4 Jahre
(Bella mit sieben Jahren)
„Emmett!“ Ich platzte in das Zimmer meines großen Bruders. „Hi Edward“, fügte ich schnell an.
„Was?“ fragte der genervt. In die Richtung seines besten Freundes verdrehte er die Augen. Die beiden hingen immer aufeinander, genau wie Alice und ich.
„Hallo Bella“, grüßte mich Edward und ich wurde rot.
„Kannst du uns die Play Station anmachen?“ bettelte ich meinen Bruder an. Ich liebte Emmetts Autorennen, aber Mom hatte mir verboten, die Spielestation selbst anzumachen. Ich musste immer jemanden fragen. Das war wirklich nervig!
„Aber Edward und ich wollten gerade runter gehen und spielen!“
„Dann spielen wir eben zusammen“, schlug ich vor.
„Nein, das ist uncool! Edward und ich spielen, fertig. Geh du mit Alice wieder Puppen spielen.“
„Wir spielen keine Puppen. Außerdem hast du nur Angst wieder gegen mich zu verlieren.“ Ich stemmte meine Hände in die Hüften und sah Emmett übertrumpfend an.
Von Edward kam ein leises Lachen. „Ich wusste ja, dass du schlecht bist. Aber du lässt dich sogar von deiner kleinen Schwester schlagen?“
Emmett sagte nichts dazu.
Ich aber hatte was zu sagen. „Ich bin auch besser, als du, Edward“, forderte ich ihn heraus.
„Das will ich sehen! Emmett, werf die Playstation an, ich trete gegen Bella an.“ Edward lachte immer noch, als er aus dem Zimmer nach unten ins Wohnzimmer rannte.
„Wir werden ja sehen, wer hier zuletzt lacht“, rief ich ihm hinterher und folgte ihm nach unten.
Alice kam zusammen mit Emmett herein. Edward und ich saßen schon vor dem Bildschirm, die Konsolen in der Hand und warteten auf Emmetts Startschuss.
„Mach ihn fertig!“ feuerte Alice mich an.
„Darauf kannst du Gift nehmen!“ Aufgeregt hüpfte ich auf meinem Platz.
„Ha!“ machte Edward.
Wir spielten lange. So lange hatte ich noch nie spielen müssen. Edward war ein starker Gegner und schließlich gewann er auch.
„Mach dir nichts draus. Das nächste Mal wirst du gewinnen.“ Er umarmte mich kurz.
„Worauf du dich verlassen kannst!“
Dann machten Alice und ich uns wieder auf den Weg nach oben und ließen Edward und Emmett alleine mit der Play Station.
„Du stehst auf ihn!“ rief Alice, sobald wir in meinem Zimmer waren.
„Wen?“ fragte ich.
„Na auf Edward. Ich hab ganz genau gesehen, wie du ihn angeschaut hast. Und du bist immer rot geworden, wenn er mit dir gesprochen hast. Du stehst auf Edward!“ trällerte sie.
„Stimmt ja gar nicht!“ log ich.
(Bella mit zwölf Jahren)
Seit ich Edward mit zehn Jahren zum ersten Mal Klavier spielen gehört hatte, wollte ich es auch lernen. Nicht nur, weil ich heimlich in ihn verliebt war, seit ich ihn kannte, sondern weil ich etwas mit ihm gemeinsam haben wollte. Ich wollte auch in der Lage sein solch wunderschöne Melodien einem einfachen Tasteninstrument zu entlocken.
Natürlich wusste jeder davon, ich hatte es ab diesem Tag laut genug herumposaunt. Aber zunächst schien niemand darauf reagieren zu wollen.
Bis zu meinem zwölften Geburtstag.
Ich lud Edward jedes Jahr ein, auch wenn ich wusste, dass er am Ende nur wegen meinem Bruder kommen würde. Aber er brachte jedes Mal ein Geschenk mit und dieses sollte mein Leben für immer verändern.
„Alles Gute zum Geburtstag, Bella“, wünschte er mir und überreichte mir einen Umschlag.
Neugierig packte ich ihn auf und faltete das Blatt auseinander. Darauf war ein großer Konzertflügel abgebildet.
„Ich werde dir Klavierunterricht geben“, erklärte er. „Meine Mom hat alles mit deiner abgesprochen, du kommst jeden Dienstagabend zu mir und wir üben auf meinem Klavier.“
„Wirklich?“ Ohne darüber nachzudenken warf ich meine Arme um ihn. „Danke, das ist das beste Geschenk, dass ich jemals bekommen habe! Und du bist dir auch ganz sicher, dass du das machen willst?“
Er lachte. „Natürlich bin ich mir sicher, es war immerhin meine Idee. Du musst mir nur versprechen so gut zu werden, dass wir irgendwann Duette spielen können. Ich habe bisher nämlich noch keinen ebenbürtigen Partner gefunden.“
„Versprochen“, nickte ich.
„Dann sehen wir uns nächsten Dienstag“, sagte er, ehe er die Treppe nach oben zu Emmett verschwand.
Und so trafen wir uns jede Woche zur selben Zeit bei Edward. Ich war darauf aus, schnell und viel zu lernen. Einerseits, weil ich mich vor Edward beweisen wollte und andererseits, weil ich noch dazu kommen wollte, mit ihm Duette zu spielen. Und dazu hatte ich nur zwei Jahre, ehe er wegziehen und zur Universität gehen würde. Wenn ich meine Hausaufgaben perfekt vortrug, kam zusätzlich hinzu, dass Edward die Stunde etwas abkürzte. Aber statt mich nach Hause zu schicken, setzten wir uns auf seine Couch und unterhielten uns über alles, was uns einfiel. So war es das eine oder andere Mal vorgekommen, dass Edward mich zu spät wieder zu Hause absetzte.
Zu Weihnachten in diesem Jahr, als sich meine Klavierstunden als eine gute Investition bewiesen, bekam ich ein eigenes Keyboard, auf dem ich meine Hausaufgaben spielen konnte. Aber nichts kam an das Gefühl heran, mich an Edwards Klavier zu setzen.
Es war an einem dieser Abende, die Klavierstunde war erfolgreich beendet und wir saßen auf Edwards Couch, als ich ihn küsste...
(Bella mit dreizehn Jahren)
„Das war großartig!“ sagte Edward zufrieden. „Ich denke, du kannst bald darüber nachdenken, dir das nächste Buch zu kaufen.“
„Wirklich? Oh, ich werde es zu Hause gleich meiner Mom sagen, dass wir einkaufen gehen können. Darf ich mir dann selbst Lieder aussuchen, die ich spielen möchte?“
„So habe ich es dir versprochen!“ Er stand auf und setzte sich auf seine Couch. „Was sagst du, wollen wir die verbleibenden fünf Minuten noch anders nutzen?“
„Klar!“ Ich sprang auf, verpackte mein Buch in meiner Klaviertasche und setzte mich neben ihn. Ich liebte unsere Gespräche nach dem Unterricht. Es waren diese Momente, in denen ich mir einbilden konnte, dass mehr zwischen uns war, als eine einfache Schüler-Lehrer-Beziehung.
„Wo waren wir das letzte Mal stehen geblieben?“
„Du hast mir von Tanya aus deinem Jahr erzählt“, erinnerte ich ihn. „Emmett hat am Wochenende auch von ihr erzählt. Du hast sie letzte Woche in ein viel zu gutes Licht gestellt!“
„Ich kenne sie nicht richtig. Es könnte doch sein, dass wir sie durch gewisse Dinge, die sie tut, völlig falsch einschätzen. Was ist, wenn sie unter dieser Schicht ganz anders ist?“
„Denkst du das wirklich?“ Ich wollte ihn nicht dumm dastehen lassen, aber nachdem, was ich von diesem Mädchen gehört hatte – niemals!
„Denken nicht direkt... Ich versuche vielmehr zu hoffen, dass nicht alles verloren ist.“
„Und hast du vor das näher zu untersuchen?“ fragte ich sachlich. Ich fürchtete, dass mir die Antwort nicht gefallen könnte.
„Nein, auf keinen Fall. Ich bin nicht auf diese Art an ihr interessiert. Und wenn sie das nicht bald versteht, werde ich auch noch das letzte bisschen Hoffnung in sie verlieren.“
„Gibt es denn jemand, in den du Hoffnung setzt?“ Ich musste einfach fragen.
„Oh nein, das kannst du ganz schnell wieder vergessen. Jetzt bist du dran! Gibt es eine neue Entwicklung mit deinem Mr. Unbekannt?“
Ich verdrehte meine Augen, während sich meine Wangen erhitzten. Ich hätte Edward niemals erzählen sollen, dass ich an jemandem interessiert war. Es war nur so schwer, das geheim zu halten, wenn einen die eigenen Wangen sofort verrieten. Immerhin hatte ich es bisher vermeiden können, Namen zu nennen.
„Da gibt es nichts neues. Es ist sowieso dumm. Und ganz bestimmt ertraglos.“
„Sag sowas nicht. Du bist ein tolles Mädchen, ich kann mir nicht vorstellen, dass dich jemand abweisen würde.“
Ich aber konnte.
„Hast du ihm gegenüber denn schonmal irgendwelche Andeutung gemacht?“
„Nein!“ rief ich schockiert, machte aber doch mit meinem nächsten Satz eine mehr als eindeutige Andeutung. „Aber ich bin mir sicher, dass Freunde von mir ihm schon gesagt haben, dass ich auf ihn stehe. Selbst wenn ich es niemandem gesagt habe.“
Edward schien kurz zu überlegen, ehe er weitersprach. „Bella, würdest du gerne mit ihm zusammen sein, wenn sich die Chance ergibt? Oder ist das einfach nur so ein... Ding.“
„Es wäre viel zu kompliziert. Nicht dass ich die geringste Chance hätte... Aber wenn es nur ein Ding wäre, wäre ich dann nicht schon lange darüber hinweg?“
Er zuckte nur mit den Schultern.
„Also...“
Edward unterbrach mich, bevor ich das Thema wieder wechseln konnte. „Und du willst mir wirklich nicht sagen, wer es ist? Es gibt nur eine Person, über die mir jemals gesagt wurde, dass du auf sie stehst. Und die-“
Ich unterbrach ihn in einer unüberlegten Handlung. Ich beugte mich nach vorne und küsste ihn.
„Bella... was...?“
„Oh Gott!“ Ich kam zurück zu meinen Sinnen. „Das tut mir... Ich möchte jetzt nach Hause.“
Ich nahm schnell meine Tasche und ging nach unten, um neben seinem Wagen auf ihn zu warten.
„Bella“, begann Edward, sobald er aufgeholt hatte.
Ich schüttelte meinen Kopf und wandte mich von ihm ab. Ich wollte nicht hören, was er zu sagen hatte. Er schien das zu verstehen und brachte mich nur wortlos nach Hause.
„Bitte sag Emmett nichts davon.“
(Edward mit siebzehn Jahren)
Ich wusste nicht, ob sie kommen würde. Sie hatte nicht angerufen und sich abgemeldet, aber vielleicht ging sie auch nicht davon aus, dass das nicht nötig sei. Nachdem, was letzte Woche geschehen war.
Sie hatte mich doch tatsächlich geküsst.
Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Natürlich hatte Emmett mir immer und immer wieder gesagt, dass seine kleine Schwester auf mich stehen würde. Aber wie ernst konnte er das schon meinen? Nun aber musste ich mich fragen, wie ernst er seine Aussage gemeint hatte und ob er jemals erwartet, dass von Bella mehr ausgehen könnte? Sicher würde er niemals erwarten, dass ich uns tatsächlich küssten.
Hatte ich es erwartet?
Wenn ich ehrlich war, dann war Bella doch der Grund, dass ich noch nie eine feste Freundin hatte. Ich kannte sie schon so lange und stellte immer wieder fest, dass ich sie mit den anderen Mädchen meines Alter verglich. Denjenigen, die sich mir fast aufdrängten. Aber keine war so süß wie die kleine Bella.
Ich war mir nicht bewusst gewesen, dass ich tatsächlich Gefühle für sie hegte, bis zu dieser einen Probe, als wir darauf zu sprechen kamen, dass sie heimlich in jemanden verliebt war. Und selbst dann wollte ich es leugnen, so sehr es nur ging. Wir waren Teenager, sie allerdings erst am Anfang, während ich schon dem Ende zustrebte. Wir hatten einen Altersunterschied von etwas mehr als vier Jahren. Sicher konnte es nicht sein, dass ich tatsächlich etwas für sie empfand, oder?
Aber dann kam der Kuss.
Sollte Bella heute kommen, würden wir darüber sprechen müssen. Sollte sie nicht kommen, würde ich zu ihr fahren und dann mit ihr darüber sprechen.
Es klingelte und kurz darauf hörte ich leise Schritte den Gang entlang kommen.
Es klopfte so sanft, als wollte sie, dass ich es nicht hörte.
„Komm herein“, rief ich.
Ich setzte mich auf meine Couch, auf der wir immer Gespräche führten. Auf der es letzte Woche geschehen war.
Sie schlich durch die Tür, erblickte mich und blieb hinter der verschlossenen Tür stehen.
„Setz dich zu mir“, forderte ich sie auf.
Sie nickte und kam langsam zu mir herüber.
„Wir müssen darüber reden“, sagte ich zu ihr.
Sie nickte. „Es tut mir leid, was ich getan habe. Es wird nie wieder vorkommen. Wenn es dir lieber wäre, können wir auch den Unterricht beenden.“ Sie hielt den Kopf gesenkt.
„Bella.“ Sie reagierte nicht. Ich legte eine Hand an ihren Arm, was sie zusammenzucken ließ und wiederholte ihren Namen. „Bella.“
Sie sah mich an.
„Es geht nicht“, sagte ich langsam und vorsichtig. „Dein Bruder ist mein bester Freund. Und du bist erst in der Junior High, du bist erst dreizehn! Und ich bin siebzehn. Verstehst du? Es ist unmöglich, so sehr wir beide das vielleicht auch wollen. Verstehst du das? Es ist moralisch völlig unmöglich.“
„Du hasst mich nicht dafür?“
Ich zog meine Hand, die sich so sehr nach ihrer sehnte, von ihrem Arm zurück. „Wie könnte ich?“ fragte ich mit traurigem Lächeln.
„Dann ist das alles, was zählt“, nickte sie und blickte wieder nach unten.
Es brach mir fast das Herz.
„Denkst du, wir können weitermachen?“
„Ja.“ Sie stand auf und ging zu meinem Piano, um ihre Sachen aufzustellen. „Ich habe Mom gesagt, dass wir das neue Buch kaufen können. Wir gehen bald nach Port Angeles. Wir brauchen es jetzt noch nicht, oder?“
„Nein.“ Ich setzte mich neben sie.
Sie schlug die Seite mit ihren Hausaufgaben auf und begann zu spielen.
Die erste halbe Stunde war mehr als unangenehm. Ihr Blick war starr auf die Noten fixiert, ich konnte mich kaum auf die Melodien konzentrieren. Es fielen nur die nötigsten Worte. Nur langsam tauten wir auf, sodass die zweite Hälfte der Stunde erträglich war.
Ich brachte sie am Ende der Stunde, wie immer, nach Hause. Sie blieb noch einen Moment sitzen.
„Ich weiß“, fing sie an, „dass wir gesagt haben, dass wir das hinter uns lassen wollen.“ Ihr Atem ging unregelmäßig, ihr Blick war fest auf ihren Schoß fixiert. „Aber ich finde es nur fair, dass alle Karten offen auf dem Tisch liegen, ehe wir weitermachen, als wäre nichts geschehen. Ich bin in dich verliebt, Edward, und das schon seit vielen Jahren.“ Und damit stieg sie aus.
Ich beobachtete, wie sie die Auffahrt nach oben lief und das Haus betrat. „Ich liebe dich auch, Bella.“
Ob sie es eingeplant hatte? Ob sie es gewusst hatte? Ob sie es gehofft hatte?
Ich versuchte es einen Monat lang zu unterdrücken. Sie schaffte es, mir unsere nächsten Sitzungen normal gegenüber zu treten, während ich damit kämpfte, auch nur einen vernünftigen Satz zu produzieren. Sie tat so, als wäre der Kuss und das Geständnis niemals passiert, während es das einzige war, was mir durch den Kopf ging – wenn sie bei mir war, und auch, wenn ich alleine war. Es fiel mir schwer in diesem Monat auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
Und so kam es, dass wir eine weitere Klavierstunde auf meiner Couch begannen.
„Es gibt Regeln, Bella“, eröffnete ich.
Verwirrt nickte sie. Sie konnte nicht wissen, auf was ich hinaus wollte.
„Niemand wird jemals davon erfahren, vor allem nicht dein Bruder. Besonders weil ich nächstes Jahr in den meisten Staaten dafür ins Gefängnis wandern würde. Es muss sich auf die Klavierstunde am Dienstagabend und E-Mails beschränken. Vielleicht lassen sich irgendwann andere Sachen organisieren, aber vorerst müssen wir uns streng an diese Regeln halten.“
„Für was?“ Sie tat unwissend, doch ich konnte ihrem Gesicht ansehen, dass sie wusste, von was ich sprach.
„Ich liebe dich, Bella.“ Ich griff nach ihren Händen und zog sie näher zu mir. „Und es macht mich wahnsinnig, dass ich nicht darauf reagieren kann. Bitte!“
Sie lächelte, doch wirkte sie unsicher. Sie kniete sich auf die Couch, um mich besser sehen zu können, ihre Hände noch fest mit meinen verschränkt. „Bist du dir sicher? Das hier ist viel zu groß, um unwissend hineinzustolpern.“
„Ich bin mir sicher. Ich habe lange darüber nachgedacht.“
„Ich liebe dich, Edward. Und ich bin mit den Regeln einverstanden – vorerst!“
Ich zog sie befreit lachend in meine Arme und sie stimmte mit ein.
Zu sagen, es war schwer, war eine Untertreibung, besonders mit einem besten Freund, wie Emmett. Da jeder annahm, dass ich Single war, nahmen er und die anderen Jungs mich immer mit, wenn sie ausgingen. Und sie erwarteten, dass ich den Mädchen ebenso hinterher piff, wie sie es auch taten. Keiner konnte – keiner durfte! – wissen, dass ich an keinem dieser Mädchen interessiert war, weil ich das Mädchen meiner Träume bereits gefunden hatte.
Das war eines der Dinge, die die Beziehung mit Bella schwer machten.
Ich wusste, dass sie mir vertraute und ich wusste, dass ich Bella so etwas niemals antun würde.
Sie wusste, dass Emmett sich vorgenommen hatte, dass ich nicht als Jungfrau meinen achtzehnten Geburtstag erleben würde. Das aber war mein Plan. Ich würde mein erstes Mal mit niemand anderem, als meiner Freundin verbringen. Das wusste er. Was er nicht wusste, war, dass ich bereits eine Freundin hatte. Und wir würden uns noch viel Zeit damit lassen, das hatte ich mir geschworen.
Also musste ich mich immer weiter gegen Emmetts Kuppelversuche wehren, ohne dabei zu wirken, als sei ich vom anderen Ufer. Einmal hatte ich sogar angedeutet, dass ich schon sehr wohl wüsste, nach was ich in meinem Leben suchte. Als ich ihm aber keine genaueren Angaben geben wollte, ging er davon aus, dass ich mir das alles nur ausgedacht hatte.
Natürlich war Emmett nicht erfolgreich, mich vor meinem achtzehnten Geburtstag zu entjungfern – er hielt mich zu dem Zeitpunkt sogar noch für eine Kussjungfrau.
Und er war auch nicht erfolgreich dabei, mich vor unserem Schulabschluss zum Mann zu machen, wie er es so gerne ausdrückte. Er war der Auffassung, dass niemand als Jungfrau auf die Universität gehen sollte. Natürlich war auch das eine Meinung, die ich nicht mit ihm teilte.
Leider aber Bella. Sie kannte ihre Reize und es wurde zunehmend schwerer, sie abzuwehren. Ich wollte diesen Moment nicht in der einen Stunde verbringen, die wir während ihrer Klavierstunden hatten. Und ich wollte sie auch nicht in ein Hotelzimmer abschleppen an einem der wenigen Abende, die wir tatsächlich auf ein Date gehen konnten, ohne dass jemand Verdacht schöpfte.
Wir würden das richtig machen. Es war eine meiner Regeln, die ich niemals ändern würde.
Emmett und ich hatten uns beiden entschlossen in Seattle auf die Universität zu gehen, sodass wir nicht zu weit von zu Hause waren und wann immer wir uns danach fühlten zurückfahren und unsere Familien besuchen.
Das verschaffte mir auch ein viel besseres Gefühl, was Bella anging. Es war mit dem Handy billiger, als wenn ich am anderen Ende der Staaten wohnen würde. Ich konnte mir zu dem Zeitpunkt nicht vorstellen, wie es sein würde, würden wir uns nur noch einmal im Monat sehen, wenn überhaupt. Sicher, selbst jetzt sahen wir uns in einer guten Woche dreimal, aber es wäre doch anders, wenn ich wüsste, dass ich sie nicht mehr regelmäßig an einem Dienstagabend sehen würde. Wenn ich nicht einen Besuch bei Emmett vortäuschen könnte, nur um ihr kurz im Vorbeilaufen zuzuzwinkern und zu beobachten, wie ihre Wangen sich rot verfärbten. Denn Emmett und ich würden zusammen wohnen und das in einem Ort vier Stunden entfernt von Bella.
(Edward mit neunzehn Jahren)
Ich ging durch das Wohnzimmer, hob im Vorbeigehen noch eine Pizzapackung vom Boden auf und warf sie auf den Beistelltisch und öffnete schließlich die Tür.
„Bella?“ sagte ich überrascht.
„Überraschung!“ sagte die nur und drängte sich an mir vorbei in das Innere der Wohnung, eine schwere Reisetasche auf den Schultern.
„Hallo Renee“, begrüßte ich nun auch die andere Person an der Tür.
„Guten Abend, Edward. Ist mein Sohn auch da?“
„Nein, der ist... ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung, wo er ist. Aber wenn er nicht wusste, dass ihr kommt, wird er wahrscheinlich auch nicht vor neun oder zehn auftauchen.“
Renee seufzte. „Nein, er wusste nicht, dass wir kommen wollten.“ Sie trat schließlich doch ein. „Dann ist es eben nur eine große Überraschung für dich, dass ich Bella hier absetze.“
„Hier absetzt?“ wiederholt ich fragend.
Hinter dem Rücken ihrer Mutter zwinkerte Bella mir entgegen.
„Ja. Sie wollte unbedingt sehen, wie ihr Bruder lebt und Seattle unsicher machen. Und da ihr nicht auf dem Campus lebt, sind wir davon ausgegangen, dass es in Ordnung sein wird, wenn wir sie für ein paar Tage bei euch unterkommen lassen. Wir haben ihr erlaubt, selbstständig in die Stadt zu gehen, aber sie muss immer vor dem Dunkelwerden wieder zu Hause sein.“
„Oh“, verlegen sah ich mich in unserem Wohnzimmer um. Ja, wir lebten hier tatsächlich wie zwei Junggesellen. Auf Sauberkeit legten wir nicht den größten Wert. „Sicher, ich denke, dass sie ein paar Tage bleiben kann.“
„Danke, danke, danke.“ Bella hüpfte auf mich zu und umarmte mich schnell.
„Hier“, Renee überreichte mir ein paar Geldscheine. „Gib das Emmett... oder behalte es selbst, um für Bellas Kosten aufzukommen. Gebt es ruhig alles aus und macht euch eine schöne Zeit!“
„Danke. Werden wir.“
„Gut, wenn ich Emmett sowieso nicht antreffen werde, werde ich mich am besten verabschieden. Tschüs Bella, sei brav.“ Renee umarmte ihre Tochter.
„Bin ich doch immer.“ Über die Schulter ihrer Mutter zwinkerte sie mir wieder entgegen.
Das Biest.
Ich verabschiedete mich ebenfalls von Renee und brachte sie zur Tür.
Als ich mich wieder umdrehte, lockte Bella mich mit ihren Blicken zum Sofa.
„Na du?“ Sie klimperte unschuldig mit ihren Augen.
„Du hast gelogen“, knurrte ich. Ich vergrub sie unter mir.
„Habe ich nicht“, hauchte sie. „Ich habe gesagt, dass ich die Frühjahrsferien bei Familie verbringen werde und das ich keine Möglichkeit zum telefonieren haben würde. Jetzt sag mir bitte, was daran nicht wahr ist. Emmett ist mein Bruder, das ist Familie. Und würdest du lieber mit mir telefonieren, als persönlich mit mir zu sprechen?“
„Du wusstest aber, dass ich denken werde, dass du irgendwo in Hinterdupfingen sein wirst und wir überhaupt keine Möglichkeit haben werden, miteinander zu sprechen.“
„Wollen wir das wirklich jetzt ausdiskutieren?“ fragte sie mit frechem Grinsen.
Womit sie aber nicht gerechnet hatte, war, dass ich mich aufsetzte. „Ja. Setz dich richtig hin!“
„Das ist nicht dein ernst!“ fragte sie schockiert.
„Doch. Los jetzt!“
„Oh nein! Ich bin nicht vier Stunden hier hergefahren, nachdem wir uns seit Neujahr nicht mehr gesehen haben, um brav neben dir auf der Couch zu sitzen.“ Sie setzte sich auf, schwang in derselben Bewegung eines ihrer Beine über mich, um über mir zu knien. „Hast du noch irgendwelche letzten Worte?“
„Tu es“, forderte ich in freudiger Erregung.
Sie warf meinen Körper nach hinten gegen die Couchlehne, dann packte sie mich am Kragen meines T-Shirts und eroberte meine Lippen mit ihren. Es war ein erbitterter Kampf um Dominanz, während dem wir irgendwann in einer liegenden Position landeten. Ich spürte, wie meine Willenskraft langsam nachließ.
„Bella.“ Sanft schob ich sie zurück. „Ich weiß nicht, wann Emmett nach Hause kommt.“
Sie setzte sich langsam und schwer atmend auf. „Okay. Dann werde ich mich mal einrichten. Was hältst du davon, dass ich koche? Du darfst dir auch aussuchen was.“
„Ich fürchte, davor müssen wir erst einkaufen gehen. Emmett und ich sind wirklich nicht die größten Köche. Aber deine Mutter hat ja genug Geld dagelassen, dass wir uns richtig schön austoben können.“
„Ich, mich, meinst du wohl eher.“
„Ja. Und bei dem, was ich mir wünsche, wirst du dich auch wirklich schön austoben können.“
„Ich befürchte das schlimmste!“
Eine Stunde später waren wir wieder zurück an der Wohnung, schwer mit Tüten voller Narhungsmittel bepackt.
„Das wird jetzt aber einige Zeit dauern“, ließ sie mich wissen.
„Das denke ich mir. Kann ich dir helfen?“
Die nächste halbe Stunde war ich damit beschäftigt Kartoffeln ich Schnitze zu schneiden und in Öl zu baden, während Bella das Fleisch würzte und vorkochte. Die Kartoffeln kamen in den Backofen, das Fleisch folgte kurz darauf in einer Feuerfesten Schale. Während das backte, bereiteten wir ein großen Topf gefrorenen Gemüse vor, das langsam auf dem Herd auftaute und schließlich kochte. Bella drückte mir nun die Äpfel in die Hand und wies mich an, sie in Würfel zu schneiden, während sie den Streuselteig vorbereitete. Alleine bei dem Gedanken an Apple Crumble lief mir das Wasser im Mund zusammen. Sobald der vorbereitet und im Kühlschrank war, verteilte Bella einige Yorkshire Pudding auf einem Backblech und schob auch dieses in den Backofen, während ich eine Bratensoße vorbereitete.
Das dürfte das beste Essen sein, dass Emmett und ich in einer sehr langen Zeit bekommen hatten.
Als wir begannen den Tisch zu decken, hörte ich die Wohnungstür gehen.
„Schnell, fang ihn ab und bereite ihn... wie auch immer... darauf vor, dass ich da bin!“ flüsterte Bella und mit einem letzten, kurzen Kuss schob mich aus der Küche.
„Hey Emmett“, begrüßte ich ihn, sobald ich ins Wohnzimmer trat. „Mit dir habe ich noch gar nicht gerechnet!“
Emmett sog tief Luft ein. „Hast du gekocht, Alter?“ Natürlich war er nur am Essen interessiert.
„Ernsthaft, denkst du, wenn ich gekocht hätte, würde es hier so riechen?“
„Da hast du recht... Aber wer...?“ Sein Grinsen wurde breiter. „Versteckst du dadrin etwa ein Mädchen?“
„Vielleicht?“ sagte ich halb fragend.
„Na los, bring sie raus!“ forderte er.
„Okay, ich denke, sie wird dir gefallen!“
Genau in dem Moment kam Bella, mit drei Tellern bewaffnet aus der Küche und stellte sie auf den Esstisch. „Hi Emmett!“
„Bella?“ fragte der bestimmt so ungläubig wie ich noch wenige Stunden zuvor.
Sie rannte auf ihren Bruder zu. „Danke, dass ihr mich für die nächste Woche aufgenommen habt!“
„Wir... was...?“
„Emmett, sag bloß, dass war nicht mit deiner Mom abgesprochen?“ fragte ich schockiert. „Bella, wissen deine Eltern, dass du hier bist! Ich dachte, alles wäre geregelt, als du hier vor der Tür aufgetaucht bist!“
„Nein, das war nicht... Bella, wie kannst du sowas nur machen? Ich werde sofort in Forks anrufen-“
Unser beider Lachen ließ Emmett auf halbem Weg zum Telefon innehalten.
„Mom und Dad wissen, dass ich hier bin“, erklärte Bella. „Und Edward war da, als ich hier eingezogen bin und hat mit Mom alles abgesprochen, dass das kleine Mädchen sicher durch die große Stadt wandert.“
„Ich war genauso überrascht, wie du, als sie plötzlich da waren“, fügte ich hinzu.
„Ich wollte dich unbedingt überraschen.“ Sie sah ihren Bruder mit großen, unschuldigen Augen an. „Das ist doch okay, oder?“
Man konnte förmlich sehen, wie Emmetts Herz weich wurde. Als würde er seiner kleinen Schwester jemals einen Wunsch verweigern. „Wenn du uns jeden Abend so bekochst, werden wir nicht gar nicht mehr gehen lassen!“ scherzte er.
Während Emmett und ich den restlichen Tisch deckten, holte Bella alles aus dem Ofen, um unseren Nachtisch darin zu platzieren. Dann setzte wir uns alle zum Essen an den Tisch.
„Also, Emmett, wo werde ich schlafen?“ fragte Bella sofort.
„Ganz bestimmt nicht bei mir!“ wehrte er sofort.
„Du willst, dass ich bei Edward schlafe?“ fragte sie, für ihn, gespielt schockiert. Gleichzeitig stieß sie aber ihren Fuß gegen mein Bein.
„Auf gar keinen Fall!“ erboste Emmett sich.
„Willst du mich etwa auf der Couch schlafen lassen?“
Emmett war nun eindeutig in einer Zwickmühle. Ich fand es amüsant die beiden bei ihren kleinen Geschwisterstreitereien zuzuschauen.
„Du kannst mein Bett haben“, grummelte Emmett schließlich.
„Danke Bruderherz“, zwitscherte Bella vergnügt.
(Bella mit fünfzehn Jahren)
Die Überraschung war wirklich gelungen. Besonders, weil es genau so kam, wie ich es mir erhofft hatte. Emmett wollte seine Pläne für das Wochenende und die kommende Woche nicht wegen mir umschmeißen. Zwar arrangierte er hier und da eine Terminverschiebung, dass er etwas Zeit mit mir verbringen konnte, größtenteils aber ließ er mich alleine umherziehen, oder schob mich zu Edward ab. Und er hatte nicht die geringste Ahnung, wie glücklich er uns beide damit machte. Noch nie hatten Edward und ich so viel Zeit miteinander verbringen können. Da wir auch von den meisten Plätzen, zu denen er mich brachte, davon ausgehen konnten, dass wir nicht erkannt würden, mussten wir uns nicht verstecken.
An meinem vorletzten Abend – da Emmett sich doch tatsächlich an meinem letzten für mich Zeit genommen hatte – gingen Edward und ich aus. Emmett hatte angekündigt, dass er über Nacht wegbleiben würde und das wollten wir in vollen Zügen ausnutzen.
„Wirst du mir sagen, was du geplant hast?“ fragte ich Edward zum duzendsten Mal, als wir in seinem Wagen durch die Straßen von Seattle fuhren.
„Nein“, lachte er. „Immer noch nicht. Aber es nicht mehr weit.“
Ich blickte auf meinen Schoß und strich den Stoff meines Kleides glatt. Ich hoffte, dass ich in dem Kleid, mit den schicken Schuhen und der Hochsteckfrisur etwas älter neben Edward wirken würde. Ich kannte die Blicke, die uns manchmal zugeworfen wurden und ich wollte sie vermeiden, wie es nur ging. Aber deswegen wollte ich mein Zusammensein mit Edward nicht einschränken, also hoffte ich, dass andere Mittel wirken würden.
Wir kamen schließlich an einem Parkplatz an, ganz in der Nähe sah ich das Gebäude, dass sie „Space Needle“ nannten.
„Richtig“, sagte Edward nur, als er meinem Blick gefolgt war.
„Wir gehen hoch?“ fragte ich aufgeregt.
„Wenn du möchtest...?“
„Natürlich!“
Unten im Gift Shop nahmen wir uns Zeit alle Artikel genau zu betrachten und uns gegebenenfalls über das eine oder andere lustig zu machen. Als wir uns genug ausgetobt hatten, kaufte Edward die Tickets, die uns erlaubten, nach oben zu fahren und die Aussicht über Seattle zu genießen.
Der Tag war schön gewesen und so hatten wir jetzt, in der Dämmerung, das Glück, einen schönen Ausblick über das Meer zu haben und den Sonnenuntergang beobachten zu können.
Zufrieden seufzte ich und ließ mich tiefer in Edwards Arme sinken. „Das ist wunderschön. Wir haben den perfekten Tag gewählt.“
„Ja“, stimmte er zu. Edward strich sanft über meine Arme, während wir weiter der Sonne dabei zuschauten, wie sie im Meer verschwand.
Ich drehte mich und legte meine Hände in Edwards Nacken. „Ich liebe dich“, flüsterte ich.
Er beugte sich nach unten und küsste meine Stirn. Ich hörte ihn tief einatmen. „Ich liebe dich auch.“ Er lachte leicht. „Ist es gemein zu denken, dass ich es wunderbar finde, dass Emmett seine Zeit lieber woanders verbringt?“
„Nein.“ Ich schüttelte meinen Kopf. „Ich denke genau dasselbe. Ich kann mir nicht vorstellen, wie unerträglich es wäre, wenn er hier wäre.“
„Ich könnte dich nicht in meinen Armen halten. Ich könnte dir nicht sagen, wie sehr ich dich liebe.“ Seine Lippen senkten sich auf die Höhe meiner. „Ich könnte dich nicht küssen...“
Wir lösten uns erst wieder voneinander, als ich unsanft angerempelt wurde.
„Sie verstehen das nicht“, meinte Edward Schultern zuckend.
„Was machen wir als nächstes?“ wechselte ich das Thema.
„Hast du Hunger?“
„Sicher. Wo gehen wir hin?“
Edward schüttelte den Kopf. Er würde es mir nicht sagen, bis wir dort waren.
Wir kehrten zu Edwards Wagen zurück und stürzten uns ein weiteres Mal in den Verkehr. An einem weiteren Parkplatz hielten wir wieder an und Edward zog mich an der Hand durch ein paar Straßen, bis wir schließlich vor Starbucks endeten.
„Wirklich?“ fragte ich missmutig.
„Ich weiß, es ist nicht besonders originell und hier gibt es keine große Auswahl, was wir essen könnten und es ist ein wenig überteuert. Aber ich war noch nie hier und es ist der erste Starbucks, der jemals eröffnet worden ist. Ist das in Ordnung? Wir können auch woanders hingehen.“
„Wirklich? Der erste Starbucks?
„So wurde es mir gesagt.“
„Dann müssen wir rein! Ich kann doch zu Hause nicht erzählen, dass ich vor dem ersten Starbucks stand, aber nicht reingegangen bin!“
„Und dann auch noch mit einem so gut aussehenden Date“, zwinkerte Edward.
„Ahm... ja...“ Ich versuchte es so abzutun, als wäre das nur ein notwendiges Übel, bekam es aber nicht ganz so herüber.
„Denkst du, dass könntest du noch einmal machen?“ fragte Edward, sobald wir mit Bagel und Kaffee an einem der Tischchen im Rauminneren saßen.
„Was machen?“
„Hier in Seattle auftauchen und eine Woche mit uns... mir verbringen.“
„Ich denke schon. Ich werde Mom nur von den tollen Seiten von Seattle erzählen. Und ich würde wirklich sehr gerne zurückkommen. Es war schön, so viel ungestörte Zeit mit dir verbringen zu können.“
„Genau das war auch mein Anliegen.“ Er griff über den Tisch nach meiner Hand und küsste sie. „Aber jetzt kommt erstmal der Sommer. Ich werde die Zeit in Forks verbringen. Da müssen wir auch Wege finden, um die anderen herumzuschleichen.“
„Das werden wir schon. Und wenn wir einen Tag lang Klavier üben müssen dafür.“
„Oh nein! Nachher werden sie am Ende der Ferien noch ein Konzert von uns verlangen“, scherzte Edward weiter.
„Das könnten wir machen. Und dafür lassen wir uns Geld geben. Und von dem Geld bezahlen wir uns einen wohlverdienten Urlaub, ein Wochenende in New York, oder so. Ein Wochenende... Nur wir beide... In einer völlig fremden Stadt...“ Ich geriet ins Schwärmen.
„Das wäre schön. Aber es ist nicht realistisch“, zerstörte Edward meine Träume.
„Danke für den schönen Abend“, sagte ich, sobald wir die Wohnung wieder betraten. „Es war perfekt.“
Ich zog mich in Emmetts Zimmer zurück und und ging von da aus direkt ins Bad, um mich fertig zu machen. Anschließend ging ich zu Edwards Zimmer, um ihm eine gute Nacht zu wünschen.
„Bella?“ fragte er leise.
„Ja?“
„Möchtest du heute Nacht hier schlafen?“
„Ja, das würde ich sehr gerne.“
„Okay.“ Er stand auf und küsste mich auf die Stirn. „Ich bin gleich wieder da.“
Ich nickte.
Sobald er das Zimmer verlassen hatte, ging ich zu seinem Bett und setzte mich darauf. Ich würde heute Nacht hier schlafen. In meinem Bauch breitete sich schnell eine Invasion von Schmetterlingen aus. Das war das erste Mal, dass ich mit jemand ein Bett teilte. Und dann auch noch mit Edward! Wie oft hatte ich davon geträumt? Wie oft hatte ich es mir vorgestellt, wie es wäre, in seinen Armen einzuschlafen? Ich war aufgeregt und wusste einen Moment nicht, was ich tun sollte. Schließlich aber kroch ich unter die Decke und lehnte mich gegen die Rückwand. Neugierig, und da ich nichts anderes mit mir anzufangen wusste, griff ich nach dem Buch, das auf dem Nachttisch lag.
Ich stöberte darin herum, bis Edward zurückkam. Er trug eine Boxershorts und ein T-Shirt. Mir wurde bewusst, dass auch ich für mich nur eine Shorts und ein einfaches Top gewählt hatte. Viel Stoff würde uns nicht trennen.
Oh Gott!
Aber ich kannte Edwards Regeln und ich war mir sicher, dass sich an ihnen nichts geändert hatte. Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich bereit dafür wäre.
Edward legte sich neben mich ins Bett und zog mich an sich.
„Dein Herz spielt verrückt“, bemerkte ich.
Ich ließ zu, dass seine Hand nach meinem suchte. „Deines auch.“
„Ich weiß. Es ist glücklich.“
„Meines auch.“
Es folgten weitere Wochen und Monate von Mail und Telefonanrufen. Wir hatten selten viel Zeit füreinander. Edward arbeitete auf seine Prüfungsleistungen für das Semesterende hin und auch bei mir fielen mehr Klausuren an, als über den Rest des Jahres verteilt.
Wir hatten schon ausgemacht, dass wir uns während der Ferien zweimal in der Woche unter dem Vorwand für Klavierstunden treffen würden.
Aber der größte Segen für Edward und mich kam überraschend von Alice, die immer noch meine beste Freundin war.
„Denkst du, wir könnten einige Tage im Sommer nach Seattle fahren und in der Wohnung deines Bruders wohnen? Wäre das nicht wunderbar, ein paar Tage voller Sightseeing und Shopping? Du hast mir so viel von Seattle erzählt, ich möchte unbedingt auch hin!“
Und innerhalb einer Woche war alles in die Wege geleitet. Emmett hatte nichts dagegen, wenn wir seiner Wohnung in seiner Abwesenheit Gesellschaft leisteten und Edward war auf Anfrage eingefallen, dass er noch etwas in Seattle zu erledigen hätte und hatte sich bereit erklärt, uns beide mitzunehmen und wieder zurückzubringen.
„Und, freust du dich schon auf deinen Trip mit Edward?“ Alice ließ ihre Augenbrauen hüpfen.
„Ich weiß nicht, was du meinst“, setzte ich dagegen. Dabei wusste ich es ganz genau.
„Es muss doch unglaublich aufregend sein, wenn man mit seinem Schwarm eine kleine Reise machen darf. Du musst nur einen Ton sagen und ich werde für einen gesamten Tag verschwinden und ihr beiden dürft anstellen, was immer ihr wollt. Ich werde keine Fragen stellen!“
„Erstens, das glaubst du doch wohl selbst nicht! Wer wäre Alice Brandon, wenn sie nicht neugierig sein dürfte? Und zweitens, ich habe immer noch eine Ahnung, von was du sprichst.“ Natürlich wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass Alice tatsächlich an einem Tag unseres Trips spurlos verschwinden würde und mir und Edward etwas Zeit für uns geben würde. Aber darum konnte ich sie nicht bitte, ohne alles zu verraten.
„Bitte, Bella. Wie lange willst du das denn noch abstreiten? Nach... wie viel? ...tausend Jahren wird das langsam lächerlich.“
„Was immer du sagst, Alice. Hast du alles?“
Alice hatte die Nacht vor unserem Trip bei mir geschlafen und nun, um sieben Uhr morgens, warteten wir beide darauf, dass Edward endlich vor der Auffahrt hielt, uns einlud und sich mit uns auf den Weg nach Seattle machte.
„Bella, ich sage dir, einen Freund zu haben, ist etwas wunderbares. Vom Küssen gar nicht erst zu sprechen... Du hast keine Ahnung, was du verpasst! Und hier bietet sich eine Gelegenheit. Du stehst schon ewig auf Edward und ich bin mir sicher, dass er auch in Urlaubsstimmung ist und nicht einsam sein möchte. Ein kleiner Flirt, komm schon! Niemand muss davon erfahren!“
Wenn sie nur wüsste, wie viel Wahres in ihren Worten steckte. „Alice, bitte. Ich bin zufrieden, wie mein Leben gerade läuft, ich brauche deine Kuppelversuche nicht. Und bitte – Bitte! – denk nicht einmal im Traum daran, damit vor Edward anzufangen. Sonst waren wir die längste Zeit Freundinnen!“ Ich fühlte mich schlecht, dass ich ihr drohen musste, aber ich mochte es nicht, wenn sie mich auf die Art herausforderte. Warum konnte sie nicht verstehen, dass ich mein Leben selbst in die Hand nehmen konnte?
„Ach Bella, ich will doch nur das beste für dich. Du weißt nicht, was dir entgeht.“
„Ich vermisse nichts“, erklärte ich ihr.
„Okay. Ich werde nicht mehr damit anfangen. Aber ich stehe zu dem, was ich gesagt habe. Nur ein Ton von dir und ich bin weg.“
Es war zu verführerisch!
Wir waren bereits drei Tage in Seattle und endlich würde sich für Edward und mich die Möglichkeit ergeben, etwas ungestörte Zeit miteinander zu verbringen.
Alice hatte sich am Tag zuvor ein Date mit einem Mitarbeiter des berühmten Starbucks an Land gezogen. Sie hatte sich noch einen zweiten Kaffee holen wollen – was mich an sich schon überrascht hatte – und hatte dafür beinahe eine halbe Stunde gebraucht. Als ich dann aber nach ihr schauen gegangen bin, musste ich feststellen, dass sie die Tasse in ihrer Hand hielt und mit dem Jungen hinter der Theke flirtet, wenn der nicht gerade mit anderen Kunden beschäftigt war. Irgendwann war sie breit grinsend an unseren Tisch zurückgekehrt und hatte uns strahlend mitgeteilt, dass sie am nächsten Tag mit Jasper ausgehen würde.
Alice hatte sich mit den Worten verabschiedet, ich sollte mir für diesen Abend noch einmal Gedanken darüber machen, was sie mir kurz vor unserem Trip gesagt hatte.
Sobald sie weg war, schlüpfte ich in die Shorts und das Top, die ich bei meinem letzten Besuch in Seattle zum Schlafen getragen hatte, machte schöne Musik an und ging in die Küche, um etwas Fingerfood vorzubereiten. Das stellte ich auf den Tisch im Wohnzimmer und zündete einige Kerzen an. Nachdem ich noch eine DVD eingelegt hatte, allerdings noch pausiert, setzte ich mich auf die Couch und wartete darauf, dass Edward zurückkam.
„Ist sie weg?“ fragte er, sobald er mich erblickt hatte.
Ich küsste ihn zur Begrüßung und zog ihn mit mir zum Sofa. „Ja.“ Mit einer Fernbedienung schaltete ich die Musik aus, mit der anderen startete ich die DVD. Ich reichte ihm ein Glas Cola und nahm mir selbst das andere und hielt es ihm zum Anstoßen entgegen. „Auf einen wunderschönen Abend.“
„Mit einer wunderschönen Frau.“ Das Glas klinkte.
Doch anstatt zu trinken, fanden sich unsere sehnsüchtigen Lippen.
Es wäre so einfach gewesen, Alice die Wahrheit zu sagen, dass wir unsere Zeit hier genießen könnten. Aber Alice war nicht die Person, der ich ein großes Geheimnis anvertraute. Sie war einfach viel zu neugierig und teilte ihr Wissen immer gerne.
„Hoffen wir, dass Alices Date erfolgreich ist“, seufzte ich schließlich. „Je mehr Zeit sie mit Jasper verbringt, desto weniger Zeit wird sie hier mit uns verbringen.“
„Ich mag den Gedanken“, wisperte Edward.
Er zog mich in seine Arme und legte eine Decke über uns. Wir aßen und schauten den Film für den größten Teil des Abends, immer wieder unterbrochen durch kleine Küsse, die nicht selten zu längeren Küssen wurden.
(Bella mit sechzehn Jahren)
Weihnachten brachte eine große Überraschung.
Emmett hatte angekündigt, dass er über die Feiertage nicht nach Hause kommen würde, sondern erst über Neujahr. Der Grund war, dass er eine Freundin hatte. So unglaublich es auch war, zu glauben, dass er sich endlich entschlossen hatte, sesshaft zu werden, ihm schien schon vor einiger Zeit der Kopf verdreht worden zu sein.
Und auch für Alice gab es gute Nachrichten. Nachdem sie nun schon ein halbes Jahr mit Jasper zusammen war und die beiden konstant in Kontakt waren, hatten ihre Eltern ihr erlaubt, ihn über Neujahr einzuladen.
Und mein Weihnachten? Das würde auch schön werden. Edward wollte einige Tage vor Weihnachten nach Forks zurückkehren und bis nach Neujahr bleiben. Seine Familie, erzählte er mir, war enttäuscht, dass er keine Freundin mit nach Hause brachte.
„...und dann meinte Jasper, dass es eigentlich eine Schande wäre...“ blubberte Alice ohne zu bemerken, dass ihr schon lange nicht mehr zuhörte.
Fröhlich blickte ich auf mein Handy.
„Alice?“ unterbrach ich sie schließlich, als wir das Schulgebäude verließen. Ich wiederholte ihren Namen noch einige Male, bis sie wirklich bemerkte, dass ich mit ihr sprechen wollte. „Du musst mich heute nicht nach Hause bringen.“
„Warum denn nicht?“ fragte sie verwirrt.
„Ich werde abgeholt.“
Ein breites Grinsen wanderte über ihr Gesicht. „Von wem denn? Dein heimlicher Chat-Partner?“ Sie hatte das Handy, das schon seit geraumer Zeit in meiner Hand lag, natürlich bemerkt.
Genau wie ich, ließ sie auch ihren Blick über den Parkplatz gleiten und entdeckte ebenfalls den silbernen Volvo, der am anderen Ende in einer Parklücke stand.
„Warum holt Edward dich ab?“ fragte sie mit wissendem Grinsen. Wie viele Wahrheiten sie sich wohl wieder in ihrem hübschen Köpfchen ausdachte? Wahrheiten, die ich nie bestätigen würde.
„Wir gehen nach Port Angeles. Weihnachtsgeschenke kaufen. Und hör auf mich so anzuschauen. Wir sind Freunde, warum sollten wir das nicht gemeinsam machen?“
„Vielleicht weil du auf ihn stehst? Vielleicht weil du das genauso gut mit mir, deiner besten Freundin, machen könntest?“
„Du weißt ganz genau, warum ich nicht mehr mit dir gehe. Weihnachtsshopping mit dir kommt einem Todesstoß gleich. Die vielen Glitzerlichter verwandeln dich in ein Ungeheuer!“
„Hmpf“, war Alices einzige Reaktion dazu. „Dann viel Spaß. Und vergiss nicht, mir ein ganz tolles Geschenk mitzubringen!“
„Du weißt doch, nur das beste für dich!“ lachte ich. Dann wandte ich mich von ihr ab und begab mich mit schnellen Schritten auf den Weg zu Edwards Auto.
Er hatte den Motor bereits laufen, als ich einstieg und verlor auch keine Minute auszulenken und davon zu fahren.
Etwas außerhalb von Forks fuhr Edward einen kleinen Waldparkplatz an und brachte den Wagen zum Stehen.
„Komm her!“ forderte er.
Ich schnallte mich ab und lehnte mich über die Mittelkonsole. Edward legte seine Hand in meinen Nacken und zog mich weiter, bis unsere Lippen nur noch Millimeter voneinander entfernt waren.
„Was?“ fragte ich, als er keine Anstalten machte mich zu küssen.
Er lachte nur kurz auf, brachte unsere Lippen aber zusammen. Ich konnte mich der Anziehungskraft seines Körpers nicht mehr entziehen, zog meinen Körper soweit es ging zur Fahrerseite des Autos und nutzte eine Hand, um sie unter Edward geöffnete Winterjacke zu schieben. Er öffnete meinen Mantel ebenfalls, packte mich fest an der Hüfte und presste meinen Körper, soweit es eben ging, an seinen... bis ich mich keuchend von ihm lösen musste. Edward setzte weitere, kleine Küsse auf den Rand meiner Lippen und meine Wangen. Wir waren beide noch nicht bereit, uns vollkommen voneinander zu lösen.
Es wurde schwerer.
Wenn wir uns sahen, wussten wir immer, dass es nur eine begrenzte Zeit war. Es war unmöglich, dass wir unsere Sucht zueinander in diesen Stunden ausleben konnten. Und es war mit jedem Mal so viel schwerer, mich von ihm zu verabschieden, ihn wieder für eine unbestimmte Zeit gehen zu lassen. Nicht die Geheimhaltung unserer Beziehung nagte so schlimm an uns beiden, als vielmehr die örtliche Distanz, die zwischen uns lag. Denn die zeitliche hatten wir schon lange hinter uns gelassen.
Ich war so oft kurz davor alles in die Welt hinauszuschreien. Aber ich wusste auch, dass das nicht ging. Unsere Regeln hatten einen Grund.
Nur noch ein paar Jahre...
Wir hatten schon einige hinter uns gebracht und auch die restlichen würden noch vergehen.
Und so war vorerst das einzige, was uns blieb, so viel wie möglich aus der Zeit zu machen, die wir hatten.
Ich hievte mich wieder zurück auf den Beifahrersitz und schnallte mich an. „Lass uns einkaufen gehen“, sagte ich mit schwerem Seufzer.
Unsere Hände waren während der gesamten Fahrt noch über die Mittelkonsole verlinkt.
Der Weihnachtseinkauf verlief erfolgreich. Ich bekam alles, was ich wollte – und noch ein bisschen mehr.
„Darf ich dich noch zum Essen einladen?“ fragte Edward, als wir alle Tüten in seinem Wagen verstaut hatten.
„Du darfst“, kicherte ich. Ein Date.
Wir gingen in ein Diner unweit vom Wagen. Es war nicht gerade überfüllt und so konnten wir uns an einen Tisch am Fenster setzen.
„Edward“, sagte jemand, der gerade an unseren Tisch gekommen war.
Ich blickte auf und erkannte die Frau als Bedienung. Sie kam mir bekannt vor...
„Tanya“, sagte Edward.
...und jetzt wusste ich auch wieder, warum. Sie hatte sich verändert, seit ihren Tagen als High School Schönheit.
„Ich wusste nicht, dass du noch in der Gegend bist“, bemerkte mein Freund.
„Ja. Ich helfe hier manchmal aus.“ Das Thema schien ihr unangenehm zu sein. Sie erblickte mich.
„Bella, das ist Tanya. Wir waren gemeinsam auf der High School“, stellte Edward mich vor, als hätte ich überhaupt keine Möglichkeit sie zu kenne. „Tanya, das ist Bella.“
Doch der jungen Frau konnte man nichts vormachen. „Bella, wie in Emmetts Schwester? Hast du ihr nicht Klavierunterricht gegeben?“
Ja, und wie du siehst, bringt einem das seinem Traummann näher, als falsche Haare und dumme Annäherungsversuche. „Hi“, sagte ich aber nur.
„Können wir bei dir auch bestellen, oder müssen wir das Diner nach dem Gespräch wieder hungrig verlassen?“ fragte Edward etwas patzig.
„Oh, sicher!“ Sie schien sich wieder an ihre Rolle zu erinnern. „Was kann ich euch bringen?“
Wir bestellten und Tanya zog wieder davon.
„Tut mir leid, ich wusste nicht, dass sie hier arbeitet.“
„Das macht nichts. Ich war immer neugierig, was sie nach der Schule macht... Nur bitte, zieh dich jetzt nicht von mir zurück. Sie wird nicht nach Forks zurückkehren, nur weil sie uns hier gemeinsam gesehen hat.“
Edward griff nach meiner Hand und küsste ihren Rücken. „Das hatte ich nicht vor.“
(Edward mit zwanzig Jahren)
Emmett war auf einem Date mit Rosalie, Alice war auf einem Date mit Jasper... also ging ich auf ein Date mit Bella. Wenn es nur immer so einfach wäre, wie an diesem Abend.
Diese Frühjahrsferien war Bella nicht überraschend vor unserer Wohnungstür aufgetaucht. Diese Ferien hatten wir gewusst, dass sie zusammen mit Alice nach Seattle kommen wollte. Alice hatte ihren Jasper sehen wollen und dass Bella mitkam, war für sie nur ein notwendiges Übel. Ihre Eltern erlaubten ihr nicht, dass sie die gesamte Zeit bei Jasper verbrachte, also war die offizielle Version, dass sie beide bei uns blieben. Wie es aber nun aussah, würden nur Bella und ich die Nacht hier verbringen. Alice wollte natürlich so viel Zeit, wie möglich, mit Jasper verbringen und Rosalie wollte nicht mit Emmett auf der Couch schlafen, da Bella wieder sein Bett bekommen hatte. Also ging Emmett zu Rosalie.
„Sind sie alle weg?“ fragte Bella, als sie das Wohnzimmer betrat.
Wir hatten noch den größten Teil des Nachmittags und den gesamten Abend vor uns.
„Ja. Emmett hat sich eben verabschiedet.“
Sie kam zu mir. Ich hielt sie einen Armbreit von mir entfernt und betrachtete sie eingehend. Sie trug schwarze Stiefel, eine sehr, wirklich sehr kurze schwarze Shorts und ein grünes, enges, langärmliches T-Shirt.
„Gefällt's dir?“ fragte sie mit großen, unschuldigen Augen.
Was für eine Frage! „Du siehst umwerfend aus. Aber wird dir das nicht zu kalt?“ Ich fasste nach einem ihrer Beine und legte es um mein Hüfte – da spürte ich es. Strumpfhosen, natürlich.
Sie legte ihre Hand auf meine und übte leichten Druck aus. „Das werde ich schon aushalten.“
Ihre Hand führte die meine weiter nach oben. Ich fragte mich ernsthaft, ob ich es aushalten würde.
Kichernd, als ich sie etwas ungehalten von mir stieß, setzte sie sich auf die Couch. „Also, was haben wir heute noch vor?“
„Hm...“ Ich setzte mich neben sie. „Ich wollte schon immer mal mit dir in der letzten Reihe des Kinos knutschen.“
Nun lachte sie frei heraus. „Hast du das gerade wirklich gesagt?“
„Ja... Bist du dabei? Ich kann mir auch jemand anderes suchen...“
„Untersteh dich! Natürlich bin ich dabei!“ Sie warf ihre Beine über meine. „Welcher Film und wann geht es los?“
„Lass uns nachschauen.“ Ich beugte mich über sie und schnappte mein Notebook von dem Beistelltischchen.
Wir einigten uns schließlich auf eine dieser typischen Komödien mit mittelmäßiger Kritik. Die Vorstellung würde in zwei Stunden losgehen.
„Willst du davor noch essen gehen?“ fragte ich Bella.
„Nein“, sie kuschelte sich bei mir ein. „Wir werden genug Popcorn bekommen. Jetzt möchte ich einfach nur hier bleiben. Genau hier.“
Dagegen hatte ich nichts einzuwenden. Ich ließ mich in eine liegende Position fallen und zog Bella mit mir, bis sie direkt auf mir lag. Fest schoss ich meine Arme um sie und verhakte gleichzeitig unsere Beine ineinander. Hier könnte ich ewig bleiben.
„Bella?“
„Hm?“ machte sie. Sie klang schläfrig. Vielleicht war jetzt nicht der richtige Augenblick. Aber sie schien neugierig, denn sie rappelte sich soweit auf, bis sie mich anschauen konnte. „Was ist?“
„Ich habe etwas für dich... ein Geschenk.“
Ein leichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. „Was ist es denn?“
Aus meiner Hosentasche zog ich den nach außen einfach erscheinenden, silbernen Ring. „Dass du immer etwas von mir bei dir hast. Es ist nichts besonderes, aber es ist ein Zeichen meiner Liebe. Schau dir die Innenseite an.“
Ich hatte unsere Initialen und unser Datum eingravieren lassen. Das war es, was den Ring besonders machte. Ich hatte lange darauf gespart, Bella etwas kaufen zu können. Ich war nur ein Student und Geld war nicht etwas, dass mir zufiel.
„Das ist viel zu viel“, hauchte Bella. „Der war bestimmt teuer.“
„Willst du, dass ich ihn zurückgebe?“ scherzte ich.
„Nein!“ protestierte sie sofort. „Du hast ihn mir gegeben, jetzt kannst du ihn nicht mehr zurücknehmen!“
Sie reichte ihn mir aber trotzdem wieder, aber nur, um mir ihre leicht zitternde Hand entgegen zu strecken, dass ihr den Ring anstecken konnte.
„Danke. Er ist wunderbar!“
„Ich liebe dich“, flüsterte ich.
„Ich liebe dich auch.“ Sie küsste mich. Nur ganz leicht, ich hätte es fast nicht gespürt. Dann tat sie es wieder. Und wieder und wieder.
Ich war versucht den Kinobesuch zu vergessen und für immer hier mit Bella liegen zu bleiben, in unserer eigenen kleinen Welt, in die niemand zu uns vordringen konnte. Aber das ging nicht, früher oder später wäre der Punkt gekommen, an dem wir gestört worden wären. Also lösten wir uns bei gegebener Zeit schwermütig voneinander und machten uns fertig für den geplanten Besuch im Kino.
Nach dem Kartenkauf stand ich für Popcorn und Getränke an, während Bella zu den Süßigkeiten ging, die man sich selbst in eine Tüte zusammenstellen konnte.
„Bring Weingummi mit. Und die sauren Dinger!“ rief ich ihr hinterher.
Sie schüttelte nur den Kopf und ging weiter. Breit lächelnd brachte sie wenig später eine große Tüte zurück und hielt sie mir hin. „Nur das Beste für dich“, säuselte sie.
Misstrauisch äugte ich hinein, musste aber sofort feststellen, dass es unbegründet war. „Du hast... und... und...!“
Sie gab mir einen Klaps. „Dass du tatsächlich an mir gezweifelt hast! Ich kenne deinen Geschmack, mein Lieber.“
Ich nickte ergeben.
Vorne an der Kassen angekommen, bestellte ich süßes Popcorn und zwei Cola, bezahlte die zusammen mit den Süßigkeiten, dann konnten Bella und ich den Kinosaal betreten.
„Ich war schon eine Weile nicht mehr im Kino“, bemerkte sie.
„Ich auch nicht. Seit dem Winter, als wir mit Emmett und Rosalie in Port Angeles waren.“
„Bei mir dasselbe. Das war der grausamste Kinobesuch meines Lebens. Was hat Emmett sich nur dabei gedacht, sich mit Rosalie zwischen uns beide zu setzen? Hat er erwartet, dass wir im Gruppenzwang auch loslegen würden?“
Wir waren in der letzten Reihe angekommen und setzten uns genau in die Mitte. Der Saal war bisher nicht sonderlich voll und ich rechnete auch nicht damit, dass noch viele Leute kommen würden.
„Ich habe keine Ahnung. Wir hatten die Möglichkeit ihnen beim rummachen zuzusehen, oder uns den Film mit unwillkommenen Schmatzgeräuschen nebenher anzusehen. Es gab keine Möglichkeit, uns davor zu retten!“
„Ich frage mich, was ihn dazu gebracht hatte, überhaupt ins Kino zu gehen, wenn er den Film doch nicht sehen wollte.“
„Er wollte wohl verhindern, dass wir alleine gehen“, erwiderte ich ernst und sachlich, grinste dann aber. „Aber er kann nicht verhindern, dass wir heute genau das tun, was er getan hat.“
„Nein, ganz sicher nicht.“ Sie küsste mich auf die Lippen, aber nur ganz kurz. „Aber erst will ich ein bisschen Popcorn haben.“
„Hm, Bella mit zuckrigem Popcorn Geschmack.“ Ich hielt ihr die Tüte direkt unter die Nase.
Wir naschten, bis der Raum halb abgedunkelt wurde, für die Filmvorschauen.
„Also“, wandte sich Bella fragend an mich. „Wie stellst du dir das vor?“
„Was?“ fragte ich verwirrt nach.
„Na, sollen wir es ganz unschuldig über die Lehnen der Stühle tun, oder darf ich dabei auf deinem Schoß sitzen, oder soll ich über dir knien und für dich jegliche Sicht nach vorne verhindern?“ Ihr Zeigefinger strich bei ihren Vorschlägen locker, aber reizend meinen Arm nach unten.
„Ich möchte es in jeder einzelnen dieser Stellungen tun. Wir fangen mit der unschuldigen an und arbeiten uns nach vorne.“ Ich legte eine Hand in ihren Nacken und zog sie so dicht an mich, dass sich unsere Nasenspitzen berührten. „Wenn wir das hier machen wollen, dann machen wir es richtig!“
Sie erschauerte unter meinem Griff. „Okay“, hauchte sie.
Ich wollte dieses Erlebnis wirklich. Es war eine meiner unschuldigeren Fantasien, die ich schon mit Bella ausleben konnte. Doch offensichtlich hatte dieses Kino bessere Aufsichtskräfte, als das, indem wir in Port Angeles gewesen waren. Nach einer viertel Stunde in den Film wurden wir ermahnt, diese Aktivitäten doch bitte für unseren Privatbereich aufzuheben. Eine weitere halbe Stunde später, kurz vor der dritten geplanten Position, landeten wir auf der Straße und es wurde uns empfohlen, uns das nächste Mal gut zu überlegen, ob wir tatsächlich ins Kino wollten und welches wir auswählten.
Kichernd und etwas überdreht, hielten wir uns noch einige Zeit auf dem kleinen Vorplatz vor dem Kino auf und führten gegen einen Laternenpfahl zu Ende, was wir drinnen begonnen hatten.
„Das war herrlich“, lachte Bella, ein breites Grinsen auf dem Gesicht. „Und wie die alte Dame uns angesehen hat, als sie vorbeigelaufen ist. Ich hätte am liebsten sonst was in die Welt geschrien!“
Ich zog sie, ebenfalls lachend, in meine Arme. „Das war nicht nötig, mein Schatz. Sie hat alles gesehen, was sie sehen musste, um ihre eigenen Schlüsse zu ziehen. Morgen beschwert sie sich bei ihrer Tochter über die Jugend von heute.“
Bella versuchte mich ernst anzublicken, als sie mir einen Finger immer wieder in die Brust stach. „Ich werde alles abstreiten! Ich werde sagen, dass der böse Mann mich verführt hat, Dinge mit ihm zu tun. Oh ja, das werde ich.“
„Und weißt du, wie ich mich wehren werde?“ Ich presste sie ganz dicht an mich, legte meine Lippen an ihren Nacken und ließ meine Hände über ihren Körper wandern. „Ich werde sagen, dass du ein böses, böses Mädchen warst und werde fragen, wie ein Mann nur anders reagieren solle, wenn er von einem wunderschönen Mädchen in viel zu kurzen Shorts und viel zu schönen, langen Beinen bis aufs Äußerste gereizt wird? Wie ich mich gegen die Liebe und die Sucht-“ Weiter kam ich nicht, da sie ihre Lippen ein weiteres Mal gegen meine drückte.
Es gab Dinge, die man selbst in einer Beziehung, wie Bella und ich sie führten, nicht verhindern konnte. Ich liebte sie, von ganzem Herzen und ich wusste, dass sie genauso fühlte. Wir hatten noch nie einen ernsthaften Streit gehabt. Wenn wir uns sehen konnten, waren wir überglücklich, aber wir kamen auch damit zurecht, uns über einen Monat nur per Telefon zu unterhalten. Es war schwer, daran gab es keinen Zweifel. Aber es funktionierte. Manchmal besser und manchmal... weniger.
Emmett und ich hatten uns an diesem Abend Pizza bestellt, dazu Bier getrunken und uns ein wenig unterhalten. Ich erzählte ihm von einem ärgerlichen Tag an der Uni und er erzählte mir von seinem Telefongespräch mit seiner Mutter und Bella. Es war der Teil mit Bella, der ihn belastete. Er konnte nicht wissen, was er bei mir auslöste.
„Ich verstehe einfach nicht, warum sie ihn abweisen musste“, sagte er. „Mike ist wirklich ein netter Typ, kommt aus einer guten Familie. Er ist im selben Jahr wie sie und will mit ihr auf den Ball gehen. Aber sie sagt nein!“
Es war auch einer der Momente, der es mir mit Emmett schwer machten. Ich hasste es, so ein großes Geheimnis vor ihm zu haben. Ich musste meine Gefühle mit Anstrengung unter Kontrolle halten. „Aber du willst doch auch nicht, dass sie mit einem Typen geht, den sie überhaupt nicht mag.“
„Aber so ist das nicht. Sie meinte, er wäre ein guter Freund. Aber er könnte niemals mehr sein. Und anscheinend sieht er sie als mehr und das macht ihr Angst. Sie versucht es nicht einmal, weißt du? Natürlich will ich nicht, dass sie sich einfach dem nächstbesten hingibt, aber sie muss doch auch nicht enden, wie du.“ Er klopfte mir kumpelhaft auf den Arm. Er hatte es vor einiger Zeit aufgegeben, mich mit Mädchen zusammen bringen zu wollen. Und dafür akzeptierte ich, dass er mich ab und zu mit meiner 'Unerfahrung', wie er es nannte, aufzog. „Hier und da auf ein Date zu gehen, hat noch niemandem geschadet.“
„Ich finde, du solltest sie nicht drängen. Sie hat ihren Weg im Leben und wenn sie nicht mit diesem Mike auf den Ball gehen will, dann musst du das akzeptieren. Sie muss das tun, was für sie am besten ist.“
„Aber es sind Erfahrungen! Lebenserfahrungen, die sie vielleicht irgendwann in ihrem Leben vermissen wird, weil ihre Chance nicht ergriffen hat. Sie könnten einfach nur als Freunde gehen.“
„Das würde Bella nie machen. Es würde ihn auf falsche Gedanken bringen“, erwiderte ich.
Emmett musste mir hier zustimmen, dass ich recht hatte.
Wir hätten dieses Gespräch über seine Schwester noch ewig weiterführen können, aber irgendwann konnte ich ihn überreden, dass es an der Zeit wäre, sich auf den Weg zu Rosalie zu machen. Ich brauchte die Wohnung für mich, wenn ich ungestört mit Bella reden wollte.
Ich klingelte sie auf ihrem Handy an und wartete, bis sie zurückklingelte. Das war unser Geheimzeichen. Sobald sie sich meldete, konnte ich sie auf dem Haustelefon der Swans erreichen.
„Hi“, meldete sie sich.
„Hallo mein Schatz. Wie war dein Tag?“
„Emmett hat dir davon erzählt, hm? So aufgebracht, wie er war.“
„Ja...“
„Und?“
„Bella...“ Seufzend ließ ich mich nach hinten auf das Sofa fallen. „Ich konnte ihn nicht davon überzeugen, dass du weißt, was du tust. Er hat Angst, dass du so endest, wie ich.“
Bella lachte unbehaglich. „Nein, eigentlich hatte ich nicht vor, mir einen vier Jahre jüngeren Freund zu suchen.“
Ich reagierte nicht, zog es vor, nichts dazu zu sagen und zu schweigen, bis sie wieder sprach.
„Was hast du mir zu sagen?“ fragte sie schließlich.
„Nichts“, antwortete ich schnell – zu schnell.
„Edward!“ Ihre Stimme ließ keinen Widerspruch zu.
„Na gut“, murrte ich. „Aber denk dran, dass du es hören wolltest.“
„Du machst mir Angst“, sagte sie um einiges leiser.
„Bella“, begann ich. „Denkst du manchmal, dass wir das mit uns etwas zu überstürzt begonnen haben?“
„Nein“, antwortete sie. „Warum fragst du das?“
„Ich denke nur manchmal... Du warst erst dreizehn, du hattest noch nicht viel Erfahrung im Leben. Was, wenn ich dich darum gebracht habe? Was, wenn du es irgendwann bereust? Ich möchte dir nicht im Weg stehen...
„Edward Cullen“, sagte sie laut, doch ihre Stimme klang nicht fest. „Willst du mich etwa überreden, mit diesem Schleimbeutel von Newton auf den Ball zu gehen? Willst du...“ Ihre Stimme wurde schlagartig leise. „Willst du mit mir Schluss machen?“
„Nein“, rief ich sofort. „Nein, das möchte ich nicht. Ich will nur sicher gehen, dass du das alles auch noch für richtig hältst. Uns für richtig hältst.“
„Das tue ich. Wie kannst du etwas anderes denken?“
„Du bist noch so jung...“
Sie unterbrach mich harsch. „Hat sich bei dir etwas geändert?“
„Nein.“
„Warum führen wir dann dieses Gespräch? Edward, Mike wäre niemals zur Wahl gestanden. Er ist einfach nicht mein Typ. Ja, viele Mädchen stehen auf ihn und er weiß das. Deswegen ist es für ihn schwer zu verstehen, dass ich nichts von ihm will. Aber selbst wenn es dich nicht gäbe – und darüber möchte ich gar nicht nachdenken – hätte er niemals eine Chance bei mir. Es gibt für mich keinen Grund mit ihm mehr als eine Freundschaft einzugehen und wenn er das nicht versteht, dann habe ich auch kein Problem damit, ihn aus meinem Leben zu entfernen. Aber du, Edward, du bist aus meinem Leben nicht wegzudenken. Du bist ein Teil davon, seit du dich mit Emmett angefreundet hast. Ja, ich weiß, dass ich jung war und immer noch jung bin, aber ich kann mir ein Leben ohne dich an meiner Seite nicht vorstellen. Viele werden vielleicht denken, dass wir zu vorschnell entschieden haben, viele werden es nicht verstehen können. Viele werden sagen, dass man in unserem Alter noch nicht wissen kann, dass man den Einen gefunden hat. Ich werde ihnen allen das Gegenteil beweisen. Mein Leben ist perfekt, wie es ist. Es könnte nicht anders sein. Du musst dir keine Sorgen machen, dass ich etwas verpasse. Du kannst mir glauben, dass ich nur dazu gewinne.“
„Ich liebe dich“, flüsterte ich betäubt von dem, was ich eben gehört hatte.
„Ich liebe dich auch“, sagte sie zärtlich, wurde aber schon für den nächsten Satz wieder ernst. „Gibt es noch etwas, dass du loswerden möchtest?“
„Ja. Ich will nicht, dass du mit Newton ausgehst.“
Sie lachte auf. „Das kann ich dir mit Leichtigkeit versprechen.“
„Und ich werde unsere Beziehung niemals beenden. Und ich finde, dass sie das beste ist, was ich in meinem Leben habe.“
„Gut.“
„Und nur dass keine Missverständnisse aufkommen, ich werde dich zu deinem Abschlussball begleiten.“
„Ja, das wirst du.“ Sie seufzte leicht. „Geht es dir jetzt besser?“
„Ja“, sagte ich leise. „Ich hätte es akzeptiert, weißt du? Wenn du lieber-“
Wieder unterbrach sie mich. „Das wird niemals vorkommen.“
(Bella mit sechzehn Jahren)
„Bella“, jammerte Alice. „Du hältst etwas geheim vor mir.“
„Du hättest das gar nicht sehen sollten. Warum tust du auch was anderes, als du sagst?“
„Warum tust du das?“ entgegnete sie direkt.
Es war ein Dilemma. Alice hatte mich vor nicht einmal einer Stunde dabei erwischt, wie ich aus Victoria's Secret gekommen war, während ich eigentlich in dem nebenliegenden Bücherladen sein sollte, wie ich es ihr angekündigt hatte. Weil sie selbst wenig an Büchern interessiert war, hatte sie viel eher entschlossen in einen Mediastore zu gehen und ein oder zwei Filme zu kaufen, die wir in den folgenden Abenden zusammen schauen könnten. Während ich aber eingerechnet hatte, dass sie dort eine Weile verbringen würde, vor allem, da sie davon ausgehen konnte, dass ich jeden Buchrücken des Ladens lesen würde, hatte ich mich in Victoria's Secret geschlichen, um mir dort etwas schönes zu kaufen. Als ich allerdings herauskam, saß Alice bereits auf der Bank und erwartete mich – überrascht, dass ich aus einem Laden kam, um den ich normal einen großen Bogen machte. Ihr einziges Ziel war also nun herauszufinden, warum genau ich plötzlich schöne Unterwäsche brauchte.
„Ich werde in zwei Monaten siebzehn, ich kann nicht ewig in den Bustiers herumlaufen, die Mom mir als meinen ersten BH angedreht hat. Warum sollte ich nicht anfangen darauf zu achten, was ich drunter anhabe.“
„Bella, ich würde drei Kreuze schlagen, wenn das die Wahrheit wäre, das kannst du mir glauben. Aber wie es ist, glaube ich dir nicht. Du bist nicht der Typ dafür. Warum solltest du das auf einmal ändern und wie kann es sein, dass ich nichts davon bemerkt habe? Es bleibt also nur eine Möglichkeit. Du hast jemanden, dem du zeigen kannst, was du drunter trägst. Und selbst dann ist es ein großer Aufwand für dich.“
„Siehst du, das ist genau der Grund, aus dem ich dir nichts gesagt habt. Du machst eine viel zu große Sache daraus. Ich werde zu dem Thema nichts mehr weiter sagen.“
„Bitte sag mir nicht, dass du am Ende doch noch was mit Mike angefangen hast?“
„Denkst du das wirklich, nachdem ich so lange gebraucht habe, ihm klar zu machen, dass zwischen uns niemals etwas sein wird? Ich werde niemals was mit Mike anfangen.“
„Aber sonst weiß ich nichts von einem Typen, der auf dich abfährt. Warum weiß ich nichts davon?“
„Alice“, stöhnte ich genervt.
„Ich werde es herausbekommen, darauf kannst du dich verlassen!“
„Es gibt nichts herauszubekommen. Bitte Alice, lass es gut sein. Wir haben Urlaub!“
Es wunderte mich, dass sie nicht auf Edward zu sprechen kam. Nicht ein einziges Mal, seit wir in Seattle angekommen waren, hatte sie mich darauf hingewiesen, dass ich doch eigentlich auf Edward stehen würde. Und ich hatte ihr eben sogar noch zusätzliche Munition geliefert. Aber kein Wort. Da ich mein Glück aber auch nicht auf die Probe stellen wollte, hinterfragte ich nichts.
„Jasper hat gesagt, dass er eine Überraschung für mich hat“, erzählte Alice, als wir wenig später die Treppen zu Edwards Wohnung nach oben stiegen. „Ich habe keine Ahnung, um was es sich handeln könnte. Aber wie ich ihn kenne, wird es wunderbar.“
„Alice, er könnte dich im Winter zum Campen einladen und du würdest es wunderbar finden“, lachte ich über meine Freundin.
Ich schloss die Wohnungstür mit dem Ersatzschlüssel auf und trat ein.
„Er ist wunderbar“, schwärmte Alice.
„Und er geht ab diesem Jahr sogar aufs College. Alice, du hast dann einen Freund im College“, kreischte ich, als wäre das die wunderbarste Sache überhaupt – ich wusste, dass es das für Alice war. Sie hatte damit die letzten vier Wochen in der Schule angegeben. Ihr Freund wäre bald auf dem College.
„Wer ist das?“ hörte ich da eine mir unbekannte Stimme hinter mir.
Ich drehte mich um und erblickte neben Edward, der genervt wirkte, eine junge Frau mit blonden, glatten Haaren. Ich musste nur einen weiteren Blick zu Edward werfen, um zu verstehen, um wen es sich bei ihr handelte.
„Irina, das sind Bella und Alice. Ich hatte dir doch erzählt, dass sie kommen würden. Ihr zwei, das ist Irina“, stellte Edward vor.
Edward hatte im vorigen Semester eine Hausarbeit gemeinsam mit Irina schreiben müssen, basierend auf einer Präsentation, die sie beiden im Verlauf des Unterrichts gehalten hatten. Leider aber ging Irina seitdem davon aus, dass sie und Edward eine Freundschaft verband, die ein wenig mehr als Freundschaft war. Er konnte ihr nicht verständlich machen, dass er nicht auf diese Art an ihr interessiert war.
Alice und ich ließen unsere Tüten liegen und setzten uns zu den beiden ins Wohnzimmer.
„Hallo Irina, es freut mich, dich kennen zu lernen. Ich habe schon von dir gehört.“
„Ich nicht von dir“, sagte sie etwas schroff. Offensichtlich hatten wir die beiden gestört – in ihren Augen. „Welche der beiden bist du nochmal?“
„Bella.“
„Ich hatte dir von ihr erzählt. Ich habe ihr Klavierunterricht gegeben“, warf Edward ein.
„Oh. Da muss ich wohl unkonzentriert gewesen sein.“ Sie zwinkerte. Sie zwinkerte ihm dafür tatsächlich zu!
Edward sprang auf. „Ich hole uns mal was zu trinken. Warum lernt ihr Mädels euch nicht etwas besser kennen?“
„Sicher“, rief ich ihm hinterher. „Also, Irina, hast du schon von Edwards Freundin gehört?“
„Edward hat keine Freundin“, bestimmte sie. „Und wenn er eine hat, dann bin ich das.“
„Oh. Doch, er hat eine Freundin. Du wirst es nicht glauben, aber sie ist so eifersüchtig!“ Ich stupste Alice in die Seite, die sofort zustimmend nickte. „Als sie erfahren hat, dass Alice und ich ein paar Tage hier sein werden über den Sommer, dass aber nur noch Edward da sein würde, weil Emmett mit Rosalie im Urlaub ist, ist sie ausgerastet! Verboten hat sie es ihm! Überleg dir das mal! Zwei High School Mädchen, wie wir, fünf Jahre jünger als er, sollten doch wirklich keine Gefahr für sie darstellen, oder? Jedenfalls hat er sie etwas beruhigen können, aber trotzdem besteht sie darauf, dass sie jede Nacht hier schläft, obwohl sie die Tage anderes zu tun hat. Es wundert mich, dass ihr noch nicht aufeinander getroffen seid, wenn du doch so oft hier bist.“
Irina sah nun etwas verunsichert aus.
Alice setzte noch einen drauf. „Ernsthaft, an unserem ersten Abend hier wollte ich schon wieder abreißen. Ich dachte, sie würde mir die Augen auskratzen, nur weil ich einmal kurz zu Edward gesehen habe, als ich ihm eine Frage gestellt habe. Aber Edward ist überzeugt davon, dass sie großartig ist, er würde sie niemals ziehen lassen und gegen alle und jeden verteidigen.“
„Wenn man sie allerdings überzeugt hat, dass man nichts von ihrem Eddi-Butzi will, ist sie wirklich ein Engel. Da kann man verstehen, was Edward in ihr sieht... Du bleibst doch noch eine Weile, oder Irina? Ich bin sicher, dass sie gerne die Frau kennen lernen würde, mit der Edward im letzten Semester so viel Zeit verbracht hat.“
„Oh... ähm... Ich muss gehen, tut mir leid,“ stotterte sie.
„Okay, ein andermal dann“, zirpte ich vergnügt.
Ich beobachtete, wie sie aufstand und zur Tür eilte.
„Da habe ich doch glatt vergessen zu fragen, was ihr wollt“, Edward betrat den Raum wieder, mit leeren Händen. „Oh, Irina, du willst schon gehen?“
„Ja... Mir ist eben eingefallen... Bis dann.“ Und schon war sie weg.
Edward ließ sich auf die Couch fallen und atmete aus. „Danke.“
„Kein Problem, das war ein Spaß!“ kicherte ich. „Du hättest ihr Gesicht sehen sollen.“
„Vielleicht haben wir ein wenig zu dicken aufgetragen?“ fragte Alice. Sie kannte die Geschichte nicht.
„Nein, das war genau richtig“, bestätigte Edward meine Gedanken. „Weniger und sie würde immer noch hier sitzen und meine imaginäre, sehr eifersüchtige Freundin kennen lernen wollen. Und vergraulen. Dein Einsatz war perfekt, Alice. Danke auch dir!“
„Gern geschehen.“ Alice stand auf. „Möchte jemand noch einmal ins Bad, ehe ich es blockiere und mich für mein Date fertig mache?“
Wir schüttelten beide den Kopf.
„Ich empfehle das kleine Schwarze“, rief ich ihr hinterher.
„Darüber reden wir noch einmal!“ rief sie zurück.
Ich schüttelte mit leichtem Lächeln dem Kopf. „Das denke ich nicht, Alice.“
Sobald der Schlüssel im Bad umgedreht war, zog mich Edward zu sich. „Hallo mein Schatz.“
„Hallo auch an dich.“ Ich legte meine Hand an seine Wange und dirigierte sein Gesicht zu mir.
„Was hat es mit dem kleinen Schwarzen auf sich? Über was möchte Alice mit dir sprechen? Über was willst du nicht mit ihr sprechen? Geht es um mich?“
„Da ist aber jemand sehr von sich vereinnahmt“, kicherte ich. Aber er hatte recht. Er wusste, dass die meiste Zeit, wenn wir in Seattle waren und ich nicht mit Alice reden wollte, es darum ging, dass sie mich wieder mit Edward nervte. „Indirekt“, gab ich zu.
„Wie kann ich indirekt damit zu tun haben?“
Ich seufzte. Er würde nicht locker lassen, bis er es wusste und er hatte Methoden die Wahrheit aus mir herauszubekommen. „Sie hat mich dabei erwischt, wie ich in Vistoria's Secret war.“
Edward setzte sich etwas aufrechter. „Oh?“
„Ja und jetzt denkt sie, dass ich nur da drin war, weil es jemanden gibt, dem ich... etwas zeigen möchte. Sie glaubt mir nicht, dass ich es nur für mich möchte.“
„Womit sie recht hätte...?“
„Natürlich. Aber trotzdem!“
Edward seufzte schwer und zog mich auf seinen Schoß, seine Lippen direkt neben meinem Ohr. „Bella, ich liebe dich. Und ich liebe deinen Körper. Aber du weißt, dass wir das nicht tun werden, nicht?“
„Ich liebe dich auch. Und ich liebe deinen Körper. Und ich weiß, dass wir das nicht tun werden.“ Ich zog mich etwas zurück, um ihn ansehen zu können. „Aber das heißt nicht, dass ich mich nicht schön verpacken darf. Ich fühle mich gut darin“, erzählte ich ihm von meiner Feststellung des Tages.
„Du machst mich verrückt!“ beschwerte er sich. Dann stierte er neugierig an die Stellen Haut an meinem Hals, die mein T-Shirt freilegte. „Hast du schon was an?“
„Nein, du wirst das alles schon noch früh genug sehen.“ Ich legte ihm die Hand auf den Mund, als er etwas einwenden wollte. „Und ich werde dabei nicht einmal gegen die Regeln verstoßen. Okay?“
Er nickte.
Ich nahm meine Hand von seinem Mund, um sie gleich darauf mit meinem zu ersetzen. „Ich bin gleich zurück. Und dann machen wir Abendessen, klingt das gut?“
„Ja“, sagte Edward, ließ mich aber noch nicht los. Er legte seine Hände an meine Hüfte und hielt mich, wo ich war.
„Was?“ fragte ich, nachdem er nichts sagte.
„Nichts.“ Er schlang seine Arme um mich. „Ich war einfach noch nicht bereit, dich gehen zu lassen.“
„Spinner“, beschuldigte ich ihn glücklich. „Und jetzt ab in die Küche mit dir, ich komme sofort.“
Ich sprang auf und brachte Alice und meine Tüten in Emmetts Zimmer. Aus einer anderen, großen, zog ich die Victoria's Secret Tüte und holte das Kleidchen aus dem seidigen Material heraus. Mein neues Nachthemd. Und auch wenn ich wusste, dass Edward nicht darunter schauen würde, wusste ich, dass es auch so einiges zu schauen gab.
Aus einer Schublade von Emmetts Schreibtisch zog ich eine Schere und schnitt das Etikett ab, welches ich in den Mülleimer warf. Das Kleid steckte ich zurück in die Tüte, die ich in meinem Koffer verschwinden ließ.
Nach vollendetem Werk ging ich zurück in Wohnzimmer und von dort zu Edward in die Küche.
(Bella mit siebzehn Jahren)
Ich strich mein Kleid noch einmal glatt, ehe ich Emmett, Rosalie und meinen Eltern in das Haus folgte.
Esme Cullen hatte in diesem Jahr entschieden eine große Silvesterfeier zu veranstalten und der größte Teil des Ortes war der Einladung gefolgt. So kam es, dass an diesem Abend Reihen von Autos in der Straße vor dem Haus parkten und viele Leute zu Fuß in die Straße zogen, alle mit einer Dose oder einen Blech kleiner Häppchen für den Abend.
Es war eine großartige Idee von ihr. Es würde kaum jemandem Auffallen, wenn Edward und ich um Mitternacht verschwinden würden, sodass wir uns zum ersten Mal, seit wir zusammen waren, um Punkt Mitternacht küssen konnten.
In der kleinen Eingangshalle hatte sich eine Schlange zum Wohnzimmer gebildet, wo die drei Cullens standen und jeden ihrer Gäste begrüßten. Wie oft sie wohl dieselben Worte wiederholen mussten?
„Guten Abend, Dr. Cullen“, begrüßte ich Edwards Vater. „Vielen Dank für die Einladung.“
Er nickte lächelnd. Der Arme, wahrscheinlich hatte er seine Stimme schon verloren.
Ich ging einen Schritt weiter.
„Guten Abend, Mrs Cullen“, begrüßte ich nun Edwards Mutter.
„Hallo Bella, es freut mich, dass du kommen konntest. Und wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du mich Esme nennen sollst?“
„Oft“, gab ich zu. „Es sieht alles großartig aus. Kann ich noch etwas helfen?“
„Danke Liebes. Ja, ich muss gestehen... Denkst du, du könntest gleich mit deiner Mutter in die Küche gehen und dort mit dem Fingerfood helfen? Es ist viel mehr, als ich gedacht hatte!“
„Natürlich.“
Wieder ging ich einen Schritt weiter und stand nun vor Edward, dem gerade eindeutig der Schalk im Nacken saß. Bevor ich eine weitere Begrüßungsformel anbringen konnte, nahm er mich in seine Arme. Ich konnte mich darüber nicht einmal beschweren.
„Du siehst heiß aus“, flüsterte er in mein Ohr. Dann ließ er mich wieder los.
„Wir sehen uns später noch, denke ich“, sagte ich beiläufig, ehe er Rosalie hinter mir begrüßte.
Etwas neben der Spur wartete ich auf meine Mutter, um mit ihr zur Küche zu gehen.
Die Party war ein voller Erfolg für jung und alt. Nachdem wir uns alle an dem Buffet gestärkt hatten, teilten sich die Gruppen. Die Erwachsenen blieben im Erdgeschoss, während die Jugendlichen nach unten in den Keller gingen.
„Darf ich dich zu einem Tanz überreden?“
Edward hatte sich mit von hinten genähert und so zuckte ich zusammen, als er mich plötzlich ansprach.
„Darfst du.“
Ich hängte mich bei ihm ein und ließ mich näher zu der tanzenden Menge bringen. Es lief gerade eine Upbeat Nummer und so konnte es zu keinen Verfänglichkeiten kommen. Aber das Lied war bald zu Ende und wurde gegen ein langsameres eingetauscht. Ich wollte schon gehen, aber Edward schien noch nicht bereit, mich gehen zu lassen.
„Nicht“, jammerte ich wenig überzeugend.
„Warum nicht?“
„Weil ich dann keinesfalls mehr überspielen kann, dass ich etwas für dich empfinde.“
„Hier geht doch sowieso jeder davon aus, dass du auf mich stehst...?“ setzte er dagegen.
„Und wer bist du dann? Derjenige, der mich für meine Gefühle ausnutzt?“
„Bella...“ sagte er entschuldigend.
Ich schüttelte den Kopf. „Außerdem gibt es hier Personen, die denken, dass du generell einen Sicherheitsabstand von zwei Metern zu jeglichen weiblichen Wesen, die nicht deine Mutter sind, hältst.“ Ich verwies auf Emmett.
„Das denkt er?“ fragte Edward schockiert.
Ich ging nicht näher darauf ein. „Edward, es geht einfach nicht, noch nicht.“
Er seufzte und nickte. Es war nur noch ein Frage der Zeit und dann würde uns nichts mehr trennen können. „Ich erwarte dich um viertel vor zwölf in meinem Zimmer. Ich werde schon etwas früher verschwinden“, sagte er leise, als wir auf die Bar zugehen.
Ich nickte. „Ich werde da sein. Ich liebe dich.“
Edward berührte mich zur Antwort kurz am Arm und ging dann in eine anderen Richtung, während ich bei Alice stehen blieb. Ich müsste es ausnutzen, dass sie für einen Moment ohne Jasper zu sein schien.
„Hast du einen schönen Abend?“ fragte sie.
„Ja. Allemal besser, als zu Hause zu sitzen. Wo ist Jasper?“
„Holt uns gerade was zu trinken.“ Sie sah mich einen Moment schweigend an. „Ich habe gesehen, dass du mit Edward getanzt hast. Warum nur so kurz?“
„Er... musste wohin“, log ich.
„Hm“, machte sie nur, sagte aber nichts weiter dazu.
„Alice, warum hast du aufgehört, mich über Edward auszufragen? Nicht, dass ich es vermisse, aber es gab keine Vorwarnung. Was hat sich verändert?“
„Ich halte es einfach nicht mehr für nötig“, war ihre simple Antwort, die mir überhaupt nicht weiterhalf. Sie wandte sich ab und ging zu Jasper.
Was hatte das nur zu bedeuten?
Die folgenden Stunden tanzte ich ein weiteres Mal mit Edward, wimmelte Mike Newton ab und tanzte mit meinem große Bruder. Ich unterhielt mich ein wenig mit Rosalie, Klassenkameraden und schaffte es noch einmal Alice zu erhaschen, allerdings führten wir unser Gespräch nicht zu Ende.
Eine viertel Stunde vor Mitternacht entschuldigte ich mich aus meinem Gespräch mit Angela, um das Bad aufzusuchen. Eilig stieg ich die Treppen nach oben, bis ich im ersten Stock war.
Vor Edwards Tür blieb ich allerdings stehen, als ich von drinnen Stimmen hörte.
„Na gut, Emmett. Aber ich will alles wieder so vorfinden, wie es jetzt ist, haben wir uns verstanden?“ drohte Edward halbernst.
„Danke, Alter, wirklich!“
Es ging alles viel zu schnell, ich hätte gar nicht reagieren können. Die Tür zu Edwards Zimmer ging auf und mein Bruder stand vor mir.
„Bella, was machst du denn hier?“ fragte er, sobald er den ersten Schock überwunden hatte.
„Ähm... ich... Ich war auf dem Weg zur Toilette, unten war voll. Und... da hab ich deine Stimme gehört und war neugierig“, reimte ich schnell zusammen.
„Wie viel hast du gehört?“ fragte er ernst.
„Nicht genug. Ich bin immer noch neugierig.“
Ich konnte ihn nicht überzeugt, mir zu erzählen, was er mit Edward besprochen hatte. „Du wirst es noch früh genug erfahren.“ Damit ging er an mir vorbei uns ließ mich stehen.
„Du hast Emmett dein Zimmer überlassen?“ wandte ich mich nun an Edward.
„Ja, Emmett hatte es anders geplant, aber Rosalie ist draußen wohl zu kalt.“
„Zu kalt für was?“ Ich konnte meine Neugier kaum zügeln.
„Ich darf... Bella, bitte schau mich nicht so an, ich darf es nicht sagen.“
„Hmpf“, machte ich. Wie konnte er mir nur etwas verheimlichen, dass meinen Bruder betraf? „Gut, dann stehen wir aber trotzdem noch vor einem Problem.“
„Bella, bitte sei mir nicht böse. Du wirst es wirklich bald erfahren!“
„Darum geht es doch gar nicht. Du hast dein Zimmer hergegeben. Wo sollen wir hin?“
„Oh... Oh. Das Gästezimmer... Warte, nein, da wohnt derzeit jemand. Unter dem Dach?“
„Sehr romantisch...“ wollte ich mich beschweren, doch ich wurde unterbrochen.
„Emmett, was wollen wir denn hier?“ hörte ich Rosalies Stimme aus dem Treppenhaus.
Edward schaute sich gehetzt um und zog mich schließlich zu der letzten Tür des Ganges, hinter der sich eine steile Treppe befand. Er scheuchte mich hinein und kam hinter mir die Treppe herauf. Und was ich oben sah, überraschte mich zutiefst.
Mitten in dem Sammelsurium alter Gebrauchsgegenstände war eine kleine Fläche aufgeräumt und geputzt. Auf dem Boden lag eine Decke aus, und auf einem Höckerchen standen drei Kerzen, die Edward nun anzündete.
Edward setzte sich auf die Decke und hielt seine Hand aus, um mich zu sich zu bitten. „Emmett hat mir sehr geholfen. Ich war mir noch nicht ganz sicher, wie ich dich hätte hier hoch locken sollen.“
„Ich wäre dir überall hin gefolgt.“ Ich setzte mich zwischen Edwards Beine und lehnt mich entspannt an ihn. „Wie lange haben wir noch?“
„Etwas über fünf Minuten.“
„Verrätst du mir, was Emmett vorhat?“
„Nein.“ Er versuchte seine Stimme beständig klingen zu lassen.
Ich drehte mich um, bis ich kniete und legte meine Hände in seinen Nacken, spielte mit den kurzen Häärchen. „Ganz sicher?“
„Ja.“
„Du musst es mir nicht sagen, ich kann es auch erraten. Gibst du mir Hinweise?“
„Nein.“ Sehr standhaft klang er nicht mehr.
Ich begann seinen Nacken zu liebkosen. „Bitte?“
„Bella...“ Er ließ sich plötzlich nach hinten fallen und zog mich mit. „Es ist Silvester, er ist alleine mit Rosalie in meinem Zimmer und er hat nicht vor, mit ihr zu schlafen. Wie viele Möglichkeiten gibt es, aus denen er mit ihr alleine sein möchte?“
„Ich weiß es nicht?“ Ich hatte das Gefühl, dass die Antwort direkt vor mir lag und ich nur nach ihr greifen müsste. Aber ich bekam sie einfach nicht zu fassen. „Hilf mir.“
„Nein.“ Edward streichelte mir über die Seiten und versuchte mich nun seinerseits zu etwas zu bringen. Und er hatte vollen Erfolg. Ich vergaß, aus welchem Grund ich ursprünglich angefangen hatte, ihn zu küssen und machte einfach damit weiter, weil es schön war.
Wir lösten uns erst voneinander, als die Feuerwerke draußen hochgingen.
„Frohes neues Jahr“, flüsterten wir gleichzeitig an die Lippen des anderen.
Edward rollte uns und lag nun auf mir. „Auf ein weiteres, wunderschönes Jahr.“
„Und am Ende des Jahres...“ begann ich.
„Ja“, hauchte Edward nur. Dann waren seine Lippen wir auf meinen und seine Hände verwöhnten meinen Körper mit ihren Berührungen.
Ungefähr eine viertel Stunde später machte ich mich wieder auf den Weg nach unten, während ich noch schnell eine lose Strähne wieder in die Frisur steckte.
„Bella!“ Alice fing mich am Fuß der Treppe ab. Offensichtlich war sie draußen gewesen, ihre Wangen zeichneten ein frostiges Rot. „Wo warst du denn auf einmal? Ich wünsche dir eine gutes, neues Jahr.“
Ich schloss meine beste Freundin in meine Arme. „Tut mir leid, ich musste auf Toilette und unten war alles voll. Ich wünsche dir auch ein tolles, neues Jahr. Und das mit Jasper weiterhin alles so gut läuft.“
„Oh, das wird es ganz sicher“, nickte sie. „Wir werden mal heiraten, da bin ich mir ganz sicher!“
Und da war es, das Wort, dass ich seit fast einer halben Stunde suchte. Heiraten. Hatte Emmett seiner Freundin tatsächlich einen Antrag gemacht? Nachdem er sie seit gerade mal einem Jahr kannte? Das hätte ich ihm nicht zugetraut!
„Hey Edward, frohes neues Jahr“, rief Alice fröhlich über meine Schulter. „Frag mich nicht, was mit Bella ist, sie scheint in einer Art Schockzustand zu sein. Was hast du denn da oben ganz alleine gemacht?“
„Mir ist eingefallen, dass ich noch ein paar Wunderkerzen von letztem Jahr hatte und dachte, dass die auch mal verbraucht werden sollten. Willst du welche?“
Vergnügt nahm sie sich welche und ließ mich dann mit Edward stehen.
„Schatz, alles in Ordnung?“ fragte Edward leise und vorsichtig.
„Er ist verlobt?“ fragte ich nur.
„Ich hoffe es für ihn“, antwortete Edward nur. „Komm, lass uns auch nach draußen gehen.“
(Edward mit zweiundzwanzig Jahren)
Nervös trommelte ich auf das Lenkrad meines Autos. An diesem Abend würde sich entscheiden, ob Emmett die längste Zeit mein Freund war.
Ich war auf dem Weg nach Forks über das Wochenende. Das besondere an diesem war, dass ich nicht vorhatten, bei meinen Eltern zu bleiben, sondern bei... Bella. Es war endlich soweit, worauf wir so lange gewartet hatten. An diesem Tag war Bellas achtzehnter Geburtstag.
Ich hatte beschlossen den nächsten Tag an der Universität zu schmeißen und mich direkt nach meiner letzten Vorlesung auf den Weg zu machen. Emmett war bereits am Tag zuvor nach Forks gefahren, um seinen Eltern bei der Vorbereitung für Bellas Überraschungsparty an diesem Abend zu helfen.
Sie alle wussten, dass ich kam, nur keiner von ihnen konnte ahnen, warum ich diesen Aufwand auf mich nahm.
Die Party war bereits in vollem Gange, als ich vor dem Haus der Swans ankam. Ich suchte mir einen Parkplatz am Ende der Straße und ging hinauf. Die Haustür stand auf, weswegen ich einfach eintrat.
Es schien, als würde sich die halbe Jugend von Forks und Umgebung hier aufhalten. Ich hatte Probleme mir eine Übersicht zu verschaffen und war froh, als ich schließlich ein bekanntes Gesicht entdeckte.
„Angela“, sprach ich das dunkelhaarige Mädchen an.
Sie wandte sich von ihrem Gesprächspartner, einem Jungen, der einen guten Kopf kleiner war als sie, ab und wandte sich mir zu. „Oh, hallo Edward. Ich wusste gar nicht, dass du auch kommst.“
„Als hätte ich schon jemals einen Geburtstag von Bella verpasst. Apropos, ich bin eben erst angekommen, hast du eine Ahnung, wo ich sie finde?“
„Ich habe sie zuletzt in der Küche gesehen. Ich glaube, sie hat sich vor der vielen Aufmerksamkeit verkrochen.“
„Das wäre typisch“, lachte ich. „Danke, ich mache mich mal auf die Suche nach ihr.“
Ich ließ meinen Blick einmal kurz durch das Wohnzimmer schweifen und ging anschließend in die Küche, wo ich sie tatsächlich mit ihrem Bruder fand, wie sie Knabbereien in Schüsseln verteilten.
Als hätte sie mein Eintreten bemerkt, hob sie ihren Kopf und begann zu strahlen. Ich konnte nicht anders und strahlte zurück.
„Hi Edward.“ Sie putzte sich ihre Hände ab und kam zu mir.
„Hallo Bella“, grüßte ich sie ebenfalls.
Sie schnappte sich meine Hand und zog mich mit sich mit. Wir kämpften uns über die Treppe nach oben zu ihrem Zimmer. Die Tür fiel mit einem lauten Knall ins Schloss und ich, von Bella gedrängt, gegen die Tür.
„Lass uns hier bleiben“, hauchte sie mir entgegen. „Bis alle weg sind und noch länger.“
Ich lachte leicht und führte sie rückwärts durch ihr Zimmer bis zu ihrem Bett. „Willst du wirklich einen Rückzieher machen?“
Wir ließen uns beide auf das Bett fallen.
„Hm, ja. Und nein. Lass uns einfach hier bleiben“, schlug sie noch einmal vor.
„Oh nein, meine Liebe. Wir werden da jetzt wieder runter gehen und ich werde der Welt endlich verkünden, wie sehr ich dich liebe.“ Ich küsste sie sanft und zog sie dann in die Gerade.
„Okay“, flüsterte sie. „Lass uns das tun.“
Das war er. Der Moment der Wahrheit. Nachdem wir uns fast fünf Jahre versteckt hatten, war dies der Zeitpunkt, zu dem alles rauskam. Bella und ich wären endlich ein offizielles Paar.
Ich schloss sie in meine Arme und versteckte meinen Kopf in ihren Haaren. „Ich liebe dich, Bella. Und nichts wird daran etwas ändern. Ganz egal, wie die Reaktionen der anderen ausfallen!“ Ich küsste sie ein weiteres Mal und führte sie anschließend die Stufen wieder nach unten.
Einige sahen sich nach uns um, während wir durch die Menge striffen, andere waren zu sehr auf sich selbst konzentriert, als von uns Notiz zu nehmen.
Ich führte Bella zu der Ecke des Wohnzimmers, in der sich einige zum Tanzen eingefunden hatten. Es lief ein langsames Lied und nachdem sie mir an Silvester meinen Tanz verweigert hatte, erschien es mir nur richtig, dass ich ihn mir jetzt einholte. Jetzt müsste sich sich nicht darum kümmern, dass jeder Mensch ihr ihre Gefühle anmerken könnte. Jetzt würde jeder sehen, dass es mir nicht anders ging. Und es war vollkommen egal.
„Na ihr zwei, habt ihr Spaß?“ wurden wir nicht viel später von Emmett unterbrochen.
Ich wollte an liebsten wegrennen. Er war die Person, vor der ich mich am meistens fürchtete. Nicht einmal Bellas Vater – der Polizist – konnte meine Angst vor Emmett übertreffen. Emmett und ich kannten uns schon fast unser gesamtes Leben und dieser Moment könnte unsere Freundschaft grundlegend verändern.
Ich ließ meine Hand auf Bellas Hüfte liegen, während wir uns zu ihm umdrehten. Sie stand direkt vor mir.
Zur Antwort nickte ich bejahend, während Bella hinzufügte: „Danke, dass du Mom und Dad überredet hast.“
Sie tastete sich mit ihrer zu meiner Hand vor – schutzsuchend? – und verschränkte sie ineinander. Natürlich blieb das von Emmett nicht unbemerkt.
„Klar“, antwortete er seiner Schwester, sein Blick blieb aber weiterhin auf unseren Händen haften. Schließlich blickte er auf und sah mich fragend an. „Edward?“ Es klang schon fast wie eine Aufforderung, mich in diesem Moment mindestens zehn Meter von Bella zu entfernen.
Aber wir waren schon so weit gekommen. Anstatt mich also von ihr zu lösen, schlang ich beide meine Arme fest um sie und beichtete ihm die Wahrheit. „Emmett, wir sind ein Paar.“
„Ein Paar?“ fragte Emmett verdutzt nach. „Wie… ein Paar?“ Er schien die Verbindung zwischen mir und Bella und dem Wort nicht herstellen zu können.
„Ein Paar, wie in Liebespaar, Emmett,“ erklärte Bella ihm sanft.
„Aber…“ Er schien mit Worten zu kämpfen. „Wie lange denn schon?“
„Seit einiger Zeit“, antwortete sie ihm.
„Oh… Wow… Ich hatte keine Ahnung.“ Emmett stolperte einen Schritt zurück, konnte seinen Blick aber immer noch nicht von uns lösen. Ich konnte nicht sagen, was ich erwartet hatte, aber ein Schlag mitten in mein Gesicht hatte ich eher vermutet, als einen sprachlosen Emmett.
„Niemand wusste davon“, erklärte ich ihm.
„Okay, dann… macht weiter…“ sagte Emmett nur noch, ehe er sich von uns abwandte und in ein anderes Zimmer verschwand.
Für einen Moment wusste ich nicht, wie ich reagieren sollte. Doch ein Blick in Bellas Gesicht bestätigte mir, dass ich mir für den gegebenen Zeitpunkt darüber keine Gedanken machen sollte. Ich würde später noch einmal mit Emmett sprechen können. Nun musste ich erst einmal Bella beruhigen, die ihm etwas blass hinterher schaute.
Sanft drehte ich sie um und nahm ihr Gesicht in meine Hände. „Er wird sich daran gewöhnen“, versprach ich ihr. „Und dann wird er sich freuen, dass nicht nur sein bester Freund endlich den Weg ins Leben gefunden hat, sondern auch seine Schwester, um die er sich eine Sorge weniger machen muss, weil sie zumindest einen Freund gefunden hat.“
„Du spinnst.“ Sie schlug mir leicht gegen die Brust. „Ich habe Angst vor der nächsten Konfrontation.“
„Ja. Ich auch.“ Ich legte meine Arme wieder um sie und wiegte sie im Takt der Musik. „Aber davon sollten wir uns nicht den Abend verderben lassen. Man wird immerhin nicht jeden Tag achtzehn.“
Sie schmiegte sich an mich. „Du hast recht. Morgen ist immer noch früh genug, um sich der bösen Welt zu stellen.“
Wenige Zeit später nahmen wir eine Auszeit vom Tanzen, holten etwas zu trinken und setzten uns gemeinsam auf den freigewordenen Sessel.
„Ich wusste es, ich wusste es, ich wusste es!“ Alice kam mit breitem Grinsen angesprungen und betrachtete uns eingehend, wie wir ineinander verschlungen vor ihr saßen. „Seid ihr zusammen?“
„Ja“, antwortete Bella, und auch wenn es gerade nicht sehen konnte, war ich mir sicher, dass sich auf ihrem Gesicht ein breites Grinsen erstreckt hatte.
„Ich wusste es!“ rief Alice noch einmal. „Ich hatte schon vor einem Jahr bei unserem Besuch in Seattle so eine Ahnung und dann noch an Silvester, als ihr beide plötzlich verschwunden ward... Aber ich wollte warten, bis ihr es von euch aus erzählt. Ihr habt wohl ziemlich lange geschwiegen, was? Wie lange geht das denn schon mit euch?“
„Ein bisschen länger, als letztes Jahr in Seattle“, gab ich zu.
Das war ungenau. Das war okay.
Bella und ich hatte ausgemacht, dass wir zunächst einmal nur sagen wollten, dass wir zusammen waren und über die Länge immer eine ungenaue Angabe machen würden. Erst wenn sich alle an den Gedanken gewöhnte hatten, würden wir sagen, wie lange wir es wirklich geheim gehalten hatten.
„Okay. So sehr ich mich auch für euch beide freue, weil ihr wirklich ein süßes Paar abgebt, Bella, du hast Geburtstag und Besuch und deine Gäste fühlen sich von dir vernachlässigt.“
Mit diesen Worten zog Alice Bella von meinem Schoß und scheuchte sie in die Menge der Gäste.
Seufzend richtete ich mich ebenfalls auf und machte mich auf die Suche nach Emmett. Einen Segen hatten wir, aber der war mir nicht so wichtig, wie der meines besten Freundes. Nachdem ich ihn im Untergeschoss nicht gefunden hatte, machte ich mich auf den Weg nach oben, um ihn in seinem Zimmer zu suchen. Das war aber leer, stattdessen sah ich, dass die Tür zu Bellas Zimmer nur angelehnt war.
Ich trat ein und schloss die Tür leise hinter mir.
„Emmett.“
Er saß auf Bellas Bett, eingesunken, und betrachtete ein Bild, das er wohl von der Wand gelöst hatte.
„Meine kleine Schwester, Edward“, sagte er leise. „Ich weiß gar nicht, wie du überhaupt daran denkst...“
„Ich liebe sie, Emmett, und das schon seit einer langen Zeit. Sie war der Grund, aus dem alle deine Kuppelversuche daneben gegangen sind.“
„Unsinn, das ist Jahre her!“ wehrte er ab.
„Ich weiß.“ Ich beschloss, keine Geheimnisse mehr vor ihm zu haben. Wenn er es jetzt wissen wollte, dann würde ich es ihm auch sagen.
Er schien zu verstehen. „Wie lange, Edward? Wie lange seid ihr schon hinter meinem Rücken zusammen?“
Ich wagte es nicht, ihn anzuschauen. „Vier Jahre. Und zehn Monate.“
Schockiert reagierte Emmett zunächst gar nicht.
„Aber... aber da war sie...“
„Sie ist gerade dreizehn geworden.“ Selbst in meinen Ohren klang es... falsch.
„Du verdammter Mistkerl!“ Emmett stand plötzlich vor mir, die Faust erhoben. „Du kannst froh sein, dass ich dich jahrelang als meinen besten Freund bezeichnet habe, sonst hätte ich dich schon lange windelweich geprügelt.“
„Es ist nichts passiert, nie“, versuchte ich ihn zu besänftigen.
„Und das soll ich dir glauben“, aufgebracht wandte er sich von mir ab und lief hin und her. „Wenn ich nur daran denke, wie oft ich euch in Seattle allein gelassen habe! Wie ich erwartet habe, dass ihr euch den Abend über kaum etwas zu erzählen habt und bald brav in den Betten liegt. Wahrscheinlich seit ihr sogar um mich herumgeschlichen und habt über mich gelacht, während ich auf der Couch geschlafen habe. Ich bin so dumm! Wie konnte ich das nicht bemerken?“
„Weil wir nicht wollten, dass irgendjemand davon erfährt. Weil wir nichts getan haben, dass uns in irgendeiner Weise verraten würde. Ja, wir haben es ausgenutzt, wenn du nicht da warst und später auch Alice nicht da war und haben im selben Bett geschlafen. Aber das war alles, das schwöre ich dir!“ Ich brachte Emmett zum Stoppen, indem ich mich ihm in den Weg stelle. „Emmett, ich liebe Bella und ich will mit ihr zusammen sein. Du bist mein bester Freund und ich respektiere dich, aber nicht einmal du wirst mich davon abhalten können. Allerdings würde es uns beiden sehr viel bedeuten, wenn du damit einverstanden wärst.“
„Ihr seid glücklich?“ fragte er leise.
„Sehr“, antwortete ich ebenso.
„Und du hast sie niemals ausgenutzt? Du weißt, dass sie schon immer auf dich gestanden hat.“
„Ja, das weiß ich. Und nein. Niemals. Wir waren von Anfang an ehrlich miteinander.“
„Und ihr seid wirklich schon fast fünf Jahre zusammen?“
„Ja.“
„Ich habe nichts bemerkt!“
„Soweit wir wissen, hat das niemand. Außer Alice, sie ist im letzten Jahr etwas zu aufmerksam geworden, hat uns aber auch erst heute davon erzählt.“
„Aber war das nicht schwer? Ich kann mir das nicht vorstellen Rose über so lange Zeitabstände kaum zu sehen.“
„Es war schwer“, gab ich zu.
„Hattet ihr jemals Probleme?“
„Keine großen. Nichts, dass sich nicht mit einem Telefongespräch wieder beheben lassen würde.“
„Und die liebst sie wirklich?“
„Mehr als alles andere.“
„Sie werde ich deswegen nicht einmal fragen müssen, es war immer offensichtlich“, meinte Emmett mit schwerem Lachen.
„Also, sind wir okay?“ fragte ich vorsichtig.
„Du bist mein bester Freund, Mann! Ich kann dir vertrauen, dass du sie gut behandeln wirst. Aber wenn ich auch nur einen Ton von ihr höre...“
„Schon klar. Danke.“ Ich war mehr als erleichtert. Er hätte mir genauso gut auch den Kopf abreißen können. „Nicht, dass ich mein Glück überstrapazieren möchte, aber... Meine Eltern wissen noch nicht, dass ich in Forks bin und erwarten mich auch nicht zu Hause...“
„Schon klar! Ich gehe nicht davon aus, dass du in dem Haus, indem auch ihr Vater lebt, irgendwas versuchst. Denk nur dran, dass sie morgen Schule hat.“
„Danke. Wäre es seltsam, wenn ich dich umarme?“
„Nein. Komm her, Alter!“ Wir teilten eine kurze, männliche Umarmung und stürzten uns dann beide wieder in das Partygeschehen.
(Bella mit achtzehn Jahren)
Wie sich herausstellte, war Alice weniger an dem Wohl meiner Gäste interessiert, als vielmehr daran, ihren Wissensstand erheblich zu erhöhen. Sie zog mich in die Küche, wo sie mich, unter dem Vorwand Knabberein aufzufüllen, ausfragte.
„Du und Edward also, ja? Ich kann nicht glauben, dass du mir das nicht erzählt hast. Wenn ich nur daran denke, wie oft ich dich damit genervt habe. Und die ganze Zeit hattest du im Hinterkopf sehr wohl etwas zu unternehmen“, beschwerte sie sich.
„Ich weiß nicht, ob wir direkt von einem Plan etwas zu unternehmen sprechen können...“ antwortete ich ehrlich.
„Wie meinst du das?“ Aber sie schien schon zu verstehen, was ich meinte, während sie sprach. „Isabella Marie Swan, wie lange hast du dieses Geheimnis vor mir gehütet?“
„Ein bisschen länger als ein Jahr“, versuchte ich es erneut mit der Antwort, die Edward und ich ihr schon zuvor gegeben hatten.
Sie bedachte mich mit einem strengen Blick.
„Okay.“ Ich hatte nicht vor, sie noch länger zu belügen. Sie würde keine Ruhe geben, bis sie Datum und Uhrzeit kannte. „Weißt du noch, wie du mich auf den Ring angesprochen hast?“
Sie nickte. „Du hast ihn dir in Seattle gekauft...“ Und wieder realisierte sie, was sie sagte, während sie sprach. „Du hast ihn dir nicht in Seattle gekauft, oder? Ihr seid schon eineinhalb Jahre zusammen? Oder... eigentlich... Noch länger? Er würde dir nicht schon nach drei Tagen einen Ring schenken, oder?“
„Nein.“ Ich nahm den Ring ab und legte ihn in ihre Hand.
Erst blickte sie ihn einfach nur an, dann entdeckte sie die Gravur. Ihr Mund öffnete und schloss sich immer wieder, bis sie endlich einen Ton produzierte. „Aber... aber... Das sind ja schon fast fünf Jahre!“
„Ja“, sagte ich simpel. „Vier Jahre und zehn Monate.“
„Oh Gott, Bella!“ Ohne Vorwarnung fiel sie mir in die Arme. „Und die ganze Zeit habe ich befürchtet, dass du Anti-Liebe bist. Und dann erzählst du mir, dass du sogar noch vor mir einen Freund hattest.“ Sie löste sich wieder von mir und schaute mich mit einem ernsten Blick an. „Dass du aber nicht denkst, dass du mir mit fünf Jahren schweigen ungeschoren davon kommst. Bella, wie konntest du nur?“
„Wir mussten Regeln aufstellen für unsere Beziehung. Wir kommen aus einem ziemlich konservativen Teil des Landes, was glaubst du, was wäre losgewesen, wenn Edward und ich unsere Beziehung bekannt gegeben hätten, als er siebzehn und ich gerade mal dreizehn war?“
„Aber mir, du hättest es wenigstens mir sagen können!“
„Es waren alle oder keiner. Es tut mir wirklich leid, Alice, ich hätte es dir so gerne erzählt. Ich habe so gerne jemand zum Reden gehabt. Aber das ging nicht. Niemand konnte davon wissen.“
„Ich versuche nicht verständnisvoll zu sein... Aber du machst es verdammt schwer. Ich freue mich so für dich! Du hast so lange auf ihn gestanden.“
„Aber...“
„Nein, Bella. Wir wissen beide, dass es bei dir schon länger geht, als fünf Jahre. Und wage es nicht, dass hier noch weiter abzustreiten!“
„Ja, du hast recht. Tut mir leid.“
„Ist okay, Bella. Denke ich. Wer weiß es denn jetzt schon?“
„Du und Emmett.“
„Das heißt seine Eltern... und deine Eltern?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Wie hat Emmett reagiert??“
„Er war nicht gerade begeistert. Hoffentlich ändert er seine Meinung noch.“
„Bestimmt. Er will doch auch, dass ihr beiden glücklich seid. Wow... fünf Jahre und das in unserem Alter. Gute Wahl!“
Ich kicherte mädchenhaft. „Ja, er ist großartig.“ Unbewusst blickte ich zur Küchentür.
„...und du möchtest zurück zu Mr. Großartig, hm?“
Ich nickte. Natürlich wollte ich.
Alice seufzte. „Na dann, lass uns gehen. Ich suche mir jemand anderes zum Unterhalten, wenn du keine Zeit für mich hast. Vielleicht Angela?“
„Oh, besser nicht. Sie war eben sehr beschäftigt mit Ben Chenney.“
„War sie das? Wirklich, bei den beiden wurde es auch langsam Zeit!“
„Bis später, Alice!“
Ich rauschte zurück ins Wohnzimmer, aber der Sessel, den Edward und ich eben besetzt hatten, war von jemand anderem belegt, von Edward weit und breit nichts zu sehen. Ich unterhielt mich mit einigen meiner Gäste, verabschiedete einige andere – es war schon spät und eine Schulnacht. Lange würde die Feier nicht mehr gehen. Und meine Eltern wollten auch gegen elf wieder zurückkommen.
Schließlich sah ich Emmett, der gefolgt von Edward die Treppen hinunter kam. Emmett verschwand zur Küche, Edward blickte sich suchend um.
„Suchst du jemanden?“ fragte ich, sobald ich bei ihm war.
„Das wunderschöne Geburtstagskind, das ich meine Freundin nennen darf“, antwortete er.
„Hm, soll ich dir beim Suchen helfen?“
Er schlang seine Arme um mich. „Ich denke, ich könnte auch hier ganz glücklich werden.“
„Ganz glücklich, hm?“ Ich schmiegte mich an seine Brust. „Ich habe gesehen, dass du und Emmett gemeinsam heruntergekommen seid. Habt ihr euch unterhalten?“
„Ja. Ich denke, ich habe es unserer jahrelangen Freundschaft zu verdanken, dass ich kein blaues Auge habe.“
Auf einen Schlag fühlte ich mich schwach. „So schlimm?“
„Nein. Ich habe ihm die Situation erklärt und schließlich schien er es zu verstehen. Wir sollten ihm noch etwas Zeit geben, aber er wird sich bestimmt mit dem Gedanken anfreunden. Ich musste ihm allerdings sagen, wie lange wir schon zusammen sind. Einen Moment dachte ich wirklich, er will mich umbringen.“
„Aber jetzt ist alles okay?“
„Jetzt ist alles okay“, bestätigte er.
„Alice hat mich auch in die Mangel genommen“, erzählte ich ihm. „Ich habe ihr den Ring gegeben.“
„Also weiß sie es auch.“
„Ja. Aber ich denke, die beiden sollten vorerst die einzigen bleiben.“
„Damit bin ich voll und ganz einverstanden.“ Er löste unsere Umarmung und griff nach meiner Hand. „Was meinst du, kann ich dich noch zu einem letzten Tanz überreden, ehe die Party endet?“
„Aber nur du“, entgegnete ich.
Weit kamen wir allerdings nicht, als wir das Wohnzimmer durchqueren wollten, denn meine Eltern waren zurück und schauten uns mit argwöhnischem Blick an. Während Edward fast so schien, als würde er meine Hand loslassen wollen, trat ich noch einen Schritt näher an ihn und legte zusätzlich meine andere Hand auf seinen Arm.
„Guten Abend Chief Swan, Mrs Swan“, begrüßte er die beiden höflich.
„Hallo Edward. Ich denke, es ist an der Zeit, dass du uns bei unseren Vornamen nennst. Ich bin Renee. Und Charlie“, sie deutete auf Dad. Der nickte, wenn auch etwas kritisch.
Edward nickte ebenfalls, offensichtlich etwas überwältigt von der Situation.
Ich konnte nicht anders, als zu strahlen.
„Bella, du solltest dich vielleicht von deinen Gästen verabschieden. Es ist spät. Wir fangen mit aufräumen an.“
Ich nickte. „Du hast recht, Mom.“
Innerhalb der nächsten Stunde war die Musik auf Normallautstärke gedreht und Mom, Dad, Emmett, Alice, Edward und ich waren damit beschäftigt, die letzten Überreste der Party verschwinden zu lassen.
„Okay, ich muss jetzt auch gehen. Ich habe meinen Eltern versprochen zu kommen, wenn es vorbei ist. Ich habe mein Glück schon strapaziert.“
„Vielleicht kann Edward dich absetzen?“ schlug mein Vater vor. „Ich möchte nicht, dass du jetzt noch läufst.“
„Oh nein, ich bin mit dem Wagen meiner Mutter gekommen. Es gab genug, dass ich mitbringen musste, das hätte ich nicht alleine tragen können. Gute Nacht, alle.“ Sie umarmte mich noch einmal. „Mach das meiste daraus“, flüsterte sie in mein Ohr.
„Charlie und ich werden uns auch zurückziehen“, sagte Mom. Sie warf mir einen bedeutenden Blick zu, wie ich direkt neben Edward stand und ich nickte leicht. „Gute Nacht. Bella, ich erwarte dich morgen im sieben zum Frühstück.“
„Gute Nacht“, sagte Emmett, Edward und ich gleichzeitig.
„Ich verschwinde auch. Gute Nacht, ihr zwei.“
„Emmett?“ Ich hielt ihn noch einmal zurück.
„Ja?“
„Schlaf gut.“
„Du auch, kleine Schwester.“
Dann waren Edward und ich alleine.
„Ich gehe meine Tasche holen“, kündigte Edward an, aber er blieb stehen.
Ich legte meine Arme um seinen Körper und meinen Kopf in den Nacken, um ihn anschauen zu können. „Ich bin froh, wie heute Abend gelaufen ist.“
„Ich auch.“ Er küsste meine Nasenspitze. „Was ist denn jetzt mit deinen Eltern?“
„Meine Mom weiß, dass du hier bleibst und wird es wahrscheinlich gerade so sachte, wie möglich, meinem Dad beibringen.“
„Wie stehen die Chance, dass er mich erschießt?“
„Gering“, versuchte ich ihn zu beruhigen. „Er wird mir dich nicht wegnehmen.“
„Okay. Dann kann ich ja jetzt beruhigt meine Sachen holen.“
„Ja.“ Ich küsste ihn noch einmal, ehe ich ihn gehen ließ.
(Edward)
Nachdem ich Bella am nächsten Tag an der Schule abgesetzt hatte, machte ich mich auf den Weg zum Haus meiner Eltern. Ich wusste, dass mein Vater bis zum Abend nicht da sein würde, aber ich wollte vorerst auch nur mit meiner Mutter sprechen.
Ihr Wagen stand, wie ich es erwartet hatte, in der Garage. Ich nutzte meinen Hausschlüssel, um ins Innere zu gelangen.
„Hallo? Mom?“ rief ich.
Einen Moment hörte ich nichts, dann das leichte Poltern von rennenden Füßen im oberen Stockwerk und auf der Treppe.
„Edward?“ fragte Mom, noch bevor sie in mein Blickfeld kam.
„Überraschung!“ sagte ich nur.
Ich kam ihr bis zum Treppenabsatz entgegen und nahm sie in meine Arme.
„Das ist es wirklich, was machst du hier? Wir kommst du um diese Uhrzeit schon nach Forks? Hast du keine Vorlesungen? Ist alles in Ordnung?“
„Stopp, Mom, es ist alles in Ordnung! Ich bin schon seit gestern Abend hier.“
Wir gingen gemeinsam ins Wohnzimmer und setzten uns.
„Wo warst du denn...? Oh, es war Bellas Geburtstag, nicht wahr? Hast du bei den Swans geschlafen? Du hättest mir Bescheid geben können!“
„Ich weiß...“ Ich griff nach ihrer Hand. „Mom, denkst du, dass du heute ein Abendessen für vier Personen vorbereiten könntest? Ich möchte jemanden mitbringen.“
Von einem Moment auf den anderen strahlte meine Mutter über das gesamte Gesicht.„Möchtest du?“
„Ja. Ist das in Ordnung?“
Sie stand auf und ging Richtung Küche. „Natürlich! Lass mich nachschauen, was wir noch da haben und eine Einkaufsliste schreiben. Ich freue mich schon so, Bella zu sehen. Es ist schon eine Weile her, seit wir ineinander gelaufen sind.“
Verdutzt folgte ich ihr. „Wie kommst du auf Bella?“ Nicht, dass sie falsch lag, aber woher wusste sie das?
„Willst du mir etwa sagen, dass sie es nicht ist?“ Sie fragte, als wüsste sie die Antwort ganz genau.
„Doch... Aber...?“
„Edward“, ernst schaute sie mich an. „Ich bin deine Mutter. Wenn du immer strahlst, wenn ihr Name erwähnt wird; wenn du aufgeregt davon berichtest, wie sie euch in Seattle besucht hat; und wenn du sie fast überfällst, nur weil ihr euch im Sommer zum Klavier spielen trefft, dann kann ich mir denken, was der Grund ist.“
„Du wusstest davon?“ fragte ich überrascht. Sie hatte nie etwas gesagt! „Wie lange denn schon?“
„Im Sommer vor zwei Jahren habe ich euch das erste Mal gesehen. Wie du dir denken kannst, war ich nicht begeistert davon, aber ich habe gesehen, dass sie dich glücklich macht. Ich habe gehofft, dass ich dich zu einem Mann erzogen habe, der sich einer Frau gegenüber zu benehmen weiß und sie und ihre Werte respektiert. Deswegen habe ich es nie angesprochen und beschlossen darauf zu warten, dass du selbst es mir erzählst.“
„Und jetzt ist es okay für dich?“ fragte ich vorsichtig nach.
„Das Alter spielt mit den Jahren immer weniger eine Rolle. Und alleine, dass ihr schon so lange zusammen seid, ist doch Beweis genug, dass es richtig ist, oder?“
„Ich denke“, sagte ich langsam.
„Oh Edward“, sie kam auf mich zu und schloss mich ein weiteres Mal in ihre Arme. „Ich freue mich so für dich.“
„Danke Mom.“
Sie wuselte einige Zeit in der Küche hin und her, schaute in verschiedene Schränke und machte dann wieder Notizen auf dem Zettel auf dem Tresen.
„Lass uns einkaufen fahren“, sagte sie schließlich.
Wir nahmen meinen Wagen und fuhren zum nächsten Supermarkt.
„Bellas Eltern wissen schon davon?“ führte Mom unser Gespräch auf dem Weg fort.
„Ja, sie haben es gestern Abend erfahren. Renee schien damit zurecht zu kommen.“
„Das glaube ich, sie war schon immer sehr offen. Und Chief Swan?“
„Ich bin froh zu sagen, dass ich das nicht weiß. Er hat mich nicht erschossen, aber ich werde auch ganz sicher nicht sein Liebling sein.“
„Er wird sich damit anfreunden, schließlich will er auch, dass Bella glücklich ist und später abgesichert ist.“
„Mom! Davon kann noch überhaupt nicht die Rede sein!“
„Willst du mir sagen, dass du noch nie darüber nachgedacht hast?“
„Nur weil ich darüber nachgedacht habe, heißt das nicht, dass ich auch darüber reden muss“, wehrte ich ab.
„Du musst aber anfangen, darüber zu reden. Edward, hast du dir schon einmal überlegt, wie es nach dem Winter weitergeht? Emmett wird heiraten, er wird mit Rosalie zusammen wohnen wollen. Hat er dir gesagt, ob sie sich eine neue Wohnung suchen? Oder will er eure alte übernehmen? Was ist dann mit dir? Wirst du dir etwas neues suchen – womit du übrigens anfangen solltest, um rechtzeitig etwas zu bekommen – und wird das eine Einzimmerwohnung, oder planst du ein, dass Bella nach dem nächsten Sommer mit dir zusammen zieht, wenn sie auch zu studieren anfängt? Und wenn ihr zusammen zieht, wie weit wollt ihr zu dem Zeitpunkt in eurer Beziehung sein? Hast du darüber schon mal nachgedacht?“
„Ehrlich gesagt nein.“ Ich zwang meine Hände ans Lenkrad, um sie nicht verzweifelt über mein Gesicht zu streifen. Mir war nicht bewusst gewesen, wie viele Veränderungen das kommende Jahr bringen würde.
„Was denkst du?“ fragte Mom leise.
„Dass ich davon ausgehe, dass Emmett zu Rosalie zieht. Er verbringt schon so die meiste Zeit dort. Und dass ich die Wohnung wahrscheinlich behalten würde. Und dass ich keine Ahnung habe, wo Bella studieren möchte.“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie irgendwo anders hinmöchte, als Seattle.“
„Und was dann? Ihr Vater würde mich umbringen, wenn wir direkt zusammen ziehen!“
„Aber es gibt Wege um diesen Mord zu umgehen.“
„Ich weiß. Aber ich bin mir nicht sicher, ob sie dazu schon bereit wäre. Sie ist gestern erst achtzehn geworden!“
„Willst du es denn?“
„Mehr als alles andere.“
Wir kamen an dem großen Parkplatz an, stiegen aus und holten einen Einkaufswagen.
„Dafür ist noch Zeit“, sagte Mom beruhigend. „Ich möchte nur, dass du alle Optionen überdenkst und dir auch alle offen hältst.“
„Okay.“
Sie hatte mir eine Menge zum nachdenken gegeben und so folgte ich ihr nur stumm durch das Geschäft, nickte hier und da und beantwortete eine Frage nach Bellas Geschmack. Meine Gedanken kreisten um das folgende Jahr.
Wäre es für mich möglich die Wohnung zu behalten? Für mich, oder eigentlich meine Eltern, würde für einige Zeit das doppelte an Miete anfallen, wenn Emmetts Anteil fehlte. Wäre das zu schaffen? Sollte ich vielleicht doch besser erst einmal nach einer kleineren Zwischenlösung suchen und dann mit Bella zusammen etwas ganz neues suchen? Wollte sie überhaupt direkt zusammen ziehen? Wollte sie nach Seattle kommen? Vielleicht war sie aber auch neugierig auf das Leben in einem Studentenwohnheim. Nein... Aber was wäre, wenn wir zusammen zogen? Wäre ihr Vater einverstanden? Wie würde Emmett reagieren? Sollte ich sie doch fragen, mich zu heiraten? Ich wusste, dass ich es wollte – aber würde sie ja sagen? Und was sollte ich tun, wenn sie doch wo anders studieren wollte? Ich musste noch zwei Jahren in Seattle bleiben, um meinen Master zu machen. Sollte ich vielleicht mit ihr darüber sprechen? War sie bereit, über die – unsere – Zukunft zu sprechen?
Meine Mutter riss mich aus meinen Gedanken, als wir wieder zurück am Wagen waren. „Mach dich nicht verrückt, Edward, es wird alles so kommen, wie es kommen soll.“ Sie tätschelte meinen Arm. „Du kannst den Dingen helfen, indem du darüber sprichst, aber komm jetzt aus deiner Welt zurück und bring uns sicher nach Hause.“
Dort angekommen half ich Mom mit dem Verstauen der Einkäufe und ließ mich anschließend erschöpft auf die Couch fallen. Es dauerte nicht lange und Mom war wieder an meiner Seite.
„Ich weiß, dir geht gerade viel durch den Kopf, aber ich möchte dir etwas geben und ich hoffe, dass es dir dabei hilft, dich auf das Wichtigste zu konzentrieren.“
Sie überreichte mir ein schwarzes Schmuckdöschen. Ich öffnete es und mir funkelte ein altmodischer Diamantring entgegen.
„Es ist der Cullen-Verlobungsring“, erklärte Mom, obwohl ich die Geschichte schon kannte. „Ich habe ihn getragen, die Mutter deines Vaters hat ihn getragen und vor ihr war es deren Schwiegermutter. Er wird von Generation zu Generation von der Mutter an ihren ältesten Sohn weitergereicht. Ich denke, es ist an der Zeit, dass du ihn bekommst. Sieh ihn an, denke darüber nach. Du hast Zeit, ich möchte dich nicht unter Druck setzen, aber er ist Teil aller deiner Optionen. Ich werde auch Carlisle vorerst nicht sagen, dass ich ihn dir gegeben habe.“
„Danke Mom. Ich werde darüber nachdenken.“ Ich stand auf und brachte den Ring nach oben in mein ehemaliges Zimmer, wo ich ihn sicher in einer Schublade verstaute, bis ich ihn brauchen würde.
Bis zum Ende des Jahres musste viel organisiert werden. Wir alle waren eingespannt in die Vorbereitungen zu Emmetts und Rosalies Hochzeit und auch ich musste mir über viele Dinge in meinem Leben klar werden.
Nachdem Emmett mir endgültig mitgeteilt hatte, dass er ausziehen würde, hatte ich eine lange Zeit überlegt, ob ich die Wohnung behalten sollte, oder sie aufgeben und nach etwas anderem suchen. Dann aber war wieder die Frage, nach was ich suchen sollte. Schließlich war ich nicht mehr darum herum gekommen, mit Bella darüber zu sprechen.
„Wie stellst du dir eigentlich vor, dass es nach dem kommenden Sommer weitergeht?“ fragte ich sie an einem meiner Wochenenden in Forks, als wir gemeinsam auf dem Bett in meinem alten Zimmer lagen.
Sie drehte sich um und stützte ihren Arm und ihren Kopf auf meiner Brust, um mich ansehen zu können. „Ist es das, was dich die letzten Tage bedrückt hat?“
Sie war manchmal fast ein bisschen zu aufmerksam.
„Nun“, fing sie an. Sie schaute mich nicht mehr an, sondern folgte mit ihren Blicken ihrem Finger, der kleine Kreise auf meine Brust malte. „Es gibt verschiedene Szenarien...“
„Welche?“ drängte ich.
„Das eine, auf das ich am wenigsten hoffe, ist, dass ich eine Absage von Seattle bekomme und nach... Chicago oder so muss. Dann gibt es das, bei welchem ich in Seattle angenommen werde, aber im Studentenwohnheim oder in einer lausigen WG unterkommen muss. Und dann gibt es noch das dritte, das mir am besten gefallen würde.“
„Und das wäre?“ fragte ich gespannt, meine Hände wurden etwas feucht.
„Dasjenige, bei dem ich in Seattle angenommen werde und mein Freund noch am selben Tag meine Koffer und Kisten abholt und mich bei sich einquartiert.“
„Und du denkst wirklich, dass das die beste Lösung wäre?“ fragte ich ernst.
„Ja?“ Es klang mehr nach einer Frage, denn einer festen Aussage.
Ich grinste. „Dann müssen wir wohl hoffen, dass du in Seattle angenommen wirst!“
„Wirklich? Du willst mich bei dir haben?“ fragte Bella etwas ungläubig. Was dachte sie denn?
„Natürlich. Ich wollte nur sicher gehen, das das auch ist, was du willst. Ich stehe derzeit nämlich vor einem kleinen Problem.“
„Welchem?“
„Du wirst dich vielleicht erinnern, dass dein Bruder Ende des Jahres auszieht und mich dann alleine auf der großen Wohnung sitzen lässt. Ich kann sie über eine längere Zeit nicht alleine bewältigen. Es gibt also die Möglichkeit, dass ich ebenfalls ausziehe und mir etwas kleineres suche, oder die Möglichkeit, dass ich möglichst bald einen neuen Mitbewohner finde.“
„Und denkst du, dass du ein halbes Jahr auf den neuen Mitbewohner warten kannst?“ fragte sie neckisch.
„Ein halbes Jahr sollte drin sein...“ Ich drehte uns, sodass sie auf dem Rücken lag und ich halb auf ihr. Ich strich mit meiner Hand ihre Seite entlang zu ihrem Bein und legte es über meine Hüfte. „Ich habe aber auch überlegt, ob wir nicht vielleicht etwas neues für uns suchen sollten. Etwas für Bella und Edward und nicht das alte, abgelegte von Emmett und mir. Wir könnten die Frühjahrsferien für die Suche nutzen – Ich verspreche dir, dass du trotzdem genug Zeit zum Lernen für deine Abschlussprüfungen hast.“
Ihre Hände wanderten zum Kragen meines T-Shirts. „Hm, eine eigene Wohnung, nur für uns... Das klingt toll. Lass uns mit der Suche beginnen!“
„Immer langsam“, lachte ich. „Aber würde dir das gefallen, ja?“
„Ganz bestimmt! Und fass das bitte nicht falsch auf, aber... Eure Wohnung passt viel mehr zu euch und weniger zu uns.“
„Du hast wahrscheinlich recht.
Mit meiner Rückkehr nach Seattle hatte ich angefangen, mich umzuhören, in welchen Gegenden der Stadt es schön war zu leben und von welchen man sich eher fernhalten sollte.
Als Emmett und ich gesucht hatten, hatten wir weniger darauf geachtet, als vielmehr darauf, dass der Preis stimmte und es nicht allzu weit von der Universität entfernt war. Außerdem war der Markt mit den vielen suchenden Studenten nicht gerade überfüllt mit freien Wohnungen gewesen. Da ich nun aber von einer zeitige Suche ausging, rechnete ich meine Chancen auf Auswahl höher. Natürlich standen die Kriterien des Preises und der Uninähe weiterhin, waren aber nicht mehr ganz so ausschlaggebend.
Obwohl ich wusste, dass es eigentlich noch zu früh war, durchsuchte ich auf wöchentlicher Basis die Wohnungsanzeigen.
„Und schon was gefunden?“ fragte Emmett an einem Abend, spät im November.
„Du weißt, dass ich noch nicht ernsthaft suche. Aber es gibt einige Ecken, die mir besser gefallen, als andere. Und es gibt Ecken, die viel zu teuer sind und andere, die ich trotz niedrigem Preis im Vorneherein übergehe. Ich denke, es wäre ganz nett in der Gegend hier zu bleiben. Wenn es so bleibt, stehen die Chancen gut, was zu finden.“
„Wie sieht es bei Rose und mir in der Nähe aus?“
„Ehrlich gesagt ist das eine der Gegenden, die ich nicht anschaue. Ich glaube nicht, dass wir uns das leisten könnten.“
„Stimmt... Aber wenn ihr hier in der Nähe bleibt, wärt ihr auch nicht allzu weit weg.“
Ich sah meinen Freund einen Moment lang an, ehe ich sagte. „Emmett, ich muss mit dir reden.“
„Okay, schieß los!“
„Einen Moment!“ Ich ging in mein Zimmer und kam gleich darauf wieder zurück. Ich setzte mich in die andere Ecke der Couch. „Was denkst du wirklich darüber, dass Bella und ich zusammen ziehen wollen?“
„Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Rose und ich warten, bis wir verheiratet sind, aber das liegt eher an den Ansichten ihrer Familie und auch, dass ich dich nicht auf der Wohnung sitzen lassen wollte. Wenn es nach uns gegangen wäre, wären wir schon nach einem halben Jahr zusammen gezogen. Warum fragst du?“
Ich holte die kleine Schmuckdose aus meiner Hosentasche und präsentierte sie Emmett. Er nahm sie von meiner Hand und öffnete sie, obwohl ich mir sicher war, dass er schon davor wusste, was sich darin befinden musste.
Ich konnte seine Reaktion nicht an seinen Zügen ablesen. „Ist das nicht ein bisschen früh?“ fragte er schließlich.
„Emmett, auch wenn es für dich erst zwei Monate sind, für uns sind es schon fünf Jahre. Aber ja, ich denke, dass es noch zu früh ist. Meine Mutter hat ihn mir für den Fall der Fälle gegeben. Ich werde sie nicht mehr dieses Jahr fragen, aber irgendwann werde ich es tun und dann hätte ich gerne dein Einverständnis.“
Er blickte von mir zu dem Ring und wieder zurück.
„Ich weiß, ich habe es dir schon gesagt, aber ich meine es wirklich ernst mit Bella. Sie ist die Frau, mit der ich mir vorstellen kann, alt zu werden. Sie ist mein weißer-Gartenzaun-Traum.“
Emmett hustete, als hätte er sich verschluckt. „Immer langsam!“
„Ich spreche nicht von morgen. Ich spreche von fünf, zehn, fünfzig Jahren. Ich möchte dir das nur klar machen, ehe du mir den Ring an den Kopf wirst und sagst, ich soll zur Hölle fahren.“
„Das werde ich dir nicht sagen, das weißt du. Ich gebe dir mein Einverständnis, aber nur wenn du versprichst, ihr noch etwas Zeit zu geben. Sie ist noch zu jung für all das.“ Er legte die Schatulle wieder in meine Hand.
„Das verspreche ich. Und... denkst du, ich sollte auch noch mit deinem Vater sprechen?“
„Vielleicht. Aber erst, wenn du dein erstes Versprechen eingelöst hast. Nicht, während sie noch auf der High School ist.“
„Das hatte ich auch nicht vor. Ich will nicht, dass sie an ihrer Abschlussfeier mit Isabella Cullen aufgerufen wird.“ In dem Moment, in dem ich das aussprach, spürte ich, wie meine Gedanken abdrifteten.
„Vergiss es, Cullen!“ holte Emmett mich aber sofort wieder zurück in die Gegenwart.
„Schon klar, Emmett.“ Ich lachte auf. „Sie hätte mich wahrscheinlich noch vor dir in die Hölle geschickt, wenn ich das bringen würde.“
„Ja, das würde sie wahrscheinlich.“
(Bella)
„Und was ist mit der Dachwohnung?“
„Nein.“
„Bella...“ Edward kämmte seine Hand durch die Haare. Ich wusste, dass er versuchte seinen Ärger gegen mich zu unterdrücken.
„Es tut mir leid, Edward, aber keine der Wohnungen bisher war 'zu Hause'.“
„Könntest du nicht wenigstens eine in Betracht ziehen, dass wir nicht ganz ohne dastehen?“
„Die zweite war nicht ganz schlecht“, nuschelte ich.
„Na also...“
„Die hat dir aber nicht gefallen.“
„Das tut nichts zur Sache...“
„Doch! Wir sollten keine Wohnung nehmen, nur weil sie mir gefällt. Wenn sie dir nicht passt, dann kannst du dich auch nicht darin wohl fühlen, aber darauf kommt es an, wenn wir zusammen ziehen.“
„Bella, ich bin davon überzeugt, dass man jede Wohnung heimlich machen kann. Vielleicht erscheint sie auf den ersten Blick nicht perfekt, aber am Ende kommt es doch darauf an, was man aus dem macht, was man hat. Wir könnten aus jeder dieser Wohnungen ein gemütliches zu Hause machen.“
„Okay, wenn du das sagst, dann glaube ich dir das. Wir sollten als wichtigstes ansehen, dass wir zusammen sind, nicht?“
„Genau.“
„Gut, dann lass uns jetzt die letzte Wohnung anschauen und dann setzen wir uns zusammen und überlegen.“
Wir hielten auf dem der Wohngegend zugewiesenen Parkplatz und gingen dann zu dem Gebäude, um bei dem jetzigen Mieter der Wohnung zu klingeln. Er ließ uns rein und wir stiegen die Treppen nach oben.
„Hey, ich bin Edward, das ist Bella. Du bist Joey?“
Der junge Mann in der Tür nickte und winkte uns nach drinnen. „Es ist ganz simpel. Hier um die Ecke geht’s gleich ins Wohnzimmer, da ist die Küchenzeile und daneben geht’s den Gang nach hinten und Bad und Schlafzimmer“, gab er uns eine schnelle Tour durch die Wohnung.
Das Wohnzimmer war geräumig hatte zwei große Fenster, die auch noch die Küchenzeile gut ausleuchteten. Die Tür neben der Einbauküche führte in einen kleinen, dunklen Gang, von dem es nach rechts in ein kleines Bad abging und links eine Tür ins Schlafzimmer führte.
„Ich hatte die Anzeige so verstanden, als gäbe es zwei Schlafzimmer?“ fragte Edward etwas verwirrt nach.
„Oh ja“, nickte Joey. „Seht ihr die zwei Fenster hier? Ursprünglich war zwischen den Fenstern eine Trennwand und dahinter noch ein Zimmer, aber die habe ich rausbrechen lassen. Aber irgendwie muss ich dass doch noch so angeben, oder... keine Ahnung. Braucht ihr denn noch ein zusätzliches Zimmer.“ Er starrte ungeniert auf meinen Bauch.
„Nein, wir hatten nur gehofft, dass wir noch einen Arbeitsraum bekommen könnten“, antwortete Edward ein wenig aggressiv. Er zog mich fest an sich.
„Tut mir leid“, unterbrach ich die beiden, wie sie sich anstarrten. „Ich habe gesehen, dass nicht alle Namensschilder unten bei der Klingel vergeben waren. Weißt du, ob es noch weitere, leere Wohnungen im Haus gibt? Und an wen wir uns wenden könnten?“
„Dann wollt ihr die Wohnung nicht? Gut, ich hatte auch noch andere Interessenten, die von dem großen Wohnzimmer begeistert waren.“
Damit hatten wir diese Wohnung auf jeden Fall verloren.
„Du bist ein schlaues Mädchen“, sagte er weiter zu mir. „Die von gegenüber sind letzte Woche ausgezogen und soweit ich weiß, gibt es noch keine Nachmieter. Und dann gibt es noch ganz oben unter dem Dach eine freie Wohnung, die steht schon seit einiger Zeit leer. Kann sich wohl niemand leisten, und wer es kann, zieht nicht hier her.“
„Danke für die Information“, sagte ich höflich. „An wen können wir uns deswegen wenden?“
„Der Hausmeister, Mannie, sollte mehr wissen.“
„Danke, Joey, auf Wiedersehen.“
Die beiden Herren nickten sich zum Abschied nur zu.
Edward und ich gingen zu dem Aufzug, an dem wir zuvor vorbei gelaufen waren, weil wir nicht wussten, in welchen Stock wir mussten, und fuhren wieder nach unten. Wir hatten Glück. Der Hausmeister war da und hatte kurz Zeit, um uns die beiden Wohnungen zu zeigen.
Die Wohnung gegenüber von Joeys stellte sich als das genaue Spiegelbild heraus, nur dass die Trennung zwischen Wohnzimmer und dem zweiten Schlafzimmer noch eingebaut war. Ich konnte in dem Moment verstehen, warum er sie hatte entfernen lassen, wenn er sie nicht gebraucht hatte.
Zur Wohnung unter dem Dach mussten wir noch zwei Stockwerke nach oben gehen. Wie uns Mannie sagte, gab es nur bis zum vorletzten Stock einen Fahrstuhl. Wenn das die Wohnung nicht schon besonders gemacht hatte, so war das nichts gegen den Moment, in dem ich die eigentliche Wohnung betrat. Das Wohnzimmer war groß – nicht ganz so geräumig wie das von Joey, aber auch nicht so klein, wie das Originalzimmer. Wenn man das Wohnzimmer einmal durchquerte, kam man an ein kunsthaft verziertes Fenster, das vom Boden bis zur Decke ging und mindestens zwei Meter breit war.
Mannie blieb in der Tür stehen, während wir uns weiter neugierig umsahen. Je mehr ich sah, desto begeisterter war ich von der Wohnung.
Die Küche war durch eine kleine Wand, die in einem Tresen weiter geführt wurde, vom Wohnbereich getrennt, sie lag an der Wand der Eingangstür. Auf der Seite der Außenwand gab es noch zwei kleine Türen, die sich als Vorrats- und Speicherkammern herausstellten. Gegenüber der Eingangstür, am anderen Ende des Wohnbereich, gingen noch drei Türen ab. Die erste, von der Fensterwand aus gesehen, führte in ein Schlafzimmer, das an zwei Seiten Fenster hatte. In meinem Kopf sah ich hier schon zwei Schreibtische, Bücherschränke und vielleicht ein Klavier stehen.
Die zweite Tür stellte sich als die zum Badezimmer heraus, das von der Größe her auch nicht zu verachten war. Was mir besonders gefiel, es hatte eine Wanne.
Und die dritte Tür führte in das zweite Schlafzimmer. Es war groß genug für das Nötigste, dass ein Schlafzimmer verlangte.
„Bella“, sagte Edward leise, als wir in dem Zimmer standen. „Ich weiß, dass die Wohnung großartig sind, aber ich denke nicht, dass wir sie uns leisten können. Du hast Joey gehört, offensichtlich ist sie zu teuer für hier.“
„Du weißt aber auch nicht, was Joeys Vorgaben sind. Wir wären für die Miete für seine Wohnung noch nicht an unser Limit gestoßen. Und wenn es doch ein bisschen drüber geht, dann betteln wir eben um ein bisschen mehr Geld. Oder ich könnte mir einen Nebenjob suchen. Ich will diese Wohnung!“
„Mir gefällt sie auch.“ Er nahm mich in seine Arme und gemeinsam drehte wir uns und schauten uns noch ein wenig um – obwohl es kaum etwas zu sehen gab. „Schau dir die Aussicht an!“
Wir drehte uns noch ein Stück weiter und ich blickte aus dem Fenster über die Dächer von Seattle.
„Das können wir uns niemals leisten“, flüsterte ich geschlagen.
„Ich kann mir auch einen Job suchen. Ich habe nach dem Sommer nur noch ein Jahr und dann werde ich hoffentlich richtige Arbeit finden. Wir können es hinbekommen.“
„Das wäre wirklich schön!“
Wir gingen wieder nach draußen, wo Mannie ungeduldig auf uns wartete. Wir stellten noch einige Fragen zu der Wohnung, die uns nur noch mehr von ihr überzeugten und schließlich meinte er, dass er wieder zurück müsse.
Wir folgten ihm nach unten und ließen uns für jede der beiden Wohnungen ein Bewerbungsformular geben. Sie enthielten auch den Preis der Wohnungen und bestätigte unsere Vermutung. Mit allen zusätzlichen Kosten, die noch anfallen würden, könnten wir uns die Wohnung derzeit nicht leisten.
„Ich werde mich bis ans Ende der Woche bei Ihnen melden“, meinte er, sobald wir beide Formulare ausgefüllt abgegeben hatten. „Und Sie könnten wirklich erst in drei Monaten beziehen?“
„Dann bin ich mit der Schule fertig“, erklärte ich.
„Aber ich denke, wir könnten sie auch schon einen Monat früher übernehmen, uns eine Weile einrichten, ehe es zum richtigen Umzug kommt“, versuchte Edward die Gunsten noch etwas in unsere Richtung zu lenken.
Mannie nickte. „Dann bis Ende der Woche.“
„Auf Wiedersehen“, sagten Edward und ich.
Zurück in der alten Wohnung, wie ich sie nur noch nannte, setzten Edward und ich uns an den Esstisch und kalkulierten die Kosten, die auf uns zukommen würden.
„Okay, fassen wir zusammen. Die Kosten übersteigen unser Kann um ungefähr hundert Dollar. Wir können vielleicht noch beiden unseren Eltern etwas mehr Geld abnehmen und für die erste Zeit könnten wir von Gespartem aufzahlen. An unseren Lebensunterhaltungskosten können wir wenig einsparen, keinesfalls genug. Wenn wir beide einen Job über die Sommerferien finden, könnten wir uns die volle Miete für ein weiteres, halbes Jahr sichern. Und wenn wir uns neben dem Studieren noch einen Nebenjob suchen, schaffen wir es ganz. Ist das richtig?“
Edward nickte. „So wenig es mir auch gefällt, dass wir arbeiten gehen müssten, um einen angenehmen Lebensstandard zu haben, es wäre die einzige Möglichkeit für die große Wohnung.“
„...wenn wir keinen Kredit aufnehmen wollen“, schnitt ich das Thema noch einmal an, aber Edward schüttelte vehement den Kopf.
„Auf keinen Fall. Ich werde mich nicht verschulden und mit zu großem Zinssatz zurückzahlen.“
„Dann also doch arbeiten.“ Über den Tisch griff ich nach seiner Hand und sah im fest in die Augen. „Wir können das schaffen! Du in deinem letzten Jahr und ich in meinem ersten, in einem Traum von einer Wohnung. Unsere Eltern werden uns zustimmen, wenn sie sie erst einmal gesehen haben!“
„Warten wir ab, bis Mannie sich bei uns meldet. Aber vielleicht sollten wir uns trotzdem wegen der anderen Wohnungen unterhalten. Nur für den Fall, dass es nicht klappt.“
Freitag konnte gar nicht schnell genug kommen.
Wir hatten uns mit unseren Eltern unterhalten und sie hatten sich bereit erklärt, uns mit den ersten Kosten entgegen zu kommen. Mit ihrer Hilfe könnten wir uns einige neue Einrichtungsgegenstände kaufen und kleinere Renovierungsarbeiten vornehmen. Die einzige Voraussetzung war, dass wir die Wohnung für eine lange Zeit behalten würden und erst wechselten, wenn wir es uns selbst leisten könnten.
Des Weiteren hatten wir uns umgehört, welche Möglichkeiten es für Job über den Sommer geben könnte und Edward hatte sich durch Zufall einen vorübergehenden Job geangelt. Bis zum Sommer würde er, ab der folgenden Woche, in einem angesehenen Restaurant abends Klavier spielen und wenn er seine Sache gut machte, würde er sogar ein Empfehlungsschreiben bekommen.
Soweit lief also alles gut. Wir könnten uns eine wunderbare Wohnung leisten, wenn wir auf unsere Ausgaben achteten.
„Nennen und beschreiben Sie kurz die wichtigsten Ereignisse, die zum amerikanischen Befreiungskrieg führten.“
Ich stöhnte. „Edward, die Frage habe ich erst vor einer viertel Stunde beantwortet!“
„Ich weiß. Aber du hast mit einer anderen Frage gerechnet, deswegen wollte ich testen, wie schnell du auf diese Frage umschalten kann. Und du musstest vorher zu lange überlegen, um auf das Jahr der Boston Tea Party zu kommen.“
„Ja. Aber ich war immer noch schnell genug, dass ich beim Schreiben fließend gewesen wäre.“
„Bekomme ich eine Antwort, oder muss ich die Frage noch einmal stellen?“ Edward ließ seine Augenbrauen hüpfen.
„Du bist gemein!“ regte ich mich auf.
Wir versuchten auf meine Abschlussprüfungen zu lernen, während wir auf den Anruf wegen der Wohnung warteten. Wie sollte ich mich konzentrieren? Vor allem, wenn dieser herzzerreisend schöne Mann mir gegenüber immer wieder Blicke zu mir warf, die meinem Lernverhalten nicht förderlich waren!
„Also gut... Die Bewohner der englischen Kolonie Amerika fanden sich unter der Herrschaft von England unterdrückt. Sie verlangten mehr Rechte...“ Ich erzählte und erzählte, nannte Vorkommnisse und deren Daten, bis Edward endlich zufrieden nickte. Offensichtlich hatte ich dieses Mal alle Punkte, die das Vorgabenblatt nannte, erwähnt und in zufriedenstellender Geschwindigkeit wiedergegeben.
„Nächste Frage: Geben Sie einen Überblick über das Leben von Benjamin Franklin und erklären Sie den häufig gestellte Zusammenhang zwischen seinem Leben und der Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika.“
Ich berichtete Edward von Franklins Karriere, vom Tellerwäscher zum Millionär, wurde aber glücklicherweise mitten in meiner Schilderung vom Telefon unterbrochen.
Einen Moment waren wir beide starr, ehe wir beide zum Telefon rannten und Edward kurz vor mir den Hörer an sein Ohr riss.
Gespannt schaute ich ihn an, während er dem Anrufer zuhörte. Sein Gesicht verriet nichts. „Ja. Vielen Dank. Auf Wiedersehen.“ Er legte den Hörer zurück auf die Basis und sah mich an.
„Und, und, und?“ fragte ich aufgeregt.
Einer seiner Mundwinkel schob sich nach oben. „Scheint, als hätten wir etwas zu feiern!“
„Wir haben sie?“ fragte ich unnötigerweise noch einmal nach.
Edward zog mich in seine Arme. „Wir haben sie“, bestätigte er.
„Ich beantrage heute nichts mehr lernen zu müssen!“
„Gestattet! Wir werden nämlich jetzt Pizza bestellen und uns in Schale werfen.“
Verwirrt schaute ich ihn an. „Warum werfen wir uns für Pizza in Schale?“
„Weil wir unsere neue Wohnung feiern wollen, aber sparen müssen. Deswegen gibt es nur Pizza. Das heißt allerdings nicht, dass wir uns nicht schick anziehen können, nicht wahr?“
„Okay.“ Ich drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Du bestellst die Pizza, ich zieh mich schon eine Weile um.“
Ich ging in Emmetts ehemaliges Zimmer und stellte mich vor den Schrank, der noch dort war und in dem meine Sachen hingen. Ich hatte schon ein Outfit vor Augen, das ich gerne tragen würde. Ich hatte es mitgenommen, ohne zu wissen, ob ich eine Gelegenheit haben würde, es zu tragen. Ich hatte nicht einmal gewusst, ob ich mich trauen würde, es zu tragen. Ich wusste es jetzt noch nicht.
Langsam holte ich die Tüte aus der Schublade, in die ich sie gleich nach meiner Ankunft gesteckt und seither nicht mehr angeschaut hatte. In ihr befand sich bisher ungetragene Unterwäsche und ein Kleid, das ich vermutlich niemals auf der Straße anziehen würde. Dazu plante ich ähnliche Stiefel zu tragen, wie die, die Edward schon bei meinem Besuch vor zwei Jahren so begeistert hatten.
Ich schüttete den Inhalt in meinen Schoß und betrachtete die Stücke noch einmal einzeln. Ich würde es wirklich gerne tragen, aber ich konnte Edward Reaktion darauf nicht abschätzen. Ich atmete tief ein und aus, ehe ich mich umzuziehen begann. Das Schlimmste, was er tun konnte, war mich zurückzuschicken und zu sagen, ich solle etwas anderes tragen. Ich steckte meine Haare noch locker hoch und ging dann zur Tür, vor der ich noch einige Moment stand, immer wieder nach dem Griff langte, aber niemals öffnete.
„Werd erwachsen!“ redete ich mir zu.
Ich öffnete die Tür und ging nach draußen zurück zum Wohnzimmer. Edward saß in einem schwarzen Anzug am Esstisch und malte auf einem großen Blatt Papier.
„Was machst du?“ fragte ich, als ich mich ihm näherte.
„Ich war gerade dabei den Grund-“ Er erblickte mich und sah mich mit großen Augen an. „Oh wow.“
„Ist das okay?“ wollte ich so schüchtern wissen, wie ich selbstbewusst sein wollte.
„Komm her“, forderte er.
Ich ging zu ihm und blieb direkt vor ihm stehen, wie er es verlangte. Er legte seine Hände an meine Hüften und betrachtete mich eingehend. Mit wurde ganz warm unter seinen Blicken. Seine Hände rutschten tiefer, bis zum unteren Rand des Kleides und schoben es noch ein Stück nach oben. Er legte seine großen Hände an meine Oberschenkel und führte sie rechts und links von dem Stuhl, auf dem er saß. Dann rutschte er seine Hände wieder nach unten, bis zu meinen Knien und gab mir zu verstehen, mich zu setzen. Ohne ein Wort zu verlieren, küsste er mich...
...erst gestört durch das Klingeln an der Tür.
Genervt stöhnte wir beide auf.
„Ich mach das“, sagte Edward.
Ich nickte stand auf und strich mein Kleid wieder zurecht, während er den Pizzaboten bezahlte. Dann warf ich einen Blick auf die Zeichnung, an der Edward gearbeitet hatte, ehe ich ihn unterbrochen hatte.
„Der Grundriss der Wohnung, soweit ich ihn noch in Erinnerung hatte“, sagte Edward, als er zurück war.
„Für was?“ Ich nahm ihm den oberen Pizzakarton ab und öffnete ihn, um ihn gleich wieder an ihn zurückzugeben.
Er gab mir dafür den anderen und nahm ein Stück von seiner. „Ich dachte, wir könnten über ein paar Ideen für die Einrichtung sprechen, aber du hast mich überzeugend davon abgelenkt.“
„Soll ich mich entschuldigen?“ fragte ich keck.
„Bitte nicht.“
Während wir die Pizza aßen, führten wir seine Idee aus.
„Ich dachte, es könnte schön sein, wenn wir einen Tisch vor das große Fenster stellen und dort essen, wenn wir viel Zeit haben. Was denkst du?“ fragte Edward.
„Eine gute Idee, gefällt mir. Und möchtest du dein Klavier lieber im Wohnzimmer oder im Arbeitszimmer?“
„Das habe ich mir auch schon überlegt. Ich glaube es wäre praktischer im Arbeitszimmer. Weißt du, was ich mir für das Wohnzimmer gedachte habe? Du kannst aber dagegen stimmen.“
„Okay?“ ermutigte ich ihn.
„Ich dachte, die ganzen Entertainment-Sachen hier an der völlig ungenutzten Wand. Dann eine Couch, die in die Richtung schaut. Und am Rücken von der Couch noch eine, vor der aus wir dann eine kleine Sitzrunde aufbauen. Für Besuch, oder wenn du eine Lerngruppe hast.“
„Das finde ich eine großartige Idee, das sollten wir so machen.“ Ich schnappte den Stift aus seiner Hand und begann kleine Sessel und andere Sitzgelegenheiten zu malen.
„Und wollen wir auch noch über die Einrichtung des... unseres Schlafzimmers sprechen?“ sagte er mit einer Stimme, aus der ich nicht wirklich deuten konnte, ob er nun darüber sprechen wollte, oder nicht.
Ich stoppte meine Arbeit und blickte ihn an. Dann stand ich auf und machte mich auf den Weg zu seinem Zimmer. Wie ich es erhofft hatte, folgte er mir.
„Der Schrank ist zu klein“, erklärte ich ihm, nachdem ich ihn genauestens betrachtet hatte. Danach ließ ich mich auf das Bett fallen und hüpfte etwas darauf herum. „Das Bett ist bequem, aber vielleicht etwas zu klein?“
Edward legte sich neben mich und schloss mich in seine Arme. „Es ist nicht zu klein, schau wie viel Platz da noch ist. Und ich werde mich weigern zu schlafen, wenn du nicht hier in meinen Armen bist.“
Ich drehte mich, bis ich ihn anschauen konnte. „Dann nehmen wir das Bett mit in die neue Wohnung. Gibt es noch etwas, dass du wegen dem Schlafzimmer besprechen möchtest?“
„Ja, allerdings.“ Seine Hand wanderte an meinem Körper nach unten und legte mein Bein über seine Hüfte. Mein Kleid rutschte dabei bedenklich weit nach oben. „Ich denke, wir sollten über die genaue Nutzung des Schlafzimmers unterhalten... Ich meine, wollen wir es nur zum Schlafen nutzen, oder wollen wir auch... andere Dinge darin tun? Was meinst du?“
„Ja“, hauchte ich. „Andere...“ Ich wollte mehr seiner Worte hören, wenn er mit dieser verrauchten Stimme sprach.
„Ich könnte mir vorstellen, dass ich in diesem Raum bin und den Reißverschluss zu diesem Kleid öffne, dass mir den Verstand raubt.“ Seine Hände fuhren zu meinem Rücken und führten aus, was seine Worte ankündigten. „Ich könnte mir vorstellen, dass ich dir die Träger ganz langsam von den Schultern streife und deine Haut mit Küssen übersähe... Darf ich?“
Ich nickte, zu keinem Wort mehr fähig.
Er kam seinen Worten nach und sprach weiter. „Ich würde deinen Körper verehren, jede Stelle berühren, jeden Punkt finden, der dir Genuss bringt und ich würde dich lieben... Darf ich?“
(Edward mit dreiundzwanzig Jahren)
Ich verfrachtete das verbrannte Rührei im Müll und ging zum Kühlschrank, um es noch einmal zu versuchen. Es sollte perfekt werden, doch meine Nervosität machte es mir unmöglich, mich lange genug auf die Eier zu konzentrieren, um sie rechtzeitig zu drehen.
Ich wusste, dass ich das wollte, aber was war mit Bella? Wir hatten noch nie darüber gesprochen, sie konnte nicht wissen, dass dieser Gedanke schon seit über einem Jahr in meinem Kopf war.
Vielleicht sollte ich es doch lieber lassen...
Nein, nein, nein...! Ich hatte darauf hin gearbeitet. Es gab Leute, die es erwarteten. Was würden sie von mir denken, wenn ich es nicht tun würde? Sie würden mir ihre Zustimmung sofort wieder absprechen.
Ich hatte es ein weiteres Mal mit Emmett besprochen und der war inzwischen so begeistert von seinem Eheleben, dass er es jedem anderen auch wünschte. Und vor unserer Abreise aus Forks, kurz vor Semesterbeginn, hatte ich auch mit Chief Swan darüber gesprochen. Wenn er mir bei der ersten Anfrage schon befürchtete, er würde mir den Kopf abreißen, dann war das nichts gegen seine Reaktion, als ich ihm erklärte, dass ich diesen Schritt nach fast sechs Jahren durchaus angemessen fand. Und so hatten auch er und Renee davon erfahren, wie lange Bella und ich wirklich schon zusammen waren. Aber irgendwie hatte ich es lebendig aus seinen Händen geschafft und stand nun hier in meiner Küche und versuchte der Frau meines Lebens Frühstück am Bett zu bereiten.
Was misslang. Auch die nächste Fuhr war, während ich in Gedanken war, angebrannt.
„Edward?“ hörte ich da ihre Stimme hinter mir. „Was machst du denn da?“
Ich drehte mich mit ergebenem Blick zu ihr – sie trug nur eines meiner T-Shirts! „Ich ruiniere dein Frühstück. Was machst du hier?“
„Sicher gehen, dass du unsere Wohnung nicht abfakelst.“ Sie hob mir ihre Arme entgegen, ihr Zeichen dafür, dass sie umarmt werden wollte.
Ich ging zu ihr und drückte sie an meine Brust. „Alles Gute zum Geburtstag, mein Schatz.“
„Danke.“ Ich ließ mich von ihr küssen. „Aber ich bin auch heute, wie an jedem anderen Tag, mit Frühstücksflocken zufrieden.“
„Musst du wohl auch sein“, meinte ich resignierend.
Ich beseitigte meine Kochversuche, während Bella sich ihr Frühstück zubereitete.
„Willst du dein Geschenk?“ fragte ich unschuldig.
„Edward...“
„Ich weiß, wir schenken uns nichts. Sieh es als einfach als Ausgleich dafür, was du mir geschenkt hast.“
Sie lief prompt rot an, womit ich gerechnet hatte.
Ich stand von meinem Barhocker auf und stellte mich vor Bella. „Ich liebe dich“, sagte ich leise.
Sie öffnete die Schatulle und sah mit großen Augen hinein. Dann blickte sie zurück zu mir, der ich inzwischen vor ihr kniete. „Willst du meine Frau werden?“
„Edward...“ sagte sie nur.
Ich wusste nicht, was sie damit sagen wollte. Ich hielt es nicht lange aus, in ihr verschlossenes Gesicht zu schauen, stand wieder auf und schlang meine Arme um sie. „Ich weiß, dass wir noch jung sind, aber ich will das wirklich und ich will, dass du das weißt. Und nur weil ich dich heute gefragt habe, heißt das nicht, dass wir morgen vor den Traualtar treten müssen, okay?“
Sie nickte gegen meine Brust.
Ich streichelte ihre Haare und Arme und küsste sie immer wieder auf den Kopf, während sie weiter nachdachte.
Schließlich drückte sie sich von mir weg und sah mich an. „Ich habe ehrlich nicht damit gerechnet“, sagte sie langsam. „Ich weiß nicht, warum ich nie ernsthaft darüber nachgedacht habe, jetzt im Nachhinein erscheint es mir so... du. Ich weiß, dass ich mir eine Zukunft ohne dich nicht vorstellen kann und von unserer jetzigen Situation aus gesehen, würde es keinen großen Unterschied machen. Aber ich bin noch nicht ganz bereit, diesen Schritt zu gehen. Was hältst du von nächstes Jahr November?“
Ich zog sie wieder in meine Arme. „Nächstes Jahr November ist perfekt.
„Gut, dann möchte ich bitte jetzt den Ring an meinem Finger.“
Publication Date: 11-24-2010
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