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Kapitel 1

Ich rannte aus dem Haus. Schon wieder habe ich mich mit meiner Mutter gestritten. Und natürlich war ich wieder geplatzt. Meine Pfoten trommelten leise über den weichen Waldboden und mein schwarzes Fell wurde durch den leichten Regen durchnässt. Ich verstehe nicht, warum sie meine Beziehung zu Kári nicht akzeptieren kann! Natürlich ist er ein Wolf und passt überhaupt nicht in unsere Familie, aber ich liebe ihn nun einmal! Knurrend grub ich meine Krallen in den Boden, um mich stärker und schneller vom Boden abzustoßen. Der Wind wurde immer windiger, je näher ich den Felsen kam. Es waren meine Felsen. Ich wurde dort geboren und hatte eine besondere Bindung zu ihnen. Immer wenn ich traurig war, rannte ich zu ihnen. Sie gaben mir die Kraft. Ich weiß nicht, ob das bei jeden Gestaltenwandler ist, ich habe nie mit meiner Mutter darüber geredet. Und sie hat es auch nie angesprochen.  Meine Mutter und ich hatten auch eher eine schlechte Beziehung zu einander. Wir streiten uns fast jeden Tag. Sie denkt, ich sei zu aufmüpfig und mein Pantherweibchen in mir würde zu oft an die Oberfläche kommen und die Führung übernehmen. Vielleicht verwandelte ich mich wirklich zu oft in sie, aber erstens konnte ich mich mit ihr viel besser verteidigen und ich fühlte mich in ihr viel wohler. Ich nahm die Natur so viel besser wahr und fühle mich ihr näher. Vielleicht war ich ein wenig anders als normale Gestaltenwandler, aber ich habe mich damit abgefunden anders zu sein. schließlich war ich ja für die anderen auf meiner Schule auch nicht normal. Wer bitteschön hat auch funkelnde schwarze Haare und katzengrüne Augen? Ich. Ich sah so aus. Ich wurde schon so geboren. Alle Menschen, die mich gesehen haben, waren fasziniert. Irgendwann, als das Wilde in meinen Augen trat, als ich mich das erste Mal mit 15 Jahren verwandelt hatte, wurde daraus Angst und alle normalen Menschen gingen mir normalerweise aus dem Weg. Das war vor zwei Jahren. Erst war es total komisch, dass sie meine Freunde immer mehr von mir abwandten, aber dann gewöhnte ich mich daran. Und vor ein paar Wochen kamen die drei anderen Gestaltenwandler in unsere kleine Stadt. Es waren zwar Wölfe, aber dennoch hing ich seit dem mit ihnen ab. Denn es war schwierig mein Geheimnis immer nur mit meiner Familie zu teilen. Mein Bruder Riley war erst 14 und hatte sich noch nicht einmal verwandelt. Außerdem wissen wir nicht, welche Katze er wird. Er hat strohblondes Haar und blass graue Augen. Das passte eigentlich rein gar nicht zu einer Katze. Die drei Jungs waren Drillinge Ísak, Arí und Kári. Sie sahen sich echt ähnlich. Das einzige was sie unterscheidet waren ihre Fellfarben. Ísak war bräunlich, Arí ein schwarzer Wolf und Kári war nicht einfarbig. Aber er zählte zu den dunkelbraunen Wölfen. Außerdem behält Kári seine Augen als Wolf und Mensch gleich. Die beiden anderen haben schwarze Augen. Kári hat bernsteinfarbene. Am äußeren Rand haben sie die Farbe dunklen Harzes und dann einen goldenen Ring um der Pupille. Als ich sie das erste Mal sah, versank ich in ihnen, das ist in meinem Kopf eingebrannt. Ich musste immer wieder daran denken, dabei war es erst vor drei Wochen gewesen.

Ich saß damals am Fenster, um im Unterricht später wieder versunken in die Wolken zu starren. Oder einfach nur, um Schmetterlinge zu beobachten. Der Unterricht war einfach so langweilig. Außerdem übergingen die Lehrer mich meistens. Denn auch sie verspürten eine gewisse Abneigung mir gegenüber. Doch dieses Mal war es anders. Unser Mathelehrer kam zu spät. Dann kam er mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht, obwohl unser Mathelehrer nie jemals ein kleines Anzeichen von einem Lächeln auf dem Gesicht zeigte. Ich riss mich also gespannt von den Schmetterlingen los und starrte genau wie alle anderen Schüler gebannt unseren Lehrer an. Die Tür fiel hinter ihm leise zu und er klatschte in die Hände. Seine Wangen hatten ein wenig rote Farbe bekommen und ich hörte das Blut unter den Adern rauschen. >>Wir kriegen heute gleich drei Schüler auf einmal! Und stellt euch vor, das sind sogar Drillinge!<< Ich zog die Augenbrauen hoch. Schon wieder neue Schüler die mich anstarrten? Ich seufzte und drehte mich erneut zu meinen Schmetterlingen zu. Ich konnte jedes Detail ihrer Flügel ausmachen, obwohl  sie ungefähr 100 Meter von mir entfernt. Doch als die Tür wieder aufging, schwoll ein ganz besonderer Geruch herein. Ich roch etwas Übernatürliches. Etwas anderes als den Geruch, den ich gewohnt war. Er roch erdig und würzig. Doch die Wildheit konnte ich dann auch in jeder Faser der drei Jungen sehen. Ihre vielen Muskeln spiegelten sie Wieder. Ihre wuscheligen schwarzen Haare versteckten sie hinter jeder Strähne und ihre Augen glänzten. Ich hatte noch nie einen anderen Gestaltenwandler außer Katzen gesehen. Dieses waren eindeutig keine Katzen, aber in irgendetwas mussten sie sich verwandeln. Sie sahen einfach zu übernatürlich aus und rochen auch so. Sie sahen wirklich fast gleich aus. Der eine war etwas kleiner. Und einer hatte gelbe Augen statt schwarze. Doch sonst waren sie gleich. Schwarze wuschelige Haare. Volle Muskelpakete. Bronzefarbene Haut, wie die früheren Ureinwohner. Sie trugen alle drei nur eine Shorts und waren sogar barfuß. Normal anziehen konnten sie sich anscheinend nicht. Sie waren alle echt groß. Mindestens zwei Meter. Und alle trugen sie ein Wolfskopftattoo an den rechten Oberarm. Deswegen schätze ich, dass sie Wölfe waren. Der in der Mitte ließ seinen Blick durch die Klasse schweifen. Seine Nasenlöcher waren gebläht, wahrscheinlich hatte auch er mich gerochen. Seine schwarzen Augen blickten mich durchdringend an. Seine Stirn runzelte sich und wir starrten uns so ein paar Sekunden schweigend an. Die anderen beiden folgten jetzt seinen Blick. Der etwas kleinere, der links stand grinste mich breit an. Der rechte sah etwas verschlossener drein. Als wäre es ihm alles hier egal. Seine bernsteinfarbenen Augen sahen mich unergründlich an. Ich starrte sie unverblümt an. Ich prägte sie mir ein. Mein Puls begann tatsächlich etwas zu rasen. Auch sein Blick klärte sich ein wenig und verwirrt sah er weg. Ich war endlich aus der Starre befreit und sah jetzt errötet aus dem Fenster. Und doch blinzelte ich hinter meinen Haaren wieder zu ihm herüber. Der Junge in der Mitte übernahm jetzt einfach das Wort. >>Hallo. Ich bin Ísak. Das sind meine beiden Brüder Arí.<< Dabei zeigte er auf den linken, bevor er dann auf den Jungen mit den gelben Augen deutete. >>Und das ist Kári. Wir sind alle 18 Jahre alt und vor kurzen hier her gezogen. Wir sind, wie man wahrscheinlich schon bemerkt hat, Drillinge. Wir sind darin zu unterscheiden, dass Arí der kleinste von uns ist und Kári eine andere Augenfarbe hat. Natürlich ist das mit der Größe ziemlich unzuverlässig, da man das ja nicht sieht, wenn er alleine ist, aber eigentlich sind wir drei immer zusammen unterwegs. Also macht euch keine Sorge.<< Er sprach locker und versuchte nicht so angespannt rüber zu kommen, wie er in Wirklichkeit ist. Ich spürte seine Aufregung und sogar ein wenig Angst. Unser Lehrer sah uns erfreut an. >>Ist das nicht wunderbar? Drillinge! Das ist echt nicht so oft anzutreffen. Ja also wir freuen uns jeden falls echt! Am besten ist aber trotzdem, wenn wir euch ein klein wenig auseinander setzten. Ísak komme einfach hier gleich zu mir an den Pult und Arí setzte dich doch neben Laura.<< Laura saß eine Reihe vor mir. Ich konnte jeden Tag ihren Blondschopf beobachten, falls ich dann mal doch einen Blick an die Tafel warf oder nur zum Lehrer hin  tja jetzt blieb nur noch der Platz neben mir, denn keiner hatte sich zu mir gesetzt am Anfang des Semesters. Unser Mathelehrer Mr. James sah ein wenig gequält drein. >>Leider bleibt dann doch nur der Platz neben Jade.<< Er sah mich noch nicht einmal an, als er meinen Namen in seinen Mund nahm. Doch es juckte mich nicht einmal. Nein es regte sich sogar ein ganz klein wenig die Hoffnung, dass die Jungs vielleicht das eine oder andere Mal ein Wort mit mir wechseln würden. Ich lächelte also vorsichtig, als Kári sich neben mich setzte. Arí drehte sich sofort zu mir um, als sein Gesäß den Stuhl berührte. >>Leider hast du mit ihm die nicht ganz so unterhaltsame Version von uns dreien erwischt.<< Kári lachte jetzt sogar ein wenig. >>Pass auf, was du sagst Bruder!<< Dann drehte er sich so, dass er mir in die Augen sehen konnte. >>Hi. Du hast echt faszinierende Augen, wenn ich das mal so sagen darf.<< Er kitzelte mir ein kleines Lächeln von den Lippen. >>Danke, das kann ich nur zurück geben. Du bist ein Wolf.<< Ich fragte es nicht. Nein es war eine Feststellung. Zwar es so leise, dass es eigentlich kein Mensch hören konnte, aber Ísak drehte sich jetzt auch um. Er nickte kurz. Doch Kári lächelte weiter. >>Und du bist eine Katze!<< Ich nickte zögerlich. >>Ja. Ein Panther. Warum seid ihr hier hergezogen? Sind eure Eltern auch hier? Habt ihr uns nicht gerochen?<< Es waren viele Fragen auf einmal und eigentlich klang es jetzt sogar sehr unhöflich, doch ich wusste, dass meine Familie Wölfe nicht ausstehen konnte. Káris Lächeln wich von seinem Gesicht. >>Darüber sprechen wir später. Wir sollten jetzt dem Unterricht folgen.<< Damit wandte er sich ab. Arí warf mir einen entschuldigten Blick zu, drehte sich aber auch. Ísak sah mich noch ein wenig an, doch dieses Mal drehte ich mich weg. Ich wusste gar nicht, dass Wölfe so empfindlich sind. Stur starrte ich den ganzen Unterricht wieder aus dem Fenster, obwohl ich die Blicke der drei Wölfe auf mich ganz deutlich spürte. Sogar als es klingelte wollte ich schnell an ihnen vorbei rauschen, doch Mr. James hielt mich auf. >>Jade. Könntest du kurz warten?<< Ich sah ihn ungläubig an und drehte mich noch einmal um, um mich zu vergewissern, dass er wirklich mich meinte. >>Was gibt es denn?<< Ich konnte nicht verhindern, dass meine Stimme etwas herab lässig wurde, ich meine die Lehrer interessierten sich nie für mich. Außer meine Biolehrerin, doch auch nur, weil sie mein Potential zu Biologie sah. Mr. James sah mir nicht einmal richtig in die Augen, sein Blick ging immer vorbei. >>Die Jungs hätten dich gerne als Führerin. Ich bitte dich also, sie herum zu führen. Und natürlich in unsere Schulgemeinschaft zu integrieren.<< Ich schnaubte. Als wenn ich dafür die Richtige war, aber ich nickte trotzdem. Das hinderte mich aber nicht daran, einfach aus dem Klassenzimmer zu stürmen. Die Jungs folgten mir leise und schweigend. Ich bog zu meinem nächsten Raum ein. Wir hatten jetzt Deutsch. Es war eigentlich genau dasselbe. Ich starrte einfach wieder aus dem Fenster. Die Jungs blickten mich an, aber sagten nichts. In der Mittagspause auf dem Weg zu Cafeteria brach ich dann das Schweigen. >>Ihr hättet euch eine andere Führerin aussuchen sollen. Mit mir kriegt ihr keinen Anschluss.<< Isak schwieg, Kári grinste ein wenig. >>Wer sagt denn, dass wir einen anderen Anschluss suchen?<< Arí unterstützte ihn. >>Genau. Vielleicht finden wir dich Unterhaltsam genug.<< Er wirbelte einmal um mich herum. Ich blickte ihn kurz an und sah dann weder schweigend weg. >>Im Ernst. Mich meiden die Leute hier. Vielleicht stinke ich oder so, aber seit meiner Verwandlung will einfach niemand was mit mir zu tun haben.<< Ich setzte mich mit diesen Worten und mein mittlerweile schon voll beladenes Tablett an einen Tisch in der Nähe der Fenster. Kári setzte sich geschmeidig, bald zu geschmeidig für einen Wolf, finde ich, neben mich. >>Also ich finde du riechst wunderbar.<< Er roch einmal kurz an meinen Haaren und schloss zur Bestätigung die Augen. Ich wurde ein wenig rot, vor allem als noch Arí anfing an mir zu schnuppern. >>Ja sie strahlt ordentlich Hormone aus.<< Ich blinzelte ihn wütend an. Ísak schüttelte den Kopf. >>Arí denke an dich, als du noch jung warst! Und sie konnte hier bei den normalen Menschen wohl kaum wilde Sau spielen!<< Ísak schien anscheinend, trotz des gleichen Alters der anständigste zu sein und das kleine Rudel anzuführen. Ich sah ihn dankbar an, während es jetzt an Arí war zu erröten. Ich roch plötzlich irgendetwas Süßliches in der Nase. Es brannte ein wenig. Ich drehte mich irritiert um und sah dann Laura fast hinter mir stehen. Sie kam mit dem Völkchen auf mich zu.

Ich seufzte. Damit war zu rechnen. Die Jungs ziehen sie magisch an. Warum rief ich nur so eine Abneigung hervor? Mein Bruder wird auch von allen Mädels angehimmelt. Aber er ist ja auch erst 14. Laura und Anhängsel waren mittlerweile angekommen. >>Hey Jungs! Ich bin die, die neben Arí sitzt. Am Samstag steigt eine Party und ich wollte fragen, ob ihr auch kommen wollt. Aber ohne sie.<< Mit sie meinte sie mich. Anklagend sah sie mich an. Als wäre ich das Ekel in Person. Ich verdrehte die Augen, doch ließ mir nichts anmerken. Arí übernahm das Wort. >>Leider sind wir nur im vierer Pack zu bekommen. Wollt ihr uns, müsst ihr Jade mitnehmen.<< Ich sah ihn schockiert an. Doch Laura zuckte nur bekümmert mit den Schultern und zog einen Schmollmund. >>Dann tut es mir zwar sehr leid, aber ihr könnt leider nicht kommen. Doch sucht einfach mal andere Kontakte.<< Einen letzten Blick auf mich und sie verschwand mit angeekeltem Gesicht. Ich zuckte nur die Schultern und fing an zu essen.

Ein tiefes Heulen riss mich aus den Gedanken. Erschreckt sah ich mich um. Es war nur Arí, denn ein kleiner schwarzer Wolf schob sich durch die Bäume auf mich zu. Mittlerweile kann ich Arí eindeutig von Ísak unterscheiden. Erstens ist er kleiner zweitens hat er einen etwas schmaleren Körperbau und seine Schnauze ist ein wenig flacher. Er sah mich mit seinen sonst schelmisch blickenden Augen traurig an. Leider konnten Katzen und Wolfe einfach nicht gut genug kommunizieren. Und ich war gerade nicht wirklich in der Lage länger als ein paar Sekunden als Mensch zu bleiben. Doch das Problem löste sich mit Ísak auf, der als Mensch auch angerannt kam. Er bewegte sich ruppig aber doch geschmeidig. Stieß sie manchmal an den Bäumen ab und lief schnell. >>Hey wir haben dich schon überall gesucht! Kári macht sich Sorgen um dich. Er hat den Streit mit gehört. Es scheint ja immer heftiger zu werden! Glaubst du, dass eure Beziehung eine gute Idee war?<< Ich fauchte kurz warnend. Natürlich war ich mir sicher. Ich war gerade auch einfach nicht in der Laune mit ihm zu diskutieren. Ich warf einen Sehnsüchtigen Blick zu den Felsen, die ich mittlerweile schon sehen konnte. Ísak seufzte einmal kurz und nickte dann Arí zu. >>Begleite sie zu den Felsen. Kári wird sicher dazu kommen, sobald ich ihn erreicht habe. Oder vielleicht hat er auch schon das Heulen gehört oder er sucht bei den Felsen.

Ich ließ Arí hinter mir und rannte geschmeidig durch das Gebüsch. Endlich war ich angekommen. Und da stand er tatsächlich. Mein Wolf.

Kapitel 2

 

Ich beruhigte mich sofort. Ich konnte tief durchatmen. Meine Wut verließ mich. Ich hatte das Gefühl, als würde ich schweben. Als würde meine Welt mit ihm auf einer Wolke liegen, auf die ich flüchten konnte, wenn mein Leben schwierig wurde. Ich hing schon wieder meinen Gedanken nach, als ich auf sein weiches seidiges Fell starrte.

Die Jungs blieben tatsächlich bei mir. Nach nur dem dritten gemeinsamen Tag hatte ich mich damit abgefunden, dass ich wieder Freunde hatte, dass ich Hals über Kopf in Kári verknallt war, dass ich mich zum Affen machte, aber auch mein erstes Date hatte. Kári war manchmal noch etwas verschlossen. Es lag wohl an seinen Eltern. Seine Mutter liebte er über alles, seine Stimme wurde weich, sobald er über sie sprach. Wenn er ihren Namen in den Mund klang, hörte man die unendliche Liebe für sie heraus, so viel Liebe, dass es schmerzte und ich mich vor Sehnsucht verzehrte. Doch seinen Vater mochte er nicht ganz so. er war streng und basierte auf echt verdammt harten Regeln und der altmodischen Erziehung. Sein Rücken zeigte Narben von so vielen Peitschenschlägen, obwohl er sehr schnell heilte. Die Hiebe müssen sehr hart gewesen sein. Sein Vater mochte die Augen von Kári nicht. Er würde es wahrscheinlich verabscheuen, zu wissen, dass sein Sohn, der schon unnormal ist und nicht dem Standard entspricht, mit einer Kätzin ausgeht. Es hat Kári verschlossen gemacht. Er musste immer darauf achten, was er in der Gegenwart seines Vaters tut. Doch jetzt, wo er mit seiner Mutter und seinen Brüdern hierher gezogen ist, ging es ihm ein bisschen besser. Er lächelte und lachte immer mehr. Ich unterschied immer in ihm. Es gibt den Kári, mein Kári, der lachte und ausgelassen war. Dann gab es da aber noch den Kári, der in sich gekehrt und verschlossen war. Es konnte wechseln, wie das Wetter im April. So war oft unvorbereitet. Dadurch, dass ich eigentlich keinen blassen Schimmer im Umgang mit Jungs, vor allen mit Wölfen, hatte, war ich noch sehr unsicher und tollpatschig und schüchtern. Ein kleiner, zärtlicher Strich über die Wange von seinen rauen Händen, ließ mich erschauern. Ich wurde rot und senkte den Blick. Kári lächelte leicht und Arí grinste sich einen weg. Ich streckte ihm die Zunge raus und boxte ihn gegen die Schulter. Er spielte empört die beleidigte Leberwurst, grinste aber kurz darauf wieder frech. Ísak hielt sich auch leicht im Hintergrund, aber eher nur, weil er generell ruhig war. Wir hatten echt tolle Stunden. Nach nur einer Woche, waren Kári und ich fest zusammen. Und das wusste auch jeder in der Schule. Sollte ein Mädchen ihn dann doch mal zu lange anstarren, reicht ein Blick von mir aus, um ihr das zu verübeln. Ich galt zwar als noch freakiger als vorher schon, aber das störte mich immer noch nicht. Zumal ich jetzt ja auch Kári habe. Ich war glücklich mit ihm, das einzige was mich störte, war, dass meine Eltern ihn nie akzeptieren werden. Es gibt immer mehr Zoff. Meine Mum und ich kamen eh nie gut mit einander klar, aber so hart war es nie gewesen. Wir knurrten und fauchten uns an, verwandelten uns sogar. Da war ich wieder im Hier und jetzt angekommen. Ich sprang zu Kári und schmiegte mich an ihn. Als Panther fand ich das immer noch ein wenig gruselig, aber ich versuchte es wenigstens.

Kári sah mich mit vorwurfsvollen und doch auch irgendwie traurigen Augen an. Ich legte den Kopf schief und reckte mich. Ich müsste mich wahrscheinlich jetzt in einen Menschen verwandeln, damit er mit mir reden konnte, aber ich wollte noch nicht. Ich trottete desinteressiert zum Rand der Felsen. Er verlief in einem steilen Abgrund nach unten. Viele Meter tiefer brachen die Wellen des Meeres an den Felsen. Ja wir lebten auf Island. Es war wunderschön hier. Kári hatte sich mittlerweile verwandelt und strich mir über mein Fell. >>Du sollst dich wegen mir nicht streiten.<< Er blickte in die Ferne und sein Blick driftete ab in die Vergangenheit. Jetzt verwandelte ich mich doch und schubste ihn nach hinten. Er sah mich an. Sein Blick war aber immer noch verschleiert. Als würde er mich nicht ansehen, sondern durch mich hindurch. Ich küsste ihn. Meine Lippen strichen zart über seine. Ich war einfach noch so schüchtern. Ich weiß gar nicht, wie man richtig küsste. Er atmete meinen Geruch tief ein und zog mich mit sich. Ich keuchte, als er sich auf einen Felsen setzte und mich auf seinen Schoß zog. Ich sah ihn verwirrt und unsicher an. Er grinste. Mein Kári war wieder da. Ich grinste zurück. >>So gefällst du mir, das weißt du oder?<< Er grinste mich anzüglich an. >>Ja das weiß ich. Oder gesagt ich merke es. Ich höre dein Herz schneller schlagen. Ich spüre dein Blut in deinen Adern rauschen. Ich rieche den Schweiß auf deiner Stirn, wenn du mal wieder darüber nachdenkst, wie du reagieren sollst. Ich kenne dich außerdem mittlerweile doch ein wenig.<< Ich wurde rot und küsste ihn schnell scheu, um meine Verlegenheit zu überspielen. Ich seufzte leise und lehnte meine Stirn an seine Stirn. Er sah mich aufmerksam durch seine gelben Augen an. Unsere Augen waren zwar grundverschieden, aber hatten doch eine Gemeinsamkeit, sie waren beide extrem außergewöhnlich und zogen die Blicke auf sich. Leider wurde unsere schöne Atmosphäre unterbrochen. Da kam jemand durch das Gebüsch gestakst. Dieser Jemand war ziemlich laut und polternd. Und dieser Jemand war mein Bruder!

Ich sah ihn entgeistert an. >>Was machst du denn hier?<< Er zog nur eine Augenbraue hoch. >>Das gleiche könnte ich dich auch fragen. Vor allem wenn ich ihn da sehe.<< Ich runzelte die Stirn. >>Er hat einen Namen! Außerdem habe ich mich schon verwandelt und kann mich den gefahren aussetzten! Was du ja wohl kaum behaupten kannst.<< Er schüttele seine strohblonden Haare und ein bisschen Dreck und Gras löste sich aus den Fängen, seines dichten Haares. >>Ich bin der Verwandlung schon nah!<< Er hatte recht. Ich konnte es schon riechen. Nur konnte ich ihn nicht definieren. Er roch zwar auch nach Katze, hatte aber eine gewisse andere Note an sich. Sie war würzig und erdig. Erinnerte mich ein wenig an Kári. Doch ein Wolf kann unmöglich in unserer Familie zurück liegen. Außerdem war da noch etwas anderes. Etwas Süßliches. Kári riss mich aus de Gedanken, indem er auf stand. >>Riley. Ich will echt keinen Keil zwischen Jade und euch treiben! Doch vielleicht, wenn eure Eltern mich erst einmal kennen lernen würden, mögen sie mich ja.<< Rileys Oberlippe zuckte unkontrolliert. >>Du bist ein Wolf. Dich werden sie nie akzeptieren! Ich habe nichts gegen dich, aber wegen dir streiten sich Jade und Mum noch mehr, als sie es sonst schon tun.<< Kári fuhr sich einmal durch seine schwarzen Wuschelhaare. Das tat er nur, wenn er nervös war oder nicht mehr weiter wusste. Diesmal war es wahrscheinlich Letzteres. Ich knurrte kurz. >>Riley! Wie wäre es, wenn du dich um deinen eigenen Kram kümmern würdest?<< Riley zuckte kurz zusammen. >>Du bist mein Kram. Du bist meine Familie. Also darf ich mich wohl um meine Familie, also meinen Kram, kümmern! Oder etwa nicht?<< Kári lächelte Riley leicht bewundernd an. >>Der Kleine hat gar nicht mal so unrecht. Ich meine, du bist seine Familie.<< Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Warum fiel er mir in den Rücken? >>Ich komme heute Abend wieder nach Hause, wenn sie die Gemüter wieder beruhigt haben. Und wie willst du jetzt nach Hause kommen?<< Ein kleiner schwarzer Wolf ersparte Riley die Antwort. Arí sah mich fragend an. Ich überlegte zerrissen hin und her. Sollte ich Riley von einem Wolf heim bringen lassen, wenn meine Familie Wölfe hasste? Sollte ich Riley alleine nach Hause laufen lassen, wo er sich zur Verteidigung nicht verwandeln kann. Oder begleite ich ihn persönlich mit dem Risiko, dass meine Eltern rauskamen und mich erneut stellen? Ich wägte ab. Am Ende schien der Wolf mir doch sicherer, denn das Risiko auf meine Eltern zu treffen war mir zu groß.

Ich sah Riley und Arí hinterher, wie sie zwischen den Bäumen verschwanden. Ich hatte trotzdem ein mulmiges Gefühl bei der Sache. Ich drehte mich zu Kári um und ließ meinen Kopf an seine Brust fallen. Er strich mir behutsam über mein schwarzes Haar. Er küsste meine Stirn und murmelte ein paar Worte in einer uralten Chorixsprache. Ich hörte ein paar Worte wie volim oder so heraus. >>Was sagst du da?<< Er lächelte mich aus seinen goldenen Augen an. >>Volim te. Trebam te. Ja nikada neće živjeti bez tebe. Das heißt. Ich liebe dich. Ich brauche dich. Ich will nie wieder ohne dich leben.<< Damit küsste er mir sanft auf meine Lippen. Ich konnte die Worte förmlich schmecken und das Knistern zwischen uns beiden spüren. Seine Hände lagen ruhig an meiner Taille, meine krallten sich in seinen Nacken fest. Ich seufzte, als er sich von mir lösen wollte und presste mich nur noch fester an ihn. Ich spürte das leichte Grinsen auf seinen Lippen. Seine Zunge stieß gegen meine Lippen. Bereitwillig öffnete ich meine Lippen für ihn. Ich keuchte, als seine Hände mein T-Shirt ein wenig nach oben schoben und die nackte Haut anfing zu brennen. Er seufzte und schob mich dann von sich weg. Ich blinzelte und sah betreten nach unten. Meine nackten Füße schienen mir auf einmal sehr interessant. Káris Finger wanderte von meiner Hüfte über meinem Bauch und durch meine Brüste hindurch, da haderte er ein bisschen und mir stockte der Atem, dann strich er sanft über meine Pulsader und stoppte an meinem Kinn. Sanft hob er meinen Kopf, bis er in meine grünen Augen sehen konnte. Er sagte erst nichts. Sein Blick war unergründlich, ich konnte ihn einfach nicht lesen. Seine Augen schienen dunkler als vorhin. Entweder machte ihm etwas Sorgen, oder es gab noch andere Gründe. Er schien ein wenig angespannt zu sein. Ich sah deutlich, wie er seine Zähne zusammen presste und sein Kiefer angespannt war. >>Wir sollten reden, anstatt uns zu vergessen.<< Seine Stimme klang rau und beherrscht. Doch seine ganze Haltung sprach gegen seine Worte. Vorsichtig hob ich meine Hand. Er zuckte kaum merklich zusammen, ich tat so als hätte ich es nicht gesehen. Ganz langsam hob ich meine Hand immer weiter zu seinem Gesicht. Seine Augen folgten ihr. Als ich mit meinen Fingerspitzen seine Wangen berührte, schloss er die Augen. Seine dichten Wimpern umrahmten sie immer noch. Ich strich vorsichtig über seine Wangen. Seine Anspannung löste sich, als ich über seine wichen Lippen fuhr. Ich stupste seine Stupsnase an und strich vorsichtig über seine Augenlieder. Dann wanderte meine Hand in seinen Nacken und ich stellte mich auf die Zehnspitzen. Mein Gesicht ging ganz nah an sein heran. Ich atmete seinen Duft ein. Herbig würzig, erdig und doch süßlich. Es roch nach Moss und Wald, aber auch nach Wohnung und Kamin. Ich überbrückte den ganz kleinen Abstand zwischen unseren Lippen und küsste ihn schüchtern. Er zog mich an sich und presste seinen Kopf an meinen Hals. Ich schloss die Augen und wir umarmten uns einfach nur für ein paar Minuten.

Ich löste mich sanft von ihm. >>Ich werde aus dir nicht schlau.<< Dabei sah ich auf den Saum seines Ärmels. Aus den Augenwinkeln sah ich sein Grinsen auf seinem Gesicht. Er nahm meine Hand und flüsterte leise. >>Komm lass uns von der Klippe springen. Es wird schön! Voll so ein Adrenalin Kick.<< Ich grinste jetzt auch und rannte einfach los. Am Rand stieß ich mich in die Luft und machte ein paar Rückwärtssaltos. Ich spürte noch den Windzug, als Kári mir folgte. Ich flog wie im Rausch und spürte dann das kühle Wasser, welches unter mir brach und mich verschluckte.

Ich wirbelte im Wasser. Klar und eisblau sah es aus. Tausend Blubberbläschen traten auf, als Kári neben mir im Wasser versank. Ich stieß mich mit ein paar Zügen an die Wasseroberfläche. Da kam direkt die nächste große Welle und drückte mich wieder zu wasser. Ich ließ mich treiben und spürte irgendwann die Felsen hinter mir, sie waren kalt und undurchdringbar. Als meine Lungen langsam nach Luft schrien, schwamm ich nach oben und sprang aus dem Wasser an das Ufer. Kári saß dort schon grinsend und empfing mich freudig. Mein Herz schlug gleich schneller und ich errötete leicht. Er versuchte sein schelmisches Grinsen zu verbergen, doch ich hatte es schon zu oft gesehen, dass ich es nicht bemerkte. Immer wenn er mein Kári war, wenn er der gelassene Kerl war, der mich gerne neckte und mich gerne erröten sah. Er zog mich auf seinen Schoß und presste seine feuchten, vollen Lippen wild auf meine. Ich krallte mich in sein schwarzes, nasses Haar. Der Kuss wurde immer leidenschaftlicher und intimer. Doch irgendwann riss ich mich los. Keuchend sah ich verlegen nach unten. Kári strich mir eine Locke aus meinem Gesicht. Er fuhr meine Wangenkonturen nach. Ich luscherte unter meinen langen Wimpern zu ihm auf. Ein leichtes Lächeln zierte meinen Mund. Seufzend ließ ich mich an seine Brust fallen. Ich musste wirklich bald nach Hause. Ich hoffte, dass sie sich in der Zeit abreagieren. Doch wahrscheinlich hoffte ich vergebens. Aber morgen war auch wieder Schule und ich musste noch Hausaufgaben machen. Denn trotz meiner Übernatürlichkeit war da noch die Schule. Dank Kári machte ich auch wirklich einmal mit im Unterricht. Er hatte wirklich guten Einfluss auf mich, daran sollten meine Eltern einmal denken. Kári sah mich aufmerksam an. Ich seufzte erneut. Mein Herz zog sich bei den Gedanken, ihn heute Nacht nicht bei mir zu haben, schmerzhaft zusammen. Ich wusste gar nicht, wie ich die letzten Nächte ertragen hatte, jede Nacht wurde schwerer für mich. Ich konnte schlechter einschlafen und schlief unruhig. Ich wusste nicht warum, doch meine Träume wurden auch immer lebhafter. Oft kann ich mich nur an Fetzen erinnern, aber das genügte mir auch schon.

>>Was ist?<< Káris raue, männliche Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Ich schüttelte nur stumm den Kopf und klammerte mich an ihn. Er küsste mein Haar. >>Ich fühle mich auch jede Nacht so. immer wenn du dich von mir entfernst, doch das ist bestimmt normal.<< Seine Stimme beruhigte mich ein wenig und ich schloss die Augen, lauschte seine Worte und spürte das Vibrieren seiner Brust, wenn die Worte seine Lippen verließen. Ich gähnte leise, der Tag war anstrengend. Auch eine Chorix brauchte ihren Schlaf. Und auch gar nicht mal so wenig! Kári kicherte leise. >>Na werde ich deiner Persönlichkeit überdrüssig?<< Ich schlug ihn sanft auf die Brust. >>Du weißt genau, dass das niemals passieren wird! Ich bin einfach nur ein wenig erschöpft von dem Tag. Schule, der Streit und alles. Ein wenig Kraft kostet mich das schon.<< Káris Augen funkelten besorgt. >>Ist denn alles in Ordnung?<< Ich nickte, doch in Wahrheit, war ich mir nicht sicher. Natürlich setzte der Streit mit meinen Eltern mir zu, doch ich wusste nicht, ob ich mich von Kári jemals trennen könnte. Kári merkte trotzdem, dass nicht alles ganz in Ordnung war. >>Du kannst immer zu mir kommen! Ich bin für dich da, egal was es für uns bedeutet, ich möchte dich nicht verlieren.<< Ich lächelte und küsste ihn zärtlich. >>Ich liebe dich!<<

Kapitel 3

 

 Dann stand ich langsam auf. Káris Augen folgten mir. >>Soll ich mitkommen?<< Ich schüttelte leicht den Kopf. >>Brauchst du nicht, wenn sie dich riechen, werden sie vielleicht noch wütender.<< Ich sah ihn traurig an. Ich wollte ihm noch so vieles sagen, dass es mir leid tut, dass meine Eltern so sind, dass mich niemals von ihm, trennen könnte, egal was passiert, dass ich ihn über alles liebe. Doch die Worte kamen nicht über meine Lippen. Ich hoffte, dass man dass alles in meinen Augen sehen konnte. Dann küsste ich ihn noch einmal schnell und rannte dann verwandelnd in den Wald hinein. Je schneller und weitere ich lief, desto schwächer wurde der Geruch von Kári. Es fühlte sich an, als würde ich ein Teil von mir zurück lassen. Doch leider bin ich nun einmal ein Panther und Kári ein Wolf, es war eigentlich gar nicht wirklich möglich ein leben zusammen zu führen und es war auch nicht gerade natürlich. Doch Gestaltenwandler waren so oder so nicht wirklich natürlich.

Langsam roch ich meine Familie. Bald konnte ich auch schon unser Grundstück sehen. Ich sprang über den großen Zaun und verwandelte mich dabei wieder. Ich wurde starr und horchte. Ich konnte die noch vorhandene Wut riechen. Sie war bitter und brannte in meiner Nase. Ich duckte mich und schlich durch die Bäume an unsere Hausmauer. Unser Grundstück ist direkt am Waldrand, damit die Nachbarn nicht so schnell merkten, dass hier was faul ist. An der Mauer schlich ich leise unter mein Fenster. Es lag im ersten Stock. Früher stand direkt an meinem Fenster ein Baum, doch als ich immer öfter den Weg durch mein Fenster ins Haus hinein nahm, hatten meine Eltern ihn falle lassen. Raus kam ich immer noch leicht, doch rein war schon etwas schwieriger. Ich ließ langsam meine Krallen wachsen, damit ich mich an den rauen Steinen nach oben hangeln konnte. Also ich konnte ab einer bestimmten Höhe springen, doch es war alles viel lauter. Ich sprang und hielt mich an dem Sims fest. Was zum Teufel! Mein Fenster war zu! Ich hatte es offen gelassen, als ich aus dem Fenster gesprungen war. Ich ließ mich wütend fallen. Na dann halt zu Rileys Zimmer. Sein Zimmer lag auch im ersten Stock. Ich kletterte wieder. Zwar war sein Fenster auch zu, aber er lag wenigstens auf seinem Bett.

Ich klopfte. Er zeigte mir erst den Mittelfinger. Ich knurrte wütend, da drehte er sich um. Er starrte mich eine Weile mit seinen blauen Augen an. Dann setzte er sich langsam auf und schlenderte zu mir. >>Benutze doch einfach die Tür!<< Ich bleckte die Zähne. Mein Bruder neckte mich gerne, aber dennoch liebte er mich. Wir verstanden uns eigentlich sogar recht gut, deshalb wusste ich auch, dass er mir das Fenster öffnete. Ich kletterte hinein und reckte mich. >>Danke, hast was gut bei mir.<< Ich war doch überrascht, dass Mum und Dad noch nichts gemerkt hatten. Er nickte kurz und ich schlich mich auf den Flur. Von unten konnte ich sie reden hören. Als mein Name fiel, wollte ich gar nicht weiter zuhören. Doch als ich den Rest von Mums Satz hörte wurde ich stutzig. >>Jade wird selbst merken, dass es ein Fehler ist und zur Vernunft kommen, wir müssen nur abwarten!<< Ich schlich mich an das Geländer und schaute vorsichtig hinüber. Ich sah den Rücken von Dad, am Tisch in der Küche sitzen. Mum konnte ich nicht sehen. Dads Hand vibrierte. >>Bist du vom Teufel besessen? Wenn das einer mitbekommt! Jade geht ja nicht mit irgendeinem jungen! Sie geht erstens mit einem Wolf und zweitens mit Kári! Er ist einer der Drillingssöhnen vom Alphawolf Duncan!<< Mum antwortet eine Weile nicht. Irgendwann kam ganz leise von ihr. >>Ich hatte auch schon einmal was mit einem Wolf gehabt.<< Ich schnappte nach Luft. Mist. Ein Fehler. Mein Dad drehte sich um und ich konnte nicht mehr genug zurück weichen. Dad knurrte und sprang die Treppe hoch. Ich kniff meine Augen ein wenig zusammen und ballte meine Hände zu Fäusten zusammen. Dads Oberlippe zuckte. >>Wo warst du? Ich kann den Wolf an dir riechen!?<< Mum folgte ihm schnell. >>Wir haben das doch eben besprochen! Ich finde wenn du sie gleich wieder anknurrst schaukelt sich das wieder hoch!<< Mein Dad blickte sie abwertend an. >>Sie hat nicht einfach abzuhauen! Wenn ich etwas sage, dann ha sie das zu machen! Und wenn ich ihr den Kontakt verbiete, hat sie nicht hinter meinem Rücken sich mit ihm zu treffen!<< Mum knirschte mit den Zähne. >>Erstens ist das Mädl schon 17, zweitens ist sie ein Pantherweibchen, ein starkes noch dazu und drittens sind wir beide ihre Eltern! Du hast alleine gar nichts zu entscheiden!<< Ich sah sie erstaunt an. Vorhin mir noch so einen Vortrag halten und sich mit mir richtig anlegen und jetzt Verständnis zeigen? Da kann doch etwas nicht stimmen. Naja wenn sie selber etwas mit einem Wolf hatte, vielleicht sieht sie das jetzt nicht so eng und hat sich jetzt etwas abreagiert. Dad knackt mit seinem Kopf und schüttelt sich. >>Komm runter! Wir reden darüber jetzt! Ich will es nicht! Solange du unter meinem dach lebst, wirst du ihn nicht sehen!<< Ich zuckte mit den Schultern und drehte mich Richtung Zimmer.

Mein Dad packte mich an den Schultern, aber ich schüttelte ihn ab. Wenn er meint, ich kann Kári sehen, wenn ich gehe, dann gehe ich einfach. Es tat zwar weh, aber vielleicht war es besser so. In meinem Zimmer angekommen, kramte ich in meinem Schrank. Dad schlug gegen die Wand. >>Ich habe gesagt, dass du mit runter kommst, wir wolle reden! Warum hörst du nicht?!<< Ich blickte ihn ruhig in die Augen. >>Ich trenne mich nicht von Kári, also gehe ich. Hast du doch eben selber gesagt!<< Er sprang mich knurrend an und drückte mich gegen die Wand. Mein Körper vibrierte und ich platzte, als er seine Hände um meinen Hals schloss und seine Zähne fletschte. Er flog in großem Boden gegen die Wand. Sein Gesicht blutete und seine Kleidung war zerrissen. Ich hatte ihn beim Verwandeln erwischt. Ich sah ihn geschockt an. Natürlich wollte ich ihn so nicht verletzten, ich konnte die Verwandlung gar nicht steuern, warum griff e mich auch so stark an? Meine Mum stand einfach nur da und sah mich an. Ich legte mich winselnd auf die Seite, um ihr zu zeigen, dass es mir leid tut. Dad fluchte und wischte sich das Blut aus dem Gesicht. Ich habe ihn echt ein bisschen erwischt. Einmal scharf am Auge vorbei, durch die Wange und dann einmal quer über die Lippe. Es verheilte aber schon. Ich kroch winselnd über den Boden auf ihn zu und leckte seine Hand. Er zog seine Hand knurrend zurück. >>Lass mich!<< Ich maunzte und trottete aus dem Raum.

Ich trottete langsam die Treppe runter, viel zu aufgewühlt, um mich zurück verwandeln zu können. Mein Bruder saß auf dem Sofa und winkte mich zu sich. Ich miaute ihn  an und rieb mich an seinem Bein. Ich brauchte jetzt eine tröstende Hand. Er kraulte mir die Ohren. Die Treppe knarzte und meine Mum kam ins Zimmer. >>Jade verwandel dich bitte zurück.<< Ich senkte den Kopf und konzentrierte mich. Langsam und schmerzhaft verwandelte ich mich. Wenn ich in einem Zwischending bin, dann tat es weh. Es ging nur langsam voran, da der Panter noch nicht ganz zurück gewichen ist. Doch am Ende lag ich als Mensch vor meiner Mum. Sie half mir beim Aufstehen und strich mir kurz über mein Haar. Das war seit langem die erste liebevolle Geste von ihr, auch wenn nur kurz, bedeutet sie mir sehr viel. Ich sah mir meine Mutter näher an. Sie hatte schwarze Haare wie ich, aber braune Augen. Sie sah beim näheren Betrachten gerade richtig fertig und müde aus. Ich sah sie fragend an. >>Was ist mit Dad? Gehen die Wunden? Verheilen sie? Ich wollte das nicht, ich hatte es nicht mehr unter Kontrolle, es ging so schnell.<< Sie nickte kurz. >>Das war eine normale Reaktion, das ist schon in Ordnung. Dein Dad muss lernen, damit umzugehen, dass du jetzt ein Panther bist.<< Ich nickte, war aber nicht überzeugt. Dad kam die Treppe runter. Das Blut hatte er weg gewischt, und die Wunden waren schon verheilt, zurück geblieben, sind drei rosige Narben. Er blickte mich ruhig an. >>Es tut mir leid, ich habe ein wenig überreagiert. Trotzdem möchte ich den Kontakt nicht! Und dabei bleibe ich!<< Ich sagte nichts dazu, denn Mum schüttelte den Kopf. Dad wandte sich auch ab und ging in die Küche. Mum sah mich kurz an, dann wanderte ihr Blick zu Riley und er wurde traurig. Die Schuld stand ihr in dem Gesicht geschrieben. Ich sah ihn auch an. Er sah keinem von ihnen ähnlich. Er roch anders. Irgendetwas war da doch faul. Riley blickte uns beide böse an. >>Was starrt ihr denn so? wächst mir Fell oder was?!<< Ich kicherte. >>Das würde dir gefallen, was?<< Er grinste mich an und streckte dann die Zunge raus. Ich war ein Kissen nach ihm. Albern und wild fingen wir eine Kissenschlacht an. Bis Mum aus der Küche rief. >>Es gibt Essen, kommt!<<

Wir rannten fast in die Küche, es gab Nudelauflauf. An den wachsenden Hunger von Riley sah man, dass er sich in nächster Zeit irgendwann verwandeln wird. Jungs waren meistens eh schneller, als Mädchen. Außerdem roch er immer stärker nach Chorix. Ich bin wirklich gespannt auf seine erste Verwandlung. Und vor allem in was er sich letzt Endes verwandelt. Der Nudelauflauf schmeckte echt gut, Mum konnte wirklich gut kochen. Danach zogen wir uns noch ein paar Filme rein, wie eine ganz normale Familie, die ihren Sonntagabend auf dem Sofa verbringt. Um neun fragt Mum mich plötzlich nach der Schule. >>Hast du Hausaufgaben auf gehabt? Hast du sie schon erledigt?<< Ich zuckte mit den Schultern. >>Ja wir hatten was auf, aber ich hab sie noch nicht fertig.<< Mum hob warnend den Finger. >>Na dann los, ab Marsch.<< Ich sah sie verwundert an, seit wann war sie so freundlich und versucht, lustig drauf zu sein? Wir hatten schon immer ein schwieriges Verhältnis, das war ich schon gewohnt. Kurz vor der Schwangerschaft von meinem Bruder wurde alles viel komplizierter, sie wurde launischer. Und als fest stand, dass sie schwanger war, hat sie sich verschlossen, sie war immer genervt. Als mein Bruder dann da war, war es am Anfang ganz schlimm. Ich hatte immer gedacht, dass es daran lag, dass sie meinen Bruder mehr liebte. Das hatte mich nur nie gestört. Doch vielleicht hatte sie Dad auch betrogen? Schließlich sah Riley ganz anders aus. Naja mir soll es egal sein. Ich schlenderte nach oben und setzte mich an meine Hausaufgaben. Doch ich konnte mich kein Stück konzentrieren. Meine Gedanken schweiften immer wieder ab. Mal zu Riley, Mum, Dad und Kári. Irgendwann nach der Hälfte der Mathehausaufgaben, von denen ich wahrscheinlich fast alle nicht richtig habe, setzte ich mich ans Fenster. Ich starrte hinaus. Es wurde schon dunkler, doch das störte mich nicht. Ich konnte in der Dunkelheit gut sehen. Nach einer Weile öffnete ich das Fenster auch, damit ich eine leichte Brise um die Nase hatte. Ich ließ meine Beine hinunter baumeln und schaltete erst einmal ab. Meine Haare wehten leicht im Wind und ich schloss die Augen. Als ich sie wieder öffnete, starrten mich zwei glühende Augen aus dem Wald an. Ich kniff die Augen zusammen. War es Kári? Oder war es ein anderer Wolf? Oder gar eine Katze?

Bevor ich das herausfinden konnte, klopfte es an meiner Tür. Verwirrt drehte ich mich um. >>Ja?<< Da drückte meine Mum die Tür auf. Ich stöhnte innerlich. Was wollte sie denn jetzt? Sie zog missbilligend die Augenbraue hoch, als sie mich am offenen Fenster auf dem Fensterbrett sitzen sah. >>Willst du schon wieder abhauen?<< Ich sprang ins Zimmer und schloss schnell das Fenster, damit sie die Augen nicht sehen konnten, doch die waren eh nicht mehr da. >>Nein, ich habe nur nachgedacht.<< Mum nickte kurz und stand dann kurz unsicher im Zimmer herum. Dann setzte sie sich zögerlich auf mein Bett. Ich lümmelte mich auf meinen Drehstuhl und sah sie fragend an. Was wollte sie von mir? So ein Gespräch haben wir noch nie geführt. Aufklären musste sie mich noch nie, normale Mutter Tochter Gespräche hatten wir auch nie und mit Fragen brauchte ich erst gar nicht zu ihr gehen. Entweder sah sie mich genervt an, oder ignorierte mich. Irgendwann habe ich das dann aufgegeben. Sie faltete ihre Hände im Schoß und setzte mehrmals an. Aber es kam kein einziges Wort heraus. Irgendwann wurde mir das zu bunt. >>Mum was willst du?<< Sie sah mich erleichtert an, dass ich sie gefragt habe. >>Mit dir reden.<< Ich schnaubte unwillig. >>Das hast du noch nie getan. Warum jetzt auf einmal? Wenn du mir sagen willst, dass ich Kári nie sehen darf, dann kannst du auch gleich wieder gehen. Das würde sich nicht lohnen, es würde nämlich in das eine Ohr rein und in das andere Ohr gleich wieder raus gehen.<< Ja ich war ehrlich. Manchmal ist die Wahrheit hart, aber ich habe echt kein Bock mehr auf dieses Thema. Sie zog eine leichte Grimmasse. >>Nein ich möchte dir das nicht verbieten, du musst deine eigenen Fehler machen. Doch ich möchte dich warnen. Ich habe selber etwas mit einem Wolf gehabt.<< Da glitt ihr Blick in die Ferne und sie stockte ein wenig. Ich wartete diesmal geduldig und entspannt. Sie schüttelte ihren Kopf und fuhr fort, zwar ein wenig träumerischer aber sie redete wenigstens mit mir. >>Und es war nicht einfach. Wir waren so verschieden, manchmal war die Kätzin zu nah an der Oberfläche und hat sich auf mich übertragen. Und es nicht natürlich seine Zeit mit einem Wolf zu verbringen, also kam es des Öfteren zu Zoff. Aber es war anders herum. Von ihm ging manchmal auch der Zoff aus, wenn sein Wolf zu nah bei ihm war. Ich würde dir gerne den Schmerz ersparen. Doch ich weiß auch, wie es sich anfühlt, sich zu einem Menschen so stark hingezogen zu fühlen.<< Der Schmerz stand ihr ins Gesicht geschrieben. Sollte ich sie fragen, ob es in der Zeit war, wo Riley entstanden ist? Doch gefährde ich damit dieses Gespräch und das vielleicht entstehende Verhältnis? Mum seufzte. >>Nun frag ruhig. Es steht in deinem Gesicht geschrieben. Ich bin doch nicht blind.<< Ich zögerte noch kurz, aber fasste dann ein wenig Mut. >>War das in der Zeit, wo Riley entstanden ist? Hast du Dad betrogen?<< Ich konnte es eigentlich gar nicht glauben, denn wie konnte Dad den Wolfsgeruch nicht bemerken? Vor allem wenn man intim war?

Aber Mums Nicken schoben alle Zweifel nach hinten. Ich wollte wütend sein, oder verletzt. Doch ich war beides nicht. Ich nahm es einfach hin. Sie sah mich entschuldigend an. >>Meine Eltern waren genauso, wie Dad es jetzt ist. Sie wollten immer den perfekten Mann für mich, den perfekten Kater. Nach Liebe sind sie nicht gegangen. Ich habe es so hingenommen, als Dad damals aufgetaucht war und meine Eltern uns verkuppelt haben. Es wäre alles gut gegangen, wenn damals der Wolf nicht aufgetaucht wäre.<< Ihr Blick ging wieder in die Ferne. Sie sah gerade so glücklich aus, als sie in die Vergangenheit sah. So verliebt. Und traurig als sie erneut den Kopf schüttelte. >>Es wird rauskommen. Sobald sich Riley verwandelt. Riley ist nicht der Sohn von deinem Dad. Das habe ich bei der Geburt gesehen. Doch Dad glaubt einfach, dass irgendein Wolfsgen durchgetreten ist bei Riley. Doch er denkt, dass sich Riley in einen Kater verwandeln wird.<< Ich zog eine Augenbraue hoch. >>Und was denkst du?<< Mum seufzte. >>Ich denke, er wird sich in beides verwandeln können.<< Ich zog erstaunt die Augenbrauen hoch, so etwas hatte ich in der Chorixgeschichte noch nie gehört.

Kapitel 4

 

<<Geht das überhaupt? Ich meine, dass er sich in zwei verschiedene Arten verwandeln kann?<< Mum nickte nur. >>Ja das ist selten, aber möglich.<< Wow mein Bruder wird also etwas besonderes sein, und er wird Aufsicht erregen. Mein Dad wird es erfahren. Und irgendwann wird er auch hinter die Affäre kommen. >>Wie hast du das geschafft? Ich meine Dad hat auch Kári gerochen.<< Mum lächelte leicht. >>Es war ganz einfach. Es gibt eine Pflanze. Wenn du sie unter deine Zunge legst, wird der Wolfsgeruch verfliegen. Ich habe sie benutzt. Dad hat es nie bemerkt. Es war in dieser Zeit aber auch schwierig. Du warst drei. Im Kleinkindalter. Du warst anstrengend und in der Prägephase. Dein Dad war viel unterwegs. Ich habe mich viel allein gelassen gefühlt. Und da habe ich dann Jeremy getroffen. Du kennst ihn auch. Mit ihm waren wir manchmal unterwegs, wenn dein Dad unter der Woche wieder unterwegs war. Ich weiß nicht ob du dich an ihm erinnern kannst? Aber du hast ihn echt gemocht und bist gut mit ihm klar gekommen. Er hat mir gezeigt, was Liebe ist. Ich möchte dir den Kontakt zu Kári nicht verbieten, denn ich weiß, wie es ist in einen Wolf verliebt zu sein. Doch so kann ich es schlecht deinen Dad erklären. Und du stehst dann auch alleine. Ich stehe hinter dir, doch meine Familie und auch Dads Familie steht nicht hinter dir und wenn es hart auf hart kommt, können sie dich verbannen. Sie können dich sogar jagen. Also möchte ich, dass du aufpasst. Ich möchte Kári einmal kennen lernen. Und auch will ich wissen, ob seine Eltern davon wissen. Weißt du wer sein Vater ist?!<<

Ich sah sie lange an, dass sie so offen zu mir ist, berührt mich sehr. >>Mum danke, dass du mit mir redest. Es hat mir sehr gefehlt, auch wenn ich es bis jetzt gar nicht so gemerkt habe. Diese Pflanze würde ich auch gerne benutzen. Ich weiß, dass es schwierig wird, aber ich kann nichts gegen meine Gefühle machen. Ich liebe ihn, mein Körper, meine Seele alles sehnt sich nach ihm. Wenn er nicht in meiner Nähe ist, fühle ich mich nicht vollständig. Klar wird Dad das nie verstehen! Ich verlange auch nicht, dass du hinter mir stehst, du darfst dein Leben nicht für meines opfern! Ich kann dich verstehen. Es kann in jeder Beziehung vorkommen, dass man eine Affäre beginnt. Wenn es sowieso kriselt und diese Beziehung so halb bestimmt wurde, ist es doch vollkommen normal. Zumal es wirklich schwierig war. Ich kann mich vage erinnern. Dad war wirklich nicht oft da. Und war es dieser Mann mit den schwarzen Haaren und den blauen Augen? An den kann ich mich erinnern. Er war immer so lustig und hat mit mir gespielt.<< Bei der Erinnerung umspielte ein Lächeln meine Lippen, Jer war wirklich viel für mich da, dann ist er von heute auf morgen verschwunden. Jetzt weiß ich auch warum. >>Ich weiß, welches Risiko ich mit der Beziehung eingehe. Ich weiß auch, wie deine und auch Dads Familie zu Wölfen steht. Aber ich kann es einfach nicht. Ich liebe ihn viel zu sehr. Natürlich kannst du ihn gerne kennen lernen, er hat guten Einfluss auf mich, seine Brüder und er sind sehr anständige Menschen, er wird dich mögen. Von seinem Dad weiß ich nicht viel, sie haben keinen Kontakt mehr zu ihm. Kári redet nicht gerne darüber, er wurde von ihm geschlagen, da er einfach nicht dem Standard entspricht. Er hat bernsteinfarbene Augen von Geburt an gehabt. Ich weiß nicht, welche Bedeutung und Macht sein Vater hat.<<

Mum sah mich besorgt an. Sie redete leise und schnell. >>Sein Vater ist ein sehr mächtiger Alphawolf. Dass ihm diese Augen nicht gefallen, das traue ich ihm zu. Er legt sehr viel Wert auf Standards. Aber dass er seine Söhne einfach hat gehen lassen, wie kam es dazu? Das traue ich ihm nämlich nicht zu! Und natürlich kannst du diese Pflanze haben, sonst hätte ich dir nie davon erzählt. Mir hat es auch gefehlt, ich konnte nur einfach keine Bindung zu dir aufbauen, Jer hat mir so gefehlt. Ich sehe ihn in den Augen deines Bruders, in ihm lebt ein Stück von Jer mit, deshalb konnte ich ihn so sehr lieben. Ja es war Jer. Er war auch besonders und hatte deswegen Probleme in der Chorixwelt. Ich gehöre nicht mehr zu deinem Vater. Gar nicht mehr. Es ist nicht mein Leben. Mein Leben wäre bei Jer gewesen, wenn es einfach wär. Das hört sich aber gut an, das es anständige Jungs sind.<< Ich nickte stumm, überwältigt von dem Gespräch. Über was wir alles redeten und so offen. Mum strich mir die Haare hinters Ohr. >>Maus, ich möchte aber natürlich, dass dein Dad noch nichts von der Sache erfährt. Riley ist nah an der Verwandlung, du kannst es schon riechen.<< Ich seufzte. >>Natürlich Mum! Und ja man riecht aber, dass er keine Katze wird, oder zu mindestens nicht nur. Er riecht ein wenig nach den Wölfen.<<

Mum nickte seufzend. >>Ich weiß. Ich frage mich schon die ganze Zeit, warum dein Dad mich nicht drauf anspricht.<< Ihr Blick wanderte durch mein Zimmer, und blieb an meinem Schreibtisch hängen. Und an meinen ungemachten Hausaufgaben. Sie stand auf und beugte sich über mein Heft. Leicht schüttelte sie den Kopf. >>Erstens sind das nicht alle Hausaufgaben und zweitens ist das ja alles nur Humbug.<< Sie sah mich ein wenig vorwurfsvoll an. Es war mir ja schon klar, dass die Aufgaben in Mathe falsch waren, Mathe lag mir einfach nicht. Und da ich die letzten zwei Jahre nur aus dem Fenster gestarrt habe, kann da nicht wirklich was bei rauskommen. Bei den Zeugnissen wurde eh nicht wirklich hingesehen und die Arbeiten habe ich einfach nicht vorgezeigt. >>Ja ich war mit den Gedanken wo anders. Und Mathe kann ich eh nicht, interessiert den Lehrer aber nicht wirklich, also von daher ist es mir relativ Jacke.<< Naja ich hatte schon einmal erwähnt, dass ich ehrlich war oder? Ich nahm kein Blatt vor dem Mund, wenn ich gefragt wurde. Mum sah mich leicht geschockt an und seufzte dann. >>Es ist wahrscheinlich meine eigene Schuld, dass ich so wenig über dich weiß. Ich dachte, du kommt gut zu Recht in der Schule?<< Ich lachte leise. >>Mum hast du dir meine letzten vier Zeugnisse eigentlich überhaupt richtig angesehen?<< Ich gammelte einfach weiter auf dem Bett und lehnte mich gegen die Wand. So wirklich interessiere ich mich immer noch nicht für die Schule, aber Kári fand dass sehr wichtig. Und da die Drillinge der Grund ist, warum mein Blick immer mehr im Raum ist und nicht draußen. Mum seufzte noch einmal lange und leise. >>Ich glaube ich hätte mich mehr um dich kümmern müssen, doch es war so schwer.<< Ein normales Mädchen in meinem Alter hätte es seine Mutter über genommen, wäre verletzt oder wütend. Ich war weder normal, noch war ich verletzt oder wütend. Ich konnte sie sogar verstehen. Ich war ein Kind von jemand, den sie wahrscheinlich nicht einmal wirklich liebte und dann konnte sie ihre Liebe nicht sehen und musste unglücklich leben. Ich weiß nicht, was ich an ihrer Stelle gemacht hätte, ob ich nicht einfach abgehauen wäre. Also murmelte ich nur leise. >>Ich kann dich verstehen Mum. Doch wenn es sich ändern sollte, wäre ich total offen dafür.<< Natürlich hörte sie mich. Ich weiß gar nicht, wie leise ich reden müsste, damit ihr Panthergehör mich nicht hörte.

Dies war manchmal wirklich ein Nachteil. Stell dir einmal vor, deine Eltern können alle privaten Gespräche mithören! Also ich hatte ja Gott sei Dank nicht so viele, jedenfalls nicht mehr, als ich in das Alter kam, wo ich mich für Jungs interessieren sollte. Aber mein Bruder! Oh man! Das ist vielleicht anstrengend, wenn du schlafen willst und die Gesülze von deinem Bruder mit einem Mädel mit anhörst! Mum lächelte leicht. >>Ich werde es versuchen. Es tut gut, dass du jetzt Bescheid weißt, also hat Kári einen guten Vorteil.<< Mein Dad und Riley müssen auch irgendwo unterwegs sein, sonst wäre meine Mum nicht hoch gekommen, geschweige mit mir geredet. >>Wo sind eigentlich Dad und Riley?<< Mum zuckte mit den Schultern. >>Unterwegs mit Kumpels.<< Ich nickte, ich hatte es geahnt, doch gerade in diesem Augenblick schloss jemand die Tür auf, es war Riley, das konnte ich an dem Geruch feststellen.- außerdem polterte er die Treppe hoch und verschwand ins Zimmer neben an. Jetzt stand ich auch auf und reckte mich. >>Ich werde mir einmal was zu trinken holen, ich finde es heiß hier drinnen. Ich schlenderte zum Fenster und riss es schnell auf. Mum sah mich verwundert an. >>Dir ist heiß? Ich finde es gar nicht so heiß, aber geh nur ruhig. Ich werde einmal nach deinem Bruder gucken und ihm schon einmal das Telefon wegnehmen.<< Sie grinste gequält und ich kicherte. Meinen Eltern gefielen diese Gespräche wahrscheinlich auch nicht wirklich. Während meine Mum ein Zimmer weiter ging, schlenderte ich die Treppe hinunter.

Unten angekommen, zog ich mir schnell meine Strümpfe aus, und genoss die Kälte an meinen nackten Füßen von den Fliesen. Als ich den Kühlschrank öffnete und mir ein Schwall von kalter Luft entgegen kam, seufzte ich erst einmal erleichtert aus und atmete die kühle Luft tief ein. Ich schnappte mir eine Cola Dose und hielt sie mir an die Stirn. Meine Finger berührten dabei zufällig meine Haut. Komisch sie war total normal, gar nicht so heiß, wie ich dachte. Ich schloss seufzend die Kühlschranktür und öffnete die zischende Cola. Meine Socken ließ ich liegen, denn das Laminat kühlte auch ein wenig. Ich tapste leise, naja leise gab es in diesem Haus überhaupt nicht, wir hörten es genauso laut, wie normales gehen, die Treppe hoch. Auf dem Flur unterbrachen Mums und Rileys Worte meine Gedanken. Riley wollte sein Handy nicht hergeben, da er mit seiner neuen Flamme noch nicht telefoniert habe. Tja ein rebellischer Teenager halt. Doch meine Mum kannte kein Pardon. Am Ende musste er sein Handy hergeben und sie verließ siegessicher sein Zimmer. Ich grinste sie an und öffnete meine Zimmertür. Sie sah schon etwas modelliert durch meine Ausraster aus, aber mich besuchte eh kein normaler Mensch. Ich schloss die Tür aber entgeistert, ohne einzutreten. Es war ja noch heißer geworden! Mum hob fragend eine Augenbraue. Ich zog meine Stirn kraus. >>Magst du mein Fenster zu machen? Es ist seit dem noch heißer geworden!<< Mum sah mich besorgt an und fühlte meine Stirn. >>Ne krank scheinst du nicht zu sein, obwohl Chorix ja auch nicht krank werden. Aber ich mache mir dennoch sorgen, bildest du dir das auch nicht ein?<< Ich sah sie wütend an. Sie blickte mir entschuldigend entgegen und huschte schnell ins Zimmer. Auch wenn sie die Tür hinter sich leise ins Schloss fallen ließ, wurde mir ein wenig schwindelig durch die kriechende Hitze in meinem Körper. Komisch. Hatte ich mich heute ein wenig zu sehr aufgeregt? Als die Tür wieder aufging, war es aber erträglicher. >>Danke Mum. Es ist gleich schon viel besser.<< Sie nickte, aber ihre Augen schauten immer noch besorgt drein. Sie küsste sanft meine Stirn. >>Gute Nacht kleines.<< Ich schloss kurz die Augen und genoss ihre Aufmerksamkeit. >>Danke Mum, dir auch eine gute Nacht.<< Sie ging die Treppe runter und ich schloss die Tür. Bevor ich meine Badezimmertür öffnen konnte, riss Riley die Verbindungstür zwischen unseren Zimmern auf und schmiss sich auf mein Bett. Lümmelns grinste er mich an. >>Seit wann versteht ich euch so gut? Ach ist ja auch egal, mich freut es jeden falls.<< ich verdrehte die Augen. >>Zum einen kannst du erst einmal anklopfen, bevor du hier rein stürmst, was wär wenn ich nackt wär? Zum anderen ja ich verstehe mich etwas besser mit Mum.<< Riley grinste unverschämt. >>Ach zier dich nicht so, du bist erstens meine Schwester und zweitens nicht die erste Frau, die ich dann nackt sehen würde.<< Wahrscheinlich stöhnten Mum unten im Wohnzimmer und ich hier in meinem Zimmer synchron auf. >>Riley! Ich möchte nichts von deinen Bettgeschichten hören!<< Er lachte unverhohlen laut auf. >>Bist du dir sicher? Wäre bestimmt was lustiges und interessantes mit bei.<< Ich schmiss irgendetwas, was am nächsten in meine Hände fiel, nach ihm. Es war ein Buch. Zum Glück nicht gerade mein Lieblingsbuch. Er wich jedoch geschickt aus und lachte weiter. Dann streckte ich die Zunge raus und schmiss die Tür zu. Als ich ihn nicht aufstehen hörte, schloss ich die Tür ab und rief zu Verdeutlichung. >>Ich gehe jetzt5 duschen, danach will ich deinen Hintern nicht mehr auf meinem Bett sehen, ich wünsche dir eine gute Nacht!<< Riley kicherte wieder, aber ich hörte trotzdem das Bett knarzen, als er aufsprang und gemächlich zur Tür ging. >>Ich hab dich auch lieb, Schwesterherz.<< Ich grummelte ein wenig und stellte mich dann unter die Dusche. Ich schloss die Augen und ließ das Wasser über mein Gesicht rieseln. Es tat gut, einfach einmal abschalten und nichts denken.

Naja das stimmte so ganz ja gar nicht. Ich dachte natürlich an etwas. Hauptsächlich an das Gespräch mit Mum. Ich dachte auch darüber nach, wie es gewesen wäre, wenn Mum ohne mich mit Riley abgehauen wäre. Wie würde die Beziehung zwischen mir und Dad sein? Oder was wäre, wenn Mum mich mit zu Jer genommen hätte? Wäre mein Leben jetzt ganz einfach? Ich hätte keine Probleme mit der Beziehung mit Kári. Aber wären wir dann überhaupt zusammen gekommen? Und Mum meinte ja auch, dass eine Beziehung zwischen einem Wolf  und einem Panther nicht so einfach gewesen wäre, vielleicht hätte es viel zu viel Streit gegeben? Aber was bedeutet das wiederum, für mich mit Kári? Werden wir uns auch oft streiten? Wir haben uns so richtig noch gar nicht in die Harre bekommen. Und mit den anderen beiden verstehe ich mich auch prima. Als Panther ist es nicht ganz so leicht, aber bis jetzt zu bewältigen. Vielleicht liebten wir uns einfach zu sehr? Oder wir sind Seelenverwandte? So etwas wie für einander Bestimmte? Doch gab es so etwas? Ich hatte keine Ahnung. Genauso wenig, wie ich keine Ahnung hatte, was unsere Beziehung auslöste. Was genau meine Familie da unternehmen würde, wenn ich es wirklich ganz offiziell mache. Natürlich weiß es jeder in der Stadt, aber die Chorix haben nicht wirklich viel Kontakt zu unseren normalen Menschen in unserer kleine Stad Keflavíkt, die gerade mal 8169 Einwohner zählte. Sie hielt sich eher im Hintergrund oder wohnte gar nicht hier. Aber einmal im Monat gibt es das Familientreffen, das nächste ist in zwei Wochen. Wenn Dad bis dahin vielleicht nicht so wirklich merkte, dass Kári und ich zusammen blieben, dann blieben Kári und ich noch sechs Wochen zusammen. Wenn dann entschieden wird, was mit mir passiert, dass ich verbannt werde, wenn ich mich nicht trenne, kann ich das Ganze vielleicht besser entscheiden. Obwohl ich der felsenfesten Meinung bin, dass ich mich dann für Kári entscheiden würde. Aber vielleicht reagierte sich mein Dad bis dahin auch ab? Und sie würden bestimmt auch nicht wegen einen Wolf eine Katze aus ihrem Clan vertreiben, oder? Und vielleicht verwandelte sich auch Riley bis dahin. Eigentlich gebe ich ihm noch nicht einmal 2 Wochen. Ich zog mich während meiner Gedanken schon an. Mein Schlafanzug war schön flauschig. Dann hüpfte ich auch schnell ins Bett. Zu meiner Überraschung schlummerte ich schnell ein, trotz der vielen Gedanken im Kopf.

Kapitel 5

Ich stand abends bei meinen Klippen, als ich eiskalte Hände fühlte. Mir war so heiß, dass ich dachte, ich falle ihn Ohnmacht. Doch ich stand immer noch. Mehrmals bin ich schon ins Wasser gesprungen, zur Abkühlung, doch selbst im Wasser war mir heiß. Ob es von innen kam? War ich doch krank? Ich wusste es nicht. Als diese Hände mich berührten, durchlies mich ein schauer. Er war kalt wie Eis. Doch die Hitze in mir blieb. Sie durchkämpfte mich, wie ein Virus, bereitet sich in jeder Faser meines Körpers aus. Doch sie verlieh mir auch Kraft. Ich fühlte mich unbesiegbar. Ich drehte mich schnell um und sah in rot glühende Augen. Ich riss meine Augen auf und wich einen Schritt zurück. Der Rand unter mir bröckelte. Ein paar Steinchen lösten sich und fielen ins Wasser. Ich hörte sie platschen. Der Mann vor mir hatte so blonde Haare, dass sie bald einem weiß nahe kamen. Er öffnete seinen Mund und seine Fangzähne blitzten. Ich griff an seine Kehle und wirbelte uns hinein in den Wald. Fort von den gefährlichen Klippen, sie stellten einen Nachteil für mich dar. Ich verwandelte mich n der Zeit in mein Pantherweibchen. Ich duckte mich knurrend. Den Mann hatte ich an den Baum geworfen, doch er war sanft gelandet.

Er knurrte mich mit seinen glühenden Augen wütend an. Ich fletschte die Zähne und umkreiste ihn. Er legte seinen Kopf weg, sah mich einmal richtig irre an und sprang mich dann an. Ich kreischte, als er seine Zähne in mein Fell vergrub. Es durchlief mich eine Hitze, die ich noch nie gefühlt hatte. Ich dachte, die vorige Hitze könnte nicht mehr übertroffen werden, ich hatte mich geirrt. Ich knurrte und fauchte. Ich biss mich so fest ich konnte in seinen Hals fest. Er löste seine Zähne und sprang von mir weg. Blut tropfte aus seinem Mund. Mein Blut. Ich merkte etwas Schlimmes meiner Schulter hoch kriechen, da wo er seine Zähne in mein Fleisch vergraben hatte. Es brannte und zerrte an mir. Es schlang meine Kräfte. Mit wackeligen Beinen versuchte ich zu gehen, doch sie brachen unter meinem Gewicht weg. Hinter mir hörte ich ein Jaulen. Es waren die drei Wölfe. Arí stoppte bei mir und schnüffelte mich ab. Meine Lieder wurden schwer. Ísak und Kári griffen den Mann an und jagten ihn, als er verschwinden wollte. Ich wollte meine Augen schließen, doch dann traf mich der richtige Schmerz erst. Ich schrie und schrie.

Mein Körper wurde geschüttelt und etwas Kaltes traf meinen Kopf. Ich schlug meine Augen wieder auf und keuchte. Ich hatte geträumt. Ich lag in meinem Bett, war nass aber ich selber. Ich blickte mich hektisch um und fasste mir an meine Schulter. Da war nichts, kein Blut. Ich ließ sie einmal kreisen und atmete dann tief durch, es war nur ein trau,. Dann realisierte ich erst die drei Augenpaare vor mir. Ein blaues, ein braunes und ein schwarzes. Ich ordnete sie meinem Bruder, meiner Mum und meinem Dad zu. Sie sahen mich besorgt an und redeten auf mich ein. Ich konnte sie nicht verstehen, in meinem Kopf war alles noch Matsch. Erst Rileys Worte ließen meine Eltern verstummen und kamen als erstes bei mir an. >>Lasst sie doch einmal! Seht ihr nicht, wie schlecht sie aussieht?! Sie ist total blass!<< Sie sahen mich aber weiterhin besorgt an. Ich zuckte mit den Schultern. >>Es war nur ein Alptraum, nichts schlimmes.<< Mit den Worten stand ich auf, ließ sie einfach stehen und verschwand in meinem Badezimmer. Ich schloss vorsichtshalber die Tür ab. Dann stellte ich mich unter die Dusche. Ich merkte erst gar nicht, dass ich meinen Schlafanzug noch an hatte, erst als er sich mit Wasser voll sog und schwer an mir klebte. Ich pellte mich langsam aus ihm und stellte mich erneut unter die Dusche.

Mein Puls kam langsam wieder runter und mein Kopf setzte dann auch wieder ein. Ich wusste nicht, wovon ich geträumt hatte, doch es war nur ein Traum und wahrscheinlich meiner Fantasie entsprungen. Ich schloss die Augen und drehte das Wasser zu. Ich zog mich an, ohne zu wissen wie spät es ist. Wenn es Mitten in der Nacht ist, ich konnte jetzt eh nicht mehr schlafen. Als ich im Bad endlich fertig war und die Tür einen Spalt öffnete, war meine Familie zum Glück nicht mehr da. Ich sah auf die Uhr. Halb sieben. Ich hätte in einer halben Stunde eh aufstehen müssen. Ich laufe nämlich als Panther immer durch den Wald zur Schule und dann jogge ich das letzte Stück durch die Stadt. Aber heute werde ich dann mal mit Riley und dem Bus fahren, der fährt ja auch erst in 15 Minuten. Ich könnte theoretisch auch meinen kleinen Mini nehmen, aber ich wollte heute abschalten. Ich schlenderte die Treppe runter und ging in die Küche. Am Tisch saß mein Dad schon startklar für die Arbeit. Er arbeitet bei irgendeiner Firma und war manchmal tagelang nicht zu Hause. Seit Riley da war, blieb er dann wenigstens auch manchmal die Woche über die Nacht bei uns. Aber am Tag sah ich ihn unter der Woche meist nie. Er blickte mich kurz an und las dann seine Zeitung weiter, für ihn war die Sache mit meinem Traum erledigt. Ich nahm mir eine Schüssel mit Cornflakes und goss Milch hinein. Für meine Mum, die gerade die Küche betrat, war der Vorfall noch nicht vergessen. >>Jade! Geht es dir besser?<< Ich nahm mir auch noch einen Löffel und nickte artig. >>Ja Mum. Es war nur ein Traum, nicht weiter schlimm.<< Sie nickte, sah aber nicht so wirklich überzeugt aus.

Dad stand seufzend auf, streckte sich einmal und atmete tief ein. >>Ah ich muss los.<< Er stellte seine noch halb volle Kaffeetasse auf den Herd, faltete die Zeitung zusammen und brüllte Riley noch ein Bye zu. Dann verschwand er in den Flur, nahm seine Jacke, seine Schuhe hatte er schon an. Die Tür fiel leise ins Schloss. Ich habe kein Bye bekommen, aber meine Mum genauso wenig. Ich wusste nicht wie lange er dies Mal fort sein wird, aber Mum wahrscheinlich auch nicht. Riley kam gähnend die Treppe runter. >>Dad ist schon los?<< Hoffnung schwang in seiner Stimme mit, obwohl er die Tür zu fallen gehört haben muss. Und er weiß ganz genau, dass Dad immer ging, ohne sich anständig zu verabschieden. Keine Umarmung, kein Küsschen und schon gar kein „Hab dich lieb“. Wir nickte leicht. Riley verzog sein Gesicht. Ich strich ihm liebevoll durch die Haare. >>Ich fahre heute mit dir Bus.<< Riley grinste mich an. >>Seit wann das? Fährt Kári mit dem Bus?<< Ich wurde rot. Er fuhr tatsächlich mit dem Bus, aber das musste ja keiner wissen. >>Ich will nur einfach heute nicht laufen.<< Das stimmte sogar! Ich wollte wirklich heute nicht laufen, nach dem Traum musste ich mich erst einmal wieder ordnen. Aber ich wollte Kári trotzdem so schnell wie möglich in die Arme fallen. Und da er nicht auffallen möchte und seine Mutter viel auf gesellschaftliche Ordnung und Werte legte, fuhren die Drillinge brav jeden Tag mit dem Bus zur Schule und auch wieder zurück. Ihre Mutter könnte es gar nicht kontrollieren, doch sie liebten sie so sehr, dass es für sie selbstverständlich war, das zu tun, was ihre Mutter sagte. Riley kicherte. >>Das glaube ich dir aufs Wort.<< Ich verdrehte die Augen und schubste ihn Richtung Flur. >>Geh dich anziehen, Kleiner.<< Mum steckte mir heimlich eine kleine Schatulle in die Hand und zwinkerte mir viel sagend zu.

Ich öffnete sie und roch einen lieblichen Geruch. Wunderschöne rote Blumenblüten. Sie leuchteten fast. Und sie rochen gut. Es waren mehrere. Ich nickte meiner Mum dankbar zu und küsste sie auf die Wange. Dann eilte ich meinem Bruder hinterher, zog meine roten Sniker an, sie passten schön zu meiner kurzen Hose und meinem roten Top. >>Wir sind los Mum. Bye. Hab dich lieb!<< Diese Worte nehme ich seit einer sehr langen Zeit wieder in den Mund für meine Mum. Ich wusste nicht, was die Zukunft brachte, doch eines wusste ich. Meine Mum und ich werden ein viel besseres Verhältnis mit einander haben. sie flüsterte leise zurück. >>Ich hab dich lieb.<< Ein normaler Mensch hätte sie jetzt bestimmt nicht mehr gehört, doch ich nahm sie wahr. Ich hörte die Tränen über die Wange laufen. Am liebsten wäre ich zurück gerannt, in ein zwei Sprüngen wäre ich bei ihr gewesen, hätte sie in den Armen genommen und die Tränen weggewischt. Doch das konnte ich noch nicht. Das wäre zu viel. Stattdessen drückte ich die Klinke runter, schluckte meine kommenden Tränen runter, zog die Tür zu und ging ohne mich umzudrehen meinem Bruder hinterher. Er wartete am Ende der Straße auf mich. Bald kamen wir auch schon an der Bushaltestelle an. Ich wusste, warum ich normaler Weise nicht durch die Stadt lief. Jedes Augenpaar lag auf mir. Jedes Augenpaar folgte mir. Ich vergrub meine Hände in die Hosentaschen und starrte auf den Boden. Ich fand es komisch, dass sie vor mir alle zurückwichen und die Wölfe mit offenen Armen empfingen. Lag es daran, dass wir eine andere Ausstrahlung haben? Das der Panther und der Wolf eine andere Ausstrahlung haben? Hieß das dann, dass mein Bruder auf jeden Fall Wolfsausstrahlung hatte? Ein junge riss mich aus meinen Gedanken. >>Hey.<< Sein einfaches Hey ließ mich aufgucken. Vorsichtshalber guckte ich noch hinter mir. Doch hier standen nur er, mein Bruder und ich. Da Riley aber im Bushäuschen saß, konnte er nicht gemeint sein. Moment mal. Das hieß, dass er mich meinte. Schnell sortierte ich die Buchstaben zu einem Wort zusammen. >>Hallo.<< Ich sah ihn unverblümt an. Irgendetwas an ihm, kam mir bekannt vor. Doch trotz meines Panthergedächtnisses kam ich nicht drauf, das war komisch. Eigentlich konnte ich nie ein Gesicht vergessen. Seine Stimme klang rau. >>Gehst du auch auf die Nolans High-School?<< Ich nickte schnell, gab es überhaupt eine zweite High-School in unserem Ort? >>Ja gehe ich. Und du?<< Er lächelte leicht. >>Nein ich gehe da nicht, aber mein Bruder soll da bald zur Schule gehen.<< Ich nickte leicht, warum haute er nicht ab? Warum sagte ihm sein Instinkt nicht, dass ich gefährlich war, oder was auch immer es bei den Menschen sagte, damit sie mich mieden. Ich schnüffelte unauffällig an ihm. Nein er roch nicht nach Chorix. Allerdings roch er auch nicht nach einem normalen Menschen. Bevor wir unseren Smaltalk beenden konnten, fuhr der Bus vor und der Typ war verschwunden. In der einen Sekunde habe ich gerade den entgegen kommendem Bus angesehen und als ich in der nächsten Sekunde mich verabschieden wollte, war er verschwunden. Naja war mir ja auch im Endeffekt egal.

Die Bustüren öffneten sich und ich kramte meine alte Busfahrkarte hervor. Naja was heißt neu? Sie sah aus, als wenn sie gerade gekauft wurde, so selten benutzte ich sie nur. Der Busfahrer nahm mir die Karte argwöhnisch entgegen. Ich verdrehte die Augen. >>Hören sie, so viel habe ich mich vom der Zeit vom Foto bis heute nicht verändert.<< Er sagte nichts, sondern nickte mich nur weiter. Riley grinste er erfreut an. Der grinste zurück, während meine Augen die Köpfe absuchten. >>Ich muss mich für meine Schwester entschuldigen. Tja wenn Frauen nicht genug Schlaf bekommen.<< Das klang so wehleidig, dass ich ihm dafür gar nicht böse sein konnte. Der Busfahrer lachte leise. >>Nun geh mal min jung.<<

Endlich fand ich einen schwarzen Wuschelkopf. Doch er hatte seine Augen geschlossen und anscheinend schien er wirklich zu schlafe? Sonst hätte er mich doch gerochen. Ísak und Arí haben mich zu mindestens bemerkt. Arí winkte mir wild und Ísak drehte sich zu Kári und stupste ihn an. Ein Mädchen saß neben ihm. Ich runzelte meine Stirn und meine Oberlippe zuckte. Ísak sein Blick huschte schnell zwischen mir, Kári und dem Mädchen hin und her. Dann wandte er sich an das Mädchen. >>Hey. Ich muss dich jetzt leider enttäuschen, aber du musst dich weg setzten. Das Mädchen da vorne ist seine Freundin und sie kann sehr eifersüchtig werden.<< Meine Augen glichen zwei Schlitzen. Das Mädchen zuckte nur die Schultern. >>Er schläft ja eh nur, da suche ich mir eine unterhaltsame Bekanntschaft.<< Ich rannte los und stand genau dann vor ihr, als sie aufgestanden war. Auge um Auge, Mund um Mund und Wort um Wort. >>Verpiss dich.<< Meine Worte kamen so heraus geschossen, dass sie schnell zurück wich. Und sie weckten Kári. Er blinzelte mich mit seinen gelben Augen verschlafen an.

>>Jade!<< Er zog mich zu sich runter und küsste mich stürmisch. Das war ich gar nicht so gewohnt von ihm. Ich wurde leicht rot, das selbstbewusst sein von eben ist wie weg geblasen. Er erdrückte mich fast. >>Ich habe mir solche Sorgen gemacht!<< Ich befreite mich kurz aus seinen Augen und konnte meinen Bruder gerade noch erkennen, bevor er sich neben einem Mädchen setzte. Arí grinste mir breit zu. >>Mensch ist das cool. Wann bist du das letzte Mal Bus gefahren?<< Ich antwortete ihm ohne zu zögern. >>Vor meiner Verwandlung.<< Ísak lächelte mir aufmunternd zu. >>Hi. Schön dich zu sehen.<< Er ist immer noch manchmal viel zu förmlich. Ich klopfte ihm auf die Schulter. >>Freut mich auch!<< Kári umschloss mich mit seinen Armen. >>Du riechst so gut!<< Ich küsste ihn kurz. >>Du riechst viel besser.<< Arí kicherte. >>Ja Leute, ich finde auch, dass ihr gut riecht.<< Dann drehte er sich um. Ich versank in Káris Arme und schloss die Augen. Er lehnte seinen Kopf gegen das Fenster und sein Blick lag wahrscheinlich auf mir. >>Ich liebe dich!<< Seine Worte waren sanft in mein Ort geflüstert. Ich seufzte zufrieden und gab es an ihm zurück. >>Ich dich auch.<<

Als wir an der Schule ankamen, küsste Kári mir auf mein Haar und ich stand auf. Mein Rucksack blieb an dem einen hacken hängen und er half mir lachend raus. Ich funkelte ihn wütend an, dabei war es mir einfach nur peinlich. Er war mein erster Freund. Er war sowieso der erste Junge mit dem ich seit meinem 14ten Lebensjahr richtig sprach, der mich ansah, als würde er mich sehen und nicht an mir vorbei oder durch mich hindurch. Wir stiefelten durch die Schule. Hand in Hand. Seine Hände in meiner zu fühlen, war so wunderbar. Es gab mir etwas von Geborgenheit, als würden nicht tausend Sorgen auf meinen Schultern lasten. Die verstohlenen Küsse in den Fluren brachten mich in eine andere Welt in ein anderes leben, wo ich einfach nur ein Teenager Mädchen war, was normale Probleme wie Jungs und Partys hatten. Das sich nicht um den nächsten Tag bangten und nicht an die nächste Verwandlung dachte.

Ich setzte mich in meinen Mathekurs wie immer ans Fenster. Kári neben mich. Plötzlich stand eine Brünette vor uns. Sie sah Kári an, doch der Blick, der zwischendurch verstohlen zu mir huschte, war mal nicht abwertend oder ängstlich. >>Wir suchen noch Footballer. Wir dachten, dass vielleicht du mit hinein möchtest.<< Meine Worten schossen vor Kári seine aus meinem Mund. >>Bist du eine Cheerleaderin?<< Sie sah mich blinzelnd an. >>Ja also das heißt, ich bin gerade dazu gekommen und habe die Aufgabe, neue Footballer zu suchen. Unser Team braucht sie und.<< >>Da hast du an die drei neuen Jungs gedacht.<< Führte ich ihren Satz zu Ende. Sie nickte schnell und sah dann wieder Kári an. Der grinste. >>Klar sind wir dabei ich und meine Brüder auch.<< Sie bedankte sich und huschte dann schnell auf den Platz. Ich sah Kári an und hätte ihm am liebsten sein dämliches Grinsen aus dem Gesicht gewischt.

Kapitel 6

 

Kári sah mich fragend an. >>Was guckt du so wütend?<< Ich knurrte leise und zeigte ihm meine Zähne. >>Du willst in das Footballteam?<< Er zuckte nur mit den Schultern. Das machte mich wahnsinnig wütend. >>Weißt du was dann die Cheerleaderinnen mit dir machen werden? Ich kann dir das ganz genau sagen. Sie werden über dich herfallen, dich an flirten und was weiß ich!<< Kári sah mich erst verwirrt an, lachte dann aber leise. >>Du bist eifersüchtig!<< Ich grummelte leise, doch meine Wut verschwand nicht. Obwohl ich ihm einen vernichtenden Blick zu warf, lachte er einfach weiter. Arí drehte sich zu uns um. >>Was ist denn so lustig?<< Da Kári immer noch lachte und mein Knurren bei ihm nicht brachte, fauchte ich jetzt Arí zusammen. >>Ihr sollt ins Footballteam. Und da ich damit nicht ganz einverstanden bin, lacht Kári!<< Arí zog seine Augenbraue hoch. Ja nur die Rechte. Die Andere verweilte an der gleichen Stelle wie vorher. Damit sah er total arrogant aus, aber es stand ihm auch. >>Naja warum sollen wir auch nicht zum Football gehen können?<< Ich ballte meine Hände zu Fäusten und schloss die Augen. Ich zog die Luft ein, hielt sie an Langsam zählte ich im Kopf bis zehn. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn. Dann stieß ich die Luft langsam wieder aus. Nachdem ich die Augen geöffnet hatte, öffnete ich auch wieder meine Fäuste. Ich hatte mich ein wenig beruhigt. >>Arí die Cheerleader werden sich an ihn ran machen, und an euch natürlich auch. Für die seid ihr Frischfleisch, was sie noch nicht in ihren dreckigen Händen hatten.<< Kári verstummte endlich und strich mir die Haare aus dem erhitztem Gesicht. >>Wir werden ihnen klar machen, dass sie nicht an mich ran kommen. Immerhin wissen sie von dir und ich hatte gedacht, du hast ihnen in der letzten Woche nur überdeutlich klar gemacht, dass ich zu dir gehöre. Also werden sie die Finger bei sich lassen.<< Ich war zwar immer noch ein wenig angepisst, beließ es aber dabei und wandte mich ab. Ich hörte Káris Seufzen und konnte mir einen Blick gerade zu gut vorstellen. Bevor ich mich ihm aber wieder zu wenden konnte, stürmte der Lehrer in das Klassenzimmer. Er schmiss seine Tasche auf das Pult und schnaufte dann. Ich verdrehte die Augen, das verhieß eine so langweilige Stunde, dass mir jetzt schon die Augen vor Müdigkeit zu fielen. Er zwang sich zu einem Lächeln. >>Guten Morgen!<<

Wir murmelten alle nur einen guten Morgen zurück und sahen voll desinteressiert aus. Er grinste dann und klappte seine Tasche auf. Natürlich holte er einen Bogen voller Zettel heraus! Ein Test! Oh man! Ich hatte es total verschwitzt, dass er ja seit einer Woche regelmäßig einen Test schreibt. Und ich habe gestern noch nicht einmal den Kopf gehabt, irgendetwas zu lernen! Ich stöhnte und ließ meinen Kopf auf die Tischplatte fallen. Als mein Lehrer meinen Test auf meinem Tisch legte grinste er nur wie blöde. >>Wenn sie genug gelernt haben, dann brauchen sie nichts zu befürchten, Jade.<< Ich knurrte leise und riss meine Federtasche auf. Laura sah mich von der anderen Seite des Raumes nur spöttisch an und zückte dann ihren Kulli. Laura mag ja nichts im Hirn haben, aber Mathe konnte sie. Aber es war auch das einzige abgesehen vom Cheerleadern. Ich presste meine Lippen zusammen und beugte mich über mein Heft. Da standen Zahlen und Zahlen. Ich hatte keine Ahnung wie sie zusammen gehörten oder in welchem Bezug sie zu einander stehen. Ohje. Wir sollen da irgendwelche Gleichungen wieder gleichsetzen. Ich habe null Plan, wie das geht. Ok dann schreib ich erst einmal meinen Namen hin. Ich beugte mich tiefer über das Blatt. Verstohlen linste ich durch die Klasse. Alle schrieben sie eifrig. Mein Mathelehrer beobachtete mich und ich setzte meinen Füller an. Ich schob die Federtasche vor mein Blatt, damit er nicht sehen konnte, dass ich nur meinen Namen hin schrieb. Jade. Ganz langsam. Jeden Buchstaben sorgfältig. Ich seufzte und las mir die erste Aufgabe durch: Peter kauft 3 Äpfel und 4 Birnen. Er muss 4,30 € bezahlen. Lisa erhält für 3,90 € 5 Äpfel und 2 Birnen. Wie viel kostet ein Apfel und eine Birne? Das weiß ich doch nicht. Sollen sie einfach nur einen Apfel und eine Birne kaufen. Dann werden sie doch sehen, wie viel das kostet. Man das konnte ich natürlich nicht schreiben. Wie war denn das? Dafür brauchte man auf jeden Fall Variablen. Also ist a einfach der Preis des Apfels und b der der Birne. Ich schrieb es erst einmal hin, damit ich es nicht gleich wieder vergaß. Danach sollte ich vielleicht so eine Gleichung aufschreiben. 3a + 4b=4,30? Ka. Naja dann müsste die zweite Gleichung ja 5a + 2b=3,90 sein. Bevor ich noch irgendetwas aufschreiben konnte, klatschte unser Lehrer in die Hände. >>Das reicht! Alle Zettel zusammenschieben!<< Ich knirschte mit den Zähnen, das war eindeutig zu wenig Zeit. Schnell schob ich meinen Test unter Káris. Sein Test war natürlich total überfüllt zugeschrieben. Kári sah mich fragend an, als ich tief seufzte. Alle fingen an, sich gegenseitig zu fragen, was man bei der und der Aufgabe hatte. Tja ich hatte nicht ein einziges Ergebnis. Als Arí sich auch umdrehte und Kári fragte, was er bei Aufgabe drei hatte, fauchte ich ihn kurz an. Meine Augen glitzerten vor Wut.

Kári legte mir beruhigend eine Hand auf die Schulter und hielt mich davon ab, aufzuspringen und Arí hier und jetzt seinen Kopf abzureißen. Trotzdem versuchte ich aufzustehen und Káris Hand wiederstand zu leisten, doch er drückte mich weiterhin auf meinen Stuhl. Fauchend gab ich auf. Arí sah mich leicht irritiert an. Ich knirschte mit den Zähnen. >>Was glotzt du so?<< Arí runzelte noch verwirrter die Stirn. >>Ich habe Kári nur eine ganz normale Frage gestellt, was kann ich denn dafür, dass du gleich so abgehst?<< Ich presste meine Lippen zusammen und atmete tief und schnell ein und aus. Arí schüttelte nur den Kopf und murmelte nur etwas, von wegen. >>Hast du deine Tage?!<< Meine Hände fingen an zu zittern und meinem Körper durch lief ein Beben. >>Halt einfach dein Maul und kümmere dich um deinen Scheiß. Niemanden interessiert hier dieser Test, also nerve einfach nicht!<< Kári drehte mich zu ihm um. >>Jade. Lass bitte deinen Zorn nicht an Arí aus, er hegte keine bösen Absichten gegen dich.<< Ich fauchte noch ein letztes Mal wütend, riss mich von Kári los und rannte aus dem Klassenraum. Alle Blicke lagen auf mir. Doch mir war das total egal. Ich wollte einfach einmal raus. Frische Luft schnappen, einen freien Kopf kriegen und laufen. Ich musste jetzt laufen. Die Wut brannte immer noch in mir und mein Panther kratzte schon an der Oberfläche. Ich konnte nicht zu lassen, dass sie ausbricht.

Knurrend rannte ich den Flur hinunter und schwang mich über das Geländer fünf Meter hinunter ins Erdgeschoss. Ich horchte, aber es war ganz still. Ab und zu konnte ich ein zwei Stimmen aus den Klassenräumen wahr nehmen, aber niemand sah nach mir oder hatte etwas gehört. Ich schlich mich an den Klassenzimmern vorbei. Niemand hörte mich, nur mein kleiner Bruder roch mich anscheinend, er flüsterte meinen Namen. Natürlich so leise, dass nur ich ihn hören konnte. Aber ich wollte jetzt nicht reden. Ich wollte einfach nur verschwinden und wieder frei sein, frei von den Gedanken und Sorgen, die mich umhüllten. Ich schwang mich gerade aus dem Fenster, als sich eine Tür im ersten Stock öffnete. >>Jade!<< Es war Ísak. Ich war unschlüssig. Wollte ich auf ihn treffen oder wollte ich nicht? Würde er mir folgen, wenn ich weg rannte? Würden Kári und Arí ihm folgen? Ich stieß einen leises Knurren der Verzweiflung aus, doch zum wegrennen war es eh zu spät. Ísak stand schon vor mir. Besorgt musterte er mich eingehend. >>Jade. Hast du dich wieder beruhigt?<< Seine Stimme klang beruhigend und umwarb mich vollkommen. Aber ich war immer noch so wütend. >>Ísak, ich war überhaupt nicht aufgebracht. Ich muss mich nicht beruhigen, ich will einfach nur wieder für ein paar Minuten den Kopf frei kriegen und frei sein. Einfach loslassen, versteht du?<< Es war mir egal, ob er mir folgen würde, was er jetzt von mir denken würde, aber ich rannte einfach davon. Ich sprang in die Luft und zog mir die Schuhe aus und auch meine Socken. Das kühle Gras kitzelte ein wenig, aber das störte mich nicht. Ich streifte mir meine Klamotten ab und hinterließ eine Spur von kleidungstücken, die direkt in den Wald folgte und dann einfach so aufhörte. Da hatte ich mich verwandelt. Ich blickte zurück. Mein schwarzer Körper zwischen den Bäumen verborgen, starrten meine grünen Augen zu Ísak. Er stand einfach nur da, am Fenster wo ich feige verschwunden war. Er folgte mir nicht. Er sah mir direkt in die Augen. Langsam stieg er auch aus, aber nur um meine Schuhe aufzuheben und dann meine Socken. Er beseitigte meine Spur.

Mein Pantherweibchen legte den Kopf schief und ich überließ ihr die Führung. Es kamen ganz andere Gefühle und Gedanken hoch. Ich konnte frei sein und vergessen. Argwöhnisch beobachteten wir, mein Panther und ich, den Jungen, der die Kleidung aufsammelte. Er kam dadurch immer näher. Wir rissen uns von dem Blick los und wir rannten fort. Ich fiel immer weiter nach unten und mein Pantherweibchen kam immer weiter an die Oberfläche, bis ich nur noch ganz klein war. Die Bäume huschten an ihr vorbei, sie roch etwas. Etwas Herzhafteres. Sie verlangsamte meine Schritte.

Plötzlich kreischte etwas über ihr auf, sie erschrak und mein Kopf ruckte nach oben. Es war nur ein Vogel. Sie widmete sich wieder meiner Spur. Sie folgte dem Geruch. Ihr lief das Wasser im Maul zusammen. Sie kam zu einer kleinen Böschung und dann sah sie es. Das Reh. Es trank gerade aus einem kleinen Bach. Als ein Stock unter ihrer Pfote zerbrach, erstarrten sie beide. Das Reh sah auf und huschte in Windeseile davon. Fauchend rannte sie hinterher. Sie war schneller und irgendwann war der Abstand zwischen ihnen so klein, dass sie es mit einem Sprung umwarf. sie biss es in die Flanke und riss. Es jaulte und gab unter ihrem Gewicht nach. >>Jade das bist doch nicht du!<< Sie sah nur kurz von ihrer Beute auf und sah in die Augen des Jungens. Er war zu nahe, an IHRER Beute. Knurrend beugte sie sich vorne rüber. Seine Stimme klang ruhig, dabei sollte er Angst haben. Sein Körper müsste schwitzen! Er lächelte leicht. >>Jade übernimm mal bitte wieder. Du solltest deinem Panther die Freiheit nicht zu lange gewähren.<<

Ich war endlich frei und dann kam er wieder. Ich seufzte. Dann übernahm ich wieder die Führung, bevor es wirklich zu spät war. Um es ihm zu zeigen setzte ich mich, aber weit genug von dem Reh entfernt. Der Anblick löste Ekel in mir auf. Ísak lächelte jetzt wirklich. >>Jade ich bin froh, dass du es wieder bist. Warst du jetzt genug frei? Können wir bitte wieder zum Unterricht? Zu mindestens zur Biologiestunde? Mathe ist jetzt eh gleich vorbei.<< Ich putzte meine Pfoten, damit ich ihn nicht ansehen musste. Natürlich hatte ich mich wieder beruhigt, aber wollte ich mir wirklich die Blöße geben und da in die Klasse marschieren, als wäre nichts gewesen? Die stempeln mich doch als total verrückte ab. Ísak schien meine Gedanken zu erraten. >>Wenn du erst morgen wieder hingehst, dann werden sie erst recht reden. Dann zeigst du ihnen ja, dass etwas nicht mit dir stimmt!<< Er hatte recht. Seufzend stand ich auf und streckte mich. Ich stupste ihn an, er hatte noch meine Sachen. Er lachte leise und legte sie mir hin. Dann verschwand er ins Unterholz. Schnell zog ich mich um. Das war der Nachteil, wenn ich mich ohne Klamotten verwandelte. Doch wenn ich sie anbehielt, musste ich sie auch mit mir herum tragen, sie waren dann eine extra Portion Fell.

Ich fand Ísak schnell. Er umarmte mich kurz und ich nuschelte ein kleines, leises Danke an seine Schulter. Er tätschelte mir den Rücken und wir liefen im leichtem trab zurück zur Schule. Es dauerte nicht lange, da konnte ich sie schon erkennen. Ich seufzte tief und straffte dann meine Schultern. >>Na komm. Was hat Kári dazu gesagt?<< Er sah mich nicht an, er warf mir nicht einmal einen kleinen Blick zu. >>Er hat nichts gesagt. Er brauch auch gar nichts sagen, denn ich bin ein eigenständiger Wolf.<< Ich erwiderte nichts. Nicht weil ich unhöflich war, sondern einfach, weil ich nichts zu sagen hatte. Ich meine, okay er hat mir meine Frage beantwortet, mehr wollte ich ja auch nicht. Ísak hielt mir die Tür auf. >>Kopf hoch du schaffst das.<< Ich schnaubte leise. >>War mein Kopf etwa unten? Es interessiert mich nicht, was sie denken oder sagen. Es tut mir einfach nur leid, dass ich deinen Bruder so angefahren habe. Vielleicht habe ich ja wirklich meine Tage.<< Ich zwinkert ihm zu und er musste sich ein Lachen verkneifen. >>Das wäre vielleicht wenigstens eine Erklärung!<< >>Ey!<< Er wich meinen Schlägen aus, naja ich schlug ihn nicht wirklich, nur so leichte Hiebe. Er lachte jetzt laut. Und ich verzog mein Gesicht. >>Mann! Ich bin halt einfach nur so stak von Sorgen geplagt, da kann ich halt nicht immer meine Gefühle im Zaun halten!<< Er strich mir zärtlich über die Wange, zog seine Hand aber schnell wieder weg. >>Ich weiß. Ich möchte dich doch auch nur ein wenig aufheitern. Du bist uns wirklich wichtig, insbesondere Kári, wir wollen, dass es dir gut geht. Und wir können ein wenig Zickerei schon ab, glaube mir. Es ist auch nicht schlimm, wenn Arí sich bei dir ein wenig seine Hörner abstößt.<< Er zwinkerte mir schelmisch zu und ich kicherte.

Schon standen wir vor dem Biologieraum. Ich öffnete schnell die Tür und alle Blicke lagen wieder auf mir. Es war mir wirklich egal. Was mir allerdings nicht egal war, dass Laura sich gerade über Káris Tisch beugte und ihre unechten Titten schon fast aus ihrem Top fielen! Fauchend packte ich sie an den Schultern. >>Du sollst die Finger von ihm lassen!<< Sie sah mich abwertend an. >>Ich habe meine Finger bei mir gehabt! Außerdem sollte er das entscheiden, welche Finger er vorzieht oder nicht?!<<

Kapitel 7

 

Mein linkes Augenlied fing an zu zucken und meine Finger verkrampften sich. Es war nicht so, dass alles in mir brodelte und ich total wütend war. Der Panther ist schon da. >>Natürlich darf er das, aber erstens denke ich, dass er sich schon für meine entschieden hat. Und sollte er sich doch für deine entscheiden, dann musst du damit rechnen, dass ich dir dein Leben Wort wörtlich zerstöre.<< Sie lachte spöttisch und meine Faust bewegte sich wie von sich selbst auf ihr Gesicht zu. Doch bevor ich sie treffen konnte, hielt Kári mein Handgelenk fest. Es war nur Millimeter vor ihrem Gesicht. Sie riss die Augen auf und starrte mich mit offenem Mund an. Ich hielt den Blick stand. Kári drückte meine Hand runter und schob sich vor Laura, um mich anzugucken. >>Du weißt doch, dass ich mich immer für dich entscheiden würde?<< Ich ließ meine Abwehr fallen und nickte. Kári lächelte leicht. Dann nahm er meinen Kopf vorsichtig in seinen Händen und küsste mich. Ich klammerte mich in seinen Nacken fest und presste mich an ihn. Lauras Schnauben unterbrach uns. >>Also ganz ehrlich, du wirst schon merken, was du verpasst.<< Sie dreht sich um und stolzierte davon. Arí trat ihr in den Weg. >>Hey Süße. Also wenn du meinen Bruder nicht bekommen kannst, ich bin auch noch da.<< Sie sah ihn gering abschätzend an. >>Nein danke. Ich gebe mich nicht mit der zweiten Wal ab!<< Und dann stiefelte sie wie eine hochnäsige Schnepfe davon. Ich könnte kotzen, Arí sah für einen kurzen Moment auch echt gekrängt aus, aber schon bald hatte er seine lustige Art wieder. Nur mich sah er zögerlich an. >>Hey es tut mir leid, dass ich dich so aufgebauscht habe.<< Ich lächelte ihn zerknirscht an. >>Hey ist doch nicht deine Schuld. Ich hatte mich ja nicht in der Gewalt gehabt. Wenn hier einer Schuld hat, dann ja wohl ich.<< Er grinste wieder erfreut und der alter Spaßkumpel Arí war wieder da. Ich sah zu Ísak, der mir kurz zunickte.

Ich drehte mich zu Kári um und sah ihn mit leuchtenden Augen an. Er grinste und zog mich an sich. Ich atmete seinen Geruch tief ein. Er roch nach Kári, nach Wald und frischer Luft. Er war mein Fels in der Brandung. Ich hatte vollstes Vertrauen zu ihm. Nichts und niemand würde uns trennen können. Er legte seine feuchten Lippen auf meine. Ich spürte das Blut in ihnen pulsieren. Ich knabberte leicht an seiner Unterlippe, aber leider löste er sich rasch wieder von mir. Er zwinkerte mir zu und beugte sich zu mir. Sein Atme kitzelte an meinem Ohr. >>Wir haben Zuschauer. Also nicht dass das mir etwas ausmachen würde, aber ich würde solche Momente gerne alleine mit dir verbringen.<< Dann küsste er mein Ohrläppchen und zog mich mit zu meinem Platz.

Der Rest des Unterrichts verflog schnell. Am Ende der Schule wusste ich nicht, ob ich als Panther zurück nach Hause laufen wollte. Ich fühlte mich eigentlich wieder recht gut, aber der Traum saß immer noch in meinen Knochen. Was ist wenn das irgendetwas Mystisches ist? Wenn es etwas bedeutete? Wenn der Typ wirklich existierte, ich ihn irgendwann einmal gesehen habe und mein Unterbewusstsein ihn sich abgespeichert hatte? Doch niemand kann mir solche Schmerzen bereiten. Nicht irgendein Menschlicher. Aber der Mann oder eher gesagt der Junge aus meinem Traum war kein normaler Menschlicher, er hatte etwa Übernatürliches an sich. Vielleicht war er ja auch ein Gestaltenwandler? Aber mit roten Augen? Passte auch nicht zusammen.

Kári riss mich sanft aus meine  Gedanken. Ich sah ihn fragend an und er runzelte leicht die Stirn. >>Ich habe dich gefragt, ob du mit dem Bus auch wieder zurück fährst? Wir müssten noch etwas für unsere Mutter erledigen, also würde ich mit dem Bus fahren und nicht gleich zu dir, oder eher gesagt mit dir in den Wald. Ich nickte kurz. >>Ich fahre mit dem Bus.<< Es war mir dann doch sicherer, nicht bevor ich das mit dem Traum abgeschlossen hatte. Aber da war plötzlich wieder diese Hitze. Sie setzte sich in meinem Blut, Muskeln, Sehnen und Knochen fest. Sickert langsam durch meinen ganzen Körper. Je näher wir der Bushaltestelle kamen, desto stärker wurde sie. Ich fühlte meine Stirn, ob nicht doch schon ein paar Schweißtropfen liefen. Doch sie war trocken. Und auch nicht gerade heiß. Ich hatte das Gefühl, dass meine Beine gleich nachgeben würden. Ich strauchelte und klammerte mich im letzten Moment an Kári, bevor ich mit dem Boden Bekanntschaft machte. Ich murmelte eine kleine Entschuldigung und schloss die Augen. Es drehte sich alles. Ich hatte das Gefühl, dass ich verbrannte. Als ich die Augen wieder langsam öffnete, sah Kári mich besorgt an. >>Was ist denn los? Ist dir schlecht?<< Ich schüttelte leicht den Kopf und stolperte weiter. >>Mir geht es gut. Mir ist einfach nur ein wenig warm.<< Er runzelte leicht die Stirn und deutete auf meine kurze Short und das Top. Fragend zog er eine Augenbraue hoch. In einer anderen Situation fände ich das total sexy, doch gerade war ich kurz davor zu kotzen. Ich ignorierte ihn und er nahm dann auch meine Hand und verlor kein Wort mehr über dieses Thema. Ich hatte gehofft, dass es nur so ein kleiner Anfall von Schwäche war und nichts Ernstes. Doch je näher wir bei diesem Bus waren, desto schlimmer wurde es. Ich hatte nicht gedacht, dass es noch schlimmer werden könnte. Aber es schmerzte so stark, dass ich mir stöhnend den Kopf hielt. Ísak fühlte meine Stirn. >>Du bist kalt. Fieber hast du also nicht.<< Ich grummelte leise. >>Ich bin nicht krank! Ich kann nicht krank werden, also jeden falls war ich es noch nie.<< Ísak zuckte die Schultern und wandte sich dann wieder ab. Wir waren gleich bei dem Bus. Meine Augen wanderten über die Köpfe, ob ich meinen Bruder erkannte. Aber ich brauchte ihn gar nicht suchen, er stand plötzlich vor mir. Er sah mir in die Augen. >>Jade! Was ist los?<< Er packte Kári am Hals. >>Was hast du mit ihr gemacht?<< Arí und Ísak packten Riley an den Schultern. Er hatte zu zittern begonnen und zuckte verkrampft mit seinem Kopf hin und her. >>Ich bring dich um, wenn du ihr irgendetwas angetan hast!<< Ich murmelte leise. >>Riley! Beruhige dich. Er hat mir nichts getan. Mir ist einfach nur warm.<< Er beruhigte sich tatsächlich und löste sich mit einem bösen Blick von Arí und Ísak. >>Jade. Das hattest du noch nie. Sicher dass du nicht krank bist?<< Ich nickte zögerlich. Plötzlich fiel mein Blick auf einen sehr hellen Blondschopf. Seine Augen starrten mich hungrig an? So kam es mir vor. Es klingt absurd, aber er sah so aus, als wenn er sich im nächsten Moment auf mich stürzen wolle. Ein weiterer Junge zog ihn an den Schultern zurück. Das war der Junge von heute Morgen bei dem Bus. Dann war der zweite bestimmt sein Bruder. Sie gingen in die entgegen gesetzte Richtung von uns. Je weiter er ging, desto schneller verschwand die Hitze wieder. Es war so schnell weg, wie es gekommen war. Zurück blieb nur eine schwache Ahnung davon. Ich strich meine Haare zurück und meinte dann mit fester Stimme. >>Es geht schon wieder. Lass uns nach Hause fahren.<< Riley wich mir nicht mehr von meiner Seite. Ísak und Arí versanken in ein ernstes tiefes Gespräch und Kári beharrte darauf, dass ich nach Hause fuhr und mich ausruhte. >>Bitte. Tue es für mich. Du kannst auch laufen wenn du willst.<< Ich schüttelte heftig den Kopf. >>Ich möchte wenigstens ein kleines bisschen Zeit mit dir verbringen!<< Dann holte ich die Schatulle heraus und nahm ein Blütenblatt. Schnell legte ich es unter meine Zunge. Kári sah mich entgeistert an. Das Blütenblatt schmiegte sich an meine Zunge und war kaum zu merken. >>Meine Mum hat es mir gegeben. Damit verfliegt der Wolfsgeruch an mir. Ich will unsere Beziehung nicht geheim halten wirklich! Aber Dad ist einfach so stur.<< Ich schmiegte mich an Kári. Er küsste meine Stirn und zeigte vollstes Verständnis. >>Baby, das weiß ich doch.<< 

Sie Busfahrt verging leider sehr schnell. Ich verabschiedete mich von Kári, Ísak und Arí und stieg mit meinen Bruder wieder aus. Ich beobachtete ihn von der Seite. Vorhin ist er echt sehr wütend geworden. Dieses Zittern ist ein Zeichen, dass seine Verwandlung schon sehr bald stattfindet. >>Riley. Wie fühlst du dich?<< Er zog seine Augenbrauen hoch. >>Wie meinst du das? Wie soll ich mich denn fühlen?<< Ich zuckte mit den Schultern. >>Naja ich meine, du warst vorhin sehr wütend.<< Er nickte leicht. >>Ja das war ich in der Tat. Aber die Wut ist so schnell verflogen, wie sie gekommen war. Und jetzt fühle ich mich wieder blendend.<< Ich nickte und schwieg dann wieder. Wie wird es für ihn sein, wenn er sich in etwas anderes Verwandelt? Wird er sich belogen vorkommen? Wird er Angst haben? Ich meine, unser Dad hasst Wölfe. Und dann ist sein Sohn ein halber? Wird das Riley verkraften? Ich beobachtete ihn wieder von der Seite. Er merkte es und knurrte kurz. >>Was ist, Jade!?<< Ich schüttelte nur leicht den Kopf. >>Ich mache mir Sorgen. Wenn es so ist, wie bei mir, dann werden sich alle Menschen in deiner Umgebung verändern und von dir abwenden.<< Riley starrte stur geradeaus. >>So wird es bei mir nicht sein. Es ist anders.<< Ich stockte kurz. Wusste er von der Affäre unserer Mutter? >>Warum denkst du das?<< Er sah mich immer noch nicht an. >>Ich sehe nicht aus wie ihr. Und die Verwandlung ist ganz anders. Bei dir kam sie schleichend und langsam. Bei mir ist sie schnell da. Ich bin eine tickende Zeitbombe. Letztens als ich mich mit Michael geprügelt habe. Ich habe es gespürt. Wäre Ísak nicht dazwischen gegangen, hätte ich mich verwandelt. Ich brauche nur einen Auslöser und ich bin nicht mehr ich.<< Er klang nicht traurig, er klang ernst und distanziert. Er ahnt bestimmt etwas. Aber warum hat Ísak sich eingemischt? Vielleicht, damit sich Riley nicht vor allen Augen verwandelt? >>Ich bin auch eine Zeitbombe, Riley. Ich werde auch schnell wütend.<< Jetzt ah er mir in die Augen. Seine waren weit geöffnet und mir fiel auf, dass sie dunkler werden. Sie sind nicht mehr blassgrau. Sie sind eher ein tiefes Meeresblau. Warum? >>Du wurdest aber nicht vor deiner Verwandlung so. bei dir war es so, dass sie langsam kam. Deine Sinne wurden langsam verschärft. Bei mir sind sie nur verschärft, wenn ich so richtig wütend bin. Und dann hast du dich sofort verwandelt, als du den Auslöser hattest. Bei mir kommt es nicht.<< Er strich sich durch seine Haare. Aber auch die waren dunkler geworden. Was passiert mit ihm? Ich schnupperte leicht. Er roch immer mehr nach Kári. Sehr nach Wald, Erde und Wolf. Er fauchte kurz. >>Was machst du da?<< Ich war erleichtert, das Fauchen haben nur Katzen. >>Ich habe kurz gerochen, wie weit du bist.<< Seine Augen waren immer noch zu Schlitzen. >>Und?<< Ich zuckte mit den Schultern. Du riechst so, als wäre es bald soweit.<< Er raufte sich die Haare und kam ein paar Schritte auf mich zu. Wir waren zum Glück schon auf unser etwas ab gelegeneres Grundstück angekommen. >>Nach was rieche ich?<< Ich zuckte die Schultern. >>Nach Chorix.<< Er knurrte und duckte sich. Vielleicht sollte ich ihn weiter provozieren, damit er sich endlich verwandelt. Aber bevor ich irgendetwas sagen konnte, sprang er auch schon auf mich zu. Ich wirbelte herum, damit er mich nicht erwischte. Ich warf meinen Rucksack ab und ein Beben durchlief meinen Körper. >>Riley! Komm wieder runter und mach mich nicht wütend!<< Er jaulte auf und sein Körper begann unkontrolliert zu zucken. Er warf den Kopf nach hinten und seine Adern traten hervor. Sie schwollen dick an und er knurrte und jaulte weiter. Ich rief kurz nach meiner Mum. >>Mum! Komm bitte sofort in den Garten!<< Sie kam und ihr viel das Handtuch aus der Hand, als sie Riley erblickte. Ich stand immer noch in Abwehrhaltung. Das war auch gut, denn dann sprang Riley mich wieder an. Er schnappte nach mir. Es war normal unter Chorixgeschwistern, dass man sich einmal in die Flicken bekam. Ich hatte mich so weit unter Kontrolle, denn ich wollte ihn nicht verletzen. Meine Mum packte ihn von hinten, aber er riss sich los. Sie war einfach nicht stark genug. Sie verwandelte sich. Aber bevor sie eingreifen konnte, sprangen zwei Wölfe aus dem Gebüsch. Es waren Arí und Kári. Ísak kam als Mensch hervor. Er packte Riley gekonnt und hatte ihn mit einem Griff so gut in der Hand, dass er sich von mir löste. Er sprach beruhigend auf ihn ein. Mum stand mitten im Garten und starrte die zwei Wölfe an. Arí ging zu Riley hinüber um Ísak notfalls zu helfen. Kári trottete zu mir. Ich lehnte mich an seine Schulter. Er verwandelte sich und küsste mich stürmisch. >>Es tut mir so leid. Ich hätte dich nicht mit ihm alleine lassen dürfen. Nicht nachdem er so ausgerastet ist auf dem Schulhof.<< Er wandte sich zu meiner Mutter um und streckte ihr die Hand entgegen. >>Ich bin Kári. Es tut mir sehr leid, dass wir Ihnen solche Scherereien bereiten. Aber ich liebe Ihre Tochter wirklich über alles. Ich werde sie mit meinem Leben beschützen, falls es notwendig wird.<< Er sah ihr fest in die Augen. Arí hat sich mittlerweile auch wieder zurück verwandelt und stellte sich neben ihm. >>Und ich bin Arí sein Bruder. Ich hoffe wir haben ihre Büsche nicht allzu verletzt.<< Riley hat sich mittlerweile beruhigt und Ísak ließ ihn los. >>Jade! Es tut mir total leid. Ich habe doch gesagt, ich habe mich nicht unter Kontrolle.<< Das blanke Entsetzen stand in seinen Augen. Die waren übrigens wieder dunkler geworden, genau wie seine Haare, die mittlerweile fast als dunkelblond durchgehen könnten. Ich weiß nicht genau, was das zu bedeuten hatte. Aber es war bestimmt kein gutes Zeichen. >>Es ist nicht schlimm, Riley! Bevor man sich verwandelt ist das ganz normal.<< Riley schüttelte den Kopf. >>Du bist mich damals nie so angegangen!<< Dann drehte er sich um und machte ein paar Schritte auf unsere Mutter zu. >>Mum, es tut mir leid. Ich wusste nicht, dass ich stärker bin als du.<< Sie seufzte und strich ihm durch die schon wieder dunkler gewordenen Haare. >>Mir tut es leid, Großer.<< Er senkte den Kopf. >>Vielleicht sollten wir Dad anrufen, vielleicht kann er mich zügeln.<< Ísak mischte sich schnell ein. >>Hey, ich dachte dein Dad arbeitet sehr beschäftigt. Wir können dir doch helfen.<< Seine Oberlippe zuckte. >>Ihr seid Wölfe!<< Mein Blick huschte zu Mum. Sie sah Riley besorgt an. Und das zu recht, wie wird er reagieren, wenn er erst einmal in den Spiegel schaut. Ich denke, Mum sollte ihn schon vor der Verwandlung einweihen. >>Ja aber sie hatten dich eben ganz gut im Griff. Und mich würde es ganz und gar nicht stören, wenn Ísak und Arí dir helfen, dann kann ich Kári entführen und dir aus dem Weg gehen.<< Ich lehnte mich gegen Kári und zwinkerte ihm zu. Der grinste wissend uns nickte bekräftigend. >>Ja dann können Ísak und Arí dir ein paar Tipps geben und ich beschäftige deine Schwester derweil.<< Meine Mum schüttelte energisch den Kopf. >>Jetzt reicht’s, kommt doch erst einmal zum Essen rein. Also auch ihr.<< Dabei nickte sie zu den drei Brüdern.

Kapitel 8

 

Ich küsste Kári kurz und zog ihn dann in Richtung Haus. Riley grinste von einem Ohr zum anderen und ist wieder total happy. Vergessen ist die kleine Auseinandersetzung von eben. Mum drehte sich in der Tür noch einmal um. >>Also Essen ist noch nicht ganz fertig, aber ihr könnt solange ins Wohnzimmer gehen.<< Sie hat ihr Handtuch auf dem Rasen vergessen, ich hob es zwischendurch auf und rannte ihr hinterher in die Küche. Die Jungs verzogen sich aufs Wort ins Wohnzimmer vor dem Fernseher. Ich zog die Tür hinter mir zu und lehnte mich gegen den Tresen. Das Handtuch warf ich ihr zu. Ich zog eine Augenbraue hoch und musterte meine Mutter. Sie stöhnte und verdrehte die Augen. Mich ignorierend wandte sie sich zu den Töpfen auf dem Herd zu. Sah nach Spagetti mit Käsesahnesoße aus. Ich räusperte mich leise und wartete ab. Als sich nach einer Weile immer noch nichts Tat räusperte ich mich erneut. Meine Mum stöhnte genervt. >>Was willst du?<< Ich verschränkte meine Arme vor meiner Brust. >>Dass du Riley die Wahrheit sagst. Bevor er in den Spiegel guckt oder noch schlimmer, sich verwandelt.<< Sie sah mich entsetzt an. >>Bist du wahnsinnig geworden? Was soll ich denn sagen? Dass er aus einer Affäre mit einem Wolf stammt?<< Ich nickte. >>Zum Beispiel! Hast du ihn dir schon einmal angeguckt? Seine Haarfarbe und Augenfarbe wird zusehends dunkler! Denkst du nicht, dass ihm das auffallen wird? Und so viel wie er vor dem Spiegel verbringt, wird er spätestens heute Abend sowieso ausrasten und die Wahrheit wissen wollen!<< Mum seufzte und machte den Herd aus. >>Ich kann es nicht, es würde bedeuten, dass meine Beziehung in den Arsch geht!<< Ich seufzte auch. >>Ja aber es wird so oder so dazu kommen, dass wird dir bewusst oder?<< Sie wischte sich eine Träne aus dem Auge. >>Weißt du was passiert, wenn es raus kommt? Dann werde ich verbannt. Aber ich weiß nicht, ob Riley auch. Kommt wahrscheinlich drauf an, wie viel er vom Wolf hat. Und du? Du wirst nicht verbannt. Das würde ich nicht verkraften!<< Ich nahm sie in die Arme. >>Mum wir halten immer zusammen. Und durch meine Beziehung zu Kári werde ich jetzt auch nicht mit offenen Armen empfangen.<< Sie schniefte. >>Nein. Ich werde es nicht zu geben. Ich kann immer hin sagen, dass irgendjemand in der Familie das Gen trägt und es verdeckt weiter gegeben wurde. Und da du eine Kätzin bist, werden sie mir vielleicht glauben. Und Riley wird die Wahrheit auch nicht erfahren müssen. Er würde mich sonst hassen!<< Ich schüttelte ungläubig den Kopf. >>Aber das ist doch nicht die Lösung, Mum! Riley hat die Wahrheit verdient! Und ich hasse dich doch auch nicht, warum sollte er es dann tun? Und er mag die Jungs doch auch. Übrigens denke ich, dass Ísak mehr weiß, als er uns sagt. Er scheint schon einmal zwischen einer Prügelei dazwischen gegangen zu sein! Ich denke, dass wir einmal mit ihm reden sollten!<< Meine Mum wandte sich ab und zuckte nur mit den Schultern. Ich ließ es dabei und half ihr mit dem Geschirr. Ich räusperte mich, wir hatten nämlich ganz leise geflüstert, damit es niemand hörte. Und sich flüsternd streiten verlangt schon etwas von den Stimmbändern. Ich deckte den Tisch und huschte zwischen durch zu dem Sofa, wo es sich die Jungs bequem gemacht haben. Ich beugte mich über die Sofalehne zu Kári und küsste ihn sanft. >>Essen ist fertig ihr Lümmelboys!<< Ich half Mum weiter und da die Jungs sich eher gemütlicher vom Sofa fort bewegten, war der Tisch fertig gedeckt und Essen auch schon auf dem Tisch, als sie endlich ankamen. Ich setzte mich neben Kári. Mum füllte die Teller und wir alberten neben dem Essen noch ein wenig. Solch eine gelassene Stimmung war schon ewig nicht mehr. Ob es an den Wölfen lag? Wahrscheinlich. Wenn wir mit Dad aßen, war sowieso alles steif und eine bedrückende Stille herrschte immer. Und wenn Mum, Riley und ich alleine waren, redeten wir immer über Schule und so. Aber mit den Wölfen war es ganz anders. Wir waren viel entspannter. Das lag vermutlich daran, dass Riley das Wolfs Gen trug, Mum schon früh sich in einen Wolf verguckt hatte und ich mit einem zusammen war. Wir haben jeweils die andere Art akzeptiert und verstanden uns alle.

Es machte mich glücklich, dass Mum die drei schon akzeptiert hat, ich war mir nur nicht ganz sicher, wie wir es Dad erklären wollen. Aber früher oder später muss die Wahrheit einfach ans Licht. Ich hoffe wirklich, dass ich mich nicht zwischen meiner Familie und Kári entscheiden muss. Ich liebte meine Familie, obwohl wir eigentlich noch nicht einmal eine sind. Aber ich bin ein Panther und ich bin stolz darauf! Ein Panther gibt sich eigentlich nicht mit einem Wolf ab und ein Wolf nicht mit dem Panther. Aber meine Mutter war das lebende Beispiel dafür, dass es trotz dieser Tradition doch auch Ausnahmen gab. Ich will auch eine dieser Ausnahme sein. Zumal ich mich ohne Kári so unvollständig fühle. Durch ihm habe ich mein Lachen wieder gefunden, ich kümmere mich mehr um die Schule und lerne mich zu kontrollieren. Das sind doch alles positive Dinge, warum kann Dad das nicht akzeptieren? Er kann doch nicht so verbohrt sein. Aber das war Dad, er war schon immer  kein verständnisvoller Vater. Aber daran hatte ich mich gewöhnt und es hingenommen. Bis Kári in mein Leben trat. Ísak riss mich aus meinen Gedanken. >>Es würde mich freuen, wenn Jade unsere Mutter kennen lernen dürfte. Meine Mutter hat jetzt schon so viel von ihr gehört und hat sie jetzt schon lieb gewonnen. Wenn sie wollen, können Sie sie auch kennen lernen. Sie ist eine wunderbare Frau. Sie würden sich verstehen, da bin ich mir sicher.<<

Imprint

Publication Date: 03-09-2015

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Dieses Buch widmen wir unseren Freunden Tommy und Ole

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