Der geneigte Leser
Nein, der bin ich nicht. Ich trage meine Kopf nicht demütig zwischen den Schultern, ich mache auch keine anständigen Diener. Erst recht lecke ich nicht den Dreck, den andere unter den Teppich gekehrt haben, vom Boden. Ich will nicht kriechen, nicht schleimen, will auch kein braves Kind sein.
Ich habe den aufrechten Gang gelernt, trage den Kopf auf dem Hals und schaue nach vorne oder auch nach oben. Ich bin also ein nicht geneigter Leser. Für jeden Autor der absolute Horror, oder.
Ich lese möglichst ohne irgendwelche Vorurteile – das ist von Heinzelmännchen, dann muss es gut sein - , aber nur das was mich zur Zeit interessiert. Auf der Modewelle schwimmende Vampir- und Phantasyromane reizen mit nur dann, wenn sie offensichtlich gegen den Trend geschrieben sind.
Ob ich das Gelesene gut, mäßig oder schlecht finde, weiß ich nicht schon vor dem Lesen, sondern erst hinterher.
Wäre ich Lektor bei einem Verlag würde ich höchstens knapp die Hälfte der Sterne geben, hier bin ich damit großzügiger und gebe sie in Bezug auf das Durchschnittsniveau. Ich bin aber in keiner Weise geneigt, jedem- womöglich ohne das Buch zu lesen – einen Stern zu schenken, weil er so freundlich darum bittet, gelesen zu werden.
Der geneigte Autor, der an seinen Leserninteressierte, möge aber auch daran denken, dass er nur einen Bruchteil von dem schreibt, was ihm durch den Kopf geht. Von all dem hat der Leser keine Ahnung. Der Autor sollte sich also bemühen, für den Leser verständlich zu sein und nicht denken:
wenn dem Leser meine Genialität zu hoch ist, ist das nicht mein Problem.
Und wenn mir jemand, gleich ob Frau oder Mann als aller erstes sagen.“Du hast keine Ahnung“..,
dann muss er sich nicht wundern, wenn ich nicht geneigt bin, mich mit ihm zu unterhalten.Es gibt wahrhaftig diplomatischere Formen auf Fehler und Mängel hinzuweisen, wenn sie zweifelsfrei bestehen.
Ein Forumsteilnehmer schrieb: „Sei vorsichtig; du kannst froh sein, dass wir dich noch hier dulden.“ Das liegt für mich schon ganz in der Nähe von „brauner“ Sprache, für die ich keinerlei Toleranz aufbringen kann.
Miteinander um eine bestmögliche Form ringen, sich anregen lassen und Ideen austauschen, das stelle ich mir unter einem kreativen Forum friedenswilliger Menschen vor. Und ich bin mir sicher, dass das möglich ist. Ich bin nicht geneigt, meinen aufrechten Gang aufzugeben, weil mich einige für hochmutig, arrogant oder Schlimmeres halten. Ich sage zum Schluss:
Auf gute Zusammenarbeit.
Text: Das Urheberrecht liegt in allen Teilen beim Autor
Publication Date: 07-09-2010
All Rights Reserved
Dedication:
all denen, die geneigt oder auch nicht geneigt sind.