Dinetro war müde. So müde. Tagelang marschierten er und seine Truppe schon durch diese matschige, kalte, leblose Landschaft. Sie hatten kaum noch Proviant und wussten nur den Moment zu leben – ein Gedanke an die Zukunft wäre zu schmerzvoll gewesen.
Immerhin waren die Krieger unterwegs zur größten Schlacht des Jahrhunderts, es ging um die Frage, wer denn nun der neue König werden würde – eben derjenige mit den stärkeren Anhänger.
Im Moment jedoch sah es schlecht aus für die Kämpfer im Auftrag von Prinz Kail, fand Dinetro. Er selbst hatte sich die Füße blutig gelaufen und schleppte sich nur mühsam voran. Damit war er immer noch ganz gut dran. Seit etlichen Kilometern fielen die Soldaten einfach auf den Boden und bleiben liegen. Einzig und allein der Oberbefehlshaber, der in einer Sänfte getragen wurde, ließ es sich gut gehen und schlug sich den Bauch voll. Dinetro fuhr sich durch sein störrisches schwarzes Haar. Schon allein diese Bewegung überanstrengte ihn. Doch er hatte Glück. Ein lauter Ruf ertönte, der Oberbefehlshaber hatte jemanden damit beauftragt, eine Pause zu verkünden. Erleichterung machte sich auf den Gesichtern der Soldaten um sich herum breit. Auch Dinetro ließ sich mit einem Seufzen auf den dreckigen Boden sinken, stellte den Beutel mit seinen Habseligkeiten auf eine halbwegs saubere Stelle ab und fiel augenblicklich in einen tiefen Schlaf.
Er träumte von seiner Frau Lydia, die er mit ihrem ungeborenem Kind hatte zurücklassen müssen, um für seinen Prinzen gegen einen unbekannten Feind zu kämpfen, von dem tränenreichen Abschied, von dem mühsamen Marsch hierher, bei dem viele seiner Bekannten bereits vor Erschöpfung und Hunger gestorben sind. Schon bald verflüchtigten sich selbst diese Bilder und er fiel ins Schwarze, wo ihn die Dunkelheit einhüllte und Dinetro darin versank.
Doch schon zu bald schreckte er auf, der Marsch ging weiter. Zum Glück hatte er sich ein wenig erholt, und das war nicht die einzige gute Nachricht. Es machte eine Neuigkeit die Runde, angeblich war es nicht mehr weit bis zu dem Platz, an dem die Krieger voraussichtlich auf den Feind treffen würden.
Der Gedanke an den Kampf machte Dinetro Angst. Schließlich waren sie nicht die Ersten, die gegen die Armee des Gegners von Prinz Kail, Prinz Zannanza, treffen würden. Man hatte bereits einige Truppen losgeschickt, jede mit etwa 1000 Leuten, und doch war kein Einziger zurückgekehrt und hatte Bericht erstattet. Es ging das Gerücht um, dass Prinz Zannanza mächtige Verbündete hatte, nämlich die Dunkelelfen, die unglaublich brutal und erbarmungslos im Kampf waren. Daher hatte man auch einfache Leute aus dem Volk, die in keinster Weise ausgebildet für einen Kampf waren, wie Dinetro, für ein Heer dazu holen müssen. Jetzt waren sie in etwa 8000 Leute.
Nicht lange, nur etwa zwei Stunden später, hatten die Soldaten schon fast den Schauplatz für das spätere Blutbad erreicht. Sie gingen noch weiter durch die große Fläche, auf der nichts war. Weder Bäume, noch Büsche oder sogar Gras. Nur Erde.
Mit einem Mal erlang eine wunderschöne Melodie. Sie war ziemlich hoch, klar und ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Weder von den Kriegern, die völlig unrhythmisch dahin zu stampften, wo sie ihren Feind vermuteten, noch von dem Wiehern der wenigen Pferde.
Und genauso undurchdringlich, wie die Melodie den Kämpfern erschienen war, kamen, nein, schwebten die Feinde an sie heran. Es sah zauberhaft aus, wie bei einer Theaterkulisse, jedoch auch unglaublich bedrohlich.
Zehntausende von ihnen kamen auf Dinetro und seine Genossen zu, dennoch bot sich ihnen der Anblick von einer Eleganz, wie sie noch nicht einmal bei den Tänzern des – verstorbenen – Königs zu finden war. ‚Was sind das nur für Kreaturen? Sind das etwa wirklich Dunkelelfen? ‘, fragte Dinetro sich. ‚Menschen sind das ja eindeutig nicht. ‘ Jetzt war er sich sicher. Bei genauerem Hinsehen hatte er nämlich gesehen, dass die Haare von einem dunklen Lila waren und die Augen blutrot. Die Ohren ihrer Feinde liefen oben spitz zu. Als Dinetro sich umsah, bemerkte er, dass alle Soldaten um sich herum sehr große Angst hatten, was ihren Feinden eine krankhafte Freude auf die Gesichter zauberte. Selbst der Oberbefehlshaber war aus seiner Sänfte gestiegen, da er seinen Augen nicht traute.
Plötzlich war alles still. Die wundersame Melodie und mit ihr die Geräusche der Pferde waren verstummt. Zudem standen alle Kämpfer wie auf ein unsichtbares Zeichen hin ruhig.
Und sie alle wussten im nächsten Moment würde der Kampf beginnen.
*
Zwei Stunden später
Dinetro hatte recht gehabt. Der Platz hatte sich in ein Meer aus Blut, Dreck, Innereien und Leichen verwandelt. Die Feinde waren über sie hergefallen und haushoch gesiegt. Ohne jegliche Anstrengung hatten sie die Truppen von Prinz Kail einen nach dem anderen ohne große Verluste ihrerseits abgeschlachtet. Dinetro und die anderen Kämpfer waren geschockt gewesen, so sehr, dass sie sich kaum rühren konnten, geschweige denn kämpfen. Während der Schlacht waren Todesschreie und irres Gelächter der Elfen zu hören, denen diese Grausamkeit anscheinend Spaß machte. Auch jetzt noch saßen sie im Blut der Truppen und lachten.
Dinetro der letzte Überlebende, jedoch sehr schwer verletzt, auch sein Ende nahte. Mehrere seiner Rippen waren gebrochen, ein Bein wurde ihm abgehackt und auf seiner Brust klafften drei tiefe Wunden. Sein Atem ging nur rasselnd, da anscheinend auch seine Lunge verletzt wurde. Er lag nur da und dachte sich, wie unnötig dieser Kampf gewesen war. Tausende von Menschen waren umgekommen, während der, der eigentlich kämpfen sollte, nämlich Prinz Kail, in seinem Schloss war und sich vergnügte. Dann dachte Dinetro an seine Familie, die er nie wiedersehen würde. Doch selbst dieser Gedanke hatte nicht lange Bestand, da er von einer großen Müdigkeit übermannt wurde. Im Hintergrund erklang wieder die Melodie, mit der der Kampf angefangen hatte. Das Letzte, was er sah, waren die leeren Augen des Oberbefehlshabers, dessen Kopf auf einem Speer aufgespießt wurde, nachdem er versucht hatte zu fliehen. Dinetro schloss die Augen und wurde von der Schwärze um sich herum freudig empfangen, die Dunkelheit verschlang ihn und ließ ihn seine Schmerzen vergessen.
Und diesmal, wusste er, war es nicht der Schlaf, der nun folgen würde.
Text: das cover wurde von osche666 gemacht.....
danke danke danke!!!!
ich hab dich lieb <3
und es ist echt wunder-wunderschön geworden :*
Publication Date: 05-14-2011
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