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Vorbemerkungen zu Teil 1

Die ersten fünf Geschichten in diesem Sammelband sind auf verschiedenen Plattfomen erschienen, denen ich hiermit noch einmal für die Möglichkeit danken möchte dort zu veröffentlichen.

Besonders im Kostblog hat man mich als Neuling sehr herzlich empfangen und mir eine Bühne gegeben auf der ich mich ausprobieren konnte. Ohne diese Einstiegsmöglichkeit würde dieses ebook wohl nicht erscheinen.

In 40 Jahren sind wir die Alten

Ein Tag als rüstiger Rentner

Ich habe in meinem Leben lange genug geschlafen – seit ich alt bin, brauche ich kaum noch Schlaf. Ich stehe gegen halb 5 auf und mache mir Haferflocken zum Frühstück. Der Tag ist vollgepackt mit Aufgaben, da lohnt sich das frühe Wachwerden. Nach dem Frühstück schnell anziehen und dann raus zum Supermarkt.

Der öffnet zwar erst um 8.00 Uhr, aber ich bin schon gegen halb da. Sonderangebote einheimsen ist eine meiner wichtigsten Beschäftigungen. Heute sind Hausschuhe im Angebot. Eigentlich brauche ich keinen Wagen, aber um die anderen Einkäufer zu behindern, nehme ich trotzdem einen. Punkt 8.00 Uhr öffnen sich die Türen und während die Menschen hinter mir eilig vorbei wollen, weil sie auf Arbeit müssen, schlendere ich mittig durch den Gang, so dass die anderen einen Umweg durch den Nebengang nehmen müssen.

Ich parke meinen Wagen vor dem Ramschregal und probiere Schuhe an. 42 passt und wird gekauft. Ich bin noch gut zu Fuß, aber das muss niemand wissen. Ich habe Zeit, also önnen sich auch die anderen Zeit nehmen. An der Kasse werde ich endlich mein lange angesammeltes Kleingeld los – ich könnte ihr auch einen Schein geben, aber dann h&uamltte ich ja noch mehr Kleingeld. Der Rest der Schlange wird schon unruhig, als ich die 6,75 in 10-Cent-Stücken bezahle. Unruhe nutze ich gerne aus – ich kann noch gut sehen und weiß genau, welche Münze ich gerade in der Hand halte, krame aber trotzdem noch etwas weiter nach kleineren Centstücken. Nach etwa vier Minuten liegt das Geld auf dem Tisch und ich schiebe mich durch den schmalen Gang nach draußen. Die Schlange hinter mir ist nun fast so lang wie die an der Kasse. Links und rechts wollen Leute vorbei, aber weil ich meinen Wagen immer leicht schräg schiebe, müssen sie bis zur Tür neben mir laufen und sich dann wieder hinter mir einordnen. Einkaufen macht Spaß.

Es ist Markttag, also gehe ich noch kurz an den Ständen vorbei. Ich kaufe nichts, ich will nur schauen, was es so gibt. In der Stadt pöbele ich die Jugendlichen voll, die mit aufgedrehtem Handylautsprecher an mir vorbei laufen. Angezogen wie die letzten Trottel und aus dem Handy ruft einer, dass er unanständige Dinge mit mir oder meiner Mutter machen will. Aus dem Handy des nächsten erzählt einer, dass er aus dem Dreck kommt und es unheimlich schwer hatte. Ich begrüße die Schüler mit Sätzen wie "Zieh dir mal die Hosen hoch!" oder "Früher hatte die Jugend noch Anstand." Einige lachen, andere gehen einfach weiter – mir macht es in jedem Fall Freude. Ein besonders dickes und freches Exemplar meint, er könnte mich mit "Zieh Leine, Opa!" abschrecken. Ich halte ihm einen 15-Minuten-Vortrag über den weiteren Verlauf seines Lebens als Hartz IV-Empfänger, mit drei Frauen und drei Kindern, Abhängigkeit von Alkohol aus Plastikflaschen und selbstgestopften Zigaretten, Fettleibigkeit, Pfandflaschen aus Mülleimern fischen und alles, was noch so dazugehört. Er ist ruhig und zieht ab – vielleicht passt er heute in der Schule ja etwas besser auf als sonst. Wieder eine gute Tat.

Da diese Aktivitäten ziemlich anstrengend sind, gehe ich danach erst einmal nach Hause und mache Mittag. Meine Frau hat schon was vorbereitet. Danach ein kleines Nickerchen und wieder raus auf die Straße. Ich fahre gerne langsam Auto. Nicht weil ich nicht schneller kann, sondern weil ich Zeit habe. Es geht in den Baumarkt – ich brauche Farbe um den Zaun zu streichen. Das Spiel mit den Münzen an der Kasse ziehe ich wieder durch – herrlich, wie sich alle leise beschweren und denken, ich höre es nicht. Auf der Heimfahrt beobachte ich im Rückspiegel, wie der Fahrer hinter mir vor Wut tobt. Ich halte mitten auf der Straße an und lasse einen Fußgänger überqueren, obwohl 10 Meter weiter eine Ampel ist. Der Fahrer hinter mir will das zum Überholen nutzen, aber ich gebe zeitgleich Gas, so dass wir kurz nebeneinander fahren, bis er aufgrund des Gegenverkehrs wieder einscheren muss. Die Ampel hat mittlerweile auf rot geschaltet – dann warten wir eben.

Als ich mein Auto in der Garage abstelle, bringen die Nachbarn gerade ihren Müll raus. Das sind auch komische Leute – wahrscheinlich arbeitslos. Da frage ich am besten mal nach. Der Dicke sitzt draußen und raucht, als ich vorbeilaufe. Ich grüße freundlich: "Ach, guten Morgen. Heute gar nicht arbeiten?" Er erklärt mir, dass er mit Arbeitslosengeld gut auskommt und nicht arbeiten gehen will. Ich antworte nur, dass der Staat scheinbar genug Geld verteilt, wenn die Faulen auch noch fett werden und anfangen können zu rauchen, obwohl sie eigentlich arbeiten sollten, und flaniere pfeifend weiter. Dem Dicken steht der Mund offen. Heute ist ein guter Tag.

Letzte Amtshandlung: Ohrenstäbchen kaufen. Ich gehe gerne los, wenn die Schule aus ist, dann treffe ich noch ein paar Kinder in der Stadt. In der Drogerie sind die Gänge noch enger als im Supermarkt. Das wird ein Spaß. Ich stelle mich mitten in den Gang und lese mit gebührendem Abstand die Etiketten im Regal durch, obwohl ich nichts brauche. Ein paar Kinder wollen durch zum Kondomregal. Ich rufe ihnen zu, dass in den Packungen keine Luftballons sind. Das sorgt für Erheiterung im ganzen Geschäft und für rote Köpfe bei der Jugend. So kann es weiter gehen. Ich bin bei den Ohrenstäbchen angekommen und hinter mir philosphieren zwei Schüler über Rasierer mit 5 Klingen. Bei den drei Haaren reicht eine halbe Klinge oder ein Löffel zum Abschaben, werfe ich ein, was die beiden nicht gerade begeistert, aber mich und die umstehenden Leute sehr freut. Mir doch egal, was die Jugend denkt.

Danach geht es endlich heim. Ein anstrengender Tag liegt hinter mir und nach dem Abendessen werde ich wohl zeitig ins Bett gehen – schließlich wird der morgige Tag nicht entspannter.

Die Schrecken des Vater-Seins in drei Episoden

Vom Pazifisten zum Windelveteranen

Ein Kind ist wie ein Mixer. Der keinen Deckel hat. Und immer an ist. Man hat also immer Arbeit damit und was man hinein gibt, kommt auch wieder raus. Sabber am Mund, vollgeschissene Windeln, erhöhter Platzbedarf in engen Gängen durch Kinderwagen, die Transformation in einen wandelnden Feuchttuchspender. Ungläubige Blicke fremder Menschen, eingeschränkte soziale Kontakte, Aufgeben der eigenen Würde und Aufnehmen der Kindersprache. Wie es in Wirklichkeit kommt, kann man sich nur schwer ausmalen und meistens kommt es anders als man denkt.

Episode 1

Würde ist ein Fremdwort für mich. Wo wir gehen und stehen ist Sabber oder fallen Kekse und Nuckel zu Boden. Wo wir essen, klebt mehr Nahrung am Kind und an mir als in den Magen kommt. Was oben reinkommt, kommt unten wieder raus. Ich lache dümmlich über Kleinigkeiten und würde sogar mit einem breiten Grinsen und

Imprint

Publisher: BookRix GmbH & Co. KG

Text: René Seidel
Publication Date: 12-24-2013
ISBN: 978-3-7309-7130-7

All Rights Reserved

Dedication:
Danke an alle, die dieses Buch lesen und dadurch vielleicht zu Fans oder Unterstützern werden. Danke an alle, die unfreiwillig als Motiv für eine Geschichte gestanden haben, indem sie einfach so sind, wie sie sind. Danke besonders an alle, die von Anfang an dabei waren, mich bisher mit warmen Worten unterstützt haben und durch fleißiges Verbreiten dafür gesorgt haben, dass ich das Unternehmen Schreiben ernsthaft weiterverfolge. Besonderer Dank geht an Claudi, die mein angeblich zu lautes Tippen am Laptop häufiger als normalerweise ertragen musste.

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