallo meine Mummy.“ gebe ich lächelnd zurück und sie drückt mich erneut. „Ich freue mich so für euch Beide.“ Sie legt ihre Hand auf meinen Bauch. Also wenn ich nicht schwanger wäre, dann könnte man wirklich denken, ich esse zuviel, denn der Bauch ist nicht zu übersehen.

Dann kommt mein Dad und ich werfe mich ihm in die Arme „Daddy!“ ich drücke ihn an mich.

„Meine Prinzessin.“ Er lächelt glücklich.

„Ihr habt mir gefehlt.“ gebe ich zu.

„Ihr uns auch.“ Er sieht zu Noah „Ihr alle.“ Auch er legt seine Hand auf meinen Bauch und ich lächle.

„Elle!“ nun bestürmt mich Molly und ich nehme sie, nachdem mein Dad mich frei gegeben hat, in den Arm.

„Noah sieht so erholt aus und du erst.“ Sie sieht mich prüfend an.

„Tja, das Eheleben bekommt mir.“ gebe ich zurück.

„Und Marc auch.“ Sie sieht zu ihrem Sohn „Er sieht unheimlich glücklich aus.“

„Hmm.“ Stimme ich ihr zu und beobachte Ethan, Declan, Marc und Noah auf der Hüpfburg. Ganz so uneigennützig war diese Party wohl nicht. Ich denke, die großen Jungs werden sich genauso gut amüsieren wie Noah und ich nehme Marcs Handy um das festzuhalten.

Tatsächlich amüsieren sich alle großen Jungs und wir Frauen sitzen zusammen und unterhalten uns über sie, auch Susanna und Sophie sind dabei und ich höre so einige Geschichten über einen bösen Marc in meiner Abwesenheit und entschuldige mich vielmals bei den Beiden.

„Ach was…“ Susanna winkt ab „Wenn ich ihn mir jetzt anschaue, dann sollte wohl alles so sein.“ Sie sieht zu den Jungs, die sich ein Rennen auf der Gokartbahn liefern.

Ich nicke leicht und bin dann schon wieder Mitten im Gespräch über die Planungen, was die nächsten Wochenenden angeht.

„Ihr wisst schon, dass wir ab und zu Luft holen müssen?“ ich sehe in die Runde.

„Ja klar, aber ihr wart drei Wochen weg…“ Molly sieht mich lächelnd an „Ich möchte meine Schwiegertochter und meinen Enkel besser kennen lernen.“

„Okay…“ ich atme tief durch „Wenn ich euch so höre, dann sind wir die nächsten Wochenenden ausgebucht.“

„Schlimm?“ meine Mum sieht mich unsicher an.

„Nein, ganz und gar nicht.“ gebe ich zu.

Am Abend bringen Marc und ich einen völlig erschöpften Noah ins Bett und tatsächlich beginnt sich unser neues “Familienleben“ wunderbar einzuspielen. Mein Bauch wächst und Noah freut sich so auf sein Geschwisterchen. Er redet mit dem Baby und erzählt ihm von seinen Abenteuern. Wirklich jeder in unserer großen Familie, versucht jeden Tag zu etwas Besonderem zu machen, aber wir genießen auch unsere Zeit als kleine Familie und nutzen die gute Zeit, die wir zweifelsohne haben, in vollen Zügen.

Ende Oktober bemerken wir ganz plötzlich die ersten Einschränkungen bei Noah…

Er fällt immer öfter hin und es dauert nur zwei Wochen und er kann gar nicht mehr laufen. Aber er lässt sich nicht klein kriegen und rast mit seinem Rollstuhl durchs Untergeschoss und über die Terrasse. Marc kauft uns einen Kleinbus und so sehr wir uns auf das Baby freuen, zu sehen, dass es Noah schlechter geht, zerrt an unseren Nerven.

„Pass bitte auf.“ fahre ich ihn an, als ich gerade dabei bin, Noahs Sachen weg zu räumen nachdem er im Bett ist.

„Mach ich doch.“ kommt es gereizt von ihm.

„Nein, tust du eben nicht.“ gebe ich patzig zurück.

„Sei nicht unfair.“ Er hebt ein paar Sachen auf und räumt sie in die Spielkiste.

„Das ganze verdammte Leben ist unfair.“ Ich werfe Noahs Feuerwehrauto in die Kiste und leise Tränen bahnen sich ihren Weg.

Ich räume mechanisch weiter auf und werfe das Spielzeug viel zu heftig in die Kisten.

„Hör auf.“ Sagt Marc leise und nimmt mich in den Arm.

Ich will mich wehren, doch er lässt mich nicht los, bis ich aufgebe.

„Nicht weinen, Prinzessin, ich kann es nicht ertragen.“ sagt er besorgt und ich sehe ihn an.

„Es ist unfair.“ erwidere ich.

„Ich weiß…“ wir setzen uns auf den Fußboden und halten uns schweigend fest.

Mit Noah geht es jeden einzelnen Tag ein wenig bergab und ich bete und hoffe… Ich lasse mir ihm gegenüber nichts anmerken und alle gehen, nachdem er ans Bett gefesselt ist, bei uns ein und aus. Aber das Unausweichliche rückt näher…

Noah hingegen ist fröhlich wie eh und je und findet sich mit jeder neuen Situation ab, jetzt kann er sich kaum noch bewegen aber er ist gut darin uns mit seiner Stimme zu beschäftigen. Sein Lieblingsfilm ist und bleibt König der Löwen und ich glaube ich kann ihn schon auswendig…

Draußen wird es kälter und die Bäume haben schon keine Blätter mehr. Noah ist schon fast zwei Monate über seine Lebenserwartung hinaus, aber er muss jeden Tag mehr kämpfen… Unser großes Ziel ist Weihnachten, aber ich weiß nicht, ob wir das schaffen…

Am 6. Dezember werde ich morgens mit einem komischen Gefühl wach und gehe runter zum Frühstück.

„Ist alles gut bei dir?“ Lucy sieht mich besorgt an und ich nicke leicht.

„Kannst du Marc anrufen? Ich denke er sollte herkommen.“ Ich setze mich schwer atmend auf einen Stuhl.

„Kommt unser Baby?“ Noah sieht mich an und ich nicke. Das Sprechen fällt ihm schwer, seine Atmung ist schon sehr stark eingeschränkt, aber ich als Mum verstehe ihn natürlich.

Marc ist keine 20 Minuten später da und wir machen uns auf den Weg ins Krankenhaus.

„Aber du hast noch 12 Tage Zeit?“ Marc streichelt besorgt meine Hand.

„Ich glaube, das interessiert das Baby gerade nicht.“ gebe ich gepresst zurück.

Tatsächlich geht es schnell, viel zu schnell für meinen Geschmack und schon um 17 Uhr halte ich unsere Tochter in den Armen.

„Sie ist so winzig.“ weine ich.

„Sie ist perfekt, wie ihre Mummy.“ Marc küsst mich unter Tränen.

„Wie soll die Kleine denn heißen?“ meine Hebamme sieht uns fragend an.

„Das soll Noah entscheiden.“ Ich lächle leicht. „Wann kann ich mit ihr nach Hause?“

„Die Kinderärzte checken sie noch durch und dann könnt ihr eigentlich nach Hause, wenn ihr wollt.“ Sie sieht uns verständnisvoll an.

„Danke Terry.“ Ich atme tief durch.

In diesem Moment kommt Philipp herein und ich weiß, er ist nicht hier, um sich unsere Tochter anzusehen.

„Noah geht es nicht gut. Er hat starke Probleme beim Atmen und seine Herzfrequenz fällt.“ Er sieht uns betreten an.

„Ihr könnt in einer Stunde los.“ Terry nimmt mir unsere Tochter ab und bringt sie zu den Kinderärzten, während mich ein Arzt weiter betreut. Tatsächlich bin ich nach einer Stunde soweit fit, dass wir nach Hause können.

Das Unausweichliche steht vor der Tür…

„Wie geht es ihm?“ traue ich mich kaum zu fragen, als wir zu Hause sind und Declan mit Philipp die Treppe runter kommt.

„Nicht gut.“ gibt Philipp zu. „Sein Herzfrequenz geht immer weiter runter und er hat starke Schwierigkeiten beim Atmen.“ erklärt er uns. Dann legt er mir seine Hand auf die Schulter und ich weiß ohne Worte, was er mir sagen will.

Ich sehe zu Marc, er nimmt unsere Kleine aus der Babyschale und wir gehen hoch zu Noah.

„Hey, mein Großer…“ ich lege mich zu ihm und er sieht mich müde an.

„Mummy.“ flüstert er.

„Schau mal. Hier ist deine kleine Schwester. Sie will unbedingt ihren großen Bruder kennen lernen.“ Ich lege das kleine Bündel Mensch neben ihn.

„Hallo.“ Er betrachtet seine schlafende kleine Schwester.

„Du darfst dir einen Namen für sie aussuchen.“ Ich lege mich zu ihm und nehme die Kleine auf meinen Bauch, damit er sie besser sehen kann.

Marc legt sic auf die andere Seite und streicht Noah liebevoll über den Kopf.

„Kiara.“ haucht Noah und ich nicke ihm zu.

„Das ist ein wunderschöner Name.“ gebe ich erstickt von mir. Ich lege Kiara ganz dich zu ihm und er schließt seine Augen.

„Wenn du müde bist, dann schlaf ein bisschen.“ flüstere ich ihm ins Ohr.

„Sie ist das Besteste.“ sagt er leise und sieht zu Kiara.

„Ja, sie ist wundervoll, wie du.“ Ich ziehe ihn in meine Arme und Marc legt den Arm um uns.

„Du warst so tapfer.“ sagt Marc leise zu Noah.

„Liebe dich Daddy.“ kommt es leise von Noah.

„Ich dich auch, mein Großer.“ Marc streicht ihn wieder über den Kopf.

„Mummy?“ Noah dreht sich zu mir um.

„Ja mein Schatz?“ ich kann sehen wie müde er ist.

„Du bist die Beste! Ich liebe dich.“ Es ist nicht mehr als ein Hauchen, aber ich spüre all seine Liebe in diesen Worten.

„Ich dich auch.“ Ich beginne zu weinen „Du kannst gehen, wenn du willst.“ füge ich leise hinzu.

Wir liegen alle in seinem Bett, streicheln ihn und sprechen leise mit ihm. Kiara ist so friedlich, sie schläft dicht an ihn gekuschelt und räkelt sich nur ab und zu.

Irgendwann höre ich einen letzten gequälten Atemzug und dann herrscht Stille, nur das Piepen des Monitors dröhnt in meinen Ohren. Marc steht auf und schaltet den Monitor aus.

Er hebt Kiara vorsichtig, um sie nicht zu wecken, aus dem Bett und sieht mich prüfend an.

„Ich gehe mit ihr runter.“ sagt er leise und ich nicke. Ich will einen Moment mit Noah alleine sein.

Ich drücke ihn an mich, entferne mechanisch alle seine Kabel und Infusionen und weine…

Ich weiß, dass er jetzt keine Schmerzen mehr hat… aber mir tut das Herz weh, ich vermisse ihn jetzt schon.

Nach einer Stunde gehe ich runter und treffe unten auf Philipp.

„Es tut mir so leid.“ Er nimmt mich in den Arm, doch ich winke ab.

„Bitte nicht jetzt.“ sage ich leise und nehme Kiara aus ihrem Stubenwagen.

Sie räkelt sich und ich schnuppere an ihren Haaren. Sie riecht so unschuldig und rein.

Marc zieht mich und Kiara in seine Arme und ich erlaube mir auch vor ihm zu weinen. Wir haben unseren wunderbaren, tapferen Sohn verloren…

Die Beerdigung findet zwei Tage später statt. Wir haben alles schon lange im Vorfeld geplant und als der kleine weiße Sarg in die Erde gelassen wird, da steigen 1247 gelbe Luftballons in den Himmel, einen für jeden Tag den Noah gelebt hat.

Als sich der Trubel gelegt hat gehe ich mit Kiara zum Grabstein.

 

Noah McKenzie

07. Juli 2009 – 06. Dezember 2012

Geliebter Sohn,

Enkelsohn und großer Bruder

Wir lieben Dich

Mummy & Daddy

 

„Wenn du größer bist, dann werde ich dir ganz viel von Noah erzählen.“ verspreche ich Kiara und küsse ihre Stirn. „Weißt du, ich glaube er hat nur so lange durch gehalten, weil er dich unbedingt kennen lernen wollte.“ flüstere ich ihr zu. „Du hast einen wunderbaren großen Bruder und er beschützt dich jetzt. Du hast deinen eigenen ganz persönlichen Schutzengel.“

Wir verzichten auf die übliche Trauerfeier und nur die engsten Freunde kommen mit zu uns. Wir schauen uns Videos von Noah an und versuchen sein Leben zu feiern und nicht seinen Tod zu betrauern. Es fällt uns schwer, aber allein schon für Kiara müssen wir alles Menschenmögliche versuchen. Noah hätte es so gewollt… Nur das Besteste für sie!

Epilog

 

„Denkst du auch jeden Tag an ihn?“ Lucy sieht mich fragend an.

„Oh ja.“ Ich wische die dicke Schneeschicht von Noahs Grabstein und lege frische Blumen davor.

„Ich kann es nicht glauben, dass es wirklich schon 25 Jahre her sein sollen.“ Lucy setzt sich auf eine Bank und ich setze mich neben sie.

„Ich auch nicht, aber Kiara ist letzte Woche 25 geworden, Marc und ich hatten im Sommer Silberhochzeit… Ja, es ist also wirklich schon so lange her.“ Ich sehe sie an.

„Bereust du es?“ fragt sie leise.

„Oh nein, Noah hat aus mir den Menschen gemacht, der ich heute bin. Ohne ihn wäre ich nicht mit Marc verheiratet, es würde Kiara, Derek und Lilly nicht geben…“ ich lächle sie an „Ich bereue nicht eine einzige Sekunde.“

„Wie geht es Kiara eigentlich als frisch gebackene Mummy?“ Lucy legt ihren Arm um mich.

„Wie geht es denn Jake als frisch gebackenem Daddy?“ frage ich sie nach ihrem Sohn, der ein Jahr nach Kiara geboren wurde. Die beiden sind seit 3 Jahren verheiratet und haben vor zwei Tagen einen kleinen Sohn bekommen.

Er heißt Noah…

Kiara und Jake machen sich toll als Eltern und natürlich stehen ihnen ihre Mütter und Väter mit Rat und Tat zur Seite.

Es stimmt, ich bereue nichts. Auch wenn ich nicht viel Zeit mit Noah hatte, die Zeit, die wir hatten, die war alles Wert!

Imprint

Publication Date: 05-16-2013

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Dedication:
Wie immer widme ich dieses Buch meinem Mann und meinem Sohn. Inspiriert hat mich meine Arbeit auf der Kinderkrebsstation des Lillebælt Krankenhauses. Mein höchsten Resepekt an alle Eltern, Krankenschwestern und Ärzte. Ich weiß mein Leben mehr zu schätzen und denke, ich werde nach dieser Zeit mit einem anderen Blick durch die Welt gehen. In liebevollen Gedenken an Lærke und Elias! ihr habt mir gezeigt, was kämpfen wirklich heißt!

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