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Leseprobe

 

 

 

 

AL CONROY

 

 

Clayburn, der Spieler

 

 

 

Roman

 

 

 

 

Apex Western, Band 32

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

CLAYBURN, DER SPIELER 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

Zehntes Kapitel 

Elftes Kapitel 

Zwölftes Kapitel 

Dreizehntes Kapitel 

Vierzehntes Kapitel 

 

 

Das Buch

Sein Name war Clayburn, und er war ein Spieler. Von Kopf bis Fuß war er in Schwarz gekleidet; nur seine Krawatte war goldgewirkt, und sein Revolver hatte Perlmuttgriffe. Seine schlanken Hände waren geschickt und sicher mit den Karten. Noch geschickter und sicherer war er mit der Waffe. Er konnte zärtlich zu den Frauen sein – und hart und unerbittlich gegen seine Feinde. Der kalte Glanz seiner Augen verriet, dass er jemanden suchte – und dass er entschlossen war, ihn zu finden...

 

Al Conroy war eines der Pseudonyme des US-amerikanischen Schriftstellers Marvin H. Albert (* 22. Januar 1924 in Philadelphia; † 24. März 1996 in Menton, Frankreich); bekannt wurde er in erster Linie als Autor von Western- und Kriminal-Romanen.

Sein Roman Clayburn, der Spieler erschien erstmals 1961; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1970. Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Romans in seiner Reihe APEX WESTERN. 

CLAYBURN, DER SPIELER

 

 

 

 

 

  Erstes Kapitel

 

 

Es war eine Stunde nach Sonnenaufgang. Ross Slater saß gegen den Stamm einer Kiefer gelehnt am Hang der steilen Felswand beim Ausgang des weiten Canyons. Nervös überprüfte er noch einmal sein Gewehr und dachte an die Herde halbwilder Mustangs, die ihm bald gehören würde. Noch waren sie in den Händen von Mike Owens. Aber sie waren es nicht mehr lange. Owens hatte zwei Monate gebraucht, um die Tiere einzufangen und so weit zu zähmen, dass er sie treiben konnte. Slater hatte bisher erst zwei Tage Wartezeit investiert. In einer knappen Stunde würde er noch ein paar Patronen verbrauchen, und dann würden die Pferde ihm gehören.

Jason, ein untersetzter, breitschultriger Mann, erschien zwischen den Felsen und meldete: »Sie kommen.«

Ross Slater erhob sich und blickte nach Süden. Eine breite Staubwolke stand am Horizont, dicht vor dem Canyon-Eingang. »Sogar ein bisschen früher als wir dachten«, grinste er zufrieden. »Nett von Owens.«

»Sie haben einen Scout vorausgeschickt«, sagte Jason. »Könnte gut Owens selbst sein.«

Slater kratzte die dunklen Bartstoppeln an seinem Kinn. »Nur einer?«

»Ja.« Jason fasste nach seinem Revolver. »Soll ich ihn umlegen, wenn er...«

»Und die anderen rebellisch machen?«, sagte Slater verächtlich. »Den kaufe ich mir selbst.«

Er winkte den vier anderen Männern, die zwischen den Felsen in Deckung saßen, und wies ihnen ihre Positionen an.

Jason trat nervös von einem Fuß auf den anderen. »Du musst an den Scout denken, Slater.«

»Ich habe ihn nicht vergessen.« Slater nahm das Gewehr in die linke Hand und zog ein schweres Bowie-Messer aus dem Gürtel. »Gehen wir.«

Zehn Minuten später ritt Mike Owens in den Canyon, eine halbe Meile vor der Herde, die er eingefangen hatte. Mechanisch spähte er ab und an zu den schroffen Klippen zu beiden Seiten der Schlucht hinauf. Aber er entdeckte nichts, was ihn hätte beunruhigen können. Er befürchtete auch keine Störungen. Es war reine Gewohnheit von ihm, seine Umgebung zu mustern und den Henry-Stutzen stets schussbereit über dem Sattelknauf zu halten.

Morgen würde er am Ziel der Reise sein. Die Männer hatten schon seit drei Tagen nichts anderes im Sinn als die Saloons und Spieltische von Halsbury. Er wusste, dass sie ihr Geld in ein paar Tagen in Whisky, Frauen und Poker anlegen würden. Früher hatte auch er keinen anderen Ehrgeiz gehabt. Bis eine Frau seinem Leben einen neuen Inhalt gegeben hatte.

Ihretwegen hatte er auch diesen Trip unternommen. Seit einem Jahr hatte er wie ein Büffel geschuftet und jeden Cent gespart, um das Unternehmen finanzieren zu können. Den Rest hatte er sich von seinem Freund Clay, Clayburn, geliehen. Clay hatte auch dafür gesorgt, dass ein Corral für die Tiere bereitstand. Vielleicht konnte er ihn sogar überreden, ihm beim Einbrechen der Pferde zu helfen. Würde ihm ganz guttun, überlegte Owens, wieder einmal richtig zu arbeiten, anstatt sich die Nächte am Pokertisch um die Ohren zu schlagen. Und wenn die Pferde zugeritten und verkauft waren, hatte er sicher genug, sich eine kleine Ranch zu kaufen, mit Helen...

Er riss das Pferd am Zügel und brachte gleichzeitig sein Gewehr in Anschlag.

Ein untersetzter, breitschultriger Mann taumelte hinter einem Felsen hervor und brach in die Knie.

»Wasser«, murmelte er. »Um Gottes willen, gib mir Wasser!«

»Was ist denn los?«, fragte Owens erschrocken.

»Wasser«, flehte der Mann und machte einen vergeblichen Versuch, wieder auf die Füße zu kommen.

Owens sah, dass der Mann unbewaffnet war. Sein Halfter war leer. Owens sah sich rasch um. Kein Mensch war zu sehen. Trotzdem behielt er den Henry-Stutzen in der rechten Hand, als er mit der linken nach der Wasserflasche griff.

Ein leises Geräusch ließ ihn herumfahren. Er sah flüchtig den Schatten Ross Slaters hinter einem Felsen auftauchen. Die rechte Hand des Mannes schoss vor, und das Messer bohrte sich in Mike Owens Brust, bevor er noch das Gewehr heben konnte.

Owens Gesicht verzog sich bei dem plötzlichen, schneidenden Schmerz. Er glitt aus dem Sattel. Als er zu Boden fiel, war er schon tot.

Jason, der »Verdurstende«, sprang rasch auf, ergriff das Pferd beim Zügel und führte es hinter einen kleinen Felsvorsprung in Deckung.

Ross Slater trat neben Owens und blickte mit unbewegtem Gesicht auf ihn nieder. Dann zog er sein Messer aus der Brust des Toten, wischte es an dessen Jacke sauber und schob es in den Gürtel zurück.

Er winkte zwei seiner Männer heran, die den Toten hinter einen Felsen zerrten. Eine Viertelstunde später erschienen Owens' Männer mit der Herde und ritten direkt in Slaters Hinterhalt.

Fünf Männer saßen um den Pokertisch in Halsbury's Saloon. Zwei waren Goldsucher, einer war Rancher, einer Transportunternehmer. Der fünfte war ein professioneller Spieler. Er war von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet, mit Ausnahme lediglich einer goldgewirkten Krawatte. Der helle Knochengriff seines Revolvers schimmerte matt.

Der Spieler mischte und gab. In regelmäßigem, schnellem Takt flogen die Karten auf den Tisch. Der Mann zur Linken des Spielers hatte einen König, eine Sechs, eine Neun und einen Buben. Der Spieler besaß zwei Asse. Der Mann zur Linken schob fünf Dollars zur Mitte des Tisches. Also hat er nicht viel, kombinierte der Spieler. Ein Mann gab gleich auf, der zweite stieg aus, als die Wetten auf fünfzehn Dollar standen. Der Spieler wollte gerade noch einmal erhöhen, als der Manager des Mietstalls in den Saloon stürzte.

»Mike Owens ist tot!«, schrie er atemlos. »Überfallen! Auch seine Leute haben die Kerle umgelegt. Bis auf einen!«

Der Spieler stand langsam auf und schob seinen Stuhl zurück. »Woher wissen Sie das?«

»Vom Sheriff«, sagte der Mann. »Eben ist ein Telegramm von Jimini Springs gekommen.«

Der Spieler raffte sein Geld zusammen und schob es in die Tasche. Ohne ein weiteres Wort wandte er sich um und ging zur Tür.

Als die Tür hinter ihm zugefallen war, langte der Rancher über den Tisch und sah sich die Karten des Spielers an.

»Sieh dir das mal an«, sagte er verblüfft zu den anderen. »Ein Spiel mit zwei Assen hat er liegengelassen...«

 

 

 

 

  Zweites Kapitel

 

 

Marshal Will Foster saß in seinem Büro und rasierte sich. Den Spiegel hatte er gegen die dicke Bibel gelehnt. Er war so vertieft in seine Beschäftigung, dass er das leise Klopfen überhörte.

»Marshal Foster?«

Will sah auf und erblickte einen großen, kräftig gebauten Mann, der ganz in Schwarz gekleidet war. Er warf einen kurzen Blick auf den schweren Colt, der tief an der Hüfte hing, wischte sich mit dem Handtuch den Rest des Seifenschaums vom Gesicht und legte den Spiegel fort. »Kennen wir uns?«, fragte er.

»Ich bin Clayburn«, sagte der Mann.

Foster forschte in seiner Erinnerung. Der Name sagte ihm nichts. »Neu in dieser Gegend?«

»Ziemlich. Bin vor einer Woche hergekommen.«

»Dann sind Sie der Spieler.«

Clayburns Mund verzog sich zu einem schwachen Lächeln. »Ich mache hin und wieder ein Spielchen.«

»Die Leute sagen, Sie spielen ziemlich viel - und gewinnen auch ziemlich viel.«

»Hat einer behauptet, ich hätte betrogen?«

»Nein. Sie sagen nur, dass Sie verdammt überlegt und gerissen spielen.« Der Marshal stand auf und schüttete das Rasierwasser aus dem Fenster. »Setzen Sie sich«, forderte er Clayburn dann auf. »Haben Sie irgendetwas auf dem Herzen?«

Anstelle einer Antwort sagte Clayburn: »Colonel Remsberg lässt Sie grüßen.«

Foster machte erstaunte Augen. »Sie arbeiten für den Colonel?«

»Ich habe für ihn gearbeitet. Zur Zeit aber nicht.«

»Ich kann verstehen, dass Sie aufgehört haben. Ist ein verdammt aufreibendes Leben. Ich war mal Mitglied seines Detektivbüros.«

»Ich weiß.«

»Mir reicht es«, sagte Foster. »So allmählich werde ich zu alt für diese Sachen.«

»Ist Ihr Job als Marshal leichter?«

Foster grinste. »Auf jeden Fall habe ich nachts ein Bett unterm Hintern.« Er sah Clayburn misstrauisch an. »Ich dachte, Sie seien ein Spieler.«

»Bin ich auch. Zur Zeit jedenfalls.«

»Sie sagen das so, als ob Sie noch andere Sachen unternähmen.«

»Ich bin nicht wählerisch«, entgegnete Clayburn. »Ich habe schon alles Mögliche getrieben.«

»Aber Sie arbeiten nicht für den Colonel?«, fragte Foster noch einmal.

»Nein«, sagte Clayburn. »Mein Besuch bei Ihnen hat rein private Gründe. Kennen Sie einen gewissen John Thompson?«

»Meinen Sie den Rancher Thompson?«

»Ja.«

»Hat Land so neunzig Meilen nördlich, in der Nähe von Flathead.«

»Kein Sheriff da oben, was?«

»Es lohnt sich nicht«, sagte Foster. »Flathead gehört noch in mein Revier.«

»Haben Sie gehört, dass Thompson in der letzten Zeit einen größeren Posten Pferde gekauft hätte?«

Foster dachte eine Weile nach, schüttelte dann den Kopf. »Davon habe ich nichts gehört. Aber das will natürlich nichts sagen. Warum interessiert Sie das?«

Clayburn umging die Frage. Er lehnte sich zurück und blickte aus dem Fenster. »Haben Sie etwas von Ross Slater gehört?«

Foster war etwas überrascht von diesem plötzlichen Themawechsel. »Nein. Warum fragen Sie?«

»Ich bin hinter ihm her.«

»Ich dachte, Sie arbeiten nicht für den Colonel?«

»Tue ich auch nicht. Nicht mehr.«

»Aber...«

»Ich habe persönliche Gründe, Slater aufzustöbern.«

»Sie haben keine große Chance, ihn zu finden«, meinte Foster nach einer Weile. »Ross Slater zieht seit fünf Jahren durch den Westen, er raubt und mordet, und niemand hat ihn jemals auch nur zu Gesicht bekommen. Kein Lebender jedenfalls. Er hält seine Bande ständig in Bewegung, bleibt nirgendwo lange.«

»Sie wissen mehr als andere über Slater.«

Foster nickte. »Ich würde auch gerne einen Teil der Belohnung kassieren, die auf seinen Kopf ausgesetzt ist. Genau wie jeder andere. Aber was soll's.« Er machte eine resignierte Handbewegung. »Keiner hat es bisher geschafft, und ich glaube nicht...«

»Ich habe einen kleinen Vorsprung vor den anderen«, sagte Clayburn leise.

»Und?«

»Ich kenne Ross Slater. An Ihnen könnte er heute Vorbeigehen, und Sie wüssten nicht einmal, dass er es war. An mir nicht.«

»Sie haben ihn wirklich gesehen?«

»Vor sechs Jahren«, sagte Clayburn. »Ross Slater war Sergeant in meiner Kompanie. Er war ein wilder Bursche und hatte ein lockeres Messer.« Er erinnerte sich, dass er und Slater sich vom ersten Augenblick an nicht leiden konnten. »Einmal habe ich ihn im Poker ausgenommen wie eine Weihnachtsgans. Slater beschuldigte mich daraufhin des Betruges und forderte mich zu einem Zweikampf mit Messern.«

Foster verzog das Gesicht. »Dafür habe ich nie Geschmack gehabt«, sagte er. »Eine Kugel ist eine saubere Sache. Aber ein Messer...«

»Wir kamen nicht weit«, sagte Clayburn. »Der Kommandeur hörte von der Geschichte und trat dazwischen, bevor wir feststellen konnten, wer besser war. Kurze Zeit später wurde Slater degradiert, weil er einen Zivilisten halb zu Tode geprügelt hatte. Der Mann hatte etwas dagegen, dass Slater mit seiner Frau schlief. Und am Tage darauf ist er desertiert und Verbrecher geworden.«

»Also schön«, sagte Foster, »Sie kennen ihn. Aber damit haben Sie ihn noch nicht.«

»Einen Augenblick, da ist noch etwas anderes: Alle anderen haben immer nur einen Weg gewusst, um Slater zu fangen: Sie nahmen die Spur nach einem Überfall seiner Bande auf. Sie wissen selbst, dass keiner ihn eingeholt hat. Ich kenne seine Militärpapiere. Jeder Mensch hat Familie, mit der er irgendwie in Verbindung bleibt, und da muss man ihn fassen.«

Foster grinste. »Man merkt, dass Sie beim Colonel ausgebildet worden sind. Haben Sie Slaters Familie gefunden?«

Clayburn nickte. »Es ist nur noch einer am Leben: ein jüngerer Bruder namens John, der vor fünf Jahren aus San Antonio verschwunden ist. Es war nicht ganz leicht, ihn ausfindig zu machen. Er hat seinen Namen geändert. Aber jetzt habe ich ihn. Er nennt sich jetzt Thompson.«

Foster starrte ihn an. »Sind Sie sicher?«

»Völlig sicher.«

Foster blickte gedankenvoll auf die dicke Bibel auf seinem Schreibtisch. »Und was wollen Sie damit beweisen? Man kann einen Mann nicht für seinen Bruder verantwortlich machen.«

»Ich mache Thompson auch für nichts verantwortlich«, sagte Clayburn. »Ich bin nur hinter Ross Slater her. Aber ich glaube, dass der Weg zu ihm über seinen Bruder führt. Was wissen Sie von Thompson?«

»Er kam so vor vier Jahren in diese Gegend und suchte nach Ranchland. Oben bei Flathead fand er ein paar Leute, die ihm Land verkauften. Er muss gut bezahlt haben. Weide ist nicht gerade reichlich in dieser Gegend, aber als Rancher hat er immerhin ziemlichen Erfolg gehabt. Aber beliebt ist er nicht gerade. Wie ich gehört habe, ist er zu ehrgeizig und zu rücksichtslos. Allerdings - solange er die Gesetze beachtet, habe ich keinen Grund, gegen ihn vorzugehen.« Er sah Clayburn an. »Sie fragten vorhin nach Pferden. Warum?«

Clayburns Augen wurden plötzlich eisig. »Ein Freund von mir hat vor einem Monat eine Herde hertreiben wollen. Slater und seine Bande haben ihn überfallen und die Pferde gestohlen. Mein Freund und seine Männer wurden ermordet. Bis auf einen. Der stellte sich tot und wurde liegengelassen.«

»Und er ist sicher, dass es Ross war?«

Clayburn nickte. »Er hörte, wie die anderen ihn beim Namen nannten. Und er hat ihn mir beschrieben. Es war Slater, da gibt es gar keinen Zweifel.«

»Slater ist ein verdammt schwerer Brocken für einen einzelnen«, sagte Foster. »Der Mann muss ein wirklich guter Freund von Ihnen gewesen sein.«

»Wenn Slater mich ermordet hätte, hätte Mike genauso gehandelt.«

»Das kann man erst sagen, wenn er es wirklich bewiesen hat.«

»Auf Mike habe ich mich immer verlassen können«, sagte Clayburn bestimmt. »Er hat mich schon ein paarmal aus der Klemme gezogen.«

»Na schön«, sagte Foster langsam. »Also Slater hat Ihren Freund ermordet und ihm die Pferde gestohlen. Und Sie glauben jetzt, dass Thompson sie hat?«

»Ich hoffe, dass er sie hat. Das würde mir beweisen, dass Slater noch in Verbindung mit ihm steht.«

»Glaube ich nicht. Warum auch?«

»Das habe ich auch befürchtet. Aber seit ich mit

Ihnen gesprochen habe, bin ich fast sicher, dass die beiden noch Kontakt miteinander haben.«

»So?«

»Thompson hat als Cowboy gearbeitet, bevor er aus San Antonio verschwand. Von seinem Lohn kann er den Ranchern das Land da oben nicht abgekauft haben. Wie ist er also zu dem Geld gekommen?«

»Sie denken, er hat es von seinem Bruder?«

»Woher sonst?«

Foster rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. »Hören Sie zu, Clayburn«, sagte er unsicher. »Ich muss Ihnen dies sagen, weil ich für die Ordnung in dieser Gegend verantwortlich bin. Ich darf nicht zulassen, dass Sie sich mit Thompson anlegen. Bis jetzt hat er sich an die Gesetze gehalten und...«

»Ich lege mich mit niemandem an«, sagte Clayburn mit einem undurchdringlichen Lächeln, »es sei denn, man gibt mir einen Grund. Ich sagte Ihnen schon, ich bin hinter Ross Slater her und hinter niemandem sonst.«

»Viel Glück«, sagte Foster. »Und wenn Sie ihn hier in meiner Gegend erwischen, sagen Sie mir Bescheid.«

»Vielleicht«, sagte Clayburn.

Foster hatte eine Idee. »Vielleicht sollten Sie die ganze Sache offiziell machen. Ich könnte Sie zum Sheriff ernennen lassen.«

»Vielen Dank. Der Stern würde mich nur hindern. Ich muss meine Karten ausspielen können, wie ich will.«

Foster zuckte die Achseln. »Überlegen Sie sich's.«

»Vielleicht«, wiederholte Clayburn. Er verließ das Büro und ging in sein Hotelzimmer, um sich seit einem Monat zum ersten Mal richtig auszuschlafen. Er schnallte den Revolvergurt ab und legte ihn auf den Nachttisch. Dann zog er das Hemd aus. An seinem linken Unterarm war eine Lederscheide festgeschnallt, in der ein langes, schmales Messer steckte, dessen Griff dicht über dem Handgelenk saß.

Er schnallte sie ab und legte sie neben den Revolver. Dann zog er Schuhe und Hose aus und warf sich auf das Bett. Innerhalb weniger Sekunden war er fest eingeschlafen.

 

 

 

 

  Drittes Kapitel

 

 

Clayburn lag flach ausgestreckt auf dem Kamm eines kahlen, sonnenheißen Felsens und beobachtete durch einen Feldstecher die Ranchgebäude, die in einem kleinen Tal unter ihm lagen.

Seit drei Tagen hatte er hier oben gelegen und Thompsons Ranch mit der eisernen Geduld beobachtet, die ein Spieler aufbringt, der in einem zehnstündigen Pokerspiel darauf wartet, dass die anderen müde, unaufmerksam oder leichtsinnig werden.

Marshal Foster hätte ihn in seinem jetzigen Aufzug kaum wiedererkannt. Clayburn trug eine alte khakifarbene Hose, ein ausgeblichenes Hemd und einen fleckigen Hut, alles mit einer dicken Staubschicht überzogen. Nur der Revolver war derselbe. Auf dem Felsen neben ihm lagen eine Wasserflasche und ein zwölfschüssiger .44-Winchester-Karabiner.

Aus dem Haupthaus trat ein Mann, und Clayburn folgte ihm mit dem Fernglas, als er an Scheune und Vorratsschuppen vorbei zur Küche ging. Ein anderer Mann trat auf die Veranda, ein junger Mann mit langen Armen. Sein Revolver saß tief auf der Hüfte. Er flegelte sich auf einen Schaukelstuhl, legte die Füße auf die Brüstung und drehte sich eine Zigarette.

Der Junge saß ziemlich oft dort auf der Veranda, hatte Clayburn beobachtet. Er hatte, glaubte er, jetzt alle Menschen kennengelernt, die auf der Thompson- Ranch wohnten und arbeiteten. Ross Slater war jedenfalls nicht dabei.

Clayburn setzte das Glas ab und fuhr über seine brennenden Augen. Sein Gesicht war braun und ausgedörrt von der trockenen Hitze, sein Mund war trocken und pelzig. Und er hatte nicht mehr viel Wasser in der Feldflasche.

Er presste die Augen zusammen und starrte über das Land, das südlich von Thompsons Ranch lag: nackte Bergkämme, die sich zu flachen Mesas vereinigten, zerschnitten von tiefen Canyons und trockenen Flussbetten. Dahinter, kaum noch sichtbar, die Wüste. Einige der Bergketten verbargen bewaldete Hänge und kleine, grüne Täler. Aber nur ein paar. Hinter Thompsons Ranch war die Landschaft ähnlich; bis hin zu den bewaldeten Bergen am nördlichen Horizont.

Ein weites, wildes, unübersichtliches Land. Slater konnte sich in jedem der Täler und Canyons verborgen halten. Aber es hatte keinen Zweck, nach ihm zu suchen. Er musste ihn

Imprint

Publisher: BookRix GmbH & Co. KG

Text: Marvin H. Albert/Apex-Verlag/Successor of Marvin H. Albert.
Images: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Cover: Christian Dörge/Apex-Graphixx.
Editing: Dr. Birgit Rehberg.
Translation: Hans Mater (OT: Clayburn).
Layout: Apex-Verlag.
Publication Date: 02-20-2020
ISBN: 978-3-7487-3017-0

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