Kommissar Federstein – Band 3
Marlene Geselle – Zwei Leichen zum Schmaus
1. eBook-Auflage – Mai 2013
© vss-verlag Hermann Schladt
Titelbild: Marlene Geselle
Lektorat: Armin Bappert
Marlene Geselle
Zwei Leichen zum Schmaus
Die schwarze Krawatte an meinem Hals würgte mich wie ein Strick. Ich hasse dieses Ding, aus ganzem Herzen, wie ich sonst nur die Kurzen in unserem Clan hasse. Zusammen mit meiner Herzallerliebsten hockte ich in der drittletzten Reihe, starr den Blick nach vorne gerichtet. Reine Notwehr. Links Vetter Guntram, rechts die Frau Gemahlin. Beide warteten nur darauf, dass ich einen Fehler beging.
„Wage es nicht, Federstein“, zischelte es von rechts. „Du behältst die Krawatte um den Hals, mein Lieber! Bis nach dem Kaffeetrinken. Wenn ich deine Verwandtschaft ertragen muss, kannst du auch ein bisschen leiden.“
„Ja, Liebling“, antwortete ich brav. Prompt traf mich von vorne der strafende Blick von Gottes Stellvertreterin auf Erden. Und alle anderen in der Leichenhalle meinten auch, mich anglotzen zu müssen.
„Is was?“, raunzte ich zurück, was die Dame im Talar dazu veranlasste, das Thema zu wechseln und statt von den frommen von den verirrten Schafen zu predigen. Nix gegen die Emanzipation – aber reicht es nicht, dass uns weibliche Kanzler den letzten Cent aus der Tasche ziehen? Müssen wir uns jetzt auch schon von Frauen in die Hölle schicken lassen? Nur, weil wir nicht brav sind auf Erden?
Zu Guntram, der die günstige Gelegenheit genutzt hatte, den eigenen Kulturstrick in der Jackentasche verschwinden zu lassen, meinte ich: „Ja, da haben es die Moslems besser. Die kriegen nach dem Tod zweiundsiebzig wunderschöne Jungfrauen verpasst. Unsereiner muss sich mit Manna und der ewigen Seligkeit zufriedengeben.“
Sagte ich schon, dass meine Göttergattin seit Kurzem einen Karatekurs besucht? Ich rieb mir mit schmerzverzerrtem Gesicht den Oberarm und kriegte fast nicht mit, wie Guntram fragte:
„Ob die liebe Tante Paula wirklich ein paar knackige Kerle abgekriegt hat, als sie die Kellertreppe runter und rein in die Kohlen polterte?“
Tante Herta, in der Reihe hinter uns, meinte dazu nur: „Na hoffentlich, mit ihrem Kerl war ja schon seit Jahren nix mehr los. Absoluter Leerstand, nicht nur zwischen den Ohren.“
Und mich angucken dabei und dreckig grinsen! Womit habe ich das verdient?
Vorne ging es weiter mit den verirrten Schafen. Mein Magen knurrte, ich konnte schon den feinen Duft von Schinkenschnittchen riechen. Schinkenschnittchen mit Mayonnaisepünktchen obendrauf! Und Käsebrötchen mit Tomatenmarkklecksen!
Draußen wurde es allmählich laut. Die gute Paula hatte ihr ganzes Leben in Großhechmandingen verbracht, kannte alles, jeden und erst recht jedermanns Abweichen vom Pfad der Tugend. Ehrensache, dass alle erschienen waren. Und plötzlich, ja da erscholl von draußen ein Jubel, dass die Tür der Leichenhalle wackelte. Tor! Klarer Fall, die Bayern hatten einen in ihren Kasten gekriegt! Ein Hoch auf Vetter Michaels elektronischen Wunderkasten!
Ralf Riedenburg hatte ganze Arbeit geleistet, ja das muss man dem ollen Leichenfledderer lassen. Die Urne ganz in Tante Paulas Lieblingsfarben rotbraun und braungrün gehalten, alle Blumen und Gestecke farblich passend. Mich und die Herzallerliebste hatte es erneut in die hinteren Reihen verschlagen. So konnte ich wenigstens in aller Ruhe nachzählen, ob auch wirklich drei burgunderfarbene Chrysanthemen und
Publisher: BookRix GmbH & Co. KG
Text: vss-verlag
Images: Marlene Geselle
Editing: Armin Bappert
Publication Date: 05-13-2013
ISBN: 978-3-7309-2709-0
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