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My Fate

„Ich bin ja mal gespannt.“ Elin reibt sich lächelnd die Hände und ich lache auf. Sofort sehen uns unsere Kollegen böse an.

„´tschuldigung.“ Ich sehe strafend zu Elin, doch diese renkt sich nun fast den Hals aus. Ihre knallroten Locken hüpfen dabei auf und ab und ich schüttelte grinsend meinen Kopf.

Wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich glatt denken hier gibt es was umsonst, aber das gibt es nicht. Heute wird uns unser neuer Chefarzt vorgestellt und ja, so ungern ich es zugebe, ich bin auch gespannt.

Nicht einmal seinen Namen hat die Klinikleitung durchsickern lassen, nur das es ein er ist und aus den Staaten kommt, so viel wissen wir alle.

Unsere Geschäftführerin, Mrs.  Miranda Michaels, geht aufs Podium und alle Gespräche um mich herum verstummen plötzlich.

„Danke, dass sie alle die Zeit gefunden haben unseren neuen Chefarzt zu begrüßen. Wir wissen alle, wie groß die Fußstapfen von Dr. Henry Forrester sind, in die unser neuer Chefarzt tritt, aber ich bitte sie alle höflichst, erwiesen sie ihm den gleichen Respekt den sie auch Henry erwiesen haben. So, nun begrüßen sie mit mir Dr. Christien O’Connor.“ Sie klatscht in die Hände und mir weicht jegliche Farbe aus dem Gesicht.

„Wow Elle, guck mal, der sieht ja richtig gut aus.“ Elin rammt mir ihren Ellenbogen in die Rippen, aber ich starre immer noch auf den Mann der gerade das Podium betreten hat. Mein Magen dreht sich um und mir wird schlecht.

„Vielen Dank liebe Kollegen und Kolleginnen…“ setzt Dr. O’Connor nun an und ich unterdrücke den unbändigen Wunsch ihm die Topfpflanze, die neben mir steht, an den Kopf zu werfen.

Zum Ersten würde ich wahrscheinlich sowieso nicht treffen und zum anderen bin ich keine 17 mehr.

„Was ist los Elle?“ erst jetzt bemerke ich wie mich Elin anstarrt und ich schüttele fahrig meinen Kopf.

„Komm schon Elle, du bist weiß wie eine Wand.“ Ihr Gesichtsausdruck wird besorgt.

„… Ich hoffe mich hier im St. Francis schnell einzuarbeiten und freue mich auf die Zusammenarbeit.“ Augenscheinlich ist Dr. O'Connor fertig.

„Ich bitte jetzt alle Ärzte sich Dr. O’Connor kurz vorzustellen.“ Ertönt die quietschige Stimme Mirandas und ich atme tief durch.

„Komm Elle, damit wären dann wohl auch wir gemeint.“ Elin gibt mir einen kleinen Schubs und ich stolpere ihr hinterher.

„Das ist Dr. Elin Collins, Ärztin auf der Pädiatrie…“ stellt Miranda gerade Elin vor, als ich bei der kleinen Gruppe ankomme. Ihr Blick fällt auf mich und sie strahlt „Und da haben wir Dr. Elizabeth Robertsen. Sie ist seit zwei Jahren Ärztin der Notaufnahme, sie hat bei uns nach ihrem Assistenzjahr promoviert. Wir haben ihre Karriere vom ersten Tag an begleitet und gefördert.“ Sie zieht mich an meinem Arm hinter Elin nach vorne zu sich.

„Freut mich Elin.“ Er reicht ihr die Hand und sieht mich dann erstaunt an.

„Elle.“ Sagt er leise und ich werfe ihm einen feindseligen Blick zu.

Bevor ich jedoch etwas erwidern kann, geht mein Pieper und ich war selten so dankbar.

„Ich muss los.“ Sage ich knapp und stürze aus dem Konferenzraum. Ich nehme die Treppe aus dem 5. Stock hinunter in die Notaufnahme, ich muss meine Wut abreagieren.

Verdammt!

Als ich in der Notaufnahme eintreffe, werde ich schon erwartet und in den nächsten zwei Stunden komme ich kaum zum Luft holen…

„Da sind sie ja…“ Miranda stürzt auf mich zu und ich versuche ihr in den nächsten Behandlungsraum auszuweichen, doch zu spät. Sie umfasst meinen Oberarm schraubstockartig und ich wundere mich mal wieder, wie viel Kraft in dieser kleinen Person steckt.

„Elizabeth, sie begleiten mich jetzt in den Konferenzraum. Sie werden wie alle anderen einen Bericht über ihre Abteilung und ihre Arbeit ablegen damit sich Dr. O’Connor ein Bild machen kann.“ Ihr Tonfall duldet keine Widerrede und ich lasse mich von ihr quasi in den Fahrstuhl schubsen.

Erleichtert darüber, dass ich nicht im letzten Moment heraus springe drückt sie auf die 5. Etage.

„Was ist denn nur los mit ihnen? Ich weiß, ihr neuer Aufgabenbereich ist noch neu für sie, aber sie wussten, dass wir einen neuen Chefarzt bekommen. Verhalten sie sich bitte professionell.“ Zischt sie mir zu und ich schenke ihr ein gequältes lächeln.

´Du hast ja keine Ahnung. ` denke ich missmutig.

Von allen Ärzten auf der ganzen Welt, hätten sie mir jeden vor die Nase setzen können, aber nicht Christien O’Connor…

Nicht er…

Warum nicht?

Ganz einfach…

Ich kenne Christien von früher, wir sind beide in Crosshaven, 2 ½ Stunden von Dublin entfernt aufgewachsen.

Ich erinnere mich nicht gern an ihn…

Wobei “nicht gern“ die Untertreibung des Jahrhunderts ist.

„So und zeigen sie sich von ihrer besten Seite…“ sie schubst mich vor sich her in den Konferenzraum.

Elin und Dr. William Prescot, mein Kollege von der Allgemeinchirurgie, sehen mich erstaunt an und ich sehe an mir runter.

Ich hätte mir wohl wenigstens einen neuen Kasack anziehen können… Den, den ich nun trage, sieht man die Patienten der letzten 2 Stunden deutlich an.

Ich seufze und schließe gequält meine Augen, bevor ich Miranda einen giftigen Blick zu werfe. Dann sehe ich zu Dr. O’Connor.

Warum er?

Diese Frage spielt sich seit Stunden in einer Endlosschleife in meinem Kopf ab und ich kann sie nicht anhalten. Wie ein Leid, welches einem partout nicht mehr aus dem Kopf geht.

„So, ich muss wieder auf Station.“ Elin sieht mich mitleidig an, als sie an mir vorbei aus dem Raum schlüpft.

„Ich muss mich auch empfehlen, ich habe noch eine OP.“ Will reicht Dr. O’Connor die Hand „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit Christien.“

„Ich mich ebenfalls William.“ Er schüttelt Will kurz die Hand.

„Bis später Bambi.“ Will zwinkert mir zu und ich bin mit Dr. O’Connor und Miranda alleine im Raum.

„Ich habe sie ihnen ja bereits vorgestellt, aber ich tue es gerne noch einmal. Ich bin mir sicher bei so vielen Namen haben sie sich nicht jeden einzelnen gemerkt…“ Miranda lacht viel zu hoch und zu schrill „… Das ist Dr. …“

„Elizabeth Robertsen.“ Sagt er und fixiert mich.

Meine Augen sind feinselig und drohend auf ihn gerichtet.

„Freut mich sehr Dr. O’Connor.“ Presse ich heraus und reiche ihm meine Hand.

„Die Freude ist auf meiner Seite.“ Er ergreift meine Hand und es ist als würde ein Stromschlag durch meinen Körper rasen. Sofort lasse ich ihn los, als hätte ich mich verbrannt.

„Nehmen sie doch bitte Platz.“ Er bietet mir einen Stuhl an und Miranda legt mir ihre Hände auf die Schultern, so dass ich mich setzen muss.

„Erzählen sie Dr. O’Connor von der Notaufnahme Elizabeth.“ Miranda sieht mich an und legt ihren Kopf schief.

„Ich arbeite seit 3 Jahren in der kombinierten Notaufnahme des St. Francis, welche sich mit der Intensivstation zusammenschließt, ich wurde von Dr. Noah Mitchell ausgebildet und ich bin seit einem Jahr stellvertretende Leitung der Station. Wir haben durchschnittlich 70 bis 100 Patienten am Tag, von denen 80 Prozent nach einer kurzen Behandlung wieder entlassen werden können. Wir haben 4 Assistenzärzte und Ärztinnen, von denen mir 2 unterstellt sind. Des Weiteren arbeiten noch vier weitere Kollegen mit uns zusammen die uns unterstützen und helfen. In der Notaufnahme arbeiten in der Zeit zwischen 8 Uhr morgens und 21 Uhr abends immer 3 Ärzten und 6 Krankenschwestern besetzt. In der Zeit zwischen 21 Uhr und 8 Uhr mit einem Arzt und 2 Schwestern. Bei Bedarf können wir Ärzte und Schwestern der anderen Stationen über den Pieper zu uns beordern.“ Rassele ich tonlos runter und starre die Wand hinter ihm an, um ihm nicht die Augen sehen zu müssen. „Ich denke den Rest wird ihnen Dr. Mitchell erzählt haben.“

„Dr. Robertsen hat vor drei Jahren, direkt nach ihrem Studium bei uns angefangen. Sie hat ihr Assistenzjahr mit Auszeichnung bestanden und ihre Approbation erhalten. Sie promovierte nur 2 Monate später und hat sich seitdem immer weiter hoch gearbeitet. Ihr Vorgänger Dr. Forrester hat sehr große Stücke auf Dr. Robertsen gehalten.“ Erklärt ihm Miranda zuckersüß und ich könnte ihr den Hals umdrehen.

„Das klingt sehr viel versprechend.“ Er versucht mir in die Augen zu sehen, aber ich drehe meinen Kopf weg.

„Ich muss sie jetzt leider alleine lassen, in meinem Büro ist heute so einiges liegen geblieben.“ Miranda erhebt sich entschuldigend und auch ich will aufstehen.

„Erklären sie Dr. O’Connor bitte noch die Zahlen vom letzten Jahr?“ Miranda legt wieder ihren Kopf schief und ich komme schon wieder in die Versuchung sie zu töten.

Mord im Affekt?

Ich atme tief durch und entscheide mich dagegen, ich will nichts ins Gefängnis…

Als die Tür hinter ins Schloss fällt starre ich auf die Tischplatte und presse meine Lippen fest zusammen.

„Elle?“ fragt er vorsichtig und ich schnelle hoch.

„Du hast kein Recht der Welt mich so zu nennen.“ Zische ich bedrohlich leise.

„Soll das jetzt für immer zwischen uns stehen?“ er klingt verunsichert und ich muss sagen, ich habe vielen von Christien O’Connor erwartet, aber bestimmt nicht, dass er verunsichert klingt.

„Das wird es, ob ich es dir passt oder nicht.“ Fauche ich.

Einen Moment herrscht Stille und dann blicke ich auf, ich wage es ihn direkt anzusehen und seine tiefblauen Augen mustern mich.

„Warum bist du wieder in Irland? Und warum ausgerechnet hier?“ ich schüttele verächtlich meinen Kopf.

„Elizabeth, ich wusste nicht, dass du hier arbeitest…“ erwidert er nun aufgebracht „Herrgott, ich wusste ja nicht einmal, dass du Ärztin bist.“

„Dann weißt du es jetzt.“ Ich habe wirklich Mühe meine Wut zu zügeln.

Wie gerne würde ich ihm jetzt alles, was mir die letzten 13 Jahre auf der Seele brennt an den Kopf schmeißen…

„Und was denkst du, was ich tun soll?“ wieder ist diese Unsicherheit in seiner Stimme, die mich aufblicken lässt.

„Halt dich von mir fern.“ Kommt es sofort von mir und ich stehe auf.

„Ich bin dein Chef.“ Er steht ebenfalls auf.

„Dann benimm dich wie mein Chef, komm mir nicht zu Nahe und lass mich meine Arbeit machen.“ Ich drehe mich um und verlasse den Konferenzraum.

Als ich im Fahrstuhl bin atme ich tief durch und merke wie sehr meine Hände zittern.

Von allen Krankenhäusern auf der Welt, fängt er ausgerechnet hier an?

Das kann nur ein schlechter Witz sein…

Ein ganz Schlechter…

Ich verlasse den Fahrstuhl im Erdgeschoss und kaum das ich einen Fuß in die Notaufnahme setze, kommt Noah auf mich zu.

„Bambi! Na endlich! Wo warst du denn?“ er sieht mich fragend an.

„Ich habe unserem neuen Chef Frage und Antwort gestanden. Warum machst du das eigentlich nicht? Du bist doch der Oberarzt.“ Ich nehme mir ein Klemmbrett von der Anmeldung.

„Ich habe morgen einen Termin bei ihm. Wie ist er denn so?“ Noah sieht mich gespannt an. Heute stehen ihm seine blonden Haare wieder in alle Richtungen vom Kopf weg und er sieht aus wie gerade aufgestanden. Typisch Noah eben…

Noah ist sechs Jahre älter wie ich und wir Beide sind seit drei Jahren, seitdem ich ihm unterstellt bin, eng befreundet. Erst war er nur mein Ausbilder, aber er wurde schnell zu einem meiner besten Freunde.

Aber das, was hinter mir und Christien steht, das weiß nicht einmal er…

Auch Elin ahnt von alledem nichts und sie kenne ich schon seit meiner Studienzeit.

Wie auch?

Ich habe nie darüber gesprochen.

Und ich will es auch nicht.

„Jung.“ Ich zucke mit den Schultern.

„Wie jung?“ Noah betrachtet mich eingehend.

„32.“ Gebe ich zurück.

„Wow, 32 und schon Chefarzt, der muss echt was auf dem Kasten haben.“ Er pfeift anerkennend.

„Sollte man meinen, oder?“ Gebe ich schnippisch zurück.

„Was hat dir denn den Tag verhagelt?“ er sieht mich verständnislos an.

„Komm Noah, lass uns einfach arbeiten.“ Bitte ich ihn entschuldigend.

„Okay.“ Antwortet er lang gezogen und in diesem Moment kommen auch meine beide Schatten, in Gestalt meiner Assistenzärzte auf mich zu.

„Olivia, du übernimmst den Patienten in der 4…“ ich reiche der jungen Blondine ein Klemmbrett „Und du Daniel bekommst die 8.“ Auch ihm reiche ich ein Klemmbrett und er stöhnt leise auf und es bildet sich eine tiefe Falte auf der Stirn. Allerdings kann ich sie kaum sehen, da ihm sein Pony ins Gesicht hängt.

Die Beiden trotten von dannen und ich atme tief durch.

Ganz ehrlich, so war ich nie…

Niemals nie…

„Wie machen sich die Beiden?“ ertönt eine Stimme hinter uns und ich drehe mich langsam um.

Mein Blick allein müsste ihn töten, doch er reicht erst einmal Noah die Hand.

Er fällt nicht tot um, so sehr ich ihn auch mit meinem Elizabeth Robertsen Tötungsblick bestrafe…

„Du bist bestimmt Noah Mitchell. Ich bin Christien O’Connor, der neue Chefarzt.“ Stellt er sich grinsend vor und ich könnte ihm die Augen auskratzen.

Oh, er macht mich so wütend.

„Wie machen sich denn nun ihre beiden Assistenzärzte Elizabeth?“ er hält meinem Blick stand und ich atme tief durch, ehe ich mir ein lächeln abringe.

„Olivia ist gut, ich würde sogar sagen, sehr gut. Daniel liegt mehr die innere Medizin. Ich finde, er sollte wechseln.“ Erkläre ich ihm.

„Da ich mich auf ihre Meinung verlasse, werde ich das Morgen mit Will besprechen.“ Er nickt mir und Noah kurz zu und verlässt die Anmeldung genauso schnell, wie er sie betreten hat.

„Er scheint nett zu sein.“ Noah lehnt sich gegen den Tresen und sieht mich an.

„Du hast keine Ahnung.“ Gebe ich gepresst zurück.

<< Alarm Trauma 3 >> ertönt es und ich werde aus meinen Wutphantasien gerissen.

Ich werfe Noah einen letzten Blick zu, ehe ich los laufe.

Am nächsten Morgen um 9 Uhr habe ich nach einem 24 Stunden Dienst endlich Feierabend und fahre mit dem Fahrstuhl in die 4. Etage. Dort befinden sich unsere Umkleideräume und ich treffe dort auf Elin.

„Ich bin total erledigt.“ Sie lässt sich müde auf die Bank, die in der Mitte des Raumes steht fallen.

„Frag mich Mal…“ ich stöhne und reibe mir den Nacken „… Immerhin habe ich sie erst einmal zusammen geflickt, bevor sie bei dir angekommen sind.“

„Hat O’Connor bei euch auch Stichproben gemacht?“ sie sieht mich fragend an und ich nicke.

„Er war gestern Nachmittag kurz bei uns.“ Gebe ich zurück und ziehe mir den Kasack über den Kopf, nachdem ich meinen Pieper in die Aufladestation und mein Schild im Schrank verstaut habe.

„Bei uns war er mehrmals…“ sie legt ihren Kopf schief „Er scheint echt was auf dem Kasten zu haben.“ Überlegt sie laut.

„Sollte er wohl auch, er ist der Chefarzt.“ Gebe ich zurück und kann nicht verhindern, dass meine Stimme wieder einen feindseligen Unterton bekommt.

„Ich kann mir nicht helfen Elle, aber irgendetwas stimmt mit dir und O’Connor nicht.“ Sie beobachtet mich wie ich in meine Jeans und meinen Pullover schlüpfe.

„Ach was.“ Wehre ich mich.

„Komm schon, ich werde es sowieso raus bekommen.“ Sie steht auf und beginnt nun sich ebenfalls umzuziehen.

Genervt verdrehe ich die Augen.

„Da gibt es nichts raus zu bekommen.“ Ich zucke mit den Schultern und ziehe mir meinen Mantel über.

Ich trete vor den kleinen Spiegel, öffne ich meinen Zopf und meine langen braunen Haare fallen mir weich über die Schultern.

„Elle? Wie lange kennen wir uns jetzt?“ sie steht plötzlich hinter mir und unsere Blicke treffen sich im Spiegel.

„Ein paar Jahre?“ frage ich ehe wie ich antworte und weiche ihrem Blick aus.

„Elle, ich kenne dich jetzt seit 10 Jahren. Du verheimlichst mir etwas.“ Sie dreht mich zu sich um und ihre grünen Augen funkeln.

„Elin, ehrlich ich habe dich wirklich sehr lieb, aber du täuschst dich.“ Ich sehe sie entschuldigend an.

„Okay Elle…“ sie lässt mich los.

„Danke Elin.“ Ich drücke ihr einen Kuss auf die Wange und verlasse den Umkleideraum.

Ich atme tief durch, ehe ich auf den Aufzugsknopf drücke.

Das leise Pling zeigt mir, das der Fahrstuhl hält und ich stiege ein ohne aufzusehen.

„Ist das genug Abstand?“ ertönt Christien O’Connors fragende Stimme hinter mir.

Ich schrecke hoch und sehe ihn an. Meine Atmung beschleunigt sich automatisch und ich beiße mir auf die Unterlippe.

Abrupt drehe ich mich um und stehe nun mit dem Rücken zu ihm.

„Irgendwann wirst du mit mir reden müssen.“ Sagt er leise.

„Irgendwann vielleicht.“ Gebe ich zurück und steige im Erdgeschoss aus.

So schnell es geht marschiere ich durch die Notaufnahme und trete auf den Parkplatz. Na super, es regnet mal wieder.

Welch seltenes Ereignis in Irland…

Ich schütze mich mit meiner Handtasche notdürftig vor dem Regen und komme an meinem Auto an. Fluchend setze ich mich auf den Fahrersitz und starte den Motor.

Erst dann schnalle ich mich an und fahre zur Schranke. Ich halte meine Codekarte vor den Leser und die Schranke entlässt mich vom Klinikgelände.

Ich steuere mein Auto sicher durch den Stadtverkehr Dublins und bin froh als ich vor meinem Appartement in Rush einen Parkplatz ergattere.

Müde steige ich aus und schließe die Haustür auf. Langsam steige ich die Treppe in den vierten Stock hoch und öffne meine Wohnungstür. Ich trete in den quadratischen Flur von dem drei Türen abgehen und gähne herzhaft. Von diesem Raum aus gelangt man gerade durch ins Wohnzimmer mit offener Küche und wunderschöner Dachterrasse die ich im Sommer zu nutzen weiß. Durch die Terrasse habe ich eine ganze Seite des Zimmers mit Fenstern vom Boden bis zur Decke und ich liebe diese Offenheit. Ich habe das Gefühl Mitten in der Stadt in meiner eigenen kleinen Seifenblase zu sein. Meine Möbel sind alle aus hellem Ahornholz und natur belassen, ich liebe diesen Landhausschick und meine riesige weiße Ledercouch abgestimmt mit den weißen Gardinen und Schrankfronten der Küche macht alles hell und gemütlich. Hier und da ein paar Farbtupfer in Gestalt von Tageskissen, Vasen oder Bilderrahmen. Ich habe eben meinen eigenen Stil. Vom Flur aus gelangt man links ins Bad. Ein Traumbad mit in den Boden eingelassener Badewanne und einer großen Dusche. Als ich dieses Bad das erste Mal sah, da wusste ich, ich will diese Wohnung. Leider bekam ich sie erst 4 Jahre nach meinem ersten Besichtigungstermin, da erst seit zwei Jahren mein Gehalt reicht um sie zu finanzieren. Nach rechts gelangt man in mein Schlafzimmer, welches von einem großen Bett, ebenfalls aus Ahorn dominiert wird, ansonsten findet sich das lindgrün von den Wänden überall im Zimmer wieder und zwei große Kleiderschränke nehmen eine komplette Wand ein. Typisch Frau eben…

Ich lasse meine Tasche und meine Schuhe da fallen wo ich stehe und schlurfe ins Schlafzimmer. Nach so einer Schicht will ich einfach nur noch schlafen und nach so einer Begegnung erst recht.

Irgendwann am Nachmittag werde ich wach und mein Herz rast, ich weiß nicht genau was ich geträumt habe, aber es hatte was mit Christien O’Connor zu tun.

Verdammt O’Connor…

Warum tauchst du wieder in meinem Leben auf?

Ohne Vorwarnung?

Ich weiß nicht, ob ich das lange aushalte mit ihm als Chef im St. Francis zu arbeiten. Ich denke über kurz oder lang werde ich mir, so leid es mir auch tut, etwas Neues suchen müssen.

Weit weg von hier…

Warum bin ich eigentlich diejenige die die Flucht ergreift?

´Du hattest damals keine Wahl…` meldet sich mein Gewissen und ich stöhne auf.

Nein, die hatte ich wirklich nicht, alle in Crosshaven hielten mich für durch geknallt… die arme kleine Elizabeth, die dem Sohn vom Bürgermeister hinterher läuft wie ein Schoßhündchen…

Kein Wunder, das ich in den letzten Jahren nur ein oder zwei Mal bei meinen Eltern war. Sie schauen mich immer noch alle an, als sei ich geistesgestört.

Sie wissen nichts…

Gar nichts…

Ich telefoniere regelmäßig mit meiner Mum und meinem Dad und mein großer Bruder Dean kommt mich hin und wieder besuchen. Er wohnt mittlerweile mit seiner Familie in Galway, auf der anderen Seite Irlands.

Aber was sind schon drei Stunden Autofahrt, wenn man seine kleine Schwester besuchen will?

Dean ist auch der Einzige der ALLES weiß und mit ALLES, da meine ich ALLES.

Ich greife zum Telefon und drücke die Kurzwahltaste, auf der seine Handynummer gespeichert ist.

„Hey kleine Schwester!“ meldet er sich fröhlich.

„Hey großer Bruder.“ Erwidere ich, wenn auch nur halb so fröhlich.

„Was ist los Elle?“ fragt er sofort besorgt. Er kennt mich einfach viel zu gut.

„Wir haben einen neuen Chefarzt bekommen.“ Sage ich und seufze tief.

„Und? Wie ist er so? Ich hoffe Mal er ist nett.“ Seine Stimme klingt verunsichert.

Ich schließe meine Augen „Christien O’Connor ist mein neuer Chefarzt.“

„Was?“ er zieht scharf Luft ein. „Wie geht es dir meine Kleine?“ fragt er sofort besorgt.

„Ich weiß nicht…“ gebe ich zu.

„Was eine Scheiße.“ Flucht er und eins weiß ich, das ist noch die angenehme Version dessen, was er wirklich denkt.

„Ja, ich muss schauen ob ich das kann…“ wieder atme ich tief durch „Wenn nicht, dann muss ich mir was anderes suchen.“

„Was? Spinnst du? Du hast so hart für deine jetzige Position gearbeitet. Er hat dich einmal in die Knie gezwungen, ein zweites Mal wird es nicht geben.“ Sagt er sicher und ich lächle zaghaft.

„Deinen Optimismus möchte ich haben.“ Erwidere ich und ich merke selbst durchs Telefon, das er sich ein wenig entspannt „Du hast Recht Dean, ich lasse es nicht ein zweites Mal zu.“ Sage ich sicher und nicke dabei.

Nein Christien O’Connor…

Nicht mit mir…

„Wo du gerade Christien erwähnst, ich habe letzte Woche, als wir bei Mum und Dad waren, Alexander getroffen.“ Erzählt er und ich ziehe meine Augenbrauen hoch.

„Scheint ja ganz so, als hätten sich beide O’Connor Brüder wieder nach Irland verirrt.“ Sage ich eher zu mir selbst als zu Chris.

„Ja, wir haben uns kurz unterhalten. Er hat sich nach dir erkundigt.“ Seine Stimme klingt, als würde er jede Sekunde einen Ausbruch von mir erwarten.

„Das ist ja nett. Weißt du, mit Alexander hatte ich nie Probleme.“ Ich klinge ruhig, wahrscheinlich viel zu ruhig.

Wie viel Vergangenheitsbewältigung kann ein Mensch an nur einem Tag ertragen?

„Ich weiß, du hattest nur ein Problem mit Christien.“ Führt mein Bruder meinen Satz zu ende.

„Ich hatte kein Problem mit ihm, ich hatte ein Riesenproblem mit seinen Taten.“ Erwidere ich bitter. „Und mit seinem Weggang und dem Spott dem er mich ausgesetzt hat.“ Presse ich hervor. „Ich kann mich immer noch nicht in Crosshaven blicken lassen, ohne dass sich mich Stalkerin nennen. Die hielten und halten mich immer noch für durch geknallt.“ Schnaube ich.

„Ganz ruhig Kleine.“ Sagt Dean sanft „Wenn ich es schaffe, dann komme ich im Juni oder Juli mal ein Wochenende alleine zu dir.“ Verspricht er mir.

„Ich würde mich echt freuen.“ Sage ich leise. Es ist schon lange her, dass ich ein Wochenende allein mit meinem großen Bruder hatte. Nicht das ich seine Frau Charlie und seine Kinder Luke und Amy nicht mag, nein, das ist es nicht, aber ich genieße es eben auch, ihn ab und zu für mich ganz alleine zu haben.

In den nächsten zwei Wochen sehe ich Dr. O’Connor zum Glück wie gar nicht. Ich habe Nachtschicht und bin wirklich dankbar dafür, eigentlich mag ich die Nachtschicht nicht und Noah war gelinde gesagt geschockt, als ich ihn bat mit mir zu tauschen. Aber ich weiß, wie sehr auch er es nicht mag in der Nacht zu arbeiten.

Die Nächte sind stressig und turbulent, sie lenken mich ab und genau das will ich.

„Hallo Patty! Letzte Nacht heute.“ Ich zwinkere ihr zu und sie lächelt müde.

„Ja, Nacht 10 von 10.“ Sie reibt sich die Augen.

„Wer ist heute bei uns?“ ich sehe mich suchend nach der zweiten Schwester um.

„Kathy hat mit uns Dienst, sie ist in der 4 und macht eine Aufnahme.“ Erklärt sie mir und vertieft sich wieder in den Computer. Auch ich setze mich und lese mir ein wenig von der Tagschicht durch. Noah ist schlecht im Umgang mit dem PC und ich erkenne auf den ersten Blick, dass er Olivia verdonnert hat alles in den PC einzutragen.

Ich bin mir fast sicher, dass Olivia mich vermisst und grinse leicht.

<< St. Francis Notaufnahme, Unfall auf dem Wellington Quare. 6 Fahrzeuge. 8 schwer Verletzte sind auf dem Weg zu euch. >> ertönt es und ich merke wie ich blass werde.

Nachdenken Elle… nachdenken.

Ich sehe zu Patty, die mich ebenfalls geschockt ansieht.

„Also gut, piepe alles an Ärzten an, was zur Verfügung steht. Wir müssen alle Behandlungsräume frei machen.“ Weise ich sie an und laufe los. Kathy kommt mir entgegen und ich werfe ihr auch ein paar Anweisungen an den Kopf ehe ich anfange so schnell wie möglich alles vorzubereiten.

„Verdammt…“ fluche ich vor mich hin.

Als ich wieder an die Anmeldung komme stehen drei weitere Ärzte da und ich nicke ihnen kurz zu, die Fahrstuhltüren gehen mit einem leisen Pling auf und Dr. O’Connor erscheint verschlafen.

Was macht er denn nachts um 1 Uhr noch hier?

Gary, ein Kollege von mir reicht mir einen gelben Schutzkittel.

„Alles gut Bambi?“ erkundigt er sich besorgt und ich nicke abwesend, dann baue ich mich vor meinen Kollegen auf.

„Wir bekommen gleich mindestens 8 Schwerverletzte nach einem Crash auf dem Wellington Square….“ Ich sehe sie alle an, verdammt ich habe in meiner Schicht tatsächlich zwei Assistenzärzte erwischt.

Na super…

„Die Aufteilung erfolgt draußen. Die Behandlungsräume 2- 10 sind frei.“ Ich atme tief durch, als die zuckenden Blaulichter den Eingangsbereich durchfluten und wir nach draußen stürmen.

Ich versuche die Patienten nach meiner Erfahrung zu verteilen, aber uns fehlen einfach Ärzte...

„28 Jahre, weiblich, 22. Schwangerschaftswoche, keine Vitalfunktionen.“ Der Sanitäter öffnet den sechsten Krankenwagen. „Die Kleine im Wagen vor uns, ist ihre Tochter.“ Erklärt er mir und ich sehe meinem Kollegen hinterher, der gerade die 4 jährige Tochter versorgt.

„Ich übernehme.“ Sage ich und laufe an seine Seite und sehe auf den Monitor.

Ich spule mein Fachwissen runter, als schon der nächste Krankenwagen hält.

„Männlich, 19 Jahre, stumpfes Kopftrauma.“ Der Sanitäter sieht mich an.

„O’Connor.“ Sage ich und sehe zu ihm. Er nickt nur und ich laufe hinter meiner Patientin hinterher.

„Die anderen sollen sie bitte in Dublin West bringen.“ Weise ich den Sanitäter an und er nickt leicht.

Ich betrete den Behandlungsraum und kümmere mich um meine Patientin.

Eine knappe Stunde später sehe ich auf die große Uhr an der Wand.

„Zeitpunkt des Todes 2:24 Uhr.“ Ich seufze tief.

Ich trete in den Flur und gehe nach nebenan um zu schauen, wie meine Kollegen zu Recht kommen und ich muss nachsehen wie es der kleinen Tochter geht.

Ich atme tief durch und betrete den Behandlungsraum neben meinem.

„Wie sieht es aus George?“ ich sehe ihn bittend an, aber er schüttelt nur mit dem Kopf.

„Oh nein.“ Sage ich leise und er schaltet die Geräte um sich herum aus.

„Gehst du zu den Angehörigen?“ er sieht mich eingehend an und ich nicke schließlich.

Als Letztes betrete ich die 9 und O’Connor starrt auf seinen Monitor.

„Keine Hirnströme nachweisbar. Bringt ihn hoch in die Neuro, wir müssen so schnell wie möglich mit seinen Angehörigen sprechen.“ Er sieht zu einer Schwester und registriert dann mich.

„Brauchst du Hilfe?“ er sieht mich prüfend an.

Seine dunkelblauen Augen wirken müde und abgekämpft und einen winzigen Augenblick empfinde ich so etwas wie Mitleid mit ihm.

Aber eben nur einen winzigen Augenblick…

„Nein.“ Sage ich abwertend und gehe wieder hinaus.

Ich ziehe meinen gelben Schutzkittel aus und werfe ihn in die Tonne.

„Wie sieht es aus Ella?“ ich sehe die junge Krankenschwester hinter dem Tresen fragend an.

„Wir haben es im Griff…“ sie atmet erleichtert auf „Die Angehörigen deiner Patientin, Mrs. Sophie Porter, sind im Warteraum 2.“

Ich nicke kurz und steuere dann auf den Warteraum zu, ich atme tief durch ehe ich hinein gehe.

„Wie geht es meiner Frau und meiner Tochter?“ ein Mann kommt auf mich zu gestürmt und sehe ihn kurz an.

„Mr. Porter?“ frage ich nach, um mich zu vergewissern, das ich auch mit dem richtigen Mann spreche.

„Ja, wie geht es Sophie und Kiera?“ er steht direkt vor mir und eine ältere Frau und ein Mann stützen ihn.

„Mr. Porter, wir haben alles was in unserer Macht stand getan, aber ihr Frau und ihre Tochter haben es leider nicht geschafft. Sie hatten zu schwere innere Verletzungen.“ Meine Stimme klingt weich und ich bereite mich innerlich auf das vor, was jetzt kommt.

„Nein!“ er sackt auf die Knie und ich stehe hilflos daneben.

„Es tut mir aufrichtig leid.“ Ich weiß, egal was ich jetzt sage, es hilft ihm nicht.

Er hat seine Frau und seine Tochter und ihr ungeborenes Kind verloren… In nur einer Nacht.

Patty kommt herein und hilft ihm sich hin zu setzen.

„Ich mach das schon.“ Sie sieht mich an und ich gehe wieder raus.

In solchen Momenten bin ich mehr wie dankbar, dass ich mit einer so erfahrenen Schwester wie Patty zusammen arbeite.

„Status?“ fragt O’Connor leise und ich sehe ihn müde an.

Für einen Augenblick vergesse ich meine Abneigung gegen ihn und schlucke schwer.

„Komm.“ Er hält die Tür zum Ruheraum auf und wir gehen Beide hinein.

„7 Schwerverletzte…“ ich setze mich auf die Kante des Bettes und versuche meine Stimme unter Kontrolle zu bringen „2 Tote, 1 Hirntoter und 2 noch im OP und 2 stabil auf der Intensiv.“ Beantworte ich endlich seine Frage.

„Geht es dir gut?“ fragt er besorgt.

Ich sehe auf…

„Nein O’Connor, es geht mir nicht gut…“ ich verberge mein Gesicht hinter meinen Händen „… Ich musste einem Mann gerade mitteilen, das seine Frau, seine Tochter und ihr ungeborenes Baby gestorben sind.“

„Hey.“ Er ist mit einem großen Schritt bei mir.

„Fass mich nicht an.“ wehre ich mich leise.

Er übergeht meinen Protest, zieht mich hoch und nimmt mich in den Arm. Seine körperliche Präsens wird mir bewusst und das ich ihm gerade Mal bis zur Nasenspitze gehe auch, ich wirkte schon damals immer so verloren neben ihm. Dieses Mal wirke ich nicht nur so, nein, ich fühle mich verloren. Ich spüre seine angespannten Muskeln unter dem Kasack und lasse mich von ihm in eine warme Umarmung schließen. Ich schluchze trocken auf und sein Geruch steigt mir in die Nase. Er riecht immer noch so unglaublich gut, nach einem teuren Aftershave, nach Kaffee und so unverkennbar nach ihm.

Eine Welle der Erinnerungen stürzt auf mich ein.

Christien und ich am Strand…

Christien und ich im Bett…

Christien und ich beim Knutschen hinter der Scheune…

„Du bist so großartig.“ Flüstert er leise und nun bahnen sich die ersten Tränen ihren Weg.

Mein Kopf liegt an seiner Schulter und ich merke wie mein Körper unter meinem Schluchzen bebt.

Weitere Erinnerungen tauchen vor meinem inneren Auge auf.

Christien mit seinen Freunden und ich weiter hinten in der Ecke, weinend…

Ich in meinem Kleid für den Frühlingsball und er kommt nicht, ich weine…

Meine Mitschüler die mich auslachen und mit dem Finger auf mich zeigen, ich laufe weg und weine…

Meine Direktorin, die mir sagt ihr solle meine krankhaften Neigungen Christien O’Connor hinterher zu spionieren doch endlich aufgeben, ich verlasse das Büro und weine…

Ich mache mich jäh von ihm los und starre ihn an.

„Ich. Sagte. Fass. Mich. Nicht. An.“ Ich hole aus und gebe ihm eine schallende Ohrfeige, dann stürze ich aus dem kleinen Raum in den Flur.

„Ich brauche eine Pause.“ Sage ich zu Ella und sie nickt verständnisvoll.

„Du warst toll Bambi…“ George nimmt mich in den Arm und ich nicke schwach.

Ich gehe zum Fahrstuhl und drücke auf die 5, ich brauche einen Moment ganz alleine für mich.

Im 5. Stock angekommen gehe ich zum Treppenhaus und stehe ein paar Minuten später auf dem Dach.

Ich atme die kühle Aprilluft ein und stelle mich an den Rand des Daches. Ich genieße den Ausblick auf die funkelnden Lichter der Stadt… meiner Stadt.

„Kannst du mir irgendwann verzeihen?“

Ich schließe gequält meine Augen und drehe mich langsam um.

„Was soll ich ihnen verzeihen Dr. O’Connor?“ frage ich bedrohlich leise.

„Ich bitte dich Elle.“ Seine Stimme ist bittend und ich sehe ihn an.

Ich weiß nicht, ob es nur an den Strapazen der letzten Stunden liegt oder aber auch, an dieser beschissen Gesamtsituation, aber er sieht müde und fertig aus. Er hat dunkle Ringe unter seinen Augen und einen Moment durchflutet mich Genugtuung.

Er sieht so aus, wie ich mich zwei Jahre lang zu Hause gefühlt habe…

„Nein, nenn mich nicht Elle…“ ich hebe meine Hand „Was genau meinst du damit ’ich soll dir verzeihen’? Ich soll dir verzeihen, dass du sang- und klanglos von zu Hause weg bist um irgendwo in Amerika zu studieren? Das du mich auf dem Ball hast stehen lassen? Das mich alle für deine Stalkerin gehalten haben? Das ich die letzten zwei Jahre an der Highschool gemieden wurde wie eine Leprakranke? Das mein Leben eine Hölle wurde, durch die ich jeden einzelnen Tag musste? Das mich alle für durchgeknallt gehalten haben und mir nicht geglaubt haben? Dass sie alle meinten, ein so anständig erzogener Junge wie Christien O’Connor würde sich niemals mit mir einlassen? Sag mir bitte… Was. Genau. Von. Alledem. Soll. Ich. Dir. Verzeihen. O’Connor?“ ich sehe ihn herausfordernd an.

Man, das Ganze liegt mir schon seit Wochen auf der Zunge…

„Wie bitte?“ er sieht mich mit großen Augen an. „Meine Mum meinte immer, es geht dir gut.“

„Deine Mum? Deine Mum hasst mich, sie hasste mich von dem Moment an, als sie uns beim Küssen in deinem Zimmer überrascht hat. Ich war in ihren Auen doch bloß die kleine Bauernschlampe, die sich an ihren Sohn heran gemacht hat. Sie sind doch auch gleich weg gezogen, als du weg warst.“ Spucke ich ihm fast entgegen. „Ich war 17 Christien, verstehst du 17.“

„Es tut mir unendlich leid.“ Seine Stimme klingt verletzlich und aufrichtig und ich sehe ihn genau an.

Der Schock dessen, was ich ihm gerade offenbart habe steht ihm ins Gesicht geschrieben…

„Ich habe dich geliebt, ich habe dich so sehr geliebt und du…“ ich breche ab und lache verächtlich „… Du hattest nicht den Mut zu mir zu stehen. Du hast dich davon geschlichen und mich ihrem Spott ausgesetzt.“

„Das wollte ich nicht.“ Er macht einen Schritt auf mich zu.

„Geh weg Christien.“ Meine Stimme klingt drohend und abweisend, sie verfehlt ihre Wirkung nicht und er macht wieder einen Schritt zurück.

„Du hast Recht, ich war feige…“ lenkt er ein und ich schüttele meinen Kopf.

„Das kommt zu spät, 13 Jahre zu spät.“ Sage ich bitter.

„Mein Dad hat damals gedroht mich zu enterben und ich habe mich ihm gebeugt.“ Gesteht er.

„Dein Erbe war die wichtiger wie ich?“ ich ziehe spöttisch eine Augenbraue hoch.

„Ich war auch erst 19 und ich wusste nicht wo mir der Kopf steht.“ Gibt er zu.

„Es ändert nichts an alle dem.“ Ich will an ihm vorbei gehen.

Er hält mich fest und sieht mich lange an.

„Bitte Elle, versuch wenigstens mir nicht so feindselig gegenüber zu stehen. Ich schätze deine Arbeit als Ärztin sehr und ich habe wirklich hart für diesen Job gearbeitet.“ Bittet er mich eindringlich.

Einen Moment flackert der Christien vor meinem inneren Augen auf, den ich so sehr geliebt habe und ich schlucke schwer.

„Ich gebe mir Mühe.“ Erwidere ich so ehrlich ich kann und mache mich von ihm los.

Komisch, irgendwie ist es erleichternd jetzt alles gesagt zu haben, auch wenn Vieles noch nicht ausgesprochen ist.

Wir sind zwei erwachsene Menschen, ich sollte mich auch so benehmen…

Die Fehler der Vergangenheit lassen sich nicht weg wischen und ich liebe meinen Job…

Einen so dummen Fehler, nämlich den mich in ihn zu verlieben, werde ich nie wieder begehen und ich soll ja schließlich nur mit ihm zusammen arbeiten.

Ich drehe mich kurz zu ihm um, ehe ich die Tür zum Treppenhaus erreiche.

„Wenn du ganz viel Glück hast, dann sehe ich dich irgendwann als Menschen an, den ich erst kennen gelernt habe und dem ich eine Chance gebe, ein Freund zu werden. Mehr wirst du nie wieder von mir verlangen können.“ Meine Stimme klingt verbittert und hart, im Mondlicht sehe ich wie er leicht nickt und ich öffne die Tür.

Christien O’Connor so verunsichert zu sehen wirft mich aus der Bahn und ich merke wie meine Hände zittern.

Als ich endlich wieder in der Notaufnahme bin und mich meinen leichten Fällen widmen kann, da finde ich endlich mein seelisches Gleichgewicht für einen Moment wieder. Das Gleichgewicht was ich so sehr brauche um eine gute Ärztin zu sein…

Hier gehöre ich hin und Christien hat Recht, so ungern ich es zugeben würde, wir haben beide lange und hart dafür gearbeitet, dass wir da stehen, wo wir jetzt stehen…

Vergangenheit ist Vergangenheit…

Ich muss mich auf meine Zukunft konzentrieren.

Tatsächlich schaffe ich das besser, als ich es mir selber zugetraut habe und ich bringe es sogar fertig in den nächsten Tagen einige normale Sätze mit Christien zu wechseln, ohne das Gefühl zu haben ihm gleich an die Gurgel zu springen.

Gleichzeitig halte ich mir so auch Noah und Elin vom Hals, die unbedingt wissen wollen was bei mir und Christien los ist…

Ich schweige und vertraue mich einzig und allein Dean an.

Er hört mir geduldig zu, gibt mir Ratschläge und flucht über Christien. Wenn meine Mum das hören könnte, dann würde sie ihm nicht nur mit Seife den Mund auswaschen, nein, sie würde ihn in Seife ertränken.

Ich freunde mich mit der Situation an, das heißt nicht, dass ich sie toll finde, aber es ist annehmbar.

An den Tagen an denen wir unsere allgemein Festgelegten Besprechungen haben, da ist es immer noch komisch, aber ich weiß ja, dass ich ihn sehe und kann mich so darauf einstellen. Tatsächlich werden wir zwar keine richtigen Freunde, aber Personen die neben einander existieren können.

Ich finde wirklich das ist ein Forschritt…

Langsam klettert das Thermometer wieder in Bereiche in denen ich mich wohl fühle und ich fange nun auch wieder an zu joggen. Ich mag das joggen wirklich, aber ich würde niemals auf die Idee kommen im Winter zu joggen…

Ich bewundere die Menschen die so eine eiserne Disziplin haben, ich habe sie jedenfalls nicht.

Nach einem Schichtmarathon von 12 Tagen liege ich am Samstagnachmittag gemütlich auf einem Liegestuhl auf meiner Terrasse, als ein heftiges Klopfen mich dazu nötig aufzustehen.

Murrend stehe ich auf und sehe ein paar Sekunden später in die grinsenden Gesichter von Noah und Elin.

„Was macht ihr denn hier?“ ich sehe sie verständnislos an. Elin trägt eine hellblaue Caprijeans und eine kurze weiße Bluse und Noah sieht in seiner dunkelblauen Stoffhose und dem Hawaiihemd auch irgendwie nicht so aus, wie ich es von ihnen gewohnt bin…

Hmm…

„Sie hat es vergessen…“ Elin sieht zu Noah und hält die Hand auf. Dieser legt ihr daraufhin einen 10 Euro Schein in die Hand. Verwirrt sehe ich den Beiden hinterher als sie sich an mir vorbei in meine Wohnung schieben.

Noah dreht sich zu mir um.

„Ehrlich Elle, du kostest mich irgendwann noch mal mein ganzes Gehalt…“ er schüttelt mit dem Kopf und ich schließe meine Tür.

„Was habe ich vergessen?“ ich sehe zu Elle, die die Post-it’s und Zettel an meinem Kühlschrank studiert. Triumphierend nimmt sie einen Zettel in die Hand und kommt zu mir.

„Das hier Elle.“ Sie reicht mir den Zettel.

- Sommerfest des St. Francis Hospitals – steht in fetten Buchstaben als Überschrift auf dem Zettel.

„Das ist heute?“ frage ich unsinniger Weise.

„Ja Elle und nun zieh dir was Hübsches an.“ Noah scheucht mich in mein Schlafzimmer.

Ich habe keine Lust, den Abend mit allen meinen Kollegen bei irgendwelchen Fachsimpeleien zu verbringen und stöhne gelangweilt.

„Gekniffen wird nicht, außerdem hast du dich, nach zureden von Elin und mir, eingetragen. Also Hopp, Hopp…“ Noah klatscht in die Hände und ich schlurfe in mein Schlafzimmer.

Unschlüssig stehe ich vor meinem Kleiderschrank und ziehe ein weißes Sommerkleid heraus. Es ist schlicht, in Empire Form, geht mir bis kurz übers Knie und am Ausschnitt ist es mit Spitze verziert, also nichts wirklich Besonderes und für so ein langweilen Abend bestens geeignet. Ich schnappe mir einen neuen Tanga und meine weißen Riemchensandalen ehe ich im Bad verschwinde. Nachdem ich geduscht habe und umgezogen bin gehe ich auf die Terrasse, auf der es sich Elin und Noah gemütlich gemacht haben.

„Wir können.“ Sage ich nicht sehr begeistert.

„Das wird lustig, wir haben schon beschlossen danach noch in einen Club zu gehen. Komm schon Bambi, amüsiere dich endlich mal wieder.“ Noah hakt sich bei mir unter und ich muss grinsen.

Vielleicht wird es ja doch ein schöner Abend.

„Nenn mich nicht Bambi.“ Ich verdrehe die Augen.

Schlimm genug, das mich 90 Prozent meiner Kollegen im Krankenhaus so nennen.

Mag daher kommen, dass meine braunen Augen viel zu groß für mein Gesicht erscheinen und ich immer aussehe wie ein aufgescheuchtes Reh. Schon erstaunlich, das es nicht einmal drei Wochen dauerte um diesen Spitznamen zu festigen und nun der große Teil nicht einmal mehr meinen richtigen Namen kennt.

Ich ziehe meine Wohnungstür ins Schloss und schließe ab, ehe ich Noah und Elin die Treppen hinunter folge.

„Ich fahre.“ Sagt Noah gönnerhaft und ich grinse.

„Dann betrinke ich mich, bis die Gespräche interessant werden.“ Ich zwinkere ihm zu.

„Denk daran, dass du sie alle am Montag wieder siehst.“ Auch er zwinkert und wir steigen in sein Cabrio.

Endlich erfüllt das Ding wieder seinen Zweck, ich liebe Cabrio fahren, aber leider fährt Noah von 12 Monaten im Jahr geschätzte 11 ½  mit Dach oben…

Die Sonne scheint mir ins Gesicht und ich setze meine Sonnenbrille auf. Diese habe ich erst letzte Woche zusammen mit Elin erstanden und ich liebe sie. Bisher habe ich nie wirklich viel Geld für Sonnenbrillen ausgegeben, aber dieses Mal habe ich mal wirklich investiert und eine Ray Ban ziert meine Nase.

Aber nicht so eine Pilotenbrille, sondern die Old School Version in klassischem schwarz…

Elin dreht sich lächelnd zu mir um und meine Laune stiegt allmählich, ich fange an mich auf den Abend zu freuen.

Als wir auf dem Parkplatz des Glenageary Golfclubs fahren, ist dieser voll und wir ergattern einen der letzten Parkplätze.

Ich steige aus und sehe mich um, es ist ungewohnt meine Kollegen alle in privaten Sachen zu sehen, denn meistens tragen wir berufsbedingt ja hellblau, grün oder weiß. Das hier ist ein ganz anderes Farbspektrum, auch wenn ich trotz allem für weiß entschieden habe…

„Es ist schön euch zu sehen!“ George kommt auf uns zu, als wir den Rasen mit den Stehtischen betreten und ich nehme ihn in den Arm.

„Wow Bambi! Du siehst hinreisend aus.“ Er betrachtet mich und ich mache einen kleinen Knicks, der ihn dazu bringt mich anzustrahlen.

„Danke George, du siehst aber auch gut aus.“ Ich erwidere sein Strahlen.

„Hallo Elizabeth!“ Olivia steuert auf mich zu und ich muss glatt zwei Mal hinsehen, sie sieht in ihrem apricot farbenden Kleid umwerfend aus, ihre langen blonden Haare sehe ich auch das erste Mal offen und sie sieht gar nicht mehr wie meine kleine Assistenzärztin aus. „Wow Olivia, Wahnsinn.“ Ich grinse sie an und sie nimmt mich in den Arm.

„Nenn mich doch Liv.“ Sie legt ihren Kopf schief und ich lächle.

„Elle.“ Erwidere ich.

„Und das ist mein Mann Shane.“ Stellt sie mir den Mann neben ihr vor.

Ich reiche ihm die Hand und er lächelt unsicher.

„Und sie sind Olivias Ausbilderin?“ er zieht fragend eine Augenbraue hoch.

„Ja in der Tat, aber heut bin ich einfach Elle.“ Grinse ich und er wird leicht rot.

„Komm, Miranda winkt nach uns.“ Elin schubst mich leicht an und ich sehe entschuldigend zu Liv.

Ich forme ein lautloses Sorry und folge Elin.

„Da seid ihr ja, ich dachte schon ihr habt es vergessen.“ Sie strahlt uns mit vor Aufregung geröteten Wangen an.

„Niemals.“ Gebe ich gespielt schockiert zurück und Noah und Elin fangen an zu lachen.

„Habt ihr euch denn schon überlegt, mit wem ihr den Wettbewerb bestreitet?“ sie sieht uns gespannt an und ich sehe verwirrt zu Elin und Noah.

„Du weißt doch Elizabeth, wir haben beschlossen das Ganze mit einem kleinen Tanzwettbewerb aufzulockern und alle haben dem zu gestimmt.“ Ihr Strahlen wird noch breiter, falls das möglich ist.

Verdammt, ich muss mir angewöhnen Zettel, die ich an die Kühlschrank hänge, vorher zu lesen…

„Ach ja.“ Ich sehe strafend zu Elin und sie kann ein lachen nur mühsam unterdrücken.

„Nun sagt schon. Wer mit wem?“ Miranda lässt nicht locker.

„Ich und Noah.“ Elin zuckt mit den Schultern und Noah erstrahlt.

Komm schon Elizabeth, denk nach…

„William? Roger?“ frage ich schließlich.

„Oh das tut mir leid, William tanzt mit Alice aus der Lohnbuchhaltung und Roger mit Kathy. Ich wähle einfach jemanden aus, was hältst du davon?“ sie sieht mich gespannt an und ich nicke langsam.

Ist das eine so gute Idee?

Sie geht ihre Liste durch und gluckst glücklich „Sehr gut, dann habe ich jetzt endlich jemanden gefunden, der mit Dr. O’Connor tanzt.“ Sie atmet erleichtert aus, während ich das atmen vergessen.

Scheiße!

„Nein, nein Miranda...“ Unternehme ich einen letzten Rettungsversuch, doch sie winkt ab und zieht lächelnd von dannen. „Danke Elizabeth.“

„Fuck.“ Fluche ich.

„Na, na, na… Wer nimmt denn da so schmutzige Wörter in den Mund?“ tadelt mich Noah und ich funkele ihn an.

„Wenn ich das heute irgendwie überleben soll, dann brauche ich jetzt was zu trinken.“ Ich sehe mich nach der Bar um und steuere direkt darauf zu.

„Tequila.“ Bestelle ich und Elin zieht eine Augebraue hoch.

„Du fängst ja mit den ganz leichten Sachen an, was?“ sie bestellt sich eine Margarita und Noah sich eine Coke.

Ich lecke das Salz von meinem Handrücken, kippe den Tequila runter, lutsche an der Zitrone und schüttele mich kurz, dann bestelle ich mir per Fingerzeig noch einen.

Nachdem ich auch den getrunken habe, bestelle ich mir zur Erleichterung von Elin einen Tequila Sunrise, das heißt ich verdünne meine Tequila etwas…

Wir laufen durch die Menschen hindurch und werden von fast allen herzlich begrüßt und in kürzere oder längere Gespräche verwickelt. Bevor es überhaupt mit dem ganzen Tanz Quatsch los geht, habe ich schon 6 Tequila Sunrise hinter mir und fühle mich halbwegs bereit dazu.

Jedes Paar bekommt einen Tanz ihrer Wahl und der Applaus entscheidet, natürlich sind alle ganz unparteiisch…

Ne, ist klar.

Dann geht es los, Elin und Noah machen den Anfang. Irgendeine wilde Nummer aus den 60ern und sie machen das verdammt gut.

Ich applaudiere ihnen, als hätte sie gerade den Friedensnobelpreis gewonnen…

Ich und Alkohol ergibt eine ziemlich ausgelassene Elizabeth.

Dann betritt das nächste Paar die kleine provisorische Holztanzfläche und es ertönt irgendein Lied aus den 80ern, irgendwann erkenne ich es und sind laut mit. Noah nimmt meine Hand und wirbeln umher…

Gott, wann hatte ich das letzte Mal so viel Spaß?

Er animiert auch unsere anderen Kollegen und es ist kaum zu glauben, alle lassen sich von ihm mitreißen.

Noah ist der Partykracher und die Stimmung ist wirklich Bestens.

Unglaublich, das ich das verpassen wollte!

Ich glaube wirklich Noah hat seinen Beruf verfehlt, der könnte aus jedem noch so langweiligen Ferienclub in nur 5 Minuten eine rasende Partyhochburg machen…

Unglaublich!

Nach und nach geben alle ihre Tanzkünste zum Besten und es ist lustig anzuschauen, wie sich ein begnadeter Neurochirurg bei dem Versuch einen Discofox zu tanzen fast den Hals bricht…

„Wir sind dran.“ Ertönt eine Stimme neben meinem Ohr und ich sehe in Christiens Augen.

Ich atme tief durch und nehme die angebotene Hand.

„Alles in Ordnung?“ erkundigt er sich leise als wir die Tanzfläche betreten.

Nein!

„Ja.“ Sage ich und versuche zu lächeln.

„Langsamer Walzer, What the worlds need now. “ Flüstert er mir ins Ohr und legt seine Hand in meinen Rücken.

Ich nicke leicht.

Das sollte ich hin bekommen, schließlich habe ich jahrelang eine Tanzschule besucht.

Die Musik setzt ein und nach anfänglichen Schwierigkeiten, weil ich mich partout nicht führen lassen will, klappt es dann doch ganz gut.

Ich spüre wie alle Augen auf uns gerichtet sind und versuche mich nur auf die Musik zu konzentrieren. Es ist die alte Version von Jackie DeShannon, ich mag diese Version und schließe meine Augen. Endlich kann ich ihn führen lassen und wir schweben über die Holzbohlen.

Als wir fertig sind, applaudieren alle und ich verbeuge mich leicht, ehe ich Dr. O’Connor los lasse.

Ein paar aus der Neurologie gewinnt schließlich und bekommt einen Blumenstrauß und ein Gutschein für die Cafeteria überreicht.

Elin, Noah und ich können uns vor lachen über diesen Preis kaum halten.

„Wann wollen wir hier los?“ ich sehe zu Noah und nehme ihm meinen Cocktail wieder ab.

Er sieht sich um und winkt jemanden hinter mir zu uns.

„Jetzt?“ er sieht mich an und ich nicke.

„Wir wollen jetzt los. Fährst du mit deinem eigenen Auto, oder fährst du bei uns mit?“ Noah spricht mit der Person hinter mir.

„Ich nehme meinen eigenen Wagen.“ Ertönt Christien O’Connors Stimme und ich sehe Noah böse an.

„Sieh mich nicht so an, das gibt Falten.“ Er nimmt mein Kinn in seine Hände „Vielleicht bekommen wir aus ihm ja irgend etwas raus.“ Flüstert er mir ins Ohr.

Ich will ihn am Kragen packen und ihn schütteln.

Herrgott, er ist unser Chef und nicht irgendwer…

Doch Noah ist schneller und ich eile hinter ihm hinterher.

„Noah…“ setzte ich an.

„Versuch es gar nicht erst...“ Er winkt ab und Elin öffnet mir die Tür.

„Ihr habt keine Ahnung.“ Ich schüttele meinen Kopf und lasse mich wie ein gepeinigter Hund auf der Rückbank nieder.

Augenscheinlich haben sich Elin und Noah schon im Vorfeld für einen Club entschieden und Christien weiß Bescheid, denn Noah fährt zielsicher in die Innenstadt und parkt in einem Parkhaus.

Wir warten auf O’Connor und dieser schließt sich uns lächelnd an.

„Ein Wort und du bist tot.“ Zische ich ihm zu als wir den Club betreten.

Es ist voll, brechend voll und wir holen uns erst einmal was zu trinken.

Ich verabschiede mich schnell mit Elin auf die Tanzfläche, auch wenn ich ein ungutes Gefühl habe Noah und Christien alleine zu lassen. Sie sind mittlerweile richtig vertraulich…

Elin und ich sind nicht zu halten und Noah versorgt uns immer schön mit Getränken.

Ich liebe meine Freunde!

Ach nein… da ist ja noch was.

Ich sehe zu O’Connor und Noah und Elin legt ihren Kopf schief.

„Ich muss mal zur Toilette.“ Schreie ich ihr ins Ohr und habe echt zu tun mich durch zu kämpfen.

Als ich mich endlich erleichtert habe und wieder in den kleinen Durchgang zum eigentlichen Club komme, packt mich ein Mann einfach am Hintern und ich drehe mich erbost um.

„Lass das.“ Fauche ich, aber er lächelt nur.

„Komm schon, du willst es doch auch…“ er klingt nicht nüchtern und meine Nackenhaare stellen sich vor Angst auf, als er mein Handgelenk packt und mich zu sich zieht.

„Fass mich nicht an.“ ich versuche mich gegen seinen griff zu wehren, doch er ist stärker wie ich. Langsam steigt Panik in mir auf, unzählige Menschen sind um uns herum, aber keine nimmt uns wahr…

Ich zerre weiter an meinem Arm und mache den Mund auf um zu schreien…

„Nimm. Deine. Dreckigen. Hände. Von. Ihr.“ Die Stimme ist dunkel und drohend.

Ich fahre herum und ich glaube noch nie in den letzten Wochen habe ich mich so sehr gefreut O’Connor zu sehen.

Er macht einen Schritt auf den Mann zu und dieser lässt meinen Arm los, als hätte man sie mit Säure übergossen.

„Bist du Okay?“ er legt eine Hand sanft auf meine Wange und ich nicke leicht.

Dann dreht er sich zu dem Mann um und dieser hebt abwehrend die Hände.

„Ich dachte sie wollte es auch. Sie hat mich doch die ganze Zeit angemacht…“ er sieht zu mir und meine Augen weiten sich.

„Ich habe was?“ schreie ich ihn an, aber Christien zieht mich hinter sich.

„Ich glaube kaum, dass sie sich für jemanden wie dich interessiert.“ Christiens Stimme tropf vor Spott.

Der Mann will etwas erwidern, aber in diesem Moment trifft ihn ein Schlag von Christien am Kinn und er geht zu Boden.

Ich starre auf Christiens Rücken und kann nicht glauben, was da gerade passiert ist. „Sie verlassen den Club jetzt.“ Ein Security taucht hinter uns auf und tippt mir und Christien auf die Schulter.

Verdammt.

Wo sind die, wenn man sie braucht?

Noch vor ein paar Minuten war weit und breit keiner von denen zu sehen…

„Wieso?“ ich starre den Security an und er sieht zu dem Mann, der auf dem Boden liegt und langsam wieder zu sich kommt.

Fast kommt die Ärztin in mir durch und ich will nach ihm schauen.

Aber nur fast, ich fasse den Kerl für kein Geld der Welt an…

„Komm.“ Christien nimmt meine Hand und wir gehen dem Security hinterher.

„Aber Noah und Elin?“ ich sehe Christien an, als wir auf der Straße stehen. „Elin hat meinen Schlüssel.“

„Du kommst jetzt mit zu mir, das war genug Aufregung für einen Abend. Ich würde ja sagen, wir rufen Noah oder Elin an, aber sie werden ihre Handys nicht hören. Ich schreibe ihnen einen SMS.“ Erklärt er mir und bugsiert mich in ein Taxi.

Moment mal.

Ich soll mit zu ihm?

Ehe mein von Alkohol betäubtes Gehirn weiter denken kann, steigt O’Connor auch schon zu mir nach hinten ins Taxi und gibt dem Fahrer seine Adresse.

Die Fahrt verläuft schweigend und ich merke wie mich er immer wieder von der Seite ansieht, während er auf seinem Handy herum tippt.

Als wir seine Adresse erreichen, steigt er aus und geht ums Auto herum, um mir die Tür zu öffnen.

Ich starre das Haus vor mir an…

Er wohnt in einer Vorstadtsiedlung, inmitten von Familien?

Nicht das, was ich erwartet habe.

Aber ich hätte auch nicht gedacht, dass er dem Typ im Club gleich eine rein haut.

Ich kenne ihn eben nicht mehr…

Er nimmt meine Hand und zieht mich hinter sich her, er schließt die Haustür auf und schon stehen wir in seinem Flur. Er dirigiert mich durch den Flur hindurch ins Wohnzimmer und schon sitze ich auf seiner Couch.

„Ich hole dir mal ein Glas Wasser.“ Er fährt sich durch die Haare und ich starre ihm nach, während er in die Küche geht. Kurz sehe ich mich um, das Haus ist schon eingerichtet, alles ist aufeinander abgestimmt und gemütlich.

Er kommt mit einem Glas Wasser zurück und jetzt merke ich, was für einen trockenen Mund ich habe. Ich nehme es dankbar an und hoffe so wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

„Warum hast du ihn geschlagen?“ frage ich in die Stille hinein, die sich bleiernd im Raum ausbreitet.

„Das fragst du jetzt nicht ernsthaft?“ er sieht mich verwirrt an und seine dunklen Haare fallen ihm in die Stirn.

„Du hättest ihn nicht schlagen müssen.“ Erkläre ich ihm und er sieht mich durchdringend an. „Er hat dich angegrabscht.“ Seine Miene verfinstert sich.

„Aber…“ setze ich an.

Er zieht mich plötzlich zu sich und seine Lippen legen sich auf meine. Ich bin zu überrascht um zu reagieren und bin nur froh, dass das Glas schon wieder auf dem Tisch steht, denn das wäre mit Sicherheit aus der Hand gefallen.

Ich merke wie ich beginne den Kuss zu erwidern und schließe meine Augen. Seine Zunge verlangt fordernd Einlass in meinen Mund und ich lasse ihn gewähren, sie beginnt meine zu necken und heraus zu fordern und ich seufze leise.

Meine Gedanken rasen blitzschnell durch meinen Kopf, mein Magen schlägt Purzelbäume und meine Nackenhaare stellen sich auf. Aber dieses Mal nicht vor Angst, sondern vor Verlangen.

Oh nein…

Ich mache mich von ihm los und sehe ihn atemlos an.

„O’Connor…“ setze ich an und verstumme als ich in seine Augen sehe, dann fällt es mir wieder ein. „Ich habe dir gesagt, du wirst nie wieder mehr wie nur ein Freund sein.“

„Ich weiß.“ Er reibt sich die Augen „Es tut mir leid.“

„Ich meine, wenn du dich auf ungebundenen Sex ohne Hintergedanken einlassen kannst, dann bin ich gewillt darüber nachzudenken.“ Ich lasse ihn nicht aus den Augen und er sieht mich überrascht an.

Ich bin selbst von mir überrascht. Klar, ich bin keine Nonne, aber ausgerechnet ihm unverbindlichen Sex anzubieten?

„Das ist der Tequila, der aus dir spricht.“ Ein lächeln zeichnet sich leicht auf seinem Gesicht ab.

„Nein. Ich kann Liebe und Sex trennen…“ ich sehe ihn an und verdrehe bei seinem ungläubigen Gesichtsausdruck die Augen „Mir hat mal jemand mein Herz gebrochen, ein zweites Mal wird es dazu nicht kommen. Glaub mir Christien O’Connor, ich weiß was ich sage.“ Ich zucke mit den Schultern.

Ich kenne mich aus mit One Night Stands und auch mit Affären, darauf beschränkt sich mein Liebesleben immerhin seit über 10 Jahren.

„Warum?“ er legt den Kopf schief.

„Du siehst gut aus.“ Antworte ich ihm schulterzuckend und er grinst nun.

„Okay.“ Sagt er leise und ich sehe ihn prüfend an.

„Sexfreunde?“ ich halte ihm meine Hand hin und ergreift sie. „Niemand im Krankenhaus darf auch nur ahnen, das ich mit dem Chef schlafe, sonst kann ich mir wirklich einen neuen Arbeitsplatz suchen.“ Ich sehe ihm direkt in die Augen.

Ich weiß nicht, warum ich das alles tue und sage. In den letzten Wochen haben wir es endlich geschafft uns fast völlig normal zu verhalten.

Ich bin wie ferngesteuert…

Doch der Alkohol?

„Okay, aber sag mir eins…“ er nimmt meine Hände in seine „Wie wirst du Montag darüber denken?“

„Genau so wie jetzt. Sex und Liebe sind zwei völlig verschiedene Sachen. Das Eine hat nichts mit dem Anderen zu tun.“ Ich lege meine Hand auf seine Wange und er schließt einen Moment die Augen.

Ich habe das Gefühl, er kämpft mit sich…

Ja, Sex und Liebe sind zwei verschiedene Sachen.

Mit der einen Sache kenne ich mich sehr gut aus, in der anderen Sache überhaupt nicht.

Ist nicht schwer zu erraten…

Ich habe nach Christien niemanden auch nur ansatzweise an mich heran gelassen.

Diese eine Erfahrung reicht für den Rest meines Lebens.

Aber ich hatte und habe meinen Spaß und Elin kann das, nachdem ich vier Jahre mit ihr in einer WG gelebt habe, mit Sicherheit bestätigen.

„Eins noch…“ setze ich an und er sieht auf „Wenn einer von uns Beiden es beendet, dann ist es beendet… Ohne wenn und aber, es gibt diesen Deal, nichts darüber hinaus.“

„Gut.“ Er nickt und ich lächle.

Ich ziehe ihn an dem Kragen seines Hemdes zu mir.

„Genug geredet.“ Ich küsse ihn und fahre mit meinen Fingern durch seine Haare.

„Meinst du?“ er grinst mich herausfordernd an.

„Oh ja.“ Ich setze mich rittlings auf seinen Schoß und er stöhnt leise auf.

Langsam öffne ich Knopf für Knopf seines Hemdes und fahre mit meinen Händen über seine Brust. Er ist durchtrainiert und ich fühle seine angespannten Muskeln unter meinen Händen.

Er sah schon immer unverschämt gut aus, aber jetzt, nach all der Zeit wird es mir erst wieder bewusst.

Ich ziehe ihm sein Hemd aus der Hose und streife es ihm von den Schultern. Er nimmt mein Gesicht in seine Hände und küsst mich verlangend.

„Kondome?“ nuschele ich und er sieht mich fragend an.

„Kommode im Schlafzimmer.“ Er schiebt mich sanft von seinem Schoß und kaum das ich stehe, zieht er mir mein Kleid über den Kopf.

„Gott Baby, du bist so schön.“ Flüstert er und küsst meine nackte Schulter.

Einen kleinen Moment erstarre ich, Baby… So hat er mich früher mal genannt. Dieses eine Wort löst eine Gänsehaut aus, aber als er mich küsst vergesse ich es schnell wieder und konzentriere mich auf mein berennendes Verlangen nach ihm.

Er nimmt mich an die Hand und wir stiegen die Treppe hoch und ich finde mich in seinem Schlafzimmer wieder.

„Ein Wasserbett.“ Ich deute grinsend auf sein riesiges Bett.

„Ja.“ er küsst mich erneut und hebt mich hoch, so das ich meine Beine um ihn schlinge.

Er setzt sich mit mir auf dem Arm aufs Bett und streicht über meine Seiten. Sofort wird mir heiß und kalt zugleich und ich sehe ihn atemlos an.

Er lächelt und hebt mich von sich, um mich aufs Bett zu legen, er geht an die Kommode und kommt mit einer ungeöffneten Packung Kondome wieder.

„Entweder du hast einen sehr hohen Verbrauch, oder aber du lebst, seitdem du wieder hier bist, wie ein Mönch.“ Stelle ich grinsend fest.

„Mein neuer Job verlangt mir Einiges ab.“ Er kommt zu mir ins Bett und das Gluckern der Matratze bringt mich zum lachen.

„Es ist schön dich lachen zu hören.“ Gibt er zu und küsst mich sanft.

Ich sehe ihn einen Moment lang an, ehe ich ihn zu mir ziehe und seinen Kuss erwidere.

Alles in meinem Kopf schreit, das es das absolut Falsche ist was ich hier tue. Aber leider sind mein Kopf und mein Körper völlig unterschiedlicher Meinung und ich genieße seine Berührungen und seine Küsse viel zu sehr, um jetzt aufzuhören.

Ich öffne den Knopf und den Reißverschluss seiner Hose und merke, dass auch sein Körper auf all das hier mehr wie offensichtlich reagiert.

Er hilft mir, indem er sich von seiner Hose und seinen Shorts befreit.

Er ist ein Bild von einem Mann und ich kaue an meiner Unterlippe.

„Lass das.“ Haucht er in mein Ohr.

„Was denn?“ ich sehe ihn unschuldig an, während meine Hand seine Brust hinab gleitet und ich seinen Penis umfasse.

„Kau nicht auf deiner Unterlippe Elizabeth.“ Presst er hervor.

„Warum nicht?“ ich sehe ihn herausfordernd an.

„Weil mich das anmacht.“ Er fährt mit seiner Hand über meinen Rücken und küsst sanft mein Ohrläppchen.

Als er behutsam hinein beisst durchfährt mich ein Schauer und ich ziehe ihn dichter an mich heran.

„Dann lass du das sein.“ Raune ich und küsse ihn verlangend.

Er nestelt an der Kondompackung herum und hält endlich eins in der Hand, er will es sich überstreifen, aber ich nehme es und er sieht mich lüsternd an.

„Baby, mach schnell, oder du wirst nicht so viel davon haben.“ Er schließt gequält seine Augen.

Ich streife ihm das Kondom über und ziehe ihn auf mich. Er sieht mir tief in die Augen als er in mich eindringt und ich stöhne auf.

Wie gesagt, ich habe meine Erfahrungen gemacht, aber das hier ist anders.

Auf welche Weise?

Ich weiß es nicht, aber als er mich ausfüllt, mich dehnt und langsam beginnt sich in mir zu bewegen, da kann ich nicht anders, als wie ihm mein Becken noch weiter entgegen zu recken. Das Wasserbett ist nachgiebig und gluckert unter unseren Bewegungen. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wie ich es noch nie zuvor erlebt habe.

„Sieh. Mich. An. Baby.“ flüstert er gepresst.

Ich folge seiner Bitte und sehe ihn an, ehe mich ein Orgasmus durchzuckt und ich meine Augen schließen muss, da Sterne vor ihnen tanzen.

Auch er kommt pulsierend in mir, aber das nehme ich nur am Rande wahr, denn mein Körper gehorcht mir nicht mehr. Ich bin jenseits von allem was ich kenne und halte mich an ihm fest um nicht davon getrieben zu werden.

Er war der Erste mit dem ich jemals geschlafen habe und das hier fühlt sich beinahe wieder wie mein ersten Mal an…

Nach ein paar Minuten zieht er sich aus mir zurück und steht auf. Ich vermisse das Gefühl eins mit ihm zu sein und ziehe einen Schmollmund.

„Hey Baby…“ er küsst meine Nasenspitze „Ich bin gleich wieder da.“

„Können wir über das mit dem Baby noch mal reden?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch.

„Nein Dr. Robertsen, das ist nicht verhandelbar.“ Er grinst mich übermütig an und ich ziehe wieder einen Schmollmund.

„Und das…“ er deutet auf meinen Mund „… Baby, zieht bei mir nicht.“

Als er aus dem Bad kommt habe ich mich unter der Bettdecke verkrochen und betrachte ihn. Seine definierten Brust und Bauchmuskeln, sein jungenhaftes Grinsen, seine wahnsinnig blauen Augen und die verwuschelten Haare.

„Studierst du mich?“ fragt er lächelnd und krabbelt zu mir ins Bett.

„Ja.“ Erkläre ich ernst „Ich muss doch wissen, auf was ich mich einlasse.“

„Und bist du zufrieden?“ er zieht mich auf seine Brust und ich grinse leicht.

„Ja. Ich finde unserer Arrangement zufriedenstellend Dr. O’Connor.“ Gebe ich zu.

Und es stimmt, ich hatte schon lange keinen so guten Sex mehr und das mir bei dieser Sache meine Gefühle gar nicht in die Quere kommen können, weil ich mich ja kein zweites Mal von demselben Mann verletzen lassen würde, ist wirklich beruhigend.

„Und du?“ ich sehe zu ihm hoch.

„Ja, ich bin ebenso wie du sehr zufrieden.“ Er küsst mich leicht und ich lege meinen Kopf wieder auf seine Brust und lausche seinen gleichmäßigen, immer noch ein wenig abgehackten Atemzügen.

„Willst du das mit den Kondomen wirklich durchziehen?“ er küsst meine Haare und ich lache leise.

„Aber sicher, ich bin Ärztin.“ Erwidere ich ernst und sehe zu ihm auf. „Du weißt doch so gut wie ich, dass Mann bzw. Frau sich vor allem schützen muss.“ Erkläre ich ihm.

„Wenn ich dir ein ärztliches Attest vorlege, kannst du dann drauf verzichten?“ er sieht mich fragend an.

„Dann denke ich darüber nach.“ Gebe ich zurück und merke wie schwer meine Lider werden.

„Gute Nacht Baby.“ Flüstert er und ich schließe meine Augen.

Ich gleite in eine Traumwelt in der Bilder vor meinem inneren Augen ineinander verschwimmen, ich merke wie sich bei einigen der Bilder alles in mir verkraft.

„Hey Baby!“ seine sanfte Stimme weckt mich und ich sehe ihn verschlafen an. Es ist schon hell draußen und auf seiner Stirn ist eine tiefe Sorgenfalte.

„Was ist los?“ frage ich irritiert.

„Du hast schlecht geträumt.“ Er betrachtet mich eingehend und streichelt sanft meine Wange. „Wovon hast du geträumt?“

Ich schließe meine Augen. „Es ist nicht so wichtig.“ Weiche ich aus.

„Erzähl es mir.“ Bittet er mich, ich öffne meine Augen, sein Gesicht ist ganz nah an meinem und ich versinke in seinen Augen.

„Von uns. Von früher. Von der Zeit, nachdem du weg warst.“ Gebe ich leise zu.

„Erzähl es mir.“ Sein Gesichtsausdruck wird traurig und bedauernd.

„Nein Chris, bitte verlange das nicht von mir. Es würde das, was wir beschlossen haben, auf eine unmögliche Probe stellen und dann könnte ich es nicht mehr.“ Ich beobachte wie sich sein Gesicht verfinstert, ich lege meine Hand auf seine Wange und küsse ihn ganz leicht. Chris, es scheint Welten her zu sein, das ich so genannt habe. Im Grunde genommen liegen ja auch Welten dazwischen, ich bin keine 17 mehr und er keine 19…

„Was hast du vor?“ neckt er mich, der Schatten der eben noch über seinem Gesicht lag, ist genauso schnell verschwunden wie er gekommen ist.

„Ich?“ ich beginne eine Spur aus kleinen Küssen an seinem Hals entlang zu seinem Schlüsselbein zu ziehen und er stöhnt wohlig auf.

Er packt meinen Hintern und zieht mich auf sich, seine Erregung ist deutlich zu spüren.

„Kondom?“ er sieht mich an und ich grinse.

„Attest?“ beantworte ich die Frage mit einer Gegenfrage.

„Ich stell mir nachher selbst eins aus.“ Er packt mich an der Hüfte und ich kreische überrascht. Er sieht mir in die Augen und ich weiß, das kleinste Zeichen, das ich auf ein Kondom bestehe, würde reichen und er würde mich sofort los lassen.

Mein Atem beschleunigt sich, so dicht an der Erfüllung zu sein und nicht das zu bekommen wonach man sich in diesem Moment sehnt, grenzt fast an Folter. Ich nicke ganz, ganz leicht und er dringt in mich ein.

Ich schließe meine Augen und lasse meinen Kopf nach hinten fallen.

Seine Hände massieren meine Brüste und ich merke, wie sich mein Körper, auf das was gleich kommt vorbereitet. Ich kralle meine Hände in seine Schultern und sehe ihn an.

Sein Mund ist leicht geöffnet und er hat seine Augen geschlossen.

„Sieh. Mich. An.“ flüstere ich heiser und er öffnet seine Augen.

Mein Orgasmus überrollt mich wie eine Welle und trägt mich davon, ich sinke auf ihn und spüre wie auch er Erlösung findet.

Ich lege meinen Kopf wie betäubt auf seine Brust und finde nur langsam wieder in einen ruhigeren Atemrhythmus, seine Hand streicht sanft über meinen Rücken und ich genieße seine Berührungen. Sie beruhigen mich und ich rolle mich langsam von ihm runter.

„Wow Baby.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Stirn.

Sein Handy reißt uns aus unserer Zweisamkeit und er greift auf den Nachttisch.

„O’Connor.“ Meldet er sich grummelig.

„Hey Noah. Ja, es geht ihr gut. Sie hat in meinem Gästezimmer übernachtet.“ Erklärt er lächelnd und sieht mich an. „Macht euch keine Sorgen, ich werde sie heute Nachmittag bei Elin vorbei bringen.“

Dann sagt wohl augenscheinlich Noah etwas und Christien denkt angestrengt nach.

„Sie hat gestern ziemlich viel getrunken und ich will sie nicht wecken. Ich rufe Elin an, bevor wir kommen.“ Erklärt er ihm und ich lache erstickt in mein Kissen.

„Ja, ich richte es ihr aus. Bis später.“ Er sieht mich belustigt an und legt auf.

„Wenn du nicht möchtest, dass irgendjemand von uns Wind bekommt, dann musst du lernen dich zusammen zu reißen, wenn ich telefoniere.“ Er funkelt mich belustigt an.

„Ja Dr. O’Connor.“ Grinse ich und er zieht mich wieder in seine Arme.

Eine Weile genießen wir die Ruhe, dann streckt er sich.

„Ich brauche eine Dusche.“ Er steht auf und hält mir seine Hand hin.

Ich ergreife sie und wir gehen ins Bad. Staunend sehe ich mich um.

„Was ist?“ er stellt die Dusche an und legt seinen Kopf schief.

„Deine Einrichtung ist so anders wie erwartet.“ Gebe ich zu.

„Was hast du denn erwartet?“ er zieht mich mit einer schnellen Bewegung unter die Dusche und drückt mich an die kalte Fliesenwand.

Das warme Wasser läuft an meinem Körper hinunter, während ich die kalten Fliesen am Rücken und am meinem Po spüre, er sieht mich immer noch fragend an.

„Ich weiß nicht, Chrom, schwarzes Leder, edle Designermöbel.“ Ich lege meine Arme um seinen Hals und er lacht leise.

„Und jetzt schockiert es dich, das mein Haus ganz normal eingerichtet ist und hier im Bad nicht Schwarz den Ton angibt?“ er küsst mich hauchzart.

„Ein wenig schon.“ Gestehe ich und sehe mich in dem mit hellblauen Fliesen ausgekleideten Bad um. Die natur belassenen, schweren Holzmöbel fügen sich perfekt ein und die Eckbadewanne mit den Whirlpooldüsen bringt mich zum Grinsen.

„Ich mag das neumoderne Zeug nicht, ich mag Holzmöbel und ich mag es gemütlich. Was nützt mir eine Designercouch, wenn sie nicht bequem ist?“ er stützt seine Hände neben mir an der Wand ab und ich fahre mit meiner Hand über seine Bauchmuskeln.

„Du überrascht mich.“ Sage ich leise.

„Und du mich.“ Er küsst mich verlangend „Was ist nur aus der kleinen, unschuldigen Elle Robertsen geworden?“

„Die gibt es nicht mehr.“ Meine Stimme klingt hart und verbittert, er sieht mich erschrocken an.

„Tut mir leid Baby.“ Er küsst mich sanft.

Ich schlinge meine Arme um seinen Nacken und plötzlich kann es mir nicht schnell genug gehen. Ich lege ein Bein um ihn und er hebt mich leicht an, er dringt in mich ein und ich stöhne leise. Ich halte mich an ihm fast, ich will mit ihm verschmelzen und er nimmt mich hart und unnachgiebig.

Als wir beide Erlösung gefunden haben, setzt er mich ab und beginnt mir meinen Rücken einzuseifen.

Das alles, die ganze Situation verwirrt mich.

Als wir aus der Dusche treten und ich mich in einen unheimlich kuscheligen Bademantel einwickele, sehe ich ihn lange an.

„Das sollten wir lassen…“ beginne ich und er sieht mich schockiert an. „Ich meine das hier.“ Ich deute auf uns „Sex ja, aber keine Vertraulichkeiten. Du rufst mich an, wenn du Lust hast und ich dich.“ Ich zucke mit den Schultern und trete vor den Spiegel.

„Wie stellst du dir das vor?“ er tritt hinter mich und küsst sanft meinen Nacken. „Willst du jedes Mal nach dem Sex aus dem Bett springen und gehen?“

„So ähnlich. Glaub mir, das kann ich gut.“ Wieder diese Verbitterung in meiner Stimme. Ich merke, dass er damit nicht umgehen kann und drehe mich zu ihm um.

„Ab und zu ist das in Ordnung, vielleicht ein Wochenende im Monat. Aber erwarte so etwas hier nicht jedes Mal.“ Ich küsse ihn und seine Hand fährt unter meinen Bademantel.

„Okay.“ Haucht er.

„Sag mal, seit wann hattest du keinen Sex?“ ich sehe ihn belustigt an.

„Eine Weile.“ Gibt er ausweichend zurück.

„Und du willst jetzt alles an einem Tag nachholen?“ ich fahre mit meiner Hand den Saum seines Handtuches entlang.

„Vielleicht?“ er küsst mich innig.

„Chris, wenn wir so weiter machen, dann kann ich morgen keinen Fuß vor den anderen setzen.“ Lache ich.

„Das wäre nicht gut.“ Er hebt mich hoch und setzt mich auf dem Waschtisch ab.

„Nein.“ Sage ich leise zwischen zwei Küssen.

„Sag mir, dass ich aufhören soll und ich höre auf.“ Raunt er mir ins Ohr und ich stöhne leise.

„Soll ich aufhören?“ er zwirbelt meine Brustwarzen zwischen seinen Fingern und ich stöhne erneut.

„Nein.“ Es ist nicht mehr wie ein Hauch, aber er beugt sich über mich und nimmt meinen Po ins seine Hände.

„Dachte ich es mir.“ Flüstert er und sein Handtuch fällt zu Boden.

Er lässt sich Zeit und ich winde mich unter ihm.

„Nimm. Mich.“ Wispere ich bittend und er lächelt.

„Dr. Robertsen, sie müssen sich mal entscheiden.“

„Nimm. Mich. Chris. Bitte.“ Ich sehe ihm in die Augen und er dringt in mich ein.

Ich schließe meine Augen und stütze meine Arme neben mir ab um nicht vom Schrank zu rutschen.

„Ich halte dich Baby.“ Chris seine Stimme jagt mir einen Schauer über den Rücken und ich umfasse seine Hüfte.

Dieses Mal lässt er sich Zeit und mich durchzuckt schon nach kurzer Zeit ein Orgasmus. Er ist noch nicht soweit und bevor auch endlich kommt, erreiche ich zwei weitere Höhepunkte. Mein Herz springt mir fast aus der Brust und ich bekomme kaum noch Luft.

Er legt seine Stirn an meine und lächelt.

„Wir sollten uns jetzt wirklich Mal anziehen.“ Er küsst mich und hebt mich wieder vom Schrank.

„Nimmst du eigentlich die Pille?“ er schlingt das Handtuch wieder um seine Hüfte und sieht mich fragend an.

„Nein.“ Gebe ich lachend zurück und schließe den Bademantel wieder.

„Was?“ er sieht mich entsetzt an.

„Die würde bei meinen Arbeitszeiten und bei meinem Glück nicht wirken. Ich bekomme eine Drei Monats Spritze.“ Erkläre ich ihm süffisant lächelnd.

„Das ist gut.“ Er zieht mich in seine Arme und küsst mich innig.

„Finde ich auch.“ Gebe ich schmunzelnd zurück.

Wir setzen uns in die Küche und genießen einen Kaffee und die Morgenzeitung, es ist so herrlich ruhig hier draußen, ganz anders wie bei mir zu Hause. Da pulsiert das Leben und es ist immer was los auf den Straßen.

„Möchtest du gleich zu Elin?“ er zieht sich ein T-Shirt über und schlüpft in eine bequeme Jeans.

„Bitte.“ Gebe ich zurück und er sieht mich prüfend an.

Fast glaube ich so etwas wie Enttäuschung in seinen Augen zu sehen, aber er fängt sich schnell wieder.

Ich ziehe mich ebenfalls an und er leiht mir ein weißes Hemd von sich, da es draußen bewölkt ist und ein wenig kühler wie noch gestern.

Er hat uns ein Taxi bestellt und wir fahren zum Golfclub um sein Auto abzuholen.

„Das ist deiner?“ ich betrachte den Porsche und lache plötzlich.

„Ja. Ist was an dem Auto verkehrt?“ er sieht mich verwirrt an.

„Nein, aber endlich passt Mal was ins Bild.“ Ich steige ein und fahre mit meiner Hand über die weichen, weinroten Ledersitze.

„Wieso bist du wieder in Irland?“ ich sehe ihn, nachdem wir eine Weile schwiegen durch die Vororte gefahren sind, von der Seite an.

„Ich habe den Job angeboten bekommen.“ Erklärt er ausweichend.

„Und warum ist Alexander auch wieder hier?“ bohre ich weiter nach.

„Woher weißt du, das Alex auch in Irland ist?“ er sieht mich überrascht an.

„Von Dean, er hat ihn im April in Crosshaven getroffen, als er unsere Eltern besucht hat.“ Erkläre ich ihm. „Also warum seid ihr Beide wieder hier?“

„Unsere Mum ist im März gestorben.“ Sagt er leise.

„Oh Chris.“ Ich schlage meine Hand vor den Mund „Es tut mir so leid.“

Ich könnte mich für meine Neugier ohrfeigen, immerhin hat er mich auch in Ruhe gelassen, als ich nicht reden wollte.

„Es ist Okay.“ Sagt er leise und konzentriert sich auf die Straße.

Ich lege meine Hand auf seinen Arm „Wie geht es dir, Alex und deinem Dad damit?“ frage ich mitfühlend.

„Unser Dad ist vor zwei Jahren gestorben.“ Erklärt er mir und ich sehe ihn mit großen Augen an.

Als Harold O’Connor kein Bürgermeister mehr in Crosshaven war, sind er und seine Frau weg gezogen. Sie hatten zwar noch ein Haus in Crosshaven, aber sie waren nur sehr selten dort.

Er setzt den Blinker und fährt in einen Feldweg, beide Hände sind fest ums Lenkrad geklammert, so dass sich seine Fingerknöchel weiß abzeichnen. Ich starre ihn geschockt an und merke wie ich anfange zu zittern.

Es muss einfach schrecklich sein, seine beiden Elternteile zu verlieren…

„Chris.“ Sage ich leise und er sieht mich an.

In seinen Augen sehe ich nicht die Traurigkeit die ich erwartet habe, vielmehr sehe ich Wut und Enttäuschung.

„Es tut mir so leid.“ Flüstere ich und lege meine Hand an seine Wange.

„Muss es nicht Baby, wirklich nicht…“ sein Gesichtsausdruck wird wieder weich. „Mein Dad hat mich und Alex dazu gebracht von zu Hause zu fliehen und meine Mum war immer nur der äußere Schein wichtig. Irgendwo, tief im Inneren, waren sie vielleicht gute Eltern, aber sie haben es mir und Alex nicht gezeigt. Ich kann nicht weinen, weil sie mir nicht fehlen. Ich bin so gut wie mein ganzes Leben ohne sie ausgekommen. Wieso sollten sie mir fehlen?“ sein Blick geht aus der Windschutzscheibe hinaus ins Leere.

„Trotz allem hast du sie geliebt. Sie waren deine Eltern.“ Sage ich sanft und er sieht mich an, als hätte ich ihn geschlagen.

„Ich weiß es nicht…“ gibt er gepresst zu.

Ich sehe ihn an, er wirkt verletzlich und unsicher…

So kenne ich ihn nicht, so habe ich ihn nie erlebt.

„Es tut mir so wahnsinnig leid.“ Flüstere ich erneut.

Er sieht mich an und küsst meine Hand.

„Bitte Baby, es muss dir nicht leid tun.“ Er umfasst wieder das Lenkrad und ich atme tief durch.

Ich schnalle mich ab und klettere auf seinen Schoß.

Erstaunt sieht er mich an als ich mich an dem Reißverschluss seiner Hose zu schaffen mache.

„Ich brauche dich jetzt.“ Sagt er atemlos und ich nicke leicht, ehe ich seinen Penis aus der Hose befreie und ein Stück nach vorne rutsche. Ich schiebe mein Höschen zur Seite und er dringt in mich ein, während er sich an mich klammert wie ein Ertrinkender.

Hier geht es nicht um Zärtlichkeiten, sondern nur um den puren Sex…

Wir kommen beide schnell und fast gleichzeitig und er sieht mich dankbar an.

Ich krabbele auf meinen Sitz zurück und küsse ihn zärtlich-

„Alex ist hier, weil er das Haus in Crosshaven behalten wollte. Er ist freier Fotograf und braucht kein Haus in der Stadt. Er wohnt jetzt da. Wir haben die anderen Häuser alle verkauft, aber das wollte er unbedingt behalten.“ Er sieht mich wieder an und ich lege meinen Kopf schief.

„Woran denkst du?“ fragt er leise.

„Ich würde niemals auf die Idee kommen nach Crosshaven zurück zu kehren. Niemals.“ Wieder einmal schleicht sich der verbitterte Unterton an.

„Was ist nur damals los gewesen?“ er schüttelt leicht den Kopf und ich sehe auf.

„Bitte nicht Chris.“ Bitte ich ihn eindringlich.

„Danke.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Stirn und lässt den Motor wieder an.

Als wir bei Elin vor dem Haus parken, kommt diese schon mit Noah die Treppe hinunter gestürmt.

„Gott Elle, ich habe mir verdammt noch mal Sorgen gemacht.“ Sie drückt mich an sich, kaum das ich ausgestiegen bin.

„Mir geht es gut.“ Keuche ich, da sie mir mit ihrer etwas zu gut gemeinten Umarmung die Luft zum atmen nimmt.

„Ich habe dich schon tot an irgendeiner Straße liegen sehen.“ Sie sieht mich kopfschüttelnd an.

„Komm runter Elin, ich stehe gesund und munter vor dir. Im Übrigen stehen wir Mitten auf der Straße.“ Ich sehe sie an und wir gehen auf den Bürgersteig. Hier nimmt mich sofort Noah in den Arm.

„Man bin ich froh, das Christien wenigstens eine SMS geschrieben hat, ansonsten hätten wir wahrscheinlich alle Krankenhäuser nach dir abgesucht.“ Er sieht mich milde strafend an und drückt mich an seine Brust.

„Ich war nicht einmal 12 Stunden weg und ihr tut als wäre ich ein Jahr vermisst gewesen.“ Ich sehe grinsend zu ihm auf.

„Wir machen uns Sorgen um dich.“ Er sieht mich an und ich schlucke.

„Ich weiß, es tut mir leid.“ Erwidere ich reuevoll.

Dann begrüßen die Beiden auch Chris und wir gehen hoch in Elins Wohnung.

Chris schildert kurz was im Club vorgefallen ist und den Beiden steht der Mund offen.

„Oh mein Gott!“ Elin zieht mich in eine weitere viel zu feste Umarmung.

„Sag mal, willst du mich heute noch ersticken?“ ich sehe sie strafend an.

„Ich bin nur froh dich an einem Stück zu sehen.“ Ihre grasgrünen Augen mustern mich.

Sie stehen in einem so krassen Kontrast zu ihren Haaren, dass sie dadurch noch ausgeflippter wirkt. Aber die Kinder auf ihrer Station lieben sie dafür. Sie lieben sie eben genau dafür, dass sie nicht ist wie alle anderen und ich liebe sie auch genau deswegen.

Meine durch geknallte Elin.

„Es tut mir wirklich leid.“ Ich streiche ihr eine Strähne aus dem Gesicht und sie nickt langsam.

„Das weiß ich doch, aber du achtest manchmal viel zu wenig auf deine Sicherheit.“ Erklärt sie leise.

„Wieso denn das?“ Chris sieht sie überrascht an.

„Elle ist nicht gerade dafür bekannt, das sie sehr viel Wert auf ihre Sicherheit legt…“ sie zieht eine Augenbraue hoch und mustert mich eingehend „Ich habe sie schon so manches Mal irgendwo in der Stadt nach einem One Night Stand aufgesammelt. Frag lieber nicht weiter.“

„Danke Elin.“ Ich verdrehe die Augen und Noah verkneift sich ein lachen. „Was denn?“ ich sehe ihn an und muss nun auch grinsen „Ich bin jung, ich darf das.“

„Das ist unverantwortlich.“ Sagt Christien leise und ich drehe mich um, damit ich ihn ansehen kann. Seine Augen sagen mir, dass er das, was er hört, so gar nicht gut findet.

„Ich kann ganz gut auf mich alleine aufpassen.“ Erwidere ich und lehne mich nun auf der Couch zurück.

„Das habe ich gestern gesehen.“ Christiens Augen sehen mich missbilligend an.

„Das war eine Ausnahme.“ Ich winke ab „Idioten gibt es überall.“

„Ich mache mich jetzt auf den Weg nach Hause.“ Christien steht abrupt auf und ich schrecke hoch.

In seiner Stimme liegt unterdrückte Wut, so wenig ich auch diese Version von ihm kenne, das ist nicht gut, gar nicht gut…

„Warum bleibst du nicht noch? Wir wollen gleich rüber zu Noah auf die Dachterrasse und grillen.“ Elin sieht ihn verständnislos über seinen plötzlichen Aufbruch an.

„Lieber nicht, ich sollte wirklich nach Hause…“ er versucht zu lächeln, aber das lächeln erreicht seine Augen nicht.

„Komm schon Christien, vergiss mal deine Chefrolle für heute. Wir sind Freunde, die sich einfach einen gemütlichen Abend machen….“ Noah grinst ihn an „Keine Sorge, morgen darfst du wieder unser Chef Dr. Christien O’Connor sein.“

Christien fixiert mich einen Moment lang, dann sieht er zu Noah.

„Warum eigentlich nicht.“ Er zuckt mit den Schultern und setzt sich wieder in den Sessel.

Eine Weile unterhalten sich Noah und er über belangloses Sportzeug und ich döse vor mich hin. Ich bin müde, denn besonders viel Schlaf habe ich ja nicht bekommen.

„Los Mädels, lasst uns zu mir.“ Noah springt auf und ich sehe ihn müde an.

„Gott Bambi, du kannst dich bei mir vor dem Essen noch auf die Couch legen.“ Er hält mir seine Hand hin und ich ergreife sie.

„Lass das.“ Wehre ich mich müde.

„Was denn? Ich soll dir nicht hoch helfen?“ er zieht mich auf die Beine und ich lege meinen Kopf schief.

„Du weißt, was ich meine.“ Gebe ich zurück.

„Was hat es eigentlich mit diesem Bambi auf sich?“ Christien steht auf und sieht in die Runde.

„Elle sieht immer aus wie ein aufgescheuchtes Reh, wenn man sie unvermittelt anspricht.“ Lacht Elin.

„Elin, ich dachte du bist meine Freundin.“ Ich sehe sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Bin ich auch, aber Christien ist ebenfalls ein Freund.“ Sie zuckt mit den Schultern und ich sehe zu Christien.

„Ja Elin, du hast Recht, sie hat was von Bambi.“ Grinst dieser, augenscheinlich hat er seine gute Laune wieder gefunden.

Schade nur, das der Spaß auf meine Kosten geht.

„Ja, ja ich bin Bambi…“ ich gehe Richtung Tür „Können wir jetzt?“ frage ich ungeduldig.

Noah bricht in schallendes Gelächter aus und legt seinen Arm um meine Schultern als wir in den Flur treten.

„Armes Bambi.“ Lacht er und wir gehen, gefolgt von Christien und Elin die Treppe runter.

Noah wohnt nur drei Häuser von Elin entfernt und als wir endlich im 6. Stock sind und seine Wohnung betreten, da lehne ich mich außer Atem an die Wand.

„Deine Kondition war auch schon Mal besser.“ Noah knufft mich in die Seite.

„Hey, ich gehe jeden Morgen joggen.“ Erwidere ich.

„Vielleicht fehlt dir auch eine ganz andere Art von Sport…“ er zwinkert mir zu.

„Noah…“ ich schlage leicht nach ihm.

„Scheint ja nicht so, als hättest du viel mit dauerhaften Beziehungen am Hut…“ Christien geht an mir vorbei und wirft mir einen Blick zu, den ich nicht im Geringsten einordnen kann.

„Elle und dauerhafte Beziehungen? Das ist so, als würdest du versuchen Wasser und Öl zu mischen. Hoffnungslos!“ Elin grinst mich an „Elle ist eben in ihrer Sturm und Drangphase.“

„Ihr seid echt tolle Freunde.“ Ich ziehe das Hemd von Chris aus und lasse mich auf die Couch fallen. Die Sonne bricht langsam durch die Wolken hindurch und es scheint wenigstens noch ein schöner Abend zu werden.

„Elles Sturm und Drangphase dauert schon mindestens 3 Jahre.“ Noah geht in die offene Küche und beginnt die Sachen zum Grillen aus dem Kühlschrank zu holen.

„Das kommt dir nur so vor, weil du sie erst drei Jahre kennst…“ Elin sieht zu mir und ich werfe ihr einen vernichtenden Blick zu. Sie ignoriert ihn und fährt fort „… Ich kenne Elle seit fast 10Jahren, noch nie hat es ein Mann geschafft sie davon zu überzeugen, das er der Richtige ist.“

„An dir sieht man ja, dass auch ernsthafte Beziehungen nicht den gewünschten Erfolg bringen.“ Ich sehe sie an und sie verzieht das Gesicht.

„Aber ich versuche es wenigstens.“ Sie streckt mir die Zunge raus.

„Okay Mädels… Elle ist Feuer und du bist Wasser.“ Er sieht zu Elin. „Anderes Thema bitte.“

„Ich danke dir Noah.“ Ich werfe ihm einen Handkuss zu und kuschele mich in die Ecke der Couch.

Chris steht die ganze Zeit an die Rücklehne der Couch gelehnt und folgt unseren Gesprächen.

„Hast du eigentlich deinen Urlaub genehmigt bekommen?“ ich sehe zu Elin und sie nickt begeistert.

„Ja, in drei Wochen fliege ich für drei Wochen nach Norwegen!“ jubelt sie.

„Wow.“ Ich sehe sie an. Wir hatten uns zwar letzte Woche darüber unterhalten, aber ich wusste nicht, dass sie schon gebucht hat. Elins Mum ist Norwegerin und sie verbringt fast jeden Urlaub in Jevnaker, eine Stunde von Oslo entfernt. Ich war auch schon einmal mit da und es ist toll. Ihre Familie ist super nett und alle sind aufgeschlossen. Es war einer meiner schönsten Urlaube, die ich jemals hatte.

„Weißt du schon, wer deine Vertretung macht?“ ich sehe sie fragend an und angle mir eine Erdbeere aus der Schale die auf dem Tisch steht.

Sie sieht mich an und grinst.

„Ich?“ frage ich mit vollem Mund und sie lacht.

„Ja du. Miranda meint, du sollt auch in den anderen Fachbereichen auf dem Laufenden bleiben.“ Sie zuckt mit den Schultern.

„Wenn sie meint.“ Gebe ich zurück.

„Ich finde es gut.“ Sagt Christien endlich mal wieder was.

„Mal sehen wie ich mich anstelle.“ Ich zwinkere Elin zu und sie lacht leise.

„Hilfst du mir mal eben.“ Noah sieht zu ihr und sie springt auf.

Christien und ich sind alleine im Wohnzimmer und ich sehe Noah und Elin hinterher.

„Das lässt du in Zukunft.“ Christien sein Gesicht ist ganz nah vor meinem und ich zucke zusammen.

Herrgott, wie kann er sich so schnell und leise bewegen?

Ich meine, er ist mit seinen 1,90 m nicht gerade klein…

„Was meinst du?“ ich sehe ihn verständnislos an.

„Keine One Night Stands mehr und keine Aktionen, wo keiner weiß, wo du steckst.“ Er sieht mich böse an.

„Wir sind uns außer Sex nichts schuldig.“ Erinnere ich ihn.

„Das stimmt Baby, aber ansonsten verlange ich bald ein Attest. Wir haben den Deal, das ich dich und du mich anrufst, wenn wir Sex wollen. Wozu also noch One Night Stands?“ Er sieht mich durchdringend an und ich schlucke.

Er hat Recht…

Verdammt!

„Okay.“ Sage ich leise und er grinst zufrieden.

„Danke Baby.“ Er küsst mich sanft auf die Lippen und sie prickeln als er wieder hoch kommt und auf die Terrasse gehen will.

Ich springe auf, packe ihn am Ärmel und presse meine Lippen auf seine.

Ich kenne diese Wohnung und auch die Terrasse, wenn Noah und Elin am Grill stehen, dann können sie das Wohnzimmer nicht einsehen, denn sie befinden sich über uns.

Er legt seine Hände an meine Hüfte und zieht mich zu sich.

„Das ist keine gute Idee.“ Er sieht mich gequält an.

„Ich weiß…“ ich küsse ihn erneut, lasse ihn dann los und gehe zu Elin und Noah.

Eine knappe Stunde später sitzen wir alle am Tisch, ich habe meine Beine über die Stuhllehne gelegt und sie baumeln in der Luft. Ich bin wirklich pappsatt und fühle mich pudelwohl.

Die Gespräche drehen sich gerade um Elin ihre Reise nach Norwegen.

„Als Elle mit mir in Norwegen war, da waren wir tatsächlich im Juli Ski fahren.“ Erzählt Elin und ich nicke zustimmend, als ich die fragenden Blicke von Noah und Christien sehe.

„Es war toll.“ Gebe ich zu und Elin lächelt.

„Meine Mum und mein Dad fliegen jedes Jahr im Frühling hin, mal schauen, vielleicht kommen sie dieses Mal noch mal mit mir mit.“ Elin lehnt sich zurück und beginnt von ihrer Familie zu erzählen.

„Warum wissen wir eigentlich so wenig von deiner Heimatstadt?“ Noah sieht mich an und ich zucke zusammen, als hätte man mich geschlagen.

„Über Crosshaven gibt es nicht viel zu erzählen.“ Ich versuche gleichgültig zu klingen.

„Wann warst du das letzte Mal da?“ bohrt Noah weiter nach und ich atme tief durch.

„Vor 5 oder 6 Jahren. Zur Silberhochzeit meiner Eltern.“ Erkläre ich ihm und hoffe das Thema so abzuschließen.

„Wie kann man es aushalten so lange nicht nach Hause zu fahren?“ er sieht mich erstaunt an. Er ist ein oder zwei Mal im Monat in Ballina, wo er aufgewachsen ist und wo seine Eltern immer noch leben.

„Wenn man keine besonders schönen Erinnerungen hat, dann ist das einfach. Ich telefoniere ja regelmäßig mit meinen Eltern und Dean kommt mich ja besuchen.“ Ich sehe hilfesuchend zu Elin. Sie weiß, wie ungern ich über meine Jugend erzähle.

„Wo du gerade Dean erwähnst. Wann will er eigentlich kommen?“ fragt sie und ich lächle sie dankbar an.

„Dean kommt?“ Noah grinst mich an.

„Ja, in drei Wochen für ein Wochenende.“ Lächle ich.

Wir haben immer jede Menge Spaß, wenn wir unterwegs sind und Noah und Dean sind auf einer Wellenlänge.

„Mit Anhang?“ Noah zieht eine Augenbraue hoch.

„Nein, Charlie, Luke und Amy bleiben zu Hause.“ Erkläre ich ihm augenzwinkernd.

Ich treffe Christiens verständnislosen Blick.

„Charlene ist die Frau von Dean und Luke und Amy ihre gemeinsamen Kinder.“ Erkläre ich ihm und er nickt leicht.

„Wo bist du eigentlich aufgewachsen?“ Noah sieht zu Christien und ich schließe gequält meine Augen.

„Crosshaven.“ Sagt er leise, Noah und Elin sehen zwischen uns hin und her.

„Ihr seid beide in Crosshaven aufgewachsen?“ Noah sieht uns erstaunt an.

„Ja, aber wir sind nicht im selben Alter. Wir hatten nichts miteinander zu tun.“ Sage ich schnell und mein Blick trifft den von Christien.

„Ja, ich bin früh von zu Hause weg. Es war kein zu Hause für mich. Ich bin dann nach Princeton gegangen und habe Medizin studiert. Ich habe dann bis vor ein paar Monaten in New York am Bellevue Hospital gearbeitet und bin, sagen wir es mal so, ich bin sehr ehrgeizig und bin die Karriereleiter hinauf gestolpert.“ Er grinst und ich kann ihn mir plötzlich als ehrgeizigen Medizinstudenten vorstellen.

„Ich wollte es meinen Dad beweisen und das habe ich schließlich auch.“ Er lehnt sich zurück.

Ich merke sofort wie er sich anspannt, wenn er über seinen Dad redet, das Ganze lässt ihn nicht so kalt, wie er es mir weis machen will.

„Sind deine Eltern nicht froh, dass du wieder in Irland bist?“ Elin sieht zu ihm und ich strafe sie mit einem Blick, sie zuckt nur die Schultern und sieht dann wieder zu Christien.

„Meine Eltern sind tot, mein Dad ist vor zwei Jahren gestorben und meine Mum im März.“ Erklärt er ihr, als sei es das Selbstverständlichste der Welt.

„Oh mein Gott Christien, es tut mir so leid.“ Sie sieht ihn geschockt an.

„Muss es nicht, es ist in Ordnung.“ Er winkt ab und selbst Elin erkennt, das man nicht weiter bohren sollte.

„Sag mal, ich habe gesehen, dass du am Mittwoch für die Multiorgantransplantation eingetragen bist.“ Noah sieht zu mir und ich nicke.

„Ja, ich will mal wieder in den OP und wissen was mich erwartet.“ Ich zwinkere ihm zu.

„Bei Mr. Andrews?“ nun sieht mich Christien an und ich nicke erneut.

„Ja. Will hat gefragt, ob ich nicht Zeit hätte. Er kennt meine begabten Hände.“ Ich halte meine Hände in die Höhe und wir lachen alle.

„Ja, von deinen begabten Händen habe ich schon gehört.“ Christiens Blick ruht auf mir und mein Puls beschleunigt sich.

„Deine sollen auch nicht unbegabt sein.“ Erwidere ich keck.

„Nein, deswegen werde ich auch an der OP beteiligt sein.“ Er lächelt vielsagend.

„Da ist unser Mr. Andrews ja in den allerbesten Händen.“ Lacht Elin und ich kann nicht anders wie mit einzustimmen.

„Ich werde jetzt nach Hause.“ Ich strecke mich, die Sonne versinkt langsam in der irischen See und ich brauche Schlaf.

„Ja, ich muss auch langsam ins Bett.“ Christien erhebt sich ebenfalls „Ich fahre dich schnell rum, es liegt ja auf dem Weg.“

„Das ist nett. Danke.“ Ich wage es nicht ihn anzusehen. In meinem Unterleib breitet sich ein brennendes Verlangen wie ein Lauffeuer aus und ich befürchte meine Augen würden mich verraten.

„Ich bringe euch zur Tür. Es war wirklich nett Christien.“ Er sieht zu ihm.

Wir haben beschlossen, dass wenn wir im Privaten unterwegs sind, das er dann einfach nur Christien ist und ich glaube es gefällt ihm. Dr. O’Connor ist er ja schließlich oft genug.

„Ja, das müssen wir wiederholen.“ Er geht zu Elin und drückt ihr einen Kuss auf die Wange.

„Unbedingt.“ Kommt es sofort von ihr.

Auch ich nehme Elin in den Arm und sie drückt mich an sich.

„Ich bin froh, dass er gestern auf dich aufgepasst hat.“ Flüstert sie mir zu und ich lächle gequält.

„Okay, Okay…“ sie hebt abwehrend die Hände.

„Ich werde Noah noch beim aufräumen helfen.“ Verkündigt sie großmütig und Noah dreht sich dankbar zu ihr um, als wir die fünf Stufen runter auf die untere Terrasse steigen.

„Du bist die Beste.“ Er schickt ihr einen Handkuss.

Ich nehme das Hemd von der Couch und schlüpfe wieder hinein, dann angele ich mir meine Handtasche, die Elin gestern aus dem Club mit nach Hause genommen hat und schon stehen wir an der Tür.

„Es war toll, Danke Noah!“ ich nehme ihn fest in den Arm.

„Wir müssen das wirklich viel öfter machen.“ Er gibt mir einen Kuss auf die Wange.

„Unbedingt.“ Ahme ich Elin nach und er lacht.

Er verabschiedet sich auch von Christien und wir steigen langsam die Stufen runter.

Wir gehen zu seinem Auto und schweigen einen Moment, dann lotse ich ihn zu meinem Haus und sehe ihn fragend an.

„Kommst du mit hoch?“ ich versuche meine Stimme gleichgültig klingen zu lassen, aber ich weiß nicht, ob es mir gelingt.

„Ich dachte schon du fragst nicht.“ Gibt er lächelnd zurück „Aber ich sollte nicht direkt vor deinem Haus parken. Geh schon mal hoch, ich suche einen Parkplatz und komme nach.“ Er sieht mich grinsend an und ich stiege aus.

Ich laufe die Treppen hoch zu meiner Wohnung, ich schließe hastig die Tür auf und werfe meine Tasche und meine Schuhe in die Ecke.

Mein Unterleib pulsiert vor Verlangen und er Erwartung was gleich passieren wird. Nur 5 Minuten später klopft es und ich laufe zur Tür.

Kaum das ich ihn sehe, kann ich nicht anders als wie ihn zu küssen. Er wirkt überrascht, aber er erwidert sofort meinen Kuss.

Ich gebe der Tür einen kleinen Schubs und sie fällt ins Schloss.

Christien hebt mich hoch und wir gehen zur Couch, er setzt sich mit mir hin und ich ziehe ihm sein T-Shirt über den Kopf.

Er streift mir sein Hemd von den Schultern und küsst diese.

Gott, ich will ihn.

Jetzt.

Ich ziehe mir mein Kleid selber über den Kopf und küsse ihn verlangend.

Er hebt mich hoch und lässt mich dann behutsam auf den Rücken fallen.

Er zieht mir langsam meinen Tanga aus und beginnt die Innenseiten meiner Oberschenkel zu küssen.

Er arbeitet sich immer weiter nach oben und ich fahre ihm durch die Haare.

Als er sanft mit der Zunge meinen Kitzler umspielt, kann ich einen kleinen Schrei nicht unterdrücken. Schon nach kurzer Zeit, rollt ein Orgasmus wie ein Güterzug über mich hinweg. Aber Christien hat nicht die Absicht es dabei zu belassen. Er treibt mich von einem Höhepunkt zum nächsten und ich bin schon am Ende meiner Kräfte.

„Bitte. Chris.“ Wimmere ich und er sieht mich kurz an. Er dreht mich auf den Bauch und dringt von hinten in mich ein. Ich bin so sensibilisiert, das ich es auf der einen Seite kaum ertragen kann ihn in mir zu spüren, auf der anderen Seite will ich genau das. Mein Körper sendet völlig unterschiedlich Signale und ich kann ihnen gedanklich gar nicht so schnell folgen. Als ich einen weiteren Höhepunkt erreiche flehe ich ihn stumm an, endlich aufzuhören.

Er versteht meine Bitte und kommt auch endlich.

Völlig außer Atem und einer Ohnmacht nahe liege ich in seinen Armen.

„Das war gemein.“ Sage ich leise an seine Brust gepresst.

„Ich möchte nicht, dass du weiterhin One Night Stands hast. Wenn du Befriedigung willst, dann halte dich an mich. Das ist unser Deal.“ Sagt er ernst und ich weiß, auch wenn ich seine Augen nicht sehen kann, sie sehen dunkel und bedrohlich aus. Genauso wie bei Elin in der Wohnung als er erfahren hat, dass ich beileibe nicht so unschuldig bin, wie er wohl gedacht hat.

„Okay. Nur du und ich, solange der Deal bestehlt.“ Sage ich immer noch total geschafft.

„Gut, dann haben wir das geklärt.“ Er macht Anstalten aufzustehen und ich sehe ihn verwirrt an.

„Deine Regel. Sex ja, aber Kuscheln nur in Ausnahmefällen.“ Er sieht mich an.

Er verwendet meine Regel gegen mich…

„Okay.“ Gebe ich zurück und versuche unbeteiligt zu klingen. Er zieht sich langsam an und ich sehe wie geschwollen und rot seine Lippen von unseren heißen Küssen sind.

Komm wieder her…

Nein Elizabeth… du hast es so gewollt.

Nur Sex.

Keine Gefühle.

„Wir sehen uns morgen in der Klinik.“ Er haucht mir einen letzten Kuss auf die Lippen und geht dann. Ich ziehe sein Hemd und meinen Tanga an, ehe ich mich auf der Couch zusammen rolle und den Fernseher einschalte.

Also von diesem Deal darf Dean niemals etwas erfahren.

Er würde ihn umbringen und mich gleich dazu…

Und ehrlich gesagt, ich will noch nicht sterben.

Ich bin noch zu jung und ich habe noch zu viel in meinem Leben vor…

Ich schlafe irgendwann auf der Couch ein und das Klingeln meines Handys lässt mich am nächsten Morgen hoch schrecken.

Ich taste nach meinem Handy.

„Ja?“ melde ich verschlafen.

„Elle wo bist du?“ ertönt Noahs Stimme und ich bin schlagartig hellwach und sehe auf meine Uhr.

Verdammt ich habe verschlafen… das erste Mal seitdem ich denken kann, habe ich wirklich verschlafen. Es ist schon fast 8 Uhr und mein Dienst fängt um 7 Uhr an.

„Ich bin in 20 Minuten da.“ Gebe ich gehetzt zurück und springe auf.

Autsch… meine Beine tun mir weh.

Ich verziehe das Gesicht, aber als mich die schönen Erinnerungen überfluten muss ich lächeln.

Reiß dich zusammen Elizabeth Robertsen!

Ich hechte unter die Dusche und bin in Rekordzeit abgetrocknet und angezogen. Na ja, ein T-Shirt und Bermudashorts stellen mich jetzt auch nicht wirklich vor eine Herausforderung.

Ich ziehe mir schnell meine Turnschuhe an, schnappe mir meinen Haustür und meinen Autoschlüssel und dann ziehe ich auch schon die Tür hinter mir ins Schloss. Ich fahre viel zu schnell durch die Stadt und parke schief in der Tiefgarage ein, da auf dem Parkplatz direkt vor der Klinik alle Stellplätze belegt sind.

Mit wehenden und immer noch nassen Haaren komme ich in der Notaufnahme an.

„Was ist denn mit dir los?“ Noah sieht mich verständnislos an.

„Ich habe verschlafen.“ Gebe ich zerknirscht zurück.

„Ich hoffe, dass das nicht wieder vorkommt.“ Ertönt Christiens strenge Stimme und ich sehe ihn entsetzt an. „Beim nächsten Mal musst du sonst mit Konsequenzen rechnen.“

Er wagt es mich zu maßregeln?

Wegen wem habe ich denn verschlafen?

Laut sagen kann ich das natürlich nicht…

„Nein, es wird nicht wieder vorkommen Dr. O’Connor.“ Ich habe Mühe mir meinen Schock, wie er reagiert nicht anmerken zu lassen.

„Gut, wir haben in drei Stunden die Besprechung wegen der OP morgen. Ich erwarte dich pünktlich im Konferenzraum.“ Er wirft mir einen letzten strengen Blick zu und geht in Richtung Fahrstuhl.

„Oh, als Feind sollte man ihn nicht haben.“ Feixt Noah.

„Witzig.“ Gebe ich gepresst zurück „Ich gehe mich umziehen.“

Ich erreiche den Fahrstuhl bevor sich die Türen hinten Christien geschlossen haben.

„Gut geschlafen?“ fragt er hämisch grinsend.

„Fahr zur Hölle.“ Zische ich.

„Hey… du willst nicht mehr wie Sex. Das hier ist unsere Arbeit und ich muss dich so behandeln, wie ich jeden anderen in dieser Situation behandelt hätte.“ Er zieht eine Augenbraue hoch.

„Ist ja gut.“ Fauche ich und stürme, als wir halten aus dem Fahrstuhl.

Ich weiß, er hat Recht…

Ich will nicht, dass er Recht hat.

Ich ziehe mich um und binde meine Haare hoch, ein Blick in den Spiegel sagt mir deutlich, das man mir ansieht, das ich quasi aus dem Bett gefallen bin.

Wie sollen mich meine Patienten denn so für voll nehmen?

Ich muss wie immer durch Leistung überzeugen…

Als ich wieder nach unten kommen, empfängt mich der ganz normale Wahnsinn und ich bin so dankbar dafür.

„Mach dich auf den Weg, sonst gibt es wieder Saures…“ Noah grinst mich breit an und seine weißen Zähne blenden mich fast.

In diesem Moment kommt ein Notfall rein und ich sehe, dass ich hier noch gebraucht werde.

Noah und ich arbeiten Hand in Hand, wir verstehen uns blind, das macht uns zu so einem hervorragenden Team. Wir schaffen es den Patienten zu stabilisieren und ich streife meinen gelben Schutzkittel ab, ich sehe auf die Uhr.

Verdammt, die Besprechung hat vor einer halben Stunde angefangen.

Ich laufe zum Treppenhaus und hechte die Stufen bis in den 5. Stock hoch. Völlig außer Atem klopfe ich an die Tür und trete ein.

„Dr. Robertsen hat sich also doch noch entschieden uns mit ihrer Anwesenheit zu beehren.“ Christien sieht mich funkelnd an.

„Es tut mir leid Dr. O’Connor, aber wir haben einen Notfall rein bekommen. Sie sollten doch wissen, das das Wohl der Patienten oberste Priorität hat.“ Ich lege meinen Kopf schief, beiße mir auf die Unterlippe und er nickt mit zusammen gepressten Lippen.

„Setz dich.“ Sagt er kalt „Wir haben gerade die Vorgeschichte besprochen.“ Er schiebt eine Akte über den Tisch, die kurz vor mir liegen bleibt.

Dann besprechen wir unser Vorgehen und ich stelle mich auf einen harten Tag im OP ein… Immer wieder kaue ich auf meiner Unterlippe und lausche dem, was mich morgen erwartet.

„Elizabeth? Kann ich dich noch kurz in meinem Büro sprechen?“ Christien sieht mich ernst an, als wir fertig sind und uns alle erheben.

„Aber sicher Dr. O’Connor.“ Gebe ich betont lässig zurück.

„Dr. O’Connor, Bambi ist vielleicht nicht immer ganz pünktlich, aber sie stellt eben das Wohl ihrer Patienten über Termine.“ Nimmt mich Will in Schutz und ich grinse.

„Danke Will.“ Christien nickt ihm zu und wir betreten den Flur.

Sein Büro liegt am Ende des Ganges und ich folge ihm, ich werfe Will einen dankbaren Blick zu und betrete Christien sein Büro.

Er schließt die Tür und verriegelt sie. Er schließt auch die Jalousien und kommt langsam auf mich zu.

„Ich habe dich gebeten das zu lassen.“ Er sieht mich mit lästernden Augen an und ich merke, dass ich schon wieder auf meiner Unterlippe herum kaue.

„Es tut mir leid Dr. O’Connor.“ Sage ich leise und weiß, dass sich das nicht nach einer Entschuldigung, sondern eher nach einer Herausforderung anhört.

Er ist mit zwei großen Schritten bei mir und zieht mich in seine Arme.

Er küsst mich und ich fahre durch seine Haare. Er zieht mir meinen Kasak über den Kopf und öffnet meinen BH, er beugt sich runter und saugt an meinen Brustwarzen.

„Gott. Chris.“ Stöhne ich.

„Psst.“ Er schiebt mir seinen Zeigefinger in den Mund und ich sauge daran.

Er öffnet das Band meiner Hose und sie rutscht über meine Hüfte. Ich stiege aus ihr raus und ziehe mein Höschen aus. Er legt mich über seinen Schreibtisch und die Holzplatte ist kalt an meinen Brüsten.

Ich höre wie er den Reißverschluss seiner Jeans öffnet und er legt mir eine Hand auf den Mund, ehe er hart in mich eindringt und ich schlucke.

Wow, ich glaube er ist wütend…

Aber warum und worauf kann ich nicht sagen. Er nimmt mich hart und ich schließe meine Augen. Bevor ich meinen Höhepunkt erreichen kann, zieht er sich aus mir zurück und ich atme schwer. Dieses Spiel spielt er noch zwei weitere Male und ich flehe ihn stumm an. Dann kommt er und ich bleibe unbefriedigt zurück.

„Willst du mich bestrafen?“ ich ziehe mir meinen BH, mein Höschen und meine Arbeitssachen wieder an.

„Gut erkannt Baby.“ Er grinst boshaft.

„Was habe ich dir denn getan?“ ich sehe ihn funkelnd an.

„Du hast mich vor meinen Kollegen in Frage gestellt.“ Erwidert er und zuckt mit den Schultern.

„Habe ich nicht und das sind auch meine Kollegen.“ Gebe ich gereizt zurück.

Ich bin unbefriedigt und bockig…

„Ich weiß, sie setzen sich ja sehr für dich ein.“ Er sieht mich dunkel an.

„Sie wissen, dass ich niemals absichtlich zu spät kommen würde.“ Erwidere ich trotzig.

„Du willst also kommen Baby?“ er fährt mit seiner Hand am Bund meiner Hose entlang und mir stockt der Atem.

Was spielen wir hier?

Dr. Jackyl und Mr. Hyde?

Ich sehe ihn mit großen Augen an.

„Ich verstehe das mit dem Bambi immer mehr.“ Er lächelt und seine Hand fährt unter meinen Slip. Sanft umkreist sein Zeigefinger meinen Kitzler und ich ziehe scharf Luft ein.

Im nächsten Moment dringt er mit dem Finger in mich ein und ich muss mich an der Kante seines Schreibtisches fest halten.

Nun streicht seinen Daumen sanft über mein Lustzentrum und ich bekomme kaum Luft.

Ein Stöhnen entweicht mir und er presst seine Lippen hart auf meine.

Er schiebt einen zweiten Finger in mich und ich merke wie sich ein Orgasmus zusammen braut.

Ich stöhne verhalten in seinen Mund und seine Bewegungen werden schneller. Ich merke wie mein Körper unter seinen Berührungen zuckt und halte mich an ihm fest. Als ich meine Augen öffne lächelt er mich an.

„Ich hoffe ich habe sie jetzt zufrieden gestellt Dr. Robertsen.“ Er küsst mich sanft und ich nicke benommen.

Ich ziehe mich wieder an, er öffnet die Jalousien und entriegelt die Tür. Als wir in den Flur hinaus treten, kommt Will gerade aus Mirandas Büro.

„Komm bitte morgen nicht zu spät Elizabeth.“ Sagt Christien und ich nicke, immer noch benommen von dem, was vor ein paar Minuten in seinem Büro passiert ist.

„Kopf noch dran Bambi?“ Will tritt neben mich in den Fahrstuhl.

„Ja.“ Antworte ich fahrig und er sieht mich einen Moment verwirrt an.

„Angst vor der OP morgen?“ fragt er vorsichtig und ich nicke.

„Etwas.“ Gebe ich zu.

Wenn er meinen verwirrten Allgemeinzustand darauf schieben will, dann ist mir das nur Recht.

„Brauchst du nicht. Hey Bambi, du bist gut.“ Er nickt mir aufmunternd zu und wir halten im 2. Stock, wo er aussteigt.

„Mach dir nicht zu viele Gedanken.“ Er zwinkert mir zu und ich fahre ins Erdgeschoss.

Der Rest der Schicht ist ruhig und ich schaffe es mit Olivias Hilfe meine liegen gebliebenen Akten aufzuarbeiten.

Ich beschließe Christien heute nicht noch einmal zu sehen, ich muss für die OP morgen ausgeruht sein…

Tatsächlich liege ich schon um 9 Uhr abends im Bett und starre an meine Zimmerdecke.

Ich denke an Christien und seine Hände auf meinem Körper, sofort durchfährt mich ein wohliger Schauer.

Mein Handy klingelt und Dean steht auf dem Display, ich atme tief durch und gehe ran.

„Hallo Bruderherz!“ melde ich mich fröhlich.

„Hey Lieblingsschwester!“ kommt es von ihm ebenso fröhlich.

„Na, was machst du?“ ich höre an seiner abgehackten Stimme das er irgendwo entlang geht. Wahrscheinlich ist er mit dem Familienhund Betty draußen.

„Ich liege im Bett und versuche zu schlafen.“ Ich grinse und stelle mir sein entsetztes Gesicht vor.

„Im Bett? Hast du mal auf die Uhr geschaut?“ lacht er.

„Ja habe ich. Ich habe morgen eine große OP und muss ausgeschlafen sein.“ Wehre ich mich grinsend „Und du bist mit Betty draußen?“

„Ja, ich genieße das herrliche Wetter und brauche mal zwei Minuten Ruhe vor Amy und Luke. Wir waren heute am Strand und man sollte meinen, die Zwei sind müde. Pustekuchen, die legen das Haus in Schutt und Asche.“ Erklärt er mir theatralisch.

„Die beiden sind 4.“ Lache ich.

„Du hast ja keine Ahnung.“ Erwidert er ebenso lachend „Und wie läuft die Arbeit mit O’Connor?“

„Gut, wir kommen miteinander aus.“ Gebe ich zurück und merke wie mir die Röte ins Gesicht schießt.

„Das ist gut Elle, echt. Ich bin froh, das du das so gut auf die Reihe bekommst.“ Lobt er mich. „Hast du Noah schon gesagt, das ich komme?“

„Aber sicher, er ist ganz aus dem Häuschen.“ Kichere ich „Wir werden am Samstag auf jeden Fall die Stadt unsicher machen.“ Verspreche ich ihm.

„Ich freue mich echt auf das Wochenende bei dir.“ Er atmet tief durch „Schlaf schön Schwesterchen, ich bin wieder in Sichtweite des Hauses. Hab dich lieb!“ er schickt mir einen Kuss durchs Telefon.

„Ich dich auch! Grüß mir alle ganz lieb und sag Charlie, das ich sie am Wochenende anrufe.“ Ich schicke ihm ebenfalls einen Kuss und er legt lachend auf.

Dann endlich finde ich meinen so dringend benötigten Schlaf und bin am nächsten Morgen noch vor meinem Wecker wach. Es wäre eine Katastrophe heute zu verschlafen…

Um kurz nach 6 Uhr klingelt mein Handy, ich sprinte von der Haustür an der ich gerade angekommen bin, hin zum Handy, welches auf meinem Nachtschrank liegt.

„Robertsen.“ Melde ich mich und ziehe meine Turnschuhe an.

„Guten Morgen Baby! Ich wollte nur sicher gehen, das du nicht wieder verschläfst.“ Ertönt Christiens Stimme und ich grinse.

„Vielen Dank Dr. O’Connor. Ich bin schon wach und werde gleich joggen gehen.“ Gebe ich übertrieben freundlich zurück und er lacht leise.

„Das ist gut. Wir sehen uns nachher. Bis dann Baby!“ ich kann förmlich hören wie er grinst.

„Bis später Chris.“ Ich lege auf und binde mir meine Pulsuhr um.

20 Minuten später bin ich nach meinem Sprint wieder zu Hause und springe schnell unter die Dusche, ehe ich mich auf den Weg in die Klinik mache.

Ich parke gut gelaunt und Christien fährt auf den Parkplatz, als ich ihn gerade verlasse. Ich betrete das Krankenhaus heute mal durch den Haupteingang und hole meine Post ab. Einmal die Woche muss ich das machen, ansonsten stapelt sich die Post. Ich überfliege meine Briefe und stecke sie in meine Umhängetasche.

Als ich auf den Knopf für den Fahrstuhl drücke, stellt sich Christien neben mich.

„Guten Morgen Dr. O’Connor.“ Sage ich freundlich.

„Guten Morgen Elizabeth.“ Erwidert er und ich grinse in mich hinein.

Wir sind nicht allein im Fahrstuhl und ich merke wie Christiens Blick über mein enges Polo Shirt streift und an meinen Beinen, die in einem kurzen Jeansrock stecken. Hängen bleiben.

„Einen schönen Tag!“ die junge Frau die mit uns im Fahrstuhl fährt, steigt im 2. Stock aus und ich lächle sie an.

„Ihnen auch.“ Erwidere ich freundlich.

Die Fahrstuhltüren schließen sich und Christien steht plötzlich vor mir.

„Guten Morgen Baby!“ er küsst mich innig und ich schließe meine Augen.

„Chris…“ wehre ich mich halbherzig.

„Was glaubst du? Das ich dich jetzt hier im Fahrstuhl nehme?“ er grinst mich an und ich erwidere es „Glaub mir, wenn ich so könnte wie ich wollte.“ Er zwinkert mir zu. „Nein Baby.“ Er küsst mich erneut „Ich wollte deine Lippen auf meinen spüren, bevor dieser lange Tag anfängt.“ Erklärt er mir und streicht mir eine Strähne hinters Ohr. „Wie sehen uns später Baby!“ die Fahrstuhltüren gleiten lautlos auf und er geht in Richtung seines Büros, während ich in die Umkleideräume gehe.

Elin hatte Nachtschicht und sieht mich müde an.

„Oh man, ich sehne mich so nach meinem Bett.“ Sie gähnt herzhaft.

„Schlaf schön!“ ich hauche ihr einen Kuss auf die Wange.

„Was bist du denn so gut gelaunt?“ sie sieht mich lächelnd an.

„Nur so, das Wetter ist toll und ich habe diese unglaubliche OP heute.“ Ich strahle sie an.

„Na, wenn man nur das braucht um dich glücklich zu machen.“ Sie schüttelt leicht den Kopf „Viel Glück Elle!“ wünscht sie mir und ich ziehe meine hellblaue Arztkleidung an.

„Danke Elin!“ ich winke ihr hinterher als sie raus geht.

Ich nehme mein Stethoskop, mein Pieper und mein Nameschild, binde mir meine Haare zu einem Pferdeschwanz hoch am Hinterkopf und mache mich auf den Weg in die Notaufnahme. Heute sind mit mir, alle 6 Ärzte auf Station, denn ich und einer weitere Kollegin werden an der OP teil nehmen und die anderen werden hier alles am Laufen halten. Zusammen mit unseren 4 Assistenzärzten sollte das nicht allzu schwer werden.

„Guten Morgen!“ ich strahle in die Runde.

„Wow Bambi. Was ist denn mit dir los?“ Noah lacht und nimmt mich in den Arm, bevor wir ins Arztzimmer gehen und den Plan für heute besprechen.

„Ich freue mich echt auf die OP.“ Ich reibe meine Hände.

„Wie sieht es bei euch aus?“ Christien kommt ebenfalls ins Arztzimmer und ich sehe ihn kurz an.

„Wir machen gerade die Besprechung.“ Erklärt Noah ihm und Christien setzt sich zu unseren Kollegen an den Tisch.

„Gut, ich fang dann mal an…“ ich gehe an die Tafel, auf der unsere Intensivpatienten vermerkt sind „Olivia übernimmt Mr. Smith in Zimmer 4. Wir haben gestern ja alles besprochen.“ Ich sehe zu ihr und sie nickt eifrig „In Zimmer 9 haben wir seit gestern 10 Uhr Jason Flynn, er ist 22 und wurde von einem Kleinlaster überfahren. Er ist an die Beatmung angeschlossen und sein Kreislauf ist milde ausgedrückt instabil. Alle 30 Minuten Kontrolle.“ Ich sehe zu Sheila, einer meine Kolleginnen und sie macht sich Notizen. „Miss Jones aus Zimmer 6 kann heute noch auf die Normalstation, vorher bitte noch ein neues Drogenscreening und alle Laborparameter durchchecken.“ Ich sehe zur Tafel. „Das war es von mir.“ Ich klatsche in die Hände und setze mich.

Noah übernimmt und verteilt die anderen Ärzte.

„… Bambi und Jo sind ab 10 Uhr im OP, ihr könnt sie nicht anpiepen und sie werden auch erst am Donnerstag wieder hier sein. Viel Glück Ladies.“ Er sieht erst mich und dann Joanne an und wir beide nicken dankbar.

„Dann entführe ich ihre beiden Kolleginnen jetzt. „Elizabeth? Joanne? Begleitet ihr mich zur Vorbereitung?“ Christien steht auf und ich und Jo folgen ihm.

Wir haben eine Besprechung mit allen 14 Ärzten die an der, auf 22 Stunden fest gesetzten, OP teil nehmen und ich merke wie immer nervöser werde.

Dann geht es endlich los, wir schlüpfen in unsere grünen OP Kittel und ich ziehe meinen Mundschutz an. Ich atme tief durch und wasche meine Hände und Unterarme. Der erste Teil, an dem ich maßgeblich beteiligt bin, verläuft Reibungslos und anschließend übernehmen andere Kollegen, ich bin erst wieder etwas später dran und setze mich in die Galerie. Von dort aus kann ich meine Kollegen beobachten und bekomme, die anderen Teilschritte der OP mit. Christien hat gerade angefangen und ich beobachte ihn. Er ist ruhig und konzentriert, seine Hände arbeiten gewissenhaft und ich bin erstaunt wie gut er wirklich ist. Dann muss ich wieder rein und ich weiß, es liegen mindestens 12 Stunden im Stehen vor mir…

Die Zeit vergeht schnell, aber meine Beine tun weh und ich wünsche mir, mich endlich hinsetzen zu können.

Dann ist es vollbracht, der Patient ist Stabil und ich sehe auf die Uhr, tatsächlich ist es schon 12 Uhr am Mittwoch und ich merke, das ich dringend was zu Essen und zu Trinken brauche.

Vor den OP Sälen versammeln wir uns alle noch kurz und Christien bedankt sich bei uns allen.

„Sie waren gut Elizabeth, vielleicht sollten sie öfter in den OP.“ Christien grinst mich an.

„Ich denke darüber nach.“ Gebe ich zurück und reibe mir meine Oberschenkel.

„Gute Nacht alle zusammen! Wir sehen uns morgen zur Spätschicht.“ Christien sieht erneut in die Runde und ich fahre mit Will und Jo in die Umkleideräume.

Ich bin wirklich total erledigt und will nur noch ins Bett.

Mein Handy piept und ich fische es aus meiner Tasche.

- Nachricht C. O’Connor – steht auf meinem Bildschirm und ich drücke auf das Briefsymbol.

 

Ich komme nachher zu dir. Ich bringe was vom Chinesen mit. Chris

 

Ich lächle, obwohl ich todmüde bin, ich freue mich auf ihn und vor allen Dingen auf etwas vom Chinesen.

Ich liebe chinesisches Essen.

Ich gehe auf antworten.

 

Bring mir bitte unbedingt gebackene Wan Tan mit, ich sterbe fast vor Hunger. Elle

 

Ich drücke auf senden und schlüpfe in meinen Jeansrock.

„Du warst wirklich gut Elle, du solltest mit Will sprechen, ob du nicht mehr in den OP kannst…“ Jo sieht mich an und ich nicke zaghaft.

„Ich will in der Notfall- und in der Intensivmedizin bleiben.“ Erkläre ich ihr.

„Kannst du doch, aber du bist noch so wahnsinnig jung. Es sagt keiner du sollst wechseln, aber schau es dir an. Kardiochirurgie würde dir glaube ich gut liegen.“ Sie lächelt und ich erwidere es.

„Ich lass es mir durch den Kopf gehen.“ Sage ich sicher und ziehe mein Poloshirt über. „Wir sehen uns morgen.“ Ich winke ihr zu.

„Wir haben endlich mal wieder Dienst zusammen.“ Sie strahlt „Meinst du Noah kommt ohne dich klar?“

„Muss er wohl.“ Gebe ich zurück „Schlaf schön!“ ich verlasse die Umkleide und fahre mit dem Fahrstuhl nach unten. Noah ist noch Mitten in seinem Tagdienst und ich sage ihm kurz Gute Nacht.

Ich fahre nach Hause und reibe mir ständig die Augen, ich bin wirklich müde und das ist eines der Anzeichen, das ich nicht mehr kann. Das kenne ich aus meinen 24 Stunden Diensten, erst brennen die Augen, dann Schmerzen die Gelenke und dann geht gar nichts mehr…

Endlich zu Hause lasse ich mich auf die Couch fallen und reibe mir meine Oberschenkel. Sie brennen vom langen Stehen und ich merke wie müde ich wirklich bin. Ich bin fast schon auf der Couch halb liegend eingeschlafen, als das Klingeln an der Tür mich aufschrecken lässt.

Ich betätige den Summer und öffne die Tür einen Spalt, ein paar Minuten später steht Christien in der Tür und hält die Tüte vom Chinesen hoch.

„Hunger?“ er grinst mich an.

„Du hast keine Ahnung.“ Ich reibe mir den Bauch.

Draußen scheint die Sonne, ich schnappe mir die Tüte und trete vor ihm auf die Terrasse.

„Picknick?“ er lächelt und setzt sich zu mir auf den aufgeheizten Steinfußboden.

„Ja.“ Ich grinse und er holt eine Flasche Wein aus seiner Tasche.

„Um diese Uhrzeit?“ grinse ich und er nickt eifrig.

„Auf deinen Erfolg können wir uns ruhig ein Glas genehmigen. Apropos Glas. Wo sind deine Weingläser?“ er sieht mich fragend an und ich will mich erheben. Ich stöhne auf und reibe meine Beine.

„Sag mir doch einfach wo sie sind.“ Christien springt leichtfüßig auf und ich grummele.

„Küche, dritter Schrank, oben.“ Gebe ich zurück und er geht wieder rein.

Ich packe nun die Tüte vom Chinesen aus und als wir uns Wein eingeschenkt und angestoßen haben, da machen wir uns endlich übers Essen her.

20 Minuten später bin ich satt und zufrieden. Das Essen war ausgezeichnet und ich recke mein Gesicht der Sonne entgegen, während ich meine Beine ausstrecke.

„Komm, du gehörst ins Bett.“ Christien steht auf und zieht mich auf die Beine. Ich verziehe schmerzhaft das Gesicht.

„Warum bist du eigentlich so fit?“ ich sehe ihn strafend an und er lacht.

„Mein OP Teil war wesentlich kürzer.“ Er zwinkert mir zu und bugsiert mich ins Schlafzimmer.

Ich öffne meinen Jeansrock, er rutscht über meine Hüften und ich steige aus ihm raus, ohne weiter auf ihn zu achten. Ich ziehe mein Poloshirt über den Kopf und gähne herzhaft.

Christien zieht sich ebenfalls bis auf die Shorts aus und sieht mich prüfend an.

„Was immer in deinem Kopf herum spuckt, das kannst du so was von vergessen. Ich schlafe gleich im Stehen ein.“ Ich winke ab und er lächelt.

„Leg dich auf den Bauch.“ Sagt er und ich gehorche ihm. Ich sehe wie er eine kleine Flasche aus seiner Tasche holt und kurz darauf tropft eine Flüssigkeit auf meine Oberschenkel.

„Das ist Johanniskrautöl, es wirkt wahre Wunder.“ Erklärt er leise und beginnt meine Oberschenkel damit einzureiben, sanft, aber doch mit bestimmendem Druck und es tut so wahnsinnig gut.

Ich bin total entspannt und schlafe kurz darauf ein.

Es beginnt zu dämmern als ich aufwache, ich greife neben mich, aber der Platz ist leer. Ist es abends oder morgens?

Schlaftrunken stehe ich auf und schleiche durch meine eigenen Wohnung. Ich finde Christien im Wohnzimmer über seinem Laptop. Er hört mich nicht und ich betrachte ihn einen Moment. Im Schein des Monitors wirkt er älter und die tiefen Falten in seiner Stirn machen mir Sorgen. Er hat schon wieder sein weißes Hemd und seine Jeans an…

Hat er heute Vormittag nicht auch frei?

„Chris?“ flüstere ich leise und er sieht auf.

„Hey Baby, du sollst doch schlafen.“ Er sieht mich lächelnd an und die Sorgenfalten sind verschwunden. Ich erhasche einen Blick auf meine große Uhr in der Küche 6 Uhr morgens…

Die Tür zur Terrasse ist immer noch auf und ein angenehm kühler Windhauch kommt herein.

„Kommst du auch noch ins Bett?“ frage ich hoffnungsvoll.

„Nein, ich muss in 15 Minuten los.“ Er sieht auf die Uhr.

„Sehen wir uns am Wochenende?“ ich lehne mich an den Türrahmen und erneut sieht er auf.

„Ich muss schauen, wir bekommen nächste Woche Besuch vom Irish Health Gremium und ich muss mich vorbereiten.“ Er sieht wieder zu Uhr, stöhnt leise auf und klappt seinen Laptop zu. Ich kaue auf meiner Unterlippe und er sieht mich missbilligend an.

„Ich befolge nur deine Regeln…“ er kommt zu mir und nimmt mein Kinn in seine Hand, mit dem Daumen streicht er über meine Lippe und ich höre auf an ihr zu kauen. „Du wolltest keine Vertraulichkeiten, am Wochenende muss ich mich auf meine Arbeit konzentrieren. Du würdest nur rum sitzen und das wäre so etwas wie Vertrautheit.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Lippen. „Wir sehen uns in der Klinik.“

Ich sehe ihm schmollend hinterher und beschließe mir ein schönes Wochenende mit Elin und Noah zu machen…

Ich bin nicht auf Christien O’Connor angewiesen…

Der Rest der Woche vergeht ruhig und ich komme im Spätdienst gut klar. Am Samstag übernehme ich den Frühdienst, da ein Kollege von mir ausfällt und schlafe in der Klinik, weil es sich einfach nicht lohnt nach Hause zu fahren.

Ich mache es mir im Arztzimmer gemütlich und schalte den Fernseher ein. Ich denke einen Moment nach und nehme mein Handy zur Hand.

Ich tippe nur ein Einfaches:

 

– jetzt – Arztzimmer-

 

und schicke die SMS an Christien.

Es dauert nicht lange und mein Handy vibriert.

 

Ich bin schon zu Hause Baby.

 

Ich kaue wieder auf meine Unterlippe herum und lächle.

Na warte Christien O’Connor…

 

Gut, dann suche ich mir jemand anderen…

 

Ich schicke die SMS ab und mein Handy bleibt erstaunlicher Weise still.

Okay, er hat also keine Lust auf Spielchen.

Ich beziehe mein Kopfkissen und meine Bettdecke und schlüpfe im T-Shirt und in Shorts ins Bett um der Gameshow weiter zu folgen.

Plötzlich geht die Tür auf und Christien sieht mich strafend an.

„Wir haben einen Deal.“ Sagt er gefährlich leise und ich sehe ihn belustigt an.

„Siehst du hier einen anderen Mann?“ ich sehe mich demonstrativ um.

Er schließt die Tür hinter sich und dreht den Schlüssel im Schloss herum.

„Du bist zu weit gegangen Elizabeth Robertsen.“ Er kommt auf mich zu und zieht mich vom Bett hoch. Er küsst mich hart und unnachgiebig und ich schmecke seine Wut. Augenscheinlich mache ich ihn öfter wütend…

Er schubst mich aufs Bett und zieht mir meine Shorts aus, dann öffnet er seine Hose und dringt in mich ein. Einen Moment bleibt mir bei dieser Heftigkeit die Luft weg und mir treten Tränen in die Augen. Dennoch erfasst mich eine Welle der Lust und ich treibe dahin bis ich erlöst werde. Er kommt pulsierend in mir und ich sehe ihm in die Augen.

„Mach. So. Etwas. Nie. Wieder.“ Presst er heraus und ich schüttele meinen Kopf.

„Wir sehen uns Montag bei der Visite.“ Er küsst mich ein letztes Mal und verschwindet genauso schnell wie er hier aufgetaucht ist.

Warum will ich unbedingt, dass er bleibt?

Alles in meinem Kopf schreit, dass ich mich auf ein verdammt gefährliches Spiel eingelassen habe…

Nein, ich kann Gefühle und Sex trennen.

Ganz sicher.

Das mache ich ja schließlich schon länger.

Als ich zur Frühschicht antrete haben sich meine Bedenken verflüchtigt und ich bin mir sicher, die Sache mit Christien Händeln zu können.

Um 15 Uhr stehen Elin und Noah auf dem Parkplatz und erwarten mich, wir machen uns heute einen Nachmittag am Strand und wollen dann schön Essen gehen.

Tatsächlich tut der Strand richtig gut und ich bekomme sogar ein wenig Farbe, das Essen ist der Wahnsinn und wir beschließen öfter zu dem neuen Italiener zu gehen.

Der Sonntag ist mein Lieblingstag, ich brauche mir nichts anderes als meinen Pyjama anziehen, wenn ich nicht will und ich kann alles tun wonach mir der Sinn steht. Ich telefoniere kurz mit Dean und er erklärt mir, dass er erst am Samstagmorgen hier sein kann.

Das macht mir nichts, ich freue mich viel zu sehr darauf, das er endlich Mal wieder kommt.

Am Montag, noch vor der Visite nimmt mich Will zur Seite und bietet mir an im OP mit zuarbeiten. Ich habe viel darüber nachgedacht und sage schließlich zu. Anfangs habe ich zwei feste OP Tage und dann sehen wir weiter. Ich habe das schon am Samstag mit Noah besprochen und er unterstützt mich. Ich muss meinen Weg finden…

Ich schaue auf die Uhr und mache mich auf den Weg ins Arztzimmer, plötzlich hält mich jemand fest und zieht mich ins Lager.

„Hey Baby.“ Christien grinst mich an und küsst mich sanft.

„Chris. Ganz ehrlich, das geht nicht.“ Ich mache mich von ihm los und sehe in sein besorgtes Gesicht. Fast muss ich lachen „Chris, wir sind hier im Lager, eine Schwester kann hier jederzeit rein kommen.“ Erkläre ich ihm lächelnd. „Ich hoffe du hast diese Woche ein wenig mehr Zeit für mich.“ Ich zwinkere ihm zu, drücke ihm einen Kuss auf die Lippen und gehe schnell raus.

Ich stelle mich zu den anderen einen Augenblick später kommt auch Christien.

Die Visite verläuft gut, wir können tatsächlich zwei Patienten auf Normalstation verlegen und haben so wieder ein wenig Luft zum atmen.

Am Dienstag habe ich meinen ersten OP Tag und es macht mir Spaß, auch wenn es etwas völlig anderes ist. Es fordert mich mehr raus, als ich dachte und Will ist ein geduldiger Mentor.

Am Abend fahre ich zu Christien und obwohl ich mir vorgenommen habe, nach dem Sex gleich wieder nach Hause zu fahren, liege ich in seinen Armen und wir sehen durch das Dachfenster in die Sterne.

„Baby?“ flüstert er und ich hebe leicht meinen Kopf.

„Hmm.“ Nuschele ich.

„Wann erzählst du mir, was in Crosshaven passiert ist?“ fragt er leise und ich setze mich auf.

„Ich muss jetzt los.“ Ich ziehe mir meinen BH an und schlüpfe in meine Shorts.

„Bitte bleib.“ Er sieht mich reuevoll an.

„Nein, ich halte mich nur an meine Regeln.“ Ich beuge mich über ihn und küsse ihn. „Wir sehen uns morgen.“ Ich ziehe mir auf dem Weg zur Tür mein T-Shirt über und fahre nach Hause.

Warum ist es für ihn nur so wichtig, zu wissen was passiert ist?

Ich will nicht darüber reden…

Der Rest der Woche plätschert so dahin, ich fahre fast jeden Abend kurz bei Christien vorbei und tatsächlich fahre ich sofort nach dem Sex nach Hause. Aber irgendwie fehlt es mir in seinen Armen zu liegen und ich hasse mich dafür…

Am Samstag bereite ich alles für ein Frühstück mit Dean, Elin und Noah vor. Wir treffen uns am Abend mit Christien in einem Club, aber ich muss Dean erst einmal langsam darauf vorbereiten… so ohne Vorwarnung kann ich ihn nicht auf Christien los lassen.

Zu viel Wut steckt noch in Dean und ich weiß was für ein Hitzkopf mein Bruderherz sein kann.

Als es klingelt springe ich auf und bin fast ein bisschen enttäuscht, als es nur Elin und Noah sind. Sie helfen mir bei den letzten Vorbereitungen und als es erneut klingelt stürme ich zur Tür.

„Dean!“ jubele ich und falle ihm um den Hals.

Er hebt mich hoch und klammere mich an ihn wie ein Klammeraffe.

„Du hast mir auch gefehlt, Kleine.“ Er drückt mir einen dicken Kuss auf die Wange.

„Du hast mir mehr gefehlt.“ Sage ich sicher und lasse von ihm ab.

„Hallo Dean!“ auch Elin nimmt ihn in den Arm und ich bringe seine Tasche ins Gästezimmer.

„Hey Noah!“ Dean freut sich sichtlich, das Elin und Noah hier sind und das Frühstück geht bis zum später Nachmittag.

„Wir gehen heute Abend ins Blue, ich sag dir, der Club ist der Hammer. Dann lernst du auch Christien O’Connor kennen.“ Noah strahlt Dean an.

„Ich kenne ihn.“ Gibt er zurück und sieht zu mir.

„Echt? Elle meint, sie hatte nichts mit ihm zu tun. Aber du müsstest ja mit ihm in einem Alter sein.“ Elin legt ihren Kopf schief.

„Nein, nicht ganz. Ich bin noch zwei Jahre älter wie er. Ich hatte mehr mit seinem Bruder Alexander zu tun.“ Er sieht zu Noah und setzt sein Pokerface auf. Ich danke ihm im Stillen dafür, denn Noah und Elin haben noch lange nicht aufgegeben, das Geheimnis zwischen mir und Christien ans Licht zu befördern.

„Wir mögen ihn jedenfalls. Ich bin mir sicher, du wirst ihn auch mögen.“ Noah nickt Dean zu und er erwidert es, wenn auch sehr verzögert.

„Ich bin gespannt.“ Er greift unter dem Tisch nach meiner Hand und drückt sie kurz.

Gegen 21 Uhr fangen Elin und ich an uns fertig zu machen und sage und schreibe 1 ½ Stunden später drehen wir uns vor Dean und Noah im Kreis.

„Was meint ihr?“ ich sehe erst zu Dean und dann zu Noah.

Ich trage einen engen, dunkelblauen Jeansrock im used Look, ein bauchfreies, schwarzes Top und eine durchsichtige, schwarze Bluse. Dazu habe ich meine Lieblingspumps an. Sie habe zwar einen 9 cm Absatz, aber sie sind so bequem… Meine Haare fallen in Wellen über meine Schultern und ich habe mich ein wenig geschminkt.

„Du siehst absolut heiß aus!“ Noah reckt den Daumen in die Höhe „Ich glaube, du musst dir heute Abend mal wieder einen Typen aufreißen.“ Er zwinkert mir zu.

„Mann Noah, du redest von meiner kleinen Schwester.“ Dean boxt ihn leicht und Noah lacht auf.

„Ich will nichts hören Noah Mitchell.“ Dean zieht warnend eine Augenbraue hoch.

„Und Elin… Hey, du bist wirklich eine Schönheit.“ Dean applaudiert ihr und sie macht einen Anstandsknicks.

Elin hat sich eine enge schwarze Hose von mir geborgt, dazu trägt sie ein knallgrünes, rückenfreies Top, das mit Paletten bestickt ist und funkelt. Ihre Haare hat sie hoch gesteckt und ihre grünen Augen funkeln.

„Können wir dann endlich?“ Dean steht auf und wir gehen alle in den Flur.

„Wer fährt?“ Noah sieht uns alle an.

„Na keiner… Taxi!“ Ich lächle und wir gehen runter und halten uns das erstbeste Taxi an.

Als wir vor dem Blue ankommen ist es voll und ich sehe Noah an.

„Scheint echt der Hammer zu sein.“ Ich deute auf die Schlange vor dem Eingang.

„Ja, kommt.“ Er zieht uns an der Schlage vorbei hin zum Türsteher.

„Hey Noah!“ begrüßt dieser ihn überschwänglich.

„Hey Brian! Wir stehen auf der Liste.“ Er nickt ihm zu und er nimmt eine Liste zur Hand.

„Ja, ich habe dich mit plus 4.“ Er sieht in die Runde.

„Ja, einer fehlt noch. Schreibst du Christien O’Connor auf? Ich sage ihm dann, er soll sich bei dir melden.“ Noah sieht ihn fragend an und er nickt.

„Klar doch. Viel Spaß!“ er öffnet das rote Satinabsperrband und lässt uns rein.

„Ich wusste gar nicht, dass du solche Kontakte hast.“ Ich lege den Arm um Noahs Taille.

„Spinn nicht, ich kenne Brian und Liam aus dem Fitnessclub. Liam gehört der Laden.“ Er schüttelt lachend seinen Kopf, wir betreten eine kleine Lounge bevor man den eigentlichen Club betritt. Es ist etwas ruhiger hier, verschiedene Sitzgruppe laden zum ausruhen ein und die blaue und rote Beleuchtung lässt alles in einem pinken Licht erscheinen. Von der Decke hängen weiße, dünne Vorhänge die im Schwarzlicht fluoreszieren, ich muss sagen, ich finde es Stilvoll und wirklich schön.

„Hey Noah!“ ein bullig aussehender Mann kommt auf uns zu und begrüßt Noah per Handschlag.

Ich sehe fragend zu Noah.

„Liam?“ stelle ich eher fest, als das ich frage.

„Ja…“ Noah lacht „Liam, darf ich dir meine Freunde vorstellen? Das sind Elin, Elle und Dean.“ Stellt er uns alle vor.

„Hallo.“ Er reicht jedem von uns die Hand „Noah Freunde sind auch meine Freunde.“ Er zwinkert Elin zu und ich sehe wie sie rot wird.

„Hey Leute!“ Christien kommt herein und begrüßt uns, er drückt Elin rechts und links ein Küsschen auf die Wange, er reicht Noah die Hand und kommt dann zu mir.

„Hey Baby!“ flüstert er mir ins Ohr und gibt mir einen Kuss auf die Wange.

„Hallo Chris.“ Erwidere ich.

„Dean.“ Christien mustert Dean kühl und dieser erwidert seinen feindseligen Blick.

„O’Connor.“ Dean nickt kaum merklich.

„Tja Liam und das ist Christien.“ Stellt Noah Liam nun auch Christien vor.

„Macht euch einen richtig schönen Abend. Sag doch an der Bar Bescheid, sie sollen eure Getränke nicht berechnen. Sag ihnen einfach Code gelb, dann wissen sie Bescheid.“ Er zwinkert Noah zu.

„Wow danke Liam.“ Noah schlägt mit ihm ein und Liam nickt uns zu.

„Wir sehen uns bestimmt noch.“ Er schenkt Elin einen langen Blick und geht dann wieder.

Wir gehen an die Bar und Noah bestellt für uns, ich werfe Dean einen langen Blick zu.

„Hör auf ihn so anzustarren… Bitte.“ Ich deute auf Christien.

„Es ist O’Connor.“ Er sieht mich kurz an.

„Ich weiß…“ ich lege meine Hand auf seinen Unterarm „Ich bitte dich Dean.“ Ich ziehe einen Schmollmund.

„Weil du es bist.“ Er nimmt mich in den Arm und haucht mir einen Kuss auf die Stirn, ehe wir unsere Drinks bekommen und anstoßen.

Dean und Christien werden nie die besten Freunde, aber so lange Dean Christien nur giftige Blicke zuwirft, solange kann ich damit leben. Elin und ich erobern die Tanzfläche und die Gratisgetränke versüßen uns den Abend.

Ich deute Elin an, das ich mal schnell zur Toilette gehe und deute auf Liam, der mit den Männern an der Bar steht.

Sie lächelt und geht zu ihnen rüber.

Ich muss natürlich vor der Damentoilette anstehen, ehrlich, ich hatte nichts anderes erwartet. Nachdem ich mich erleichtert und mein Make up aufgefrischt habe, will ich wieder zurück zu den anderen gehen.

Zwei starke Arme packen mich und drehen mich zu sich um, ehe ich weiß wie mir geschieht legen sich warme Lippen auf meine. Ich stemme meine Hände gegen die Brust, aber dann schmecke ich ihn und lege meine Arme um seinen Hals.

„Oh Baby.“ Haucht er mir ins Ohr und ich grinse ihn an.

„Das hätte ins Auge gehen können. Was hättest du gemacht, wenn ich Pfefferspray dabei gehabt hätte?“ ich grinse ihn an und gebe ihm einen weiteren Kuss.

Ich entdecke Dean hinter ihm und lasse Christien schnell los.

„Ich hoffe für dich, ich habe nicht das gesehen, was ich glaube gesehen zu haben O’Connor.“ Dean baut sich vor ihm auf und ich sehe zu den beiden hoch.

„Komm schon Dean…“ ich stemme meine Hände gegen seine Brust, aber er gibt nicht einen Zentimeter nach „… Dean!“ fauche ich ihn an.

„Hast du sie gerade geküsst O’Connor?“ Dean fixiert Christien und ich bete zu Gott, dass er nein sagt.

„Ja.“ Kommt es in diesem Moment von ihm und ich schließe kurz meine Augen.

Fast denke ich, ich täusche mich in meinem Bruder und wage es wieder meine Augen zu öffnen, aber dann holt Dean aus und haut Christien eine rein.

„Dean!“ ich zerre an ihm und er nimmt mich endlich zur Kenntnis. „Verdammt, lass ihn in Ruhe.“ Ich sehe zu Christien, der sich nicht einen Millimeter bewegt hat.

„Elle, tue dir das nicht ein weiteres Mal an.“ er schüttelt sachte den Kopf und fixiert Christien wieder.

„Nein, keine Angst…“ Ich zwinge Dean mich anzusehen „… Chris und ich haben einen Deal, nicht mehr und nicht weniger. Du weißt, ich bin gut in diesen Dingen.“

„Ich weiß…“ sagt er leise und sieht wieder zu Christien, ich folge seinem Blick.

Erst jetzt fällt mir auf, das Christien über seinem linken Auge blutet.

„Geh zu den anderen zurück. Ich versorge ihn und wir kommen nach. Halt deinen Mund Dean…“ beschwöre ich ihn.

Er nickt mir kurz zu und ich gehe zu Christien. Ich lege meine Hand auf seine Wange und er sieht mich durchdringend an.

„Ich besorge dir ein Pflaster.“ Ich will zur Bar gehen, aber er hält mich fest und zieht mich zurück.

„Warum ist Dean so wütend auf mich?“ er legt eine Hand unter mein Kinn und zwingt mich ihn anzusehen.

„Es ist lange her.“ Weiche ich aus und mache mich los.

Ich höre sein enttäuschtes Schnauben, ehe ich mich los mache und zur Bar gehe. Tatsächlich bekomme ich dort ein Pflaster und sogar etwas Jod. Ich bugsiere Christien zu einer der Sitzecken und versorge seine Platzwunde, ich glaube ich kann den Abdruck von Deans Ehering erkennen.

Oh man Dean…

Warum hast du dich so wenig unter Kontrolle, wenn es um mich geht?

Zu guter Letzt hauche ich Christien einen Kuss auf das Pflaster.

„Besser?“ frage ich leise.

„Hmm.“ Er nickt und küsst meine Fingerknöchel. „Darf ich dich um etwas bitten Baby?“

„Klar.“ Ich sehe in seine Augen und es liegt so viel Traurigkeit in ihnen.

„Erzähle mir endlich was los war.“ Bittet er mich eindringlich.

„Chris.“ Setze ich an.

„Nein Baby, entweder wir spielen mit offenen Karten, oder wir beenden das Spiel.“ Er sieht mich prüfend an.

„Lass mir Zeit.“ Ich küsse ihn sanft.

„Ich werde nicht ewig warten.“ Er zieht mich an meiner Hüfte ganz nah zu sich.

Ich nicke ganz zaghaft und er presst mich an sich. „Kommst du morgen Abend vorbei?“ fragt er hoffnungsvoll.

„Ich muss mich auf meinen Dienst auf der Kinderstation vorbereiten. Elin fliegt doch am Montag.“ Ich gebe ihm einen Kuss und er zieht einen Schmollmund. „Das zieht nicht O’Connor.“ Lächle ich.

Seine Hand wandert unter meine Bluse und er streichelt sanft über den Streifen nackter Haut, der zwischen meinem Rock und meinem Top ist. Ich stöhne leise auf.

„Wir kommen in Teufels Küche.“ Ich fahre mit meiner Hand ebenfalls unter sein Hemd und streiche über seinen Rücken.

„Die anderen suchen euch schon.“ Liam tippt mir auf die Schulter und ich kann gar nicht in Worten ausdrücken, wie froh ich bin, das es Liam ist und nicht einer der anderen.

„Danke Liam…“ wir stehen auf und ich versuche möglichst unbeteiligt auszusehen. „… Könntest du das hier…“ setze ich an und deute auf mich und Christien.

„Von mir erfährt keiner was.“ Verspricht er mir und ich nicke ihm dankbar zu.

Wir gehen zurück zu den anderen und Christien hat erst einmal zu tun, Elin und Noah seine Platzwunde zu erklären. Ich werfe Dean einen kurzen Blick zu, leere mein Glas und stürme dann die Tanzfläche.

Ich weiß nicht, wann ich nach Hause komme…

Ich weiß nicht, wie ich nach Hause komme…

Ich weiß nur, ich habe eindeutig einen oder zwei Cocktails zu viel getrunken.

„Wie geht’s?“ Dean sitzt auf meiner Bettkante und reicht mir ein Glas Wasser in dem eine Brauetablette vor sich hin sprudelt.

„Aspirin.“ Er deutet auf die Tablette und ich nicke. „Es tut mir leid wegen gestern Abend.“ Er sieht mich reuevoll an.

„Ich weiß…“ sage ich leise und leere das Glas in einem Zug. Ich kenne meinen großen Bruder lange genug.

„Aber…“ er nimmt meine Hand „Sei ehrlich zu dir Elle, du fühlst etwas für O’Connor.“ Er sieht mich fragend an und ich schüttele den Kopf.

„Nein Dean, Chris und ich sind uns einig. Keine Gefühle.“ Sage ich sicher.

„Okay, wie du meinst. Ich bitte dich nur: Sei vorsichtig, das Spiel, welches du spielst, ist gefährlich, verdammt gefährlich.“ Er zieht mahnend eine Augenbraue hoch.

„Ich weiß…“ ich nicke und schäle mich aus meiner Bettdecke. Ich trage ja noch immer meine Sachen von letzter Nacht.

„Ich war auch müde, ich hatte keine Lust dir die Kleider vom Leib zu reißen.“ Dean steht lächelnd auf.

„Ach so.“ ich winke ab und dränge mich an ihm vorbei ins Bad.

Nach einem ausgiebigen Brunch verabschiedet sich Dean schon wieder und ich bin traurig, dass die Zeit mal wieder so schnell vergangen ist.

„Charlie lässt übrigens fragen, wann du uns Mal wieder beehrst?“ Dean nimmt mich fest in den Arm.

„Ich weiß noch nicht, mal schauen wann ich meinen Urlaub nehmen kann.“ Ich lege meinen Kopf an seine Schulter.

„Pass auf dich auf Schwesterchen!“ er gibt mir einen Kuss auf die Stirn.

„Du auch auf dich.“ Erwidere ich und sehe ihm hinterher, wie er die Treppen runter steigt.

„Hab dich lieb!“ er schickt mir einen Handkuss.

„Ich dich auch.“ Rufe ich ihm hinterher und schließe meine Tür.

Mein Blick fällt auf meine Uhr, 16:34 Uhr blinkt mich rot an.

Mit einem Grinsen im Gesicht, reift in mir ein Plan. Ich weiß, ich habe Christien gesagt, ich habe heute keine Zeit, aber man wird sich ja wohl noch mal revidieren dürfen…

Ich ziehe schwarze Spitzenunterwäsche an, die mehr zeigt als sie verbirgt und ziehe nur ein einfaches Strandkleid drüber. Ich schlüpfe in meine FlipFlops und nehme meinen Autoschlüssel zur Hand.

Natürlich gleicht mein schwarzer VW Golf einer Sauna, ich setze mich erst 10 Minuten später hinters Steuer und fahre die 20 Minuten zu Christiens Haus.

Ich parke ein wenig weiter weg und laufe das letzte Stück. Vor seinem Haus parkt am Gehweg ein Jeep, aber da die ganze Straße voll geparkt ist und augenscheinlich gegenüber einer Party statt findet, denke ich mir nichts dabei.

Ich klingele und Christien sieht mich erstaunt an.

Bevor er etwas erwidern kann, schiebe ich ihn in seinen Flur und schließe die Tür. Ich ziehe mein Kleid mit einer Fließenden Bewegung über den Kopf und küsse ihn.

„Baby…“ setzt er an, ich lege ihm meinen Zeigefinger auf die Lippen und ziehe ihm sein T-Shirt aus.

„Baby, bitte…“ setzt er erneut an, aber ich ziehe ihn nur noch dichter zu mir und küsse ihn verlangend.

Wir kommen im Wohnzimmer an und ich will ihn gerade zur Couch schubsen, als mein Blick auf jemanden fällt, der bereits dort sitzt.

Ich stoße einen spitzen Schrei aus und lasse Christien los.

„Hallo Elle.“ Der Mann grinst mich an und ich halte meine Arme schützend vor meine Brust.

„Alex?“ ich sehe ihn fragend an und er nickt lachend.

Christien reicht mir sein T-Shirt und ich ziehe es schnell über.

„Komm mal her!“ Alex breitet seine Arme aus und ich lasse mich von ihm drücken. „Wie geht es dir denn? Du siehst ja bezaubernd aus.“ Er zwinkert mir zu und ich merke wie ich rot werde.

„Warum hast du denn nichts gesagt?“ ich schlage leicht nach Christien.

„Ich habe es versucht.“ Gibt er zurück. „Außerdem hast du gesagt, du hast heute keine Zeit.“ Er legt seinen Kopf schief.

„Habe ich auch eigentlich nicht, aber ich habe mir gedacht, es kann ja nicht schaden, mal kurz vorbei zu kommen.“

„Hey Chris, ich muss eh los. Ich habe noch 3 Stunden Fahrt vor mir und morgen habe ich einen Auftrag.” Alex sieht seinen kleinen Bruder an und dieser nickt langsam.

„Danke für alles.“ Er nimmt ihn in den Arm.

„Dafür nicht.“ Alex winkt ab.

„Bye, bye Elizabeth Robertsen…“ er gibt mir einen Handkuss „… Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder.“

„Vielleicht, Alexander O’Connor.“ Ich lächle und küsse ihn auf die Wange.

„Pass auf dich auf.“ Verabschiedet sich Alex genauso von seinem kleinen Bruder, wie sich Dean von mir verabschiedet hat.

„Mach ich.“ Christien nimmt ihn in den Arm „Bis bald.“

„Wir sehen uns!“ er winkt mir zu und ich grinse.

„Bis bald Alex!“ rufe ich ihm hinterher.

Christien winkt Alex noch zu, während er in seinen Jeep steigt und davon fährt. Dann dreht er sich zu mir um und schubst seine Tür ins Schloss.

„Der Auftritt war filmreif.“ Er küsst mich innig „Kann ich das noch mal sehen?“ er lächelt zaghaft.

Er hält mich an der Hüfte fest und ich ziehe sein T-Shirt wieder aus.

„Und wie sollte es weiter gehen?“ Christiens Augen schimmern fast schwarz und die pure Lust steht in ihnen geschrieben.

Ich bugsiere ihn zur Couch und er setzt sich, ich lasse mich ganz langsam auf seinem Schoß nieder und küsse ihn stürmisch.

„Gott Chris. Ich will dich jetzt.“ Raune ich ihm ins Ohr.

Als ob er darauf gewartet hat, hebt er mich an, setzt mich auf die Couch und zieht mir mein Höschen aus. Dann zieht er sich seine Jeansshorts und seine Boxershorts aus und dirigiert meinen Po an die Kante der Couch. Heftig dringt er in mich ein und meine Eingeweide ziehen sich aufs Köstlichste zusammen. Er gibt einen steten Rhythmus vor und ich werde eins mit ihm und komme ihm an den richtigen Stellen entgegen. Mit einer Hand massiert er sanft meine Brüste und mit der anderen mein Lustzentrum.

Ich komme… ich zerspringe in eine Million Einzelteile und löse mich auf, er hält mich fest, zieht mich weiter zu sich und erreicht auch seinen Höhepunkt. Ich sehe ihn an und ziehe ihn zu mir, um ihn zu küssen. Er zieht sich aus mir zurück und setzt sich neben mich und ich lehne meinen Kopf an seine Brust.

„Warum sprichst du mit mir nicht über Crosshaven?“ fragt er leise und ich merke wie sich meine Nackenhaare hoch stellen.

„Ich muss los.“ Ich stehe auf und ziehe mir meine Unterwäsche an.

„Komm her Baby.“ Er steht schnell auf und nimmt mich in den  Arm „Ich habe es verstanden.“ Er küsst mich innig. „Bleib heute Nacht bei mir. Bitte.“ Flüstert seine Stimme an meinem Ohr.

Ich nicke kaum merklich und wir gehen hoch ins Schlafzimmer.

Als wir im Bett liegen küsst Chris eine sanfte Spur von meinem Schlüsselbein hinunter zu meiner Hüfte. Er ist so zärtlich, das ich mich fühle wie Wachs in seinen Händen. Das ist das erste Mal, das wir so zärtlich und liebevoll zueinander sind, aber es fühlt sich auf unheimliche Weise richtig an…

„Alex kommt nächstes Wochenende. Wollen wir alle ins Blue?“ Chris küsst meine Stirn und ich nicke leicht.

„Bist du müde?“ fragt er leise und wieder kann ich nur nicken, die Kinder rauben mir die letzte Kraft und manchmal den letzten Nerv.

Mein Leben plätschert so dahin, der Sommer ist für irische Verhältnisse lang und super schön. Als Elin wieder da ist, fahren wir fast jeden Tag an den Strand und an den Wochenenden genießen wir das Dubliner Nachtleben. Ich bin genau da, wo ich hin will…

Alex kommt öfter vorbei und wie nicht anders zu erwarten, versteht er sich auch sehr gut mit Noah und Elin. Ich verbringe viel Zeit bei Chris, wenn wir nicht arbeiten müssen.

Mit Schrecken erkenne ich, das sich so etwas wie Vertrautheit zwischen uns einschleicht.

Es ist mittlerweile Ende Oktober, die Bäume tragen ein Kleid aus bunten Blättern und der Regen ist zurück in Irland…

Chris und ich sitzen in seinem Wohnzimmer und betrachten die große Eiche in seinem Garten.

„Willst du eigentlich irgendwann Mal eine eigene Familie?“ ich liege auf seiner Brust und höre sein Herz schlagen.

„Ich denke eher nicht. Was weiß ich schon von Familie? Meine Eltern haben sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert.“ Gibt er kalt zurück.

„Komm schon sieh mich an…“ bitte ich ihn und komme hoch „Du hast sie geliebt. Jedes Kind liebt seine Eltern, egal wie sie waren.“ Ich lege meine Hand auf seine Wange.

„Du hast tolle Eltern.“ Er schließt seine Augen.

„Aus dir und Alex sind wunderbare Menschen geworden, sie haben also nicht alles verkehrt gemacht und das was sie verkehrt gemacht haben, das kannst du irgendwann bei deinen Kindern wieder gut machen.“ Sage ich sanft.

„Mein Dad hatte nie Zeit für uns, er hat immer gearbeitet. Ich bin Chefarzt an einem riesigen Krankenhaus. Wie sollte ich denn anders werden?“ seine Stimme klingt verbittert.

„Weil irgendwann die richtige Frau kommt und dir zeigt wie es geht.“ Ich streiche über seine aufeinander gepressten Lippen.

Sein Gesicht entspannt sich und er sieht mich durchdringend an.

„Du hast Recht…“ flüstert er leise und als er seine Augen wieder schließt, da läuft eine einzelne Träne über sein Gesicht. „… ich habe sie geliebt.“ Gibt er zu und ich nehme ihn in den Arm und halte ihn einfach fest.

Dieses Geständnis hat ihm alles abverlangt und ich weiß, dass ich jetzt nichts sagen brauche. Er muss das erst einmal für sich selber auf die Reihe bekommen…

Egal wie Harold und Georgina O’Connor auch waren, sie waren Christiens Eltern und er liebte sie…

Ich habe jetzt drei OP-Tage und arbeite mehr in der Kardiochirurgie wie in der Intensivstation und der Notaufnahme.

Es liegt mir wirklich gut und ich lese mich immer weiter ein… Wer weiß, vielleicht wechsele ich wirklich noch.

Christien fragt mich immer wieder wegen den Geschehnissen in Crosshaven, aber ich habe mir geschworen, wenn ich ihm alles erzähle, dann lasse ich ihn hinter mir und irgendwie bin ich nicht bereit dazu.

Das was wir haben befindet sich in der Grauzone zwischen “einfach nur Sex“ und so etwas wie einer Beziehung.

Wie Dean mir schon vor Monaten prophezeit hat, ich spiele ein gefährliches Spiel und meine Gefühle kommen mir langsam aber sicher in die Quere.

Bin ich bereit, das was mir wegen ihm angetan wurde zu vergessen?

Kann ich mit ihm im hier und jetzt leben?

Ich weiß es nicht und es macht mich wahnsinnig…

„Kommst du heute Abend zu mir?“ Christien steht im Fahrstuhl hinter mir und flüstert mir ins Ohr.

„Ja.“ Ich nicke leicht, ich muss mich nicht umdrehen um zu wissen, dass er lächelt.

Ich fahre erst einmal nach Hause, mache mich frisch und ziehe mir neue Sachen an. ich hatte einen langen Tag im OP und bin völlig verschwitzt. Klar, ich könnte auch in der Klinik duschen, aber das habe ich noch nie gemacht.

Wie immer parke ich etwas abseits von seiner Straße und laufe das letzte Stück. Unentschlossen drehe ich den Schlüssel, den ich mittlerweile habe, in den Händen.

Wohin bringt dich das Elizabeth Robertsen?

Ich schließe schließlich auf und gehe in die Küche, da ich ihn von dort höre.

„Ich habe uns eine Kleinigkeit zum Abendessen gemacht.“ Verkündigt er stolz und deutet auf die Bratkartoffeln mit Hähnchen.

Wir setzen uns und essen in Ruhe.

„Du bist so still heute. Ist alles in Ordnung Baby?“ er sieht mich besorgt an.

„Ja, alles Okay.“ Ich winke ab.

Als er den Geschirrspüler einräumt trete ich von hinten an ihn heran und lasse meine Hände über seine Brust gleiten.

„Ich will dich.“ Raune ich ihm ins Ohr und ich muss es nicht ein zweites Mal sagen. Er dreht sich um, zieht mich fest in seine Arme und küsst mich gierig.

Er nimmt mich auf dem Tresen in der Küche und ich lehne mich etwas später schwer atmend zurück.

Er grinst nur und wir gehen zur Couch. Meine und seine Sachen liegen in der ganzen Küche verstreut, ich wickele mich in eine Decke ein und wir kuscheln uns aneinander.

„Hey Baby. Hast du mal wieder mit Dean telefoniert? Alex hat ihn letzte Woche getroffen. Er meint, er wird nicht sagen was los gewesen ist, das musst du alleine machen.“ Sein Mund ist ganz nah an meinem Ohr und ich bekomme eine Gänsehaut.

„Bitte nicht Chris.“ Flehe ich leise.

„Ich bitte Dich Baby, ich will es wissen. Wen soll ich sonst fragen? Soll ich vielleicht zu Dean gehen?“ fragt er zweifelnd.

„Nein.“ Ich schüttele leicht meinen Kopf. „Ich muss los.“ Füge ich schnell hinzu und stehe auf.

„Wenn du jetzt wieder einmal davon läufst, dann ist unser Deal beendet.“ Sagt er sicher, ich sehe ihn prüfend an und mir wird klar, dass er das gerade, wirklich Ernst meint.

„Okay.“ Ich versuche meiner Stimme einen gleichgültigen Klang zu geben und ziehe mir meine Jeans und meinen Pullover wieder über.

„Bist du sicher?“ Er zieht sich seine Shorts an und kommt zu mir.

„Ja.“ Ich nicke leicht und ziehe meine Turnschuhe an.

Er nimmt mein Gesicht in seine Hände und küsst mich zärtlich „Ich will mich nicht mehr dafür hassen müssen, dass ich will, was ich will.“

„Dafür hasst du dich?“ ich lege meinen Kopf schief „Weißt du, wie sehr ich dich gehasst habe?“ frage ich kraftlos.

„Nein, weil du mir nicht sagst, was los war.“ Er fährt sich durch die Haare.

„Ich habe gesagt, das das was ich zu sagen haben, das alles hier in Frage stellt, aber da du es beendet hast…“ ich atme tief aus und setze mich wieder auf die Couch „Was willst du wissen?“

„Du sagst es mir jetzt einfach?“ er ist erstaunt.

„Ja, unser Deal ist beendet, nach diesem Gespräch wird es so oder so, nur noch eine Dr. Robertsen und einen Dr. O’Connor geben. Mehr nicht, darüber waren wir uns einig.“ Ich starre auf meine ineinander verschlungenen Hände.

„Okay…“ sagt er langgezogen und setzt sich mir gegenüber auf den Couchtisch. „Also, was ist passiert?“

„Du bist gegangen…“ ich sehe ihm kurz in die Augen „… Eine Woche vor dem Frühlingsball. Ich habe mich von niemandem einladen lassen, weil es der erste Ball sein sollte, auf den wir zusammen gehen.“ Ich zucke mit den Schultern „Du kamst nicht, ich war alleine auf dem Ball. Claire Rochester hat mir ihr Glas Punsch über mein Kleid geschüttet und alle lachten mich aus. Bis zur letzten Minute hatte ich die Hoffnung das du kommst, aus lauter Verzweiflung erzählte ich irgendwann, das wir uns schon seit Monaten treffen…“ ich starre wieder auf meine Hände „Sie glaubten mir nicht. Natürlich glaubten sie mir nicht.“ Ich schnaube verächtlich „Als die Schule wieder los ging, musste ich zu Mrs. Stone ins Büro, sie legte mir Nahe, mir Hilfe im Bezug auf mein Stalker - Problem zu nehmen. Es wäre krankhaft so auf einen Junge besessen zu sein.“ Ich schlucke schwer und er streicht mit seinem Daumen über meinen Handrücken. „Tja, so ging es dann weiter, die erste Zeit versuchte Dean noch mich zu beschützen, aber er konnte ja schlecht 24 Stunden in einer Schule rum hängen, auf die er nicht mehr geht…“ ich sehe ihn an und er nickt leicht. „Ich vergrub mich in meine Bücher. Ich wurde zu keiner Party eingeladen, ich hatte keine Freunde mehr und ich fieberte dem Tag entgegen, an dem ich aus Crosshaven weg könnte. Meine Noten waren herausragend, ich bekam ein Stipendium für das Trinity College, aber das interessierte keinen. Ich war Elizabeth Robertsen, die durch geknallte Stalkerin, die nicht alle Tassen im Schrank hat. Die Leuten reden heute noch hinter meinem Rücken…“ ich schnaube leise „Es ist nicht zu fassen, ich wohne seit 10 Jahren nicht mehr da, aber immer noch reden sie hinter meinem Rücken. Ich will nie wieder dahin, es kostet mich alles an Überwindung, wenn ich meine Mum und meinen Dad besuche.“ Erkläre ich ihm.

Wir schweigen beide einen Moment.

„Es tut mir so leid Baby.“ Er will mich in den Arm nehmen, aber ich lege meine Stirn in Falten.

„Der Deal ist vorbei…“ ich stehe auf „Du wolltest die ganze Wahrheit? Du hast sie bekommen… Du hast unseren Deal beendet und ich gehe jetzt. Wenn wir uns bei Noah oder Elin sehen, sind wir Freunde, mehr wirst du nie wieder verlangen können…“ ich gebe ihm einen letzten Kuss. Unsere Lippen berühren sich nur ganz leicht und ich schlucke „Du hast es so gewollt.“ Ich nehme meine Sachen, drücke ihm seinen Schlüssel in die Hand und gehe zur Tür.

„Bleib Elle…“ bittet er mich inständig.

„Nein Chris, wir hatten einen Deal…“ ich ziehe die Tür ins Schloss.

Im Auto merke ich, wie ich zittere und lege meinen Kopf auf das Lenkrad.

Warum musste er mich so bedrängen, es ihm zu erzählen?

Warum musste er das, was wir hatten, einfach zerstören?

Die Vergangenheit ist die Vergangenheit, weil sie vergangen ist…

Ich betrete meine Wohnung und sehe mich um.

Hier liegen so viele Sachen von ihm… Da ein Hemd, da ein Ordner, selbst sein Laptop steht noch hier.

Ich packe alles in einen Karton und setze mich dann auf die Couch.

Das war ein gefährliches Spiel mit dem Feuer und ich habe mir richtig meine Finger verbrannt…

Verdammt, wie konnte das passieren?

Ich nehme mein Handy und rufe Dean an, er ahnt sofort was passiert ist.

„Wie geht es dir Kleine?“ fragt er besorgt.

„Es ging mir schon besser.“ Schluchze ich.

„Oh Elle, ich habe es befürchtet…“ er atmet tief ein „Und jetzt?“

„Keine Ahnung. Will hat mir gestern ein Angebot gemacht und ich bin wirklich am überlegen, ob ich es annehme.“ Gestehe ich.

„Was für ein Angebot?“ seine Stimme klingt unsicher und ich atme tief durch.

„Ich kann in Sydney in Australien an einem Projekt für Chirurgen teil nehmen.“ Sage ich leise.

„Wie lange?“ er atmet hörbar ein.

„6 Monate.“ Sage ich leise.

„Und du gehst?“ fragt Dean und ich weiß, er hofft auf ein Nein.

„Ja. Ich denke, ich werde gehen. Das ist die Chance meines Lebens. Ich brauche Abstand und ich muss mir endlich klar werden, was ich will.“ Erkläre ich ihm.

„Wann soll es los gehen?“ er klingt verzweifelt. Wieder einmal bin ich diejenige, die geht…

„Am 8. Dezember, aber am Montag fliege ich mit zwei anderen Ärzten und Will nach London. Wir werden 3 Wochen Theorie haben, bevor es los geht.“ Meine Stimme ist leise, aber klar und deutlich.

Gerade eben habe ich eine Entscheidung getroffen…

Ja, ich werde gehen, jetzt muss ich es nur noch Elin und Noah beibringen.

„Kommst du am 6. Dezember nach Crosshaven? Du weißt doch dieses Schul-Ding.“ Fragt er hoffnungsvoll.

„Ja, weißt du was… Ich werde kommen, das Wochenende zwischen London und Sydney werde ich frei haben.“ Ich stehe auf und gehe ans Fenster „Ich fahre freiwillig nach Crosshaven… Ich glaube, ich bin lange genug weg gelaufen…“

„Danke Sis.“ Sagt Dean leise „Mum und Dad werden sich freuen.“

„Ich weiß…“ ich betrachte die bunten Lichter Dublins „… Sag ihnen nichts, ich will sie mal angenehm überraschen.“

„Bevor du ihnen erzählst, das du zwei Tage später ans andere Ende der Welt gehst? Clevere Taktik.“ Ich weiß, dass er gerade grinst.

„Du kennst mich einfach viel zu gut.“ Tatsächlich lächle ich ein wenig.

„Ja… Ich kenne dich Elle.“ Fügt er traurig hinzu.

„Ich liebe dich, das weißt du, oder?“ meine Stirn ruht an der kühlen Fensterscheibe.

„Ja, das weiß ich. Ich liebe dich auch.“ Antwortet er leise. „Bis bald meine Kleine.“

„Bis bald.“ Damit lege ich auf.

Ich rufe Elin an und frage, ob sie Zeit für mich hat. Sie ist gerade bei Liam und wir verabreden und morgen Abend in einer kleinen Bar. Ich bitte sie Noah auch dorthin zu bestellen.

„Soll ich Christien auch anrufen? Oder rufst du ihn an?“ fragt sie aufgeregt.

„Ich muss das mit euch alleine besprechen.“ Gebe ich zurück.

„Oh.“ Ist ihr einziges Kommentar und ich lege auf, bevor ich in Tränen ausbreche.

Am nächsten Morgen bin ich zum Glück im OP und spreche anschließend mit Will.

„Das freut mich, dass du diese Chance wahr nimmst. Wir sagen es den Kollegen morgen auf der Versammlung. Dann sind mit dir ja 4 Ärzte weg und sie müssen sich was überlegen.“ Er sieht mich stolz an und ich nicke.

„Ja, die anderen müssen sich was einfallen lassen, um uns zu ersetzen…“ ich grinse und er erwidert es.

„Es ist wirklich toll Bambi, so eine Chance bekommt man nur einmal im Leben. Die weltbesten Chirurgen werden euch unterrichten…“ er sieht mich grinsend an „Du weißt, wir fliegen am Montag nach London. Erst die Theorie, dann die Praxis.“ Er sieht mich mahnend an.

„Ich weiß Will, deshalb will ich ja mit. Diese Chance ist einmalig und ja, ich bin mir bewusst, dass es am Montag los geht.“ Ich nehme seine Hand und drücke sie kurz.

Will war vor fünf Jahren schon Mal mit diesem Projekt in Sydney. Die Ärzte die damals daran teil genommen haben, gehören mittlerweile zur Weltelite. Normaler Weise beträgt die Wartezeit an die 6 Jahre, aber durch Will kann ich das alles umgehen und gehöre zu den 15 Chirurgen aus aller Welt, die von den besten Chirurgen ausgebildet werden.

Wow… alleine 3 aus Irland.

Das ist der Wahnsinn!

„Ich habe jetzt noch zwei OPs, dann ist für heute Schluss.“ Er zwinkert mir zu und ich grinse.

„Ich weiß, ich leite die beiden OPs.“ Ich gehe vor ihm her in Richtung der Operationssäle.

Relativ pünktlich parke ich vor dem Italiener und als ich das Restaurant betrete, da winkt mit Elin schon zu.

Ich gehe zum Tisch und sie nimmt mich in den Arm. Seitdem sie mit Liam zusammen ist, sehen wir uns nicht mehr sooft. Das ist nicht schlimm und ich gönne ihr das Glück mit Liam. Dieser hat sich nachdem wir mehrmals im Blue waren, als wahrer Gentlemen entpuppt und trägt Elin auf Händen.

Noah kommt kurz nach mir und sieht mich gespannt an.

„Hört zu…“ beginne ich und werde von dem Kellner unterbrochen, der unsere Bestellungen aufnimmt.

„Nun sag schon.“ Bittet mich Noah inständig, ich weiß wie schwer er sich damit tut, auf etwas zu warten.

„Ich werde am 8. Dezember für 6 Monate mit Will, Oliver und Elijah nach Sydney gehen. Am Montag fliege ich mit ihnen für drei Wochen nach London für die Theorie.“ Ich sehe beide an und Elin schlägt die Hände vor den Mund.

„Aber…“ setzt Noah an.

„Nein Noah, es gibt kein aber. Es ist beschlossen.“ Erkläre ich ihm und Elin schluchzt auf.

„Das ist am anderen Ende der Welt.“ Schluchzt sie.

„Ich weiß…“ ich zucke mit den Schultern.

„Hat es was mit Christien zu tun?“ Noah sieht mich durchdringend an.

„Nein…“ ich weiche seinem Blick aus.

„Leg endlich die Karten auf den Tisch, du gehst ans andere Ende der Welt. Sprich mit uns.“ Es ist keine Bitte, die da aus seinem Mund kommt und ich nicke ganz langsam.

„Ihr müsst mir versprechen, Christien ein wenig im Auge zu behalten, wenn ich weg bin.“ Ich sehe zu Elin und sie nickt zögerlich „Er ist euer Freund und das, was ich euch erzähle, sollte daran nichts ändern.“

„Versprochen.“ Sagt Noah sicher und ich sehe ihn prüfend an.

„Ehrlich, es ist mir wichtig.“ Wiederhole ich.

Christien hat genug Menschen in seinem Leben verloren, er hat Freunde hier und so soll es auch bleiben…

Der Kellner bringt uns unsere Bestellungen und ich sehe in Noahs und Elins Gesicht.

Es gibt kein zurück mehr…

„Chris und ich kennen uns aus Crosshaven…“ ich sehe auf und Noah lächelt.

„Ganz auf den Kopf gefallen sind wir nicht.“ Gibt er zu.

„Wir waren ein Paar, als ich 17 und er 19 war. Aber wir durften uns nicht einfach Öffentlich zeigen. Sein Dad war Bürgermeister und ich „“nur“ die Tochter eines Farmers.“ Ich zucke mit den Schultern „Wir haben beschlossen es zum Frühlingsball an unserer Schule öffentlich zu machen, aber zwei Wochen vorher verschwand er. Sein Dad hatte ihm ein Ultimatum gestellt… Sein Erbe oder ich.“ Ich sehe zu Elin und sie sieht mich bestürzt an „Er hat sich für sein Erbe entschieden und ich war allein. Ich habe irgendwann von unserer Beziehung erzählt, aber niemand hat mir geglaubt. Sie haben mit unterstellt, ich sei eine Stalkerin und würde mir das alles nur ausdenken. Seit dem Tag war ich ihrem Spott jeden Tag aufs Neue ausgesetzt und quälte mich durch meine letzten drei Schuljahre. Ich ging mit meinem Stipendium hierher ans Trinity und habe versucht zu vergessen…“ ich sehe zu Noah und er nimmt meine Hand „Das hat wirklich gut funktioniert, bis er aufgetaucht ist und alles aufgewühlt hat.“ Ich seufze „Ich habe mich auf ein Spiel mit dem Feuer eingelassen und ich habe mich verbrannt.“ Ich schließe kurz meine Augen.

„Du und Chris?“ erahnt Noah und ich nicke leicht.

„Ja, seit Juni.“ Gestehe ich „Nur Sex, keine Gefühle.“

„So wie immer.“ Elin sieht zu mir und ich nicke.

„Es klappte nicht?“ Noah sieht mich mit einem durchdringenden Blick an.

„Nein, offensichtlich nicht.“ Gebe ich zu und versuche zu lächeln. „Ich muss weg von hier. Ich brauche wieder einen klaren Kopf.“ Ich wische mir über die Augen. „Niemals erfährt Chris hiervon etwas, oder wie waren die längste Zeit Freunde.“ Ich sehe beide an und sie nicken sofort.

„Danke.“ Ich nehme mein Weinglas in die Hand und trinke einen Schluck.

„Das Wochenende bevor ich los fliege bin ich in Crosshaven.“ Sage ich nach einer Weile.

„Wird das ein Rachefeldzug?“ Noah scheint den Schock verarbeitet zu haben und grinst mich an.

„Nein…“ ich lache leise „Ich will meine Eltern noch mal sehen und ich muss es ihnen sagen.“ Gestehe ich „Ich glaube, ich werde der Versuchung, jemanden auf der Bühne einen Eimer Schweineblut über den Kopf zu kippen, gerade so widerstehen können.“

„Carrie.“ Lacht Noah und ich stimme mit ein.

„Ihr seid ekelig.“ Elin schüttelt sich.

„Das ist ein Klassiker.“ Sagen Noah und ich wie aus einem Mund.

„Was soll ich ein halbes Jahr lang ohne dich machen?“ Elin wird plötzlich traurig.

„Du hast Liam.“ Ich winke ab „Ich werde zurück kommen, versprochen.“

„Versprich es lieber nicht, wir wissen doch alle wie viele direkt von da aus abgeworben werden.“ Tränen stehen in ihren Augen.

„Bitte nicht Elin, ich komme wieder.“ Ich nehme ihre Hand.

Noah wechselt geschickt das Thema und es wird noch ein richtig schöner Abend.

Am nächsten Morgen stehe ich mit Will und Noah vor dem Konferenzraum und ich habe ein mulmiges Gefühl im Magen.

„Bereit?“ Will sieht mich an und ich lächle.

Wir treten ein und ich setze mich neben Elin, die schon da ist. Sie drückt grinsend meine Hand und ich erwidere den Druck.

Christien kommt auf den letzten Drücker und unsere Blicke treffen sich kurz. Er sieht müde und fertig aus, aber in den letzten Tagen hatte er auch allerhand um die Ohren.

„Bevor ich zu den Quartalzahlen komme, übergebe ich kurz an William.“ Er setzt sich an den großen Tisch und Will steht auf.

„Wie einige von euch wissen, werde ich mit ein paar ausgezeichneten Chirurgen im Dezember mal wieder Sydney fliegen. Sie werden dort zu den Spitzenchirurgen, die sie sein können unter den Augen der besten Chirurgen der Welt. Ich bin unheimlich stolz, dieses Mal gleich drei meiner jungen Kollegen mit nehmen zu dürfen. Es scheint, als habe ich meine Arbeit als Ausbilder hier richtig gut gemacht…“ er sieht in die Runde und einige lachen leise. Will ist wirklich ein ausgezeichneter Ausbilder…

„Jedenfalls freue ich mich in diesem Jahr mit  Dr. Elijah McEwans, Dr. Oliver Wright und Dr. Elizabeth Robertsen nach Sydney fliegen. Ab Montag sind wir drei Wochen in London und gehen die Theorie mit den Teilnehmern aus Europa durch. Danke.“ Er setzt sich und ich spüre Christiens Blick in meinem Rücken.

„Dr. O’Connor, fahren sie mit den Quartalszahlen fort?“ Miranda sieht zu ihm und als ich mich umdrehe, da starrt er mich mit einem verletzten Blick an. Er fängt sich und beginnt die Zahlen vorzulesen.

Dann ist die Besprechung vorbei und ich stürme mit den anderen aus dem Raum.

„Elizabeth?“ Christiens Stimme ist schneidend und ich drehe mich um.

„Was kann ich für sie tun Dr. O’Connor?“ frage ich höflich.

„Ich möchte dich sprechen. Jetzt.“ Er deutet auf sein Büro.

„Will, ich bin in 10 Minuten im OP.“ Rufe ich Will hinterher.

„William, fang ohne sie an.“ sagt Christien kühl und bugsiert mich in sein Büro.

„Was ist dein Problem?“ ich schüttele seine Hand ab.

„Was mein Problem ist? Du kannst nicht nach Sydney gehen.“ Er fährt sich durch die Haare.

„Ich werde aber gehen, ich habe heute Morgen unterschrieben und Miranda hat es abgezeichnet.“ Ich verschränke die Arme vor der Brust.

„Wem willst du was beweisen?“ er sieht mich müde an.

„Mir selbst.“ Gebe ich zu „Ich will mir beweisen, dass ich eine exzellente Chirurgin bin.“

„Du weißt, du musst nicht gehen.“ er kommt auf mich zu, aber ich mache einen Schritt zurück.

„Ich will gehen und ich werde gehen.“ Sage ich sicher.

„Ich bitte Dich Elle… Ich…“ setzt er an.

„Was O’Connor? Was?“ meine Stimme wird lauter und er sieht mich hilflos an. Er schweigt und ich nicke langsam.

„Gut… ich gehe jetzt zu meiner OP. Ich gehe mal fast davon aus, dass es sich nicht vermeiden lässt, dass wir uns am 6. in Crosshaven sehen. Sie werden den Superchirurgen und Chefarzt ja mit Sicherheit eingeladen haben.“ Meine Stimme trieft vor Sarkasmus.

„Dich haben sie doch auch eingeladen, oder?“ er sieht mich fragend an.

„Nicht direkt, Dean sollte es mir ausrichten...“ Ich lache abwertend „… Hat er getan.“ Füge ich hinzu.

„Und du fährst tatsächlich hin?“ er sieht mich fragend an.

„Ja, ich muss meiner Mum und meinem Dad  ’Auf Wiedersehen’ sagen.“ Ich atme tief durch „Bye Dr. O’Connor.“ Ich trete in den Flur und gehe in Richtung Fahrstuhl.

Ich fahre in den OP und Will hat auf mich gewartet, er sieht mich fragend an und ich zucke kurz mit den Schultern, ehe ich mich der Patientin widme.

Samstag und Sonntag habe ich Frei bekommen und Miranda nimmt mich tatsächlich in den Arm.

„Komm mir ja wieder.“ Sagt sie mütterlich und ich nicke lächelnd.

„Ich gebe mein Bestes.“ Verspreche ich ihr.

„Wir sehen uns am Abend bevor ihr fliegt, wir müssen euch ja verabschieden.“ Ich lächle sie an und sie nickt lebhaft.

„Ich habe schon vor meinen Kollegen angegeben, es ist das erste Mal seit 20 Jahren, dass 3 Ärzte und Ärztinnen von einem Krankhaus ausgewählt wurden.“ Erzählt sie stolz.

„Danke Miranda.“ Ich winke ihr zu und gehe zu meinem Auto.

Noah und Elin wollen mich heute Abend ins Blue entführen und ich freue mich auf einen unbeschwerten Abend. Ich will mal wieder richtig tanzen und mal einen Abend nicht an Christien denken…

So ungern ich es zugebe, er fehlt mir…

Mir fehlt nicht nur der Sex, nein mir fehlt es mit ihm auf der Couch zu sitzen und mich an ihn zu kuscheln.

Warum lässt eine erwachsene Frau mit einem halbwegs gesunden Menschenverstand es zu, dass derselbe Mann ihr zwei Mal das Herz bricht?

Keine Ahnung, aber das Risiko war mir bekannt…

Da muss ich jetzt wohl durch.

Ich mache mich extra chic und ziehe mein neues Kleid, welches ich mir letzte Woche mit Elin gekauft habe, an. Es ist weinrot und schmeichelt meiner Figur. Dazu einen schwarzen, kurzen Blazer und meine Lieblingspumps.

Elin und Noah sind pünktlich und natürlich müssen wir nicht anstehen, wir werden gleich rein gewunken und Liam begrüßt Elin mit einem fast schon unanständigen Kuss.

„Ich freue mich euch zu sehen, O’Connor ist auch da.“ Er deutet in die VIP Lounge und ich sehe Christien zusammen mit einer Blondine.

Es versetzt mich einen Stich, aber ich straffe meine Schultern, lächle und gehe hinter Noah hinterher.

„Hey Christien!“ begrüßt dieser ihn gut gelaunt und dieser sieht auf und begrüßt ihn ebenfalls.

„Ich bin Vicky.“ Stellt sich die Blondine vor und streckt mir ihre perfekt manikürte Hand hin.

„Freut mich, ich bin Elizabeth.“ Ich schenke ihr ein falsches lächeln und atme tief durch.

„Ich brauche was zu trinken.“ Raune ich Noah zu und er nickt leicht.

„Sollen wir uns wo anders hinsetzen?“ er sieht mich fragend an.

„Nein, nein.“ Ich winke ab.

Ich bin eine Erwachsene… das bekomme ich hin.

Nach dem 6. Tequila Sunrise zweifle ich dann aber doch an mir, es stört mich immer mehr, wie schamlos diese Vicky mit Christien flirtet und er auch noch drauf eingeht.

„Möchtest du tanzen?“ ertönt eine Stimme hinter mir und ich sehe in das Gesicht eines jungen Mannes. Er sieht ziemlich geschäftsmäßig in seinem Anzug aus, aber seine braunen Augen sehen mich freundlich an.

„Gerne.“ Ich erhebe mich und nehme die angebotene Hand.

Wir tanzen eine Weile zusammen und er lächelt mich scheu an.

„Ich bin Brandon.“ Stellt er sich vor.

„Elle.“ Grinse ich und ziehe ihn dichter an mich heran.

„Du siehst wunderschön aus, Elle.“ Flüstert er mir ins Ohr.

Ich lächle ihn an, dieser Abend kann doch noch ganz nett werden…

Zwei Stunden später sitze ich mit Brandon an der Bar und wir unterhalten uns wirklich gut. Er ist ein aufstrebender Anwalt, gerade aus Lissabon hierher gezogen, nachdem er dort seine erste Praxis - Erfahrungen als Anwalt gesammelt hat. Alles in allem ein anständiger Kerl…

„Willst du noch auf einen Kaffee mit zu mir?“ er haucht mir einen Kuss auf die Wange und ich nicke lächelnd.

„Ich sage eben meinen Freunden Bescheid.“ Erkläre ich ihm und gehe an den Tisch, an dem Elin, Liam, Noah, Christien, Vicky und eine weitere Blondine sitzen.

„Ich werde los.“ Sage ich zu Elin und sie grinst.

„Pass auf dich auf.“ Lacht sie und ich nehme meine Tasche und meinen Blazer.

„Bye, bye!“ rufe ich in die Runde und sitze 5 Minuten später mit Brandon in einem Taxi Richtung seiner Wohnung.

Er beugt sich zu mir und küsst mir und sehr ich auch dieses Gefühl genießen will, ich kann es nicht…

Verdammt, was ist mit Elizabeth Robertsen, Königin der ONS passiert?

Wir halten vor seinem Wohnhaus.

„Es tut mir leid Brandon…“ ich nehme seine Hand „… Du bist wirklich ein netter Kerl, aber ich werde jetzt zu mir nach Hause fahren.“ Ich sehe ihn entschuldigend an.

Er seufzt leise „Es macht keinen Sinn, nach deiner Handynummer zu fragen, oder?“

„Nein, eher nicht.“ Gebe ich zu.

Er bezahlt den Taxifahrer und steigt aus.

„Es war trotzdem ein sehr schöner Abend, danke Elle.“ Verabschiedet er sich und ich gebe dem Fahrer meine Adresse.

Eine halbe Stunde nachdem ich das Blue verlassen habe, sitze ich auf meiner Couch und starre auf die Skyline von Dublin.

Ich seufze und beginne meine Tasche für die drei Wochen in London zu packen.

Ich muss mich beschäftigen, damit ich nicht andauernd an Christien denken muss…

Am Sonntagabend kommt Elin vorbei um sich vorerst von mir zu verabschieden.

„Wie hieß der Typ eigentlich?“ sie setzt sich mir im Schneidersitz gegenüber und sieht mich gespannt an.

„Brandon.“ Sage ich lächelnd.

„War er nett?“ hakt sie nach und ich nicke.

„Ja, er war wirklich sehr nett.“ Bestätige ich.

„Christien und “Vicky“ sind kurz nach dir auch los.“ Erklärt sie und beobachtet mich, ich zucke nur kurz mit den Schultern.

„Es ist Okay für dich?“ fragt sie erstaunt.

„Ja…“ ich sehe sie verwirrt an „Christien und ich sind uns nichts schuldig.“

„Okay.“ Sie sieht wieder zum Fernseher und ich stelle die Schüssel Popcorn zwischen uns.

Am Montagmorgen werde ich mit einem Taxi abgeholt und besteige um 6 Uhr zusammen mit Will, Oliver und Elijah das Flugzeug Richtung London.

In den nächsten drei Wochen komme ich kaum zum Luft holen, zum Essen und geschweige zum Schlafen. So langsam wird mir bewusst, was mich in Australien erwartet…

Ich verstehe mich mit Oliver und Elijah richtig gut, Elijah wird mein “Ersatz“ bester Freund und wir ziehen an unseren wenigen freien Abenden um die Häuser. Wir gehen nicht in irgendwelche Clubs oder Discotheken, nein wir suchen uns gemütliche kleine Pubs oder Bars und lauschen der Livemusik. Elijah ist ein Jahr jünger wie ich, aber er ist ein wirklich begnadeter Chirurg, von ihm kann ich einiges lernen. Des Weiteren besitzt er eine untrügliche Menschenkenntnis. Derjenige, der ihn hinters Licht führt, muss erst noch geboren werden.

Dann sind die drei Wochen rum, jetzt habe ich nur noch ein Wochenende in Crosshaven und dann geht es los…

Ich bin aufgeregt, aber ich freue mich auch.

Ich tue das Richtige, so eine Chance ist einmalig…

„Wir sehen uns am Sonntag.“ Elijah nimmt mich am Flughafen in den Arm.

„Erinnere mich nicht daran.“ Stöhne ich.

Die Abschiedfeier vom St. Francis...

Wie ich mich freue…

„Wird schon werden Elle!“ er drückt mir einen Kuss auf die Wange, tatsächlich ist er der Einzige, der mich Elle nennt. Bambi hat sich mal wieder schnell durch gesetzt, auch dank der Hilfe von Will…

Ich fahre mit dem Taxi nach Hause, packe meine Tasche neu und sitze dann schon im Auto nach Crosshaven.

Die letzten Kilometer fahre ich langsamer wie ausgeschildert und ständig hupt mich jemand an. Ich atme tief durch, als ich an meiner alten Schule vorbei fahre, die schon festlich geschmückt ist. Es hat sich nicht viel verändert, stelle ich mal wieder fest. In manchen Straßen Crosshavens scheint die Zeit stehen geblieben zu sein.

Auch in der Straße meiner Eltern, deren Farm am Ende einer Einbahnstraße liegt.

Kaum das ich auf dem Hof parke, kommt meine Mum durch den Schnee zu mir.

„Betty!“ sie umarmt mich stürmisch.

Betty… oh wie ich es hasse. Nur sie und mein Dad nennen mich so.

„Hallo Mum.“ Ich drücke sie an mich und sie sieht mich Tränen in den Augen an.

„Ich habe mir schon gedacht, das was im Busch ist, als Dean alleine gekommen ist.“ Sie legt ihren Arm um mich und wir gehen ins Haus.

Mein Dad bekommt große Augen als er mich sieht und zieht mich in eine väterliche Umarmung.

„Es tut so gut dich zu sehen. Meine kleine Betty.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Stirn.

„Du kommst gerade noch rechtzeitig, wir wollen gleich los.“ Dean kommt aus dem Wohnzimmer und nimmt mich ebenfalls in den Arm.

„Ich dachte du kneifst.“ Flüstert er mir ins Ohr.

„Nein.“ Gebe ich zurück und ringe mich zu einem lächeln durch.

„Kann ich mich noch umziehen?“ ich sehe an mir runter, ich trage nur eine einfache Jeans und einen Wollpullover. Nicht unbedingt das, was ich für diese Schul – Ding anziehen will.

„Geh nach oben, wir warten.“ Dean gibt mir einen Klaps und ich nehme meine Tasche, die neben der Treppe steht und gehe in mein altes Zimmer. Ich sehe mich um und setze mich auf mein Bett. Meine Mum verändert nichts in diesem Zimmer, immer noch lächeln mich die gleichen Fotos an und immer noch überkommt mich das Gefühl unheimlicher Einsamkeit, wenn ich hier bin.

Ich schüttele es für diesen Moment ab und ziehe mir einen schwarzen, knielangen Rock an, ziehe meine halterlosen Strümpfe an, schlüpfe in meine kniehohen Stiefel, dann suche ich mir eine weiße, enge Bluse aus meiner Tasche und ziehe eine schwarze, enge Weste drüber. Ich öffne meine Haare und sehe in den großen Spiegel.

„Besser wird es nicht.“ Sage ich leise und mache mich, mit einem Blick auf die Uhr, wieder auf den Weg nach unten.

Meine Eltern sitzen mit Dean im Wohnzimmer und strahlen als ich die Treppe runter komme.

„Du siehst bezaubernd aus.“ Mein Dad steht auf und betrachtet mich stolz. „Meine Dr. Elizabeth.“ Er küsst meine Schläfe.

„Wir müssen, in 20 Minuten fängt die Feier an.“ meine Mum erhebt sich ebenfalls und mein Dad hilft ihr in den Mantel, während mir Dean in meinen hilft. Die beiden Männer tragen weiße Hemden mit Krawatten zu dunklen Stoffhosen und meine Mum ein beiges Kostüm.

Warum machen wir uns alle so schick?

Unser Schule wird 100 Jahre alt… Und?

Wir sehen aus, als gehen wir auf eine Beerdigung. Na ja, bis auf Mum…

Ich finde, wenn die eigene Schule 100 Jahre alt wird, dann ist das kein Grund zum feiern und schon gar nicht, wenn ich daran denke, wie meine letzten drei Jahre auf ihr für mich waren. Ich würde eher vorschlagen sie abzureißen…

Als wir an der Schule halten, steige ich mit klopfendem Herzen aus. Wir betreten die Schule durch den großen Haupteingang.

„Kann ich ihre Namen erfahren.“ Eine junge Frau mustert mich.

„Familie Robertsen. Mr. und Mrs. Robertson mit Dean und Elizabeth.“ Sagt mein Dad und sie sucht auf der Liste, schließlich nickt sie und ich sehe auf ihr Namenschild. Claire Rochester… Mir stockt der Atem, der Alptraum meiner letzten Schuljahre steht hier direkt vor mir.

„Es ist schön dich wieder zu sehen Elizabeth.“ Sagt sie falsch grinsend.

„Dr. Robertsen.“ Dean reicht mir seinen Arm und ich nehme ihn dankbar an.

„Aus ihr ist echt nichts geworden, sie kellnert immer noch bei ihrem Dad im Pub.“ Flüstert er mir zu und mich durchfährt ein Gefühl der Genugtuung, ich sehe ihn an und lächle.

„Danke Dean.“ Sage ich und lehne meinen Kopf an seine Schulter.

„Hier sitzen wir.“ Mein Dad deutet auf vier Plätze neben einander und ich sehe fragend zu Dean.

„Ich habe reserviert, es wurde darum gebeten.“ Er verdreht die Augen und die Aula füllt sich langsam.

„Da ist O’Connor.“ Dean deutet neben die Bühne und Christiens und meine Blicke treffen sich für den Bruchteil einer Sekunde. Ich schlucke schwer und sehe weg.

Dann geht es los, die Aula ist bis auf den letzten Platz besetzt und die Direktorin Mrs. Stone eröffnet die Feier mit einer rede.

Gott, die muss doch schon 100 sein…

Ihr altes, faltiges Gesicht und ihre kühlen eisblauen Augen durchforsten Reihe für Reihe und bleiben auch an mir und Dean hängen.

Dann tritt Christien auf die Bühne und ich halte unbewusst den Atem an.

„Guten Abend…“ beginnt er und legt sich seine Notizen zu Recht „Ich habe die Crosshaven Highschool vor 13 Jahren als Jahrgangsbester abgeschlossen und habe mich dann der Medizin gewidmet, mein oberstes Ziel ist es Menschen zu helfen und ich tue jeden Tag im St. Francis Hospital in Dublin mein Bestes…“ beginnt er und ich hänge wie gebannt an seinen Lippen „… Auch andere Schüler dieser Schule sind herausragende Ärzte geworden, ich habe sogar das Glück mit einer von ihnen zusammen zu arbeiten. Elizabeth Robertsen besuchte wie ich die Crosshaven Highschool und schloss drei Jahre nach mir mit Bestnoten ab. Sie ist eine begabte Chirurgin und ich bin dankbar sie als Kollegin und Freundin bezeichnen zu dürfen.“

Ich habe das Gefühl, alle Köpfe drehen sich zu mir und meiner Familie um. Früher wäre ich im Erdboden versunken, doch der Druck, den Deans Hand auf meine ausübt, hilft mir, mich gerade hin zu setzen und in die Gesichter zu lächeln. Meine Mum und mein Dad starren mich ebenfalls an und ich lächle entschuldigend.

„Nicht immer war der Alltag hier einfach. Crosshaven ist nicht groß und gerade das, war manches Mal die Herausforderung. Vieles erscheint im heutigen Licht anders, wie es damals war. Ich habe gelernt nie vorschnell zu urteilen und einigen meiner Mitschüler hätte das manches Mal auch gut getan.“ spricht Christien weiter „Ich wünsche noch vielen Generationen einen erfolgreiche Schullaufbahn und das sie mit allem ausgestattet werden, um ein erfolgreiches Leben zu führen.“ Schließt er und Applaus flammt auf.

Er setzt sich hinter den Rednerpult und sieht mich fragend an.

Ich schüttele leicht meinen Kopf und sehe auf meine Hände. Die Reden werden länger und zum Teil wirklich schlecht… Warum bin ich eigentlich hier?

Ich entschuldige mich und stehe leise auf.

Ich brauche frische Luft…

Ich trete vor die Tür und lasse meinen Blick über die weiten Felder, die unter einer Schneedecke liegen, schweifen.

„Ich bitte dich, komm zu mir zurück.“ Christiens Mund ist ganz nah an meinem Ohr und ich drehe mich mit einem Ruck um.

„Es geht nicht.“ Ich zucke mit den Schultern.

„Warum nicht?“ er sieht mich fragend an.

„Christien, der Sex war toll…“ setze ich an.

Er packt meine Hand und zieht mich zurück ins Schulgebäude, er öffnet die erstbeste Tür und wir stehen in einem kleinen Lehrerzimmer.

„Der Sex war toll?“ er zieht eine Augenbraue hoch.

„Ja, er war toll. Das sagte ich bereits.“ Ich sehe ihn verwirrt an.

Er zieht mich in seine Arme und presst seine Lippen auf meine, erst will ich mich wehren, aber dann lasse ich es geschehen. Sofort breitet sich ein heißes Gefühl zwischen meinen Schenkeln aus und ich hasse meinen Körper für diese Reaktion.

Er schiebt meinen Rock hoch und seine Hand gleitet über meine Scham.

„Du machst mich wahnsinnig Baby.“ Raunt er mir ins Ohr und setzt mich auf den Schreibtisch, der mitten im Raum steht.

„Christien bitte…“ unternehme ich einen letzten Versuch, das hier zu stoppen.

„Nein Baby…“ er sieht mich an und küsst mich gierig.

Er zieht seine Hose runter und dringt, nachdem er meinen Tanga zerrissen hat, ungehalten in mich ein.

Ich halte mich an ihm fest und er sieht mich durchdringend an.

Ich will nicht denken…

Nicht jetzt.

Seine Stöße sind von der Wut geprägt, die er eindeutig auf mich hat und ich stemme mich ihm entgegen.

Als wir kommen sehen wir uns in die Augen und ich atme schwer.

Er zieht sich zurück und richtet seinen Anzug.

„Warum nicht?“ fragt er erneut.

Ich richte ebenfalls meine Kleidung, lege meine Hand an seine Wange und sehe ihn an „Wegen all der Vickys und Brandons, die unseren Weg kreuzen.“ Sage ich leise und gebe ihm einen letzten Kuss.

Als ich wieder an meinem Platz ankomme sieht mich Dean fragend an, aber ich winke ab.

„Deine Lippen sind geschwollen.“ Raunt er mir zu und ich befühle meine Lippen. Auf ihnen brennen noch die Küsse von Christien und ich schlucke schwer.

Nachdem endlich… endlich alle fertig sind, erheben wir uns und ich flüchte zum Auto.

„Warum hast du uns nicht erzählt das du mit O’Connor zusammen arbeitest?“ mein Dad sieht mich beunruhigt an.

„Später Dad, Okay?“ ich sehe ihn bittend an.

„Elle!“ ertönt Christiens Stimme über den Parkplatz und mal wieder habe ich die ungeteilte Aufmerksamkeit auf meiner Seite.

Ich schließe gequält meine Augen und drehe mich um.

„Nur eins noch…“ er kommt bei mir an, nimmt mein Gesicht in seine Hände und küsst mich sanft.

Vor allen Leuten und ich ringe nach Luft, als er von mir ablässt.

„Das hätte ich vor 13 Jahren tun sollen und es tut mir leid, dass ich es nicht getan habe.“ Sagt er leise und ich schlucke schwer.

„Bye Christien.“ Sage ich leise und steige ins Auto.

Die Blicke meiner Eltern sind bohrend und ich winke ab.

Ich will nicht jetzt mit ihnen darüber reden…

Als wir eine halbe Stunde später im Wohnzimmer sitzen und meine Mum uns einen Tee auf den Tisch stellt, da ist mein Dad wohl mit seiner Geduld am Ende.

„Was läuft mit dir und diesem O’Connor?“ er sieht mich durchdringend an.

„Nichts Dad, wirklich nicht.“ Wehre ich mich.

„Aber er hat dich geküsst.“ Meine Mums Augen werden groß.

„Ja, aber nur um mich von einer Entscheidung abzubringen…“ ich sehe zu Dean und er zieht eine Augenbraue hoch. „Mum, Dad…“ ich sehe beide abwechselnd an „Am Montag werde ich für 6 Monate nach Australien gehen.“

„Da ist ziemlich weit weg.“ Stellt mein Dad schockiert fest.

„Ich weiß, aber ich habe die Möglichkeit unter den besten Chirurgen der Welt an einem Ausbildungsprojekt teil zu nehmen.“ Erkläre ich ihm.

„Das hat doch wieder mit diesem O’Connor Bengel zu tun.“ Meine Mum sieht mich böse an.

„Nein Mum.“ Sage ich sicher und weiß, das ich mir selber in die Tasche lüge „Es hat nichts mit ihm zu tun. Ich will es und ich weiß, ich kann es. Vielleicht war ich einfach nicht ehrgeizig genug.“ Ich nehme ihre Hand.

„Das ist doch noch was.“ Tiefe Sorgenfalten bilden sich auf ihrer Stirn.

„Viele der Ärzte, die an diesem Projekt teil nehmen, werden noch von da aus von Krankhäusern auf der ganzen Welt abgeworden, aber bitte Mum… Mach dir keine Gedanken darüber. Montag geht es los und ich will mir nicht ständig den Kopf zerbrechen, weil du dir Sorgen machst. Bitte freue dich für mich.“ Bitte ich sie inständig.

„Du musst also morgen schon wieder los?“ stellt mein Dad nüchtern fest.

„Ja.“ Ich nicke und er sieht mich kopfschüttelnd an.

„Wenn ich raus finde, dass es was dem Bengel zu tun hat, dann kommt er unter den Traktor.“ Mein Dad sieht mich böse an und ich lächle.

„Dad, bitte.“ Ich lasse die Hand meine Mum los und nehme ihn in den Arm. „Es ist meine Entscheidung. Ich bin 28, ich kann meine eigenen Entscheidungen treffen.“

Ich erkläre meinen Eltern, was ich in den drei Wochen in London gelernt habe. „Ich bin eine richtig gut ausgebildete Ärztin, aber ich habe mich zu sehr auf die Intensivmedizin konzentriert. Ich bin talentiert, was den OP angeht und ich möchte diese Chance nutzen um aus mir das Beste heraus zu holen.“ Ich sehe sie, um Verständnis bittend, an.

Tatsächlich glaube ich immer mehr daran, dass das alles wirklich nichts mit Christien zu hat.

Klar, er war der Auslöser, aber ich hätte noch 100 Mal abspringen können. Ich will es aber nicht, ich will aus freien Stücken da hin und das Beste aus mir machen…

Wir reden den ganzen Abend und ich komme spät ins Bett. Ich starre an die Zimmerdecke meines alten Kinderzimmers und finde keine Ruhe. Zu viele Erinnerungen hängen an diesem Zimmer, an diesen Ort und all den Menschen hier.

Es klopft und Dean kommt rein.

„Dachte ich es mir doch, das du nicht schlafen kannst.“ Er legt sich zu mir ins Bett und ich lege meinen Kopf auf seine Brust.

„Du willst da wirklich hin, oder?“ fragt er leise.

„Ja Dean. Ich will, wie immer, die Beste sein.“ Sage ich ebenso leise.

„Das bist du doch Elle, das bist du.“ Er küsst meine Stirn. „Ich verstehe, dass du das für dich tun musst. Es hat schon lange nichts mehr mit O’Connor zu tun und ich verspreche dir, ich werde Dad davon abhalten, ihn mit dem Traktor zu überfahren.“ Er zieht mich fest in seine Arme „Komm aber bitte wieder nach Hause, egal wie gut die Angebote sind. Bitte.“

„Ja.“ Gebe ich zurück.

„Deine Nichte oder dein Neffe, die im Juni nächsten Jahres geboren wird, die will unbedingt ihre Tante kennen lernen.“ Flüstert er und ich komme hoch.

„Das ist wundervoll Dean.“ Ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange.

„Danke Sis.“ Er drückt mich wieder an sich „Das hier soll ich dir von Luke und Amy geben.“ Er drückt mir einen kleinen Zettel, von der ungefähren DIN A6 Größe, in die Hand. Bunte Kritzeleien verzieren ihn und ein großes Herz ist auf der Rückseite.

„Soll dich an uns hier im kalten Irland erinnern.“ Er legt seine Hand um meine.

„Ich werde ganz oft an euch denken und ich melde mich sooft es geht.“ Erwidere ich gerührt und lege das Blatt auf meinen Nachttisch.

Ich schlafe in seinen Armen ein und es ist ein tröstliches Gefühl von ihm gehalten zu werden.

Am nächsten Morgen herrscht beim Frühstück eine gedrückte Stimmung und so sehr ich auch versuche meinen Eltern die positiven Seiten aufzuzeigen, aber ich schaffe es nicht…

Gegen Mittag breche ich schließlich auf, ich muss noch packen und ich muss ja auch noch zur Veranstaltung, die das Krankenhaus ausrichtet.

„Bye Mum.“ Ich habe meine Tasche auf den Rücksitz gestellt und drehe mich zu meiner Mum um.

„Bitte pass auf dich auf Betty!“ die ersten Tränen bahnen sich ihren Weg.

Ich bin doch nur ein halbes Jahr weg… sie tut als würde ich für immer nach Australien gehen.

„Oh Mum, bitte nicht weinen.“ Flehe ich sie inständig an.

„Oh meine Kleine…“ sie wirft sich mir an den Hals „Ich habe einfach Angst, das du nicht wieder kommst.“ Schluchzt sie.

„Mum, ich werde wieder kommen.“ Ich wische ihre Tränen weg und sie sieht mich mit ihren großen braunen Augen an.

Ich lächle, daher mein Spitznamen. Ich gebe zu, wenn ich genauso aussehe, dann habe ich eine gewisse Ähnlichkeit mit Bambi.

„Lass unsere Kleine gehen Meg. Sie kommt zu uns zurück…“ sagt mein Dad sicher und nimmt meine Mum beschützend in den Arm.

„Bye Daddy!“ ich nehme ihn in den Arm und er seufzt leise.

„Komm zurück, ja?“ er sieht mich bittend an.

„Ja.“ Ich nicke sicher und drehe mich zu Dean um.

„Ich bin stolz auf dich.“ Er drückt mich an seine Brust und küsst meine Schläfe. „Los fahr schon, ich kümmere mich um Mum und Dad. Denk bitte daran, das was du jetzt vorhast, ist kein Spiel.“ Er sieht mich durchdringend an.

„Ich weiß. Ich liebe Dich.“ Ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange und steige ein.

Ich atme ganz tief durch, lasse den Motor an und winke meinen Eltern und Dean zu. Die dreistündige Fahrt nach Dublin vergeht wie im Flug und als ich vor meinem Kleiderschrank stehe, da bin ich ehrlich gesagt ein wenig ratlos.  Uns wurde schon in London angedroht, das wir mehr Zeit im OP verbringen werden, als uns lieb sein wird… Okay, darum geht es ja auch. Irgendwann beschließe ich einfach alle meine Sommersachen in meinen Koffer zu stopfen und gehe duschen. In einer Stunde schon muss ich am Krankenhaus sein, aber selbst wenn ich zu spät komme, sie können auch ohne mich anfangen…

Ich schlüpfe in eine neue Jeans und einen dicken Pullover, wir haben – 7 ° C und ich friere, ich meine, ich bin schon immer eine Frostbeule…

Dass wir am Dienstagmorgen in Sydney bei 30 ° C ankommen sollen, beruhigt mich ein wenig, aber wahrscheinlich werde ich mich noch nach dem Winter hier sehnen.

Ich trage ein wenig Make up auf und stecke meine Haare locker hoch. Ich schlängle mich durch den Verkehr Dublins uns stehe dann auch schon in der Cafeteria des St. Francis Hospital, alle herzen und drücken mich an sich.

Selbst Menschen die ich nicht kenne…

Christien geht mir aus dem Weg, aber auch bin nicht gerade auf eine Begegnung scharf. Er hält eine kleine Ansprache und nimmt uns alle in den Arm, als er bei mir ankommt sucht er meinen Blick und ich kann ihm nicht Stand halten.

Er zieht mich in seine Arme und drückt mich an sich, ich spüre seinen Herzschlag und schließe einen Moment die Augen.

„Bitte nicht Baby.“ Haucht er mir ins Ohr.

Stumm sehe ich ihn an und schüttele leicht mit meinem Kopf.

Ich genieße meinen letzten Abend auf irischem Boden und Noah und Elin tun ihr Bestes, um sich nicht anmerken zu lassen, dass sie sich ernsthaft Sorgen machen, das ich nicht wieder kommen könnte. Die Storys die Will erzählt machen ihnen nicht gerade Mut.

Dann heißt es wirklich Abschied nehmen und ich drücke Elin meinen Schlüssel in die Hand, sie will ab und zu nach dem Rechten sehen und sich um meine Post kümmern.

„Gott Elle, komm mir wieder!“ sie nimmt mir den Schlüssel ab und grinst unter Tränen „Ich kümmere mich um deine Pflanzen.“

„Ich habe keine Pflanzen…“ lächle ich „… Ich werde dich vermissen.“ Ich gebe ihr einen Kuss auf die Wange und sie nickt.

Wir haben schon alles gesagt, 100 Mal und es reicht…

Noah nimmt mich einfach stumm in den Arm und ich nicke ihm dankbar zu. Es wird ruhiger um uns herum, in 4 Stunden geht unser Flieger…

Elijah nimmt mich zur Seite und wir gehen aufs Dach.

„Du solltest die Sachen hier klären, bevor du fliegst.“ Er sieht mich prüfend an.

„Ich denke, ich habe alles hier geklärt…“ gebe ich zurück.

„Nein Elle, da ist was zwischen dir und Christien O’Connor und ihr habt nicht darüber geredet.“ Kontert er trocken und ich sehe ihn mit großen Augen an.

„Das ist eine verworrene Geschichte…“ ich zucke mit den Schultern „Alles was gesagt werden musste, ist gesagt.“

„Ich will es nur gesagt haben. Es ist nicht gut, wenn wir da drüben den Kopf nicht frei haben.“ Er sieht mich an und ich nicke.

„Geh schon.“ Er schubst mich leicht und ich mache mich auf die Suche nach Christien.

Ich finde ihn… zusammen mit irgendeiner Schwester aus der Röntgenabteilung… in seinem Büro.

In flagranti… ich glaube so nennt man das.

„Ich wollte nicht stören.“ Ich habe den Türdrücker noch in der Hand und starre die beiden geschockt an.

„Elle! Warte!“ ruft mir Christien hinterher.

Ich schüttele trotzig meinen Kopf und merke wie Tränen in mir aufsteigen.

Elijah kommt mir entgegen und ich sehe ihn traurig an.

„Ich hätte es dabei belassen sollen.“ Erkläre ich ihm und er legt den Arm um mich.

„Verdammt Elle, bleib stehen!“ Christien ist nur noch ein paar Meter hinter uns.

Er hält mich am Arm fest und ich wirbele herum.

„Warum?“ frage ich leise und meine Stimme zittert.

In diesem Warum liegt alles…

Warum tust du mir das an?

Warum machst du so etwas?

Ich sehe ihn unsagbar enttäuscht an.

„Warum?“ frage ich erneut und es ist nicht mehr wie ein flüstern.

„Ich warte unten auf dich.“ Elijah lässt mich los und geht in Richtung Fahrstuhl.

Christien sieht mich verstört an.

„Was meinst du mit Warum?“ fragt er verwirrt.

„Warum tust du das?“ ich deute auf sein Büro.

„Weil wir uns nichts schuldig sind…“ er schüttelt kurz den Kopf „… Das waren deine Worte.“

„Ich weiß…“ ich schlucke schwer „… Wenn du mich nur halb so gut kennen würdest, wie du meinst, dann hättest du mich durchschaut.“ Ich drehe mich um.

„Liebst du mich?“ er holt mich ein und stellt sich mir in den Weg.

Ich sehe ihn an, seine Augen studieren jede Bewegung in meinem Gesicht. Ich schließe die Augen und nicke leicht.

„Ja Christien O’Connor, ich liebe dich. Ich habe dich schon immer geliebt.“ Ich öffne meine Augen wieder und sehe in sein ungläubiges Gesicht. „Bye.“ Sage ich leise und dränge mich an ihm vorbei.

Als ich nach unten komme, nimmt mich Elijah in Empfang und besteigen das Taxi zum Flughafen.

„Alles geklärt?“ fragt er vorsichtig.

Ich zucke mit den Schultern und die erste Träne läuft über meine Wange „Ich habe gesagt, was ich zu sagen hatte.“ Ich sehe zu ihm und er wischt meine Träne weg.

„Kein Mann ist deine Tränen Wert.“ Erklärt er mir weise lächelnd.

„Oh Elijah…“ ich schüttele meinen Kopf „Glaub mir, ich wollte nie wieder eine Träne wegen ihm vergießen… Tja, Mission verfehlt.“ Ich wische die weiteren Tränen weg, die über mein Gesicht laufen.

Wir besteigen als letzte Passagiere zusammen mit Will und Oliver den Flieger nach London. Vor uns liegt ein 40 Stunden Flug und wir müssen zwei Mal umsteigen… Einmal in London und einmal in Singapur, das wird eine lange Reise.

Ich setze mich ans Fenster und Elijah nimmt sich den Platz neben mir. Es ist kurz vor 19 Uhr und Dublin liegt schon in der Dunkelheit, als wie abheben.

Jeder der sagt, die Wahrheit befreit… Ganz ehrlich, der hat keine Ahnung.

Ich fühle mich beschissen und lehne mich erschöpft an Elijahs Schulter und schlafe die knapp 1 ½ Stunden bis London. Dann muss es schnell gehen, wir haben nur 2 Stunden zum umstiegen und allein unser Gepäck braucht schon eine Stunde um endlich auf dem Gepäckband zu erscheinen. Wir hetzen durch den Flughafen, checken unser Gepäck wieder ein und sitzen dann im nächsten Flieger. Nachdem wir auch London hinter uns gelassen haben, schlafe ich wieder. Ich weiß nicht, ob sich das bei unserer Ankunft rächen wird, aber ich fühle mich müde und ausgelaugt.

Wie ich mit der Zeitumstellung von 10 Stunden klar komme, wird sich zeigen…

Als ich aufwache sehe ich auf den kleinen Monitor am Ende des Ganges. Wir sind wir schon über Indien und haben von dieser 2 Stunden Etappe nur noch 2 Stunden vor uns. Wir essen eine Kleinigkeit, des überraschender Weise, guten Flugzeugessens und dann vergrabe ich mich in meine Bücher. Elijah tut es mir gleich und hin und wieder fragen wir uns ab. Ich will gut vorbereitet sein…

In Singapur ist es heiß wie in der Hölle und ich bin froh, das es schon früher Abend ist als wir landen. Hier haben wir nur 90 Minuten und wieder müssen wir laufen, um unseren Anschlussflieger noch zu erwischen.

Am Terminal treffen wir auf die weiteren Ärzte aus Europa und wir begrüßen uns herzlich. In diesem Jahr kommen 9 Ärzte aus Europa und 6 Ärzte aus den USA. Wir werden sie sicherlich alle noch früh genug kennen lernen…

Dann liegt unsere letzte Etappe vor uns und ich mache drei Kreuze, als wir am Dienstag um 7 Uhr Ortszeit endlich in Sydney landen.

Ich bin, trotzdem ich geschlafen habe, hundemüde und mir tun sämtliche Knochen weh.

Wir werden zu einem Haus in Warriewood, 45 Minuten vom Flughafen entfernt, gebracht. Die Zimmer sind eher spartanisch eingerichtet. Ein Bett, ein Schrank und ein Schreibtisch mit Stuhl. Aber der Ausblick entschädigt für vieles… Ich werde jeden Morgen die Sonne über dem Südpazifik sehen können.

Wenn ich denn dazu Zeit habe…

Direkt neben mir teilen sich Elijah und Oliver ein Zimmer und auf der anderen Seite neben mir bezieht Lou-Ann, ein typisches Texas Girl, das Zimmer.

„In 15 Minuten unten im Foyer.“ Ruft Will die Flure entlang, ich ziehe mir erst einmal mein verschwitztes T-Shirt aus und schlüpfe in ein Neues, ich tausche meine lange Jeans gegen Jeansshorts und meine Turnschuhe gegen Sandalen. Im Flur treffe ich auf Elijah, der sich auch erst einmal Sommertauglich angezogen hat.

„Jetzt geht’s los…“ er strahlt mich an und wir treffen unten mit dem Rest zusammen.

„Willkommen in Australien…“ stellt sich ein älterer Arzt vor „Ich bin Dr. Emerald Strathfield, Chefarzt des Strathfield Private Hospitals und Finanzier des Ganzen. Ich freue mich, dass es dieses Jahr wieder 15 Bewerber geschafft haben, den hohen Ansprüchen gerecht zu werden. Sie werden in den nächsten 6 Monaten zu ausgezeichneten Neuro- oder Kardiochirurgen ausgebildet werden. Nach diesen 6 Monaten werden ihnen, das verspreche ich ihnen…“ er grinst in die Runde „… Angebote von mindestens 5 ausgezeichneten Kliniken auf der Welt vorliegen.“

Ich habe mich, nach der Zeit mit Will natürlich für die Kardiochirurgie entschieden… War es anders zu erwarten?

„Wir arbeiten hier in Sydney eng mit dem St. Vincent Hospital zusammen und die Gruppe der Kardiochirurgen…“ er sieht auf eine Liste „… Cameron Walsh, Elijah McEwans, Elizabeth Robertsen und Landon Foley werden ab Mitte März 6 Wochen im Territory Hospital in Darwin eine Ausbildung in Neonataler*- und Kleinkinderkardiochirurgie machen. Die Gruppe der Neurochirurgen, was dann der Rest sein dürfe…“ er lächelt wieder leicht „… wird hauptsächlich im St. Vincent und im Strathfield arbeiten. Sie bekommen in einer Stunde ihren Einführungskurs. Kardio im Strathfield und Neuro im St. Vincent.“ Er nickt uns kurz zu und verteilt unsere ID Karten, ohne die geht nichts, das wurde uns schon am ersten Tag in London eingebläut. (* vor der Geburt)

So langsam verteilen wir uns wieder und ich gehe zu Will.

„Nur 4 für die Kardio…“ ich sehe ihn an und er zuckt mit den Schultern.

„Neuro bietet mehr Profit.“ Erklärt er mir und ich nicke wissend.

„Man sollte nicht alles vom Geld abhängig machen.“ Ich zwinkere ihm zu.

„Nein, aber ein ausgewogener Blick kann nicht schaden.“ Belehrt er mich.

„Wir sehen uns, ich muss schauen, wo ich eingeteilt bin und ob ich euch nach Darwin begleiten darf.“ Er winkt mir zu und ich gehe wieder in mein Zimmer.

Ich kann nicht sagen wo die ersten drei Wochen hin sind, denn plötzlich sitze ich mit Elijah und Oliver und einer weihnachtlich geschmückten Palme und wir führen die Feiertagsgespräche mit unseren Familien. Mir ist eh nicht nach Weihnachten und das es hier so warm ist, verleitet mich zu der Annahme, das gar nicht Weihnachten ist…

Gleich am zweiten Tag stellte ich mit erschrecken fest, das mein Handy noch in Crosshaven liegt… Da liegt es zumindestens sicher, warm und trocken will ich lieber nicht sagen, denn in Irland versinkt im tiefsten Winter, während ich meine wenigen freien Stunden am Strand verbringe und lese. Das letzte Mal, das ich so viel lesen musste, das war während meiner Studienzeit und ich fühle mich wieder dort hinein versetzt. Die bisherigen OPs liefen ausgezeichnet und ich freue mich, nachdem ich ein 4 jähriges Mädchen operiert habe, auf meine Zeit in Darwin. Langsam reift in mir der Entschluss mich auf Kleinkinder und Säuglinge zu spezialisieren.

Ich telefoniere einmal die Woche mit Elin, Noah, Dean oder meinen Eltern. Es tut gut ihre Stimmen gelegentlich zu hören, ich vermisse sie mehr wie ich dachte. Ich habe Elin und Noah ein Redeverbot über Christien erteilt, mein neues Leben hat begonnen und aus diesem soll er sich jetzt endlich mal raus halten…

Silvester fahren wir alle zusammen mit dem Bus zum Sydney Theater und genießen das atemberaubende Feuerwerk.

Wow, so ein Feuerwerk habe ich noch nie gesehen…

Es ist der Hammer!

Im Januar und im Februar habe ich Unmengen von Theoriekram zu lernen, da ich meine Entscheidung Will und den anderen Ausbildern mit geteilt habe. Ich pendele zwischen zwei großen Kinderkliniken in Sydney und einer im 2 Stunden entfernten Brisbane. Es verlangt mir einiges ab und ich falle mehr wie einmal todmüde ins Bett und schlafe schon bevor mein Kopf das Kissen berührt.

Bevor Landon, Elijah, Cam und ich nach Darwin dürfen müssen wir uns einen neuerlichen ärztlichen Check unterziehen. Elijah und ich hatten unseren zwar erst Anfang Dezember in London, aber dadurch, das in Darwin gerade die Masern auf den Kinderstationen um sich greifen, will keiner ein Risiko eingehen.

Cam muss sich erst noch einer Impfung unterziehen, ehe er nachkommen kann, aber Landon, Elijah und ich brechen am 19. Januar morgens nach dem Frühstück zu unser dreitägigen Autofahrt durch Queensland und das Northern Territory auf.

Klar, wir hätten auch fliegen können, aber Will gönnt uns diese Tour durch Australien und wir freuen uns darauf.

Landon ist aus Montreal und ein wahnsinnig witziger Typ. Wir haben immer Spaß zusammen und die Stimmung im Jeep ist dementsprechend ausgelassen bei unserer Abfahrt. Wir haben zwei Zwischenstopps geplant und uns jeweils Motelzimmer gebucht.

Am Abend des ersten Tages sind wir in Longreach, ein Kaff was den Namen Stadt unter keinen Umständen verdient, aber das Diner ist lecker und wir fallen wie erschlagen ins Bett. Am zweiten Tag darf ich fahren und es macht Spaß über die staubigen Straßen zu fahren und die Natur Australiens in mich aufzunehmen. So weit weg erscheinen alle meine Probleme und ich beschließe irgendwann noch mal hierher zu kommen.

Ohne den Lernstress, einfach nur das Land genießen.

Am Abend kommen wir erst spät in Elliot an, der Ort liegt am Rande des Northern Territorys und da ich unbedingt einen Abstecher auf eine Koalaaufzuchtstation machen musste, hängen wir ein wenig hinter unserem Zeitplan hinterher.

Am dritten Tag hat Elijah das Steuer in der Hand und bringt uns sicher nach Darwin. Wir werden schon erwartet und beziehen erst einmal unsere Motelzimmer für die nächsten 6 Wochen. Ich fasse es nicht, dass wir schon 3 Monate hier sind, die Zeit rinnt mir durch die Finger.

Gleich am nächsten Tag stehe ich zum ersten Mal im Operationssaal der Kinderklinik des Territory Hospitals. Die OP verläuft gut und mein neuer Ausbilder ist ganz angetan von mir.

Zwei Wochen später steht Will plötzlich in der Cafeteria, als Elijah, Landon und ich gerade Pause haben. Cam muss noch sein Pensum aufholen und ist die letzten Tage kaum aus dem OP gekommen.

„Will?“ Elijah sieht ihn erstaunt an und er entdeckt uns.

„Elizabeth? Kann ich dich kurz sprechen?“ er sieht mich an und sein Gesichtsausdruck gefällt mir überhaupt nicht.

„Sicher.“ Ich stelle mein Tablett ab und nehme meine Wasserflasche mit.

Ich folge Will in einen Besprechungsraum und er sieht mich durchdringend an.

„Schließ bitte die Tür.“ Er deutet auf die Tür hinter mir und ich komme seinem Wunsch nach und ziehe sie ins Schloss.

„Hast du mir zufällig was zu sagen?“ er zieht eine Augenbraue hoch.

„Nein.“ Ich sehe ihn verwirrt an.

„Wirklich nicht? ...“ bohrt er nach.

„Nein. Was ist denn los?“ frage ich ungeduldig und stemme meine Hände in die Hüften.

„Herrgott Bambi…“ seine Züge werden etwas weicher und er seufzt tief.

„Was in aller Welt ist hier los?“ meine Stimme erhebt sich und ich sehe ihn ungeduldig an.

„Du bist schwanger.“ Er sieht mich an, wartet auf Reaktion…

Aber die bleibt aus.

„Das ist überhaupt nicht möglich!“ ich sehe ihn geschockt an und merke wie mir sämtlich Farbe aus dem Gesicht weicht. „Ich habe mir erst Ende Dezember eine neue Dreimonatsspritze geben lassen.“ „Ob du meinst es ist möglich oder nicht, du bist in der 10. bis 15. Woche. Genauer wirst du es wohl erst nach einer Sono wissen.“ Er macht einen Schritt auf mich zu.

„Nein, nein, nein….“ Ich sehe ihn verzweifelt an und er nimmt mich in den Arm.

„Das ist kein Weltuntergang. Ich haben mit Emerald darüber gesprochen, dir stehen trotzdem alle Wege frei. Egal was du machst und wie du dich entscheidest.“ Er streicht beruhigend über meinen Rücken und mir entweicht ein Schluchzen, was tief aus meiner Seele zu kommen scheint.

„Welche Möglichkeiten?“ flüstere ich.

Natürlich weiß ich, was er meint, aber mein Kopf weigert sich, sich mit dem Thema auseinander zu setzen…

„Wir müssen sehen wie weit du tatsächlich bist, die Spritze im Dezember kann das Ergebnis verfälschen. Dann kommen nur zwei Optionen in Frage, entweder du entscheidest dich, das Kind zu bekommen oder nicht.“ Erklärt er mir ganz ruhig. „Soll ich die Sono machen?“

„Kann sie ein Arzt von hier machen? Ich meine einer dessen Fachgebiet die Gynäkologie ist und mit dem ich nicht befreundet bin?“ ich sehe ihn unter Tränen an und er lächelt leicht.

„Aber sicher. Warte hier…“ er bugsiert mich zur Behandlungsliege „… Ich bin gleich wieder da.“

Damit lässt er mich allein…

Ich bin schwanger?

Fuck…

Ich will kein Kind.

Nicht jetzt.

Nicht, wo ich gerade dabei bin mein Leben neu zu ordnen.

Ohne Christien.

CHRISTIEN!

Oh nein, nein, nein…

Er sollte sich doch aus diesem Teil meines Lebens endlich mal raus halten.

Und jetzt?

Das kann alles nicht wahr sein.

Es kann nicht und es darf nicht…

Will kommt mit einer älteren Frau zurück.

„Melissa, das ist Dr. Elizabeth Robertsen, sie nimmt an der Chirurgen Ausbildung der Strathfield Stiftung teil. Bambi, das ist Dr. Melissa Morgan, sie ist eine ausgezeichnete Gynäkologin und sie wird sich jetzt um dich kümmern. Ich warte in der Cafeteria.“ Er nickt mir zu und lässt mich mit Dr. Morgan alleine.

„Hallo Elizabeth.“ Sie setzt sich zu mir auf die Liege und ich sehe sie traurig und verwirrt an.

„Will hat mir grob erzählt, was passiert ist. Du möchtest, das ich eine Sono mache, ja?“ sie sieht mich an und ich nicke leicht.

„Begleitest du mich dann bitte auf die Station?“ sie steht auf und ich folge ihr wie in Trance.

„Wann hattest du das letzte Mal deine Periode?“ sie läuft neben mir her und ich denke angestrengt nach.

„Vor 5 oder 6 Jahren.“ Ich sehe sie an und sie nickt leicht.

„Du hast mit der Dreimonatsspritze verhütet?“ fragt sie weiter und ich nicke wieder.

Dann öffnet sie eine Tür und ich betrete ihr augenscheinliches Sprechzimmer, von den Wänden lachen mir pausbäckige Babys entgegen und ich schließe kurz meine Augen.

„Mach dich bitte unten herum frei.“ Bittet sie mich.

Oben herum macht ja auch wenig Sinn, oder?

Ich trete hinter einen Paravent und ziehe meine Hose und meine Unterhose aus.

Ich ziehe den Kasak so weit wie möglich runter als ich dahinter hervor komme und sie deutet auf den Behandlungsstuhl.

Dann rückt sie mich in Position und ich sehe den Stab für die Sono. Ich atme tief ein und sie lächelt leicht.

„Tief durch atmen.“ Bittet sie mich und führt das gerät ein.

Einen Moment ist es unangenehm, aber dann geht es.

Sie schaut konzentriert auf ihren Monitor, drückt hier und da ein paar Knöpfe und zieht dann endlich das Teil wieder aus mir raus.

„Also ersten Mal bist du schwanger, ohne jeden Zweifel.“ Beginnt sie und ich merke wie die Tränen wieder zu laufen beginnen. „Ich mache jetzt noch eine normale Sono und schaue mir das von oben an.“ sie nimmt einen Ultraschallkopf und ich ziehe meinen Kasak hoch.

Wieder ist es eine ganze Weile still.

„Hier siehst du das Herz schlagen.“ Sagt sie behutsam und ich sehe auf. An der Wand gegenüber der Liege ist ein Monitor angebracht und ich kann so ihre Untersuchung verfolgen. Ich schlucke schwer, den Herzschlag sieht man ab der 8. Schwangerschaftswoche, also die habe ich augenscheinlich schon überschritten. Ich erkenne mein Baby, sein Gesicht… seine Arme, seine winzigen Hände, seine Füßchen… Das sieht nicht nach 10. bis 15. Woche aus.

 „Laut meinen Berechnungen bist du in der 20. Schwangerschaftswoche. 19 plus 4 würde ich sagen.“ Sie beendet ihre Untersuchung und reicht mir Papiertücher, damit ich das Gel abwischen kann.

Ich rechne fieberhaft nach, während ich mich wieder anziehe.

„Ich habe mal für dich nachgerechnet…“ sie sieht mich an und ich grinse schief „Es muss in der Woche vom 7. bis zum 13. November gewesen sein, wahrscheinlich hat sich deine alte Spritze zu schnell abgebaut und du warst 2 Monate ohne richtigen Schutz.“ Erklärt sie mir und ich fahre mit einer Hand über meine Augen.

Der Abschiedssex von Christien… dieses eine Mal so voll Gefühl.

Super, gut gemacht Christien O’Connor!

„Leider hast du jetzt keine Möglichkeiten mehr, es sei denn du denkst über Adoption nach.“ Sie reicht mir meinen Mutterpass und ich sehe sie mit großen Augen an.

„Nein.“ Entfährt es mir und sie lächelt.

„Ich will dir nur alle Möglichkeiten aufzeigen.“ Erklärt sie mir beruhigend „Ich weiß, wie ehrgeizig ihr jungen Ärzte seid.“ Fügt sie hinzu und ich seufze.

Das war es wohl mit meiner Karriere…

„Das bedeutet nicht das Ende…“ sie nimmt meine Hand „Ich habe meinen Sohn mit 27, Mitten in meiner Facharztausbildung, bekommen. Ich war alleinerziehend und ich habe es trotzdem geschafft. Man muss seine Pläne nicht gleich über den Haufen werfen, man muss nur umplanen.“ Sie zwinkert mir zu und deutet auf ein Bild auf ihrem Schreibtisch „Ich bin jetzt 51 und habe fünf tolle Kinder, einen liebevollen Ehemann und ich werde noch in diesem Jahr das erste Mal Grandma.“ Sie strahlt mich an und ich betrachte das Bild von ihr und ihrem Mann im Kreise ihrer Kinder.

Grandma!

Oh mein Gott, meine Mum flippt aus…

Und mein Dad tötet ihn…

„Danke Dr. Morgan.“ Ich sehe sie dankbar an und atme tief durch.

„Dafür nicht Kindchen und ich bin Mel.“ Sie lächelt und ich fühle mich schlagartig besser „Wie lange bist du noch hier?“

„4 Wochen, dann bin ich wieder in Sydney.“ Erkläre ich ihr.

„Und wann fliegst du wieder nach Hause?“ sie sieht auf ihrem Kalender nach, den voraussichtlichen Geburtstermin hat sie mit dem 5. August angegeben.

„Am 15. Juni.“ Ich atme erneut tief durch, ich muss das alles erst einmal verarbeiten und das irgendwie in meinem Kopf auf die Reihe bekommen.

„Ich kann dir eine liebe Freundin in Sydney empfehlen, die dich die Zeit dort begleiten kann, bis dahin bin ich ja da.“ Mel lächelt mich an und ich kann nicht anders wie es zu erwidern.

Alles in meinem Körper schreit danach in Tränen auszubrechen, aber sie schafft es mit einem kleinen Lächeln mich auf andere Gedanken zu bringen.

„Ich danke dir.“ Ich sehe sie unendlich dankbar an.

„Kein Problem Kleines. Wenn was ist, dann weißt du jetzt, wo du mich findest.“ Sie zwinkert mir zu.

„Eine Frage habe ich noch…“ setze ich an.

„Falls du dir Sorgen machst, weil du noch eine Spritze in der Frühschwangerschaft bekommen hast…“ erahnt sie meine Frage und schüttelt den Kopf „Das ist zwar ein ganz schöner Hormoncocktail, aber es sieht alles sehr gut aus. Achte auf dich, iss genug und Ruhe dich aus.“

„Danke.“ Ich atme erleichtert aus.

„Und jetzt nimmst du dir frei.“ Sie steht auf und begleitet mich zur Tür.

„Ich habe noch eine OP auf dem Plan.“ Ich sehe sie entschuldigend an.

„Und wie ich dich einschätze lässt du dich nicht von der abhalten, oder?“ sie lächelt milde.

„Eher nein…“ gebe ich zu „Sie ist wichtig.“ Füge ich hinzu.

„Sind das OPs nicht immer?“ lacht sie.

„Ja… Punkt für dich.“ Gebe ich zu.

„Pass auf dich auf.“ Sagt sie mütterlich und ich gehe in Richtung Cafeteria, obwohl Elijah und Landon ihre Pause mittlerweile beendet haben müssten.

Tatsächlich treffe ich nur noch auf Will, der mich gespannt ansieht, als ich mich zu ihm setze.

„Und?“ er mustert mich.

„20. Woche.“ Sage ich leise.

„Oh wow. Wo versteckst du das denn?“ er sieht mich mit großen Augen an.

Ich zucke nur mit den Schultern und esse eine Gabel von meinem Salat.

„Du willst es also behalten?“ er lächelt leicht.

„Es scheint, als hätte mir mein Baby diese Entscheidung abgenommen.“ Ich starre in meinen Salat und erwarte die Antwort auf alle meine Fragen von den Cocktailtomaten, der Gurke, dem grünen Salat und dem Mais… Aber sie schweigen.

„Wann willst du es dem Vater sagen?“ er nimmt meine freie Hand.

„Keine Ahnung. Gar nicht?“ Ich sehe ihn hilflos an.

„Es sind immer Zwei an einer solchen Sache beteiligt. Dass so etwas passieren kann, damit muss man immer rechnen. Bambi, du bist 28…“ er lächelt wieder, doch leider ist mir bei dem Gedanken an Christien gar nicht zum lächeln zumute.

„Es ist kompliziert.“ Sage ich leise.

„Ach Bambi…“ er drückt meine Hand „Das Leben wäre langweilig, wenn es mal nicht kompliziert wäre.“

„Du hast keine Ahnung…“ ich seufze.

„Jetzt sag ich dir mal was…“ er sieht mich aufmunternd an „… Ich rate jetzt einfach Mal ins Blaue. Unterbrich mich ruhig, wenn ich Falsch liege.“

Ganz langsam nicke ich und sehe ihn gespannt an. Mittlerweile hat er meine Hand wieder frei gegeben und ich klammer mich nun mit beiden Händen an meine Wasserflasche.

„Also, ich kenne dich jetzt 4 Jahre. In diesen 4 Jahren hattest du keine Beziehung…“ er sieht mich an und ich nicke.

Ist ja nichts Neues…

„… Du hattest aber One Night Stand und ab und zu hast du dich auf flüchtige Affären eingelassen. Du hattest also deinen Spaß… Richtig?“ er legt seinen Kopf schief und wieder nicke ich.

„Seit Juni letzten Jahres ist das anders, keine One Night Stands mehr, du warst ständig gut gelaunt und ich gehe mal stark davon aus, das du verliebt hast…“ fährt er fort und ich sehe ihn erschrocken an.

„Ganz ruhig Bambi, ist nur eine Vermutung… Aber auch auf die Gefahr hin, das ich falsch liege… Christien O’Connor?“ sein Blick liegt weiterhin prüfend auf mir, ich merke wie meine Unterlippe zu Beben anfängt und das Blut in meinen Ohren rauscht.

„Oh Bambi.“ Er löst meine Hände von der Wasserflasche und nimmt sie in seine.

„Das ist eine lange Geschichte und sie nur auf Dublin zu reduzieren macht keinen Sinn…“ die ersten Tränen laufen über meine Wangen „Ich wollte das so nicht und ich weiß, er ist mein Chef…“

„Du brauchst dich doch vor mir nicht rechtfertigen. Bambi, das ist dein Leben. Niemand kann dir vorschreiben, in wen du dich verliebst.“ Er lächelt wieder „Fakt ist, er und du, ihr werdet in absehbarer Zeit Eltern. Und wieder einmal hast du zwei Auswahlmöglichkeiten…“ er legt seine Hand an meine Wange „Entweder du sagst es ihm, oder auch nicht. Ich misch mich da nicht ein.“

„Danke.“ Sage ich tränenerstickt und sehe auf die große Uhr. „Ich muss los, ich habe in 30 Minuten eine OP.“ Ich springe auf, wische mir über die Augen, atme tief durch und nehme mein Tablett.

„Wir sehen uns in 4 Wochen in Sydney.“ Will winkt mir zu.

Ich stelle mein Tablett in den Abräumwagen, laufe zurück zu ihm und drücke ihm einen Kuss auf die Wange.

„Danke Will.“ Ich sehe ihn an und er nickt.

„Dafür nicht Bambi. Die ärztliche Leitung des Projekts hier ist unterrichtet.“

Ich atme tief durch und laufe dann durch die Gänge zu den OP Sälen, wo ich schon empfangen werde und mich, kaum das ich da bin, auch schon im OP wieder finde.

Es tut mir gut, an etwas anderes wie meine Schwangerschaft zu denken. Die OP verlangt meine volle Konzentration und in den nächsten 4 Stunden denke ich nicht eine Sekunde daran.

„Sehr gute Arbeit Dr. Robertsen.“ Dr. Jackson, der ärztliche Leiter, schüttelt mir die Hand.

„Vielen Dank Dr. Jackson.“ Bedanke ich mich höflich.

„Ich habe mit Dr. Prescot gesprochen…“ setzt er an und ich nicke „Wir haben beschlossen, dass sie im Programm völlig normal weiter laufen. Sie werden die OPs ihrer Liste abarbeiten und wir unterstützen sie, wo wir können.“ Er lächelt freundlich „Nur den Nachtdienst, den dürfen sie nicht mehr machen. Meine herzlichen Glückwünsche.“

„Vielen Dank Dr. Jackson.“ Ich atme erleichtert aus.

„Und jetzt machen sie sich noch einen schönen Abend.“ Er nickt mir zu und geht den langen Gang entlang.

„Fertig?“ Elijah kommt um die Ecke und ich nicke ihm zu. „Dann lass uns los, die anderen warten am Strand auf uns.“ Strahlt er und ich nicke erneut.

„Ich hole nur meine Tasche, wartest du am Auto?“ ich deute auf den Fahrstuhl.

„Klar dich.“ Er geht in die entgegen gesetzte Richtung und ich fahre in den 3. Stock und hole meine Tasche. Wir ziehen uns so gut wie nie um… Ich meine bei 62 bis 70 Stunden lohnt es sich kaum, Privatklamotten anzuziehen.

Ich stelle mich vor den großen Spiegel und betrachte mich skeptisch. Es stimmt, ich habe einen kleinen Bauch, aber der könnte genauso gut von dem ganzen Fast Food sein, welches wir fast jeden Tag essen. Ich öffne meine Haare und fahre mir mit den Fingern kurz hindurch.

Dann fahre ich in die Tiefgarage und Elijah wartet wie versprochen am Auto.

„Wo sind Landon und Cam?“ ich komme bei ihm an und werfe meine Tasche mit den Büchern auf den Rücksitz.

„Die kommen mit Zoey nach.“ Er setzt sich hinters Steuer und ich steige auf der Beifahrerseite ein.

„Wie war’s?“ er grinst mich an, als wir aus dem Parkhaus fahren.

„Sehr gut. Jackson hat mich gelobt.“ Ich strahle ihn an.

„Und was wollte Will?“ er hält an der ersten Ampel und sieht mich kurz an, ehe er sich wieder auf die Straße konzentriert.

„Er musste mir was mitteilen…“ ich rutsche auf meinem Sitz herum.

„Lass es dir doch nicht aus der Nase ziehe…“ Elijah wirft mir einen belustigten Blick zu.

„Ich bin schwanger.“ Platze ich heraus und er legt fast eine Vollbremsung hin.

„Was?“ er sieht mich schockiert an.

„Du bist überrascht? Frag mich mal…“ ich muss mir angesichts seines Gesichtsausdruckes ein lachen verkneifen.

„Wow… Elle.“ Er sieht wieder auf die Straße und gibt ein wenig mehr Gas.

Kann man einen eigentlich auch fürs zu langsam fahren anhalten?

„Welche Woche?“ er betrachtet mich skeptisch.

„20.“ Ich zucke kurz mit den Schultern.

„Wo denn das?“ er schüttelt leicht den Kopf.

„Hier drin.“ Ich streiche über meinen Bauch und zum ersten Mal verspüre ich Freunde, auf das, was auf mich zu kommt.

Für einen ganz kleinen Moment sind alle die Ängste, Sorgen und Schwierigkeiten weg.

Ich bekommen ein Baby.

Ein kleines Abbild von mir.

Oder eben von Christien.

Und schon ist der Moment vorbei…

„O’Connor?“ stellt Elijah in den Raum und ich nicke leicht.

„Ich sagte ja, es ist nie gut unerledigte Dinge im Raum stehen zu lassen.“ Er schenkt mir ein überlegendes Grinsen.

„Kommst du mir jetzt mit irgendeiner Karma – Kacke?“ ich sehe ihn warnend an.

„Ich mein ja nur…“ er lacht leise „Unsere kleine Elle bekommt ein Baby.“

„Witzig Elijah! Wirklich witzig! Ich bin 28 und nicht mehr klein.“ Ich verschränke die Arme vor der Brust.

„Stimmungsschwankungen?“ lacht er und ich muss auch lachen.

Er nimmt das alles so locker, das es fast ein wenig auf mich abfärbt.

Ja, ich bekomme ein Kind, aber das ist nicht das Ende der Welt. Eher das Gegenteil… Es ist ein Anfang von etwas Neuem, etwas Großem und etwas Wunderbaren.

„Und was machst du mit O’Connor?“ er sieht mich fragend an.

„Keine Ahnung, noch habe ich ja 3 Monate um mir darüber Gedanken zu machen.“ Gebe ich zurück.

„Willst du es den anderen sagen?“ er parkt vor unserem Motel, fast direkt am Strand und wir steigen aus.

„Welche anderen?“ ich setze meine Sonnenbrille auf und wir gehen zu unseren Zimmern.

„Na ja, den anderen in Sydney und Elin, Noah und deiner Familie.“ Er schließt seine Tür auf und ich gehe eine Tür weiter.

„In Sydney werde ich es wohl sagen müssen, ich denke lange wird sich das nicht mehr verstecken lassen.“ Ich hole meinen Schlüssel aus meiner Tasche und schließe meine Tür ebenfalls auf. „Bis gleich.“ Ich betrete mein Zimmer und tausche schnell den Kasak und die Krankenhaushose gegen Froteeshorts und Top. Keine 5 Minuten später stehe ich wieder draußen und Elijah lehnt am Geländer. Mit seinen blonden Haaren und so gebräunt wie er jetzt ist, entspricht er dem typischem Bild eines Surfers. Nur leider habe ich ihn bei seinen kläglichen Versuchen beobachtet, bis aus ihm ein richtiger Surfer wird, da gehen wohl noch sehr viele Trainingsstunden ins Land. Das tut der Sache aber keinen Abbruch, das er, so wie er hier steht, der erklärte Schwarm alle Schwestern auf unserer Station ist… In Dublin und auch hier.

„Komm wir reden am Strand bei einem Hamburger weiter.“ Er bietet mir seinen Arm an und wir gehen zu einem kleinen Schnellrestaurant. Man kennt uns schon und unsere Bestellungen stehen 20 Minuten später auf dem Tisch.

„Und was ist jetzt mit den anderen “Andren“?“ er beißt in seinen Hamburger und sieht mich fragend an.

Ich atme tief durch. Wenn ich am Wochenende mit Dean skype, dann frage ich ihn um Rat was meine Eltern angeht und was ich mit Noah und Elin machen soll. Ich bin noch ganz konfus wegen dem Ganzen.“ Gebe ich zu.

„Kann ich irgendwie nachvollziehen.“ Lacht er.

„Du scheinst dich heute wirklich gut auf meine Kosten zu amüsieren.“ Ich sehe ihn strafend an.

„Sorry Elle, aber ich kenne die ganzen Storys über Mr. Supersex und Mr. Arschloch in einer Person. Das hier ist ein echter Hammer.“ Er sieht mich entschuldigend an.

„Ja, ist es wohl.“ Gebe ich zu.

Wir gehen noch lange am Strand spazieren und ich erzähle es später am Abend auch Landon und Cameron. Die sind zwar überrascht, aber da sie ja nicht die Story dahinter kennen, nehmen sie einfach Mal an, das das Baby geplant war.

Klar, ich plane ein Kind Mitten in der wichtigsten Ausbildung meines Lebens…

Männer!

Egal, ich muss mich nicht erklären und sie fangen plötzlich an darauf zu achten, dass ich gesund esse.

Am Samstagmorgen setze ich mich an meinen Laptop und wähle Dean per Skype an. In Irland ist es später Abend und er ist wie abgesprochen online.

„Hey meine Lieblingsschwester am anderen Ende der Welt!“ begrüßt er mich lachend.

„Hey Lieblingsbruder!“ ich winke ihm zu und er strahlt mich an.

„Wie geht es dir? Muss ich mir Sorgen machen? Wir haben erst vor einer Woche geskypt und ansonsten dauert es immer mindestens 4 Wochen bis ich dich wieder zu Gesicht bekomme.“ Lacht er und mein lächeln erstirbt.

„Ich habe tatsächlich ein Problem, obwohl Problem vielleicht nicht die richtige Ausdrucksweise ist.“ Setze ich an und er zieht seine Stirn kraus.

„Raus mit der Sprache…“ seine Stimme klingt ernst, genau so wie sein Gesicht jetzt aussieht.

„Willst du es auf die harte Tour?“ frage ich um Zeit zu schinden.

„Mach schon Elizabeth Mariella Robertsen.“ Erwidert er streng.

Ich schließe meine Augen und atme tief durch.

„Ich bin schwanger… von Christien… in der 20. Woche.“

Es passiert nichts und ich öffne langsam meine Augen, um zu überprüfen ob die Verbindung noch steht.

Dean starrt mich an und regt sich nicht, fast hätte ich schwören können, ich habe ein Stadtbild, aber da taucht Charlie mit ihren Schwangerschaftsbauch watschelnd aus dem Hintergrund auf.

„Hey Elle! Genießt du die Sonne?“ fragt sie lachend und sieht Dean an.

„Was ist mit dir denn los? Hat Elle dir gerade verkündet, das sie schwanger ist, oder was?“ lacht Charlie und fast muss ich lachen…

- Volltreffer! Abgeschossen und versenkt! -

„Ja, das habe ich allerdings.“ Sage ich vorsichtig und nun entgleist auch ihr das Gesicht.

„Echt jetzt?“ fragt Charlie erstaunt nachdem sie sich gefangen hat.

„Ja, ich bin in der 20. Woche.“ Erkläre ich ihr und sie lächelt.

Mein Bruder verharrt immer noch in seiner Schockstarre und ich fange an mir Sorgen zu machen.

„Seit wann weißt du es? Und wie zum Teufel ist das passiert?“ fragt er ganz plötzlich gefährlich leise und ich bin froh, das ich gerade 14.000 Kilometer Luftlinie von ihm entfernt bin.

„Sweetheart…“ setzt Charlie an, aber Dean starrt mich an.

„Geh lieber Charlie, ich muss das mit Dean alleine klären.“ Bitte ich sie und sie nickt.

„Bis bald Elle!“ sie winkt mir fröhlich zu und kurz darauf höre ich, wie sie die Tür zu macht.

„Also?“ fragt Dean wütend.

„Ich weiß es seit 4 Tagen…“ beginne ich „Und das Warum muss ich dir wohl  nicht erklären.“

„Verhütest du etwa nicht?“ fährt er mich an.

„Fahr dich mal runter, natürlich verhüte ich. Ich habe regelmäßig die Dreimonatsspritze bekommen, aber beim letzten Mal hat sich die Dosis zu schnell abgebaut.“ Erkläre ich ihm „Du bist geschockt?“ meine Stimme wird ein wenig lauter „Frag dich mal, wie es mir geht.“

„Sorry Elle…“ sagt er nach ein paar Minuten „Ich dachte das Thema O’Connor sei endlich vom Tisch.“ Er fährt sich durch die Haare.

„Das habe ich auch gedacht.“ Ich seufze leicht „Aber jetzt ist es wie es ist. Ich bekomme am 5. August ein Baby und eine Sorge weniger habt ihr alle damit. Ich werde kein Angebot annehmen, sei es auch noch so gut.“ Ich zucke mit den Schultern.

„Wie stellst du dir das alles vor? Das ist der größte Mist, den du jemals gebaut hast und du hast echt Erfahrung darin. Das ist eine Katastrophe.“ er sieht mich kopfschüttelnd an und ich merke wie die Tränen in mir aufsteigen.

Gerade von ihm habe ich Unterstützung erwartet.

Er ist doch mein großer Bruder.

„Ich weiß es nicht. Ich habe keine Ahnung Dean, aber wenn du so reagierst, dann will ich mir gar nicht vorstellen wie die anderen reagieren. Ich habe es dir als Erstes gesagt, weil ich deine volle Unterstützung brauche. Von dir habe ich sie erwartet…“ ich merke wie die Tränen über meine Wangen laufen „Du bist mein großer Bruder. Du hast mir das Fahrrad fahren bei gebracht und später auch das Auto fahren. Du hast mir, als ich klein war und Mum und Dad nicht da waren, abends die Haare gebürstet und mir eine Gute Nacht Geschichte vorgelesen. Meine erste wirkliche Erinnerung bist du…“ ich wische meine Tränen trotzig beiseite „… Ich muss 4 gewesen sein und du 8. Wir waren im Garten und ich bin auf den Apfelbaum geklettert. Ich kam nicht mehr runter, weil ich solche Angst hatte, aber dann bist du gekommen und hast gesagt, ich soll springen. Du hast gesagt ich soll dir vertrauen, du würdest mich niemals fallen lassen. Du würdest mich immer auffangen…“ ich sehe ihn traurig an „Du hast gelogen. Du hast mich gerade nicht aufgefangen und glaub mir, dieser Sturz ist nichts im Vergleich dazu vom Apfelbaum zu fallen. Das hier ist keine Katastrophe, ich bekomme ein Baby und ich werde es auch alleine schaffen.“

Ich klappe den Laptop zu und fange an zu weinen.

Elijah kommt zu mir ins Zimmer und nimmt mich einfach in den Arm. Es tut gut, sich richtig auszuweinen und keine Fragen beantworten zu müssen. Ich weiß nicht, wie lange wir so da sitzen, ehe ich ihm erzähle was passiert ist.

„Ruf ihn noch mal an…“ sagt er eindringlich.

„Nein, ich brauche erst einmal Abstand.“ Erwidere ich traurig „Ich konzentriere mich jetzt auf meine Ausbildung. Meine Probleme laufen nicht weg…“ ich sehe ihn an „Da bin ich mir ziemlich sicher.“ Füge ich hinzu.

„Okay.“ Er nickt und nimmt mich wieder in den Arm.

„Weißt du eigentlich was es wird?“ versucht er geschickt das Thema Dean beiseite zu schieben.

„Nein.“ Ich sehe ihn an und lächle leicht „Ich weiß noch nicht, ob ich es wissen will.“

„Du hast ja noch Zeit, im August wirst du es spätestens wissen.“ Er zwinkert mir zu und ich lasse mich von ihm wieder in die Arme ziehen.

Ich bin froh, dass er hier ist.

Am nächsten Morgen genießen wir einen ausgedehnten Tag am Strand, ich liebe die Sonntag hier und ich denke, ich werde das wirklich vermissen.

Die Sonne, der Strand…

Wenn ich Glück habe, dann haben wir ja auch einen 3 bis 4wöchigen Sommer in Irland, aber hiermit wird er nie mithalten können…

Mel ist eine wirklich tolle Ärztin und ich bin sehr traurig, als ich 4 Wochen später mit den Jungs zurück nach Sydney muss. Sie hat ihre Kollegin angerufen und mir versichert, dass diese mindestens genauso gut ist wie sie.

Wieder mache ich mit den Jungs einen Roadtrip, allerdings habe ich jetzt das Problem der Morgenübelkeit und das nicht nur am Morgen…

Als ich nach fast 8 Wochen versuche meine Jeans anzuziehen, da bekomme ich sie natürlich nicht mehr zu und starte so den Trip in einer weißen Arzthose.

Elijah amüsiert sich mal wieder köstlich auf meine Kosten, aber er verspricht mir, in Sydney mit mir shoppen zu gehen.

Die restlichen Teilnehmer wurden von Will über meinen “Zustand“ informiert und beglückwünschen mich alle. Ich bin froh, dass sie es so relaxed sehen, aber wahrscheinlich denken sie sich auch nur… ’Einer weniger im Kampf um die besten Krankenhäuser.’

Stimmt auch, meine Auswahl wird klein ausfallen, aber darum geht es mir nicht…

„Bambi, du hast Besuch!“ Landon steckt sein Kopf in mein Zimmer.

„Wichtig?“ frage ich leicht gereizt. Ich habe morgen eine schwierige OP, ich muss noch lesen und mich vorbereiten.

„Ich denke schon.“ Er nickt mir zu und ich stehe auf.

Ich trage mal wieder nur Shorts und eine lange Tunika. Ja, Elijah und ich waren shoppen und er stellte sich als erstaunlich Shoppingresistent heraus…

Mein Bauch wächst von Tag zu Tag und seitdem ich es weiß, nehme ich es viel bewusster wahr. Die OPs strengen mich ein wenig mehr an wie sonst und ich bin froh, dass morgen Freitag ist und ich ein freies Wochenende habe.

Ich gehe den Flur entlang und gehe die Treppe runter.

„Landon! Hier ist keiner!“ rufe ich nach oben.

„In der Küche!“ schreit er zurück und ich gehe in die Küche.

Wenige Sekunden später stehe ich Dean gegenüber und sehe ihn mit großen Augen an.

„Was machst du hier?“ frage ich verständnislos.

„Du ignorierst meine E-Mails, du bist nicht online…“ er sieht mich traurig an „Was sollte ich denn tun? Ich muss meiner kleinen Schwester doch sagen, dass ich ein Idiot war und dass ich sie immer auffangen werde. Ich wäre gerne gleich am nächsten Tag hier gewesen, aber ich habe so schnell keinen Flug bekommen.“

Ich laufe quer durch die Küche und werfe mich in seine Arme. „Es tut mir so leid meine Kleine!“ kommt es erstickt von ihm.

„Du hast mir weh getan.“ Schluchze ich.

„Ich weiß, ich war überfordert und habe völlig falsch reagiert.“ Versucht er sich zu erklären.

„Okay.“ Ich vergrabe mein Gesicht an seinem Hals.

Eine Weile stehen wir einfach da und halten uns aneinander fest.

„Jetzt lass dich erst einmal ansehen.“ Er schiebt mich ein Stück von sich weg und betrachtet mich. „Du siehst wunderbar aus.“ Er legt seine Hand auf meinen Bauch. „Wow, mein Kleine bekommt ein Baby.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Stirn.

„Hallo Dean!“ Elijah kommt in die Küche und nimmt sich ein Wasser aus dem Kühlschrank.

„Hallo Elijah“ begrüßt ihn mein Bruder lächelnd.

„Ihr kennt euch?“ ich sehe zwischen den Beiden hin und her.

„Sicher, ich musste ja irgendwie raus finden wo du bist und von deinem Krankenhaus habe ich die Nummer von Elijah bekommen. Er hat mir mit dem Flug und dem Leihwagen geholfen.“ Erklärt Dean mir und ich sehe zu Elijah.

„Ich hoffe du verzeihst mir meine Einmischung.“ Er kommt zu mir und drückt mich kurz.

„Danke.“ Flüstere ich ihm zu.

„Kein Problem. Wir sind am Strand.“ Er winkt uns zu und ich ziehe Dean auf die Terrasse, wo wir uns erst einmal setzen.

„Ich fasse es nicht, dass du hier in Sydney bist.“ Ich sehe ihn immer noch erstaunt an.

„Ich auch nicht.“ Er sieht sich um. „Ich muss aber am Sonntag um 16 Uhr meinen Flieger zurück nach Irland nehmen. Mehr wie 6 Tage Urlaub waren nicht drin und 4 davon verbringe och ja schon im Flieger.“

„Du hättest nicht kommen müssen.“ Sage ich leise und lege meine Hände auf den Bauch.

„Doch Sis, ich habe echt Mist gebaut und muss dafür gerade stehen. Mum hat mich fast verprügelt, als ich es ihr erzählt habe und ich glaube Dad war kurz davor seinen Erstgeborenen mit dem Mähdrescher zu überfahren.“ Ein kleines Grinsen stiehlt sich auf sein Gesicht.

„Du hast es ihnen erzählt?“ frage ich schockiert.

„Ja, ich musste mit ihnen darüber reden. Es stehen noch tausend Fragen im Raum, aber Mum will, das du dich erst einmal auf das hier konzentrierst und wenn du wieder zurück bist, dann sehen wir weiter.“ Er nimmt meine Hand „Wir stehen alle hinter dir. Eins noch: Mum und Dad wissen nicht, das das Baby von O’Connor ist und wenn du deinem Kind nicht irgendwann erklären willst, warum es Halbwaise ist, dann belass es dabei.“ Er sieht mich an und ich grinse nun ebenfalls.

„Nein.“ Sage ich nur.

„Ich habe auch mit Noah und Elin gesprochen…“ er sieht mich prüfend an und ich schlucke. Ich habe mich schon viel zu lange bei keinem von Beiden gemeldet…

„… Sie haben da irgendwie so einen Brandon erwähnt, Elin meinte du hattest ein One Night Stand mit ihm und das fällt irgendwie alles auf den Zeitraum.“ Er sieht mich fragend an.

„Ich hatte ihn im Blue kennen gelernt, er war nett und Christien knutschte mit so einer furchtbaren Tussi…“ ich zucke mit den Schultern.

„Also kommt er auch in Frage?“ Dean sieht mich überrascht an.

„Nein…“ ich schüttele meinen Kopf „Ich gebe zu, ich hatte es vor, aber ich konnte es nicht. Das Taxi hat erst ihn und dann mich nach Hause gebracht. Wir haben nicht miteinander geschlafen.“ Erkläre ich ihm.

„Oh man, das ist gut.“ Dean atmet erleichtert aus.

„Möchtest du morgen Abend ein bisschen Sydney sehen?“ wechsele ich das Thema.

„In deinem Zustand?“ er grinst mich an.

„Rede ich von wilden Partynächten?“ ich lache leise „Nein, Elijah und noch ein paar andere machen, wenn wir alle frei haben, abends ein Lagerfeuer am Strand. Und ich dachte morgen Nachmittag fahren wir in die Stadt. Du willst doch nicht ohne Geschenke für deine Familie wieder zurück fliegen, oder?“

„Hast du morgen eine OP?“ er legt seinen Kopf schief.

„Ja, eine ziemlich schwere, wenn ich ehrlich bin.“ Gebe ich zu „Ich muss gleich noch ein bisschen lesen. Geh doch zu Elijah und den anderen, vielleicht bringen sie dir das Surfen bei.“ Ich zwinkere ihm zu „Du schläfst doch bestimmt hier, oder?“

„Ja, hatte ich geplant.“ Er nickt und lächelt mich an.

Das ist wieder mein Dean…

„Bevor sie dich auf die Couch im Aufenthaltsraum einquartieren…“ ich verdrehe die Augen. Die Couch ist schon nicht bequem, wenn man nur darauf sitzt „… Du schläfst bei mir. Es sei denn, du willst die Couch?“

„Nein, nein…“ er winkt lachend an.

„Letztes Zimmer links.“ Erkläre ich ihm und er nickt. „Bis später!“ ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange und gehe dann wieder an meine Bücher. Morgen und Übermorgen werde ich mir Zeit für ihn nehmen, aber jetzt muss ich mich vorbereiten…

Meine Liste der zu absolvierenden OPs wird immer kürzer und bisher habe ich alles mit Bravur bestanden. Wir haben jetzt mehr Theorieunterricht und bekommen die neusten Techniken bei gebracht, einige der Teilnehmer haben auch schon die ersten Angebote vorliegen.

Ich nicht, aber das habe ich nicht anders erwartet.

Am Freitagnachmittag zeige ich Dean ein wenig von Sydney und wir unterhalten und über alles Mögliche, wir kaufen für Amy und Luke kleine Andenken und ich suche ein schönes Geschenk für Charlie aus.

Samstag gehen Dean und Elijah tatsächlich surfen und ich habe schon lange nicht mehr so viel zu lachen gehabt, die Abende verbringen wir entspannt vor am Lagerfeuer. Wir essen Stockbrot und Würstchen und ich fühle mich so sicher, weit weg von alle dem, was meine Probleme ausmacht.

Spät am Samstagabend nimmt mich Dean zur Seite und ich ahne was kommt…

Wir setzen uns ein wenig abseits der Anderen in den Sand.

„Kleine?“ fragt er ganz vorsichtig und ich sehe ihn an, schon wieder stehen mir die Tränen in den Augen.

Ich bin wirklich ein Sensibelchen geworden… ich kann wegen jeder Kleinigkeit weinen, aber gleichzeitig kann ich auch über alles Mögliche lachen. Es macht mich fast wahnsinnig.

Ich kenne mich einfach nicht so, ich war immer der Meinung, ich bin eine Person, die ihre Gefühle sehr gut im Griff hat. Ich konnte gut von böse trenne und habe das Böse einfach ausgeblendet, das gelingt mir jetzt nicht mehr…

Dean zieht mich in seine Arme.

„Nicht weinen.“ Bittet er mich inständig.

„Es tut mir leid.“ Schluchze ich.

„Hör auf dich zu entschuldigen…“ ich höre das zaghafte Grinsen in seiner Stimme, dann wird er wieder ernst. „Du musst dir Gedanken machen, was du mit O’Connor machst.“ Fährt er fort „Ich weiß nicht, ob Noah oder Elin ihm von deiner Schwangerschaft erzählt haben. Ich habe es ihnen überlasse und ich habe auch kein Statement zu diesem Brandon abgegeben…“ er atmet tief durch.

„Da war doch nichts…“ ich sehe ihn unter Tränen an.

„Ich weiß da, aber wissen das auch die Anderen? Ich glaube nämlich, denen gegenüber hast du das nicht so deutlich ausgedrückt.“ Er nimmt mein Gesicht in seine Hände. „Egal, was du machst… ich bin bei dir und fange dich auf.“ Er küsst meine Stirn.

„Danke Dean.“ Ich lege meinen Kopf an seine Brust und streiche über meinen Bauch.

„Wie sagt Mum so schön…“ er zwingt mich ihn anzusehen „Dieses Kind bekommen wir auch groß.“ Er zwinkert mir zu und ich muss lächeln. Das klingt verdammt nach unserer Mum.

Als wir noch Kinder waren, war bei uns immer der Treffpunkt und es waren mindestens 2 Kinder mehr im Haus, aber meine Mum störte das nicht. Sie hat uns alle immer bemuttert wie eine Glucke und die anderen Mums wussten, ihre Kinder sind in den besten Händen…

Das änderte sich schlagartig, als die ganze Sache mit Christien passierte. Auf einmal stellte die ganze Stadt in Frage, dass meine Mum eine gute Mum ist. Wie kann man eine gute Mum sein, wenn die Tochter eine Stalkerin ist?

Ich schließe gequält meine Augen… Crosshaven hat nicht nur mir etwas genommen. Nein auch meiner Familie…

Meiner Mum das Vertrauen der anderen Mütter. Meinem Dad etliche Aufträge… Mein Bruder floh und ich irgendwann auch.

Crosshaven hat mir eines mit auf den Weg gegeben… Schalte deine Gefühle ab. Wann immer es nötig ist… tue es.

Nur leider klappt das nicht mehr.

Am Sonntag machen alle anderen ein tolles Frühstück, was dann doch eher zu einem Brunch wird und ich fahre Dean zum Flughafen.

„Wir sehen uns in 8 Wochen!“ er drückt mich fest an sich. „Ich liebe Dich.“

„Ich liebe dich auch.“ Ich sehe ihn an und eine Träne läuft langsam über meine Wange.

„Alles wird gut.“ Er streicht sie weg, haucht mir einen Kuss auf die Wange und geht in den Check in.

Vier Wochen vor Beendigung bekomme auch ich überraschender Weise Angebote von gleich 6 Krankenhäusern…

Will bittet mich zu sich, um die Angebote zu besprechen. Ich laufe durch die Flure des Strathfield Hospitals und klopfte an die Tür des Besprechungszimmers.

„Komm rein Bambi.“ Ertönt es von innen und ich betrete den kleinen Raum, der außer einem runden Tisch, vier Stühlen und einigen Büroschränken nicht viel zu bieten hat.

„Setz dich.“ Er bietet mir einen Stuhl an und ich nehme Platz. Ich atme tief durch und streiche meinen Pony aus der Stirn.

„Wie lief es heute?“ er sieht mich fragend an.

„Gut würde ich sagen.“ Antworte ich. Ich finde es immer schwer seine eigene Leistung zu beurteilen.

„Du wirst diese Ausbildung mit Auszeichnung bestehen.“ Er lächelt leicht. „War ja nicht anders zu erwarten bei diesem Lehrer.“ Er macht einen gerade Rücken und ich lache leise.

„Hast du jemals daran gezweifelt?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch.

„Nicht eine Sekunde.“ Kommt es sofort von ihm. Er sortiert die Papiere vor sich. „Also gut, du hast Angebote vom Shriners Hospitals for Children in Salt Lake City…“ er blättert die Unterlagen durch. “Sie bieten dir ein richtig gutes Gehalt, ein Haus zur Miete und sie würden deine Umzugskosten übernehmen.“ Er sieht mich an.

„Salt Lake City?“ ich zucke mit den Schultern „Und die wissen, das ich ein Kind bekomme?“

„Ja, das wissen alle. Sie bieten die alle ausnahmslos eine Kinderbetreuung in den krankenhauseigenen Institutionen an.“

„Die anderen Krankhäuser haben alle fast die gleichen Konditionen, nur das Gehalt variiert natürlich.“ Er nimmt sich die anderen Unterlagen zur Hand „Also, du hast folgende Auswahlmöglichkeiten…“ er räuspert sich „… Wie schon erwähnt Shrines Hospital in Salt Lake City, Utah, USA; das Lacewood Childrens Hospital in Halifax, Nova Scotia, Canada; das Pitié-Salpêtrière Hospital in Paris, Frankreich; das Territory Hospital in Darwin, das Al Zahra Hospital in Dubai in den Vereinigten Emiraten, das Sofianova in Helsinki im schönen, warmen Finnland…“ er zwinkert mir zu und ich lächle leicht „Und ach ja, ich habe hier noch ein Angebot bekommen.“ Er reicht mir eine Mappe über den Tisch.

Ich nehme sie zur Hand und lese die erste Seite.

„Das St. Francis macht mir ein Angebot?“ ich sehe ihn erstaunt an.

„Ich habe mit Miranda gesprochen, wir können dir nicht so viel Geld bieten, wie wir gerne wollen, aber es ist ein gutes Angebot.“ Er sieht mich prüfend an.

„Ich dachte ich gehe einfach so wieder zurück und arbeite normal weiter.“ Gestehe ich.

„Du bist jetzt eine gefragte Kinderkardiochirurgin, das St. Francis muss dir, wie alle anderen auch, ein Angebot machen und es liegt an dir, ob du es annimmst.“ Erklärt er mir.

Ich überfliege die Papiere und stutze.

„Das wollt ihr mir zahlen?“ ich deute auf die Zahlen auf der zweiten Seite.

„Ja…“ er lacht leise „Und damit liegen wir noch weit unter dem was dir das Al Zarah anbietet.“

„Ich bleibe.“ Sage ich sicher und er strahlt.

„Ich freue mich, wirklich Bambi, das ist toll und ich habe mit Miranda besprochen, dass du die Kardiochirurgie übernehmen wirst. Wir werden das Kinderherzzentrum weiter ausbauen und es zu einem der Besten machen.“ Ihm steht der Stolz und die Vorfreude ins Gesicht geschrieben.

„Ich danke dir sehr.“ Ich lese weiter, auch hier bekomme ich eine Kinderbetreuung am dem 3. Lebensmonat und wenn ich möchte, dann kann ich umziehen. Mehrer Häuser sind aufgelistet und ich staune. Das hat Miranda sicher den letzten Nerv gekostet. Ganz unten hat auch Christien unterschrieben und ich schlucke.

„Miranda sagt, es geht ihm nicht sonderlich gut damit.“ Sagt Will leise und ich sehe auf. „Er wollte dir kein Angebot machen. Miranda, Noah und ich haben darauf bestanden.“ Erklärt er weiter und ich nicke leicht.

Er will mich nicht mehr in seiner Nähe haben…

„Okay.“ Sage ich und ringe mich zu einem lächeln durch. „Hat sich Oliver schon entschieden?“

„Ja, er geht nach Stockholm, er hat ein sehr gutes Angebot bekommen. Hat Elijah schon was zu dir gesagt?“ er wirft mir einen fragenden Blick zu.

„Er schwankt zwischen Halifax, Paris und Dubai.“ Gebe ich zu.

In der letzten Woche, saßen Elijah und ich lange mit Landon und Cameron zusammen, da wir fast alle von den gleichen Krankhäusern angeworden werden. Die drei Jungs werden nicht an ihre alten Krankenhäuser zurück gehen, aber das war ihnen von vorne herein bewusst…

Ich bin traurig, das Elijah nicht wieder mit mir im St. Francis arbeiten wird, aber ich weiß auch, dass Miranda nur einem von uns ein Angebot machen kann.

Er wird mir fehlen, seine fröhliche und ehrliche Art macht es mir hier so leicht, mich wohl zu fühlen.

„Danke Bambi.“ Will mustert mich, ich bin ganz in meine eigenen Gedanken versunken und sehe ihn verwirrt an.

„Danke?“ frage ich leise.

„Ja, das du das Angebot annimmst.“ Er nickt leicht „Ich weiß, das das keine einfache Entscheidung ist.“

„Wird schon irgendwie werden.“ Ich zucke wieder mit den Schultern…

Irgendwie, ein schreckliches Wort.

„Ich beglückwünsche sie zum erfolgreichen Absolvieren dieser Ausbildung. Ich weiß, wir haben ihnen in den letzten 6 Monaten viel abverlangt, aber ich weiß auch, das ich sie jetzt alle mit einem guten Gewissen in die Welt schicken kann. Vor mir stehen die zukünftigen Eliteärzte der Welt. Wenn sie alle das große Geld verdienen, dann denken sie dran, der Strathfield - Stiftung vielleicht auch eine kleine Spende zukommen zu lassen.“ Dr. Strathfield zwinkert uns zu und hier und da ertönt leises Gelächter. In der letzten Woche haben sich alle entschieden und nur ich und eine weitere Kollegin werden an ihre alten Krankhäuser zurück gehen. Elijah geht nach langem Überlegen für Paris entschieden und ich bin froh, denn so werde ich ihn ab und zu besuchen können. Mit dem Flieger sind es gerade Mal zwei Stunden.

Ich verabschiede mich von den Leuten, mit denen ich in den letzten Wochen auf engem Raum zusammen gewohnt, gearbeitet und gelebt habe.

Um 21:50 Uhr heben wir ab und ich sehe Sydney unter mir zu einem Lichtermeer werden. Die Zeit hier war schön, es war die richtige Entscheidung.

In den letzten Tagen geht es mir nicht sonderlich gut, ich hatte bei meinen letzten OPs mit meinem Kreislauf zu kämpfen und ich bekomme kaum einen Bissen runter, ohne dass mir schlecht wird.

Ich habe Angst was mich zurück in Dublin erwartet… Ich weiß nur, dass mich am Flughafen erst einmal Noah und Elin erwarten. Ich hatte kurz mit ihnen gesprochen, nachdem Dean hier war, aber dann hat mich die Arbeit verschlungen und ich kam zu nichts… Dean und ich haben erst vorgestern kurz gesprochen und er sagte mir, dass die Beiden mich in Dublin abholen und nach Hause bringen. Er kann mich nicht abholen, da bei Charlie jeden Tag so weit sein kann, dass das Baby kommt.

„Wie geht es dir?“ Elijah sieht mich besorgt an, da ich auf meinem Sitz hin und her rutsche.

„Gut, nur tut mir mein Po langsam weh.“ Gebe ich zu. Die erste Etappe dauert fast 15 Stunden, dann werden wir in Abu Dhabi landen und haben tatsächlich 3 Stunden Zeit umzusteigen. Das heißt wie müssen nicht wieder über den Flughafen hetzen. Das wäre jetzt auch schwer, aus meinen zwei Reistaschen sind vier geworden… Was soll ich sagen?

Ich bin eine Frau, das muss als Ausrede reichen.

Die erste Etappe kann ich kaum ruhig sitzen, weil mein Bauch langsam im Weg ist und ich wirklich einfach nicht mehr sitzen kann…

Elijah versucht mich abzulenken, wir schauen einen so sinnfreien Film, dass der schon fast wieder gut ist. Dann lese ich ein bisschen, endlich Mal kein medizinisches Fachbuch. Obwohl, das ist nicht ganz richtig… Ich bereite mich mit Fachlektüre auf die Geburt vor. Ich glaube aber fast, ich hätte es lieber sein lassen sollen, zu viel Wissen ist auch nicht gut. Das umsteigen in die Maschine nach Paris klappt reibungslos und dann sitzen wir auch schon wieder… ich sehne das Ende dieser Fliegerei herbei.

Elijah hat beschlossen sich ein paar Tage Paris anzuschauen und sich mit seinem neuen Chef zu treffen, auch Oliver verlässt uns in Paris und fliegt weiter nach New York. Wir nehmen den größten Teil ihres Gepäckes mit und es wird von Freunden oder der Familie am Flughafen abgeholt.

Die letzten zwei Stunden sitze ich also neben Will und versinke in meinen Gedanken.

Wie wird es jetzt weiter gehen?

Ich meine beruflich habe ich alles geklärt… Ich werde in ein kleines Haus umziehen und weiterhin mit den Kollegen zusammen arbeiten, die ich schon Jahrelang kenne.

Aber privat?

Katastrophe.

Super GAU.

Desaster.

Armageddon.

Ich schließe gequält meine Augen und beobachte die Wolken, die wie Zuckerwatteberge unter uns liegen. Auf einmal kommt mir fliegen doch nicht so schlimm vor. Wenn ich bedenke, was mich darunter erwartet…

„Kommst du klar?“ erkundigt sich Will besorgt, als wir uns im Landeanflug befinden.

„Hmm, ich denke schon.“ Ich sehe ihn leicht planlos an.

„Mach dir erst einmal einen schönen Abend mit Noah und Elin. Morgen Vormittag kommst du dann in der Klinik vorbei, mit Miranda ist alles abgeklärt, in zwei Wochen gehst du in den Mutterschutz.“ Er hält meine Hand als wir aufsetzen.

„Danke Will.“ Ich beobachte die Menschen, die jetzt alle fluchtartig das Flugzeug verlassen.

„Stell deine Uhr um.“ Will sieht zu mir und hantiert an seiner Armbanduhr herum.

Auch ich stelle meine von 02:30 Uhr auf 16:30 Uhr, ich glaube ich werde noch ein paar Tage mit der Zeitumstellung zu tun haben.

Wir verlassen als Letzte das Flugzeug und begeben uns zum Gepäckband. Als wir mit unseren Trollis durch die Glastür treten, entdeckt mich Elin sofort und fängt an zu kreischen.

„ELLE! ELLE! Hier bin ich!“ sie hüpft auf und ab.

Ehrlich jetzt?

Ich hätte Elin mit ihren knallroten Haaren fast übersehen…

Ich schiebe meinen Trolli vor mich her und werde kaum das ich den abgesperrten Bereich verlassen habe, von ihr in eine stürmische Umarmung gezogen.

„Es tut so gut dich zu sehen!“ sie strahlt mich an. „Endlich bist du wieder da!“

„Ja endlich.“ Ich versuche mich zu einem echten lächeln durchzuringen.

„Hey Elle!“ auch Noah, von dem ich erst jetzt Notiz nehme, zieht mich in seine Arme.

„Wow, wenn ich es nicht sehen würde, dann würde ich es immer noch nicht glauben.“ Er streicht über meinen Bauch.

„Hallo Noah! Hallo Elin!“ begrüßt auch Will die Beiden, ehe er mir meine Sweatjacke reicht. „Die hast du beim Gepäckband liegen lassen.“ Er zwinkert mir zu.

Noch eine “Nebenwirkung“ meiner Schwangerschaft, ich lasse ständig meine Sachen liegen. Zum Glück passiert mir das im OP nicht.

„Bis morgen.“ Ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange und ziehe die Jacke an. Es ist zwar Sommer hier, aber wesentlich kälter wie in Sydney.

„Bis morgen Bambi!“ er zwinkert mir zu und geht dann zu seiner Frau, die ich bisher erst ein einziges Mal gesehen habe. Ich winke auch ihr kurz zu und wende mich dann wieder Elin und Noah zu.

„Wieder zu Hause.“ Noah nimmt mir den Trolli ab und wir begeben uns Richtung Ausgang.

„Ja, zu Hause.“ Sage ich leise.

Elin legt ihren Arm um mich und sieht mich besorgt an, ich bemerke ihren Blick und lächle leicht.

„Es ist schön euch wieder zu haben.“ Ich sehe sie und Noah dankbar an.

Es ist eine angespannte Stimmung im Auto auf dem Weg zu meiner Wohnung und ich kann nicht sagen, ob es nun daher kommt, weil ich so angespannt bin oder daher, das Elin und Noah wichtige Fragen auf der Seele brennen.

Dann schließe ich das erste Mal seit über 6 Monaten meine Haustür auf und Noah bringt meine Taschen ins Schlafzimmer. Ich trete ans Fenster und sehe auf die Stadt, die einmal meine Stadt war.

„Können wir kurz reden?“ Elin tritt hinter mich „Wenn wir es nicht tun, dann drehe ich durch.“ Gibt sie zu und ich drehe mich grinsend zu ihr um.

„Klar doch.“ Ich setze mich auf meine Couch und atme schwer.

„Alles Okay?“ Noah springt auf und sieht mich besorgt an.

„Ja…“ ich winke lächelnd ab „Ich habe noch fast 7 Wochen, mir geht es gut.“

Noah setzt sich neben mich und nimmt meine Hand.

„Schießt los! Was brennt euch so unter den Nägeln?“ ich sehe beide nach einander an.

„Ich habe schon Dean gefragt, aber er meinte ich soll dich fragen…“ setzt Elin an und ich lege meinen Kopf schief.

Um was genau geht es hier eigentlich?

„Du hast ja damals auch was mit diesem Brandon gehabt. Wie kannst du dir so sicher sein, das das Baby von Christien ist?“ rückt sie endlich mit der Sprache raus und mir klappt die Kinnlade runter.

„Was?“ ich schüttele meinen Kopf und stehe auf.

Darum geht es die ganze Zeit?

Ich atme ganz tief durch, dann drehe ich mich wieder um.

„Wie kommt ihr auf die Idee, ich habe mit Brandon geschlafen? Ihr seid davon ausgegangen, ohne mich zu fragen…“ ich merke wie die Wut in mir aufsteigt.

Kann ich ihnen das wirklich verübeln?

Eher nicht, ich war ja schließlich nicht dafür bekannt, jemals ein One Night Stand auszulassen.

Beide sehen mich betreten an.

„Ich habe nicht mit ihm geschlafen, ich habe ihm nicht einmal meine Handynummer gegeben. Er hat von mir zum Abschied einen Kuss auf die Wange bekommen und dann habe ich ihn zu Hause abgesetzt, ehe ich selber nach Hause gefahren bin.“ Erkläre ich ihnen und Elin sieht mich betroffen an. „Ihr habt es ihm gesagt, oder?“

Noah macht den Mund auf und ich sehe, er will mich etwas fragen.

„Ich rede von Christien, Gott Noah, ich bin nicht auf den Kopf gefallen.“ Fahre ich ihn an.

„Ja.“ Sagt Elin schließlich.

„Und der geht davon aus, dass das Kind von Brandon ist? Herrgott, wir haben keine 48 Stunden vorher miteinander geschlafen.“ Ich lehne meinen Kopf an die kühlende Fensterscheibe.

„Es tut mir leid.“ Elin steht auf und will mir ihre Hand auf die Schulter legen, doch ich winke ab.

„Weißt du warum ich nicht mit ihm geschlafen habe?“ ich drehe mich um und sehe sie an.

In ihrem Blick liegt Verwirrung und Angst… Die Elle, die sie kannte, ist weg. Jetzt gibt es nur noch die neue Elle und die ist anders…

Wie in Zeitlupe schüttelt sie ihren Kopf.

„Mir war zu diesem Zeitpunkt schon bewusst, dass ich ihn liebe. Ich habe mir eine ganze Zeit selber vor gemacht, es nicht zu tun. Aber ich hatte mir wieder in ihn verliebt, ich glaube, ich hatte niemals aufgehört ihn zu lieben.“ Ich schlucke schwer und gehe in die Küche.

Ich stütze meine Hände auf der Arbeitsfläche ab und atme tief durch.

„Warum hast du mir nichts gesagt? Ich bin deine beste Freundin.“ Elin folgt mir und bleibt in der Tür stehen.

„Weil es mir schwer fiel, es mir einzugestehen. O’Connor ist Schuld, das ich mich in Crosshaven auch nach 10 Jahren nicht blicken lassen kann, ohne meinen Blick, bei jedem der mir entgegen kommt, zu senken. Er hat mir einmal das Herz gebrochen, ich wollte es nicht ein zweites Mal durchmachen müssen. Deshalb habe ich das Angebot von Will angenommen. Ich wollte endlich mit ihm ein für alle Mal abschließen und ja…“ ich sehe sie an „… Ich hatte wirklich vor, wo anders hin zu gehen. Dann passierte das alles.“ Ich lege meine Hand auf meinen Bauch „Du hast nicht die geringste Vorstellung davon, was das für ein Schock war… Aber ich habe gekämpft, ich habe alles erreicht. Ich habe Angebote aus den USA, aus Kanada, aus Frankreich und sogar aus Abu Dhabi bekommen. Aber ich habe mich für Dublin entschieden…“ ich sehe aus dem Fenster „Sag mir jetzt bitte nicht, das meine Freunde von alle dem, was damals in mir vorgegangen ist, nichts  mit bekommen haben. Denn dann, muss ich an unsere Freundschaft zweifeln.“ Ich sehe sie wieder an.

„Ich habe es gesehen.“ Sagt Noah leise und kommt in die Küche „Ich habe oft mit Elin zusammen gesessen und wir haben überlegt, was wir tun können. Aber weder du noch Christien wolltet Hilfe haben. Es tut mir leid.“ Er nimmt mich in den Arm.

„Kannst du mir verzeihen?“ Elin steht noch immer im Türrahmen.

„Komm schon her.“ Ich winke sie zu mir und wir drei umarmen uns.

Nach einer gefühlten Ewigkeit setzen wir uns wieder ins Wohnzimmer, welches von dem Licht der untergehenden Sonne erfüllt ist.

„Und du hast nicht einmal einen Tag frei?“ Noah sieht mich fragend an.

„Ich wollte nicht…“ ich sehe ihn an und lächelt leicht „Ich habe von Kian, Dr. Kian Morris, dem Oberarzt der Kinderstation, eine Akte zugeschickt bekommen. Die Kleine braucht dringend eine Herz OP und ich bin qualifiziert. Außerdem würde ich die beiden Wochen angebotenen Urlaub nehmen, dann würde ich dann gleich in den Mutterschutz gehen und die Kleine müsste mindestens 4 Monate warten. Das kann ich ihr nicht antun.“ Erkläre ich ihm und er nickt verständnisvoll.

„Du willst nach 3 Monaten schon wieder arbeiten?“ Elin sieht mich schockiert an.

„Ja, das habe ich vor. Der oder die Kleine kann dann in die Betreuung. Natürlich noch nicht Vollzeit, aber ich gehöre jetzt in den OP. Das St. Francis wird ein Kinderherzzentrum aufbauen, deshalb haben sie mich angeworben.“ Ich knete meine Hände. Sie sind in den letzten Monaten sensibler geworden, weil sie darauf trainiert wurden. Jetzt habe ich Chirurgenhände… schießt es mir durch den Kopf.

„Du siehst müde aus.“ Wechselt Noah das Thema und ich nicke schwach.

„Ich bin wirklich müde.“ Gebe ich zu.

„Wir lassen dich jetzt alleine. Soll ich mit Christien sprechen?“ er steht auf und hilft mir hoch.

„Nein. Wenn er mit mir reden will, dann hat er jede Möglichkeit dazu.“ Erwidere ich „Morgen wir eure neue Kinderkardiochirurgin vorgestellt.“

„Wow Elle…“ Noah nimmt mich in den Arm „Noch vor einem Jahr hätte ich das nicht geglaubt, aber jetzt sieh dich an.“

„Schlaf schön!“ auch Elin nimmt mich in den Arm und ich schließe die Tür hinter ihnen.

Ich sehe mich in meiner Wohnung um… Morgen muss ich erst einmal einkaufen gehen. Die Grundausstattung haben zwar Noah und Elin eingekauft, aber ab und zu bekomme ich dann doch merkwürdige Gelüste.

Jetzt verspüre ich nur ein dringenden Wunsch, den nach meinem Bett.

Ich ziehe mir ein T-Shirt und Shirts an und krieche unter meine Bettdecke. Elin hat das Bett frisch bezogen und es duftet so herrlich. Ich liebe es in frisch gewaschener Bettwäsche einzuschlafen.

Mein Wecker klingelt und ich bin völlig verwirrt und desorientiert.

Ich hieve mich aus dem Bett und schlurfe ins Bad. Ich hole mein Waschzeug aus meinem Koffer und mache mich ein wenig frisch, dann sitze ich in meinem Auto und fasse es nicht, dass ich auf dem Weg ins St. Francis bin. Noch vor einer Woche bin ich jeden Morgen ins Strathfield Hospital gefahren.

Da war ich eine von Vielen, jetzt bin ich die Eine…

Ich gehe mich umziehen und ziehe meine grüne OP Kleidung an.

Von hellblau zu grün…

Ich betrachte mich im Spiegel, in den letzten Monaten habe ich knapp 8 kg zugenommen, nicht sehr viel, aber völlig ausreichend.

Mir fällt ein, das ich meinen Gynäkologen anrufen muss und ich mache mir einen Notiz und klebe sie in meinen Spint.

Dann gehe ich in Richtung des Konferenzraumes. Einige Kollegen entdecken mich und begrüßen mich freundlich.

Sie fragen mich nach Australien und ich gebe gerne Auskunft.

„Ist es jetzt nicht doof für dich, das das St. Francis einen Kinderkardiochirurgen einstellt?“ mein Kollege sieht mich fragend an und ich lächle.

„nein, nein…“ ich winke ab und wir betreten den Konferenzraum.

Sofort entdecke ich ihn, er steht mit Will und Miranda am Ende des langen Tisches und sie scheinen in eine Diskussion vertieft zu sein.

Seine dunkelbraunen Haare sind länger und sein Pony hängt ihm ins Gesicht, seine Gesichtszüge wirken kantiger und härter und als er aufsieht und mich entdeckt, da verfinstern sie sich nochmals um eine Nuance.

Ich nicke ihm kurz zu, atme tief durch und setze mich.

Als endlich alle da sind, erhebt er sich.

„Ich freue mich William und Dr. Robertsen wieder im St. Francis begrüßen zu dürfen…“ beginnt er.

LÜGNER!

„William wird ab heute wieder seinen Oberarztposten in der Allgemeinchirurgie bekleiden und ich freue mich euch allen unsere neue Kinderkardiochirurgin und Leiterin des geplanten Kinderherzzentrums vorstellen zu dürfen. Dr. Elizabeth Robertsen.“ Er sieht in die Runde und die Kollegen sehen mich an und applaudieren.

„Das St. Francis freut sich sehr, das Dr. Robertsen unser Angebot angenommen hat.“ Er nickt mir kalt zu.

LÜGNER!

„Vielleicht möchte Dr. Robertsen jetzt auch ein paar Worte sagen.“ Er setzt sich und sieht mich durchdringend an.

Ich stehe auf und lächle krampfhaft in die Runde „Es freut mich sehr wieder hier zu sein…“

LÜGNERIN!

„Ich freue mich auf den Aufbau des Kinderherzzentrums und auf unsere Zusammenarbeit. In Sydney, in Brisbane und in Darwin habe ich die beste Ausbildung bekommen und fühle mich den Herausforderungen gewachsen.“ Ich sehe in die Runde „Privat wird sich mein Leben auch ändern und da passt es sehr gut, dass ich mich auch beruflich ändere. Danke.“ Damit setze ich mich wieder und die Fallbesprechung beginnt, wie üblich an einem Dienstag hektisch aber dennoch geordnet.

„Bambi? Ich habe hier noch einen Fall für dich und ich hoffe du übernimmst ihn. Ich würde die OP gerne auf Donnerstag ansetzen und den Jungen aus London einfliegen lassen.“ Dr. Morris reicht mir eine Akte und ich überfliege sie.

„Dann buche bitte einen OP…“ ich lese weiter „4 Stunden musst du mindestens einplanen, das wird knifflig.“ Ich studiere weiterhin die Akte „Kian? Haben wir Kinder – OP – Schwestern?“ ich sehe ihn fragend an.

„Bisher nicht.“ Gibt er zu.

Ich sehe zu Miranda. „Miranda, wir sollten Ausschreibungen machen. Es macht einen Reisenunterschied.“ Ich sehe sie an und sie nickt.

„Es waren sowieso Neueinstellungen für das Herzzentrum geplant.“ Erklärt sie mir lächelnd.

„Das ist gut. Also für diese OP brauchen wir 3 Schwestern, einen Anästhesisten und einen Röntgenassistenten.“ Erkläre ich ihm und er schreibt mit. „Das Aufklärungsgespräch führe ich morgen, nach der OP an der kleinen Alicia, mit den Eltern von…“ ich sehe auf den Umschlag „Brandon.“

Oh wie passend…

„Gut, brauchst du sonst noch irgendetwas? Die Instrumente, die du bestellt sind da und einsatzbereit, auch das neue Herzecho und die anderen Sachen deiner Liste.“ Kian sieht mich an und ich nicke zufrieden.

„Das wird sich in den ersten OPs zeigen.“ Erwidere ich lächelnd.

„Ich möchte, dass sämtliche Anschaffungen demnächst über meinen Schreibtisch gehen.“ Christien sieht Kian an „Wir haben erheblich höhere Kosten durch die Einstellung von Dr. Robertsen und müssen erst warten, dass sich das Herzzentrum rentiert.“ Fügt er hinzu und Kian nickt überrascht.

„Klar.“ Gibt Kian zurück „Die Eltern von Alicia erwarten dich heute Nachmittag nach der kleinen OP an John.“ Er reicht mir eine weitere Akte. Das nenn ich mal mit Arbeit zugeschüttet zu werden…

„Bambi, achte ein wenig auf dich. Ich musste es Mel versprechen.“ Will zwinkert mir zu und ich nicke lächelnd.

Dann begeben wir uns alle auf Station und der erste Tag geht so wahnsinnig schnell vorbei. In der Mittagspause treffe ich mich mit Elin und Noah und wir reden über belangloses Zeug.

Am nächsten Tag habe ich meine Feuertaufe im St. Francis und bestehe sie mit Bravur. Dann wird schon unser neues Patient, Brandon, zusammen mit seinen Eltern eingeliefert und ich gehe mit ihnen die OP in alle Einzelheiten durch.

Am Donnerstag geht es mir nicht so gut, aber ich schiebe es auf den Stress der letzten Tage. Heute schauen Elin und Noah bei der OP zu, als ich den OP Saal betrete winke ich ihnen kurz zu.

Die Schwester steckt meinen I-Pod in die Anlage, ich liebe es zu guter Musik zu operieren. Die ersten Klänge von Read about it von Emilie Sande erklingen und ich beginne mit der OP. Ich bin fast fertig, als ich ein heftigen Schmerz im Unterleib verspüre… Ich atme tief ein und aus und schließe kurz meine Augen.

Ich muss das hier zu Ende machen… der kleine Brandon hängt an der Herz Lungen Maschine und muss in den nächsten 20 Minuten wieder abgekoppelt werden.

„Elle? Was ist los?“ ertönt Noahs Stimme über die Lautsprecher.

„Alles gut.“ Erwidere ich gepresst.

„Sie bluten Dr. Robertsen.“ Die Schwester neben mir reißt die Augen auf und ich sehe an mir runter, Blut vermischt mit Fruchtwasser läuft mir die Beine runter.

„Halb so schlimm. Pass auf, dass du nicht hin fällst.“ Sage ich zu ihr.

Habe ich das gerade wirklich gesagt?

Ich konzentriere mich weiterhin auf meine OP und Kian sieht mich immer besorgter an.

„Komm jetzt sofort aus dem OP!“ Noah steht mit einem Mundschutz an den Mund gepresst in der Schleuse und sieht mich durchdringend an.

„Ich brauche nur noch 5 Minuten.“ Presse ich heraus und dann sehe ich zu Alex „Saugen.“

„Sofort raus aus dem OP!“ nun erscheint Christien hinter ihm und sieht mich ungläubig an.

„Ich habe es gleich.“ Gebe ich unwirsch zurück.

Meine Schmerzen werden schlimmer, aber wenn ich jetzt aufhöre, dann waren die letzten 3 Stunden umsonst und Brandon ist nicht geholfen.

„Nahtmaterial.“ Ich sehe zu Kian und merke wie mir der Schweiß auf der Stirn steht.

Ich nehme den Nadelhalter in meine Hand und merke wie meine Hand zittert, ich schließe kurz meine Augen, versuche mich zu sammeln und schaffe es schließlich, dass sich meine Hände beruhigen. Ich mache die Naht fertig und lege das Nahtbesteck zur Seite.

„Er kann von der Herz – Lungen – Maschine abgekoppelt werden.“ Ich krümme mich vor Schmerzen und starre gleich wieder das kleine Herz an. Die große Maschine geht aus und ich warte auf die erste Schläge des Herzens.

„Stimulieren.“ Sage ich zu Kian und er schockt es einmal.

Dann endlich beginnt es zu schlagen und ich sacke zusammen.

Noah ist sofort bei mir und hilft mir hoch.

„Komm schon Elle sieh mich an.“ er setzt mich im Vorbereitungsraum auf den Boden und zwingt mich ihn anzusehen.

„Es ist viel zu früh.“ Stöhne ich unter Schmerzen.

„Was ist passiert?“ fragte er besorgt.

„Ich weiß es nicht, aber ich habe Fruchtwasser verloren, viel Fruchtwasser und Blut.“ Ich sehe unter Tränen an. „Ihr darf nichts passieren. Bitte Noah.“ Flehe ich ihn an.

„Ihr?“ er lächelt leicht und hilft mir aufzustehen.

„Ja.“ Auch ich lächele.

Meine kleine Prinzessin.

Mein kleiner Engel.

Er bugsiert mich auf ein Bett, welches im Flur steht.

„Was denken sie sich eigentlich?“ Christien kommt zu mir gelaufen.

„Gar nichts.“ Gebe ich schwach zurück.

„Das merke ich. Denkst du ab zu überhaupt nach?“ fährt er mich an.

Vom sie zum du in weniger wie 10 Sekunden…

„Christien, sie muss in die Gynäkologie, oder euere Tochter kommt hier im Flur zur Welt. Ich bin kein Gynäkologe, aber es muss schnell was passieren.“ Noah schiebt ihn zu Seite.

„Es kann genauso gut das Kind von…“ setzt Christien an.

„Nein, verdammt noch Mal Chris, kann es nicht!“ Noah schreit ihn an „Elle hat niemals mit dem anderen Typen geschlafen.“ Er schiebt mich in den Fahrstuhl und drückt auf die 2. Die Türen gleiten lautlos zu und dann kurze Zeit später wieder auf.

„Ich brauche Hilfe.“ Ruft er in den Flur und zwei Ärztinnen kommen sofort zu uns.

„33. Woche, Abgang von Fruchtwasser und Blut vor knapp 30 Minuten.“ Erklärt er einer von ihnen.

„Und dann kommt ihr erst jetzt?“ sie sieht mich an und runzelt die Stirn.

„Soll ich ein Kind im OP sterben lassen?“ frage ich leise.

Sie schiebt mich in einen Behandlungsraum und macht sofort eine Sono.

„Die Herztöne sind schwach…“ sie sieht mich an „Wir müssen sofort einen Notkaiserschnitt machen.“

Ich sehe panisch zu Noah.

„Ganz ruhig Elle, alles wird gut. Ich passe auf sie auf.“ Er nimmt meine Hand.

Plötzlich steht Christien in der Tür.

In seinem Gesicht spiegelt sie die komplette Brandbreite menschlicher Gefühle… Verwirrung, Angst, Zuneigung, Wut und schlussendlich der Schrecken darüber was hier gerade passiert.

„Dr. O’Connor, das ist kein guter Zeitpunkt.“ Eine der Ärztinnen schiebt ihn bestimmt zur Seite.

„Ich denke doch.“ Sagt er leise „Es geht um meine Freundin und unsere Tochter.“

Die Ärztin hält in der Bewegung inne und sieht erst ihn und dann mich an.

„Schön und gut, aber ihre Freundin bekommt jetzt eine Vollnarkose und ich verspreche ihnen, wir werden alles tun, um ihrer Tochter zu helfen.“ Sie sieht ihn an und macht dann weiter ihre Arbeit.

Der Anästhesist, mit dem ich bis vor 15 Minuten im OP war, taucht auf und legt mir einen Zugang.

„Ganz ruhig Elle, du wirst gleich schlafen.“ Sagt er beruhigend zu mir.

Christien kommt zu mir und nimmt meine Hand.

„Alles wird gut Baby, ich verspreche es dir.“ Er küsst meine Stirn „Ich komme mit den OP.“ Sagt er an eine der Ärztinnen gewandt.

„Oh nein, das lassen sie bleiben…“ höre ich sie protestieren.

Dann schlafe ich ein.

Traumlos.

Langsam werde ich wach und gewinne die Oberhand und die Kontrolle über meinen Körper zurück. Es tut mir nichts weh und das finde ich ein wenig seltsam…

Ich bewege leicht meine Hand und öffne meine Augen. Das Licht tut weh, es ist viel zu hell und ich brauche einige Anläufe, ehe ich meine Augen auf lassen kann.

Christien und Noah stehen in der Ecke und unterhalten sich über irgendetwas, ich verstehe nicht worum es geht, aber Christien macht keinen glücklichen Eindruck, ebenso wenig wie Noah…

„Hey.“ Sage ich schwach und beide drehen sich sofort zu mir um.

„Hey.“ Chris setzt sich an mein Bett und nimmt meine einbandagierte Hand.

Ich schlucke schwer, mein Hals brennt.

„Wasser?“ krächze ich und Noah reicht mir eine Flasche mit Strohhalm.

Ich trinke ein paar Schlucke und es tut so wahnsinnig gut.

„Wo ist sie?“ ich sehe von Noah zu Christien.

„Sie ist auf der Frühchen Station…“ Christien sieht mich an „Sie ist 45 cm lang und wiegt 1950 g. Sie ist wunderschön.“ Tränen stehen ihm in den Augen.

„Ist sie gesund?“ ich traue mich kaum die Frage zu stellen.

„Sie ist zu klein und zu leicht…“ Noah atmet tief durch „Sie ist an der Beatmung, alleine schafft sie es noch nicht. Aber alle anderen Tests sehen gut aus.“

„Ich will sie sehen.“ Ich versuche hoch zu kommen.

„Du bist zu schwach.“ Christien drückt mich zurück ins Kissen.

„Ich muss sie sehen…“ die ersten Tränen laufen über meine Wangen „Ich muss, verstehst du. Das ist meine kleine Prinzessin.“

„Sie ist unsere kleine Prinzessin…“ er streicht mir meine Tränen weg „Ich weiß, ich komme in Teufels Küche…“ er seufzt „Noah holst du einen Rollstuhl?“ er sieht zu Noah und dieser geht raus.

„Versuch dich aufzusetzen.“ Weist mich Christien an und ich gehorche ihm.

Ach, da sind die Schmerzen, die ich vermisst habe…

Ich schließe kurz meine Augen.

„Komm her Baby.“ Christien nimmt mich auf den Arm und als Noah mit dem Rollstuhl rein kommt, da setzt er mich ganz vorsichtig ab.

„Geht es?“ fragt er besorgt und ich nicke leicht.

Er nimmt meine Infusionen von den Ständern und hängt sie an den Rollstuhl ehe wir Richtung Fahrstuhl fahren und dann vom 1. Stock in den 3. fahren.

Wir sind fast da, als sich Kian uns in den Weg stellt.

„Das ist ein Spaß, oder?“ er sieht Christien und Noah strafend an.

„Ich muss sie sehen.“ Weine ich leise.

„Kurz, ja?“ lässt sich Kian erweichen und ich bekomme einen gelben Schutzkittel übergezogen.

Christien schiebt mich in den Raum, in dem der Brustkasten steht und ich sehe sie das erste Mal. Sie ist so winzig, sie hat ganz viele dunkle Haare die unter einer kleinen rosanen Mütze versteckt sind, sie ist an viele Geräte angeschlossen und ich kenne jedes Einzelne.

Trotzdem schockiert es mich, hier liegt meine kleine Tochter.

„Willst du sie kurz nehmen?“ Kian sieht mich an und ich nicke stumm.

Er legt mir eine Wärmedecke auf die Brust und holt sie dann aus ihrem Brutkasten.

Ganz vorsichtig legt er sie mir auf die Brust und ich denke mein Herz muss gleich aus meiner Brust springen.

Ich streiche über ihr Köpfchen, streichle ihre zarten Händchen und ihren kleinen Rücken.

„Du bist perfekt.“ Flüstere ich „Meine kleine Prinzessin.“ Eine Träne tropft auf ihre Schulter und ich wische sie sanft weg.

„Unsere Prinzessin.“ Ich habe nicht gemerkt, dass sich Christien neben mich gesetzt hat und Kian und Noah augenscheinlich verschwunden sind. Einzelne Tränen laufen über seine Wangen, als er die Kleine betrachtet.

„Sie ist so wundervoll.“ Er streicht ihr auch übers Köpfchen und sie räkelt sich. „Es tut mir leid.“ Sagt er leise und ich sehe ihn an, er betrachtet immer noch unsere kleine Tochter.

Plötzlich sieht er auf und ich sehe seine Liebe darin.

„Es war ein Spiel mit dem Feuer und ich habe mich verbrannt.“ Gebe ich zu.

„Ich habe mich wieder in dich verliebt, als du mir am ersten Tag die Hand gegeben hast. Da warst du plötzlich wieder, all die Jahre habe ich versucht etwas zu finden, aber ich wusste nicht einmal wonach ich suche. Bis ich dich sah.“ Er küsst mich sanft „Baby, du warst schon immer das, was ich wollte, was ich brauche und ohne das ich nicht leben kann.“

„Ich liebe Dich.“ Hauche ich.

„Ich dich auch. Dich und…“ er sieht mich fragend an „Hast du dir schon einen Namen für unsere Tochter überlegt?“

„Ja…“ ich sehe sie lange an „Sarah Georgina Megan.“

„Das ist wunderschön.“ Er küsst mich erneut.

„Sarah O’Connor klingt gut.“ Grinst er.

„Sarah Robertsen.“ Korrigiere ich ihn.

„Du glaubst doch nicht, das ich dich jemals wieder gehen lasse, oder? Eine weise junge Frau hat mir Mal gesagt, ich kann ein guter Daddy sein, wenn ich die richtige Frau finde, die es mir zeigt.“ Er sieht mich lächelnd an.

„Echt?“ frage ich gespielt überrascht.

„Ja und ich glaube ich werde diese Frau heiraten. Nicht heute und nicht morgen und ich werde mir noch einen vernünftigeren Heiratsantrag einfallen lassen. Aber ja, ich werde sie heiraten. Ich werde sie bitten zu mir in mein Haus zu ziehen, ich werde ihr dir Welt zu Füßen legen und versuchen sie immer glücklich zu machen.“ Er sieht so wahnsinnig glücklich aus, als er Sarah erneut betrachtet.

„Ja.“ Sage ich leise und er sieht auf.

„Ja zu was?“ fragt er mit angehaltenem Atem.

„Zu allem.“ Gebe ich zurück und er küsst mich innig.

Wir, Chris und ich, schlagen im Krankenhaus ein wie eine Bombe und unsere Tochter kann sich vor Besuchern kaum retten. Natürlich lassen es sich meine Eltern nicht nehmen, gleich am nächsten Tag auf der Matte zu stehen und ihre Enkeltochter zu begutachten. Am Abend kommen Dean und Charlie und laden eine Wagenladung Mädchensachen von Amy ab. Charlie ist hochschwanger und hat keine Lust mehr, aber wenigstens weiß ich jetzt, das es noch ein kleiner Dean wird.

Charlies Freude darüber hält sich in Grenzen und ich amüsiere mich über die Geschichten von Luke und Amy.

Das sind ja auch nicht meine…

Als am Abend endlich alle weg sind, sehe ich Chris lange an.

„Es ist komisch.“ Gebe ich zu.

„Was?“ er legt sich zu mir ins Bett und ich lege meine Kopf auf seine Brust.

„Es ist für alle selbstverständlich, dass wir zusammen sind. Keiner hat was gesagt und mein Dad, der dich vor nicht allzu langer Zeit noch mit dem Traktor überfahren wollte, hat dich behandelt wie einen verlorenen Sohn.“ Ich lache leise.

„Sie sehen, was wir erst jetzt sehen…“ er küsst meine Nasenspitze „Wir gehören zusammen, du bist mein Schicksal. Zwischenzeitlich warst du auch mein Verhängnis, aber es läuft darauf hinaus, dass wir füreinander bestimmt sind und es immer schon waren. Seit unserem ersten Kuss hinter der Scheune des alten Benson.“ Er lächelt.

„Ja Christien O’Connor, du bist mein Schicksal.“ Ich küsse ihn sanft und er zieht mich fest in seine Arme.

 

Epilog

„Wann seid ihr so weit?“ Sarah zappelt ungeduldig herum und ich betrachte meine gerade einmal 16jährige Tochter.

„Ich bin in 10 Minuten da.“ Erkläre ich ihr milde und sie stapft von dannen.

„Dr. O’Connor? Ich habe die nächsten drei OPs in ihren Kalender eingetragen.“ Samantha, meine Sekretärin steckt ihren Kopf zur Tür herein.

„Danke Sam.“ Gebe ich zurück.

„Ihr Flug ist auch gebucht, am 15. für sie und ihren Mann nach Paris.“ Sie zwinkert mir zu.

Die 5tägige Reise nach Paris ist mein Hochzeitstagsgeschenk für Chris. Wir brauchen einfach mal ein paar Tage ohne Kinder und ohne Arbeit. Elijah freut sich riesig, das wir ihn mal wieder besuchen und seine Frau Inès kann es ebenfalls kaum erwarten.

„Bist du soweit Baby?“ Chris steht hinter Sam und ich nicke ihm zu.

Heute fahren wir nach Crosshaven, meine Eltern haben goldene Hochzeit und natürlich müssen wir vollzählig antreten.

„Wo sind die Kinder?“ er reicht mir den Mantel und ich schlüpfe hinein.

„Ich hoffe unten am Auto.“ Gebe ich zurück und er lacht.

„Das hoffe ich auch und ich hoffe die Tiefgarage existiert noch.“ Fügt er hinzu und wir besteigen den Fahrstuhl.

Das Kinderherzzentrum ist ein voller Erfolg und ich habe immer noch die Leitung, auch wenn ich einen Kollegen an die Seite gestellt bekommen habe. Ich arbeite nur 20 bis 25 Stunden die Woche, je nach dem. Bei 5 Kindern muss man alles auf sich zukommen lassen, das Planen haben Chris und ich schon längst aufgegeben.

Chris ist ein toller Dad und ein wundervoller Ehemann.

Als wir in der Tiefgarage ankommen springt mich unsere Jüngste Emilia an und ich wirbele die 7jährige herum.

„Mummy! Daddy! Endlich!“ jubelt sie und krabbelt in die hinterste Reihe des Kleinbusses.

Tja, Porsche ist nicht mehr. Aber der steht noch in der Garage und wird zu besonderen Anlässen auch noch raus geholt.

„Alle da?“ Chris sieht sich suchend um „Sarah?“

„Ja.“ Ertönt es fröhlich von ihr und sie gibt ihrem Daddy einen Kuss ehe sie einsteigt.

„Fin?“ er sieht sich suchend um, unser 9jähriger ist dafür bekannt gerne Mal zu verschwinden. „Finlay Dean?“ versucht er es erneut und dieser kommt hinter dem Auto hervor und krabbelt zu seinen Schwestern in die letzte Bank.

„Josh?“ ich gehe ums Auto herum und der 14jährige tippt auf seinem Handy herum und hört Musik. Ich gehe zu ihm und ziehe ihm einen Kopfhörer raus. „Erde an Joshua, einsteigen.“ Sage ich lächelnd und er huscht grinsend an mir vorbei. „Wo ist dein Bruder?“ ich sehe ihn fragend hinterher.

„Sind eure Kinder.“ Gibt er breit grinsend zurück.

„Alec?“ ich drehe mich im Kreis.

„Ist hier.“ Ruft Chris und struvelt dem Zwillingsbruder von Josh durch die Haare.

„Dad!“ kommt es sofort empört.

Endlich sind alle drin und ich schiebe die Tür zu.

„Eigentlich sind sie ja alle ganz lieb.“ Lacht Chris.

„Eigentlich.“ Wiederhole ich.

„Komm her Baby.“ Er zieht mich zu sich und küsst mich liebevoll.

„Mum! Dad!“ ertönt es aus dem Inneren des Busses und Chris riegelt den Bus mit seiner Fernbedienung ab.

„Du sperrst unsere Kinder ein?“ ich ziehe eine Augebraue hoch und schlinge meine Arme um seinen Nacken, dann sehe ich ihn an „Warum bin ich noch nicht auf die Idee gekommen?“ lache ich.

Schließlich lösen wir uns wieder von einander und er entriegelt den Bus wieder.

Kaum das wir sitzen plappern die Kinder durch einander und ich lache leise.

„Sind Dean und Charlie schon da?“ Chris startet den Wagen und sieht mich fragend an.

„Ja, seit gestern. Sie haben sich bei Chris und Hannah einquartiert und er sagte vorhin, die Kinder legen alles in Schutt und Asche.“ Grinse ich.

„Hast du Alex Bescheid gesagt, dass wir auch bei ihm schlafen?“ ich sehe aus dem Fenster und winke Elin zu, die gerade zu ihrem Dienst kommt.

„Ja, er hat doch genug Platz.“ Chris passiert die Schranke und wir fahren Richtung Crosshaven…

Ich fahre wieder gerne hin. Chris und ich haben in der alten St. Patricks Kirche vor 15 Jahren geheiratet und diese Nachricht sorgte für viel Aufregung im kleinen Städtchen. Keiner wagt es mehr mich schief anzuschauen und meine Mum dun mein Dad werden wieder so behandelt wie es sich gehört.

Ich sehe Chris an und lächle glücklich.

Er ist mein Schicksal…

Nachwort

Familie ist das was einem bei der Geburt mehr oder weniger vor gesetzt wird. Wir lernen durch unsere Eltern die Welt kennen und sie machen uns zu den Menschen die wir sind. Keine Eltern sind perfekt,a ber wir lernen aus ihren Fehlern und machen es bei unseren Kindern besser... Darum geht es, jeder darf Fehler machen, sie dürfen sich nur niemals wiederholen.

Imprint

Publication Date: 04-18-2013

All Rights Reserved

Dedication:
Ich möchte mich mal wieder bei allen meinen treuen Lesern bedanken und euch sagen, das ich BRX auch nach dem Relaunch treu bleibe. Es bietet mir immer noch die Plattform die ich mir wünsche, auch wenn ich noch viel lernen muss... Ich danke wie immer meinem nicht lesenden Mann. Danke das du mir in den letzten Wochen beigestanden hast, sie waren mit die Schlimmsten in meinem Leben und ich kann mit Worten niemals ausdrücken, was du mir in dieser schweren Zeit gegeben hast. Unser kleiner Stern wird immer für uns leuchten... und irgendwann werden wir den Sinn hinter all dem verstehen. Mein "kleiner" Mann: Ich danke dir, du bist mein Leben! Niemals wusste ich es mehr zu schätzen, das es dich gibt.

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