Wer das erste Mal nach Burgund kommt, dem fällt zunächst die Landschaft auf: die sanften grünen Hügel, von Hecken eingegrenzten saftigen Weiden auf denen weiße Rinder friedlich grasen. Das Ganze nur hier und da durch einen einsamen Bauernhof oder ein Dorf unterbrochen. Wenn man dann durch die Dörfer fährt, fallen ins Auge die aus Naturstein gebauten Häuser, die moosigen Dächer und die oft unverputzten, ungestrichenen Gebäude, verziert jedoch durch einen reichen, vielfarbigen Blumendekor – entzückend und verträumt. Burgen und Schlösser, in ihrer Naturbelassenheit, versetzen den Beschauer zurück in die Vergangenheit und geben das Gefühl der Zeitlosigkeit und der Kontinuität. Halbverwilderte Parks laden ein zum Flanieren und Nachdenken. Weinberge künden von dem bekanntesten landwirtschaftlichen Produkt der Region – dem Burgunder Wein. Kirchen und Klöster vermitteln die Tiefe und Intensität der Frömmigkeit der Burgunder, die oft weit über die Region hinaus Bedeutung hatte und noch hat. Die einheimische Bevölkerung in ihrer rustikalen Einfachheit und verschmitzten bodenständigen Weisheit passt nahtlos in diesen Rahmen.
Einem Betrachter jedoch, der geprägt durch gepflegte, saubere Wohnstätten, eine funktionierende, schnelllebige Großstadt-Infrastruktur und teuren, aber stets verfügbaren Service mit mitteleuropäischen Erwartungsbrillen in Burgund ankommt, wird die Umgebung wohl bald langweilig werden und er wird sie heruntergekommen oder zurückgeblieben finden. Er wird nach einer ersten Weinprobe, unzufrieden mit dem, was ihm geboten wird, weiterreisen, ohne die eigentliche Schönheit und Originalität Burgunds wahrgenommen oder seine Menschen kennengelernt zu haben.
In einem ruhigen Tal zwischen bewaldeten Hügeln liegt das Schlosshotel Sainte Martine, umgeben von dem gleichnamigen Dorf, einer jener Orte, in der die Zeit seit dem Mittelalter stehen geblieben zu sein scheint. Die romanische Kirche, umgeben von einem Friedhof mit Grabsteinen aus dem 15. bis zum 21. Jahrhundert, die alten Häuser, die zum Teil noch das ursprüngliche Fachwerk zeigen und das Kopfsteinpflaster bilden eine Brücke zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Unweit der Kirche findet sich ein wunderschönes altes Portal, das ebenso wie die sich anschließende Natursteinmauer mit drei Metern Höhe, nicht nur für die Schönheit gemacht wurde, sondern auch die vielen Kriegshorden, die in der Vergangenheit durch Burgund zogen, draußen halten sollten. Wer heute mit dem Auto durch das Portal fährt, nähert sich dem Schloss auf einem asphaltierten Weg, der zu einem Parkplatz führt, der vor dem Turm liegt, der den Zugang zum Schlossinnenhof bildet. Der mit Kopfsteinpflaster versehene Innenhof wird in U-Form umgeben durch die Schlossgebäude, der offene Teil des Vierecks erlaubt den Zugang zu Wirtschaftsgebäuden und zum Park. Der romantische Schlosspark, zum Teil versehen mit von Büschen und Bäumen durchsetzten Rasenflächen, teils auch bewaldet, wird bewohnt von vielerlei Getier: Hirsche, Rehe, Pfaue, Pferde, Esel und Enten, Schwäne, usw. Im Zentrum des Parks liegt ein Teich, dessen Ufer zum Teil dicht bewachsen, zum Teil aber auch mit Spazierwegen umgeben ist. In Hotelnähe befindet sich ein Erholungsareal mit Swimming-Pool, Liegeflächen, Boule-Terrain und Tenniscourt.
Das Schloss selbst stammt eigentlich aus dem Mittelalter, davon übrig geblieben ist jedoch nur noch ein Turm, der Hotelzimmer beherbergt, die an das Mittelalter erinnern sollen, jedoch mit allem Komfort versehen sind. Die übrigen Teile des Schlosses wurden nach der Französischen Revolution neu gebaut und beherbergen im Erdgeschoss die Rezeption, verschiedene Wirtschaftsräume, Konferenzräume sowie Salons, die als Aufenthaltsräume und als Teesalon dienen. Eine Terrasse, die einen guten Ausblick auf den Schlosspark sowie die Umgebung erlaubt, ist von der Rezeption und von den Salons aus zugänglich. Im ersten Stock des Hotels befinden sich dann Suiten und größere Zimmer, eingerichtet mit historischen Möbeln aber hypermodernen Badezimmern. Im zweiten Stock befinden sich dann kleinere, weniger gut ausgestattete aber noch immer komfortable Räume sowie einige Familienzimmer, deren Ausstattung zwischen romantisch und praktisch modern liegt.
Im Kellergeschoss, das über eine breite Treppe zugänglich ist, die von der Rezeption nach unten führt, befindet sich das Restaurant sowie Küchen- und Vorratsräume. Nebenräume, die aus alten Kellergewölben ausgebaut wurden, können für die Verköstigung von Gruppen gemietet werden.
Das Personal für diese Anlage stammt hauptsächlich aus dem Dorf Sainte Martine oder aus den umliegenden Dörfern oder Kleinstädten. Drei Zimmermädchen, angeleitet durch die Hausdame, sorgten für Ordnung in den Hotelräumen. Für die Rezeption waren zwei Vollzeitkräfte und eine Aushilfskraft beschäftigt. Ein Maître d’Hôtel war gleichzeitig Oberkellner und Direktionsassistent und überwachte zwei Kellner (Chef de Rang) und einen Auszubildenden zum Restaurantfachmann. Die Küche war in der Hand eines Chefkochs und eines zweiten Kochs. Das Restaurant selbst war in der ganzen Gegend bekannt und geschätzt als Gourmet-Restaurant.
Es war ein herrlicher Herbsttag, die Bäume im Park schimmerten in allen Farben, der Schlossteich spiegelte einen wolkenlosen, sehr blauen Himmel wieder, doch die morgendliche Kühle ließ den nahen Winter erahnen. Als ich morgens auf dem Parkplatz neben der Schlossmauer ankam, fror ich doch ziemlich und beeilte mich, den Code zur Öffnung des Nebeneingangs einzugeben, der in einen kleinen Vorraum führte, in dem sich in der Schublade einer mittelalterlichen Kommode der Hauptschlüssel befand. Wie üblich öffnete ich die Türen der Rezeption und der Salons, fuhr den Rezeptions-Computer hoch, schaltete den Drucker-Kopierer ein und ging erst einmal Kaffee trinken. Die Hausdame war inzwischen eingetroffen und hatte das Frühstück für die Gäste vorbereitet, so dass wir gemeinsam in Ruhe unser Angestelltenfrühstück genießen konnten. Die Verantwortliche für die Hauswirtschaft war ein kleines, zierliches Energiebündel, etwa dreißig Jahre alt, mit kurzgeschnittenen Haaren, lebhaften schwarzen Knopfaugen und begabt mit einem Mutterwitz, der Seinesgleichen suchte. Nachdem wir fröhlich und nett geklönt hatten, ging ich wieder an meine Rezeptionsaufgaben und sie begab sich an ihre Arbeit.
Es war erst vier Wochen her, dass ich in diesem Hotel eine Anstellung gefunden hatte. Geboren und aufgewachsen im schönen Frankenland (Nordbayern) waren mein Mann, Günther Kugler, und ich, Elisabeth, genannt Lis, vier Jahre zuvor nach Burgund gezogen, weil uns Land und Leute dort sehr zusagten. Ich hatte mehrere befristete Anstellungen als Fremdsprachensekretärin und Hotelempfangssekretärin gehabt, bis ich diese Anstellung als Rezeptionistin ergatterte. Da die Arbeit nicht sehr kompliziert war, fand ich mich schnell zurecht. Die Kolleginnen waren sehr nett und hilfsbereit und ich fühlte mich in dem rustikal-vornehmen Ambiente durchaus wohl.
Es war etwa eine Stunde später als Madame mich anrief. „Madame“ war die Lebensgefährtin des Hoteldirektors; als solche war sie die Direktionsassistentin und kümmerte sich hauptsächlich darum, für das Hotel Gäste zu finden. Ihren eigentlichen Namen, Bernadette, fand sie ganz schrecklich und bestand darauf, nur Madame genannt zu werden, was nicht nur ihren Namen umging, sondern auch ihren Status als Direktionsmitarbeiterin betonte. Sie war ein Original, in schreiend bunten Kleidern mit ebenso farbenfrohen Hüten und knallrot gefärbten Haaren herumlaufend, liebte sie Tiere mehr als alles. Im Schlosspark lebten jede Menge Viehzeug, ein Esel, mehrere Kängurus, Pfauen, Rehe, Hirsche, diverses Geflügel und anderes Getier, um das sie sich selbst kümmerte. Darüber hinaus hatte sie einen aus dem Nest gefallenen Sperling adoptiert und präsentierte sich gerne mit dem Spatz auf der Schulter den Hotelgästen. Papageien und Wellensittiche im Direktionsbüro komplettierten die exzentrische Menagerie.
Als Madame mich anrief, klang sie sehr besorgt. Sie hatte schon seit Tagen nur eines von den beiden Eichhörnchen, Trick und Track, gesehen, und wollte wissen, ob ich denn nicht in den letzten zwei Tagen beide zusammen gesehen hätte. Fast hatte ich Lust einfach ja zu sagen, damit Madame Ruhe gäbe, wollte aber dann doch nicht lügen. Also sagte ich wohlerzogen, dass es mir leidtäte, aber nein, ich hätte sie nicht gesehen. Noch mehr beunruhigt als ohnehin schon, hielt sie mir einen ganzen Vortrag über die Gefahren, die ein Eichhörnchen in einem völlig friedlichen Park einging, um Nahrung zu finden. Gelangweilt hörte ich zu, gab jedoch höfliche Laute von mir, um zu zeigen, dass ich noch am Telefon war. Schließlich fuhr ich entsetzt auf, als Madame auch noch von mir verlangte, ich solle den Park nach den beiden Tierchen absuchen. Obwohl ich auch tierlieb bin, hatte ich wirklich keine Lust die Rezeption und die Hotelgäste sich selbst zu überlassen, nur um zwei Eichhörnchen suchen zu gehen, die sich wahrscheinlich in dem großen Schlosspark in aller Ruhe amüsierten. Madame versprach jedoch, dass Monsieur, der Hoteldirektor und Eigentümer des Hotels, sich persönlich um die Rezeption kümmern würde. Mir standen bei dem Gedanken die Haare zu Berge, aber ich konnte sie nicht überzeugen, von dem Gedanken doch Abstand zu nehmen. Schließlich willigte ich ein, mehr damit Madame endlich zur Ruhe käme, als wegen der Sorge um die Nager.
Widerwillig zog ich kräftige Schuhe an, holte meine Jacke, nahm mein Handy, um erreichbar zu sein, und verließ das Hotel, nicht ohne Monsieur genau gezeigt zu haben, was zu tun war. Er schmunzelte, nahm mich nicht ernst. Also wusste ich, dass ich wieder nacharbeiten würde müssen, was er inzwischen verbockt hatte.
Ärgerlich stiefelte ich über den mit Kopfsteinpflaster versehenen Innenhof. Das Schloss selbst, nicht sehr groß, ein Mischmasch aus verschiedenen Baustilen, machte dennoch einen romantischen Eindruck auf den Betrachter. An einem der Gebäude vorbei, verlief ein Pfad, der zum Park führte. Ich folgte ihm, wobei ich jeden Baum und Strauch genau unter die Lupe nahm. Natürlich konnte ich nichts entdecken. So ging ich den Pfad weiter, vorbei am jetzt natürlich nicht benutzbaren Swimmingpool, in Richtung Teich. Pflichtschuldigst hielt ich Ausschau nach Trick und Track, ohne zu erwarten, einen von beiden zu Gesicht zu bekommen. Je weiter ich vom Haus entfernt war, desto glitschiger wurde der Pfad. „Fehlte noch, dass es mich hinhaut“, dachte ich, während ich mich vorsichtig weitertastete. Der Pfad führte nun ein einem Bogen um eine größere Buschgruppe herum; da ich nun von außen nicht viel sehen konnte, drängte ich mich durch die Büsche, immer Ausschau haltend nach den lieben Tierchen. Plötzlich sah ich etwas Braunes etwas weiter hinten in dem Gebüsch schimmern und, in der Hoffnung doch eines der kleinen Nager zu Gesicht zu bekommen, zwängte ich mich weiter ins Gesträuch hinein.
Je näher ich kam, desto klarer wurde mir, dass das Braune, was ich gesehen hatte, kein Eichhörnchen sein konnte. Es lag still am Boden. Bei näherem Hinsehen erkannte ich einen Schuh. Er war braun. Und er war nicht leer. Schnell durchbrach ich die restlichen kratzigen Büsche. Am Boden unter den Büschen lag ein Mensch. Ich konnte nur seine Rückseite erkennen und rief ihn an. „Hallo? Hallo Sie da!“ Der Mensch regte sich nicht. Erschreckt beugte ich mich, so gut es bei den kratzigen Dornbüschen ging, über ihn. Fasste ihn an der Schulter und schüttelte. Doch sobald ich ihn berührt hatte, wusste ich, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Der schwarze Anzug war feucht vom Nachttau. Keine Wärme durchdrang die Kleidung an der Schulter, an der ich ihn packte. Als ich ihn schüttelte merkte ich entsetzt, dass der Körper steif war. Mit etwas Mühe drehte ich ihn soweit um, dass ich das Gesicht sehen konnte. Gerne hätte ich geschrien, aber mir blieb die Luft weg, so blieb es bei einem erschreckten Japsen.
Nicht nur bestätigte die Blässe des Gesichts, dass ich einen Toten vor mir hatte, ich konnte nun auch den Kopf sehen und der war zum Teil ein Matsch aus Gehirnmasse, eingedrücktem Knochen und Blut. Vor Schreck und Entsetzen ließ ich den Körper fallen, wie er fiel. Zitternd und fassungslos trat ich einen Schritt zurück, mir am Dornbusch den Rücken zerkratzend. Ich hatte den Mann erkannt. Es war ein Kollege.
Genauer gesagt handelte es sich um unseren Maître d’Hôtel, also um einen leitenden Angestellten, der den Chef de Rang (Kellnern) vorstand, den Direktor vertrat und die Bestellungen für Hotel und Restaurant vornahm. Ein Mann in den Vierzigern, streng aber nicht ungerecht, sehr kompetent, immer ein wenig steif, ähnlich wie ein Butler in alten englischen Filmen. Er war kein großer Mann, aber doch kräftig, wenn auch kein athletischer Typ, hatte schwarze, kurzgeschnittene Haare, die er mit etwas Gel fest an den Kopf frisierte. Verwirrt und mit verknotetem Magen wollte ich mich wieder aus den Büschen herauskämpfen, als mir einfiel, ich sollte vielleicht mit meinem Handy den Toten und den Ort fotografieren. Vermutlich hatte ich einfach zu viele Krimis gesehen, bei denen in dem Zeitfenster zwischen Auffindung eines Toten und der Ankunft der Polizei die Leiche verschwand. So tat ich mein Bestes, die Wunde, den leblosen Körper und die unmittelbare Umgebung mit dem Handy abzulichten. Fragen über Fragen gingen mir im Kopf herum, und ich fühlte mich durch die Büsche am ganzen Körper verkratzt, aber ich beschloss, dass das Dringendste, was jetzt getan werden musste, war ins Hotel zurückzukehren und Monsieur sowie die Gendarmerie zu informieren.
Obwohl meine Knie weich wie Butter waren und der Weg rutschig, lief ich so schnell ich konnte zurück ins Hotel. Madame wollte mich aufhalten, um nach ihren kleinen Freunden zu fragen, aber ich lief mit einem schnellen „Später!“ an ihr vorbei. Verdutzt sah sie mir nach. Ein solches Verhalten entsprach nicht den französischen Höflichkeitsregeln. Sie folgte mir ins Hotelinnere. An der Rezeption angekommen, eiste ich schnell den Hoteldirektor von einigen Gästen los, die ihm ihre ganze Reise- und Lebensgeschichte erzählen wollten. Ich zog ihn mit mir ins Büro, schloss die Tür vor der Nase von Madame und berichtete kurz, was ich gefunden hatte. Er ließ sich vor Schreck schnaufend (er war ein dicker Mann in den Sechzigern) auf einen Stuhl fallen und sah mich aus seinen wasserblauen Augen fassungslos an, unfähig zu reagieren. Da nahm ich selbst den Hörer in die Hand, um die Gendarmerie anzurufen. Madame, die inzwischen im Büro angekommen war und von Monsieur ins Bild gesetzt wurde, riss mir entschlossen das Telefon aus der Hand und befahl mir, meinen Platz an der Rezeption wieder einzunehmen. Sie behandelte mich beinahe so, als ob ich Schuld an dem Vorfall hätte.
Weil sie jedoch erkennbar erschreckt war, und um sie jedoch nicht noch mehr aus der Fassung zu bringen, sah ich sie nur empört an, verließ wortlos das Büro und kehrte zurück an die Rezeption. Zum Glück waren die gesprächigen Gäste abgereist, so dass ich mich in Ruhe vor meinem Computer auf den Stuhl sinken lassen konnte. Dabei fiel mir auf, dass ich immer noch die Jacke und die groben Schuhe trug, die ich im Park getragen hatte. Ich zog schnell beides aus, um mich wieder in das Bild einer professionellen Hotelangestellten zu verwandeln. Zu meiner Erleichterung war es einer der wenigen Vormittage, wo nicht ständig das Telefon klingelt für Reservierungen, Stornierungen oder Nachfragen. So konnte ich ein wenig verschnaufen und endlich über das, was ich gefunden hatte nachdenken.
Pierre Chausson, der Maître d’Hôtel, war also tot. Aber nicht irgendwie gestorben durch einen Unfall oder eine Krankheit, was schon schlimm genug gewesen wäre. Es war jedenfalls ein gewaltsamer Tod. Keiner der Büsche hatte Äste gehabt, die stark genug wären, im Herabfallen jemanden den Schädel einzuschlagen. Bei genauerem Nachdenken hatte ich keinen Ast in der Nähe des Toten bemerkt, auch keinen Stein oder irgendetwas Schweres, was den Tod hätte herbeiführen können. Ein Unfall war daher ausgeschlossen, stellte ich mechanisch fest. Ein Selbstmord kam kaum in Frage, denn wer schlägt sich schon selbst den Schädel ein? Nein, das war wohl auszuschließen. Zudem hätte auch hier das Tatwerkzeug herumliegen müssen. „Also ein Verbrechen“, dachte ich bestürzt. Nun, es war die Aufgabe der die Polizei bzw. der Gendarmerie das Notwendige zu tun, um die Tat aufzuklären. Es war nicht meine Sache mich darum zu bekümmern. So dachte ich jedenfalls.
Château La Rochepot
Blick von Avallon auf den Morvan (Mittelgebirge im Zentrum von Burgund)
Burgund ist eine der Regionen Frankreichs, die das Gesamtterritorium in politische Einheiten gliedern, jede mit einem eigenen Parlament (conseil régional). Jede Region ist dann wieder in sogenannte Departements untergliedert. Burgund hat vier davon, nämlich im Nordwesten das Department Yonne mit seiner Hauptstadt Auxerre, im Nordosten das Departement Côte d’Or mit seiner Hauptstadt Dijon, welche gleichzeitig die Hauptstadt der Region Burgund darstellt, im Südwesten das Departement Nièvre mit der Hauptstadt Nevers und schließlich im Südosten das Departement Saône-et-Loire mit der Hauptstadt Mâcon. Jedes Departement verfügt wiederum über ein Parlament (conseil général). Die Regionen entsprechen in ihren Ausdehnungen ungefähr den deutschen Ländern, sind jedoch nicht ebenso selbständig, weil Frankreich doch ein weit zentralisierteres Land ist. Burgund ist etwas weniger als halb so groß wie Bayern. Mit 1.6 Millionen Einwohnern ist die Region trotzdem nicht überbevölkert.
Wer Frankreich (noch) nicht kennt, dem sei gesagt, dass dort die Uhren anders gehen als in anderen mitteleuropäischen Ländern. Man glaubt es kaum, aber die Mentalität der Menschen dieses Landes, d.h. ihre Verhaltensweisen und Werte, ist der germanisch-alemannischen ebenso wie der britischen Denkweise völlig entgegengesetzt und oft undurchschaubar für den Nichteingeweihten. Obwohl ich schon mehrere Jahre zwischen den Franzosen gelebt hatte, war ich doch nicht wirklich auf das gefasst, was weiter geschah.
Während ich an meiner Rezeption saß und verschiedene Verwaltungsaufgaben abarbeitete, wartete ich innerlich auf das Erscheinen der Polizei bzw. der Gendarmerie, die eine Leichenschau, Zeugenbefragung, Spurensicherung usw. durchführen, das ganze Programm eben, das man in jedem Krimi so
Publisher: BookRix GmbH & Co. KG
Editing: Bernhard Schüller
Publication Date: 10-06-2014
ISBN: 978-3-7368-4532-9
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Dedication:
Für Bernhard, ohne dessen Ermutigung das Buch niemals geschrieben worden wäre.