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Kapitel 1

Für Anfang Februar zeigte sich das Wetter von seiner ganz besonderen Seite. Die Sonne schien vom Himmel herab und erzeugte eine Art von Vorfrühlingsstimmung.

Judith war an diesem Morgen allein auf dem Weg zu Schule. Sie hatte einen anderen Weg als ihre Zwillingsschwester Jutta gewählt. Es hatte Zuhause Streit zwischen den Schwestern gegeben, was nicht selten vorkam, aber häufig schnell auch wieder vergessen war. Judith hielt es dieses Mal trotzdem für besser, ihrem sensiblen Zwilling aus dem Weg zu gehen. Wie hieß es so schön? Der Klügere gibt nach.

Kurz bevor Judith die Straße zur Karl-Kunze-Realschule überquerte, bemerkte sie schon von weitem ein Auto, welches mit überhöhter Geschwindigkeit die Einbahnstraße entlangfuhr – in entgegengesetzter Richtung! Judith konnte gerade noch zur Seite springen, um sich in Sicherheit zu bringen. Der unverschämte Fahrer schüttelte auch noch den Kopf. Judith, der der Schrecken noch in allen Gliedern saß, verfolgte den unverschämten Mann mit den Augen. Als sie dann auch noch einen Fahrradfahrer aus der richtigen Richtung kommen sah, war das Chaos perfekt. Sein Blick war nach unten gerichtet, er nestelte am Reißverschluss seiner Jacke herum. Vor Judiths geistigem Auge lag der Junge schon überfahren am Boden, schwer verletzt und regungslos. Judith ließ einen warnenden Schrei los. Der Radfahrer sah auf. Er erblickte erst Judith, dann das Auto. Er versuchte auszuweichen, fuhr gegen die Bordsteinkante, sein Rad begann zu schwanken, und der Junge verlor den Halt. Ziemlich unsanft landete er nahe dem Bürgersteig auf seinem Hinterteil. Als der Autofahrer völlig unbeeindruckt in die nächste Straße einbog, hatte Judith sich endlich gefangen und rannte zu dem Jungen.

»Hast du dir wehgetan? Kann ich dir helfen?«

Der Junge saß am Boden, sah sich erst planlos um und dann zu Judith.

»Alles gut, gar kein Problem. Aber meine Schultasche, wo ist die hin?« Er blickte wieder hektisch um sich.

Trotz des Schrecks konnte Judith sich ein Grinsen nicht verkneifen. Dieser Junge war ganz schön verplant. Ob das nur am Unfall lag? Judith kletterte über das Rad mit dem verbogenen Vorderreifen und griff einmal um den Jungen herum. »Hier, deine Tasche.« Sie hielt sie ihm vor die Nase.

»Oh, Danke.« Er wurde rot.

»Übrigens, ich heiße Judith. Kann ich noch was für dich tun?«

»Nein, Danke. Ich bin Matthias. Den Rest kriege ich alleine hin.«

»Wenn du meinst ... Machs gut, Matthias.« Sie winkte dem Jungen noch einmal zu und setzte dann den Weg zur Schule fort.

 

Als sie am Fahrradunterstand, dem Treffpunkt der Mädchen der Klasse 8b ankam, stand Jutta schon dort. Kaum hatten sich die Blicke der Zwillingsschwestern getroffen, begannen beide zu lachen. Judith blinzelte ihr zu. »Okay?«, fragte sie.

»Okay!«, antwortete ihre Schwester.

»Ey, sagt nicht, ihr hab euch heute Morgen wieder gestritten?«, fragte Judiths beste Freundin Steffie.

»Doch, stell dir vor. Sie hat den Föhn nicht rausrücken wollen. Sieh dir meine Haare an!«, sagte Judith empört und schüttelte ihren mittelbraunen Haarschopf. »Aber viel wichtiger ist, was ich gerade erlebt habe, das erratet ihr nie!«

»Hast du Fabian Harloff getroffen?«, fragte Steffie.

Jutta kicherte in sich hinein und Judith verdrehte die Augen. »Du bist blöd! Klar, der latscht auch hier durch Erpenich! Natürlich nicht. Aber wenn ich es genau überlege, so verkehrt liegst du gar nicht.«

»Nicht?« Steffie wurde hellhörig.

»Auf dem Weg hierher wäre fast ein Junge in unserem Alter angefahren worden von so einem verrückten Raser. Das ist gerade noch mal gut gegangen, und ich habe dem Jungen geholfen. Der sah übrigens schon ein bisschen aus wie dein Fabian Harloff.«

»Ist ja krass. Hoffentlich ist der Neue auch so hübsch«, sagte Steffie.

»Welcher Neue?«, fragte Jutta.

»Was, das wisst ihr noch nicht? Heute kommt ein Neuer in unsere Klasse. Der soll mit seiner Familie zugezogen sein, oder so was.«

»Wirklich? Ist ja toll! Der wird mit uns beiden bestimmt durcheinanderkommen, Jutta. Wie alle anderen auch.«

 

Herr Hausmann begrüßte die Schüler seiner Klasse.

»So, und nun beruhigt euch erstmal. Ich weiß, ihr seid alle neugierig auf euren neuen Mitschüler. Aber die Herrschaften müssen sich noch ein bisschen gedulden. Der junge Mann hatte wohl auf dem Weg hierher ein nicht eingeplantes Problem und kommt ein paar Minuten später.«

Diese Aussage trug nicht unbedingt dazu bei, die Klasse zu beruhigen. An den meisten Tischen kam es zu Getuschel. Herr Hausmann hatte Mühe, Ruhe in den Klassenraum zu bekommen. Irgendwann resignierte er und begann einfach mit dem Deutsch-Unterricht. Steffie, die mit am lautesten quasselte, verdonnerte er dazu, das dritte Kapitel der aktuellen Lektüre Rolltreppe abwärts zu lesen.

Kaum, dass sie die zweite Seite gelesen hatte, klopfte es an die Tür. Mit einem Mal wurden sämtliche Schüler mucksmäuschenstill. Alle starrten zur Tür.

Auf Herrn Hausmanns »Herein!« betrat ein großer, schlaksiger blonder Junge die Klasse. Er schaute sich unsicher im Raum um, und als er Jutta an ihrem Tisch nahe der Tür sitzen sah, hellte sich sein Gesicht auf. Er lächelte sie an.

Judith, die fast ganz hinten gemeinsam mit Steffie am Tisch saß, ging hinter ihrer Tischnachbarin in Deckung.

»Was ist los?«, fragte Steffie leise, gab ihrer Freundin aber die Deckung, die sie einforderte.

»Das ist er!«

»Wer?«

»Der Junge, der heute Morgen den Unfall mit dem Rad hatte.«

»Und warum versteckst du dich vor ihm?«

»Na, er hat doch schon Jutta entdeckt. Und so, wie er sie angrinst, denkt der doch, das bin ich.«

Matthias hatte es mittlerweile bis zu Herrn Hausmann geschafft. »So, Herrschaften, das Warten hat ein Ende. Das ist Matthias Keller, euer neuer Mitschüler.«

Matthias grüßte zaghaft in die Runde. Jutta lächelte er dabei wieder besonders zu.

Während Matthias sich auf den einzigen freien Platz direkt vor dem Pult setzte, drehte sich die verwirrte Jutta, die sich so ziemlich sicher war, dass ihre Schwester an diesem dauergrinsenden Jungen nicht ganz unschuldig war, zu Judith um. Fragend warf sie ihre Hände in die Höhe. Judith, die sich wieder einigermaßen ordentlich auf ihren Platz gesetzt hatte, bedeutete ihrer Schwester mit großen Gesten, dass sie ihr später alles erklären würde.

 

»Wer ist das?«, fragte Jutta, als sie in der Pause bei Steffie und Judith am Fahrradunterstand ankam.

»Das hast du doch gehört. Matthias. Er ist der Neue in der Klasse. Und anscheinend gefällst du ihm«, sagte Judith.

Steffie lachte so laut, dass ihr langer blonder Pferdeschwanz wippte.

»Sehr witzig. Also, raus mit der Sprache. Was muss ich wissen?«, fragte Jutta.

»Das ist der Junge, dem ich heute Morgen mit seinem Rad geholfen habe. Du weißt?«, antwortete Judith.

»Gut und schön. Aber warum lächelt er dann mich an?«

»Schwesterchen, manchmal kapierst du aber auch gar nichts! Er denkt, du bist ich!«

Jutta schlug die Hand vor ihre Stirn. »Na klar. Da hätte ich doch gleich selbst drauf kommen können.«

»Super, oder? Oh, du da kommt er schon! Mach deine Sache gut! Ich zähl auf dich!« Judith griff ihre beste Freundin am Ärmel und zog sie mit sich.

»Judith! Bleib hier! Du kannst mich doch jetzt nicht alleine lassen!«, rief Jutta ihrer Schwester noch hinterher, da sah sie Matthias auch schon auf sich zukommen.

Jutta hasste Judith für solche Aktionen. So nahe sich die beiden auch standen, so sehr kam Jutta sich von Judith auch immer wieder ausgenutzt vor. Ständig musste sie sie für so furchtbar blöde Aktionen herhalten. Was hätte sie tun sollen? Weglaufen? Nein, dieser Matthias hätte ja sonst was von ihr denken können. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als in diesem Affentheater ihr Bestes zu geben.

»Hallo Judith! Das ist ja ein Zufall, dass du in meiner Klasse bist.« Matthias grinste über beide Ohren.

»Ja, äh, schon witzig«, stammelte Jutta.

»Bei dieser Gelegenheit wollte ich dir nochmal danken, dass du mir heute Morgen geholfen hast.«

»Kein Problem. Habe ich gerne gemacht.« Jutta sah sich um. Wohin waren ihre Schwester und Steffie verschwunden? Die ließen es sich doch ganz sicher nicht entgehen, sie zu beobachten.

»Na dann«, sagte Matthias. Auf was wartete der denn noch? Unangenehmer konnte es für Jutta kaum mehr werden.

»Ja«, sagte sie nur. Sie war für solche Streiche nicht gemacht.

»Okay, dann bin ich mal weg. Machs gut.« Matthias drehte sich auf dem Absatz um und marschierte ans andere Ende des Schulhofes.

Als Matthias weit genug entfernt war, atmete Jutta erleichtert auf. Sie hatte diesen Krampf wirklich überstanden. Judith tauchte genauso schnell wieder auf, wie sie verschwunden war. »Das hast du gar nicht so übel gemacht!«, kicherte sie.

»Hör bloß auf! Warum kommst du immer wieder auf solche Ideen? Hättest du mir denn nicht wenigstens vorher sagen können, was du vorhast? Dann hätte ich mich doch vorbereiten können.«

»Das fragst du noch? Ist doch ganz klar, dann hättest du nie mitgemacht.«

»Hätte ich auch nicht. Ich finde es gemein, dass wir den armen Jungen belügen.«

»Wie soll ich das denn jetzt verstehen? Soll das etwa heißen, dass du nicht mehr mitmachst? So läuft das nicht, du kannst mich jetzt nicht im Stich lassen!« Judith stemmte ihre Hände in die Hüften und sah aus, als wolle Jutta ein schwerwiegendes Verbrechen begehen. Natürlich wusste sie genau, wie Jutta darauf reagieren würde. Dazu kannten sie sich zu lange in- und auswendig.

Jutta seufzte. »Ja, okay, ich machs. Aber ich mache es nicht gerne.«

»Ich wusste, ich kann auf meine Schwester zählen.« Judith klatschte euphorisch in die Hände. Sie ließ Jutta an Ort und Stelle stehen und rannte zurück zu Steffie, die vor den Mädchentoiletten auf sie wartete.

Jutta nahm sich vor, das Spielchen mit Matthias bald zu beenden. Doch das würde sie ihrer Schwester ganz sicher nicht auf die Nase binden.

 

»Hey! Darf ich mich neben dich setzen?«

»Was?« Jutta wachte aus ihren Tagträumen auf. Sie brauchte eine Weile, um sich zurechtzufinden. Wo war sie? Ach ja, sie hatten jetzt Englisch bei Frau Schaaf. Und Matthias stand vor ihr und hatte ihr eine Frage gestellt.

»Ich habe gefragt, ob ich neben dir sitzen darf. Das wäre super, weil du bist die einzige, die ich hier schon ein bisschen kenne. Natürlich nur, wenn du nichts dagegen hast.«

Judith hatte den Rest des Tages andere Kurse. Ihr Schwerpunkt lag im Bereich Fremdsprachen. Jutta hatte den musisch-künstlerischen Bereich gewählt, und so befand sie sich im Moment im einfachen Englisch-Unterricht. Wie anscheinend Matthias ebenfalls.

Mieke war krank, der Platz neben Jutta für heute also frei. »Nein, kein Problem. Setz dich.« Was auch sonst hätte sie sagen sollen? Sie war ja schließlich kein Unmensch.

Matthias lächelte. Erleichtert ließ er sich auf den freien Platz neben Jutta sinken.

»Na, schmeißt du dich schon an den Neuen ran?« Anja Schaaf schob ihren zierlichen Hintern an Jutta vorbei, an der sie auf ihrem Weg zu ihrem Platz vorbei musste.

Jutta stöhnte und rieb sich die Stirn. Sie bekam schon wieder Kopfschmerzen. Die arrogante selbstverliebte Tochter ihrer Englischlehrerin hatte ihr gerade noch gefehlt. Matthias sah Anja nach. Das war nicht verwunderlich. Das taten sie alle, wenn sie sie das erste Mal sahen. Nicht nur die Jungs. Anja war hübsch anzusehen. Das war aber auch schon alles. Immer wusste sie alles besser und doch gar nichts.

Frau Schaaf betrat die Klasse. Matthias klappte die Kinnlade herunter. Natürlich. Das passierte allen, die sie zum ersten Mal sahen. Nicht nur den Jungs. Frau Schaaf war hübsch anzusehen. Das war aber auch schon alles. Davon abgesehen, dass sie Lehrerin war. Und selbstverständlich dadurch an der Karl-Kunze-Realschule eine gewisse Macht besaß, die sie gern das ein oder andere Mal an Anja ausweitete, wenn sie es für nötig hielt. Was nicht selten war. Frau Schaaf verwöhnte ihre Tochter nach Strich und Faden.

»Good morning, class!« Frau Schaaf setzte sich auf die Kante des Lehrerpults und schlug die Beine übereinander.

»Good morning, Mrs Sheep!«, antwortete die Klasse im Leierton.

»Im Ernst?«, raunte Matthias.

»Leider ja.« Was sich absurd anhörte, war ernst gemeint. Frau Schaaf wollte, dass auch ihr Nachname ins Englische übersetzt wurde.

Matthias lachte leise in sich hinein. Jutta konnte nicht anders. Sie musste ebenfalls grinsen. Trotz allem stupste sie Matthias an. »Hör auf, das gibt nur Ärger.«

Als hätte Jutta es geahnt, ertönte Anjas Stimme in der sonst ruhigen Klasse. »Mami, Jutta und der Neue tuscheln.«

Jutta drehte sich zu ihr herum. Anja grinste selbstzufrieden. Dieses verwöhnte Biest war doch einfach unausstehlich.

Matthias, der noch gar nicht gemerkt hatte, dass es hier um ihn und seine Sitznachbarin ging, beugte sich zu Jutta herüber und flüsterte: »Mann, die ist aber ganz schön nervig.«

»Matthew!«, kreischte Frau Schaaf mit ihrer sirenenartigen Stimme. Ihr rot lackierter Zeigefinger deutete drohend auf den Jungen. »That is your name, isn’t it

Erst jetzt wurde Matthias aufmerksam. »Meiner? Äh nein. Ich heiße Matthias, Frau Ziege, Matthias.«

Ein Raunen ging durch die Klasse, am einen oder anderen Ende ertönte auch ein mutiges, aber verhaltenes Lachen.

»Wie bitte? Wie kannst du es wagen, mich derart zu beleidigen? Sofort gehst du hinaus und schreibst die Schulordnung ab!« Frau Schaaf hatte blitzartig ins Deutsche gewechselt und deutete nun mit ihrem Finger auf die Klassentüre.

»Entschuldigung, Frau Ziege, was habe ich getan?« Matthias war sich anscheinend wirklich keiner Schuld bewusst.

»Raus!«, kreischte Frau Schaaf hysterisch.

»Aber warum?« Verwirrt schaute Matthias sich im Raum um. Jutta stupste ihn an. »Geh jetzt besser«, raunte sie ihm zu. Matthias, der extrem verwirrt wirkte, ergab sich und verließ das Klassenzimmer. Jutta atmete erleichtert auf. Frau Schaaf und Anja im Gespann konnten einem ganz schön zusetzen. Besonders, wenn man sie noch nicht kannte. Genau das machte Jutta auch gleichzeitig wütend auf Anja. Sie drehte sich zu ihrer Mitschülerin um. Diese grinste selbstsicher in sich hinein. Blöde Kuh, dachte Jutta, sagte es aber nicht. Das hätte sie sich nie getraut. Zumindest nicht jetzt und hier.

Nachdem wieder Ruhe in die Klasse eingekehrt war, setzte Frau Schaaf ihren Unterricht fort, als wäre nie etwas vorgefallen.

Es dauerte allerdings keine fünf Minuten, bis die Türe zur Klasse von außen geöffnet wurde und Matthias wieder hineintrat. Frau Schaaf betrachtete ihn und schlagartig schien ihr wieder einzufallen, was passiert war. »Was tust du denn hier? Hatte ich dir nicht befohlen, die Schulordnung abzuschreiben? Erzähl mir nicht, dass du das schon getan hast.«

Bevor Matthias eine Antwort geben konnte, trat Herr Wittner, der Rektor der Karl-Kunze-Realschule, hinter dem Schüler in die Klasse. »Guten Morgen Frau Schaaf. Und guten Morgen, Klasse.«

»Guten Morgen, Herr Wittner!«, grüßte die Klasse den für seine Strenge aber auch Gerechtigkeit bekannten Schulleiter eintönig zurück.

»Frau Schaaf, würden Sie mich liebenswürdigerweise aufklären, was dieser junge Mann hier verbrochen hat?«

Nun war es Frau Schaaf, die verunsichert und verwirrt wirkte. »Herr Wittner! Was machen Sie denn hier? Ich meine ... äh ... Good Morning!« Sie rang sich ein Lächeln ab und wurde puterrot.

»Was war denn überhaupt los, Frau Schaaf?«

»Ach, wissen Sie, äh, das war eine reine Unverschämtheit. Der junge nannte mich Ziege

»So?« Jutta konnte sich irren, aber eigentlich war sie sich sehr sicher, dass Herrn Wittners Mundwinkel zuckten. »Können Sie mir den genauen Wortlaut wiedergeben? Wie er es sagte? Und warum?«

»Er, äh, ich meine, ich nannte ihn bei seinem englischen Namen, womit er nicht einverstanden war und bezeichnete mich dann als Ziege.«

»Ist doch gar nicht wahr!« oder »Stimmt doch gar nicht!«, riefen die Schüler durcheinander. Der Rektor verschaffte sich Ruhe. Dann schaute er sich im Raum um, bis sein Blick auf das stillste Mädchen von allen fiel. »Martina, wärest du bitte so nett und könntest mir schildern, was passiert ist?«

Martina nickte und gab den Sachverhalt so genau und objektiv wie möglich wieder. Sie tat Jutta jetzt schon leid.

»Verstehe«, sagte Herr Wittner. Es war offensichtlich, dass auch er realisierte, dass es sich bei diesem Vorfall um ein Missverständnis handelte – von Matthias aus. »Liebe Frau Ziege – Oh entschuldigen Sie bitte, Frau Schaaf, das war natürlich ein Versehen! Würden Sie nach dieser Stunde in mein Büro kommen? Ich denke, wir haben etwas zu besprechen.« Herr Wittners Tonfall ließ keine Frage offen, dass es hierbei um etwas ernstes ging.

»Ja, natürlich, Rektor Wittner. Wie Sie wollen. Aber mich würde es interessieren, wie Sie reagieren würden, wenn ein Schüler sie so derart beleidigen würde.«

»Über genau diesen Unterschied zwischen uns beiden wird es in unserem Gespräch gehen. Auf Wiedersehen.« Herr Wittner nickte der Lehrerin noch einmal kurz zu und verschwand dann durch die Tür.

 

»Hey, Judith, warte!«

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Publisher: BookRix GmbH & Co. KG

Text: Andrea Kochniss
Images: Quelle Bildmaterial: Pixabay.com
Cover: Andrea Kochniss
Publication Date: 09-01-2018
ISBN: 978-3-7438-7967-6

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