Ich, Hubert Hundertmark, habe mich getraut, wie Sie wissen. Allerdings verliefen die Feierlichkeiten nicht ganz so, wie wir uns das dachten. Das fing schon damit an, dass Wilma leicht pikiert reagiert hatte, als ich ihr sagte, dass Onkel Robert nun doch bei Hochzeit dabei sein könne. Er ist ja nun vor ein paar Monaten gestorben, was eine Teilnahme deutlich erschwert hatte. Da wir Hundertmarks sparsam sind und nichts vergeuden, hatte ich Onkel Roberts Zahngold einschmelzen und daraus unsere Trauringe schmieden lassen. Davon war Wilma wenig begeistert.
Außerdem trafen meine Mutter und mein Bruder Kunibert erst mit erheblicher Verspätung in Buxtehude ein. Kunibert hatte im Autoradio von einem Großbrand in Adelebsen bei Göttingen gehört. Dort brannte die Lagerhalle einer Kunststofffabrik. Der Moderator sagte: „Umfahren Sie das Gebiet möglichst großzügig“. Das hat er dann auch getan, der Kunibert, obwohl der Ort weit ab von seiner Route lag. Aber wir Hundertmarks machen ja immer, was uns gesagt wird. Kunibert sollte sich doch um die Musik kümmern, nachdem wir ja leider kein Klavier mieten konnten, Sie wissen schon. Die Stimmung unserer Gäste war recht getrübt. Ich hatte als Ersatz die Beethoven-CDs aus meiner Wohnung geholt. „Danach kann man doch nicht tanzen“, meinte mein Kollege, der Hilmar Hintergesäß. Ich musste ihm Recht geben. Kurz danach hatte sich das mit der Musik ohnehin erledigt. Die CDs sprangen ständig, so dass ich eingreifen musste. Ich griff zu Wilmas Handtasche, von der ich wusste, dass etwas Hilfreiches darin war. Das Reparaturshampoo half aber unerwarteterweise gar nicht, obwohl ich die gesamte Flasche aufbrauchte. Es gab einen fürchterlichen Knall, der Player sprühte Funken und die Sicherung flog heraus. Mein anderer Bruder Herbert fummelte dann fast eine halbe Stunde am Sicherungskasten, bis der Schaden behoben war. Dann trudelten auch Kunibert und Mutti ein, beide völlig entnervt. Er nahm sich ein große Portion Nudelsalat, den Wilmas Schwester Wanda mitgebracht hatte. Das habe ich leider zu spät gesehen, sonst hätte ich ihn gewarnt, den Kunibert. Er hat ja diese lästige Nussallergie und dummerweise enthielt der Salat eine ganze Menge kleingehackter Haselnüsse. Mein Bruder lief puterrot an und bekam Atemnot. Wir mussten den Notarzt rufen.
Das alles war der Stimmung nicht förderlich, so dass sehr viel Essen übrig blieb. Aber zum Glück habe ich es ja bei jenem Discounter gekauft, der neuerdings an seinen Kassen den netten Hinweis angebracht hat, dass man dort „Lebensmittel ohne Wenn und Aber zurückgeben kann“. Ich werde mich also mit den angebrochenen Mettbällchenpackungen, den Chipstüten und den vielen halbvollen Sektflaschen auf den Weg zu „Jenny“ machen. Das Geld können wir gut gebrauchen, denn Kunibert wird mich verklagen, hat er angedroht. Bislang ist er als Anwalt, vorsichtig gesagt, wenig erfolgreich. Er braucht auch jeden Pfennig. Kunibert hat gesagt, dass ich als Veranstalter haftbar gemacht werden könne, weil ich keinen Warnhinweis an der Schüssel angebracht hatte.
Nach dem Umtausch werde ich mit Wilma zu dem kleinen Tümpel im Nachbarort fahren. Das Schuhgeschäft „Meier“ hat ein tolles Angebot. Dort gibt es „Schuhe für ein paar Kröten“. Wir werden bestimmt genug fangen.
Images: www.chefkoch.de
Publication Date: 10-11-2012
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