Wenn Büstenhalter fliegen
Moni hat es live noch nicht erlebt aber es wird davon dann und wann noch gesprochen. Manche weiblichen Wesen verdrehen dabei träumerisch die Augen, wenn sie sich daran erinnern.
Moni weiß nicht, ob dieses Phänomen, dass unzählige Büstenhalter in Richtung der Bühnen flogen, die gewisse männliche Größen mehr oder weniger wohlklingend singend betreten haben, heute noch zu beobachten ist.
Nun, es müsste sicher niemanden groß beunruhigen, wenn das Büstenhalterfliegen heutzutage ausbliebe, denkt Moni. Sie weiß dabei natürlich nicht, wie die männlichen Stars gegenwärtig darüber denken, auch nicht wie das Ganze früher bewertet wurde von den Beworfenen, doch das bekümmert sie nicht sonderlich.
Sie hat es ohnehin nie wirklich verstanden, so möchte sie nun endlich bei diesem Problem ein wenig verweilen.
Am Ende gäbe es ja doch einen tieferen Sinn, der diese Tradition zwischen schreienden jungen Frauen und singenden Männern begründet.
Wenn aus dem kulturellen Grundverhalten der Menschen wieder ein Teil hinweg schwindet, dann sollte man schon ein wenig nach den Ursachen forschen, findet Moni.
Zunächst denkt sie natürlich an die Kosten.
Waren früher die Büstenhalter billiger und schneller ausgeleiert, so dass die Mädchen die Dinger schlicht nur loswerden wollten?
Dann überlegt sich Moni noch, wie sie es wohl gemacht haben in dem Gedränge, sich dieses Teils, ohne Schaden zu nehmen, zu entledigen? Mal abgesehen davon, dass man schließlich nach dem Konzert nichts mehr zum Heben oder Stützen am Leibe hatte. Gut, die allgemeine Ekstase ließ dieses kleine Manko sicher vergessen, vielleicht ging man aber auch anschließend zum Bühnenausgang, um sich aus einem eigens dafür bereitgestellten Korb sein Eigentum wieder zurückzuholen. Moni weiß das nicht so genau. Es ist nur eine Vermutung.
Was sollte der arme Sänger mit 100 aus der Form geratenen Büstenhaltern auch anfangen? Möglicherweise wurden sie für das nächste Konzert mit der Eintrittskarte wieder verteilt, vielleicht gingen dieselben auch in die Kleiderspende, von dort aus weiter nach Afrika, wo Büstenhalter dringend gebraucht werden, wie jeder weiß. Vieles wäre möglich.
Moni durchdenkt noch weitere Möglichkeiten, wie es angestellt wurde. „Die Mädchen haben einfach alle überzähligen BH’s des Haushaltes in einen Beutel getan und bei Bedarf auf die Bühne geworfen“, spekuliert sie.
Moni fragt sich auch, wie sie es wohl überhaupt geschafft haben, diese so weit zu schleudern? Vielleicht wurden in die Körbchen zur Beschwerung kleine Gegenstände eingenäht? Das wäre eine Möglichkeit, den Sänger besser zu treffen.
Manche hätten das durchaus verdient, meint Moni. Sie grinst dabei etwas hässlich, was aber hier nichts zur Sache beiträgt.
Damit ist die eigentliche Erklärung für die fliegenden Büstenhalten immer noch nicht offen gelegt.
Nach langem Hin und Her ist Moni der Meinung, dass es sich hier um einen Akt der kulturellen Befreiung handeln muss, insbesondere wenn dies heute noch zelebriert werden würde.
Frauen wollen ihre Brüste, wenn ein Mann singt, von hebenden, insbesondere kulturellen Zwängen befreien, sie nehmen dabei sogar zuweilen das eventuelle Sinken des Busens billigend in Kauf.
Moni ist sich nach ihrem jüngsten Stadtgang durch die Shoppingmall, wie man die Einkaufsstraße einfach zu bezeichnen pflegt, jetzt auch ziemlich sicher, dass man heutzutage diese nette Tradition weiter pflegt.
Ein großes Geschäft hatte seine Pforten gerade geöffnet und es war rappelvoll. Jedes Teil würde nur fünf Euro kosten, verhieß die Werbung, bei dem Erwerb von zehn Büstenhaltern nur 50. Der Verkauf schien sensationell anzulaufen. Die Frauen und Mädchen rissen rot glühend die Miederware von den Ständern. Manche von ihnen hatten nicht einmal sichtbare Busen, andere dafür diesen in beachtlichem Umfang. Kurz, es war der Renner.
Sie müssen damit etwas vorhaben, schlussfolgerte Moni und überlegte, welcher Star in absehbarer Zeit das Opfer sein könnte. Egal, sie war sich absolut sicher:
Die Büstenhalter fliegen wieder!
Sie ist sich allerdings im Unklaren, ob dem singenden Mann damit auch wirklich geholfen ist, doch er wird trotzdem tapfer lächeln, vermutet Moni.
Publication Date: 03-02-2012
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