Mit schweren Schritten schleicht Davin der zerklüfteten Küste St. Pauls entlang. Umgeben von abgekauten Klippen, die aus dem Meeresboden wuchsen, fast schwarzer Sand, in dem seine weißen Füße versanken. nebelverhangener Luft die klingenartig seiner Kehle hinab zog, lässt er die stille, gottverlassene Landschaft auf sich ein. Schaut er sich um, so erblickt er keine Anzeichen außergewöhnlich wilder Natur. Keine emporfliegenden Vögel, keine jagenden Luchse, versteckt im Unterholz. Man erträumt sich Landschaften, bedeckt von Ahorn, Holunder, Thymian. Doch nichts. Bloß Efeu und Moos in Mengen. Er geht eine gerade Strecke. Gerade so genau, dass das dunkelmattblaue Wasser am Rande seiner Füße zurückschräckt und sich in sanfter Geschwindigkeit wieder zu dessen Quelle begiebt. Der ihn bis hin bis zu den Knöcheln bedeckende Umhang reibt an seiner glatten Haut. Seine ungewöhnlich zierliche Statur, sein ausgeprägt schmales Kreuz, die röhrenartig, nie zu enden scheinende Arme, jedoch keineswegs feminin, gleichen einer Fruchtbaren Hülle. Zerbrechlich. Angreifbar. Unter dem Windschützendem Umhang verbirgt sich eine Silbrig schimmernde Haut. Engelsbleich. Suspekter Weise wunderschön. Jedes Aufsetzen seines Fußes, ließ seinen Körper beben. Jeder Blick in seine Giftgrün-blauen Augen, ließ einen verharren. Doch so einzigartig er auch schien, war er doch nichts anderes als eine Massenproduktion. Geschaffen, um glauben zu lassen. Zu benebeln, um sich anschließend ganz auf seinen Auftrag konzentrieren zu können. Er musste es tun. Musste tun, was von ihm verlangt wurde. Was sollte er auch machen, er konnte sich nicht wehren. Konnte es nicht beeinflussen. Auch konnte er nicht weg laufen, sie hätten ihn gefunden. Ihn gefunden und getötet. Machtlos. Gesteuert. Beobachtet. Ginge es nach dem Plan, so wäre sein Schicksal geschrieben, ein vollendetes Buch. Und Davin, welcher sich dessen seit Anbeginn seiner Zeit bewusst ist, ist keineswegs auf Protest aus. Er hatte sich damit abgefunden, und gut war. Ganz in Gedanken übersieht er einen kleinen herausragenden Stein, der sich im Laufe der Zeit fest im Erdboden verankert hatte. Davins neutrale Gesichtszüge, verändern sich zu einem erstarrendem Ausdruck. Seine Stirn runzelt sich. Wäre er mit Brauen gesegnet worden, so würden diese sich nun mittig treffen. Die Augen bis zu einem kleinen Spalt zusammengekniffen, die Mundwinkel aneinander gepresst. Sobald es ihm möglich ist, blickt Davin an seinem Gewandt herab. Rote Farbe zog im nassen Sand ihre Linien. Sein Fuß pochte. Der Blick nun auf den Stein gerichtet. Befleckt von seinem Blut, bedeckt von Resten seiner Haut. Es widerte ihn an. Unbedacht setzte er den verwundeten Fuß auf den Grund. Der Sand biss in die Wunde. Zuckend hob er ihn wieder an, während ihm ein leises schmerzverzehrtes Stöhnen zu entnehmen war. Beschlossen macht er Kehrt in Richtung seiner Hütte, mit dem einen Fuß angewinkelt über eine winzige Dühne. Sie macht einen recht unbeholfenen Eindruck in mitten von hässlichen Klippen. Sein linker Fuß gab nach und zwang Davin die von Dreck verätzte Wunde mit dem Land bekannt zu machen. Doch er spürte, dass der Boden auf dem er ging sich verändert hatte. Es war dem Sand nicht mehr vergönnt sich an seinem Fuß zu schaffen zu machen. Er war kühl, der Boden. Kühl und anziehend befeuchtet. Davin erhasste mit jedem Schritt ein leises knirschen, das dem aus der Erde entzogenem Wasser zu vernehmen war. Das feuchte drang durch den Matten Erdboden seinen von Dreck umrahmten Zehen. Dort verharren die zusammengelaufenen Tropfen in einer kleinen Grube, die Schmutz in Davins Haut gefressen hatte. Kein Wunder. Stets lief er ungeschützt über felsige Ebenen. Durch Dreck. Durch Sand. Vielleicht war es das befriedigende Gefühl, das Loslassen für einen kurzen Moment, indem er seine Füße ganz dem Meer hingab, was er sich nach Anstrengung zu erbetteln versuchte. Er genoss das kühle Gefühl des schneidenden Graß. So wurden die Schritte instinktiv länger und langsamer gezogen. In Betrachtung des Zerwürfnisses, bezogen auf seine weißen Füße, in Gesellschaft des grünen Graß, bewegte sich Davin auf die vor ihm liegenden Behausungen zu. Deren Bewohner hielten sich sekundär vor ihren bescheidenen Hüttchen auf, im Hoffen, das rauchige Ambiente genießen zu können. Der Boden unfruchtbar. Die Gegend, tot. Die Luft, stickig. Die Menschen, einfältig. Alltag zum Preis der Heuchelei. St. Paul war vom Rest der Welt abgeschieden. Isoliert. Die Menschen hatten längst vergessen, wie warmes Licht schmeckt. Der Geruch von Besonnenheit hatte sich in der Luft verhangen. Die Gesamterscheinung hatte sich auf eine abstoßende Art pragmatisiert. In diesem Fall, war der erste Eindruck keineswegs Fassade. Das einzig unergründliche waren die Menschen selbst. In einem Punkt war Davin sich sicher: niemals würde er sich über deren befleckte Gedanken bewusst sein wollen. Die Angst sich für etwas zu verantworten, ließ die Leute verstummen. Sie hielten sich bedeckt und Davin hatte längst aufgegeben sie zu studieren. Keinem war es vermocht über Geschehnisse zu reden. Den Anwohnern St. Pauls wurde aufgetragen zu vergessen. Das Recht auf Erinnerungen wurde ihnen entrissen. Keiner wusste ob nicht auch die Gedanken längst mitgeschrieben und festgehalten wurden. Man diktierte sich gegenseitige Stille. Fügungen. Überall. Der Verdrängungsprozess hatte längst seine Endphase erreicht. Die Unzugänglichkeit der Menschen und die monotone Landschaft spielten immer öfters miteinander. Gelb gestrichen war die erste Hütte, an der er vorbei ging. Grau die zweite, braun die dritte. Es war die letzte Behausung, bevor er abbiegen und den kleinen Weg entlang des toten Waldes nehmen musste. Versteckt hinter Wurzelresten, Baumstumpfen und abgestorbenen Ästen lag sie da. Es war die schlichte Schönheit, die er so an ihr liebte. Das ständige plattstampfen der Gräser stellte nun den Weg zur absoluten Abgeschiedenheit dar. Es präsentierte sich die weiße Hütte, welche Davin sein Eigen nennen durfte. An den Außenwänden blätterte der Putz ab. Auffallend kleine Fenster, vor denen Gitter angebracht waren, verzierten das Haus. Die Mauer am Rande des Grundstückes, warf einen Schatten. Moos durchbrach den betonierten Boden. Über der Holztür war eine Lichtschützende Plane angebracht. Alles bedeckt von geriffeltem Dach. An einer Seite des Hauses, erstreckte sich eine Wand ganz aus Stein, in dessen Ritzen Ungeziefer hauste. Der Ausblick hingegen war nicht vielsagend. Im Hintergrund seiner Behausung, verwitterte ein einst weiß gestrichenes Kreuz, fest in der Erde angebracht, wegweisend zur alten Kirche, welche längst in Trümmern lag. Und blickte Davin aus einem der zu klein geratenen Fenster, so erstreckte sich vor ihm nichts außer kahlen Steinformationen. Drei Zeitlose Bäume mit alten Gesichtern, beschützten die alte Baracke. Auch die Inneneinrichtung ließ nicht an Davins Bescheidenheit sparen. Das einzigherausstechende war der Blecheimer, welcher überlaufend vor Kohlestücken, auf dem alten Kachelofen platziert war. Seit Wochen unberührt. Es war bescheiden, ja, doch es gefiel ihm so. Er trat ein und sicherte prompt die Tür. Anschließend warf er seinen Umhang ab, legte ihn über das längst erloschene Feuer und beugte sich über eine halbvoll mit Wasser gefüllte Schale. Damit wischte er das inzwischen verkrustete Blut weg. Er sah zu seiner Linken. Sah zu seiner Rechten. Außer einem weiteren Gewand entdeckte er nichts, was er für seine Wunde verwenden könnte. Davin blieb nichts Anderes übrig. Er nahm es und riss ein zeigefingerbreites Stück Stoff ab, dass er salopp um das wunde Fleisch wickelte. Ein Knoten, fertig. Für einen Moment war es still. Seine Zunge spielte mit seinem Rachen. Sie war trocken. So zog Davin durstig eine Flasche Wein den er pachtete, hinter dem Kachelofen hervor und schenkte sich einen Schluck ein. Für einen armen Mann nicht üblich. Es waren Kleinigkeiten, die seine scheinbar heruntergekommene Baracke detailliert wertvoll machten. Teures Silberbesteck, Handverarbeitete Satinkissen und Decken, verzierte Pfosten und das wichtigste von allen, die guten alten Weingläser. Mit locker gegriffenem Glas stellte er sich vor sein Fenster. Sein Suchender Blick wandelte zwischen Gesteinen und Nebel, konnte sich nicht entscheiden was hässlicher war. Was er finden würde, war ungewiss. Davin hob die Augen zum Himmel. Sie schrien nach der Sonne, erwarteten doch keine Antwort. Irgendwo mussten Ausbrüche zarter Sonnenstrahlen zu finden sein, die sich ihren Weg durch Wolken erspähten. Das schon mal vor. Nur war heute einer dieser Tage, an denen die fahle Sonne sich mehr oder minder hinter trüben Wetter versteckte. Der Anblick schlug Davin aufs Gemüt und er ließ sich in einen Schalenförmigen Sessel fallen. Genüsslich nahm er den letzten Schluck Wein und ließ den Geschmack langsam auf der Zunge vergehen. Selbstvergessen schloss er die Augen. Er träumte. Träumte von warmen Sommerregen, summenden Bäumen, grünen Feldern, die sich übers ganze Land erstreckten. Er träumte vom warmen Licht, das die Wolkendecke aufriss. Von längst vergessenen Zeiten. Moment. Er öffnete missbilligend die Augen. Summende Bäume? Nicht dass er davon geträumt hätte – nein -, er hörte tatsächlich etwas. Doch waren es keine Bäume. Ein Mädchen. Ein Mädchen das seine Stimme erklingen ließ. Töne, wunderschöne. Diese Stimme, zart. Frisch. Nur zögerlich deponierte er sein längst leeres Glas auf den Kachelofen, schmiegte sich leise an die Wand und lauschte den anzüglichen Verbalitäten. Das Fenster, neben dem er sich befand, war in nicht optimaler Verfassung. So züngelte sich ein kühler Windstoß sanft über Davins Gesicht. Sein Kopf drehte sich zur Seite, was ihm einen behutsamen Blick auf das Fräulein erlaubte. Nur ein Augenblick genügte und er bekannte sich seiner Begierde. Eine Begierde, welche wachsend in seinen Gliedern Loderte. Längst war es nicht mehr die Sonne, nach der er durstete. Nein, Davin sehnte sich nach dem was er sah. Nach ihrem Körper, nach ihrem Mund, nach ihren Wangen, ihren Händen, ihrem Nacken, ihren Schenkeln, ihrem Geschlecht, ihrer Nähe. Dessen schamerfüllte Gesten, warfen ihre Jungfräulichkeit zum Tag und er wollte sie noch mehr. Das Fräullein hingegen, begnügte sich lediglich mit dem pflücken des Efeus, welches sich schaarenweise um sie schlängellte. Nun ja, früher waren es Blumen, heute ist es Efeu. Im Hoffen die Landschaft würde dies Wunderwesen nicht prägen, phantasierte der werte Davin den Agierungen der Mädchens hinterher. Versunken in seinen Tagträumen, machte seine Hand sich unbemerkt selbstständig, dockte gegen das Glas, zerstörte den Moment. Das Glas, welches sich für Davin zeitlupengemäß in zig Teilchen teilte, schallte in derartig lautem Ton, dass es selbst die Schönheit draußen erreichte. Die Augenzusammen gekniffen, den Atem gestoppt und den Körper auf Ruhezustand gesetzt, wartete Davin auf das aufschräcken und darauf folgende weglaufen seiner Augenweide. Beschlossen und sich sicher, sie sei längst fort, fing sein Herz weider an zu Schlagen. Nun ja... da die männliche Intuition mehr oder minder in Frage gesetzt wurde und so oder so die Möglichkeit eins zu zwei stand, sie seie wirklich fort, lag er falsch. Mit dem Rücken zur Wand, sie waren es beide. Davin spürte ihre Anwesenheit.
,,Etwas Efeu, mein Herr?" bog es durchs Fenster. ,,Er aromasiert die Suppe, entspannt die Knochen und beglückt den Mann", gab sie bei.
,,Du bist nicht von hier. Ich habe zuvor nie gesehen", folgerte Davin mit bedachter Zaghaftigkeit.
,,Doch ich sehe Sie. Ich beobachte sie täglich. Ab dem Zeitpunkt andem sie den Strand entlang laufen, bis hin zum Augenblick indem sie hinter den Klippen verschwinden."
,,Wieso kenne ich dich nicht?", fragte er.
,,Mein Herr, beantworten Sie mir doch die Frage, aus welchen subtieven Gründen Sie nicht gekannt werden wollen."
In diesem Moment wendete das Fräullein sich zum Fenster, trat ein Stück näher, so dass Davin den Rythmus ihres Atems lauschten konnte.
,,Die Leute hier halten sich fehrn von ihnen, so wie sie sich ihrer Gesellschaft fehrnhalten. Sie erzählen sich Geschichten, tragen sie weiter. zu jedem Erzähler kommt ein Stück mehr dazu. Warscheinlich haben sie auch bloß Angst vor ihnen, mein Herr."
,,Hast du Angst?", entgegnete er ihr.
,,Es sind Geschichten, nichts weiter.", gab das Fräullein zur Antwort.
Eine Zeitlang war es still. Sie lauschten ihren dem Pochen ihrer Herzen, dem sterben der Natur.
,,Hätten sie etwas dagegen, wenn ich ihnen eine Suppe zubereite? Efeu wirkt wahre Wunder bei angespannten Knochen, angespanntem Geist."
,,Macht es ihnen nichts, zu wissen dass ich sie jeder Zeit umbringen könnte?"
,,Schon gut, ich mache mir selbst auf." Er lächellte.
Es konnte kein Mensch gewesen sein, der in diesen Augenblicken Davins Türschwelle übertrat. Das Gesicht so blass, ihre Augen so Blau, ihre Nase so klein, Ihre Lippen so voll. Die dunkelschwarzen Haare fielen über ihre rechte Brust, bis hin zur Tallie. Sie blieb stehen, betrachtete ihn eine Weile von Fuß bis Kopf. Stumm ging sie zum zum Kachelofen, sammelte die Glassplitter, welche sich über den ganzen Boden verteilt hatten, ein und warf sie aus dem Fenster. Efeu zur rechten, Kessel zur Linken. Sie nahm etwas Wasser Aus dem Eimervorrat, den Davin hinter dem Ofen platzierte, füllte den halben Kessel damit ab und gab etwas Efeu bei.
,,Hellen." uerbrach sie die Stille.
Davin blickte sie fragend an.
,,Hellen, mein Name?"
,,Oh, natürlich... Davin... mein Name."
,,Ich weiß."
Er fragt nicht weiter nach. Ihm war bewusst dass die Leute ihn alle kannten, womöglich auch weit skurielere Namen für ihn hatten.
,,Hier bitte, die Suppe ist fertig"
Abgeschüttet in einem Glas, hielt sie ihm das Efeugemisch vor die Nase, zwang ihn auf es zu nehemn. Misstrauisch untersuhte Davin das Gebräu, hätte es lieber mit den Scherben vor dem Fenster bekant gemacht.
,,Nun trinken sie schon, ich werde Sie schon nicht vergifften."
Gesagt, getan, das Glas war leer.
,,Kavaliersdelikt, es schmäckt furchtbar!", sagte sie mit ironischer Stimme ,,Doch weckt Efeu Sinne, die sie bisher nicht kannten."
Davin schluckte. Man sah es ihm nicht an, doch er fühlte sich unheimlich wohl in ihrer Nähe. Hellens Gegenwart beruhigte sein Herz, ihre Offenheit sein Gewissen. Wobei es viel eher der Efeu war, der sich soeben zu entfalten versuchte.
,,Mir ist das Gerede der Leute gleichgültig. Ich finde sie sehr... interessant",sagte sie und legte ihre Hand über Davin's, der sich inzwischen in seinem Sessel platziert hatte. ,,Sie sind ganz kalt.", versuchte Hellen ihm einzureden, als hätte er sich soeben ungewollt ihrer Pflege verpflichtet. Davin legte vorsichtig seine Fingerspitzen auf die Handoberfläche des jungen Mädchens, streichellte sie. Ein Blick in ihre Ozeanblauen Augen: ,,Wollen sie tanzen?", sprang es aus ihm heraus. Sie leicht irritiert: ,,Ta-tanzen... jetzt? Hier?", - ,,Jetzt! Hier!", antwortete er. Der von Efeu geprägte Mann stand mit einem Schlag auf, zog sie mit sich hoch, zog sie an sich. Zog sie nah an sich. Keine Musik, kein Geräusch. Seine Hand um ihre Hüfte, er zog sie näher. ,,Sie können tanzen, ohne musikalische Begleitung?", sagte sie fragend. Ungewöhnlich, ja. Doch Davin hatte längst eine Antwort: ,,Schließ die Augen. Musik ist überall!" Und so fingen sie an sich zu bewegen. Ihre Melodie, die Stille, ihr Boden, das Nichts. Die Füße abwechselnd nach vorn gesetzt, vorsichtig annähernd, berührten sich schlussendlich auch ihre Bäuche. Dann ihre Schultern. Ihre Gesichter. Ihre Nasen. Ihre Lippen. Oh, es war keineswegs ein Kuss, nein. Lediglich die unentschlossenheit, wer seinen Kinn auf wessen Schulter legt. Der Abend, welcher schon ungeduldig gewartet hatte, legte den trüben Tag schlafen. Nein, der Himmel blutete nicht, das weinrot, das anbstoßend durch die Wolkendecke schien, stellte den eigentlichen Sonnenuntergang dar. Von Der Sonne Keine Spur. Selbst der Horizont suchte sie vergebens.
,,Es ist schon spät, ich sollte gehen." unterbrach Hellen die Stille.
Indem Moment, als die Türschwelle übertrat, wurde Davin bewusst, was ihm hätte früher bewusst werden sollen. Der Nächste Morgen, die Nächsten Tage. Und jeden einzellnen blickte er auf die Stelle ander er sie das erste mal sah. Und mit jedem Mal wurde ihm bewusster, er würde sie nicht wieder sehen. Doch einmal, ´einmal sollte das Leben etwas Hoffnung für ihn übrig haben, ihn einmal, nur ein einziges Mal nicht enttäuschen. Längst abgewandt vom Fenster, stürmte er zurück, blickte hinaus, weil er dachte sie gehört zu haben. Sie, Hellen. Doch nichts. Er wurde jedoch nicht verrückt, fing noch noch nicht an an seiner unergründlichen Sehnsucht kaputt zu gehen, er hörte sie, oder hörte etwas. Und tatsächlich. durch verfallene Bäume und den Steinformationen trat ein Mädchen mit Schwarzem langen Haar in seine Sichtweite. ,,Wir haben sie", sagte nun eine weit tiefere, bösartig scheinende Stimme. Das Mädchen verschwand mit dem nächsten Windstoß, löste sich einfach auf. Davin dachte nichts, sagte nicht, doch wusste alles. Die Tür aufgerissen, er rannte. Rannte als ginge es um sein Leben. Doch ging es um Hellens. Ja, dachte er. Ja er wurde erschaffen um glauben zu lassen, ja sie würden ihn töten, doch nein, Sie, würde er nicht sterben lassen, nicht sie. Über ihm färbte sich die Wolkendecke Schwarz, schwarzer als sie bereits war. Der Boder trocknete ihm unter den Füßen weg. Er rannte schneller. Gleich, gleich würden sie ihn haben, ihn haben, umbrigen und sich dann Hellen hohlen. Sie hohlen und umbringen. Hellen, nicht Hellen. Vorbei an den Wurzellresten, Baumstämmen und abgestorbenen Ästen. Abgebogen am kleinen Weg, braune Hütte, Graue, Gelbe. ,,Hellen!", schrie er und spürte wieder die Klinge in seinem Hals. ,,Hellen!"
Die gelbgestrichene Tür der gleichfabrigen Hütte öffnete sich langsam und jemand trat heraus. ,,Davin?", Sie war es, sie war noch da. Davin rannte ihr entgegen, packte sie an der Hand. ,,Davin, was... was ist passiert?" Geschockt schaute sie ihm in seine vor Aufregung flackernden Augen.
,,Hellen, du musst weg von hier, sofort! Lauf zum Strand hinter die ersten zwei Klippen, dort wirst du ein kleines Boot finden, nimm dieses Boot und rudere so schnell du kannst, hörst du?"
,,Was? Wieso? Ich verstehe nicht, was ist denn überhaupt los, du machst mir Angst!"
,,Vertrau mir einfach. Du musst so schnell wie möglich weg von der Insel, du bist hier nicht mehr sicher, sie werden dich töten wenn du jetzt nicht verschwindest Hellen!"
,,Töten? Wer will mich töten? Davin, wer sind sie und was wollen sie?"
,,Ich habe keine Zeit mehr es dir zu erklären, sie..." Er unterbrach sich und schaute hinter sich, auf den toten Wald. Sie kamen, sie waren bald da.
Davin reagierte ohne nachzudenken. Er zog Hellen am Arm, rannte mit ihr Richtung Küste. Sie hielt prompt an, ihre Tränen nahmen ihr den Atem.
,,Stop, Davin! Ich gehe nirgend..." Sie schaute über sich. Es waren hunderte, hunderte Krähen, die am Himmel ihre Streifen zogen.
,,Davin!Bitte!"
,,Ich werde es dir erklären, aber komm mit!"
Sie setzte ihre Füße wieder in Bewegung, wartete auf seine Erklärung.
,,Meraks, es gibt sie schon Ewig. Hast du dich schonmal gefragt, weshalb wir hier auf dieder Insel keinen Kontakt zur Außenwelt haben? Weil es keine Gibt, es gibt keine Außenwelt! Vor 600.000 Jahren, haben die Götter sich den Menschen gegenüber verschworen,. Die Welt die sie einst erschufen, änderte sich mit jedem Jahr. Und die Götter tollerrierten keine Veränderungen. Sie schufen etwas, was das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse zerstörte. Meraks, für jeden Menschen einen. Sie sind das, was man Egoissmus nannte und noch immer nennt. Sie sind das, was die Menschen hassen lässt. Hellen, as ich geboren wurde, lebte ich alleine mit meiner Mutter. Sie war eine der wenigen, die die Meraks nicht annahmen, womit sie den Göttern wiedersprach. Man wollte sie umbringen. Aus Angst man könne mich töten, schickte sie mich vort, in einem Boot übers Wasser. Sie blieb zurück. Ich weiß nicht mehr wann es war, ich weiß nicht mehr wo es war und ich weiß auch nicht ob meine Mutter noch gelebt hätte, wenn ich dort geblieben wäre. Auf jedenfall wusste sie was sie tat, denn die Meraks kannten die Insel hier nicht, sie war versteckt, bis ich meinen Fuß auf den Boden setzte. In dem Moment, indem sie meiner Mutter das Leben nahmen, machten sie mich zum Merak. Ich darf nicht lieben, man nähme mir den Grund.Hellen, du bist dieser Grund. Ich darf nichts fühlen, sie nähmen mir das, andem mein Herz hängt. Du hattest recht. Die Menschen hier, erzählen sich Geschichten über mich, aber nur, weil ich sie zu den Leuten mache, die sie sind. Herzlos, kalt. Ich kann nichts daran ändern. Ich präge die Landschaft, sowie die Leute, die ich sehe. Und weil ich dich bisher noch nicht sah, bliebst du verschohnt. Und Gott, wenn es auch nur eine Möglichkeit gäbe, ich hätte dih vor ihr bewahrt. An dem Tag, andem ich dich das erste mal sah, das erste mal mit dir sprach, dich das erste mal berührte, andem Tage, verletzte ich die Spielregeln, denn ich hatte begonnen zu lieben. Du sagtest Efeu hätte eine beruhigende Wirkung wenn man es zu sich nimmt. Genau das war es, das mich davon abhielt das alles hier zu verhindern. Und aus diesem Grund Hellen, musst du hier vort, so schnell wie es dir möglich ist. Erreichst du den Horrizont, bleibt alles geschehene hier auf der Insel und du bist sicher."
Sie schwieg und Davin wusste, dass sie begriff.
,,Kommst du mit mir?", fragte sie, als sie das Boot erreichten.
,,Meine Mutter hat lange genug auf mich gewartet. Ich kann nicht mit dir gehen!"
Die letzten Takte seines Herzens, spielten für sie. Kein Kuss, keine Berührung. Bloß ein Blick. Das Boot im Wasser, das Mädchen an Bord. Die Wellen trugen sie schneller von der Küste und den Klippen vort. Vort von ihm. So verließ ihn alles, denn alles war getan. Die Krähen flogen tiefer, die Krallen auf ihn gerichet. Umgeben von abgekauten Klippen, Felsen, die ihren Ursprung im Meeresboden hatten, grauem, fast schwarzen Sand, in dem seine weißen Füße versanken, nebelverhangener Luft die klingenartig seiner Kehle hinab zog, ließ er die stille, gottverlassene Landschaft auf sich ein.
Publication Date: 08-16-2011
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