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1

Ich lief die Straße entlang. Seit Stunden lief ich schon. Verdammt, ich kann nicht mehr. Wie soll das alles nur weiter gehen? Das ganze wird mir langsam einfach zu viel. Was kann ich machen? Scheiße... Also, ich stelle mich jetzt einmal vor. Ich heiße Saskia Müller, bin 14 Jahre alt. Mein aussehen ist normal, lange blonde Haare, die mir bis zum Po gehen und blaue Augen, die aber ihren Glanz verloren haben. Ich bin nicht dick, aber auch nicht dünn. Halt Mittelmaß. Ich besuche die 9. Klasse der Realschule. Habe einen großen Bru­der, der Pablo heißt und 17 Jahre alt ist. Zuhause angekommen, hörte ich meine Eltern schon wieder streiten. Dies ging schon seit Wochen so. Immer geht es um mich. Ja, ihr habt schon richtig gehört. Sicher wollt ihr den Grund wissen, den ich euch auch sagen könnte, aber ich fange mal von vorne an.

Alles fing vor einen halben Jahr an. Ich war auf einer Party, mit Freunden. Um 03:00 Uhr lief ich nach Hause, natürlich nicht mehr nüchtern. Klar mit 14 sollte ich nicht betrunken oder angetrunken sein, aber es war die Geburtstagsfeier meiner Freundin. Sie wurde 18 und das wird man nur einmal. Wie gesagt, ich war auf den Weg nach Hause und rief meine Eltern an und fragte ob sie mich abholen könnten. Aber, wie gedacht, sagten sie nein. Ich steckte mein Handy wieder weg und lief weiter. Plötzlich wurde mir von hinten der Mund zu gehalten und in eine dunkle Gasse gezehrt. Es waren 5 Männer, alle nicht älter als 25. Einer, der mich hierher 'gebracht' hat und vier vor mir. Mann 1: „Ich fang' an“. Die anderen waren sofort einverstanden. Meine Augen füllten sich schon mit Tränen. Ich hatte verdammte Angst. Er riss mir mein Shirt auf und zehrte den Rock und die Unterwäsche weg. Schnell öffnete er seine Hose, zog ein Gummi drüber und drang in mich ein. Ich versuchte mich zu befreien, schaffte es aber nicht. Mir flossen die Tränen, ich hatte so große Schmerzen. Mann 1: „Ja“. Anscheinend hatte der zweite Mann hinter mir ihn etwas stumm gefragt. Ich spürte, wie der Typ hinter mir, ebenfalls in mich eindrang. Schmerzhaft verzog ich das Gesicht. Beide stöhnten immer lauter auf und wurden immer schneller. Als sie sich befriedigt hatten, zogen sie sich zurück und schlossen ihre Hosen wieder. Der, der hinter mir stand, hielt mich immer noch fest. Dann kam der dritte Mann auf mich zu. Und das ganze fing wieder von vorne an. Als dann Mann 4 und 5 kamen, hielt mich einer von den beiden wieder fest und drangen gleichzeitig ein. In diesen Augenblick wollte ich einfach nur sterben. Endlich ließen sie mich los und verschwanden. Ich ließ mich an der Wand herunter gleiten. Ich suchte meine Handtasche und als ich sie hatte, mein Handy und rief den Notarzt an. Nach mehreren Minuten, ertönten die Sirenen und wurde Ohnmächtig.

Langsam blinzelte ich und hörte mehrere Leute reden. Nach etlichen Minuten öffnete ich meine Augen ganz und entdeckte Pablo und Ärzte. Ich stöhnte schmerzhaft auf. Sofort war mein Bruder bei mir. „Was ist passiert?“, wollte er besorgt wissen. Mir kamen gleich wieder die Tränen. „Ich … i-ch wu-wurde V-verge-waltigt“, schluchzte ich stotternd. Ge­schockt sah er mich an und fragte: „Wann?“ „Gestern, als ich nach Hause gehen wollte...“, antwortete ich und erzählte alles, was passiert war. „Was?“, schrie mein Bruder, „Warum haben sie dich nicht abgeholt?“ „Ich weiß es doch auch nicht. Bitte schrei' nicht so herum“, schluchzte ich. Nachdem ich noch einmal Untersucht worden war, kamen zwei Polizisten, die die Anzeige aufnahmen. Ich musste alles zum zweiten Mal wiederholen, wobei ich oft Pausen einlegte.

2

Als ich endlich, eine Woche später, nach Hause durfte, verkroch ich mich in mein Zimmer und weinte mir die Seele aus dem Kopf. Immer und immer wieder dachte ich an diese Nacht. Diese Bilder, sie gehen einfach nicht mehr weg. Und meinte Eltern? Die 'super' Eltern? Tzz. Sie kamen nicht einmal zu mir, als ich sie am meisten brauchte. Immer waren nur mein Bruder und meine besten Freunde Fabienne und Nina bei mir. Leise schluchzte ich auf. Mit einen Klopfen an der Tür wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Ich antwortete nicht. Sie wurde geöffnet und Pablo kam zu mir, nachdem er die Tür wieder geschlossen hatte. „Hey kleine“, flüsterte er und strich mir beruhigend den Rücken. „Bleib bei mir, bitte“, stotterte ich weinend. Als Antwort kam ein 'Alles was du willst'. Nach einer Weile musste ich wohl eingeschlafen sein. Als ich nach einer unschönen Nacht aufwachte, stellte ich fest, das Pablo immer noch neben mir lag und schlief. Seine Arme waren fest um mich geschlungen. Ich war ihn so dankbar. Vorsichtig entfernte ich mich, nahm frische Sachen und ging ins Bad. Dort nahm ich erst einmal eine heiße Dusche. Nachdem ich mit allem fertig war, ging ich wieder in mein Zimmer, in dem Pablo wach auf meinen Bett saß. „Was hast du gemacht?“, wollte er besorgt wissen. „War nur duschen“, meinte ich leise. Er gab sich mit dieser Antwort zufrieden. „Komm wir gehen was frühstücken“, forderte er mich auf. „Nein ich habe keinen Hunger“, gestand ich leise. „Bitte Saskia. Du hast schon die letzte Woche fast nichts gegessen. Tu es für mich. Bitte.“, versuchte er mich zu überreden. Schließlich gab ich seufzend nach. In der Küche angekommen, ignorierte ich meine Eltern vollkommen. Ich nahm mir eine Brotscheibe, tat Butter mit Salami drauf und aß. „Wie geht es dir?“, fragte meine Mama unerwartet. „Ich wüsste nicht, was es dich angeht. Die letzte Woche, wo ich euch am meisten gebracht hätte, wart ihr nicht da? Also, was soll der scheiß jetzt?“, fragte ich argwöhnisch. „Was hätten wir denn auch machen sollen? Du bist doch selbst Schuld.“, schrie mein Papa. „Ach ja, ich bin selbst Schuld. Was ihr hättet machen können, wenigsten einmal kommen und sagen, dass ihr für mich da seit. Aber was war? NICHTS!“, schrie ich sie an, stand auf und rannte in mein Zimmer. Schnell schloss ich die Türe ab und legte mich in mein Bett. Meinen Tränen ließ ich freien Lauf. Irgendwann klopfte es wieder an der Türe, aber ich reagierte nicht. „Saskia, ich bin es, Fabi. Lass mich bitte rein“, ertönte die Stimme meiner Freundin. Langsam rappelte ich mich auf und lief zur Tür hin und schloss wieder auf. Ich ließ Fabi reinkommen, schloss die Tür wieder und ging zu meinen Bett. Warum kann auch nicht einmal in meinen Leben etwas gutes passieren? „Was ist los, süße? Pablo hat mich angerufen und verzweifelt geklungen.“, erkundigte sich Fabi. „Es ist einfach alles scheiße. Ich bekomme diese Bilder nicht mehr aus den Kopf, meine 'super tollen' Eltern meinen dann ernsthaft, ich wäre selbst Schuld.“, als ich am Ende meiner Erzählung war, fing ich wieder an zu schluchzen. „Alles wird wieder gut. Ich bin immer für dich da, Nina und Pablo ebenfalls und wenn du es möchtest sogar Oktay. Du musst das alles nicht alleine schaffen, du hast uns.“, sagte sie mit beruhigender Stimme. „Danke“, flüsterte ich, „Ich wüsste nicht, was ich ohne euch machen sollte“.

3

Nach einer Weile musste Fabi wieder gehen, da ihr Freund, Oktay, mit ihren Kindern überfordert war. Aber ich war ihr so unheimlich dankbar, dass sie sie war. Sie ist halt die beste. Nach einer Weile schlief ich ein. Wieder träumte ich von der Vergewaltigung „Saskia! Saskia!“, schrie jemand und rüttelte an meiner Schulter. Ich schreckte hoch und entdeckte Pablo über mir gebeugt. Mein ganzes Gesicht war mit Tränen überströmt. „Sch sch sch. Ich bin da, dir kann nichts mehr passieren“, beruhigte er mich und hielt mich schützend in seinen Armen. Ich schluchzte immer und immer wieder auf. „Ich kann nicht mehr“, flüsterte ich weinend, „Was soll ich nur tun?“. „Sch, wir überlegen uns morgen was, okay?“, sagte er mit seiner wunderschönen Stimme. Als er wieder aufstehen wollte, hielt ich ihn fest. Er verstand und legte sich zu mir in Bett und zog mich in eine fest Umarmung. Ich fiel nach einigen Minuten in einen Traumlosen Schlaf.

Eine Woche war vergangen, in der ich nicht in der Schule war, das Haus verlassen hatte oder ich selbst spürte, dass ich noch lebte.. Ich könnte mich keinen Jungen nähern außer meinen Bruder. Mein Zimmer sah schrecklich aus, daraufhin entschied ich mich, es ein wenig aufzuräumen. Zuerst mein Bett und den Boden, danach meinen Schreibtisch. Als ich den Spiegel woanders hinlegen wollte, fiel er auf den Boden und zerfiel in hundert kleine Teile. Schnell holte ich meinen Mülleimer und sammelte die Scherben ein. Bei den letzten angekommen schaute ich mir die Spitze und scharfe Kante an. Wie in Trance setzte ich an meinen Unterarm an und drückte hart darauf und zog. Blut quoll aus der Wunde und ich starrte wie gebannt darauf. Es fühlte sich einfach schön an und zeigte mir, das ich noch am Leben war. Das Blut tropfte auf den Boden. Dann erst realisierte ich alles wieder, aber bereute es nicht. Schnell schmiss ich die restlichen Scherben in den Eimer und lief ins Bad, nahm ein Tuch und stoppte die Blutung.

4

Es verging wieder eine weitere Woche, in der ich nichts aß und sehr wenig trank. Jeden Tag nahm ich etwas spitzes und sah immer zu, wie das Blut raus quoll. Es tat einfach nur gut. Inzwischen war mein ganzer linker Unterarm voller roter Striche und Verkrustet. Ich lief gerade die Treppe runter, als mir schwindlig wurde und das Bewustsein verlor und fiel die 20 Stufen herunter. 

 

-Pablos Sicht-

 

Ich wollte mir etwas zu trinken holen, da sah ich sie! Meine Schwester lag vor der Treppe und bewegte sich nicht. Ich bekam Panik. Pure Panik! Ich rannte die Stufen herunter und kniete mich neben sie. Das erste, was mir einfiel: Den Puls messen, was ich ich auch gleich tat. Erleichterung, sie hatte noch Puls, aber nur sehr schwach. Sofort nahm ich mein Handy und rief den Notarzt an und schilderte die Situation. Nach wenigen Minuten traf der Krankenwagen ein. Sie wurde im Krankenwagen gebracht. Ich ging natürlich mit. Der Arzt, wo hinten mit war, zog ihr den Ärmel hoch und mich traf der Schlag. Lauter Schnitte zierten ihren Arm. >>Oh mein Gott<< hauchte ich. Langsam zog ich den anderen hoch und... da hatte sie auch schon angefangen. Geschockt starrte ich auf ihre Arme.

Kapitel 5

„Wissen sie, warum sie das macht?“, fragte mich der Arzt.

„Sie wurde vor 3 Wochen mehrfach vergewaltigt. Aber warum sie das macht, weiß ich nicht, aber ich glaube, dass sie so besser damit klarkommt. Ich wusste es bis jetzt noch nicht einmal.“, erklärte ich den Arzt. Er nickt und gab ihr eine Spritze.

Endlich am Krankenhaus angekommen, wurde sie in einen Untersuchungsraum gebracht.

 

Nach über einer Stunde konnte ich endlich wieder zu ihr gehen. Wie der Arzt mir mitteilte, hatte sie Kreislaufprobleme, weil sie in den letzten Wochen so wenig aß und musste nun eine Woche zur Kontrolle hier bleiben. Als ich in ihren Zimmer war, schlief sie. Ich nahm mir einen Stuhl und stellte ihn zu den Bett und setzte mich. Ich nahm ihre Hand und hielt sie einfach nur fest. Ich machte mir solche Vorwürfe, dass ich das nicht schon eher bemerkt hatte.

 

Nach fast zwei Stunden wachte sie auf. „Warum machst du das?“, fragte ich und strich über ihre Arme. Sie zuckte zusammen und schaute mich nicht an, sondern die gegenüberliegende Wand. „E-es tut einfach n-nur gut. Ich kann n-nicht anders. So merke ich wenigstens, da-dass ich noch am Leben bin“, erklärte sie mir schluchzend. Ich nahm sie in die Arme und sagte: „Wie schaffen das schon. Wie wäre es, wenn du zu einen Therapeuten gehst?“

Mit verweinten Augen sah sie mich an und nickte schließlich langsam.

„Und wenn du möchtest, komme ich auch mit“, beruhigte ich sie, da ich die Panik in ihren Augen sehen konnte. Wieder nickte sie.

„Versuche zu schlafen, Kleine“, bat ich sie.

„Bleibst du hier?“, fragte sie mich flüsternd, wobei ihre Stimme stark zitterte.

„Natürlich. Alles was du willst“, meinte ich und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

Nach etlichen Minuten dämmerte sie langsam weg und schlief schließlich fest, aber unruhig.

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Text: by liiisa
Publication Date: 09-21-2013

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