Du hast einen Freund. Vergiss das nicht.
Melanies Gedanken überschlugen sich, während Josh, die Hand in ihren Haaren, sie zärtlich küsste.
Sie genoss den Kuss und ließ sich für einen Moment in ihn hinein sinken. Seine Lippen schmeckten gut und
ihr wurde warm ums Herz, während sie an ihre ineinander verschlungenen Finger dachte.
Ein wenig atemlos löste sie sich von ihm. Sie sah in seine braunen Augen und schweifte gedanklich wieder
ab.
Braune Augen. Sie sollte nicht in braune Augen gucken, wenn sich ihr Körper so anfühlte, wie er es gerade
tat. Sie sollte in blaue Augen gucken. In die Augen von Sam. In die Augen ihres Freundes. Melanie seufzte
leise und lehnte sich ein Stück zurück. Die Finger ließ sie aber mit Josh‘s verschlungen.
Er legte sich wieder an das Kissen zurück, dass seinen Rücken ein wenig stützte und schaute wieder zu
dem Bildschirm seines Computers, auf dem irgendein Video lief. Er zog Melanie sanft an seine Seite, dass ihr
Kopf auf seiner Brust lag und sie sich in seinen Arm kuscheln konnte. Sie schmiegte sich an ihn und
streichelte langsam über sein Schlüsselbein.
Neben ihr summte ihr Handy. Langsam nahm sie es.
Eine Nachricht von Sam.
>> Wo bist du? <<
Sie sah kurz auf Josh, der den Blick immer noch auf den Bildschirm richtete.
>> Bin bei meiner Tante <<
Sie legte das Handy wieder weg. Ihr Gewissen versetzte ihr einen kleinen Stich, doch dann sah sie wieder
Josh an und lehnte sich an ihn.
Nach einigen Minuten zog er sie wieder an sich und küsste sie wieder, begann sie zu streicheln. Sie ließ ihn
machen, biss ihn im Spaß in die Schulter und schob ihn dann von sich.
„Ich muss gehen“
Sie sah, wie sich sein Gesichtsausdruck ein wenig veränderte. Oder bildete sie sich das ein? Wünschte sie es
sich einfach nur?
Er hatte seine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle.
„In Ordnung“, sagte er nach einem Moment der Stille.
Sie zog sich Stiefel und Jacke an und stand auf. Er erhob sich langsam und streifte ein Hemd über. Bei
diesem Anblick musste Melanie sich fest auf die Lippe beißen. Er grinste sie frech an. Sie lächelte kurz zurück
und drehte sich dann zur Tür um. Er brachte sie hinunter. Lehnte sich an die Wand und beobachtete sie.
Ihre Blicke trafen sich. Sie küsste ihn noch einmal, verließ dann das Haus und verschwand hinaus in die
Dunkelheit.
Sie blickte nicht zurück. Wenn sie das tat, würde es nicht mehr lange dauern, bis sie das Haus gar nicht
mehr verlassen würde.
Wütend suchte sie nach ihrem Schlüssel in der Tasche. Ihre Finger zitterten leicht. Sie atmete tief durch
und setzte sich in ihr Auto, nachdem sie die Schlüssel gefunden hatte.
Sie fuhr viel zu schnell. Ihre Reifen quietschten auf dem nassen Asphalt, als sie mit zu hoher
Geschwindigkeit um die Kurve schoss.
Zum Glück war es nicht weit bis zuhause. Nach fünf Minuten schloss sie ihre Haustür auf.
Der Rest ihrer Familie war im Bett, sie sah auf die Uhr. Halb zwölf.
Als sie eine viertel Stunde später endlich in ihrem Bett lag, rasten ihre Gedanken noch immer.
Zwei Nachrichten von Josh. Das ihr Geruch, der überall im Zimmer sei, ihn wahnsinnig mache.
Und eine Nachricht von Sam. Dass er sie vermisse.
Sie schickte Sam ein >> Ich dich auch << zurück. Josh bekam eine stichelnde Antwort, auch wenn sie ihm
gern etwas anderes geschrieben hatte.
Er war nicht ihr Freund. Sie hatte einen Freund. Sam war ihr Freund. Sie sollte überhaupt nicht an Josh
denken. Und schon gar nicht sollte sie ihn besuchen. Und ihn küssen.
Und doch hatte sie es getan. Drei Mal in vier Tagen.
Die Frage war, warum?
War es, weil er ihre erste Liebe gewesen war? Damals, vor knapp sieben Jahren? War es, weil sie ihn seit
fast drei Jahren nicht mehr gesehen hatte und sich jetzt über den Kontakt freute? Oder war es, weil er sie
jetzt plötzlich wollte, nachdem er sie damals die ganzen Jahre über zurückgewiesen hatte.
Doch hatte er dies wirklich? Er hatte vor zwei Tagen selbst gesagt, dass er sie niemals so beachtet hätte,
wenn sie nicht interessant gewesen sei. Konnte sie dies glauben? Wenn sie damals interessant war. Wieso
hatte er ihr weh getan? Wieder und wieder. Er hatte sie körperlich und auch seelisch verletzt. Und dennoch
hatte sie ihn nie dafür verurteilt. Letztendlich war es immer ihre Schuld gewesen. Er war der erste Junge
den sie liebte. Der erste Junge, der sie verletzt hatte.
Doch er hatte sich seit damals verändert. Genau wie sie. Sie alle hatten es.
Und was war jetzt? Jetzt wollte er sie bei sich haben. Wollte, dass sie Sam in den Wind schoss. Es hatte
fast geklungen, als wolle er eine Beziehung mit ihr.
Doch sie war in einer Beziehung. Sie war glücklich mit Sam.
Das hatte sie jedenfalls gedacht. Bis Josh sich in ihren Kopf geschlichen hatte und alles durcheinander
gebracht hatte.
Und jetzt war sie in einer Situation, in die sie niemals hatte geraten wollen und in die sie, da war sie sich
sicher, vor zwei Jahren auch niemals geraten wäre!
Doch sie hatte sich verändert. Seit ihr damaliger Freund sie benutzt und reingelegt hatte, war sie nicht
mehr die alte. Sie war nicht mehr schüchtern. Und nicht mehr ganz so naiv. Jedenfalls nicht auf diese Art ,
wie sie es damals gewesen war. Ihr fiel es schwer, jemandem zu vertrauen. Jemandem zu glauben, der ihr
sagte, dass er sie liebte.
So wie Sam es getan hatte. Schon nach einem Monat. Sie liebte ihn. Das hatte sie ihm auch gesagt. Aber
sie wusste nicht, ob er es wirklich ernst meinte. Sie wusste nicht, was er tun würde, wenn es ernst
werden würde.
Und genauso wenig konnte sie glauben, dass Josh es wirklich ernst meinte. Sie fühlte sich wie ein Objekt,
dass rein körperlich begehrt wird. Und daran war sie wohl selbst schuld. Sie hatte eine Menge
Zurückhaltung verloren, die sie sich an manchen Stellen sehnlich zurück wünschte.
Denn mit ihr, wäre sie mit Sicherheit nicht in dieser Situation, die sie von innen zerfraß.
Eine unruhige Nacht folgte. Melanie wachte oft mitten in der Nacht auf. Sie träumte von Josh, dann
träumte sie von Geld und wie sie Schulden abbezahlen musste. Am nächsten Morgen wachte sie auf und
schaute desorientiert in ihrem Zimmer rum. Sie brauchte einen Moment um sich zurechtzufinden und um
sich darüber klar zu werden, was real war und was ein Traum. Die Schulden waren nicht real gewesen.
Doch Josh war es definitiv!
Sie sah auf ihr Handy, wo eine Nachricht von Josh auf sie wartete.
>> Einen wunderschönen, guten Morgen. Steh auf, faule Nuss ;) <<
Keine Nachricht von Sam.
Ihr Bauch kribbelte ein wenig. Der Uhrzeit nach zu schließen, die bei der Nachricht stand, musste Josh sie
ihr kurz nach dem Aufstehen geschickt haben.
Er hatte also an sie gedacht.
Ihr morgendlicher Trott begann. Aufstehen. Frühstücken. Mit den Hunden laufen. Sie tippte mit ihrem
Kumpel Florian rum und antwortete auf ein paar Nachrichten von Josh. Auch Sam schrieb ihr. Er würde eine
Überraschung für sie haben, wenn sie am Wochenende zu ihm käm. Sie sagte zu. Ihr Herz hüpfte.
Während sie kochte überlegte sie die ganze Zeit, was Sam für eine Überraschung meinen könnte. Er hatte
sich geweigert ihr irgendetwas zu verraten und jetzt spürte sie, wie die Ungeduld sich in ihr breit machte.
Sie vergaß ihr Handy und half ihrer Mutter ein wenig im Haushalt. Danach spielte sie mit ihrem Bruder eine
Runde am Computer, dann summte ihr Handy irgendwo immer Zimmer los. Sie griff danach.
Drei Nachrichten von Josh.
Dass die Spuren an seinem Hals immer noch zu sehen seien. Dass es nicht mehr lange dauern würde. Und
dass er endlich Feierabend hätte.
Alle drei Nachrichten in den letzten zwei Stunden geschrieben.
Sie starrte einige Zeit auf ihr Handy und beschloss später zu antworten.
Als sie gerade ihr Handy weg legen wollte, vibrierte es wieder.
>> Kommst du am Samstag her? Nimm deine Motorrad Sachen mit. Wir fahren mal ne Runde <<
Sie wollte Josh gerade antworten, dass sie gerne kommen würde, sich aber sicherlich nicht mit ihm aufs
Motorrad setzen würde, als Sam ihr eine Nachricht schickte.
>> Das mit Samstag steht <<
Innerlich begann sie zu fluchen.
Es war Freitagmorgen. Melanie schaute sich in ihrem dunklen Zimmer um. Neun Uhr. Zeit zum aufstehen.
Sie hatte einige Zeit über ihre Zwickmühle nachgedacht. Sie wollte sowohl zu Josh, als auch zu Sam fahren. Letztendlich hatte sie sich mit beiden verabredet. Sie würde heute Abend zu Josh fahren und morgen Mittag dann zu Sam.
Seufzend warf sie sich im Bett rum. Wie war sie überhaupt in diese Lage gekommen?
Nachdem sie sich endlich aus dem Bett gequält hatte, standen die üblichen Aufgaben an. Als sie mittags alles erledigt hatte, fuhr sie noch zu ihrem Opa, um ihm im Haushalt zu helfen. Normalerweise tat sie dies Samstagsmorgens, doch sie würde morgen früh ja nicht da sein.
Josh hatte ihr nicht mehr geschrieben. Als es langsam Abend wurde, schrieb sie ihm noch einmal.
Er war zuhause. Wartete auf sie.
Eine halbe Stunde später stand sie vor ihm und seinem Motorrad.
„Ich will wirklich nicht!“, stammelte Melanie.
„Ja, dann auf, nimm dein Auto und fahr mir hinterher. Wir haben noch was vor. Ab ins Restaurant, wir treffen uns da mit ‘nem Kumpel! Und hopp hopp, ich hab Hunger!“, grinsend nickte Josh in Richtung von Melanies Auto. Sie seufzte. Wenigstens musste sie nicht mit auf die Maschine.
Als sie zu ihrem Auto ging, beobachtete sie, wie Josh das Motorrad startete, dann fuhr sie ihm einen Moment später hinterher.
Sie wusste genau, warum sie nicht mit ihm hatte mit fahren wollen. Einige Male fuhr er ihr weg. Sie war noch in der Probezeit, hatte sich also an die Geschwindigkeitsangaben zu halten.
Josh tat es nicht.
Als sie vor einer Ampel hinter ihm stand betrachtete sie seine Figur auf dem Motorrad genau. Man sah seine Ungeduld deutlich. Sein Fuß wippte schnell hin und her und er saß unruhig. Schob sich kaum merklich auf dem Motorrad hin und her.
Die Rot-Phase dauerte lang.
Bei Gelb schoss Josh nach vorne. Melanie folgte ihm ein wenig langsamer. Einige hundert Meter vor ihr erstreckte sich das Restaurant.
Nachdem sie ihr Auto auf dem Parkplatz abgestellt hatte, eilte sie zu Josh, der bereits an der Tür auf sie wartete.
Und er hielt ihr die Tür auf.
Ebenso die Tür zu den Tischen auf der Terrasse.
Melanie fühlte, wie sie nervös wurde. Sam tat dies nicht für sie.
Sie folgte Josh in die Mitte der Terrasse, wo ein Junge Anfang zwanzig saß und sie beide begrüßte, als sie an den Tisch traten.
Die beiden Jungen bestellten sich eine Pizza, Melanie hatte jedoch schon zuhause gegessen.
Sie sah ihnen beim essen zu und nippte ab und zu an Josh’s Cola.
Nach einer Weile legte er ihr eine Hand aufs Knie und ärgerte sie ein wenig.
Sein Freund, Trash, beobachtete sie leicht amüsiert.
Obwohl sie eigentlich nichts tat, außer den Jungs beim Reden über ihre Maschinen zuzuhören und still da zu sitzen, fühlte Melanie sich wohl. Es war entspannt und Josh warf ihr immer mal wieder einen Blick zu, den sie leicht nervös erwiderte.
Er verdrehte ihr noch immer den Kopf.
Plötzlich kam eine Nachricht von Sam. Er wollte weg gehen und fragte ob sie mitkommen wolle. Sie erklärte ihm, dass dies nicht ginge, da sie ja am nächsten Tag zu ihrem Opa fahren musste. Außerdem sei sie mit ein paar Leuten unterwegs etwas essen.
>> Und wer sind die? <<, kam einen Moment später die Antwort.
Sie schaute kurz hoch auf die beiden Jungs.
>> Josh, Trash, Julia und Kyle <<
Mit Sicherheit wäre er nicht sauer, wenn sie neben den Jungs noch ein Mädchen erwähnen würde.
>> aha. Okay <<
Sie legte das Handy weg.
Nach dem Essen brachen sie schnell auf. Trash wollte noch woanders hin. Und Josh hatte wohl auch seine Pläne.
Sie wollten sich noch mit seinen Freunden treffen. Mit Julia, Kyle und Josh’s bestem Freund Richard.
Also fuhren sie in die nächste Kneipe. Josh auf seinem Motorrad und Melanie mit ihrem Auto hinterher.
Als sie in der Kneipe ankamen, sah Melanie Josh’s Freunde schnell. Julia, Kyle und Richard kannte sie bereits. Was sie jedoch verwunderte, war ,dass Richard den Arm um ein dunkelhaariges Mädchen gelegt hatte, obwohl sie vor einigen Tagen noch mitbekommen hatte, dass Richard mit seiner Freundin auseinander war. Sie fragte sich, ob es das Mädchen war, wegen dem Richards Freundin mit ihm Schluss gemacht hatte, nachdem sie ein Eifersuchtsdrama angeführt hatte.
Melanie setzte sich an die vordere Kante des Tisches. Josh nahm neben ihr Platz, hielt aber etwas Abstand zu ihr.
So setzte sich der Abend fort. Melanie fühlte sich sehr wohl in ihrer Haut. Obwohl sie keinen Alkohol trank, da sie ja noch fahren musste, wetteiferte sie bald mit dem angetrunkenem Richard um die Wette, der bald schon einen schlechten Witz nach dem nächsten riss.
Das Mädchen in seinem Arm, Kathy, war tatsächlich jenes Mädchen, wie Melanie vermutet hatte und schaute Melanie dauernd von der Seite an.
Melanie wich ihrem Blick aus. Ihrer Meinung nach, war Kathy zu aufdringlich und Mittelpunktbezogen.
Dafür, dass sie drei beziehungsweise fünf Jahre jünger war als der Rest der Leute die am Tisch saßen, äußerte sie sich all zu oft über intime Dinge und flirtete viel zu aufdringlich mit Josh.
Zwei Tage später sollte Melanie auch erfahren warum, auch wenn sie das an diesem Abend noch nicht bemerkte.
Am nächsten Tag wachte Melanie sehr früh auf. Sie spürte etwas um ihren Bauch und sah langsam an sich runter. Ein Arm. Josh’s Arm.
Ihr Herz hüpfte. Sie sah sich um. Sie lag in seinem Bett, er hinter ihr. Sie spürte die Wärme seiner Haut an ihrem Rücken.
Es war eine tolle Nacht gewesen. Sie waren nicht zu weit gegangen. Aber sie war in seinen Armen eingeschlafen und jetzt auch wieder aufgewacht. Glücklich kuschelte sie sich näher an ihn.
Er grunzte irgendetwas und zog sie fest an sich, dann gab er ihr einen Kuss auf die Schulter.
Sie grinste breit.
Ihr Handy lag neben ihr. Sie sah drauf. Keine Nachricht von Sam.
Nachdem sie sich noch ein paar Stunden im Bett rumgequält hatte, stand sie schließlich auf und begann leise sich anzuziehen.
Josh hatte sich mittlerweile quer ins Bett gelegt und sie betrachtete ihn einen Moment.
Sie schrieb Sam, dass sie in einer Stunde da sein würde.
Sie verabschiedete sich von Josh, der nicht wirklich erfreut war, dass sie jetzt zu Sam fahren würde.
Sie zuckte lediglich mit den Schultern und verließ ihn mit einem komischen Gefühl im Bauch.
Eine Stunde später begrüßte sie Sam mit einem flüchtigen Kuss.
Sie merkte, dass seine Hände zitterten und schaute ihn fragend an.
„Nervös“, sagte er lediglich kurz und sie folgte ihm in sein Zimmer.
Seine neue E-Gitarre lag auf der Couch. Er übte sehr viel, dass wusste Melanie.
Sie ließ sich auf sein Bett fallen und spürte, wie etwas Ungeduld in ihr aufkam. Sie fühlte sich nicht wirklich wohl.
Sam griff nach der Gitarre und sie richtete sich ein wenig auf um ihn anzusehen.
„Ich würde dir jetzt gerne die Überraschung zeigen.“ Seine Stimme zitterte vor Nervosität.
Sie nickte und setzte sich ganz auf. Ihr Herz schlug etwas schneller.
Und dann begann er zu spielen.
An manchen Stellen war sein Griffwechsel zu langsam, er war schrecklich nervös. Doch er spielte. Für sie.
Und dann begann er sogar zu singen. Sie hörte wie seine Stimme zitterte, sah, dass auch seine Hand noch zitterte.
Tränen stiegen ihr in die Augen.
Sie hatte sich immer gewünscht, dass sie mal einen Freund haben würde, der für sie spielen, oder sonst etwas Süßes machen würde.
Und er saß vor ihr. Er spielte. Sang. Nur für sie.
Doch sie fühlte es nicht. Sie fühlte nicht das, was sie immer dachte, was sie fühlen würde.
Ihr Herz hüpfte nicht. Ihr wurde nicht plötzlich klar, dass er ihr Mann fürs Leben sein würde.
Eigentlich geschah genau das Gegenteil.
Sie sah ihn spielen. Und sie spürte wie ihr die Tränen übers Gesicht liefen.
Doch es waren keine Tränen des Glücks.
Ihr wurde nur jetzt bewusst, dass sie es nicht fühlte. Und genau das trieb ihr die Tränen in die Augen.
Sie lächelte ihn an, als er fertig war, wusste aber nicht, was sie sagen sollte.
Plötzlich sah er sie zornig an.
„Mehr kommt nicht? Nur ein Lächeln?“
Sie sprang erschrocken auf und wurde ebenfalls wütend.
„Eigentlich, gibt es nur eins was ich dir zu sagen habe.“
Eine Pause entstand, während Melanie noch einmal tief Luft holte.
„Ich liebe dich nicht. Ich liebe jemand anderes! Ich habe dich betrogen!“
Meine Hände hielten über der Tastatur inne. Mein Blick lag auf dem letzten Satz.
Ich hatte Melanie die richtige Entscheidung treffen lassen, wenn auch vielleicht etwas hart umgesetzt. Das wär dann das Ende meiner Geschichte gewesen. Das Ende von Melanies Gefühlschaos. Doch dies war letztendlich doch nicht Melanies Geschichte. Es war meine.
Ich seufzte leicht und schloss das Word- Dokument.
Ich hatte gehofft, dass es mir helfen würde, die Dinge, die um mich herum passierten, die Situation in der ich steckte, auf Papier zu bringen. So wie ich es schon einige Male zuvor getan hatte. Doch es würde meine Probleme dieses Mal nicht lösen.
Ich hatte angefangen, meine Probleme in eine Geschichte zu packen. Mein Leben wurde zu Melanies.
Doch ich hatte eine Kleinigkeit geändert. An dem Tag, als ich bei Liam war, als er mir das Lied gespielt hatte, war auch ich sprachlos gewesen, auch ich hatte Tränen in den Augen. Doch ich hatte lediglich „Danke“ gesagt und sein „Ich liebe dich“ erwidert.
Ich hatte es nicht beendet. Nicht, wie ich es Melanie hatte machen lassen.
Ich steckte noch immer fest. Steckte fest, zwischen meinem Freund Liam, und meiner ersten großen Liebe Mike.
Wie zum Zeichen vibrierte mein Handy. Natürlich war es Mike.
>Komm her. Vermisse dich! <
Und ich vermisste ihn. Sehr sogar.
Mit Liam hatte ich im Moment Streit. Mal wieder. Wie die letzten zwei Wochen schon.
Denn seit ich mich wieder mit Mike traf, regte mich jede Kleinigkeit bei Liam auf.
>Komme ja nachher ;) <, schrieb ich Mike zurück und lächelte bei dem Gedanken.
Es war Samstag. Ich würde heute Nacht wieder bei ihm schlafen und er wollte wahrscheinlich heut Abend noch in die Disco.
Meine beste Freundin Sarah hatte mich auch schon gefragt, ob ich heute Abend mit ihr dort hin wolle, doch da hatte ich mich schon mit Mike verabredet gehabt.
Sarah wusste natürlich alles über die Situation, doch heut Abend würde auch der Rest der Clique mit ihr unterwegs sein und ein paar davon waren zuerst mit Liam befreundet gewesen.
Deshalb stand für Mike und mich auch noch nicht fest, ob wir heut Abend wirklich dorthin fahren würden.
Unabhängig davon, was wir machen würden, freute ich mich schon sehr darauf, ihn wieder zu sehen.
Als ich mich zwei Stunden später fertig gemacht hatte und zu ihm fuhr, hatte ich richtig gute Laune, die sich noch ein wenig steigerte, als ich Mike vor seiner Tür stehen sah.
Ich hüpfte ihm freudig entgegen, und küsste ihn schnell auf den Mund.
Er grinste über mein aufgedrehtes Verhalten und umarmte mich kurz.
Wir vertrieben uns noch ein bisschen die Zeit auf seiner Couch, dann fuhren wir zu Freunden von ihm, die ich noch nicht kannte. Ich beobachtete ihn beim fahren und bemühte mich, ihn nicht zu sehr zu ärgern, damit er sich aufs Autofahren konzentrieren konnte.
Meine gute Laune hielt an, auch als wir bei seinen Freunden, Dome und Jenny, ankamen. Sein bester Freund Marcus war auch da, ebenso Tim mit seiner Freundin Anita.
Es entwickelte sich zu einem lustigen Abend.
Da Mike fuhr, begann ich bald mit Tim um die Wette zu trinken.
Mike sprach im Laufe des Abends immer wieder die Disco an. Nach dem gefühlten zwanzigsten Mal, schnitt ich ihm dann das Wort ab und beschloss, halb überredet, dass wir den Abend in der Disco ausklingen lassen würden.
Nachdem wir uns von den andern, die lieber weiter Filme schauen wollten, verabschiedet hatten, machten wir uns auf den Weg.
In meinem angetrunkenen Zustand, war es mir auch egal, ob wir Freunde von Liam treffen würden. Ich freute mich.
Text: Luisa Weich
Images: Darque
Publication Date: 03-31-2014
All Rights Reserved
Dedication:
Ich widme dieses Buch (welches eigentlich überhaupt nicht meinem Schreibstil entspricht) zwei gewissen Menschen, da ich ihretwegen in einer Situation bin, die eigentlich auch überhaupt nicht meiner Selbst entspricht ;)
Ein ganz besonderer Dank gilt der Userin Darque, die für mich dieses fantastische Cover erstellt hat und mir damit mein Leben gerettet hat ;)
Allerbesten Dank dafür!!